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Klinische Neurologie
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Publiziert am: 26.07.2017

Parasitosen und exotoxinbedingte Erkrankungen des Gehirns

Verfasst von: Matthias Maschke
In Deutschland sind Parasitosen und die Vergiftung mit Exotoxinen eine Rarität. Gerade daher werden diese Erkrankungen nicht selten zu spät erkannt. Durch die vermehrte Reiseaktivität sind Parasitosen wie die zerebrale Malaria, Zystizerkose und auch Botulismus in die Differenzialdiagnose mit einzubeziehen.
In Deutschland sind Parasitosen und die Vergiftung mit Exotoxinen eine Rarität. Gerade daher werden diese Erkrankungen nicht selten zu spät erkannt. Durch die vermehrte Reiseaktivität sind Parasitosen wie die zerebrale Malaria, Zystizerkose und auch Botulismus in die Differenzialdiagnose mit einzubeziehen.

Parasitosen

Parasitosen sind unter den Infektionskrankheiten des ZNS insgesamt selten. Unterschieden werden dabei Erkrankungen durch Protozoen (Toxoplasma-Enzephalitis, Amöben-Enzephalitis, Malaria-Enzephalitis) und durch Nematoden (Trichinose) sowie Cestoden (Zystizerkose, Echinokokkose, Tab. 1).
Tab. 1
Übersicht über mögliche parasitäre Infektionen des ZNS
Erreger
Erkrankung
Vorkommen
Therapie
Protozoonosen (außer Toxoplasma gondii)
Naegleri fowleri und Hartmanella (Acanthamoeba) rhysodes
Amöben-Enzephalitis
Süßwasserteiche, ubiquitär in den Sommermonaten
Plasmodium falciparum, vivax und knowlesi
Subsahara-Gebiete (>70 % aller Fälle), Asien, Südamerika
Artesunate
Chinin/Chinidin
Trypanosoma brucei
Schlafkrankheit (chronisch-progressive Meningoenzephalitis)
Afrika
Pentamidin
Suramin
Melarsoprol
Eflornithin
Chagas-Krankheit
Südamerika
Nifurtimox
Helminthosen
Trichinella spiralis
Trichinose mit eosinophiler Myopathie, selten Meningoenzephalitis
Weltweit, in Westeuropa selten
Thiabendazol
Zystizerkose mit fokaler Meningoenzephalitis
Weltweit, höchstes Vorkommen in Zentral- und Südamerika
Praziquantel
Albendazol
Niclosamid
Echinococcus granulosus und multilocularis
Echinokokkose mit fokaler Meningoenzephalitis
E. granulosus: weltweit
E. multilocularis: nördliche Hemisphäre
Albendazol
Mebendazol
Angiostrongylus cantonesis, Gnathostoma spingerum, Paragonium westernensis
Eosinophile Meningoenzephalitis
Angiostrongylus: Weltweit
Gnathostoma: Asien, Mexiko
Mebendazol
Thiabendazol
Albendazol
Während die Toxoplasma-Enzephalitis mittlerweile am häufigsten bei HIV-infizierten Patienten und anderen immunsupprimierten Patienten wie z. B. nach allogener Knochenmarktransplantation beobachtet wird, sind die übrigen Parasitosen zumeist unabhängig vom Immunstatus des Wirtes. Verdachtsmomente ergeben sich hier eher aus der Berufs- und Reiseanamnese.

Erkrankungen durch Protozoen

Die Durchseuchung der Bevölkerung mit Toxoplasma gondii ist in Deutschland hoch. Sie steigt parallel zum Lebensalter und erreicht vor allem in ländlichen Regionen bis zu 80 %. Die Infektion erfolgt über Tierkontakte (Katzen) und Genuss von rohem Fleisch. Die Erkrankung verläuft in der Regel inapparent. Eine zerebrale Toxoplasmose ist bei immunkompetenten Erwachsenen äußerst selten. Toxoplasma Enzephalitiden sind dagegen bei HIV-Patienten mit niedrigen CD4 Zellzahlen häufig.
Trypanosomen können ebenfalls zu einer Infektion des ZNS führen. Trypanosoma brucei wird in Afrika durch die Tse-Tse-Fliege übertragen und verursacht die Schlafkrankheit durch eine chronisch-progressive Meningoenzephalitis. Trypanosoma cruzi ist der Erreger der Chagas-Krankheit in Südamerika. Wie die afrikanische Variante kann es dabei zu einer chronischen Meningoenzephalitis kommen. Da die Erkrankungen jedoch in Mitteleuropa nur sehr selten bei entsprechender Reiseanamnese oder Migrationshintergrund in Betracht gezogen werden müssen, sei auf entsprechende Lehrbücher für Tropenmedizin verwiesen.

