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Kinderchirurgie
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Publiziert am: 01.09.2018

Hodenhochstand

Verfasst von: Maximilian Stehr
Bei den kongenitalen Lageanomalien (Hodenhochstand) sollte die korrekte Hodenlage im Skrotum vor Vollendung des 1. Lebensjahrs erreicht sein. Zunächst sollte in den ersten 6 Lebensmonaten ein noch möglicher Spontandeszensus abgewartet werden. Ab dem 6. Lebensmonat kann optional eine präoperative Hormontherapie eingeleitet werden – insbesondere mit dem Ziel, die spätere Fertilität zu verbessern. Insbesondere bei beidseitigem Hodenhochstand ist dieses Vorgehen empfohlen. Im Anschluss daran ist dann die operative Verlagerung in das Skrotum durchzuführen. Die operative Therapie sollte aber nicht z. B. durch eine verzögerte Hormontherapie zeitlich nach hinten geschoben werden.
Bei den kongenitalen Lageanomalien (Hodenhochstand) sollte die korrekte Hodenlage im Skrotum vor Vollendung des 1. Lebensjahrs erreicht sein. Zunächst sollte in den ersten 6 Lebensmonaten ein noch möglicher Spontandeszensus abgewartet werden. Ab dem 6. Lebensmonat kann optional eine präoperative Hormontherapie eingeleitet werden – insbesondere mit dem Ziel, die spätere Fertilität zu verbessern. Insbesondere bei beidseitigem Hodenhochstand ist dieses Vorgehen empfohlen. Im Anschluss daran ist dann die operative Verlagerung in das Skrotum durchzuführen. Die operative Therapie sollte aber nicht z. B. durch eine verzögerte Hormontherapie zeitlich nach hinten geschoben werden.

Einleitung

Der Hodenhochstand ist die häufigste kongenitale Anomalie des Urogenitaltrakts mit einer Häufigkeit von 1–3 % bei reif geborenen Jungen und noch deutlich höherer Frequenz bei Frühgeborenen (bis zu 30 %, Hiort et al. 2005). Dabei kommt es im weiteren Verlauf zum spontanen Descensus testis nur bei etwa 7 % aller betroffenen Knaben im 1. Lebensjahr, meist in den ersten 6 Monaten (Hiort et al. 2005; Wenzler et al. 2004).
Die Ursache des Kryptorchismus ist multifaktoriell, wobei verschiedene Faktoren (Ligamentum diaphragmaticum, N. genitofemoralis, Deszensus des Nebenhodens, Gubernaculum testis, Processus vaginalis) diskutiert werden (Hutson et al. 1997). In den meisten Fällen ist er als Folge einer intrauterinen Insuffizienz der Hypothalamus-Hypophysen-Gonadenachse zu sehen. Man kann ihn als einen passageren pränatalen und präpubertären hypogonadotropen Hypogonadismus betrachten. Somit wird er heute als eine Endokrinopathie angesehen (Hadziselimovic 2002).
Der mangelnde Hodendeszensus ist als Teil eines Primärschadens (Fertilitätsstörung, Neigung zu erhöhter Malignitätsrate des betroffenen und auch des kontralateralen Hodens und als 3. Element der unzureichende Deszensus) einzuordnen, zu dem sich ein Sekundärschaden gesellen kann, sofern der Hoden in der Fehlposition der dort unphysiologischen Temperatur von 35–37 °C statt der im Skrotum vorherrschenden Temperatur von 33 °C zu lange ausgesetzt ist (Hutson et al. 1997; Rokitansky 2005).

Physiologischer Descensus testis

Der physiologische Descensus testis unterteilt sich in 2 Phasen: Eine transabdominelle Phase (10–15. SSW) und eine inguinoskrotale Phase (28–35. SSW). Während in der frühen Phase neben Testosteronen die Faktoren INS-3 (insulin-like factor 3) sowie das AMH (Anti-Müller-Hormon) eine entscheidende Rolle spielen, werden in der späteren inguinoskrotalen Phase v. a. Androgene sowie ein spezielles Peptid, das CGRP (calcitonin gene related peptide) aus dem N. genitofemoralis für einen physiologischen Ablauf verantwortlich gemacht. Vieles ist nach wie vor unklar. Ob z. B. Zug durch das sich verkürzende Gubernakulum oder eher vermehrter intraabdomineller Druck den Descensus testis vervollständigt, ist ebenso unsicher wie die primäre Lage des Hodens hinsichtlich des Peritoneums.

