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Pädiatrie
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Publiziert am: 26.12.2018

Peritonitis und Aszites bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Martin Metzelder und Benno Ure
Das Peritoneum umkleidet als mesotheliale Zellschicht die Abdominalhöhle (Peritoneum parietale) und die peritonealen Bauch- und Beckenorgane (Peritoneum viszerale). Durch Sekretion seröser Flüssigkeit stellt das Peritoneum die Beweglichkeit der Bauchorgane sicher. Es ermöglicht zudem als bidirektionale Membran den Transport und die Absorption von Wasser, Elektrolyten, Eiweißen, Zellen, Blut, Luft und Medikamenten.

Peritonitis

Das Peritoneum umkleidet als mesotheliale Zellschicht die Abdominalhöhle (Peritoneum parietale) und die peritonealen Bauch- und Beckenorgane (Peritoneum viszerale). Durch Sekretion seröser Flüssigkeit stellt das Peritoneum die Beweglichkeit der Bauchorgane sicher. Es ermöglicht zudem als bidirektionale Membran den Transport und die Absorption von Wasser, Elektrolyten, Eiweißen, Zellen, Blut, Luft und Medikamenten.
Die Peritonitis ist definiert als jegliche Form der Entzündung des Peritoneums und kann sowohl lokalisiert, wie beispielsweise bei der Appendizitis, als auch generalisiert, die gesamte Bauchhöhle betreffend, auftreten. Die Peritonitis führt klinisch zu dem Bild eines akuten Abdomens und wird entsprechend der Ätiologie in drei Formen unterteilt: primäre, sekundäre und tertiäre Peritonitis. Differenzialdiagnostisch können auch bestimmte Stoffwechselerkrankungen (z. B. Erstmanifestation eines juvenilen Diabetes Typ 1) klinisch wie eine Peritonitis imponieren. Zudem ist bei intensivmedizinisch betreuten und beatmeten Kindern die Diagnostik einer Peritonitis von Seiten des klinischen Untersuchungsbefundes schwierig. Die Mortalität der Peritonitis bei Kindern hängt wesentlich von der Ursache der Peritonitis und der Grunderkrankung ab, jedoch gibt es im Gegensatz zu Erwachsenen (Mannheimer Peritonitis-Index) bislang noch keinen validen Peritonitis-Index/Score, der zur Abschätzung der Prognose der Peritonitis bei Kindern Verwendung findet. Bei Erwachsenen liegt derzeit die Mortalitätsrate bei Peritonitis trotz erheblicher Fortschritte in der chirurgischen und intensivmedizinischen Therapie bei 20 %.

Primäre Peritonitis

Definition und Ätiologie
Bei der primären oder spontanen Peritonitis handelt es sich um eine bakteriell bedingte Entzündung des Peritoneums ohne Darmperforation. In der Regel wird die primäre Peritonitis durch einen singulären, häufig aus der Darmflora stammenden und die Abdominalhöhle hämatogen erreichenden Erreger verursacht. Bei bestimmter Prädisposition (z. B. unter Immunsuppression oder auch bei schwerer Leberzirrhose) können aber, wenn auch sehr selten fungale Infekte in Betracht kommen. Bei Mädchen können Bakterien aus dem Genitaltrakt zur Infektion der Abdominalhöhle führen. Besondere Bedeutung kommt zudem Kathetern, z. B. zur Peritonealdialyse oder Ableitung eines Hydrozephalus, bei der Entstehung einer primären Peritonitis zu. Zum Teil sehr schwierig kann sich die Diagnose einer Darmtuberkulose mit peritonealer Beteiligung gestalten.
Bei Kleinkindern, insbesondere bei Kindern mit hepatobiliären Erkrankungen, nephrotischem Syndrom oder Zustand nach Splenektomie kann es zu einer primären Infektion der Bauchhöhle mit grampositiven Kokken kommen. Aus der Blutkultur oder aus im Rahmen einer abdominalen Exploration entnommenen Abstrichen lassen sich überwiegend Pneumokokken oder andere Streptokokken, gelegentlich auch gramnegative und anaerobe Erreger anzüchten. Insgesamt ist die Inzidenz der primären Peritonitis durch den Einsatz von Breitbandantibiotika selten geworden.
Klinische Symptome und Diagnose
Kinder mit primärer Peritonitis entwickeln initial meist kein fulminantes Krankheitsbild, sondern unspezifische Symptome wie Fieber, Nahrungsverweigerung, Diarrhö, Erbrechen oder Lethargie. Erst später tritt der typische peritonitische Untersuchungsbefund mit abdominalem Druckschmerz und Abwehrspannung in den Vordergrund.
Bei Kindern mit primärer Peritonitis erfolgt häufig unter dem Verdacht auf eine Appendizitis eine laparoskopische Diagnostik. Der unauffällige Abdominalbefund und insbesondere die unauffällige Appendix vermiformis lassen die Diagnose vermuten, wobei in diesen Fällen von einer Appendektomie abzusehen ist. Letztendlich führt der Keimnachweis aus dem intraoperativ entnommenen Abstrich zur Diagnose. Streptococcus pneumoniae, Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae sind die überwiegend in Betracht kommenden Erreger.
Therapie
Die Therapie beinhaltet die intravenöse und nachfolgend perorale Applikation von Antibiotika und gegebenenfalls die passagere Entfernung von Dialyse- und Shuntkathetern. Die Entfernung von peritonealen Dialysekathetern stellt im klinischen Alltag bei gutem antibiotisch therapeutischem Ansprechen eher eine Ausnahme dar, wohingegen bei Vorliegen eines ventrikuloperitonealen Shunts mit mutmaßlich abdominaler Ursache die operative Entfernung des peritonealen Schenkels und intermittierende Anlage einer externen Ventrikeldrainage erfolgen, bis nach einem ausreichend langen Intervall und Infektfreiheit eine intraperitoneale Liquorableitung erneut angelegt werden kann.

