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Klinische Neurologie
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Publiziert am: 28.04.2018

Makroangiopathie hirnversorgender Arterien

Verfasst von: Christof Klötzsch und Joachim Röther
In den letzten Jahren haben sich die Möglichkeiten der Behandlung von Patienten mit ischämischen Schlaganfällen beträchtlich verbessert. Die therapeutischen Ansätze basieren auf grundsätzlichen Erkenntnissen zur zerebralen Perfusion und Autoregulation. Der Einsatz invasiver Behandlungsmethoden setzt voraus, dass der behandelnde Arzt mit der Interpretation von Infarktmustern in cCT/cMRT ebenso wie mit der Gefäßanatomie vertraut ist. Für die Wahl der effektivsten Sekundärprävention ist die korrekte differenzialätiologische Abklärung nach einem Schlaganfall von großer Bedeutung. Dazu gehört auch, dass dem behandelnden Arzt auch seltene Ursachen von Schlaganfällen bekannt sind. Die oben genannten Inhalte werden in diesem Kapitel ausführlich und auch anhand vieler Abbildungen vermittelt.

Makroangiopathie hirnversorgender Arterien – vorderer Kreislauf

A. carotis interna

Je weiter distal ein Gefäßverschluss auftritt, umso geringer sind die Möglichkeiten der Kompensation durch Kollateralkreisläufe. Während extrakranielle Verschlüsse der A. carotis interna (ICA) nicht selten asymptomatisch verlaufen, da die intrakraniellen Kollateralverbindungen wie die A. communicans anterior und die beiden Aa. communicantes posteriores die Perfusion des ipsilateralen Mediastromgebietes aufrechterhalten, gehen akute Verschlüsse des Mediahauptstammes oder seiner Äste fast ausnahmslos mit einem ischämischen Defizit einher (Abb. 1).
Aus diesem Grund sind arteriosklerotische Veränderungen im Bereich der Karotisbifurkation oder seltener des Karotissiphons in erster Linie die Quelle arterioarterieller Embolien, wobei die Wahrscheinlichkeit embolischer Ereignisse mit dem Stenosegrad ansteigt. Klinisch sind Arm und Gesicht schwerpunktmäßig betroffen. Die brachiofazial betonte Halbseitensymptomatik beinhaltet in der Regel eine Kombination von sensiblen und motorischen Defiziten, die proximal oder distal betont sein können.
Der bulbusnahe subtotale Verschluss der A. carotis interna (auch Pseudookklusion genannt) ist eine wichtige Differenzialdiagnose zum vollständigen Verschluss des Gefäßes, da sich hier noch die Möglichkeit der operativen Revaskularisation eröffnet, die beim Verschluss mit Ausdehnung der Thrombose nach distal nicht mehr gegeben ist. Die Differenzialdiagnose gelingt am zuverlässigsten mit der arteriellen DSA, der kontrastverstärkten MR-Angiografie oder mit der farbkodierten Duplexsonografie unter Einsatz eines Echokontrastverstärkers (Abb. 2).
Das Anteriorstromgebiet ist von embolischen Ereignissen deutlich seltener betroffen, ein Infarkt manifestiert sich klinisch mit einer Monoparese des kontralateralen Beines oder einer beinbetonten Hemiparese. Deutlich seltener (15 %) treten durch hochgradige A.-carotis-interna-Stenosen hämodynamisch bedingte Infarkte im vorderen Stromgebiet auf. Während das Verteilungsmuster der neurologischen Ausfälle dem der embolischen Infarkte ähnelt, zeigt sich besonders in der Initialphase häufig eine starke Fluktuation der Symptomatik.
Kritisch ist der Verschluss der Karotis-T-Gabel, besonders wenn sie akut durch Embolien oder ein Dissekat verursacht wird, da hierbei der wichtigste Kollateralweg über die A. communicans anterior (AcomA) und eine retrograd durchströmte ipsilaterale A. cerebri anterior betroffen ist (Abb. 3), was zumeist ausgedehnte Ischämien im Media- und Anteriorstromgebiet zur Folge hat.

Retinale Ischämien

Die A. ophthalmica geht als erster kräftiger Gefäßast intrakraniell aus dem Karotissiphon ab und verzweigt sich u. a. zur A. centralis retinae, die die gesamte Retina versorgt. Sie bildet über die A. supratrochlearis und die A. supraorbitalis Anastomosen zu Ästen der A. carotis externa. In der Mehrzahl treten retinale Ischämien als flüchtige Attacken auf und führen zu einem partiellen oder kompletten monokulären Visusverlust. Die partiellen retinalen Ischämien breiten sich meist vertikal, seltener horizontal aus. Viele Patienten beschreiben die Amaurosis-fugax-Attacke als Schleier- oder Nebelsehen, da sie während der Attacke keine Visusprüfung durch Abdecken eines Auges machen. In der Nachbarschaft ischämischer Retinabezirke können Farb- oder Flimmerskotome auftreten, die in der Anamneseerhebung dann nicht selten als Migränesymptome gedeutet werden. Die häufigste Emboliequelle für Amaurosis-fugax-Attacken sind Gefäßprozesse der ICA (Kap. „Schlaganfall: Differenzialdiagnostische Übersicht“). Nur selten treten zerebrale Ischämien simultan auf. Im Vergleich mit flüchtigen zerebralen Ischämien (5-fache Risikoerhöhung) steigt nach Amaurosis-fugax-Attacken das Risiko eines nachfolgenden Infarktes nur um das 3-Fache. Stenosierende Prozesse der A. ophthalmica selbst oder Vasospasmen sind nur selten die Ursache für retinale Ischämien. Nicht selten ist die anteriore ischämische Optikusneuropathie (AION), bei der es durch Verschluss der Ziliararterien zu einem Papilleninfarkt mit akuter Sehstörung kommt. In etwa 5 % der Fälle tritt die AION entzündlich im Rahmen einer Arteriitis temporalis auf.