Amöben-Meningoenzephalitis

Die Infektion mit Amöben ist nicht so selten wie angenommen. Die primäre Amöben-Meningoenzephalitis ist durch Naegleri fowleri verursacht und zumeist tödlich verlaufend. Es wird geschätzt, dass nur 5 % der betroffenen Patienten überleben. Die Diagnose gestaltet sich extrem schwierig, sodass nur bei 27 % zu Lebzeiten eine Diagnosestellung erfolgt. Eine absolute Rarität stellt die Infektion mit Hartmanella (Acanthamoeba) rhysodes dar. In den USA wurden 2007 6 Patienten mit einer primären Amöben-Enzephalitis gemeldet, wobei alle Patienten verstarben. Naeglerien kommen zumeist in warmen Süßwasserteichen während der Sommermonate, selten jedoch auch in chlorierten Schwimmbecken vor. Die klinischen Symptome sind nicht von anderen schwer verlaufenden bakteriellen oder viralen Meningoenzephalitiden zu unterscheiden. Der Liquor zeigt eine granulozytäre Pleozytose mit im Median 2400 Zellen/μl, deutlicher Erniedrigung der Glukose (Median 23 mg/dl) und starker Proteinerhöhung (365 mg/dl). Der Tod tritt zumeist nach sehr kurzer Zeit innerhalb von 3–7 Tagen nach Beginn der Symptome ein. Autoptisch findet sich eine akute hämorrhagische Enzephalitis mit dominierender Nekrose des Bulbus olfactorius und des Kortex. Die Diagnose gelingt aus frischem Liquor über mikroskopische Darstellung der sich bewegenden Amöben oder auch über einen PCR-Nachweis der DNA. Die Therapie kommt zumeist zu spät. Bei Verdacht sollte eine Therapie mit intravenösem oder auch intrathekalem Amphotericin B begonnen werden.

Zerebrale Malaria

Ätiologie, Pathogenese und Vorkommen
Die weltweit weitaus wichtigste Protozoen-Enzephalitis bei immunkompetenten Patienten ist die Malaria-Enzephalitis. Die Malaria ist immer noch die häufigste importierte tropische Erkrankung, z. B. in England 1300–1800 Fälle/Jahr. Dabei ist in aller Regel Plasmodium falciparum, in sehr seltenen Fällen Plasmodium vivax für eine zerebrale Malaria verantwortlich. Ein neuer, fünfter Erreger, Plasmodium knowlesi, führt ebenfalls zu lebensbedrohlichen Infektionen. Bei der Malaria tropica kommt es bei 2 % aller infizierten Patienten zu einer zerebralen Malaria. Pathogenetisch sind bei der zerebralen Malaria vorwiegend die Venolen durch parasitäre Erythrozyten dicht gefüllt, was zu einer Autoagglutination und Störungen der Mikrovaskularisation führt. Im Weiteren kommt es dann vor allem bei Kindern zu einem generalisierten Hirnödem mit Anstieg des intrazerebralen Drucks. Die Plasmodien führen zudem zu einer Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine wie Tumor-Nekrose-Faktor(TNF)-α und Interleukin-6.
Klinik
Die Symptome bestehen aus einer zunehmenden Bewusstseinsminderung bis hin zum Koma, holokraniellen Kopfschmerzen und sekundär generalisierten Anfällen (in 20 % der Fälle, bei Kindern bis 50 %). Neurologische Fokalsymptome kommen ebenfalls vor. Bei adulten Patienten finden sich auch meningitische Zeichen, ohne dass der Liquor wesentlich verändert sein muss.
Diagnostik
Die Diagnose ist in endemischen Gebieten bei Nachweis einer Anämie und lichtmikrokopischem Nachweis durch Plasmodien infizierter Erythrozyten einfach. Schwieriger gelingt die Diagnose bei Patienten in nichtendemischen Gebieten, sodass hier die Reiseanamnese entscheidend ist, um überhaupt auf den Verdacht zu kommen. Der Liquor sollte im Liegen mit Druckmessung gewonnen werden, da der intrakranielle Druck häufig erhöht ist. Die Zellzahl ist allenfalls gering erhöht, die anderen Liquorparameter bleiben zumeist unauffällig. Kernspintomografisch lassen sich in der T2-Gewichtung und in der FLAIR-Sequenz hyperintense Läsionen vorwiegend subkortikal im Marklager, in beiden Thalami und im Splenium des Corpus callosum nachweisen. Die Diffusionsgewichtung und kontrastmittelangehobene Sequenzen sind häufig unauffällig. Der Nachweis von Immunglobulin-M(IgM)- oder IgG-Antikörpern ist auch möglich, wobei die Antikörper erst 1–2 Wochen nach Beginn der ersten Symptome nachweisbar sind und daher lediglich als Bestätigung der Diagnose dienen können, wenn Unklarheit herrscht.
Therapie
Bereits mit Verdacht muss eine Therapie rasch eingeleitet werden, da die Mortalität der zerebralen Malaria gerade bei Kindern bis zu 20 % beträgt. Zudem weisen viele Patienten bei Überleben der Akuterkrankung neurologische Residualsymptome auf. Bei Verdacht auf eine zerebrale Malaria sollte mit einer parenteralen Gabe von Artesunate begonnen werden. Artesunate ist in Deutschland nicht im Handel, kann jedoch über Importfirmen bezogen werden. Sollte Artesunate nicht erhältlich sein, kann intravenös Chinin verabreicht werden. Zu beachten ist hier allerdings die Resistenzlage (Dondorp et al. 2005). Bei erhöhtem Hirndruck ist die Gabe von Mannitol sinnvoll, führte in Studien allerdings nicht zu einer Senkung der Mortalität.
Zerebrale Malaria
Eine 23-jährige Studentin stellte sich notfallmäßig mit zunehmenden Kopfschmerzen und Sehstörungen in der Notaufnahme vor. Sie berichtete, dass sie seit etwa 3 Tagen deutlich erhöhte Temperaturen habe. Vor 6 Tagen sei sie von einer geführten Trekkingtour aus Gambia zurückgekehrt. Das Aufnahmelabor zeigte ein deutlich erhöhtes CRP sowie eine beginnend mikrozytäre Anämie. In der nachfolgenden Liquorpunktion zeigte sich im Liegen ein erhöhter Liquoröffnungsdruck von 25 cm Wassersäule sowie eine gemischtzellige Pleozytose von 55 Zellen/μl. Das MRT des Schädels wies hyperintense Läsionen im Thalamus rechts sowie im frontalen Marklager beidseits auf. Die Patientin berichtete, dass sie aus Sorge vor Nebenwirkungen ihre Malariaprophylaxe nur unzureichend eingenommen habe. Das dann durchgeführte Labor zeigte Plasmodien in der Lichtmikroskopie, die IgM-Antikörper gegen Plasmodium falciparum waren positiv. Nach parenteraler Gabe von Artesunate kam es innerhalb von 5 Tagen zu einer deutlichen Besserung der Symptome und des Fiebers.

