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Pädiatrie
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Publiziert am: 11.03.2019

Krankheiten der Orbita bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Bettina Wabbels
Die meisten Krankheiten der Orbita zeigen einen Exophthalmus. Die Mehrzahl der Orbitaerkrankungen bei Kindern bis ca. 10 Jahren sind Neubildungen und (angeborene) strukturelle Veränderungen (inklusive Dermoidzysten), während bei älteren Kindern und Jugendlichen das Verteilungsmuster dem von Erwachsenen entspricht mit 60 % entzündlichen Veränderungen (inklusive endokriner Orbitopathie).

Exophthalmus

Die meisten Krankheiten der Orbita zeigen einen Exophthalmus. Mögliche Ursachen sind angeborene Anomalien, kapilläres Hämangiom, Dermoidzysten, Optikusgliome und -meningeome, maligne Tumoren wie Rhabdomyosarkom oder metastatisches Neuroblastom. Die Mehrzahl der Orbitaerkrankungen bei Kindern bis ca. 10 Jahren sind Neubildungen und (angeborene) strukturelle Veränderungen (inklusive Dermoidzysten), während bei älteren Kindern und Jugendlichen das Verteilungsmuster dem von Erwachsenen entspricht mit 60 % entzündlichen Veränderungen (inklusive endokriner Orbitopathie). Nach Verletzungen kann es zu einem Orbitahämatom kommen.

Angeborene Anomalien

Hereditäre Krankheiten mit Beteiligung der Orbita, gegebenenfalls mit Hypertelorismus (weiter Augenabstand) oder Hypotelorismus (enger Augenabstand) sind Kraniosynostosen wie Morbus Crouzon oder Apert-Syndrom bzw. Spaltbildungen wie Treacher-Collins-Syndrom oder Goldenhar-Syndrom.

Kapilläres Hämangiom

Hämangiome treten bei 4–5 % aller Säuglinge und bei etwa 22 % der Frühgeborenen auf. Bei Beteiligung von Augenlidern und Orbita handelt es sich um sog. Problemhämangiome, die in der Regel therapiebedürftig sind (Propanololtherapie, Kap. „Krankheiten der Lider bei Kindern und Jugendlichen“).

Dermoidzysten

Dermoidzysten enthalten Hautanhangsgebilde in der Zystenwand, der Inhalt besteht meist aus Talg. Sie sind angeboren und nehmen nur langsam an Größe zu. Am häufigsten finden sie sich im temporal oberen Quadranten.
Therapie
Die Therapie besteht in der vollständigen chirurgischen Entfernung, präoperativ ist jedoch die Größe abzuklären, evtl. ist eine Beziehung zur Dura mit Hilfe von Ultraschall, gegebenenfalls MRT, auszuschließen.

Neurofibrome

Neurofibrome treten entweder als isolierte Tumoren oder als Teil der Neurofibromatose Typ 1 (Recklinghausen-Krankheit) auf. Eine chirurgische Entfernung ist häufig aufgrund der Blutungsneigung und der diffusen Ausdehnung schwierig.

Optikusgliom

Das Optikusgliom ist der häufigste Tumor des N. opticus in der Kindheit. Es tritt vermehrt auf bei Patienten mit Neurofibromatose Typ 1 (in 15 %). Typische Zeichen sind Exophthalmus, einseitige Visusminderung, Schielabweichung und Auffälligkeiten der Papille. Alle Kinder mit Neurofibromatose Typ 1 sollten regelmäßig augenärztlich untersucht werden. Optikusscheidenmeningeome bei Kindern sind in der Regel mit Neurofibromatose Typ 2 assoziiert und zeigen ein aggressiveres Wachstumsverhalten.

Rhabdomyosarkom

Das Rhabdomyosarkom ist der bei Kindern häufigste primäre maligne Orbitatumor. Typisch sind schnelles Wachstum und Exophthalmus mit Chemosis. Häufig werden vorher Kopfschmerzen beklagt, auch Ptosis kann ein Frühzeichen sein. Wichtig ist eine möglichst frühzeitige Diagnose.
Therapie
Behandelt wird mit Chemotherapie und gegebenenfalls zusätzlicher Bestrahlung in einer kinderonkologischen Abteilung.