Ätiologie des Maldescensus testis

Das Ausbleiben des physiologischen Descensus testis – insbesondere beidseits – wird heute als Folge einer intrauterinen Insuffizienz der Hypothalamus-Hypophysen-Gonadenachse im Sinne einer Endokrinopathie gesehen. Der Descensus testis ist also wesentlich hormonell reguliert und unter genetischer Kontrolle. Diesbezügliche Störungen sind teilweise bekannt und werden zum Teil dominant vererbt, wobei sich ggf. richtungweisende endokrinologische Auffälligkeiten nachweisen lassen.
Wichtige derzeit bekannte Ursachen für eine Störung der Hodendeszension sind:
  • Heterozygote dominante Mutationen in den Genen INSL3 und LGR8/GREAT, die für das testikuläre Hormon „Insulin-like factor 3“ bzw. dessen Rezeptor kodieren (Grüters 2005; Hiort et al. 2005) und etwa 5–10 % der Fälle von nicht syndromalem Hodenhochstand betreffen (Foresta und Ferlin 2004).
  • Chromosomenstörungen, speziell Störungen der Geschlechtschromosomen, die bis zu 5 % der Fälle von nicht syndromalem Hodenhochstand betreffen (Yamaguchi et al. 1991).
  • Primäre Defizienz des hypothalamischen Gonadotropin freisetzenden Hormons (GnRH), z. B. beim Kallmann-Syndrom.
  • Genetische Störungen der Androgensynthese bzw. Androgenresistenz.
  • Genetische Störung der Kortisonsynthese (AGS) mit phänotypisch schwerer Virilisierung des weiblichen Genitales täuscht einen beiderseitigen Hodenhochstand vor.

Humangenetik

Ein Hodenhochstand kann sowohl isoliert ohne weitere klinische Auffälligkeiten als auch als Teilbefund bei zahlreichen genetischen Krankheiten bzw. Syndromen auftreten. Bei einem isolierten einfachen Hodenhochstand ohne weitere klinische Auffälligkeiten ist bei unauffälliger Familienanamnese eine weiterführende humangenetische Abklärung in der Regel nicht notwendig.
Ein genetisches Syndrom als Ursache eines Hodenhochstands soll immer dann in Betracht gezogen werden, wenn zusätzliche morphologische Auffälligkeiten nachweisbar sind oder eine psychomotorische Entwicklungsstörung auftritt. Es sollte dann eine humangenetische Abklärung erfolgen. Zu den relevanten körperlichen Auffälligkeiten zählen neben allgemeinen Dysmorphiezeichen speziell weitere Genitalfehlbildungen, Fehlbildungen der inneren Organe (Nieren, Herz, Abdomen, Gastrointestinaltrakt), zerebrale Fehlbildungen, Störungen der Skelettentwicklung usw. Bei der Durchführung einer Chromosomenanalyse findet sich in bis zu 10 % solcher Patienten ein auffälliger Befund (Yamaguchi et al. 1991). Bei Knaben mit Hodenhochstand und zusätzlich einer Hypospadie bzw. anderen Genitalfehlbildungen sollte u. a. die Möglichkeit einer Mutation im WT1-Gen in Betracht gezogen werden, da dann ein erhöhtes Risiko für ein Nephroblastom (Wilms-Tumor, Kap. „Nierentumoren bei Kindern und Jugendlichen“) bestehen würde (WAGR-Syndrom: Wilms-Tumor, Aniridie, genitale Missbildung, Retardierung; Grüters 2005).

Formen und klinische Begriffe

Der Hodenhochstand (Maldescensus testis) wird unterteilt in
  • Retentio testis: Der Hoden liegt an beliebiger Stelle entlang des physiologischen Descensus in der Urogenitalrinne: Retentio testis abdominalis, Retentio testis inguinalis.
  • Hodenektopie: Der Hoden geht einen falschen Weg während des Deszensus und kommt meist epifaszial inguinal, seltener perineal, suprapubisch, penil oder in der anderen Skrotalhälfte zu liegen. Die Ursache liegt in einer groben Fehlinsertion des Gubernaculum testis (Hutson et al. 1997; Rokitansky 2005). Die häufigste Form, die inguinal-epifasziale Ektopie (ca. 70 %) kann palpatorisch mit dem Leistenhoden verwechselt werden. Daneben finden sich penile (an der Peniswurzel), femorale, transversale und perineale Ektopien.
Unter einem Kryptorchismus versteht man im deutschsprachigen Raum einen nicht palpablen Hoden. Dahinter kann sich eine Retentio testis abdominalis oder auch eine Hodenaplasie verbergen.
Bei einem Gleithoden gelingt die manuelle Position eines inguinal oder präskrotal gelegenen Hodens in das Skrotum. Nach dem Loslassen gleitet der Hoden allerdings sofort in seine Ausgangsposition zurück. Das alleinige Zurückgleiten des Hodens nach inguinal kann noch keine Unterscheidung zwischen Pendel- und Gleithoden gewährleisten. Vom Untersucher muss vielmehr die vorhandene oder fehlende Spannung am Samenstrang beim Zug am Hoden und die erreichbare Position im Skrotum bewerten werden.
Bei einem Pendelhoden dagegen wechselt die Hodenposition spontan zwischen inguinal/präskrotal und skrotal je nach Anspannung des M. cremaster. In warmer Umgebung (z. B. Badewanne) kann deshalb eine skrotale Position beobachtet werden. Auf die Unterscheidung zwischen Pendelhoden und Gleithoden soll deshalb besonders hingewiesen werden, da sie die praktisch wichtige Grenze der Therapienotwendigkeit darstellt: Der Pendelhoden ist im Unterschied zum Gleithoden nicht behandlungsbedürftig, muss aber regelmäßig kontrolliert werden, da eine sekundäre Aszension häufiger beobachtet wird.