A. communicans posterior

Die A. communicans posterior (PcomA) entspringt oberhalb der A. ophthalmica aus dem intrakraniellen Endabschnitt der ICA nach dorsal und stellt eine Kollateralverbindung zum vertebrobasilären Stromgebiet her, indem sie in die A. cerebri posterior (PCA) mündet (Abb. 4).
Ontogenetisch hat die PCA ihren Ursprung in der ICA, man spricht deshalb bei einem persistierenden Direktabgang der PCA auch von einem embryonalen Abgang des Gefäßes. Diese Gefäßvariante ist durchaus von klinischer Relevanz, da arterioarterielle Embolien aus einer hochgradigen Karotisstenose so in die PCA verschleppt werden und einen Posteriorinfarkt verursachen können. Bei Verschlüssen einer oder beider Aa. carotides internae ist dieses Gefäß neben der AcomA die wichtigste Kollateralverbindung für die Perfusion des ipsilateralen Stromgebietes. Die PcomA variiert erheblich in Länge (im Mittel 13 mm), Durchmesser (im Mittel 1,2 mm) und Anlage. Bei einem Drittel aller Menschen ist das Gefäß nur unilateral angelegt. Aplasien, Hypoplasien oder Duplikationen treten zusammengenommen in mehr als 50 % der Fälle auf. Aus der PcomA gehen 5–12 penetrierende Äste ab, die Dienzephalon und Mesenzephalon versorgen und zu klinisch charakteristischen Syndromen führen.

A. choroidea anterior

Die A. choroidea anterior geht als kleiner, letzter Ast der ICA nach dorsal ab und versorgt den Plexus choroideus der Seitenventrikel, mediobasale Anteile des Temporallappens, Anteile des Globus pallidum und des Nucleus caudatus sowie dorsale Anteile der Capsula interna einschließlich der Sehstrahlung (Abb. 5). Klinisch führen Ischämien in ihrem Stromgebiet zu einer Trias aus schwerer kontralateraler Hemiparese, Hemihypästhesie und homonymer Hemianopsie. Gelegentlich treten auch extrapyramidale Symptome durch Schädigung von Anteilen des Globus pallidus auf.

A. cerebri media (MCA)

Territorialinfarkte

Die Durchblutung der beiden Mediastromgebiete macht 80 % der gesamten zerebralen Durchblutung aus, somit ist dieses Territorium auch am häufigsten von Ischämien betroffen (Abb. 6).
Kortikale Infarkte durch Verschluss der Mediaendäste führen in Abhängigkeit von der Funktion des betroffenen Kortex zu ganz umschriebenen Ausfallerscheinungen, z. B. zu einer kortikalen Monoparese oder bei ausgedehnten Ischämiearealen zu komplexen Ausfällen wie einem kontralateralen Hemineglect bei rechtsparietaler Schädigung bzw. Aphasien bei linkstemporaler Schädigung.
Keil- bzw. rautenförmige Territorialinfarkte sind in der Regel Folge arterioarterieller oder kardialer Embolien und beziehen neben dem Kortex auch das Marklager in das Ischämieareal mit ein. Sie entstehen, wenn einzelne Mediaäste verlegt werden und das davon versorgte Gefäßterritorium infarziert.
Doppler-/Duplexsonografische und angiografische Verlaufskontrollen haben gezeigt, dass es innerhalb von 2 Wochen bei mehr als 80 % der embolischen intrakraniellen Verschlüsse zu einer Rekanalisation des Gefäßes kommt. Wenn die Kollateralversorgung durch angrenzende Gefäßbezirke (ACA, PCA, leptomeningeale Kollateralisierung) sehr gut ist, können auch bei akutem Verschluss der MCA oder einzelner Mediaäste rein subkortikal gelegene Infarkte entstehen.
Während unter Kaukasiern arteriosklerotische Veränderungen im extrakraniellen Bereich der hirnversorgenden Gefäße deutlich überwiegen, finden sich bei Menschen afrikanischer Abstammung oder Asiaten viel häufiger lokale arteriosklerotische Prozesse der intrakraniellen Gefäße, die vornehmlich den intrakraniellen Endabschnitt der ICA und den Mediahauptstamm betreffen (Abb. 7).