Neuroblastom

Neuroblastome (Kap. „Solide Tumoren bei Kindern und Jugendlichen“) sind die häufigste Ursache für Orbitametastasen im jüngeren Kindesalter, auch wenn diese nur ca. 2 % der kindlichen Orbitatumoren ausmachen. Typische Zeichen sind schnell progredienter Exophthalmus, in 25 % periorbitale Blutungen (Ekchymosen), z. T. auch Horner-Syndrom.

Pseudotumor orbitae

Diese idiopathische lymphozytäre Entzündung der Orbita ist gekennzeichnet durch Exophthalmus, Lidschwellung, Ptosis und Schmerzen (häufiger bei Erwachsenen, aber auch bei Kindern möglich). Nicht selten bilaterales Auftreten, bei Kindern ist gegebenenfalls eine intraokulare Entzündung mit einem Pseudotumor vergesellschaftet. Es handelt sich um eine entzündliche Erkrankung ohne feststellbare Ursache – bakterielle oder andere Infektionen, Fremdkörper oder endokrine Ursachen kommen nicht in Betracht. Unter systemischer Steroidgabe erfolgt meist eine rasche Besserung.

Bakterielle Entzündungen

Eine präseptale Zellulitis ist etwa 5-mal häufiger als eine orbitale Zellulitis (Orbitaphlegmone), insbesondere bei Kindern unter 5 Jahren. Erstere entsteht häufig sekundär nach Lid- oder Hautinfektionen oder bei einer Dakryozystitis. Es besteht eine Assoziation zu Infekten der oberen Atemwege und zu Sinusitiden oder Lidverletzungen. Kennzeichen sind Lidschwellung, -rötung und -überwärmung, z. T. auch Fieber.
Eine orbitale Zellulitis entsteht häufig sekundär bei Sinusitis, insbesondere bei einer Entzündung der Siebbeinzellen (Ethmoiditis). Klinische Zeichen sind neben Lidschwellung und Fieber auch Chemosis, Exophthalmus, schmerzhaft eingeschränkte Augenbeweglichkeit und evtl. Zeichen einer Optikusneuropathie.
Therapie
Die Therapie erfolgt in beiden Fällen antibiotisch, bei orbitaler Zellulitis ist jedoch immer eine stationäre i. v.-Therapie notwendig. Im Falle eines Orbitaabszesses kann zusätzlich eine chirurgische Drainage erforderlich werden.

Enophthalmus

Ein Enophthalmus, das Zurücksinken des Augapfels in die Orbita, entsteht insbesondere bei Blow-out-Fraktur der Orbita (Kap. „Augenverletzungen bei Kindern und Jugendlichen“) oder bei Atrophie von Orbitagewebe. Ein Pseudoenophthalmus findet sich beim Horner-Syndrom.
Weiterführende Literatur
Black J, Crompton J (2017) Craniofacial abnormalities. In: Lambert SR, Lyons CJ (Hrsg) Taylor & Hoyt pediatric ophthalmology and strabismus. Elsevier, Edinburgh
Dolman PJ, Chung Y (2017) Neureogenic tumors. In: Lambert SR, Lyons CJ (Hrsg) Taylor & Hoyt pediatric ophthalmology and strabismus. Elsevier, Edinburgh
Hassler W, Unsöld R, Schick U (2007) Raumforderungen der Orbita. Dtsch Ärztebl 104(8):496–502
McNab (2017) The management of orbital disease in children. In: Lambert SR, Lyons CJ (Hrsg) Taylor & Hoyt pediatric ophthalmology and strabismus. Elsevier, Edinburgh
Shields CL, Shields JA (2017) Orbital rhabdomyosarcoma. In: Lambert SR, Lyons CJ (Hrsg) Taylor & Hoyt pediatric ophthalmology and strabismus. Elsevier, Edinburgh