Sekundäre Hodenaszension – sekundärer Hodenhochstand

Von der primären Retention ist die sekundäre Aszension des Hodens zu unterscheiden. Hier retrahiert sich ein primär im Skrotalfach lokalisierter Hoden zunehmend aufgrund eines inadäquaten Längenwachstums oder wegen retinierender fibröser Anteile des Funiculus spermaticus (Hutson et al. 1997; Rokitansky 2005). Diese sekundär aszendierten Hoden weisen aber nicht die gleiche Problematik hinsichtlich Fertilität und Malignität auf wie der primär maldeszendierte Hoden, denn sie haben keinen Primärschaden. Sekundärschäden lassen sich durch rechtzeitige Verlagerung des Hodens verhindern. Wenn die sekundär entstandene ungünstige Hodenposition >5–6 Jahre nicht korrigiert wird und der Hoden in seiner ungünstigen Lage verbleibt, nimmt die Zahl der Geschlechtszellen bis zur Pubertät stetig ab und hat dann eine gleich niedrige Zahl wie beim primär maldeszendierten Hoden.
Erste sekundäre Veränderungen findet man an der Tunica propria der Tubuli seminiferi. Auf der ultrastrukturellen Ebene lassen sich eine Kollagenisierung des peritubulären Bindegewebes und eine Verdickung der Basalmembran auf das 1,3- bis 1,5-Fache nachweisen. Die Veränderungen nehmen mit den Jahren irreversibel zu. Ein typisches Beispiel für eine iatrogen verursachte Hodenaszension ist der sekundäre Hodenhochstand nach Leistenhernienoperation, eine bekannte Komplikation, die im Säuglingsalter mit einer Häufigkeit von 0,5–2 % anzugeben ist (Kap. „Inguinalhernien bei Kindern und Jugendlichen“).

Diagnostik

Wichtigster diagnostischer Schritt ist die klinische Untersuchung mit Inspektion und bimanueller Palpation. Grundsätzlich soll die klinische Untersuchung in einer warmen Umgebung und ruhigen Atmosphäre stattfinden. Es ist mit zwei Händen zu untersuchen, wobei man mit der einen Hand die Leiste wiederholt nach unten ausstreicht und mit der anderen Hand den auf diese Weise mobilisierten Hoden fasst und ihn so weit wie möglich nach unten zieht. Die erreichbare Position ergibt dann die Diagnose. Von vielen wird ergänzend die Palpation bei Untersuchung des Jungen im Schneidersitz favorisiert, wobei bei Säuglingen die Mutter das Sitzen durch Halten unterstützen kann.
Ein hypoplastisches Skrotum ist hinweisend für das Vorliegen eines Hodenhochstandes. Wiederholte Untersuchungen sind bei fraglichen Befunden und schwierigen Untersuchungsbedingungen (adipöses Kind) zu empfehlen. Wenn die Hoden beidseits nicht tastbar sind, ist ein pädiatrisch-endokrinologisches Konsil indiziert (zum Teil auch interdisziplinäre Abklärung der möglichen Syndrome, s. oben) (Tab. 1). Der Inhibin-B-Test kann mit einer einzigen Blutentnahme den früher üblichen HCG-Stimulationstest zum Nachweis des testosteronproduzierenden Hodengewebes ersetzen und sollte einer operativen Exploration immer vorausgehen (Albers 2005).
Tab. 1
Endokrinologische Abklärung bei Retentio testis
Klinischer Befund
Labor
Pendelhoden, Gleithoden, einseitiger Leistenhoden/Kryptorchismus ohne begleitende Fehlbildung
Keine
Beidseitiger Kryptorchismus oder Leistenhoden und jeder Hodenhochstand mit assoziierten genitalen/nichtgenitalen Fehlbildungen
LH, FSH, Testosteron (hCG-Stimulationstest)
Inhibin B (Sertoli-Zellmarker), AMH
Ggf. Steroidprofil
Genetik
Bildgebende Untersuchungsverfahren (Sonografie, Magnetresonanztomografie oder Computertomografie) sind beim nicht palpablen Hoden nur in Ausnahmefällen mit speziellen Fragestellungen indiziert (Siemer et al. 2000; Uhl et al. 1997). Für diese Fälle kann bei der Sonografie mit hochauflösendem Schallkopf (>7,5 MHz) mit einer Rate korrekter Klassifikation (accuracy) von 84 % (bei einer Sensitivität von 76 % und einer Spezifität von 100 %) gerechnet werden (Kanemoto et al. 2005). Sie erlaubt bei identifizierbaren Hoden eine Beurteilung bzgl. Größe und Parenchymstruktur. Auch kann die gleichseitige Niere untersucht werden. Bei der Suche nach einem Bauchhoden kann man durch die MRT eine „accuracy“ von 85 % erwarten bei einer Sensitivität von 86 % und einer Spezifität von 79 % (Kanemoto et al. 2005). Die Computertomografie sollte wegen der Strahlenbelastung zur Hodensuche nicht mehr angewandt werden.
Die heute bevorzugte Methode zur Identifizierung der Hodenlokalisation bei nicht palpablem Hoden ist die Laparoskopie. Sie gestattet neben der Beurteilung der Lage auch die der Morphologie der Gonaden und Samenstranggebilde (Intersex, persistierende Müller-Strukturen, Hoden-Nebenhodendissoziation). Zudem können an diesen zunächst rein diagnostischen Schritt weitere therapeutische Maßnahmen angeschlossen werden: Bei intraabdominellem Hodenrudiment kann die laparoskopische Entfernung erfolgen oder bei vorhandenem Hoden (Retentio testis abdominalis) der erste Schritt der zweizeitigen Operation nach Fowler-Stephens (s. unten) vorgenommen werden.

