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Meningeome

Verfasst von: Volker Neuschmelting und Roland Goldbrunner
Meningeome sind die häufigsten intrakraniellen Tumoren, treten überwiegend sporadisch auf und wachsen langsam. Symptomatisch werden die Patienten durch raumfordernde Kompression des Tumors von neuralen Strukturen, in vielen Fällen bleiben die Patienten asymptomatisch. Die Standarddiagnostik erfolgt anhand der MRT. Die Indikationsstellung zur Behandlung beruht auf bildgebenden Raumforderungszeichen, der Wachstumsdynamik des Tumors und Symptomatik des Patienten. Wenn eine Therapie indiziert ist, stellt die operative Resektion mit einem in vielen Fällen kurativen Ansatz die Behandlungsoption der ersten Wahl dar. Alternativ und bei höhergradigen Meningeomen adjuvant kann zur Lokalkontrolle eine Form der Strahlentherapie erfolgen. Mit steigendem WHO-Grad in der histopathologischen Diagnostik steigt das Rezidivrisiko. Die Lokalkontrolle ist für die Prognose entscheidend, systemische Metastasierung tritt nur sehr selten auf. Medikamentöse Therapien stellen aktuell nur eine untergeordnete Option in höhergradigen und therapierefraktären Situationen dar.

Epidemiologie

Inzidenz und Prävalenz

Meningeome sind die häufigsten primären intrakraniellen Tumoren und machen damit in etwa ein Drittel aller primären intrakraniellen und spinalen Tumorerkrankungen aus (Wiemels et al. 2010). Erwachsene Frauen erkranken mehr als doppelt so häufig wie Männer an kranialen Meningeomen. Bei spinalen Meningeomen, die ca. 10 % der Meningeome ausmachen, liegt das Verhältnis gar bei 9:1 (weiblich zu männlich). Die weibliche Prädominanz ist im mittleren Erkrankungsalter von 35–54 Jahren am höchsten und zeigt sich nicht bei höhergradigen Meningeomen, bei Kindern oder radiogen induzierten Meningeomen. Die Prävalenz von histologisch gesicherten Meningeomen liegt bei etwa 10 pro 10.000 Einwohner in den USA. Die Zahl ist jedoch in Anbetracht zahlreicher Fälle, die nicht operiert und histologisch gesichert werden, falsch niedrig. Verlässliche Schätzungen von Neuerkrankungen liegen bei etwa 10 pro 100.000 Einwohner pro Jahr (Ostrom et al. 2016). Viele Meningeome bleiben jedoch subklinisch unentdeckt. Die subklinische Prävalenz von Meningeomen wird auf der Basis von Autopsie und Bildgebungsstudien mit bis zu 2,8 % der weiblichen Bevölkerung geschätzt (Krampla et al. 2004; Vernooij et al. 2007).

Altersverteilung

Die Inzidenz von Meningeomen steigt mit zunehmendem Lebensalter in beiden Geschlechtern, das mediane Lebensalter bei Diagnosestellung liegt bei 65 Jahren. Bei Kindern kommen Meningeome nur sehr selten vor und sind dann meist mit hereditären Syndromen oder vorangegangener Bestrahlungstherapie assoziiert (Kotecha et al. 2011).

Ätiologie

Die meisten Meningeome entstehen sporadisch und gehen ursprünglich von den Deckzellen der Arachnoidea aus. Trotz der in 95 % der Fälle gutartigen Dignität gehen Meningeome wie Karzinome vom Klon einer einzigen entarteten Zelle aus, wie in genetischen Analysen gezeigt werden konnte (Hansson et al. 2007). Sporadische Meningeome sind typischerweise mit singulären oder multiplen fokalen chromosomalen Deletionen assoziiert, wobei die Komplexität der genetischen Alterationen mit steigendem Malignitätsgrad zunimmt. Am häufigsten finden sich in etwa einem Drittel der Fälle eine Deletion und Inaktivierung von NF2, einem Tumorsuppressorgen auf Chromosom 22 (s. auch Abschn. 2.2).

Risikofaktoren

Genetische Prädisposition

Prädisponierend für die Entwicklung eines Meningeoms sind zahlreiche familiäre Syndrome, die die Gene NF1, NF2, MEN1, SMARCB1, PTCH, CREBBP, VHL, PTEN und CDKN2a betreffen (Simon et al. 2007). Die genetische Prädisposition ist am besten charakterisiert bei Patienten mit Neurofibromatose Typ 2 (NF2-Gen), bei denen in etwa 75 % der Betroffenen sich einzelne oder zumeist multiple Meningeome im Laufe ihres Lebens entwickeln (Goutagny und Kalamarides 2010). Außerhalb der bekannten familiären Syndrome steigt das relative Risiko für Meningeome mit zunehmender Anzahl an betroffenen erstgradig verwandten Personen an. Familien mit an multiplen Meningeomen erkrankten Familienmitgliedern, die nicht auf bekannte inhereditäre Genalterationen zurückzuführen sind, sind jedoch sehr rar.

Ionisierende Strahlung

Die Exposition von ionisierender Strahlung stellt den bedeutendsten erworbenen Risikofaktor für die Entwicklung von Meningeomen dar und erhöht das Entstehungsrisiko um den Faktor 6–10. Betroffen sind insbesondere Patienten nach Bestrahlungstherapie von primären ZNS-Tumoren, extrakraniellen Kopf-Hals-Tumoren und der prophylaktischen Ganzhirnbestrahlung bei Leukämien und anderen malignen Erkrankungen. Die Latenzzeit zwischen stattgehabter Bestrahlungstherapie und Diagnose eines Meningeoms liegt in vielen Fällen allerdings bei mehr als 20 Jahren und betrifft insofern häufiger Patienten, die in jungem Lebensalter ionisierender Strahlung exponiert waren. In einer großen Kohorte von im Kindesalter kranial therapeutisch bestrahlten Patienten lag das kumulative Risiko bei 5,6 % im Alter von 40 Jahren (Bowers et al. 2017). Die radiogen induzierten Meningeome weisen häufiger histologisch atypische und maligne Subtypen auf als die sporadisch auftretenden Meningeome. Zahlreiche Untersuchungen haben allerdings auch bei diagnostischer Strahlenexposition, wie etwa einer regelmäßigen Röntgendiagnostik aus dentaler Indikation oder der Anwendung der kranialen Computertomograie bei Kindern, einen Zusammenhang zum Auftreten von Meningeomen beschrieben. Die Evidenzlage ist jedoch dünn in Anbetracht fehlender großer Kohorten mit einem langen Beobachtungszeitraum, die die reduzierte Strahlenexposition moderner Röntgengeräte berücksichtigen können. Grundsätzlich scheint das Dosis-Wirkungs-Prinzip von ionisierender Strahlung auch im Bezug auf das relative Risiko der Entwicklung von Meningeomen zu gelten, wie Daten von Überlebenden eines Nuklearwaffeneinsatzes suggerieren (Preston et al. 2002).

Hormonelle Faktoren

Eine Risikoassoziation zwischen weiblichen Hormonen und Meningeomen ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen, insbesondere getrieben durch die deutliche weibliche Prädominanz im mittleren Erkrankungsalter. Bis heute ist die Evidenzlage der Risikoerhöhung durch die Einnahme oraler Kontrazeptiva nicht abschließend geklärt, jedoch legt eine Metaanalyse der Evidenz eine Assoziation zwischen einer menopausalen Hormonersatztherapie und dem relativen Risiko der Entwicklung eines Meningeoms nahe (Benson et al. 2015). Eine genaue Risikostratifizierung im Hinblick auf das Dosisregime und die Hormonkomposition (Östrogen/Progesteron) erfordert weitere Untersuchungen. Auch Daten bezüglich des möglichen Einflusses des natürlichen menstruellen Zyklus, Schwangerschaften und Geburten auf das Meningeomrisiko sind inkonsistent und erfordern weitere Untersuchungen (Lee et al. 2006).