Linsenkerninfarkte

Ein Linsenkerninfarkt (Synonym: striatokapsulärer Infarkt, lentikulostriärer Infarkt) wird am häufigsten durch einen passageren Mediahauptstammverschluss verursacht. Eine gute Kollateralisierung verhindert dabei die Entstehung eines großen Mediainfarkts. Hämodynamisch bedingte Infarkte in diesem Bereich können im Grenzzonenbereich zwischen der lentikulostriären Astgruppe und der A. recurrens aus der ACA auftreten. Da die Mehrzahl der den Linsenkern versorgenden Gefäße funktionelle Endarterien sind, kann es durch Lipohyalinose im Rahmen einer zerebralen Mikroangiopathie zum Verschluss einzelner Arterien mit der Folge eines lakunären Infarktes kommen. Klinisch äußern sich Infarkte im Bereich der Capsula interna in der Regel durch brachiofazial betonte, kontralaterale im Verlauf spastische Hemiparesen. Sind auch hintere Anteile der Capsula interna mitbetroffen, besteht zusätzlich eine kontralaterale Hemihypästhesie.

Hämodynamisch bedingte Infarkte

Bei hämodynamisch relevanten Gefäßprozessen (Arteriosklerose, Dissektionen) der großen hirnversorgenden Arterien kann es im Bereich aneinandergrenzender Gefäßterritorien zu Grenzzoneninfarkten (Synonym: Wasserscheideninfarkte, hämodynamische Infarkte) kommen. Diese treten meistens frontal-parasagittal am Übergang vom Anterior- zum Mediaterritorium auf. Seltener finden sie sich auch parietookzipital an der Grenze von Anterior-/Media- und Posteriorterritorium als keilförmige Substanzdefekte. Da die Gefäßterritorien sich in ihrer Größe stark unterscheiden, dürfte es sich bei vielen vermeintlichen Grenzzoneninfarkten um Territorialinfarkte handeln.
Endstrominfarkte treten hingegen im Ausbreitungsgebiet der langen, nichtkollateralisierten Marklagerarterien auf und stellen sich als kettenförmige, subkortikal gelegene Infarktareale dar. Hämodynamische Infarkte treten aufgrund der autoregulatorischen Kompensationsmechanismen des Gehirns viel seltener (<15 % aller Infarkte) auf, als man dies bei dem häufigen Nachweis von extrakraniellen Gefäßverschlüssen und hochgradigen Stenosen vermuten sollte. Häufig können dann eine zusätzliche hypotone Kreislaufsituation (Orthostase, Narkose, Volumenmangel, Anämie) sowie fehlende oder geringkalibrige intrakranielle Kollateralverbindungen (AcomA, PcomA) bzw. bilaterale hochgradige Gefäßprozesse als Trigger- oder Kofaktoren ausgemacht werden. Durch die variable Lokalisation hämodynamischer Infarkte ist das klinische Bild kaum von dem embolischer Infarkte zu unterscheiden. Im Anterior-/Media-Grenzstromgebiet führen Ischämien häufiger zu proximal betonten kontralateralen Hemiparesen. Im Media-/Posterior-Grenzstromgebiet treten in Abhängigkeit von der befallenen Seite für die Hemisphäre charakteristische neuropsychologische Defizite, kontralaterale Hemihypästhesien und homonyme Hemianopsien auf. Die kettenförmig angeordneten subkortikalen Endstrominfarkte können wie Lakunen durch Schädigung der Corona radiata zu rein motorischen, oft beinbetonten Hemiparesen führen.
Auf die mit Media- und Posteriorinfarkten verbundenen komplexen neuropsychologischen Ausfallerscheinungen und Syndrome wird ausführlich in Kap. „Funktion und Symptomatik einzelner Hirnregionen“eingegangen.

A. cerebri anterior (ACA)

Isolierte embolische Infarkte des Anteriorterritoriums entlang der Mantelkante sind relativ selten. Öfter werden sie nach einer aneurysmatischen Subarachnodidalblutung und Vasospasmen oder aber bei einer Vaskulitis beobachtet. Klinisch äußern sich Anteriorischämien durch distal betonte kontralaterale Beinparesen, die bei Beteiligung des supplementär-motorischen Kortex auch Hüfte und Schulter miteinbeziehen. Bei linksseitigen Anteriorinfarkten kommt es bei Infarzierung des prämotorischen Kortex auch zu aphasischen Störungen. Während Sensibilitätsstörungen selten und dann auch wenig ausgeprägt sind, kann die begleitende Schädigung von Strukturen des limbischen Systems (Cingulum) zu Gedächtnisstörungen führen. Bilaterale Anteriorinfarkte bedingen in der Akutphase neben einer Paraparese der Beine und Blaseninkontinenz oft ausgeprägte Antriebsstörungen im Sinne eines akinetischen Mutismus mit Spracharrest und Perseverationen. Häufig sind dann auch Primitivreflexe auslösbar. Diskonnektionssyndrome durch Schädigung der vorderen drei Viertel des Corpus callosum sind für Orientierungsstörungen, Dysgrafien und apraktische Störungen der linken Hand (Liepmann-Dyspraxie) verantwortlich. Distale Anteriorverschlüsse können gut von proximal gelegenen unterschieden werden, da die A. recurrens (Heubner-Arterie) aus dem Hauptstamm abgeht und Teile des Caudatuskopfes versorgt. Somit führt ein proximaler Anteriorhauptstammverschluss zu einer vorderen Stammganglieninfarzierung mit kontralateraler brachiofazial betonter Hemiparese. Häufiger sind im Vergleich zu isolierten Anteriorischämien kombinierte Anterior- und Mediaischämien durch Verschlussprozesse im Bereich der Karotis-T-Gabel (ICA-Aufzweigung) und ungenügende Kollateralisation über die AcomA.