Therapie

Behandlungsziel ist die dauerhafte Verlagerung und Fixierung der retinierten oder ektopen Gonade in das Skrotum. Dieses Ziel sollte bis zum Ende des 1. Lebensjahrs erreicht sein. Bei Frühgeborenen gilt das korrigierte Alter.
Pendelhoden sind durch ihre definierte Lage nicht behandlungs-, sondern nur beobachtungsbedürftig (bis zur Pubertät), um eine in diesem Kollektiv etwas häufiger (ca. 6 %) auftretende Hodenaszension rechtzeitig zu erfassen. Mit dem Hodenwachstum in der Pubertät verliert sich die Problematik des überschießenden Kremasterreflexes.
Beim Hodenhochstand (Retentio testis oder Hodenektopie) besteht das Behandlungsziel darin, durch rechtzeitige Verlagerung des Hodens in das Skrotum den Sekundärschaden am Hoden zu verhindern und einen vorher nicht palpablen Hoden der klinischen Untersuchung zugänglich zu machen. Ob der Primärschaden durch die Therapie beeinflussbar ist, ist bisher nicht hinreichend geklärt. Durch ein früheres Operationsalter und prä- und/oder postoperative Hormontherapie wird der Primärschaden in Form von Fertilitätsstörungen und erhöhter Neigung zu maligner Entartung möglicherweise positiv beeinflusst (Hadziselimovic 2002). Es gibt Hinweise, dass für die späteren Fertilitätschancen die sog. „Minipubertät“ im Alter von ca. 4 Monaten entscheidenden Einfluss hat (Hadziselimovic 2002; Hadziselimovic und Herzog 2001; Schwentner et al. 2005). Im Alter von ca. 2–3 Monaten soll die Transformation vom fetalen Hauptzellpool (Gonozyten) hin zum Erwachsenen-Hauptzellpool (Ad-Spermatogonien) stattfinden. Unterbleibt diese Umschaltung, so äußert sich dies in einem mangelnden Verschwinden der Gonozyten und mangelnden Auftreten der Ad-Spermatogonien in zum Zeitpunkt der Orchidopexie durchgeführten Hodenbiopsien. Dabei zeigen später durchgeführte Spermiogramme eine Korrelation zur stattgehabten Transformation der Gonozyten in Ad-Spermatogonien, unabhängig vom Alter bei der Operation (Hadziselimovic 2002; Hadziselimovic und Herzog 2001).

Therapeutische Optionen und Zeitablauf

Die Gestaltung der Therapie hängt zum einen vom Alter des Kindes, zum anderen von der vorliegenden Diagnose (Form des Hodenhochstandes) ab. Im Folgenden soll hier die prinzipielle Vorgehensweise skizziert werden.
In den ersten 6 Lebensmonaten wird zunächst ein spontaner Deszensus abgewartet. Wenn dieser sich in dieser Zeit nicht eingestellt hat, wird mit einer präoperativen kombinierten Hormontherapie (s. unten) begonnen. Erst bei Erfolglosigkeit ist die Operation indiziert. Mit diesem zeitlichen Schema sollte die Behandlung inkl. Operation im Alter von 12 Monaten abgeschlossen sein (Abb. 1, Rokitansky 2005).
Bei erfolgreicher Hormontherapie ist in 24 % mit einer Re-Aszension des Hodens auch nach mehreren Monaten zu rechnen (Albers 2005), weshalb diese Kinder regelmäßig kontrolliert werden sollen. Die durch den ähnlichen klinischen Tastbefund bedingte Verwechslungsmöglichkeit zwischen einem echten Leistenhoden (Retentio testis inguinalis) und der häufigsten Hodenektopie, der inguinal-epifaszialen Ektopie, führt zu verfälschten Ergebnissen bei Untersuchungen über die Wirksamkeit einer präoperativen Hormontherapie: Die fälschlicherweise dem Kollektiv der Retentio testis inguinalis zugeordneten inguinal-epifaszialen Hodenektopien können zwangsläufig keine Wirksamkeit der Hormontherapie im Sinne des erwünschten Deszensus aufweisen.
Bei Hodenektopien ist eine präoperative Hormontherapie nicht indiziert. Hier ist von einer Hormontherapie keine Induktion der richtigen Hodenlokalisation zu erwarten.
Ähnliches gilt bei erkennbaren anatomischen Ursachen für die Hodenretention (z. B. sekundärer Hodenhochstand bei narbiger Fixation des Hodens nach Voroperation in der Leiste). Unter dem Aspekt der Verbesserung der Spermiogenese (s. unten) kann allerdings auch in diesen Fällen eine präoperative Hormonkur diskutiert werden.
Wenn ein behandlungsbedürftiger Hodenhochstand zu spät entdeckt wird, sodass im zeitlichen Behandlungsplan eine präoperative Hormontherapie nur noch unter Inkaufnahme einer verspäteten Operation möglich wäre, sollte dem Operationstermin der Vorzug gegenüber der präoperativen Hormontherapie gegeben werden. Die zusätzliche möglicherweise positive Wirkung auf die Spermiogenese bliebe in diesem Fall einer postoperativen Hormontherapie vorbehalten.

