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Klinische Neurologie
Info
Publiziert am: 30.01.2019

Meningeosis neoplastica

Verfasst von: Martin Glas, Björn Scheffler und Sied Kebir
Dei leptomeningeale Metastasierung oder Meningeosis neoplastica beschreibt die diffuse metastatische Ausbreitung von Tumorzellen in den Subarachnoidalraum bzw. in den Liquor cerebrospinales oder in die angrenzenden Hirnhäute (Leptomeningen). Einige Patienten entwickeln vorwiegend solide und zum Teil knotige leptomeningeale Metastasen, andere eine diffuse Aussaat nichtadhärenter Zellen im Subarachnoidalraum. Oft liegt eine Kombination beider Wachstumsmuster vor.
Dei leptomeningeale Metastasierung oder Meningeosis neoplastica beschreibt die diffuse metastatische Ausbreitung von Tumorzellen in den Subarachnoidalraum bzw. in den Liquor cerebrospinales oder in die angrenzenden Hirnhäute (Leptomeningen). Einige Patienten entwickeln vorwiegend solide und zum Teil knotige leptomeningeale Metastasen, andere eine diffuse Aussaat nichtadhärenter Zellen im Subarachnoidalraum. Oft liegt eine Kombination beider Wachstumsmuster vor.
Häufigkeit und Vorkommen
Die Häufigkeit der Meningeosis neoplastica bei malignen Erkrankungen liegt im Verlauf der Erkrankung bei etwa 10 %. Autopsiedaten deuten auf sogar noch größere Häufigkeiten hin. Die häufigsten Primärtumoren sind Mammakarzinome (27–50 %), Bronchialkarzinome (22–36 %), maligne Melanome (12 %) sowie Lymphome und Leukämien. Das größte Risiko, bei soliden Tumoren eine Meningeosis zu entwickeln, haben Patienten mit einem malignen Melanom (ca. 20 %) gefolgt von Patienten mit einem Bronchialkarzinom (ca. 10 %) und einem Mammakarzinom (ca. 5 %). Bei Patienten mit Leukämien oder Lymphomen besteht ebenfalls ein hohes Risiko (5–10 %; akute lymphatische Leukämie [ALL] ca. 50 %; Burkitt-Lymphom ca. 15–25 %). Die folgenden Ausführungen lehnen sich eng an die Leitlinien der Neuroonkologischen Arbeitsgemeinschaft an (Weller 2008; http://www.neuroonkologie.de).
Diagnostik
Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen sind Liquoranalytik und Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns mit Nachweis einer Kontrastmittelaufnahme der Meningen. Wenn möglich, sollten immer beide Untersuchungen durchgeführt werden, auch wenn eine bereits den positiven Nachweis einer Meningeosis erbracht hat. So gelingt auch die Analyse des Wachstumsmusters der Meningeosis und die Einordnung in die beiden Subtypen: nodulär vs. diffus non-adhärent. Häufig liegt aber eine Kombination aus beidem vor. Dies ist insofern relevant, als bei einer diffus non-adhärenten Form (also z. B. bei Nachweis von Tumorzellen im Liquor und einer nichtknotigen meningealen Kontrastmittelanreicherung) eine intrathekale Chemotherapie diskutiert werden kann. Bei einer nodulären Manifestation ist klar, dass die Eindringtiefe der intrathekalen Chemotherapie (nur wenige Millimeter) nicht ausreichend ist, um diese Manifestation zu therapieren. Hier bedarf es einer systemischen Chemotherapie und/oder ggf. einer lokalen Strahlentherapie bei entsprechender Symptomatik. Die Liquoranalyse sollte idealerweise vor der MRT durchgeführt werden, um ein falsch positives Anreichern der Meningen zu vermeiden. Bei Nachweis einer Meningeosis und v.a. bei einer geplanten lumbalen intrathekalen Chemotherapie sollte immer aus eine MRT der kompletten Wirbelsäule durchgeführt werden.