Bilaterale korrespondierende Ischämien

Durch aufeinanderfolgende Infarkte in korrespondierenden Hirnarealen kommt es klinisch oft zu schweren Defektzuständen, die bei teilweise guter Erholung vom ersten Hirninfarkt allein durch die zweite Ischämie nicht zu erklären sind. Die bilaterale Schädigung der Capsula interna, der Region im Bereich der Fissura Sylvii oder seltener beider Hirnschenkel löst jedoch durch Unterbrechung kortikobulbärer Bahnen eine Pseudobulbärparalyse mit Anarthrie, Schluck- und Zungenlähmung und positiven Primitivreflexen (Schnauz-, Palmomentalreflex) aus. Zusätzlich liegen eine unterschiedlich stark ausgeprägte Tetraparese mit gesteigertem Masseterreflex sowie nicht selten eine Affektinkontinenz mit Zwangslachen oder -weinen vor.

Makroangiopathie hirnversorgender Arterien – vertebrobasiläres Stromgebiet

Die beiden Vertebralarterien (VA) speisen das hintere Stromgebiet und damit ganz unterschiedliche Gefäßterritorien. Aus den Vertebralarterien ziehen Äste zum Rückenmark, während der Hirnstamm überwiegend von kleinen penetrierenden Ästen aus der A. basilaris versorgt wird. Das Kleinhirn wird über die drei paarigen Kleinhirnarterien durchblutet, während als einziger Anteil des Großhirns der Okzipitallappen und die basalen Anteile des Temporallappens von den beiden Aa. cerebri posteriores versorgt werden. Durch die enge Nachbarschaft wichtiger Bahnsysteme und Kerngebiete im Hirnstamm reichen kleine Läsionen aus, um komplexe klinische Ausfallerscheinungen auszulösen. Die kernspintomografische Bildgebung ist bei Hirnstammischämien eine große Hilfe und ergänzt die klinische Topodiagnostik, während die neurophysiologische Diagnostik mit AEP und Blinkreflex mit Ungenauigkeiten behaftet ist und wenig zur Lokalisation beiträgt.

A. subclavia

Arteriosklerotische Veränderungen betreffen schwerpunktmäßig den proximalen Abschnitt der A. subclavia (SA), die Abgänge der Aa. vertebrales und seltener den Truncus brachiocephalicus.
Proximale hämodynamisch relevante Stenosen oder Verschlüsse der SA können neben Blutdruckdifferenzen an den Armen zum sog. Subclavian-Steal-Phänomen führen, bei dem es zum Anzapfen der gleichseitigen VA durch die distale A. subclavia kommt. Pendelfluss oder Flussrichtungsumkehr der ipsilateralen VA werden dabei häufig erst durch vermehrten Muskeleinsatz des betroffenen Armes ausgelöst. Der häufigste Kollateralweg bei dieser Konstellation ist eine vermehrte Durchströmung der kontralateralen VA (vertebrovertebraler Überlauf), seltener ein Anzapfen der A. basilaris (vertebrobasilärer Steal) oder ein Ausweichen auf Kollateralverbindungen aus dem Externastromgebiet (A. occipitalis). Entgegen der weitverbreiteten Ansicht treten klinisch manifeste Symptome bei Patienten mit dopplersonografisch oder angiografisch nachgewiesenem Subclavian-Steal äußerst selten auf (nach großen Serien nur bei 1,2 %). Typischerweise lösen dann kraftaufwendige Überkopfarbeiten flüchtige Drehschwindelattacken, Doppelbilder, Dysarthrie und Paresen aus. Viel häufiger ist ein belastungsabhängiger, ischämischer Armschmerz.
Extrem selten (<1 %) ist auf der rechten Seite der Truncus brachiocephalicus von relevanten arteriosklerotischen Prozessen betroffen. Durch die hämodynamische Miteinbeziehung der ipsilateralen A. carotis communis (CCA) führen diese Veränderungen zu komplexen Umgehungskreisläufen mit Versorgung durch die kontralaterale VA und ECA. Symptomatisch werden diese Prozesse sowohl durch embolische als auch durch hämodynamisch bedingte zerebrale Ischämien und belastungsabhängige Brachialgien.
Eine seltene Vaskulopathie der aus dem Aortenbogen abgehenden Gefäße ist die Takayasu-Arteriitis, die als entzündlicher Gefäßprozess besonders bei jungen Frauen auftritt und zu bilateralen Stenosen und Verschlüssen der A. subclavia und der CCA führen kann. Weitere Ursachen für Gefäßprozesse in diesem Bereich ist die Aortendissektion, die sich in die Karotiden ausdehnen kann. An diese Möglichkeit muss immer gedacht werden, wenn ein Patient über plötzlich auftretende Thoraxschmerzen klagt, der arterielle Blutdruck an beiden Armen nicht messbar ist und sich nachfolgend eine zerebrale Ischämie entwickelt. Die Diagnosesicherung erfolgt über eine CT-Angiografie der herznahen Gefäße sowie eine farbduplexsonografische Untersuchung der Karotiden.