Mammakarzinom

Am Mammakarzinom erkrankte Frauen zeigen ein moderat erhöhtes Risiko (1,5- bis 2-fach), ein Meningeom zu entwickeln; ein vergleichbar erhöhtes Risiko besteht im umgekehrten Fall für Patientinnen mit Meningeom, ein Mammakarzinom zu entwickeln. Die Genese dieses Zusammenhangs ist unklar, ein hormoneller Zusammenhang wird diesbezüglich ebenso wie eine genetische Prädisposition diskutiert, die beide Erkrankungen als Risikofaktoren teilen. Eine direkte Kausalität zwischen beiden Neoplasien erscheint insofern unwahrscheinlich.

Adipositas

Wie bei zahlreichen weiteren Neoplasien gezeigt, steigt das relative Risiko für Meningeome auch mit zunehmendem Body-Mass-Index (BMI) als Maß für den Körperfettanteil an. Der Körperfettanteil ist positiv korreliert mit der enzymatischen Aromataseaktivität und führt zu einer höheren endogenen Östrogenexposition; insofern wird auch hier ein hormoneller Zusammenhang der Risikoassoziation diskutiert.

Weitere Risikofaktoren

Seit geraumer Zeit wird von einer relativen Risikoerhöhung für Meningeome durch Schädel-Hirn-Trauma berichtet, die Datenlage ist hier allerdings inkonsistent. In der größten untersuchten Kohorte von Schädel-Hirn-Trauma-Patienten (Dänemark zwischen 1977 und 1992) ergab sich über einen Beobachtungszeitraum von 8 Jahren lediglich eine standardisierte Inzidenzratio von 1,2 (95 %-KI: 0,8–1,7). Da Patienten infolge des Schädel-Hirn-Traumas jedoch häufiger einer bildgebenden Nachsorge unterliegen, könnte die berichtete leicht erhöhte Inzidenz auch einem Detektionsfehler unterliegen (Inskip et al. 1998).
Ein möglicher Zusammenhang zwischen der Nutzung von Mobilfunktelefonen und dem Auftreten von Meningeomen wurde aufgrund des öffentlichen Interesses extensiv untersucht. Eine Risikoassoziation konnte auch in der großen Interphone-Studie selbst für die intensivste Nutzergruppe zum aktuellen Zeitpunkt nicht gezeigt werden (Group TIS 2012). Bedenken bleiben hier in Kenntnis der langen Latenzzeiten von Meningeomen (z. B. 17–36 Jahren nach ionisierender Strahlenexposition) aufgrund der relativ kurzen Beobachtungszeit bestehen und erfordern eine weitere Nachbeobachtung in der Zukunft.
Allergien und Vorhandensein allergischer Symptome wie Heuschnupfen, Asthma und Hautekzeme scheinen hingegen invers zum Auftreten eines Meningeoms assoziiert zu sein und reduzieren das relative Risiko nach aktueller Datenlage (Linos et al. 2007; Schoemaker et al. 2007).

Histologie und Klassifikation

Histopathologie und Gradierung

Die Mehrzahl der Meningeome weist ein typisches histopathologisches Bild auf, sodass die Diagnose häufig bereits auf Basis einer Standardfärbung mit Hämatoxylin/Eosin gestellt werden kann. Mikroskopische Muster bilden unter anderem die für Meningeome typischen Tumorzellformationen, Pseudoinklusionen in den Zellkernen und Formationen konzentrischer Kalzifikationen, die sog. Psammomkörperchen. Immunhistochemische Färbungen des epithelialen Membranantigens oder SSTR2a sind in der Regel positiv und bestätigen die Diagnose. Eine STAT6-IHC-Färbung ermöglicht die Abgrenzung zum artverwandten soliden fibrösen Tumor/Hämangioperizytom, einer nunmehr eigenständigen Tumorentität. Die pathologische Diagnosestellung von Meningeomen basiert insofern rein auf der Basis histologischer morphologischer Kriterien, die in der aktuell geltenden WHO-Klassifikation von 2016 3 Malignitätsgrade (WHO-Grad I, -II und -III) und 15 Subtypen (Tab. 1) unterteilen (Louis et al. 2016).
Tab. 1
Histopathologische Diagnosekriterien und WHO-Gradierung von Meningeomen
WHO-Grad
Morphologische Kriterien
Subtypen
I
• Niedrige mitotische Aktivität (<4 Mitosen pro Hauptgesichtsfeld)
• Kein hirninvasives Wachstum
• Meningothelial
• Fibrös
• Transitional
• Psammomatös
• Angiomatös
• Mikrozystisch
• Sekretorisch
• Lymphoplasmozytenreich
• Metaplastisch
II
• Erhöhte mitotische Aktivität (4–19 Mitosen pro Hauptgesichtsfeld)
Oder invasives Wachstum in angrenzendes Hirngewebe
Oder mindestens 3 der 5 folgenden Kriterien: spontane Nekrosen, Verlust der faszikulären Architektur, prominente Nukleoli, hohe Zelldichte, kleine Zellen mit großem Verhältnis von Zellkern zu Zytoplasma
• Atypisch
• Klarzellig
• Chordoid
III
• Hohe mitotische Aktivität (>20 Mitosen pro Hauptgesichtsfeld)
• Anaplastisch
• Rhabdoid
• Papillär
Die Diagnose eines Meningeoms entsprechend WHO-Grad I wird gestellt, wenn die mitotische Aktivität unter 4 Mitosen pro Hauptgesichtsfeld bleibt und die arachnoidale Grenzschicht respektiert und somit keine Zeichen für invasives Wachstum in das angrenzende Hirngewebe vorliegen. Die Gruppe der WHO-Grad-I-Meningeome werden in 9 Subtypen unterteilt. In der aktuellen WHO-Klassifikation neu ergänzt wurden das Vorhandensein von invasivem Wachstum in das angrenzende Hirngewebe und/oder eine Anzahl von 4 oder mehr Mitosen pro Hauptgesichtsfeld als Kriterien für ein atypisches Meningeom entsprechend WHO-Grad II. Zuvor wurde invasives Wachstumsverhalten bei Meningeomen WHO-Grad I als Stagingkriterium und negativer prognostischer Marker, nicht aber als Diagnosekriterium bewertet. Hier berücksichtigt die neue WHO-Klassifikation insofern das biologisch zu atypischen Meningeomen ähnliche Verhalten von zuvor als WHO-Grad I klassifizierten invasiv wachsenden und/oder mitotisch aktiveren (>3 Mitosen pro Hauptgesichtsfeld) Meningeomen. Darüber hinaus wird wie zuvor die Diagnose eines atypischen Meningeoms gestellt, wenn 3 von 5 weiteren histologischen Kriterien beobachtet werden: spontane Nekrosen, Verlust der faszikulären Architektur, prominente Nukleoli, hohe Zelldichte und kleine Zellen mit einem großen Verhältnis von Kern zu Zytoplasma. Die Diagnose eines anaplastischen Meningeoms (WHO-Grad III) wird gestellt, wenn eine hohe mitotische Aktivität (>20 Mitosen pro Hauptgesichtsfeld) oder ein papillärer oder rhabdoider Subtyp vorliegt.

