Primäre intrakranielle Tumoren
gehen vom Gehirn, den Hirnhäuten (Meningen) und seinen Anhangsgebilden (Hypophyse, Epiphyse) aus. Sie lösen durch Kompression, Infiltration, Ischämie oder Irritation neurologische Symptome aus. Sekundäre
Hirntumoren sind Metastasen eines extrazerebralen Primärtumors, dessen Tochterzellen in der Regel hämatogen ins Gehirn gelangen.
So kann ein hochdifferenzierter, „benigner“ Tumor dadurch einen malignen Verlauf bedingen, wenn die Lokalisation eine operative Entfernung nicht erlaubt.
Sind die Patienten schon stark bewusstseinsgetrübt, kann eine Intubation mit Hyperventilation und Barbituratnarkose notwendig sein, wobei dann eine entlastende operative Maßnahme unverzüglich erfolgen muss. Bei behandelbaren Tumoren sollte nach der medikamentösen Stabilisierung möglichst rasch eine Operation erfolgen. In ausweglosen therapeutischen Situationen ist es gerechtfertigt, auf hirndrucksenkende Maßnahmen zu verzichten.
Bei einem erstmalig auftretenden epileptischen Anfall im Erwachsenenalter gilt eine intrakranielle Raumforderung so lange als mögliche Ursache des epileptischen Anfalls, bis das Gegenteil bewiesen ist. Dies impliziert die Durchführung eines zerebralen MRT bei erstmaligem epileptischem Anfall im Erwachsenenalter.
Die
epileptischen Anfälle als Symptome einer zerebralen Tumorerkrankung sind fokale Anfälle; sie können als
einfach-fokale, als
komplex-fokale Anfälle oder als fokal beginnende,
sekundär generalisierte Grands Maux auftreten. Die operative Resektion eines Gehirntumors allein kann die Anfallsituation eines betroffenen Patienten erheblich verbessern (Vecht et al 2006). Allerdings muss der Anfallsfokus nicht exakt mit der Tumorlokalisation übereinstimmen. Bei einem malignen und damit nicht kurablen Hirntumor oder bei lediglich Teilresektion eines gutartigen Tumors ist bei Nachweis eines epileptischen Anfalls von einer strukturell bedingten
Epilepsie auszugehen. In dieser Konstellation ist eine dauerhafte antiepileptische Therapie empfehlenswert. Eine Sondersituation besteht bei perioperativen oder frühen postoperativen Anfällen oder bei klaren akut symptomatischen Anfällen (z. B. bei einer Elektrolytentgleisung). Hier muss individuell entschieden werden.
Die pragmatische pharmakologische Therapie neu aufgetretener
epileptischer Anfälle bei Gehirntumoren muss zwischen der
Akuttherapie des
Status epilepticus (Kap. „Status epilepticus“) oder einer Anfallserie sowie einer
medikamentösen sekundär-prophylaktischen Anfallsbehandlung unterscheiden. Für eine
medikamentösen primäre Anfallprophylaxe (ohne dass ein Anfall aufgetreten ist) besteht bei
Hirntumoren keine Indikation, obwohl hier das Risiko eines Anfalls erhöht ist. Die Wirksamkeit einer Prophylaxe konnte jedoch in Studien nie belegt werden. Zur medikamentösen Anfallsbehandlung werden bei neuroonkologischen Patienten wegen der fehlenden Interaktionen mit Zytostatika vom Verfasser sog. nichtenzyminduzierende
Antiepileptika bevorzugt.
Facharztfragen
1.
Bei welchen primären intrakraniellen Tumoren ist die
Liquordiagnostik Teil des Stagings?
2.
Nennen Sie prädiktive molekulare Marker bei
Hirntumoren.