Hormontherapie

Grundsätzlich gibt es 2 Indikationen durch Durchführung einer Hormontherapie:
  • Einleitung des Deszensus des retinierten Hodens unter Vermeidung einer nachfolgenden Operation. Mit einem Erfolg kann hierbei je nach Therapieschema zusammenfassend in etwa 20–60 % der Fälle gerechnet werden.
  • Stimulation der Keimzellreifung und -proliferation und damit Verbesserung der Fertilitätschancen. Letzteres kann gleichermaßen durch prä- oder postoperative Hormontherapie erreicht werden.

Präoperative Hormontherapie

Bei der ein- oder beidseitigen Retentio testis ohne zusätzlichem mechanischem Hindernis ist die primäre präoperative Hormontherapie indiziert und scheint den Fertilitätsindex zu verbessern (Hadziselimovic 2002; Hadziselimovic und Herzog 2001; Schwentner et al. 2005). Da allerdings Patienten mit ehemals einseitigem Hodenhochstand keine signifikante Einschränkung der Vaterschaft erleben, wird die präoperative Hormontherapie insbesondere bei diesem Krankheitsbild im Kollegenkreis zunehmend kritisch diskutiert. Bei beidseitigem Hodenhochstand mit dementsprechend signifikant reduzierter Vaterschaftsrate kann der Patient allerdings durchaus hiervon profitieren (Thorup et al. 2018).
Es existieren unterschiedliche Therapieschemata zur präoperativen Hormontherapie. Bei dem Kombinationsschema wird zunächst LHRH 3-mal 400 μg/Tag (3-mal täglich ein Sprühstoß von 200 μg pro Nasenloch) über 4 Wochen appliziert. Unmittelbar daran wird eine β-HCG-Kur in der Dosis 1-mal 500 IE/Woche über 3 Wochen angeschlossen. Dieses Kombinationsschema wird derzeit in den S2-Leitlinien zum Hodenhochstand der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie empfohlen. Alternativ zur Kombinationstherapie, insbesondere auch bei verspätetem Therapiebeginn, kann eine Monotherapie mit β-HCG i. m. über 5 Wochen durchgeführt werden. Dabei wird im Alter <2. Lebensjahr eine Dosierung von 500 IE pro Woche, bei älteren Kindern zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr 1500 IE pro Woche appliziert. Kinder >6. Lebensjahr erhalten eine Dosierung von 2500 IE pro Woche. 5 Wochen nach letzter Injektion sollte die Hodenlage erneut kontrolliert werden.

Postoperative Hormontherapie

Weiterhin gibt es Hinweise, dass die Transformation der Gonozyten in Ad-Spermatogonien („Minipubertät“) unterstützt werden kann durch die postoperative Gabe von GnRH-Analoga in Niedrigdosierung (z. B. 200 μg Naferelin nasal [Spray] 2-mal wöchentlich für insgesamt 6 Monate [Dosis insgesamt 9,6 mg, Huff et al. 2001] oder Buserelin 10 μg täglich über 6 Monate) (Hadziselimovic 2002; Hadziselimovic und Herzog 2001). Die Transformation der Gonozyten in Ad-Spermatogonien kann histologisch nach Entnahme einer Hodenbiopsie im Rahmen der Orchidopexie gesichert werden. Eine allgemeine Empfehlung zur routinemäßigen Hodenbiopsieentnahme kann derzeit allerdings nicht ausgesprochen werden. Wenn eine Hodenbiopsie entnommen wird, muss sie in gekühltem 2 %-igem Glutaraldehyd und nicht in Formalin fixiert werden.