Molekulargenetische Befunde

Die häufigste molekulargenetische Alteration stellt eine Mutation des NF2-Gens auf dem langen Arm von Chromosom 22 dar und findet sich neben der Neurofibromatose Typ 2 auch in etwa der Hälfte der Fälle von sporadischen Meningeomen, hier vorwiegend in den transitionalen, fibroblastischen und psammomatösen benignen Subtypen als auch in der Mehrzahl der Fälle der atypischen und anaplastischen Meningeome (Brastianos et al. 2013; Clark et al. 2013; Sahm et al. 2016). Genomsequenzierungen haben darüber hinaus zahlreiche weitere onkogene Mutationen sowohl bei den nicht NF2-mutierten als auch bei den NF2-mutierten Meningeomen identifiziert.
Eine Mutation im SMO-Gen, kodierend für einen Aktivator im Hedgehog-Signalweg, konnte in 16 % des meningothelialen Subtyps nachgewiesen werden. Ebenso wurden im Akt1-Gen, einem Aktivator der Phosphatidylinositol-3-Kinase-(PI3K-)Signalkaskade, Mutationen in mehreren benignen Subtypen (meningothelial in 13 %, transitional in 14 %, metaplastisch in 25 %, angiomatös und atypisch in jeweils 4 %) identifiziert.
Mutationen im TRAF7-Gen, kodierend für eine proapoptotische Ubiquitinligase, und im KLF4-Gen waren in einer Untersuchung eng mit sekretorischen Meningeomen assoziiert. Mutationen im TERT-(„Telomerase reverse transcriptase“-)Promotor konnten in etwa 20 % der anaplastischen Meningeome und 6 % der atypischen Meningeome nachgewiesen werden. Die pathogenetische Bedeutung der Mutationen ist zum aktuellen Zeitpunkt unklar, und nur ein Bruchteil aller Meningeome lässt sich diesbezüglich aktuell einordnen, jedoch könnte die Kenntnis des identifizierbaren molekulargenetischen Status neue therapeutische Ansätze ermöglichen (s. auch Therapiestrategien in Abschn. 5.4) (Goldbrunner et al. 2016; Weller et al. 2017).

Malignitätseinschätzung

Die WHO-Gradierung korreliert mit dem klinischen progressionsfreien und Gesamtüberleben; mit höherem WHO-Grad verschlechtert sich insofern auch die klinische Prognose. Therapeutische Entscheidungen der Behandlung nach histopathologischer Diagnosestellung werden zum überwiegenden Teil auf Basis der aktuellen WHO-Gradierung getroffen. Patienten mit einem WHO-Grad-II- oder -III-Meningeom leiden signifikant häufiger an einer progredienten oder rezidivierenden Tumorerkrankung nach Initialtherapie und weisen damit eine kürzere Gesamtüberlebenszeit auf als die Patienten mit einem WHO-Grad-I-klassifizierten Meningeom. Während in der Gesamtheit für WHO-Grad-I-Meningeome eine Rezidivtumorrate von 7–25 % beschrieben wird, liegt die Rezidivrate für WHO-Grad-II-klassifizierte Meningeome bei 30–50 % und für die Gruppe der WHO-Grad-III-Meningeome bei 50–94 % (Goldbrunner et al. 2016). Auch wenn WHO-Grad-III-Meningeome als maligne Erkrankungen gelten, finden sich systemische Metastasen nur selten. Das Lokalrezidiv bzw. der therapierefraktäre Lokalbefund stellt in den meisten Fällen die klinische Herausforderung dar und begründet nach Versagen der verschiedenen Therapieoptionen das verkürzte Gesamtüberleben. Im Übrigen scheint die in einem Teil der WHO-Grad-II- und WHO-Grad-III-Meningeome kürzlich identifizierte Mutation im TERT-Promotor in diesem Zusammenhang mit einem aggressiveren Tumorwachstum assoziiert (Sahm et al. 2016).

Ausblick in der pathologischen Diagnosestellung

Im Gegensatz zu den Gliomen und anderen primären Hirntumoren wurden die molekulargenetischen Befunde (s. Abschn. 2.2) nicht in der letzten Überarbeitung der WHO-Klassifikation der Meningeome von 2016 mit dem Ziel einer integrativen Diagnosestellung auf Basis von histopathologischen und molekularen Parametern berücksichtigt. In einer großen multizentrischen europäischen retrospektiven genomweiten Analyse von DNA-Methylierungsmustern von Meningeomen konnten kürzlich insgesamt 6 Methylierungsklassen (MC), darunter 3 benigne (MC ben-1 bis 3), 2 intermediäre (MC int-A und -B) und ein maligner Subtyp (MC mal), anhand des DNA-Methylierungsprofils identifiziert werden. Diese könnten das progressionsfreie Intervall und damit den weiteren klinischen Verlauf der Meningeompatienten nach Diagnosestellung verlässlicher widerspiegeln als die aktuelle WHO-Klassifikation (Sahm et al. 2017). Insbesondere die breite Streuung des klinischen Verlaufs von WHO-Grad-I- und WHO-Grad-II-klassifizierten Meningeomen generiert einen Bedarf, die WHO-Klassifizierung in der nächsten Überarbeitung entsprechend über die rein histologischen Kriterien hinaus anzupassen. Hier könnte der DNA-Methylierungsstatus eine Option darstellen, insbesondere die aktuell zwar als Meningeom WHO-Grad I klassifizierten, aber mit einem hohen Rezidivrisiko behafteten Patienten ebenso wie die aktuell als WHO-Grad II klassifizierten Meningeome mit einem niedrigeren Rezidivrisiko zu identifizieren. Methodisch wäre dieses Vorgehen analog zum diagnostischen Ansatz bei Medulloblastomen oder Ependymomen, bei denen das DNA- Methylierungsprofil bereits gegenüber histologischen Kriterien als prognostisch überlegen gezeigt werden konnte und Einzug in die Subtypisierung bei Diagnosestellung gefunden hat.

Klinische Charakteristika

Meningeome können ubiquitär von der Dura ihren Ursprung nehmen, überwiegend innerhalb des knöchernen Schädels. Sie kommen aber an Stellen des Umschlags von Durablättern gehäuft vor, insbesondere an der Falx cerebri und der falxnahen Konvexitätsdura, dem Tentorium, der Schädelbasis und den venösen Sinus. Weitere seltene Lokalisationen betreffen die Scheide des Nervus opticus oder den Plexus choroideus intraventrikulär. Nur 10 % der Meningeome treten spinal auf, hier überwiegend thorakal und zervikal. In lediglich etwa 2 % der Fälle entstehen Meningeome primär extradural, dann am ehesten auf Basis ektop embryonal versprengter meningealer Zellen. Zwei Drittel dieser primär extraduralen Meningeome wachsen intraossär im knöchernen Schädel (Mattox et al. 2011).
Die klinische Symptomkonstellation wird im Wesentlichen durch die Lage und Dynamik der konsekutiv raumfordernden Wirkung bestimmt. Das Symptomspektrum reicht von unspezifischen Kopfschmerzen über Ausfallsyndrome einzelner oder mehrerer Hirnnerven, komplexen motorischen, sensiblen oder kognitiven Beeinträchtigungen bis hin zu seltener vorkommenden Hirndrucksymptomen mit Übelkeit und Erbrechen bei sehr großen Läsionen oder infolge eines obstruktiven Hydrozephalus. In etwa 30 % der diagnostizierten Meningeome stellen symptomatische epileptische Anfälle, insbesondere bei großen supratentoriellen kortexnahen Meningeomen, das erste Symptom dar (Englot et al. 2016). Spinale Meningeome werden in der Regel erst spät auffällig infolge der myelonkomprimierenden Wirkung mit Zeichen der zervikalen oder thorakalen Myelopathie. Primär extradurale Meningeome werden häufig bei fortschreitendem Auftreiben des Schädelknochens durch lokalen Tastbefund auffällig. Meningeome sind jedoch überwiegend langsam wachsend und bleiben damit häufig asymptomatisch oder oligosymptomatisch.

