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Pädiatrie
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Publiziert am: 18.04.2015

Reiseimpfungen

Verfasst von: H.-J. Schmitt
Der Eckstein der Prävention für alle Reisenden ist ein adäquater Immunschutz entsprechend den STIKO-Empfehlungen in Deutschland. Der Impfarzt hat daher zu prüfen, ob die dem Alter des Reisenden entsprechenden öffentlich empfohlenen Impfungen appliziert wurden. Für Personen mit einer Grundkrankheit sind ggf. weitere Impfungen indiziert.
Der Eckstein der Prävention für alle Reisenden ist ein adäquater Immunschutz entsprechend den STIKO-Empfehlungen in Deutschland. Der Impfarzt hat daher zu prüfen, ob die dem Alter des Reisenden entsprechenden öffentlich empfohlenen Impfungen appliziert wurden (Tab. 1). Für Personen mit einer Grundkrankheit sind ggf. weitere Impfungen indiziert.
Tab. 1
Altersentsprechender Immunschutz in Deutschland
Alter
Krankheiten, gegen die Impfschutz bestehen sollte bzw. altersentsprechend empfohlene Impfungen
0–5 Jahre
Diphtherie, Tetanus, Pertussis, invasive Haemophilus influenzae b-Infektionen (Hib), Poliomyelitis (IPV-Impfstoff), Pneumokokkeninfektionen, Meningokokken-C-Infektionen, Hepatitis B, Masern, Mumps, Röteln, Varizellen, Rotavirusinfektion
5–9 Jahre
Wie oben, außer Hib
Tdap
Booster mit 5–6 Jahren
9–17 Jahre
Wie oben, außer Hib; Mädchen zwischen 12 und 18 Jahren: HPV
Tdap-IPV
Booster 5 Jahre nach der vorangegangenen Tdap-Dosis
18–59 Jahre
Diphtherie
Grundimmunisierung; eine weitere Booster-Dosis, wenn letzte Diphtherieimpfung 10 Jahre zurückliegt
Tetanus
Wie Diphtherie
Td oder Tdap oder Tdap-IPV
Ab 18 Jahre sollte die erste Td-Impfung in Kombination mit Pertussisimpfstoff gegeben werden
Polio
Wenigstens 4 Dosen eines Polio-Impfstoffs (Nachholimpfung mit IPV)
MMR
Immunschutz durch Krankheit oder 2 Dosen Impfstoff
VZV
Wie MMR
≥60 Jahre
Wie oben plus:
Einmalige Booster-Impfung bei bestimmten Indikationen
Jährliche Impfung im Herbst
Spezielle Reiseimpfungen sind je nach Art der Reise („Rucksacktourismus“ mit Fahrten in entlegene ländliche Regionen oder Nobelhotel in der Hauptstadt) und deren Dauer (Langzeitaufenthalt aus beruflichen Gründen; Urlaubsreise für wenige Wochen oder für Monate etc.) anzuraten. Als Hilfe zur Entscheidung des Reisenden, ob er eine Impfung wünscht – und selbst bezahlt – sollte der Arzt zum einen über die Folgen der jeweiligen Krankheit informieren und zum anderen über deren Häufigkeit. Die „Japanische Enzephalitis“ ist zwar ausgesprochen selten, geht aber mit einer Letalität von 30 % einher. Im Gegensatz dazu ist die Influenza eine häufige Krankheit. Sie wird von jungen Personen ohne Grundkrankheit meist überlebt, kann aber den Spaß an der Reise erheblich mindern. Tabelle 2 fasst die wichtigsten Reiseimpfungen aus „deutscher Sicht“ zusammen. Details zur lokalen Epidemiologie und aktuelle Daten finden sich u. a. auf der Website des Auswärtigen Amts (http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/laenderinfos/gesundheitsdienst/index_html), der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin (DTG; http://www.dtg.org/impfungen.html) sowie des Centrums für Reisemedizin (www.crm.de).
Tab. 2
Mögliche Indikationen für Reiseimpfungen (Die aktuellen Fachinformationen der Hersteller sind zu beachten)
Erreger
Personengruppe
Dosis/Bemerkungen
Hepatitis B
Reisende in Endemiegebiete (Asien, Osteuropa und Russland, Afrika, nördliches Südamerika) speziell bei:
- „Abenteuerreisen“,
- Aufenthalt >1 Monat,
- Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung,
- möglicherweise notwendiger medizinischer Betreuung vor Ort.