A. vertebralis

Arteriosklerotische Gefäßprozesse der A. vertebralis (VA) betreffen schwerpunktmäßig den Abgangsbereich (V0-, V1-Abschnitt, Abb. 8) und sind dann nicht selten mit arteriosklerotischen Veränderungen der proximalen A. subclavia kombiniert. Im weiteren Verlauf des Gefäßes sind andere Schwerpunkte für Arteriosklerose die Atlasschlinge (V3) sowie der intrakranielle Endabschnitt (V4).
Die proximal gelegenen Veränderungen stellen in erster Linie eine Emboliequelle dar, da Kollateralverbindungen zu den Spinalarterien und Ästen der ECA (A. occipitalis) bei langsam progredienten Verschlussprozessen die Versorgung der distalen VA sicherstellen. Auch die Versorgung der nachgeschalteten A. basilaris ist durch die bilaterale Anlage der VA gewährleistet. Bei Verschlussprozessen proximal des Abgangs der A. cerebelli inferior posterior (PICA) kommt es in der Regel zu einer retrograden Auffüllung des ipsilateralen Vertebralisendabschnittes über die kontralaterale VA, sodass die Versorgung der PICA sichergestellt ist. Hämodynamisch kritisch sind akut auftretende Verschlussprozesse, wenn die kontralaterale VA stark hypoplastisch oder aplastisch ist (etwa 10 %). In seltenen Fällen kann es bei überwiegender Versorgung des Zervikalmarks durch die Vertebralarterien zu spinalen Ischämien mit Auftreten einer Paraparese der Arme oder gelegentlich auch einer Tetraparese kommen.

A. cerebelli inferior posterior

Zu Ischämien im Stromgebiet der A. cerebelli inferior posterior (PICA) kommt es durch embolischen Verschluss des Gefäßes oder Verschluss des V4-Abschnitts der ipsilateralen VA. Die Arterie versorgt dorsobasale Anteile des Kleinhirns (Abb. 9) und ist im Vergleich zu den anderen Kleinhirnarterien häufig isoliert von Verschlussprozessen betroffen (Abb. 10).
Klinisch zeigen sich Schwindel (Kleinhirnwurm), Kopfschmerzen, horizontaler Nystagmus und Gang- und Extremitätenataxie. Bei isolierter Infarzierung von mediokaudalen Kleinhirnanteilen kann eine klinische Symptomatik mit Drehschwindel, Spontannystagmus und Erbrechen wie beim peripheren Vestibularisausfall auftreten (pseudovestibulärer Kleinhirninfarkt oder Pseudoneuritis). Hier ist jedoch in der Regel die kalorische Erregbarkeit erhalten. PICA-Teilinfarkte haben im Allgemeinen klinisch eine gute Prognose, können selten jedoch auch zu einer lebensbedrohlichen Raumforderung in der hinteren Schädelgrube führen.

Laterales Medulla-oblongata-Syndrom

Die dorsolaterale Medulla oblongata wird von 3–4 kleinen, direkt aus dem Vertebralisendabschnitt und gelegentlich auch aus der PICA abgehenden Arterien versorgt. Durch lokale arteriosklerotische Prozesse oder Vertebralisdissektionen kommt es in etwa 30 % der Fälle zur gleichzeitigen Verlegung dieser Gefäße und der PICA. Das dorsolaterale Medulla-oblongata-Syndrom wird nach seinem Erstbeschreiber auch als Wallenberg-Syndrom bezeichnet. Klinisch tritt eine Hypästhesie der ipsilateralen Gesichtshälfte (Tractus nervi trigemini), ein ipsilaterales Horner-Syndrom mit Miosis und Ptosis (absteigende zentrale sympathische Bahnen), eine Gaumensegel- und Stimmbandparese (Nuclei nervi IX, X), Drehschwindel und Blickrichtungsnystagmus zur Gegenseite (Nucleus vestibularis) und eine ipsilaterale Hemiataxie durch Läsion des Tractus spinocerebellaris bzw. des PICA-Territoriums im Kleinhirn auf. Kontralateral findet sich eine dissoziierte Sensibilitätsstörung durch Läsion des Tractus spinothalamicus (Abb. 11).

Mediales Medulla-oblongata-Syndrom

Durch Verschluss von kleinen penetrierenden Ästen, die nach Abgang der PICA aus der distalen VA abgehen, können Infarzierungen der medialen Medulla oblongata auftreten, die eine ipsilaterale Hypoglossusparese, eine kontralaterale Hemiparese und eine Hinterstranghypästhesie zur Folge haben (Jackson-Syndrom). Ursache sind eine lokale Atherothrombose im Vertebralisendabschnitt oder embolische Verschlüsse dieses Gefäßsegmentes.

