Noch immer ist die Ursache für Long- und Post-COVID unklar. Autoantikörper oder Blutfette könnten eine Rolle spielen. Helfen Verfahren zur Blutfilterung? Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie äußert sich zur aktuellen Evidenz.
Viele Menschen, die an COVID-19 erkrankt waren, beklagen massive Spätfolgen, teilt die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) am Montag mit. Von Lungenfunktionseinschränkungen über Kopfschmerzen, auch kognitiven Einschränkungen und neurologischen Ausfällen, bis hin zu Abgeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Fatigue-Syndrom. Einige der Betroffenen sind sogar nicht mehr arbeitsfähig.
Es gibt verschiedene Theorien zur Pathogenese von Long- und Post-COVID, bis jetzt ist die Ursache aber nicht geklärt. „Erklärungsversuche umfassen endotheliale mikrozirkulatorische Dysfunktionen, anhaltende Inflammationen oder auch Autoantikörper-vermittelte Autoimmunreaktionen“, heißt es in einer Stellungnahme der DGfN zur Lipidapherese bei Long- oder Post-COVID.
Evidenz für Auftreten von Autoimmunphänomenen
Bestätigt sich letzteres, könnte die Immunadsorption ein wirksames Therapieverfahren darstellen, da sie ja Autoantikörper aus dem Blut entfernen kann. Eine im Juni 2021 publizierte Pilotstudie an drei Patienten habe gezeigt, dass das Verfahren die Zahl der Autoantikörper reduzierte und die Symptome besserte, so die DGfN.
Auch gebe es andere, vereinzelte Fallberichte. Insgesamt gebe es aber keine randomisierten prospektiven Daten oder großangelegten Beobachtungsstudien, die den flächendeckenden Einsatz dieses – relativ kostspieligen – Verfahrens rechtfertigen würden.
Aufgrund der zunehmenden Evidenz des Auftretens von Autoimmunphänomenen nach einer COVID-19 Infektionen sind hier Studien zum Einsatz der Immunadsorption geplant. Zum jetzigen Zeitpunkt muss man laut DGfN konstatieren: Es gibt zwar eine Rationale für eine mögliche Wirksamkeit einer Immunadsorption bei Post-/Long-COVID, aber noch keine Evidenz.
Für Lipidapherese weder plausible Rationale noch Evidenz
Anders bei der Lipidapherese: Es handelt sich dabei ja um eine Gruppe extrakorporaler Blutreinigungsverfahren, die Lipoproteine, insbesondere das LDL-Cholesterin oder Lp(a), eliminieren können. Sie wird zur Behandlung von komplexen, gegenüber der medikamentösen Therapie resistenten Fettstoffwechselstörungen eingesetzt, erinnert die DGfN. Bei der Lipidapherese werden keine Bestandteile des Immunsystems, zum Beispiel Autoantikörper, aus dem Blut entfernt, sondern Blutfette.
Diese stehen nach gegenwärtigem Stand der Forschung nicht in Verdacht, eine mögliche Ursache für Post-/Long-COVID-Symptome zu sein. Zwar können Lipide den Lebenszyklus von Viren beeinflussen und lipidsenkende Therapien bei einer akuten COVID-19-Erkrankung womöglich zuträglich sein, lipidsenkende Maßnahmen dürften aber nach überstandener Erkrankung, wenn die Viruslast gefallen ist, kaum noch einen Effekt haben, heißt es in der Stellungnahme.
Somit lautet das Fazit der DGfN: Es gibt weder eine plausible Rationale für eine mögliche Wirksamkeit einer Lipidapherese bei Post-/Long-COVID noch eine Evidenz. (eb)
Quelle: Ärzte Zeitung