Diagnostik

Bildgebung

Magnetresonanztomografie (MRT)

Die apparative Initial- und Verlaufsdiagnostik erfolgt aufgrund der für Meningeome charakteristischen bildgebenden Befunde überwiegend durch die kontrastmittelgestützte MRT (Nowosielski et al. 2017). MR-tomographisch stellen sich Meningeome in der Regel als solide extraaxiale, duraständige Raumforderungen dar, die sich iso- bis hypointens in der nativen T1-Wichtung und iso- bis hyperintens in den T2-gewichteten Sequenzen zum umgebenden Gewebe abgrenzen. Nach intravenöser Gabe gadoliniumhaltiger Kontrastmittel zeigt sich meist eine kräftige, überwiegend homogene Anreicherung im Tumor mit typischen Ausläufern in die angrenzende Dura („dural tail“) (Guermazi et al. 2005). Gutartige Meningeome werden zum überwiegenden Teil von Ästen der Arteria carotis externa versorgt, liegen außerhalb der Blut-Hirn-Schranke und sind dadurch permeabel für das kleinmolekulare Gadolinium. Mit zunehmender pialer, zerebraler Gefäßrekrutierung mit Bluthirnschrankenfunktion infolge von Tumorwachstum und zunehmender Invasivität ergibt sich eine im Vergleich atypische Kontrastmitteldynamik.
MR-differenzialdiagnostisch herausfordernd ist die Abgrenzung zu duraständigen Metastasen von unter anderem einem Bronchial-, Nierenzell- und Mammakarzinom, insbesondere bei Patienten mit bekanntem Karzinomleiden. Quantitative MR-Bildgebungstechniken wie die MR-Perfusion können mittlerweile bei Mamma-, Kolon- und Prostatakarzinomen eine Differenzierung ermöglichen, eine sichere bildgebende differenzialdiagnostische Abgrenzung zu Metastasen ist jedoch auch mithilfe der MR-Perfusion noch limitiert (Cha et al. 2002). Die MR-Spektroskopie zur nichtinvasiven Analyse von Metabolitkonzentrationen in einer definierten zu untersuchenden Region (ROI) des Tumors kann in differenzialdiagnostischen Zweifelsfällen ergänzt werden; Meningeome weisen meist eine charakteristische Spitze von Alanin bei 1,3–1,5 ppm auf. Die MR-Bildgebungsmarker ermöglichen jedoch aktuell keine verlässliche Korrelation zur histopathologischen Gradierung von Meningeomen. Von Seiten der RANO-(„Response Assessment in Neuro-Oncology“-)Arbeitsgruppe wurde kürzlich ein standardisiertes MRT-Protokoll (BTIP, „brain tumor imaging protocol“) veröffentlicht, das anhand der Erfahrungen in der standardisierten MR-Diagnostik von Gliomen für Meningeome angepasst wurde, um die bildgebenden Diagnose-, Progressions- und Rezidivkriterien international zu standardisieren (Huang et al. 2018a, b). Diese Empfehlung beinhaltet auf Basis der Nutzung eines 1,5- oder 3-Tesla-Magneten eine dünnschichtige 3D-kontrastmittelgestützte T1-Sequenz, idealerweise mit einer isotropen Voxelauflösung <1,5 mm, um auch kleine Läsionen <10 mm suffizient beurteilen zu können. Darüber hinaus wird die Ergänzung mit einer T2-gewichteten und einer diffusionsgewichteten Sequenz (DWI) empfohlen. Für die Beurteilung knocheninfiltrativer (insbesondere Meningeome der Schädelbasis) oder extraduraler Läsionen werden zusätzlich fettsupprimierte Sequenzen empfohlen, um die Tumorausdehnung besser von Knochenmark abgrenzen zu können.

Computertomografie (CT)

Die kontrastmittelgestützte CT kann in Fällen von Patienten mit MRT-Kontraindikationen (z. B. nicht MRT-fähige Herzschrittmacher) die MRT ersetzen. Sie erlaubt ergänzend zur MRT in einigen Fällen eine sensitivere Darstellung psammomatöser Kalzifikationen, angrenzender knöcherner Destruktionen als Zeichen eines knocheninvasiv wachsenden Prozesses oder auch angrenzender Hyperostosen des Schädels als benigner Bildgebungsmarker.

Positronenemissionstomografie (PET)

Der Stellenwert der PET in der Diagnostik von Meningeomen hat infolge der Entwicklung neuer Tracer in den letzten Jahren stetig zugenommen. Eine Anwendung in der klinischen Routine ist jedoch aufgrund der hohen diagnostischen Sensitivität der modernen MRT- und ggf. ergänzten CT-Techniken in den meisten Fällen nicht erforderlich. Jedoch insbesondere bei ausgedehnten Schädelbasis- und parafalzinen Meningeomen kann die zusätzliche Darstellung der tumoralen metabolischen Aktivität anhand der PET in der Bewertung von zweifelhaften MRT-Befunden oder zum Therapiemonitoring der ausschließlich strukturellen MRT überlegen sein und ggf. den Ausschlag über die individuelle Therapieentscheidung geben. Spezifische, überwiegend an Gallium-68-gekoppelte Liganden für den Subtyp 2 des Somatostatinrezeptors (SSTR2), der in Meningeomen in der Regel überexprimiert wird, können wie auch bei neuroendokrinen Tumoren als Tracer genutzt werden, so unter anderem (68Ga)-DOTA-Tyr3-Octreotid (68Ga-DOTATOC), (68Ga)-DOTA-D-Phe1-Tyr3-Octreotat (68Ga-DOTATATE) und (68Ga)-DOTA-1-Nal3-Octreotid (68Ga-DOTANOC) (Rachinger et al. 2015; Nowosielski et al. 2017; Galldiks et al. 2017). Aufgrund der geringen Traceraufnahme in Hirngewebe, Knochen und Knochenmark wird ein exzellenter Kontrast erreicht, der die hohe Sensitivität dieser SSTR2-Liganden-PET bedingt. Eine verlässliche Korrelation der Traceranreicherungsdynamik zur Malignitätsgradierung von Meningeomen erlaubt die Anwendung der SSTR2-Liganden-PET allerdings nach aktueller Datenlage nicht. Die Spezifität der Traceranreicherung ist aufgrund der SSTR2-Expression anderer neoplastischer und nicht neoplastischer Gewebe limitiert und erlaubt insofern keine Anwendung in der Differenzialdiagnostik zu chronisch inflammatorischem Gewebe, Hypophysenläsionen, Gliomen, fibröser Dysplasie und Hirnmetastasen von zahlreichen Primarii (z. B. Mammakarzinom).
Der in der Onkologie am häufigsten genutzte PET-Tracer 18F-FDG hingegen erreicht aufgrund des nicht optimalen Glukosestoffwechselkontrasts zwischen Hirngewebe, Knochenmark und Meningeomen keine ausreichende Sensitivität. Auch die in der Gliomdiagnostik in der klinischen Routine eingesetzten Aminosäure-PET-Tracer, hier insbesondere das O-(2-[18F]-Fluoroethyl)-L-Tyrosin (18F-FET) und das aufgrund der kurzen Halbwertszeit und fehlenden Kontrastmitteldynamik weniger genutzte (11C-Methyl)-Methionin (11C-MET) sind in der Sensitivität der SSTR2-Liganden-PET deutlich unterlegen. Einzig bei der Beurteilung der intrasellären Ausdehnung und Abgrenzung zur Hypophyse von Schädelbasismeningeomen bietet die 18F-FET-PET aufgrund der fehlenden Anreicherung in der Hypophyse gegenüber der SSTR2-Liganden-PET einen Vorteil.