Eine typische meningeale Kontrastmittelanreicherung (diffus oder nodulär fokal) findet sich in ca. 40–60 % der Fälle. Die Sensitivität des MRTs ist möglicherweise bei soliden Tumoren deutlich höher als bei hämatologischen Tumoren (Prömmel et al. 2013). Bei der Liuqoranalyse zur Detektion einer Meningeosis verhält es sich andersherum. Diese ist bei hämatologischen Tumoren sensitiver. Die Liquoruntersuchung umfasst Druckmessung, Zytologie (5–10 ml möglichst innerhalb von 1h zu analysieren), Immunzytologie und Bestimmung von Albumin oder Gesamtprotein, Immunglobulin G (IgG), IgG-Index, Glukose und Laktat. Bei Verdacht auf eine Meningeosis neoplastica können wiederholte Liquoruntersuchungen unter Zuhilfenahme spezifischer immunzytochemischer Färbungen erforderlich sein. Die Liquordiagnostik ist bei dreimaliger Durchführung praktisch ausnahmslos meist zumindest für einen Parameter (Zellzahl, Gesamteiweiß, Laktat) pathologisch, auch wenn zytopathologisch nicht immer eindeutig maligne Zellen nachgewiesen werden können. Die Sensitivität wird durch die zweite Liquordiagnostik (80–85 %) im Vergleich zur ersten (50–70 %) deutlich gesteigert. In aller Regel bringt eine dritte Lumbalpunktion (85–90 %) im Vergleich zur zweiten keine entscheidende Steigerung der Sensitivität mehr, sodass viele Patienten nur zweimal lumbalpunktiert werden. Häufig wird nur bei spinalen oder radikulären Symptomen eine MRT der Neuroachse durchgeführt. Zur Einschätzung der Gesamtausbreitung der Meningeosis im ZNS, zum frühzeitigen Erkennen knotiger Manifestationen oder asymptomatischer parenchymatöser Metastasen, aber ggf. auch zur Therapiesteuerung sollte jedoch immer eine MRT der gesamten Neuroachse durchgeführt werden. Eine spinale MRT ist darüber hinaus zur Einschätzung einer möglichen Liquorzirkulationsstörung vor einer lumbalen intrathekalen Chemotherapie obligat, da es sonst zu einer chemotherapiebedingten Schädigung der Cauda equina oder des Rückenmarks kommen kann. Eine Liquorszintigrafie mit111In- oder99mTc-DTPA ist dafür eigentlich der Goldstandard, wird aber zumindest in Deutschland für diese Fragestellung nur noch selten durchgeführt. Die Bestimmung von Tumormarkern wie z. B. α-Fetoprotein (AFP) und humanem β-Choriogonadotrophin (β-hCG) im Liquor ist bei Verdacht auf Keimzelltumoren indiziert (Kap. „Tumoren der Meningen“).
Klinik
Die leptomeningeale Metastasierung ist Ausdruck der systemischen Disseminierung eines Tumorleidens, tritt meist in späteren Phasen der Erkrankung auf und weist auf eine infauste Prognose hin. Bei der Hälfte der Patienten werden zusätzlich solide Hirnmetastasen nachgewiesen. Zwei Drittel der Patienten haben zudem extrazerebrale Metastasen. Klinisch bestehen Übelkeit und Erbrechen, Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen, Zeichen des erhöhten intrakraniellen Drucks, Hirnnervenparesen und neurologische Störungen aufgrund spinaler Manifestation wie radikuläre Schmerzen, Sensibilitätsstörungen und Paresen oder Blasen- und Mastdarmstörungen.