Sekundäre Peritonitis

Ätiologie
Die sekundäre Peritonitis geht mit einer Perforation des Darms einher. Als häufigste Ursache im Kindesalter ist die perforierte Appendizitis mit lokalisierter oder generalisierter Peritonitis zu nennen. Weitere Ursachen sind Darmwandnekrosen, perforierte Meckel-Divertikel, Traumata, iatrogene Verletzungen oder Nahtleckagen. Letztere stellen als Komplikationen nach abdominalchirurgischen Eingriffen als postoperative Peritonitis eine Sonderform der sekundären Peritonitis dar. Bei Frühgeborenen kommt die fokal-intestinale Perforation und die nekrotisierende Enterokolitis für die Ausbildung einer Peritonitis in Betracht. Bei Säuglingen sollte ein Volvulus bei Rotationsanomalien des Intestinums (Malrotation, Nonrotation), bei Kleinkindern eine länger bestehende ileokolische Invagination differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden.
Klinische Symptome
Die Klinik der sekundären Peritonitis ist fulminant. Im Vordergrund stehen zunächst Abdominalschmerzen und Ileussymptome wie Übelkeit und Erbrechen. In der Regel besteht Fieber mit zunehmenden klinischen und laborchemischen Zeichen einer Sepsis. Klinisch imponiert ein lokal oder diffus druckschmerzhaftes Abdomen mit Abwehrspannung und spärlicher oder fehlender Darmperistaltik.
Therapie
Insbesondere die durch ein Hohlorgan verursachte sekundäre Peritonitis kann rasch zu einer lebensbedrohlichen Sepsis und zu einem Multiorganversagen führen. Das Grundprinzip der Behandlung der sekundären Peritonitis beinhaltet die rechtzeitige chirurgische Sanierung, antibiotische Therapie mit entsprechendem Organmonitoring und frühzeitige Therapie bei drohendem Multiorganversagen. Inwiefern eine postoperative Drainage sinnvoll ist, wird kontrovers diskutiert. Eine Metaanalyse zeigte keinen Vorteil für die prophylaktische Drainage bei Peritonitis infolge perforierter Appendizitis.

Tertiäre Peritonitis

Die seltene tertiäre oder rekurrente Peritonitis ist charakterisiert durch eine wiederkehrende Infektion mit lokalen und systemischen Entzündungszeichen. Ursächlich kommen meist nosokomiale multiresistente Erreger in Betracht, deren Behandlung resistenzgerecht erfolgt.

Chemische Peritonitis

Bei der Mekoniumperitonitis besteht nach intrauteriner Darmperforation durch Anwesenheit von Mekonium in der Bauchhöhle eine chemische Peritonitis. Ursache ist eine intestinale Obstruktion bedingt durch Atresie, Volvulus, Meckel-Divertikel oder zystische Fibrose. Angeschuldigt wird zudem eine primäre oder sekundäre mesenteriale Gefäßinsuffizienz, die nachfolgend zur Darmnekrose führt. Typischerweise kommt es zu radiologisch nachweisbaren peritonealen Kalkeinlagerungen. Postpartal ist bei klinischen Zeichen einer Obstruktion und perforationsbedingter Peritonitis die Therapie chirurgisch.
Eine chemische Peritonitis kann zudem durch Austritt von Urin, Galle oder Pankreassekret in die Abdominalhöhle bedingt sein. Insbesondere der Austritt von Pankreassekret führt zu einer schweren Entzündung des Peritoneums bis zur Nekrosenbildung mit einem hochakuten Abdominalbefund. Auch hier beinhaltet die Therapie möglichst konservative Maßnahmen wie parenterale Ernährung und die Applikation von Antibiotika.