Laborparametrische Diagnostik

Die laborparametrische Diagnostik dient aktuell im Wesentlichen nur der differenzialdiagnostischen Abgrenzung zu systemischen Erkrankungen. Verlässliche, für die Initial- oder Verlaufsbeurteilung nützliche Serum- und Liquortumormarker sind für Meningeome nicht etabliert. Die zunehmende Bedeutung von im Serum zirkulierenden mikroRNA (miRNA) in der Onkologie als Biomarker könnte allerdings in der Zukunft auch in der Verlaufsbeurteilung von Meningeomen eine ergänzende diagnostische Rolle spielen (Zhi et al. 2016).

Therapiestrategien

Die Festlegung des Therapieregimes von Meningeomen erfordert ein interdisziplinäres individualisiertes Therapiekonzept. Das Spektrum der Therapie umfasst die klinische und bildgebende Observation, die chirurgische Resektion, strahlentherapeutische Verfahren und seltener auch medikamentöse Ansätze (Goldbrunner et al. 2016).

Observation

Viele inzidentell entdeckte, asymptomatische und damit klinisch nicht relevant raumfordernde Meningeome können, basierend auf retrospektiven Datenanalysen, zunächst klinisch und bildgebend zur Beurteilung einer Wachstumsdynamik beobachtet werden. Das erste Observationsintervall sollte aufgrund der in der Regel langsamen Wachstumsdynamik 6 Monate betragen (Evidenzklasse III, Empfehlungslevel C) (Abb. 1). Auch wenn aktuell keine Evidenzklasse I oder II für die klinische und bildgebende Observation vorliegt, so stimmen viele retrospektive Serien und Übersichtsartikel in der Beurteilung hinsichtlich des Therapiebedarfs von kleinen, nicht raumfordernden Meningeomen ohne Wachstumsdynamik überein. Sollte der bildgebende Verdacht im MRT ein Meningeom unterstellen, ist initial auch keine bioptische Sicherung erforderlich, es sei denn, es bestehen differenzialdiagnostische Zweifel (z. B. Metastase, s. oben). Der aktuelle Verzicht auf eine pathologische Diagnosestellung anhand untersuchten Gewebes in diesen Fällen kann sich jedoch in der Zukunft mit steigender Bedeutung von molekularem Tumorstatus für die Festlegung eines Behandlungsregimes ändern.

Resektion

Die chirurgische Resektion stellt das Therapieverfahren der ersten Wahl dar, sollte die raumfordernde Wirkung zu klinischen Symptomen führen, Zeichen der raumfordernden Wirkung bildgebend (z. B. ausgeprägtes Umgebungsödem) imponieren oder eine bildgebende Wachstumsdynamik im zeitlichen beobachteten Verlauf bestehen (Evidenzklasse II, Empfehlungslevel B). Die Operation erfordert insofern eine fundierte Indikationsstellung. Neben dem Risiko für etwaige direkte chirurgische Komplikationen wurde kürzlich bei einem Patientenkollektiv mit Meningeomen von zuvor unterschätzten kognitiven und emotionalen Defiziten in bis zu 40 % der operierten Fälle berichtet (van der Vossen et al. 2014).
Unabhängig vom Malignitätsgrad ist das Ziel der mikrochirurgischen Resektion die vollständige Tumorentfernung einschließlich Entfernung der infiltrierten und angrenzenden Dura, entsprechend einem Simpson-Grad I (Meningeome WHO-Grad I: Evidenzklasse II, Empfehlungslevel B; Meningeome WHO-Grad II–III: Evidenzklasse III, Empfehlungslevel B). Ausnahme bilden die spinalen Meningeome mit ventraler Ansatzstelle, bei denen ein plastischer Duraersatz kompliziert ist (Empfehlungslevel: gute klinische Praxis) und die Thermokoagulation der Dura der Exzision vorzuziehen empfohlen wird. Die Radikalität der chirurgischen Resektion wird nach intraoperativem Befund durch den Operateur nach Simpson gradiert (Tab. 2) und stellt einen bedeutenden prognostischen Faktor für das Risiko eines Rezidivtumors bzw. einer Tumorprogression dar (Simpson 1957). Eine vollständige Resektion wird nach der Definition der EORTC (European Organisation for Research and Treatment of Cancer) und RTOG (Radiation Therapy Oncology Group) mit einem Simpson-Grad I–III erreicht, die Simpson-Grade IV und V werden als subtotale oder partielle Resektionen bzw. erweiterte Biopsie definiert. Es wird empfohlen, das Resektionsausmaß zusätzlich mit einem postoperativen MRT binnen 48 Stunden oder nach 3 Monaten zur Minimierung der unmittelbar postoperativ bestehenden Artefakte als Ausgangsbefund zu kontrollieren.
Tab. 2
Simpson-Gradierung der Resektion von Meningeomen
Simpson-Grad
Beschreibung
I*
Vollständige Tumorentfernung einschließlich infiltrierter Dura, Duraansatzstelle und verändertem angrenzendem Knochen
II*
Vollständige Tumorentfernung mit Thermokoagulation der duralen Ansatzstelle
III*
Vollständige Tumorentfernung ohne Thermokoagulation der duralen Ansatzstelle und Entfernung der extraduralen Ausläufer, z. B. eines hyperostotischen Knochens
IV**
Mikrochirurgisch unvollständige Tumorentfernung
V
Entnahme einer (erweiterten) Biopsie
Entsprechend der EORTC/RTOG-Definition wird die vollständige (*) von der subtotalen (**) Tumorresektion unterschieden
Eine präoperative endovaskuläre (Teil-)Embolisation des Tumors wird nicht generell empfohlen, kann jedoch in Einzelfällen erfolgen, um den intraoperativen Blutverlust zu reduzieren (Evidenzklasse IV, Empfehlungslevel C). Insbesondere bei petroklivalen Meningeomen kann die präoperative endovaskuläre Embolisation des in der Regel über den meningealen Ast der A. pharyngea ascendens versorgten Tumors, der intraoperativ schwierig zu kontrollieren sein kann, sinnvoll sein. Im Gegensatz dazu sollten Olfaktoriusmeningeome, die in der Regel über die ethmoidalen Arterien als Äste der A. ophthalmica versorgt werden, aufgrund des Risikos von akzidentellen Embolien im Versorgungsgebiet der A. ophthalmica mit der Folge von Sehverlust nicht präoperativ embolisiert werden.