A. cerebelli inferior anterior

Als erster Ast der A. basilaris geht die A. cerebelli inferior anterior (AICA) ab, die die ventrokaudalen Anteile des Kleinhirns (Flocculus, mittlerer Kleinhirnschenkel), die laterokaudale Pons und das Innenohr (A. labyrinthi) versorgt. Isolierte Infarzierungen des AICA-Territoriums sind relativ selten und treten dann meist bei umschriebenen Gefäßprozessen im Vertebralisendabschnitt bzw. im unteren Basilarisdrittel auf. Regelmäßig kommt es bei Verschlüssen dieser Arterie auch zu einer begleitenden Hirnstamminfarzierung. Das klinische Vollbild besteht aus Schwindel, Erbrechen, Tinnitus, Dysarthrie, ipsilateraler Hemiataxie, Ausfällen der Hirnnerven V und VII, Hörverlust, Horner-Syndrom, Blickparese und einer kontralateralen Minderung der Schmerz- und Temperaturempfindung.

A. cerebelli superior

Die A. cerebelli superior (SCA) geht paarig direkt unterhalb der PCA aus der A. basilaris hervor und versorgt dorsale und obere Anteile des Mittelhirns und des Kleinhirns. Die Arterie versorgt das größte Gefäßterritorium und ist somit auch von allen Kleinhirnarterien am häufigsten von Gefäßprozessen betroffen. Beim (seltenen) klassischen SCA-Syndrom zeigen sich ipsilateral eine Extremitätenataxie und ein Horner-Syndrom und kontralateral eine Minderung der Schmerz- und Temperaturwahrnehmung und eine Trochlearisparese. Die zumeist kardioembolisch bedingten Teilinfarzierungen haben eine überwiegend gute Prognose. Klinisch zeigen sich Gang- und Extremitätenataxie, horizontaler Nystagmus, Dysarthrie und Kopfschmerzen.
Komplette SCA-Infarkte treten nur sehr selten auf und gehen dann in der Regel im Rahmen einer Basilaristhrombose mit Verschlüssen weiterer Kleinhirnarterien einher. Aufgrund der Größe des Gefäßterritoriums können SCA-Infarkte wie-PICA Infarkte raumfordernd wirken und zu Hirnstammkompression und Ausbildung eines Hydrozephalus führen.

Hämodynamische Kleinhirninfarkte

Hämodynamische Infarkte des Kleinhirns treten an der Grenze der beiden SCA-Territoritorien oder zwischen SCA- und PICA-Territorium auf. Auslöser sind hypotensive Zustände bei chronischen Verschlussprozessen der Basilaris bzw. beider Vertebralarterien (u. a. Arteriitis temporalis) oder embolische Verschlüsse dieser Gefäße bei unzureichender Kollateralisation (Abb. 12). Erkrankungen wie Koagulopathien, Polyzythämie oder Thrombozytose können über eine Änderung der Blutviskosität mit ursächlich sein. Das klinische Bild unterscheidet sich nicht von embolischen Infarzierungen, jedoch weisen einige Patienten lageabhängigen Schwindel und Benommenheitszustände auf. Die Prognose bezüglich der klinischen Symptomatik dieser Infarkte ist gut.

Raumfordernde Kleinhirninfarkte

Bei Infarzierung von mehr als einem Drittel einer Kleinhirnhemisphäre kann es zur Kompression des Hirnstammes, des 4. Ventrikels oder der kaudal gelegenen Foramina kommen. Ursache raumfordernder Kleinhirninfarkte sind Thrombosen der A. basilaris oder akute Verschlüsse des Vertebralisendabschnittes. Nach Infarzierungen im PICA-Territorium kommt es häufiger zu lokalen raumfordernden Symptomen, während SCA-Infarkte zusätzlich eine Liquorabflussstörung auslösen können. Klinisch zeigen sich zunehmende Eintrübung, Singultus und Erbrechen. Die Anlage einer externen Ventrikeldrainage reicht nicht aus, wenn auch der Hirnstamm komprimiert wird und es zu einer drohenden transtentoriellen Herniation oder einer Einklemmung der Kleinhirntonsillen im Foramen magnum kommt. Vielmehr ist eine frühzeitige okzipitale Entlastungskraniotomie erforderlich, um eine ausreichende Druckentlastung zu erreichen. Nach der Eröffnung der Dura quillt das infarzierte Gewebe hervor und wird im Gegensatz zur Dekompressionsoperation der Großhirnhemisphären reseziert. Tritt bei einem raumfordernden Kleinhirninfarkt eine Tetraparese auf, so spricht dies für eine begleitende Hirnstammkompression. Die Prognose ist dann schlecht und der geeignete Zeitpunkt für eine Dekompressionsoperation wurde verpasst.