Therapie
Die Therapie ist in jedem Falle derzeit nicht kurativ und hat überwiegend palliativen Charakter. Dennoch sind durch eine frühzeitige Therapie Lebensverlängerung und Symptomkontrolle möglich. Ohne Behandlung liegt die mediane Überlebenszeit bei soliden Tumoren bei 6–8 Wochen, bei lymphohämatopoietischen Tumorerkrankungen günstiger. Die Behandlung, meist in Form kombinierter Chemoradiotherapie, verlängert das mediane Überleben auf 2–8 Monate. Im Einzelfall wurden auch Überlebenszeiten von mehr als 1 Jahr beobachtet. Patienten mit Mammakarzinomen und lymphohämatopoietischen Neoplasien sprechen besser auf eine Chemoradiotherapie an als Patienten mit Bronchialkarzinomen und malignen Melanomen. Zwei Drittel der Patienten, deren Meningeosis neoplastica spezifisch behandelt wird, sterben nicht an den Folgen der Meningeosis, sondern an systemischer Tumorprogression. Negative prognostische Faktoren sind: niedriger Karnofsky-Index, Hirnnervenparesen, hohes Alter, niedrige Glukose und hohes Protein im Liquor (Herrlinger et al. 2004). Die Empfehlungen für die Meningeosis neoplastica beruhen nicht auf prospektiven randomisierten Studien, sondern entsprechen Expertenmeinungen (Weller 2008; Mack et al. 2016). Die Abwägung von angestrebtem Nutzen durch die Behandlung – Lebenszeitverlängerung, Linderung von neurologischen Symptomen und Schmerzen – und zu erwartender therapieassoziierter Toxizität ist von besonderer Bedeutung. Die meisten Patienten profitieren klinisch von Steroiden in niedrigen Dosierungen, z. B. Dexamethason, 1-mal 4 mg pro Tag. Bei fehlendem klinischem Ansprechen auf diese Dosierungen kann ggf. versuchsweise eine Dosissteigerung erfolgen. Steroide sollte aber nicht automatisch bei der Diagnose einer Meningeosis und vor allem nicht als Dauertherapie eingesetzt werden. Die Wahl der spezifischen Therapie sollte sich am Muster der durch MRT und Liquoruntersuchung nachgewiesenen leptomeningealen Tumorausbreitung (knotig solide versus diffus und nichtadhärent, d. h. vorwiegend flächenhaftes Wachstum und abgelöste Zellen und Zellverbände im Liquor) sowie am Nachweis zusätzlicher solider zerebraler und systemischer Metastasen orientieren. Knotig solide leptomeningeale Metastasen mit Kontrastmittelaufnahme sprechen durch den Anschluss an die Blutzirkulation möglicherweise ähnlich gut auf eine Systemtherapie an, wie systemische Metastasen. Je nach Knotengröße ist eine intrathekale Therapie hier nicht ausreichend, da die Eindringtiefe der Therapie nur wenige Millimeter beträgt. Die Behandlung von abgelösten Zellen im Liquor spricht a.e. auf eine intrathekale oder liquorgängige Therapie an. Häufig liegt eine Kombination knotig/solider und diffus/nichtadhärenter Tumorabsiedlung vor, die eine entsprechende Kombination der Therapiestrategien erforderlich macht.
Strahlentherapie
Die Strahlentherapie (insbesondere die Ganzhirn- bzw. Helmfeldbestrahlung) ist prinzipiell ein wichtiger Therapiebaustein bei der Behandlung einer Meningeosis neoplastica. Kontrollierte Studien zur Wirksamkeit der Strahlentherapie bei Meningeosis neoplastica fehlen jedoch. Bei den Studien zur intrathekalen Chemotherapie (s. unten) wurde Strahlentherapie individualisiert verabreicht und in ihrer Auswirkung auf das Therapieergebnis nicht systematisch erfasst. Im Gegensatz zur früher recht großzügigen Indikationsstellung wird die Ganzhirnbestrahlung beim Nachweis einer Meningeosis nicht mehr automatisch durchgeführt. Faktoren wie z. B. eine hohe leptomeningeale Läsionslast, der zusätzliche Nachweis von multiplen parenchymatösen Hirnmetastasen oder z. B. eine Hirnnervenbeteiligung können für eine Strahlentherapie sprechen. Allerdings gibt es auch Hinweise, z. B. beim Lungen- oder Mammakarzinom (Gani et al. 2012; Morris et al. 2012) – bei jedoch unzureichender Evidenzlage–, dass eine Ganzhirnbestrahlung kaum zu einer Überlebensverlängerung beitragen soll. Unter Berücksichtigung der schlechten Prognose der Patienten und gemessen an der Dauer der Ganzhirnbestrahlung (je nach Schema 2–3 Wochen) sollte die Indikation daher gut begründet sein.