Strahlentherapie

Radiochirurgie

Für ältere Patienten oder in Fällen, in denen der Tumor chirurgisch nicht unkompliziert zu erreichen ist, als auch in Fällen einer subtotalen Resektion stellt die einzeitige stereotaktisch geführte radiochirurgische Behandlung eine alternative bzw. additionale Therapieoption dar. Absolute Grenzwerte stellen Tumorvolumina <10 cm3 bzw. maximale Tumordurchmesser <3 cm dar (Pinzi et al. 2017). Lokale Tumorkontrolle konnte in WHO-Grad-I-Meningeomen in 67–100 % der Fälle über einen Zeitraum von 10 Jahren erreicht werden (Anzahl der Studien n = 8). Randomisierte, prospektive Daten sind bis dato nicht vorhanden. Die Toxizität wird in einer kürzlich veröffentlichten Metaanalyse mit 8,1 % (95 %-KI: 5,2–11,5 %) beziffert. Allerdings variiert die applizierte einzeitige Strahlendosis in den veröffentlichten Serien erheblich, im Median von 11–16 Gy. Bedingt durch das primäre Ziel der lokalen Tumorkontrolle kann die neurologische Integrität und damit auch die Lebensqualität in den meisten Fällen über einen Nachbeobachtungszeitraum von mehreren Jahren erhalten werden, wie in zahlreichen retrospektiven, nicht komparativen Serien gezeigt wurde (Evidenzklasse III, Empfehlungslevel B) (Rogers et al. 2015). Sollte das zu bestrahlende Volumen die Schwelle der einzeitig möglichen Radiochirurgie übersteigen, ist auch eine fraktionierte radiochirurgische Behandlung zu prüfen. Die Evidenzlage ist hier allerdings noch dünner und beschränkt sich auf 2 kleine retrospektive Serien. Insbesondere in kritischer Nähe zu neurologisch wichtigen Strukturen (Hirnstamm, Hirnnerven etc.) kann durch die höhere Präzision der applizierten Dosis die Radiochirurgie gegenüber der konventionellen fraktionierten Radiotherapie überlegen sein (Leroy et al. 2018). Die potenzielle Bedeutung der Radiochirurgie in der Behandlung von höhergradigen Meningeomen (WHO-Grad II–III) ist zum aktuellen Zeitpunkt aufgrund fehlender Daten unklar. Erste Hinweise deuten in dieser Gruppe zumindest vorsichtig auf eine der konventionellen fraktionierten Bestrahlung gleichwertige Therapieoption im Fall von kleinen Tumorrezidiven oder -residuen hin.

Konventionelle fraktionierte Radiotherapie

Die konventionelle fraktionierte photonbasierte Radiotherapie stellt die Standardbehandlung in folgenden Fällen dar:
  • Fehlende chirurgische Option und zu großes Tumorvolumen für die Radiochirurgie
  • Als adjuvante Behandlung bei höhergradigen Meningeomen (WHO-Grad II und III) nach einer möglichst radikalen Operation (Evidenzklasse III, Empfehlungslevel B)
  • In der Rezidiv- und Tumorprogresstherapie
Die Empfehlung zur applizierten Gesamtdosis liegt bei mindestens 54 Gy, fraktioniert in Einzeldosen von 1,8–2,0 Gy. Die Ergebnisse der ROTG-0539-Studie zur Prüfung des Vorteils einer Gesamtdosis von 60 Gy in hochrisikobehafteten Meningeomen (Rezidivmeningeome WHO-Grad II, subtotal entfernte Meningeome WHO-Grad II, anaplastische Meningeome) stehen noch aus. Erste Ergebnisse bei intermediär risikobehafteten Meningeomen (vollständig entfernte Meningeome WHO-Grad II, Rezidivmeningeome WHO-Grad I) unterstützen die fraktionierte adjuvante Bestrahlung mit 54 Gy auf Basis des Nachbeobachtungszeitraums von 3 Jahren (Evidenzklasse II, Empfehlungslevel B) (Rogers et al. 2018). In den prospektiv erhobenen, kürzlich veröffentlichten Ergebnissen einer Observationsstudie (EORTC 22042–26042) zur Prüfung der Hochdosisradiotherapie mit 60 Gy auch in den vollständig resezierten Meningeomen WHO-Grad II (Simpson-Grad I-III) wurde ein 3 Jahre währendes progressionsfreies Intervall in 88,7 % der Fälle erreicht, die Ergebnisse unterstützen damit die Bedeutung der adjuvanten Strahlentherapie in diesen Patienten (Weber et al. 2018). Die in der Vergangenheit aufgrund fehlender Daten legitime alternative Observationsoption bei diesen vollständig resezierten Meningeomen WHO-Grad II kann somit auf Basis dieser aktuellen Daten nicht mehr empfohlen werden (Evidenzklasse II, Empfehlungslevel B). Randomisierte, prospektive Daten soll die derzeit rekrutierende ROAM-Studie der EORTC (ISRCTN71502099) liefern, um die Evidenzlage in dieser Frage weiter zu erhöhen.
Strahlenbiologisch ungeklärt ist die Art der effizientesten Bestrahlungsform. Meningeome sind relativ strahlenresistent und erfordern eine hohe intratumorale Dosis, um die gewünschte Strahlenwirkung zu induzieren. Insofern können hier partikelbasierte Bestrahlungsformen wie die Protonen- oder Carbonionenbestrahlung aufgrund ihrer Strahlenbiologie Vorteile bieten gegenüber der konventionellen photonenbasierten Technik, um die applizierte Dosis auf das angrenzende gesunde Gewebe und damit Nebenwirkungen bei hohen Dosen zu reduzieren. Mehrere prospektive Studien sind im Gange, um die mögliche Überlegenheit von korpuskularer Bestrahlung in höhergradigen Meningeomen zu prüfen (Clinicaltrial.gov NCT01117844, NCT01166321, NCT02693990). Eine Studie der RTOG zur Prüfung eines noch weiter dosisintensivierten Regimes mit bis zu einer Gesamtdosis von 72 Gy in höhergradigen Meningeomen mithilfe der Protonenradiotherapie ist in Planung (NCT02978677).
Grundsätzlich in der Anwendung von strahlentherapeutischen Verfahren zu berücksichtigen bleiben die Langzeitauswirkungen der Bestrahlung von Hirn und Nervengewebe. Die Inzidenz von strahleninduzierter Toxizität wird in verschiedenen Untersuchungen mit 3,4–16,7 % beziffert, neurokognitive Beeinträchtigungen in bis zu 53 % der bestrahlten Patienten. Die über die Zeit durch technische Innovation und Form der Applikation weiter steigende Präzision der applizierten Dosis auf das Tumorgewebe unter bestmöglicher Aussparung des gesunden Hirn- und Nervengewebes dürfte die toxischen Nebenwirkungen weiter reduzieren.

Radionuklidtherapie

Die Radionuklidtherapie stellt eine Reservetherapieoption in einem mit Operation und externaler Radiatio vorbehandelten therapierefraktären Patientenkollektiv dar, das trotz der Ausschöpfung der Standardtherapie an einem progressiven Meningeom leidet. Analog zu den SSTR2-bindenen PET-Tracern (s. Abschn. 4.1) wird an den Chelator (DOTA) statt des in der PET zu diagnostischen Zwecken verwendeten β+ -strahlenden Gallium-68 das β-emittierendes Radioisotop Yttrium-90 (90Y) oder Lutetium-177 (177Lu) gebunden (90Y-DOTATOC, 177Lu-DOTATATE), um durch die intravenöse Gabe und konsekutive intratumorale zielgerichtete Akkumulation einen strahlentherapeutischen Effekt zu induzieren (Seystahl et al. 2016). Die Behandlung setzt natürlich die Überexpression des Somatostatinrezeptors, wie es in der Regel bei Meningeomen der Fall ist, voraus. Eine Eignung des Patienten kann sowohl über eine immunhistochemische Diagnostik für den Somatostatinrezeptor als auch über eine prätherapeutische diagnostische SSTR-PET erfolgen (68Ga-DOTATOC, 68Ga-DOTATATE, 68Ga-DOTANOC). Des Weiteren ist aus strahlenhygienischer Sicht die uneingeschränkte Compliance des Patienten erforderlich, insbesondere im Umgang und in der ordnungsgemäßen Entsorgung radioaktiv belasteten Urins. Die Effektivität der SSTR-Radionuklidtherapie ist zum aktuellen Zeitpunkt unklar und die Evidenzlage auf kleine retrospektive, sehr heterogene Serien beschränkt. Jedoch ergeben sich zumindest Hinweise darauf, dass die Dynamik des Progresses in Meningeomen der WHO-Grade I und II gegenüber einem historischen Vergleichskollektiv verlangsamt werden kann (Evidenzklasse III, Empfehlungslevel C). Eine prospektive Studie zum Nutzen der SSTR-Radionuklidtherapie bei Meningeomen ist aktuell in der Phase der Rekrutierung (clinicaltrials.gov NCT03273712). Evidenz für einen Nutzen in den progressiven anaplastischen Meningeomen (WHO-Grad III) ergibt sich, am ehesten aufgrund der hier häufig weniger prominenten SSTR-Expression, zum aktuellen Zeitpunkt nicht.