A. basilaris

Durch Verschluss der aus der A. basilaris und ihren größeren Ästen abgehenden, den Hirnstamm penetrierenden Gefäße (Rami ad pontem) (Abb. 5) kommt es zu einer Vielzahl von klinischen Syndromen, die nach ihren Erstbeschreibern benannt sind (Tab. 1).
Tab. 1
Hirnstammsyndrome
Lokalisation
Syndrom
Symptome ipsilateral
Symptome kontralateral
Mittelhirn,
Nucleus ruber
(oberer Anteil)
Benedikt-Syndrom
Okulomotoriusparese, fakultativ Blickparese
Intentionstremor, Hemiparese häufig ohne Pyramidenbahnzeichen, fakultativ Hemiataxie
Mittelhirn, Nucleus ruber (unterer Anteil)
Claude-Syndrom
Okulomotoriusparese
Hemiparese, Hemiasynergie oder Hemiataxie
Mittelhirnfuß
Weber-Syndrom
Okulomotoriusparese
Hemiparese
Vierhügelplatte
Parinaud-Syndrom
Vertikale Blickparese nach oben (Colliculi rostrales)
Vertikale Blickparese nach unten (Colliculi caudales)
Konvergenzschwäche
Licht-Nah-Dissoziation
 
Medulla oblongata, dorsolateral
Wallenberg-Syndrom
Horner-Syndrom, Hemiataxie, Trigeminusausfall, Gaumensegel-und Rachenhinterwandlähmung, Stimmbandlähmung
Dissoziierte Sensibilitätsstörung
Im Zeitalter moderner bildgebender Verfahren wie der MRT hat sich gezeigt, dass die präzise lokalisatorische Bedeutung dieser Symptomkonstellationen gering ist. Die Variabilität der Gefäßversorgung, Kollateralisierung und Mehrgefäßprozesse können zu zusätzlichen Symptomen (Plussymptome) oder zur inkompletten Ausprägung einzelner Syndrome (Minusvariante) führen.

Paramedianer Ponsinfarkt

Durch Verschluss der senkrecht aus der A. basilaris abgehenden penetrierenden Arterien können paramediane Ponsinfarkte auftreten, die medial die vorderen zwei Drittel des Hirnstamms einschließen (Abb. 13). Ursachen sind v. a. atherothrombotische Verlegungen der Gefäßostien der Rami ad pontem – oft auch durch großflächige athersklerotische Auflagerungen bei einer Dolichoektasie der A. Basilaris – und seltener auch embolische Verschlüsse.
Klinisch tritt zumeist eine brachial betonte Hemiparese mit Dysarthrie und oft nur geringer Hemihypästhesie auf. Eine horizontale Blickparese wird gelegentlich beobachtet und ein progredienter Verlauf ist häufig (Saposnik et al. 2008).

Akuter Basilarisverschluss

Verschlüsse der A. basilaris können in jedem Abschnitt des Gefäßes auftreten; allerdings treten atherothrombotische Verschlüsse vorwiegend im proximalen und embolische Verschlüsse v. a. im distalen Drittel der A. basilaris auf. Die klinische Abgrenzung gegenüber Hirnstammischämien durch Verlegung einzelner Äste erfolgt durch den Nachweis einer fluktuierenden Hirnstammsymptomatik, einer alternierenden Hemi- oder Tetraparese und häufig einer progredienten Verschlechterung der Bewusstseinslage. In anderen Fällen kommt es bei plötzlicher Verlegung der A. basilaris zu einer schlagartig einsetzenden Bewusstlosigkeit mit einer Tetraparese, einer Okulomotorikstörung und beidseitigen Pyramidenbahnzeichen. Die klinische Symptomatik wird einerseits durch die Höhe des Basilarisverschlusses und andererseits durch den zugrunde liegenden Verschlussprozess bestimmt. Bei Patienten mit normalem Gefäßstatus kann es durch eine kardiale Embolie (z. B. Vorhofflimmern) zu einer plötzlichen embolischen Verlegung der Basilaris kommen, die dann meist zu einer schlagartig einsetzenden Symptomatik mit Bewusstseinstrübung, Pupillo- und Okulomotorikstörung und Tetraparese führt. Liegen hingegen lokale atherothrombotische Gefäßprozesse vor, so kann die Symptomatik zunächst fluktuierend mit einer unilateralen Hirnstammsymptomatik, z. B. einer Dysarthrie und Dysphagie, beginnen und rasch progredient sein.
Selten kann ein Basilarisverschluss ausgehend von einer umschriebenen Basilarisstenose ganz oder teilweise hämodynamisch kompensiert werden, wenn sich effektive Kollateralverbindungen zwischen den Kleinhirnarterien (PICA/AICA, SCA/AICA) entwickeln. In diesen Fällen treten oft fluktuierende Hirnstammsymptome durch intermittierenden Verschluss und Blutdruckschwankungen auf. Bei isoliertem Verschluss des Basilariskopfes („Top-of-the-basilar-Syndrom“) führen bilaterale Thalamusischämien zu Störungen der Vigilanz; die Beteiligung der Mittelhirnhaube führt zu einer vertikalen Okulomotorikstörung. Im Falle einer ungenügenden Kollateralisation über das Karotisstromgebiet von vorne über die PcomA kommt es durch Verlegung des präkommunikalen Segmentes der PCA zu Gesichtsfeldausfällen bis hin zur kortikalen Blindheit. Die Einbeziehung der von der PCA versorgten mediobasalen Temporallappenanteile kann zu mnestischen Störungen, produktiven Symptomen wie optischen Halluzinationen und Konfabulationen bis hin zu einer psychotischen Symptomatik führen. Die Prognose nach erfolgreicher Lyse einer Basilaristhrombose wird durch folgende Faktoren verbessert:
  • distaler Basilarisverschluss,
  • kurzstreckiger Verschluss,
  • Ausbildung von Kollateralkreisläufen,
  • niedriges Alter,
  • kurze Symptom-Rekanalisations-Zeit,
  • Grad der Bewusstseinsstörung.