Operative Therapie bei tastbarem Hoden

Die Orchido-Funikulolyse mit Orchidopexie kann bei allen tastbaren Hoden als Methode der Wahl angesehen werden. Die quere Inzision im Bereich der meist vorhandenen Bauchhautfalte entlang der Hautlinien ist kosmetisch der steilen Inzision überlegen und gestattet einen übersichtlichen Zugang bis hin zur abdominellen Exploration (Rokitansky 2005). Vorsichtige Präparation unter Verwendung optischer Hilfen (Lupenbrille) ist speziell im jetzt für die Operation geforderten Säuglingsalter Grundvoraussetzung für die angestrebte Optimierung der Therapie (Rokitansky 2005).
Ein Processus vaginalis wird wie bei einer Leistenhernie auf Höhe des inneren Leistenrings unterbunden und abgetragen, die Kremasterfasern werden unter Schonung der Spermatika-Gefäße vollständig durchtrennt. Durch retroperitoneale Funikulolyse und Begradigung ihres Verlaufs (Abb. 2; ggf. durch zusätzliche Einkerbung des M. obliquus internus abdominis und Durchtrennung der Vasa epigastrica – Prentiss-Manöver) sowie der Präparation des Ductus deferens bis hinter die Blase kann in der Regel genügend Strecke gewonnen werden, um den Hoden bis in das Skrotum zu verlagern. Der Eingriff wird mit der Orchidopexie beendet, wobei sich die Methode nach Schoemaker (Fixation des Hodens in einer zwischen Tunica dartos und Skrotalhaut gebildeten Tasche) bei einer pexiebedingt geringen Rezidivrate bewährt hat.
Bei beidseitiger Retentio testis können im Regelfall beide Seiten in einer einzeitigen Operation korrigiert werden. Bei deutlicher Skrotalhypoplasie oder kritischer Durchblutungssituation nach der Funikulolyse der einen Seite sollte allerdings zweizeitig vorgegangen werden.
Wenn bei konventioneller Funikulolyse unerwartet keine ausreichende Funikuluslänge erreicht werden kann, sollte der Hoden bis auf die maximal mögliche Strecke verlagert werden und dann die zweite Sitzung nach etwa 6 Monaten erfolgen. Der Zweiteingriff mit Präparation der oft hypotrophen Strukturen aus ausgedehntem Narbengewebe ist ein sehr anspruchsvoller Eingriff und geht trotz sorgfältiger Präparation mit einer hohen Atrophierate (bis zu 56 %) des Hodens einher.
Bei gleichzeitiger Diagnose einer Leistenhernie und eines Hodenhochstandes beim Neugeborenen erfolgt die Herniotomie (wie auch ohne Hodenhochstand). Funikulo-Orchidolyse und Orchidopexie werden simultan soweit als möglich durchgeführt. Bei den zarten Strukturen wird wegen der erhöhten Gefahr der Atrophie keine ausgiebige Mobilisation erzwungen. Ist der Hoden nicht ausreichend zu mobilisieren, sollte die Funikulo-Orchidolyse und -pexie in einer 2. Operation vor Vollendung des 1. Lebensjahrs geplant werden.