Stellung der medikamentösen Therapie

Wie die Radionuklidtherapie stellt auch die medikamentöse Pharmakotherapie aktuell eine Reserveoption zur Behandlung von chirurgisch und strahlentherapeutisch therapierefraktären progressiven Meningeomen aller Malignitätsstufen dar. Zahlreiche Chemotherapeutika sind auf ihre klinische Wirksamkeit bereits geprüft worden im Rahmen von retrospektiven Serien, Pilotstudien bis hin zu Phase-II-Studien, jedoch hat bis heute keine Substanz Einzug in die klinische Standardtherapie erhalten. Dies betrifft unter anderem Nitroseharnstoffe, Temozolomid, Irinotecan, Interferon-alpha, Octreotidanaloga, Megestrolacetat, Pasireotid, Bevacizumab, Imatinib, Erlotinib und Gefitinib. Mifepriston als einziges randomisiert prospektiv Phase-III-geprüftes Arzneimittel konnte keine Überlegenheit gegenüber Placebo in oben genanntem Patientenkollektiv mit schlechter Prognose zeigen. Im Übrigen hat auch im Hinblick auf die viel diskutierten hormonellen Einflussfaktoren in der Pathogenese von Meningeomen die therapeutische Inhibierung der Östrogen- und Progesteronrezeptoren von Meningeomen keinen Einfluss auf den natürlichen Verlauf der Erkrankung gezeigt. Unter den geprüften Pharmaka bestehen bei den antiangiogen wirksamen Chemotherapeutika wie Bevacizumab, Vatalanib und Sunitinib noch die aussichtsreichsten Hinweise, die Wachstumsdynamik des Tumors ggf. zu verlangsamen (6-Monats-progressionsfreies Intervall in 28–85,7 % der Fälle in kleinen inhomogenen retrospektiven Serien; Kaley et al. 2014; Furtner et al. 2016). Es fehlen jedoch randomisierte, kontrollierte Daten, um die Wirksamkeit des antiangiogenen Therapieansatzes zu belegen. Die finalen Ergebnisse einer randomisierten Phase-II-Studie der EORTC zur Prüfung der Wirksamkeit von Trabectedin in der Behandlung von höhergradigen Rezidivmeningeomen stehen derzeit noch aus (NCT02234050). In Phase II (aktuell in Rekrutierung) auf Wirksamkeit geprüft werden darüber hinaus der mTORC1/mTORC2-Inhibitor Vistusertib (NCT03071874) und die Immuntherapeutika Nivolumab (NCT02648997) und Pembrolizumab (NCT03279692) in therapierefraktären höhergradigen Meningeomen.
Neue therapeutische Ansätze könnten sich zukünftig durch die zunehmenden Kenntnisse des molekularen Profils der Meningeome (s. Abschn. 2.2) mit dem Ziel einer zielgerichteten Individualisierung der medikamentösen Therapie ergeben. In einem kürzlich veröffentlichten Fallbericht eines metastasierten multilokulären, meningotheliomatösen Meningeoms konnte in Ermangelung von Therapiealternativen auf Basis des Nachweises einer AKT1-Mutation mit einer initiierten experimentellen Therapie mit einem AKT1-Inhibitor, AZD5363, über ein Jahr hinaus ein progressionsfreier, stabiler systemischen Tumorstatus erreicht werden (Weller et al. 2017). Eine erste klinische Phase-II-Studie prüft die Wirksamkeit eines zielgerichteten Hedgehog-PTCH1-Inhibitors (Vismodegib) in SMO-mutierten sowie analog eines FAK-Inhibitors (GSK2256098) in NF2-mutierten therapierefraktären Meningeomen (NCT02502314).

Kontrollintervalle, Therapieerfolgs-, Rezidiv- und Progressionskriterien

Die RANO hat analog zur Beurteilung des Therapieansprechens in Gliomen eine Konsensusempfehlung auch für die Bewertungskriterien des Therapieerfolgs von Meningeomen veröffentlicht (Huang et al. 2018a). Da Meningeome in der Regel eine kräftige Kontrastmittelaufnahme aufweisen, erfolgt auch die bildmorphologische Beurteilung in erster Linie auf Basis der zeitlichen Dynamik der kontrastmittelaufnehmenden Tumoranteile anhand des Produkts der maximalen Tumordurchmesser in 2 Ebenen perpendikulär zueinander gemessen (zweidimensional). Dazu dient eine MRT-Bildgebung vor Beginn der Behandlung als Vergleich zur Bewertung des Therapieansprechens; die MRT-Darstellung sollte nicht älter als 4 Wochen zuvor erfolgt worden sein. Nach Möglichkeit sollten die Kontrolluntersuchungen an demselben Gerät bzw. zumindest mit derselben Feldstärke anhand derselben Sequenzcharakteristika gemessen werden. Bei multilokulären Läsionen wird empfohlen, die Summe aus dem Produkt der maximalen Durchmesser der Zielläsionen >10 mm zu bilden und als Zielfläche der Behandlung im Ausgangsbefund („baseline“) zum Gegenstand der Vergleichsmessung heranzuziehen. Eine Reduktion des kontrastmittelaufnehmenden Tumors um >25 % und weniger als 50 % im Produkt der maximalen Tumordurchmesser wird als geringes Ansprechen („minor response“, MR) definiert. Sollte das Produkt der maximalen Tumordurchmesser um mehr als 50 % reduziert sein, so definiert die RANO den Verlauf als partielles Therapieansprechen („partial response“, PR). Ein Erkrankungsprogress („progressive disease“, PD) liegt vor, wenn bei singulären Tumoren das Produkt der maximalen Tumordurchmesser oder bei multiplen Läsionen die Zielfläche der Behandlung (Summe der Produkte) um mehr als 25 % zugenommen hat, neue Läsionen hinzugekommen sind oder eine klinische Verschlechterung vorliegt, z. B. mit einem zunehmenden Bedarf an Kortikosteroiden. Ein vollständiges Ansprechen („complete response“, CR) bedeutet ein vollständiges Verschwinden des kontrastmittelaufnehmenden Tumors im MRT über einen Zeitraum von mindestens 8 Wochen. Die stabile Erkrankungssituation („stable disease“, SD) wird nach dem Ausschlussprinzip definiert, wenn keine MR, PR, CR oder PD vorliegt. Die 2D-Konsenskriterien der RANO sind in der Tab. 3 zusammengefasst. In einer kürzlich veröffentlichten kleinen retrospektiven Analyse zeigen sich Hinweise, dass eine volumetrische (3D-)Bildanalyse diesen 2D-Kriterien der RANO zur Beurteilung des Therapieansprechens überlegen sein könnte, eine Validierung in einer größeren Serie steht aus (Huang et al. 2018b).
Tab. 3
Empfehlung der RANO zur Bewertung des Therapieansprechens bei Meningeomen
Kriterium
Dynamik in T1-KM-MRT*
Klinische Dynamik
Vollständige Remission (CR)
Reduktion 100 %
Stabil oder besser
Partielles Ansprechen (PR)
Reduktion >50 %
Stabil oder besser
Geringes Ansprechen (MR)
Reduktion >25 % bis <50 %
Stabil oder besser
Stabil (SD)
Reduktion <25 %, Zunahme <25 %
Stabil oder besser
Progress (PD)
Zunahme >25 % oder neue Läsion
Schlechter
*Gemessen anhand des Produkts aus maximalem Tumordurchmesser in 2 perpendikulären Ebenen im Vergleich zum Ausgangsbefund; bei multilokulären Prozessen Summe aus diesen Produkten von allen Läsionen >10 mm
Auch die Empfehlungen für die Kontrollintervalle in der Behandlung von Meningeomen basieren lediglich auf Konsensentscheidungen von Expertengruppen (Goldbrunner et al. 2016). Für behandelte und histopathologisch gesicherte Meningeome WHO-Grad I und mutmaßlich benigne, unbehandelte Meningeome nach erstem Observationsintervall nach 6 Monaten ohne Nachweis eines Progresses wird eine einmal jährliche klinische und bildgebende Verlaufskontrolle für die ersten 5 Jahre empfohlen, danach kann das Kontrollintervall auf 2 Jahre ausgedehnt werden. Meningeome entsprechend eines WHO-Grad II sollten aufgrund des erhöhten Progress- bzw. Rezidivrisikos hingegen im Abstand von 6 Monaten für die ersten 5 Jahre nach Behandlungsbeginn mittels MRT und klinisch nachkontrolliert werden, danach können die Kontrollintervalle bei weiter stabilem Verlauf auf ein Jahr ausgedehnt werden. Die hochgradigen Meningeome WHO-Grad III erfordern aufgrund ihrer malignen Charakteristika nach Diagnosestellung eine fortwährend engmaschige Nachkontrolle in kurzen Abständen von 3–6 Monaten. Die Empfehlungen sind in der Tab. 4 zusammengefasst.
Tab. 4
Empfehlung zum klinischen und bildgebenden Kontrollintervall nach Erstdiagnose
Diagnose
Kontrollintervall innerhalb der ersten 5 Jahre
Kontrollintervall nach 5 Jahren
Meningeom WHO-Grad I*
Jährlich
Zweijährlich
Meningeom WHO-Grad II
Sechsmonatlich
Jährlich
Meningeom WHO-Grad III
Drei- bis sechsmonatlich je nach Dynamik
*Gilt auch für mutmaßlich benigne Meningeome ohne bioptische Sicherung nach Therapiebeginn bzw. erstem Observationsintervall nach 6 Monaten