Die Bestrahlung des Gehirns und der zerebralen Liquorräume wird in Form eines Helmfelds durchgeführt. Das zu bestrahlende Volumen umfasst das Gehirn unter Einschluss der Lamina cribrosa, der Schädelbasis mit den basalen Zisternen sowie die Halswirbelkörper 1 und 2. Fokale spinale Läsionen werden mit einem kraniokaudalen Sicherheitsabstand von einer Wirbelkörperhöhe bestrahlt. Die Neuroachsenbestrahlung (Liquorraumbestrahlung) wird in der Regel nur bei Patienten mit leptomeningealer Aussaat primärer Hirntumoren, wie z. B. dem Medulloblastom, eingesetzt, ist jedoch nicht automatisch indiziert. Hier müssen Tumorentität und Läsionslast berücksichtigt werden. Generell ist eine zusätzlich intrathekale Chemotherapie während der Bestrahlung nicht ausreichend etabliert, scheint aber im Falle des liposomalen Ara-C möglich zu sein. Die derzeit gängigen Immuntherapeutika (z. B. Checkpoint-Inhibitoren) werden aktuell unabhängig von einer Bestrahlung, also auch währenddessen, verabreicht.
Cave
Methotrexat (intrathekal oder als Hochdosis systemisch) kann in Kombination mit einer Strahlentherapie zu einer schweren Leukenzephalopathie führen und sollte in aller Regel 2–3 Wochen vor einer Bestrahlung gegeben werden.
Die „Ganzhirnbestrahlung“ (Helmfelds) wird in 3-Gy-Fraktionen bis zu einer Gesamtdosis von 30–36 Gy verabreicht. Bei Patienten mit günstigen prognostischen Faktoren können niedrigere Einzelfraktionen (2 Gy) und eine Gesamtdosis von 40 Gy zum Einsatz kommen. Solide spinale Läsionen werden meist in 2-Gy-Fraktionen bis zu einer Gesamtdosis von 30–36 Gy bestrahlt. Die Bestrahlung fokaler leptomeningealer Läsionen ist nicht etabliert, kann aber im Einzelfall je nach Lokalisation und Symptomatik diskutiert werden.
Systemische Chemotherapie
Solide leptomeningeale Metastasen mit Anschluss an die Blutzirkulation sprechen meist ähnlich wie andere, extrazerebrale Metastasen auf eine systemische Chemotherapie an. Der Wert der systemischen Chemotherapie bei der Meningeosis neoplastica wurde jedoch nur in zwei methodisch problematischen Studien untersucht und nicht systematisch mit dem einer intrathekalen bzw. intraventrikulären Chemotherapie verglichen (Bokstein et al. 1998; Glantz et al. 1998). Systemische Chemotherapie gemäß den Richtlinien für den jeweiligen Primärtumor ist jedoch vermutlich eine sinnvolle Therapieoption und scheint positiv mit der Überlebenszeit assoziiert zu sein. Bei Indikationsstellung spielt neben dem Nachweis und der Art der leptomeningealen Metastasierung auch der systemische Metastasierungsstatus sowie die Präsenz von parenchymatösen Hirnmetastasen eine Rolle. Die Rolle neuer Immuntherapeutika oder zielgerichteter Ansätze, wie z. B. eine BRAF-Inhibition beim Nachweis einer BRAF-Mutation ist in diesem Zusammenhang noch nicht ausreichend untersucht. Im Rahmen von individuellen Heilversuchen werden diese Ansätze insbesondere beim Melanom bereits eingesetzt.
Intrathekale Chemotherapie
Die Indikation zur Durchführung einer intrathekalen Chemotherapie beruht im Wesentlichen auf einer Expertenmeinung. Sie sollte nach Möglichkeit über ein subgaleales Reservoir mit Anschluss an das Ventrikelsystem und nicht über wiederholte Lumbalpunktionen erfolgen. Es gibt Hinweise, dass – mit Ausnahme vom liposomalen Ara-C (anscheinend ausreichende Wirkung auch nach lumbaler Applikation) – die ventrikuläre Gabe zu einem Überlebensvorteil der Patienten führen kann (Glantz et al. 2006). Derzeit werden überwiegend folgende Substanzen intrathekal eingesetzt: Methotrexat, Ara-C, Thiotepa. Intrathekale Kombinationstherapien dieser Substanzen sind derzeit nicht indiziert. Neuere Untersuchungen beschäftigen sich mit einer intrathekalen Gabe von Immunonkologika, wie z. B. Checkpoint-Inhibitoren (z. B. PD-1-Inhibition). Es gibt dazu allerdings noch keine verlässlichen Daten.