Operative Therapie bei nicht tastbarem Hoden

Bei hoch inguinal und abdominal gelegenen nicht palpablen kryptorchen Hoden sollte der primären Laparaskopie gegenüber einer primären offenen Exploration von der Leiste aus der Vorzug gegeben werden. Hierbei gewinnt der Operateur nicht nur optimale Übersicht, sondern kann einen diagnostischen Schritt (Hodensuche) in gleicher Sitzung mit einem therapeutischen Schritt (Fowler-Stephens I bei Bauchhoden) verbinden.
Findet sich in der Laparoskopie ein abdominell gelegener Hoden mit für eine skrotale Verlagerung zu kurzen Vasa testicularia (Abb. 3), wird der erste Schritt der Fowler-Stephens-Operation durchgeführt. Dabei werden die Vasa testicularia durchtrennt. Ein kräftiger Ductus deferens mit gut ausgebildeter A. ductus deferentis ist hierbei Voraussetzung für die weitere Perfusion des Hodens (Abb. 4). In der folgenden Zeitspanne von ca. 6 Monaten können sich testikuläre Anastomosen zur A. ductus deferentis ausbilden, sodass der folgende inguinale Operationsschritt mit anschließender Orchidopexie unter günstigerer Hodendurchblutung stattfinden kann.
Es ist darauf zu achten, dass der Ductus deferens mit der nun hauptversorgenden A. ductus deferentis nicht skelettiert wird. Vielmehr sollte ein 1–2 cm breiter Peritonealstreifen bis hinter die Blase am Ductus deferens belassen werden, um die Arterie zu schonen.
Das Peritoneum wird dann anschließend wieder fortlaufend verschlossen. Ebenfalls darf das Gubernakulum mit möglichen Anastomosen bei dem 2. Schritt der Fowler-Stephens-Orchidopexie nicht durchtrennt werden. Diese zweizeitige Vorgehensweise scheint zu geringeren Raten von Hodenatrophie (Manak et al. 2002) als bei der alternativen einzeitigen offenen Fowler-Stephens-Operation (bis zu 30 % Atrophierate) zu führen.
Sollte dennoch die Fowler-Stephens-Operation einzeitig offen durchgeführt werden, ist ebenfalls auf eine ausgiebige Skelettierung der Spermatika-Gefäße mit ausgedehnter Dissektion des Processus vaginalis vom Ductus deferens – wie bei der Standard-Operation – zu verzichten. Vielmehr soll ein 1–2 cm breiter Streifen der dem Ductus deferens anliegenden Wand des Processus vaginalis als Schutz der Gefäße des Ductus deferens belassen werden. Nach Abklemmen der A. testicularis und positiver Blutungsprobe des Hodens nach Inzision der Tunica albuginea (unter Nutzung der Inzision ggf. für eine Hodenbiopsie) kann die A. testicularis durchtrennt werden und damit meist der Hoden in das Skrotum verlagert werden. Ggf. müssen noch eine oder zwei Anastomosen zwischen der A. ductus deferentis („Long-loop-Vas“) und der A. testicularis durchtrennt werden.
Die alternative mikrovaskuläre Autotransplantation bei Abdominalhoden zwischen Vasa testicularia und Vasa epigastrica inferioria hat einen Gefäßdurchmesser von mindestens 0,3 mm zur Bedingung und ließ sich deshalb noch nicht bei Säuglingen durchführen. Sie bleibt speziellen Situationen in speziellen Zentren vorbehalten.
Gelegentlich finden sich bei der initialen Laparoskopie ein blind endender Ductus deferens sowie verdämmernde Gefäße bis vor den inneren Leistenring. Es handelt sich hierbei wahrscheinlich um eine abgelaufene intrauterine Hodentorsion (vanishing testis). Ggf. soll ein noch anhängender Rest ursprünglichen Hodengewebes entfernt werden.
Sollten wider Erwarten (ca. 5 %) Strukturen wie Ductus deferens oder testikuläre Gefäße durch einen inneren Leistenring ziehen, muss die Leiste offen exploriert werden. Gelegentlich lässt sich ein präoperativ nicht palpabler Hoden bei der offenen inguinalen Präparation doch noch finden. Ggf. muss die Operation retro- bzw. intraperitoneal fortgesetzt werden.
Bei im Leistenkanal vorgefundenen blind endenden Spermatika-Gefäßen – meist in Kombination mit einem blind endenden Ductus deferens – erübrigt sich eine weitere intraperitoneale Exploration, da es sich ebenfalls um einen „vanishing testis“ handelt.
Die Erfolgsquote bei den hochgelegenen Hoden hinsichtlich dauerhaft bleibender Lage ohne Atrophie liegt bei ca. 70–80 %. Sehr häufig gehen die hochgelegenen kryptorchen Hoden mit einer Hoden-Nebenhodendissoziation schweren Grades einher und sind umso dysplastischer, je höher sie liegen.
Bei einseitig hoher Lage eines kryptorchen dysplastischen hypotrophen Hodens kann intraoperativ die Entscheidung anstehen, ob nicht eine Orchiektomie adäquat sei. Dabei wird die Indikation zur Orchiektomie umso eher zu stellen sein, je höher der Hoden lokalisiert und je älter das Kind (Pubertät) ist; eine ausgeprägte Hoden-Nebenhoden-Dissoziation als Hinweis für eine ausgeprägte primäre Dysplasie kann ebenfalls zur Orchiektomie hinführen, wenn es sich um einen einseitigen Befund handelt (Rokitansky 2005). Dies muss insbesondere bei älteren Kindern (>6 Jahre) als mögliche Alternative mit den Eltern präoperativ besprochen sein.

Komplikationen nach Orchidopexie

Schwerwiegende Komplikationen sind die Atrophie des Hodens, mit der bei der Standardoperation in ca. 1 %, nach Ligatur der A. testicularis (Fowler-Stephens-Operation) und nach mikrovaskulärer Autotransplantation in ca. 20–30 % zu rechnen ist. Ob ein Hodenrudiment (atropher Hoden, nicht wachsender Hoden) belassen werden kann, ist unklar. Meist wird die Entfernung empfohlen, um bei noch vorhandenem Hodenrestgewebe einer später malignen Entartung vorzubeugen. In Kombination mit dieser Operation könnte eine ggf. gewünschte Hodenprothese eingesetzt werden. Diese Operation sollte in das Pubertätsalter terminiert werden, sodass keine Prothesenwechsel anfallen und der Patient als Jugendlicher dann die Möglichkeit der eigenen Entscheidung hat.
In weiteren 1–5 % der Fälle kommt es zur Durchtrennung des Ductus deferens oder zum Rezidiv der kryptorchen Lage. Ein durchtrennter Ductus deferens lässt sich im Säuglings-/Kleinkindesalter mikrochirurgisch adaptieren als Chance für eine mögliche Rekanalisierung.
Beim Rezidiv ist wegen der meist bestehenden starken Verwachsungen die Reoperation verbunden mit einer Vitalitätsgefährdung des Hodens und Verletzungsgefahr des Ductus deferens.
Leichtere Komplikationen sind Läsionen des N. ileoinguinalis und Wundheilungsstörungen. Die Durchtrennung des N. ileoinguinalis führt zu weniger subjektiven Beschwerden als etwa das Einnähen des Nervs in die Faszie.