Prognose

Das progressionsfreie und Gesamtüberleben von Meningeompatienten korreliert eng mit dem Malignitätsgrad, der Lokalisation und der Therapie (Rogers et al. 2015).

Meningeome WHO-Grad I

Selbst in den günstigsten Fällen, den vollständig resezierten Meningeomen WHO-Grad I (Simpson-Grad I–III), die in etwa der Hälfte bis zu zwei Drittel der intrakraniellen Fälle erreicht werden können (bei Konvexitätsmeningeomen gar in 95 % der Fälle), variiert die Rezidivrate in verschiedenen Serien von 7–23 % im 5-Jahres-Zeitraum nach der Operation, steigt auf 20–39 % nach 10 Jahren und wird in gar 24–60 % der Fälle nach 15 Jahren beobachtet. Bei den überwiegend WHO-Grad-I-gradierten spinalen Manifestationen liegt die Rezidivrate mit 1,3–14,7 % in verschiedenen Serien deutlich darunter. Bei den unvollständig resezierten gutartigen Meningeomen (Simpson-Grad IV–V) liegt die Progressrate mit 37–52 % binnen 5, 52–100 % binnen 10 und über 70 % der Fälle nach 15 Jahren noch deutlich höher. Das Gesamtüberleben der Patienten mit einem vollständig resezierten Meningeom WHO-Grad I liegt mit 88 % nach 15 Jahren signifikant höher als bei den subtotal oder partiell resezierten Patienten mit 51 %. Eine Bestrahlungstherapie nach subtotaler oder partieller Resektion und Erkrankungsprogress verbessert das Gesamtüberleben der Meningeom-WHO-Grad-I-Patienten auf 86 % im Beobachtungszeitraum von 15 Jahren. Die initiale radiochirurgische Behandlung von Meningeomen WHO- Grad I oder mutmaßlich gutartigen Meningeomen ohne bioptische Sicherung mit 12–16 Gy erreicht in kleinen Meningeomen <10 cm3 der chirurgischen Resektion vergleichbar gute Resultate im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit eines Tumorprogresses im 7-Jahres-Vergleich. Die Langzeitresultate stehen allerdings noch aufgrund der relativ neuen Behandlungsform aus. Schlechtere Resultate mit einer Progressrate von 68 % nach Radiochirurgie im 5-Jahres-Zeitraum werden in größeren gutartigen Meningeomen >10 cm3 erzielt. Hier scheint die konventionelle fraktionierte Radiatio einen progressionsfreien Überlebensvorteil zu ermöglichen mit lokalen Kontrollraten von 76–98 % binnen 10 Jahren nach Strahlentherapie in chirurgisch nicht zu resezierenden gutartigen Meningeomen.

Meningeome WHO-Grad II

Atypische Meningeome haben ein 7- bis 8-fach höheres Risiko für einen Erkrankungsprogress oder -rezidiv als die gutartigen WHO-Grad-I-Meningeome. Auf Basis der alten WHO-Klassifikationen von 2000 und 2007 zeigte sich ein 5-Jahres-Rezidivrisiko von Meningeomen WHO-Grad II, die vollständig reseziert (Simpson-Grad I–II) und nicht strahlentherapeutisch adjuvant behandelt wurden, von 38–55 % der Fälle (Rogers et al. 2015). Für die subtotal oder partiell resezierten Fälle lag die Rezidivquote bei 83 % binnen 10 Jahren. In den kürzlich veröffentlichten Ergebnissen einer prospektiven Observationsstudie (EORTC 22042–26042) zur Prüfung der adjuvanten Hochdosisradiotherapie mit 60 Gy in den vollständig resezierten Meningeomen WHO-Grad II (Simpson-Grad I–III) wurde hingegen ein 3 Jahre währendes progressionsfreies Intervall in 88,7 % der Fälle erreicht (Weber et al. 2018).
Mit Blick auf das Gesamtüberleben von Patienten mit atypischen Meningeomen ergibt sich eine reduzierte Lebenserwartung nach erstem Rezidiv/Progress mit einer in 2 Serien berichteten 10-Jahres-Überlebensquote von etwa 69 % (Aghi et al. 2009; Komotar et al. 2012).

Meningeome WHO-Grad III

Die anaplastischen Meningeome (WHO-Grad III) nehmen trotz aggressiver multimodaler Therapie den ungünstigsten Verlauf und erreichten in älteren Serien auf Basis der WHO- Klassifikation von 2000 nur ein Gesamtüberleben nach Diagnosestellung von 2–3 Jahren im Median (Rogers et al. 2015). Initial vollständig resezierte anaplastische Meningeome (Simpson-Grad I–II) erreichen gegenüber den initial subtotal oder partiell operierten Patienten einen Überlebensvorteil von etwa 35 Monaten im Median. Auf Basis der WHO-Klassifikation von 2007 wird in verschiedenen Serien ein progressionsfreies 5-Jahres-Überleben nach Operation und Strahlentherapie von 12–57 % der Fälle berichtet. Die derzeit in klinischer Prüfung befindliche Bestrahlungsdosisintensivierung >60 Gy scheint hier in ersten Pilotarbeiten einen möglichen Vorteil zu ermöglichen. Auch vermag die zunehmende molekulare Identifikation neuer systemischer medikamentöser Ansätze einer zielgerichteten Therapie die schlechte Prognose der hochrisikobehafteten Meningeome in der Zukunft weiter zu verbessern.
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