A. cerebri posterior

Die Mehrzahl der ischämischen Infarkte im Stromgebiet der A. cerebri posterior (PCA) sind Folge arterioarterieller Embolien aus Vertebralis- oder Basilarisstenosen oder dem Herzen. Nur selten entwickeln sich relevante arteriosklerotische Gefäßprozesse in dem Gefäß selbst. Die PCA versorgt den gesamten Okzipitallappen, basale Anteile des Temporallappens, den rostralen Hirnstamm sowie Anteile des Thalamus (Abb. 6).
Die A. calcarina versorgt die primäre Sehrinde – ein Verschluss des Gefäßes führt zu einer homonymen Hemianopsie zur Gegenseite. Läsionen in den von den Aa. parietalis und parietotemporalis versorgten visuellen Assoziationszentren bedingen hingegen in der Regel nicht Gesichtsfelddefekte, sondern komplexe neuropsychologische Defizite. Besonders bei Läsion der nichtdominanten Hemisphäre treten Phosphene (unstrukturierte Lichtblitze, -linien), Photopsien (geometrische Figuren, z. B. Gitterstrukturen, Fortifikationen) und szenische Halluzinationen (Gegenstände, Tiere, Menschen, Landschaften) auf. Gelegentlich werden auch Palinopsien mit visuellen Perseverationen von einmal wahrgenommenen Dingen beobachtet (beispielsweise scheinen alle betrachteten Personen Bärte zu tragen oder das Muster einer Hauswand überlagert sich auf andere Gegenstände). Diese Symptome können erheblich fluktuieren und sind z. T. in eine psychotische oder delirante Symptomatik eingebettet. Bei einer Schädigung des Posteriorstromgebietes der dominanten Hemisphäre können die Patienten Diskonnektionssyndrome wie eine reine Alexie bei erhaltener Schreib- und Sprachfähigkeit oder Farbbenennungsstörungen bei erhaltener Farbdiskrimination entwickeln. Die Störungen, die durch Verschluss der den Thalamus versorgenden Gefäßäste auftreten können, sind im folgenden Abschnitt beschrieben. Bilaterale Infarzierungen im Bereich mediobasaler Temporallappenanteile führen zu einer Schädigung von hippokampalen Strukturen mit erheblichen Gedächtnisstörungen.

Thalamusischämien

Gefäßprozesse der Aa. thalamoperforantes anteriores, die aus der PcomA hervorgehen, führen zu Thalamusischämien mit in der Regel nur gering ausgeprägter, brachiofazial betonter sensomotorischer Hemiparese, die mit Antriebsminderung, Desorientiertheit, mnestischen Störungen und transkortikaler Aphasie einhergeht (Abb. 14, Abb. 15, 16).
Die Aa. thalamoperforantes posteriores gehen aus dem präkommunikalen (P1-)Segment der A. cerebri posterior hervor und versorgen den rostralen Hirnstamm und mediale Thalamusanteile. Ischämien führen zu vertikalen Blickparesen, Okulomotoriuskernläsionen und choreoathetotischer Bewegungsunruhe. Eine ischämische Läsion des Nucleus subthalamicus (Luys-Körper) führt zum kontralateralen Hemiballismus. Als Gefäßvariante können die Aa. thalamoperforantes posteriores aus einer gemeinsamen A. communicans basilaris aus dem Basilariskopf hervorgehen. Ein Verschluss dieses Gefäßes ist dann für symmetrische, bilaterale, mediale Thalamusinfarkte verantwortlich, die sich klinisch in einer gelegentlich über Wochen andauernden Vigilanzminderung mit vermehrter Schlafneigung (Abulie) und nicht selten persistierenden Gedächtnisstörungen äußern („Thalamusdemenz“). Dieses Syndrom kann auch Folge einer flüchtigen Thrombose des Basilariskopfes („Top-of-the-basilar-artery Syndrom“) sein.
Die A. thalamogeniculata geht aus dem postkommunikalen (P2-)Segment der PCA hervor und versorgt ebenfalls Thalamusanteile. Ischämien führen hier typischerweise zu einer passageren kontralateralen Hemiparese und zu kontralateraler Hemidysästhesie, z. T. auch mit Thalamusschmerz, Stereoagnosie, Hemiataxie und choreoathetotischer Bewegungsunruhe.
Die A. choroidea posterior geht ebenfalls aus dem P2-Segment der A. cerebri posterior hervor und versorgt Pulvinar und Corpus geniculatum laterale. Ischämien führen zu horizontalen, homonymen, oft bizarr konfigurierten Gesichtsfeldausfällen.

Facharztfragen

1.
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2.
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3.
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4.
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5.
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6.
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7.
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8.
Welche großen Hirnbasisarterien sind an der Versorgung des Thalamus beteiligt?
 
Literatur
Berlit P (2007) Basiswissen Neurologie, 5. Aufl. Springer, Berlin/Heidelberg/New York/Tokio
Gelmers HJ, Krämer G, Hacke W, Hennerici M (1989) Zerebrale Ischämien. Springer, BerlinCrossRef
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