Mit einer ausgeprägten systemischen Toxizität ist nach intrathekaler Gabe nicht zu rechnen. Dennoch sollten ähnlich wie bei der Indikationsstellung einer systemischen Chemotherapie zumindest folgende Laborgrenzen nicht unterschritten sein: Hb 10 g/dl, neutrophile Granulozyten 1500/μl, Thrombozyten 100.000/μl. Methotrexat kann jedoch auch langsam ins Serum freigesetzt werden, sodass hier auch auf Kreatininwerte unter 1,5 mg/dl vor dem Therapiebeginn geachtet werden sollte. Darüber hinaus empfiehlt es sich zum Schutz vor systemischen Nebenwirkungen, zusätzlich mit Leucovorin (15 mg/Tag alle 6 h, insgesamt 2 Tage) zu behandeln.
Therapieempfehlungen
  • Für die intrathekale Chemotherapie sind in Deutschland Methotrexat (MTX), Ara-C und Thiotriethylenephosphoramid (Thiotepa) zugelassen.
  • Die Therapie erfolgt über ein intraventrikuläres Reservoir 2-mal wöchentlich. Die Dosierungen betragen 12–15 mg für MTX, 40 mg für Ara-C und 10 mg für Thiotepa.
  • MTX gilt als Mittel der Wahl. Zur Prävention systemischer Wirkungen von MTX wird oral Folinsäure (z. B. Leukovorin) 15 mg, alle 6 h für 48 h verabreicht.
  • Alternativ kommen Ara-C, eher bei lymphohämatopoietischen Erkrankungen, und Thiotepa, eher bei soliden Tumoren, in Frage. Keines der Medikamente hat sich in einer kontrollierten Studie einem anderen der Medikamente gegenüber als überlegen erwiesen. Eine kombinierte intrathekale Chemotherapie ist nicht indiziert, da sie der Monotherapie nicht überlegen ist.
  • Die Leukozytenwerte sollten vor Beginn der intrathekalen Chemotherapie über 3000/μl, die neutrophilen Granulozyten über 1500/μl und die Thrombozytenwerte über 100.000/μl liegen. Idealerweise sollte der Hb mindestens 10 g/dl betragen. Bei der MTX-Therapie sollte das Serumkreatinin unter 1,5 mg/dl liegen. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so muss die Therapie engmaschiger überwacht werden.
  • Die Applikation der für die intrathekale Behandlung zugelassenen Zytostatika muss in der vom Hersteller gelieferten Trägerlösung für die intrathekale Applikation unter sterilen Bedingungen ohne Zusätze erfolgen. Individuelle Dosisanpassungen, z. B. per m2 Körperoberfläche, sind nicht erforderlich.
Wenn die Therapiestrategie zudem eine Strahlentherapie vorsieht, wird zunächst, in der Regel über 3 Wochen, zweimal pro Woche die intrathekale Chemotherapie verabreicht, bevor die Helmfeldbestrahlung beginnt. Dies trifft insbesondere bei Methotrexat zu. Die Fortführung der intrathekalen Chemotherapie während der Strahlentherapie muss je nach Substanz diskutiert werden. Sie ist bei Ara-C möglicherweise unproblematisch und mit einmaligen wöchentlichen Applikationen vertretbar. Bei Methotrexat muss überlegt werden, ob die Therapie z. B. an einem Freitag nach der Bestrahlung durchgeführt wird, wenn ein Verzicht unumgänglich ist, oder ob die Bestrahlung an diesem Tag ausgelassen wird. Sicher ist es sicherlich, wenn der o.g. Abstand zwischen intrathekaler MTX-Therapie und Beginn der Strahlentherapie eingehalten wird. Aber auch für die anderen Substanzen muss am Tag der intrathekalen Zytostatikagabe diskutiert werden, ob mit der Strahlentherapie pausiert werden sollte. Die Fortführung der intrathekalen Therapie während der Strahlentherapie wird aber nur empfohlen, wenn bis zum Beginn der Strahlentherapie durch die bis dahin erfolgte intrathekale Chemotherapie keine Sanierung des Liquors erfolgte. Die Fortführung der intrathekalen Chemotherapie nach der Strahlentherapie des Zerebrums wird individualisiert geplant. Bis auf die Anlage des subgalealen Reservoirs kann die intraventrikuläre Therapie der Meningeosis neoplastica meist ambulant erfolgen, sofern nicht der Gesundheitszustand der Patienten sowie die Diagnostik einen stationären Krankenhausaufenthalt notwendig machen.