Aszites

Definition, Ätiologie und Pathogenese
Aszites ist definiert als Flüssigkeitsansammlung in der Abdominalhöhle. Hinsichtlich der pathophysiologischen Faktoren herrscht Uneinigkeit. Die Haupttheorien basieren auf der Anschuldigung einer Imbalance von Sekretion und Absorption sowie einer peripheren Vasodilatation. Es wird postuliert, dass ein vermindertes arterielles Blutvolumen zu einer Stimulation des sympathischen Nervensystems mit einer Beeinflussung der Arginin-Vasopressin-Rückkopplung und des Renin-Angiotensin-Systems führt.
Ursächlich handelt es sich meist um chronisch hepatische Erkrankungen, die mit einer portalen Hypertension einhergehen, oder um kardiovaskuläre und renale Erkrankungen sowie eine Reihe seltener spezifischer Konditionen.
Ätiologie des Aszites im Kindesalter
  • Hepatisch: Leberzirrhose, Pfortaderthrombose, Lebervenenverschluss
  • Kardial: Rechtsherzinsuffizienz, Perikarditis
  • Gastrointestinal: Malrotation, intestinale Atresie
  • Renal/Urin: nephrotisches Syndrom, Harnwegsobstruktion/Urethralklappen
  • Pankreatisch: Pankreatitis, Pankreaspseudozyste
  • Chylös: kongenital/idiopathisch, traumatisch/iatrogen
  • Biliär: Gallenwegsperforation, idiopathisch ohne darstellbare Perforation
  • Hypalbuminämie: Kwashiorkor
  • Neoplastisch: abdominale oder retroperitoneale Tumoren, Peritonealkarzinose
  • Infektiös: konnatale Zytomegalievirus-Infektion
Bezüglich bereits fortgeschrittener Lebererkrankungen im Kindesalter ergab die Analyse von hepatisch-bedingtem Aszites eine spontane bakterielle Peritonitis in bis zu 30 % der Fälle einhergehend mit einer erhöhten Mortalitätsrate innerhalb des 1. Jahres.
Dem pankreasbedingten Aszites liegt in der Regel eine Pankreatitis mit beginnender Pseudozystenbildung zugrunde. Der ovariell bedingte Aszites kann durch Ovarialzysten oder Tumoren bedingt sein. Bei Neugeborenen mit Urethralklappen, Ureterabgangsstenosen oder anderen Obstruktionen des Harnwegtrakts kann es zum Austritt von Urin mit Aszitesbildung kommen. Der biliäre Aszites ist als seltene Form durch eine spontane oder iatrogene Leckage aus dem Gallengang oder der Gallenblase bedingt.
Der chylöse Aszites stellt eine Ansammlung von Lymphflüssigkeit in der Abdominalhöhle dar. Ein chylöser Aszites kann idiopathisch, durch Traumata, Tumoren oder iatrogen bedingt sein. Der Nachweis von Chylos wird durch Parazentese mit Gewinnung von Chylomikronen und Lymphozyten aus der Aszitesflüssigkeit gestellt.
Klinische Symptome und Diagnose
Allgemeine Symptome sind neben einem ausladenden Abdomen die respiratorische Beeinträchtigung aufgrund einer Anhebung des Zwerchfells und die Malnutrition aufgrund eines Eiweißverlusts. Die Diagnose wird ultrasonografisch durch Nachweis freier abdominaler Flüssigkeit unter Ausschluss zystischer oder solider Veränderungen gestellt. Eine computertomografische Untersuchung dient dem Ausschluss oder Nachweis weiterer spezifischer Ursachen, wobei alternativ zunehmend die Magnetresonanztomografie zur Vermeidung der Strahlenexposition eingesetzt wird.
Therapie
Therapeutisch stehen zunächst symptomatische Maßnahmen im Sinne einer diätetischen Einstellung mit Salz- und Wasserrestriktion und die perorale Verabreichung des Aldosteronantagonisten Spironolakton im Vordergrund. Schleifendiuretika sind aufgrund des renalen Kaliumverlusts lediglich kurzzeitig bei Versagen der initialen Maßnahmen indiziert. Bei einem Aszites aufgrund portaler Hypertension und Hypoalbuminämie < 2,5 g/dl wird von einigen Autoren die Albumingabe bis zum Erreichen einer Serumalbuminkonzentration > 2,5 g/dl empfohlen. Demgegenüber wird die Albumingabe nach großvolumiger Aszitesentlastung über eine Parazentese kontrovers diskutiert, da hier eine konsekutive Downregulation der körpereigenen Albuminsynsthese nicht ausgeschlossen werden kann. Entlastungsparazentesen bleiben aufgrund des Volumen- und Eiweißverlusts für Patienten mit therapieresistentem Aszites vorbehalten. Die diagnostische Parazentese unter sonografischer Kontrolle bietet die Möglichkeit einer zusätzlichen Diagnostik (Bakteriologie, Albumin- und Amylasebestimmung). Ein Uroaszites liegt vor, wenn die Harnstoff- und Kreatininkonzentration höher, ein chylöser Aszites liegt vor, wenn die gemessene Triglyzeridkonzentration im Aszites höher als im Serum ist. Die Anlage eines peritoneovenösen Shunts hat sich in Einzelfällen bewährt, doch liegen keine Erfahrungen an größeren Patientenserien vor. Bei anhaltender massiver Aszitesbildung ist als Ultima Ratio die Lebertransplantation zu diskutieren. Die Behandlung des Aszites scheint generell Komplikationen wie beispielsweise die spontane bakterielle Peritonitis zu verhindern.
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