Hinweis: Nur ein Drittel aller Hepatitis-B-Infektionen sind mit sexuellen Kontakten assoziiert!
Kinder und Jugendliche entsprechend STIKO-Empfehlung
Erwachsene: 3 Dosen (0, 1, 6 Monate); ein gewisser Schutz ist schon nach der 2. Dosis zu erwarten
Reisende in Endemiegebiete (Südamerika, Afrika, Osteuropa und Russland, Asien) speziell bei:
- „Abenteuerreisen“,
- Aufenthalt >1 Monat,
- Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung
Impfstoffzulassung ab einem Alter von 1 Jahr
Typhus
Reisende in Endemiegebiete (Südamerika, Afrika, Asien) speziell bei:
Reisen unter schlechten hygienischen Bedingungen oder
Aufenthalt für >1 Monat
Impfstoffzulassung für Kinder ab 1 Jahr (oraler Impfstoff) bzw. 2 Jahre (parenteraler Impfstoff)
Reisen in Hochrisikogebiete (Südamerika, Afrika, Asien) speziell bei:
- Abenteuerreisen
- >2 Monate Aufenthalt
- beruflicher Exposition
- Aufenthalt in Gebieten ohne Möglichkeit für eine zeitnahe Impfung nach möglichem Kontakt
Impfstoffzulassung für präexpositionelle Prophylaxe
Reisen in aktuelle Endemiegebiete (z. B. „Meningitis-Gürtel“ südlich der Sahara), speziell bei:
- Reisen während der Trockenzeit (Dezember bis Juni),
- Aufenthalt >1 Monat,
- „Abenteuerreisen“,
- engem Kontakt zur Bevölkerung,
- Pilgerreise zum Hadj,
- längeren Reisen in Länder, die ein Meningitisimpfprogramm haben (z. B. Schüleraustausch nach England)
Ggf. lokale Vorschriften beachten
Postexpositionell: Chemoprophylaxe (Kap. Bakterielle Infektionen bei Kindern und Jugendlichen: Gramnegative Kokken, Abschn. Meningokokken-Infektionen)
Polysaccharide sind bei Kindern bis 24 Monaten wenig immunogen
Meningokokken-ACWY-Konjugatimpfstoff verfügbar
Japanische Enzephalitis
Reisen in Endemiegebiete in Asien
Impfstoff in Deutschland neuerdings zugelassen und verfügbar
Gelbfieber
Reisende in Endemiegebiete (Teile Südamerikas und Afrikas)
Kinder können ab 6 Monaten, nach WHO-Empfehlung ab 9 Monaten geimpft werden
Polio
Reisende in Endemiegebiete, bisher (September 2012) Wildvirusnachweis nur noch in Afghanistan, Nigeria und Pakistan
Erwachsene sollten wenigstens 4 Impfungen erhalten haben. Bei fehlender Impfdokumentation eines Erwachsenen wenigstens 2 Dosen IPV vor Reiseantritt
Eine Dosis IPV bei Reisen in Endemieregion, wenn letzte Dosis mehr als 10 Jahre zurückliegt
Reisende in Endemiegebiete in Deutschland, Südschweden, Österreich, Polen, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Bosnien, Tschechien, Slowakei, Baltikum, Teile Kasachstans, der Mongolei sowie weitere Gebiete in Nord- und West-China
Kinder haben ein im Vergleich zu Erwachsenen geringeres Risiko für schwere Krankheitsverläufe
Siehe Hinweise des RKI zur Situation in Deutschland
Impfung ab 13. Lebensmonat zugelassen
Influenza
Für Reisende mit erhöhtem Expositionsrisiko oder mit erhöhtem Komplikationsrisiko (ab 60 Jahre, Grundkrankheit) ist die Impfung sinnvoll. Darüber hinaus sollte eine individuelle Abwägung auch für andere Reisende erfolgen, denn das Risiko für eine Influenza lässt sich nicht angeben
Impfung ab 6 Monaten möglich
Vorkommen in Ländern mit mangelnder Hygiene oder nach Zusammenbruch einer hygienischen Wasserversorgung nach Katastrophen, v. a. in Asien, Afrika, Südamerika
Choleraschutzimpfung. Impfung ab 2 Jahre zugelassen; 2–6 Jahre 3 Dosen, danach 2 Dosen jeweils im Abstand von >1 bis <6 Wochen
Literatur
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