Abbruch oder Umstellung der Therapie sind indiziert, wenn der Liquorbefund kontinuierlich schlechter wird oder wenn eine deutliche, auf die Meningeosis neoplastica zu beziehende klinische Verschlechterung eintritt. Falls bis dahin noch nicht durchgeführt, wird eine Helmfeldbestrahlung, ggf. kombiniert mit fokaler spinaler Bestrahlung angeschlossen. Kriterien zur Beendigung der intrathekalen Chemotherapie sind nicht eindeutig definiert. Die intrathekale Chemotherapie sollte primär nach klinischen Kriterien ausgesetzt und ggf. wieder aufgenommen werden. Unter der gleichen Vorstellung sollte eine Verschlechterung des Liquorbefundes nicht in jedem Fall zum Abbruch der Therapie führen, wenn klinische Zeichen der Progredienz fehlen. Typische Komplikationen der intraventrikulären Therapie sind eine aseptische Meningitis mit Zephalgien, Meningismus und anderen meningitischen Zeichen und bei hoher kumulativer Dosis eine progrediente Hypakusis. Bei einer gleichzeitigen Applikation von intraventrikulärer Chemotherapie und Hirnbestrahlung, die insbesondere bei Methotrexat vermieden werden sollte (s. oben), ist die Gefahr einer Leukenzephalopathie hoch. Grundsätzlich ist vor einer intraventrikulären Therapie eine potenzielle Störung der Liquorzirkulation zu bedenken, da diese einen erheblichen Einfluss auf die Verteilung intraventrikulär applizierter Substanzen hat. Im Rezidiv sollte zunächst das Zytostatikum eingesetzt werden, mit dem zuvor eine Liquorsanierung erzielt worden war. Gelegentlich zeigt sich eine klinische Progredienz ohne Progredienz des Liquorbefundes. Auch diese Patienten sollten, war die Therapie zuvor ausgesetzt worden, eine zweite Serie intrathekaler Chemotherapie erhalten.

Facharztfragen

1.
Welche Tumoren führen am häufigsten zu einer meningealen Aussaat?
 
2.
Welche Diagnostik ist erforderlich und warum?
 
3.
Welche therapeutischen Optionen bestehen?
 
Literatur
Bokstein F, Lossos A, Siegal T (1998) Leptomeningeal metastases from solid tumors: a comparison of two prospective series treated with and without intra-cerebrospinal fluid chemotherapy. Cancer 82:1756–1763CrossRef
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Glantz MJ, Cole BF, Recht L et al (1998) High-dose intravenous methotrexate for patients with nonleukemic cancer: is intrathecal chemotherapy necessary? J Clin Oncol 16:1561–1567CrossRef
Glantz MJ, Chamberlain MC, Batchelor T et al (2006) Interaction between route of intra-CSF chemotherapy administration and efficacy of therapy in patients wtih neoplastic meningitis ASCO MEETING ABSTRACTS June 16, 2006:1530
Herrlinger U, Förschler H, Küker W et al (2004) Leptomeningeal metastasis: survival and prognostic factors in 155 patients. J Neurol Sci 223:167–178CrossRef
Mack F, Baumert BG, Schäfer N, Hattingen E, Scheffler B, Herrlinger U, Glas M (2016) Therapy of leptomeningeal metastasis in solid tumors. Cancer Treat Rev 43:83–91CrossRef
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Prömmel P, Pilgram-Pastor S, Sitter H, Buhk J-H, Strick H (2013) Neoplastic meningitis: how MRI and CSF cytology are influenced by CSF cell count and tumor type. Sci World J 2013: 1–5. Article ID 248072CrossRef
Weller M (Hrsg) (2008) Für die Neuro-Onkologische Arbeitsgemeinschaft (NOA) in der Deutschen Krebsgesellschaft. Leitlinie Diagnostik und Therapie der Spinalen Metastasen und der Meningeosis neoplastica. Zuckschwerdt, München