Nachsorge

Nachuntersuchungen betreffen zunächst den Zeitraum bis zu 1 Jahr postoperativ, um evtl. Rezidive des Hodenhochstandes oder eine sich entwickelnde Hodenatrophie zu erfassen. In der Regel wird nach 3 Monaten durch den Operateur, ggf. durch den Kinderarzt der Hoden hinsichtlich seiner Lage und Größe klinisch, evtl. zusätzlich Sonografisch (Größenobjektivierung, Parenchymbeschaffenheit) kontrolliert. Bei Normalbefund erfolgen die weiteren Kontrollen vierteljährlich beim Kinderarzt bis 1 Jahr postoperativ. Zeigt sich bei der Kontrolle 6 Monate postoperativ eine nicht akzeptable Position des Hodens, erfolgt die Re-Operation.
Re-Eingriffe sollten nicht früher als 6 Monate postoperativ erfolgen.
In einem späteren Zeitraum im Alter ab 15 Jahren steht die Untersuchung auf eine evtl. Entwicklung von Hodenmalignomen ganz im Vordergrund. Das Risiko einer malignen Entartung bei einem ehemals kryptorchen Mann schätzt man heute 5- bis 10-fach höher gegenüber einem normalen Hoden (Albers 2005; Hutson et al. 1997; Rokitansky 2005), bei sehr verspätetem Deszensus nach dem 11. Lebensjahr sogar 32-fach (Herrinton et al. 2003). Die Hodentumoren entwickeln sich dabei im typischen Alter von 20–40 Jahren (Rokitansky 2005). Am höchsten ist das Risiko beim intraabdominell gelegenen Hoden. Es ist 5-mal höher als bei einem inguinalen Hoden. Zudem besteht bei einseitigem Maldeszensus auch für den kontralateralen normal deszendierten Hoden ein erhöhtes Malignomrisiko. Wahrscheinlich führt nicht so sehr die anatomische Fehllage als vielmehr die Dysplasie des Hodens als Teil des Primärschadens konsekutiv zu einer erhöhten Entartungsrate. Verbleibende Gonozyten (bei mangelhafter Umwandlung in Ad-Spermatogonien in der „Minipubertät“) stehen im Verdacht, für ein Carcinoma in situ verantwortlich zu sein (Hutson et al. 1997). Dabei hat nach bisherigen Beobachtungen eine operative Verlagerung des Hodens in das Skrotum keinen positiven Einfluss. Allerdings handelt es sich hier überwiegend um Patienten, bei denen die Orchidopexie aus heutiger Sicht nicht rechtzeitig durchgeführt wurde. Möglicherweise ändern sich die Zahlen bei Vorverlagerung des Operationszeitpunktes (Rokitansky 2005).
Ehemals kryptorche Jungen sollten zur Selbstuntersuchung ihrer Hoden ab dem 15. Lebensjahr angehalten werden, wobei sie darüber aufgeklärt sein müssen, dass jede, insbesondere aber auch schmerzlose Vergrößerung oder Konsistenzänderung beachtet werden muss.

Fertilität

Der Zusammenhang zwischen männlicher Infertilität und einem Maldescensus testis ist bekannt und gesichert. Etwa 10 % der infertilen Männer haben in ihrer Anamnese einen Hodenhochstand bzw. eine Orchidopexie. Dabei sind Männer mit beidseitigem Befall signifikant häufiger von Infertilität betroffen (Calleja Aguayo et al. 2012). Annähernd alle Männer mit unbehandeltem bilateralem Hodenhochstand entwickeln eine Azoospermie. Es existieren wenige Studien, die den Zusammenhang der Samenqualität mit dem Zeitpunkt der Orchidopexie, der chirurgischen Technik und der ursprünglichen Hodenlage untersucht haben. Erfolgt die chirurgische Behandlung des bilateralen Hodenhochstandes zwischen dem 10. Lebensmonat und dem 4. Lebensjahr, zeigen 76 % der Patienten eine normale Spermienanzahl, wohingegen dieser Prozentsatz auf 26 % absinkt, wenn die chirurgische Therapie erst nach dem 4. Lebensjahr erfolgt. Dieser Zeiteffekt ist bei der unilateralen Erkrankung allerdings nicht derart evident (Virtanen et al. 2007). Man geht heute davon aus, dass auch nach erfolgreicher Behandlung eines Hodenhochstandes die Fertilität in unterschiedlichem Ausmaß, aber regelhaft beeinträchtigt ist (Mathers et al. 2009). Dabei sind primär nicht tastbare Hoden stärker beeinträchtigt als primär tastbare.
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