Erkrankungen durch Würmer

Erkrankungen durch Würmer beinhalten die in Deutschland nur noch sehr seltene Trichinose, die Infektionen mit Nematoden wie die Zystizerkose oder Echinokokkose und anderen seltenen Würmern. Wegen ihrer Bedeutung soll hier nur auf die Trichinose, Zystizerkose und Echinokokkose eingegangen werden.

Trichinose

Ätiologie, Pathogenese und Vorkommen
Die Trichinose wird durch die Nematode Trichinella spiralis oder seltener durch verwandte Trichinella species verursacht. Die Infektion erfolgt durch Fleisch, das eingekapselte infektiöse Trichinella-Larven enthält. Die Larven werden freigesetzt und siedeln sich im Dünndarm an, in dem sich die geschlechtsreifen Formen vermehren. Die Männchen sterben ab, die Weibchen leben etwa 4–6 Wochen und setzen je 200–1500 Larven ab, die auf dem Lymph-Blut-Weg in Organe und Skelettmuskulatur gelangen. Die Larven dringen in quergestreifte Muskelfasern ein, wo sie eingekapselt werden, wobei die Kapselbildung nach 4–6 Wochen abgeschlossen ist. Eingekapselt sind die Larven jahrelang lebensfähig und infektiös (Nachweis beim Menschen bis über 30 Jahre).
Die gesetzliche Pflicht zur Untersuchung des Frischfleisches auf Trichinen in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) hat die menschliche Trichinose in Westeuropa zu einer Rarität werden lassen. So wurden zwischen 1990 und 1997 in Deutschland noch 32 Fälle offiziell gemeldet. Danach sank die Inzidenz auf annähernd 0, wobei es im Frühjahr 2006 nach dem Verzehr von schwarz geschlachteten Schweinen im Landkreis Uecker-Randow zu einer Erkrankung von zwei Personen kam. Außerdem kann Fleisch von Wildschweinen zur Übertragung von Trichinellen führen (Faber et al. 2015).
Klinik
Die Symptome der Trichinose sind zum größten Teil unspezifisch. Am häufigsten finden sich Myalgien (85 %), Lid- bzw.Gesichtsödem (83 %), gastrointestinale Beschwerden (62 %), Fieber (60 %), grippeähnliche Symptome (56 %) sowie Kopfschmerzen (26 %). Im Blut ist bei mehr als 90 % der Patienten eine Eosinophilie nachweisbar. Als seltene Komplikation kann eine meningeale Mitbeteiligung, als Rarität auch mit enzephalitischen Fokalsymptomen auftreten.
Diagnostik
Die Symptome von starken myalgieformen Schmerzen und einer deutlichen Eosinophilie sollte auch heutzutage immer in der Differenzialdiagnose an eine Trichinose denken lassen. Erst in der dritten Woche der Symptomatik werden serologische Untersuchungen mit Antikörpernachweis positiv. Teilweise ist daher bei akuter unklarer Erkrankung eine Muskelbiopsie notwendig, um die Larven im Muskel zu visualisieren.
Therapie
Die Letalität wird mit 0,3 bis maximal ca. 3 % angegeben. Die Myalgien können auch nach erfolgreicher Therapie über Jahre überdauern.
Therapieempfehlungen
  • Die übliche Therapie besteht in der Gabe von Mebendazol (200 mg/Tag über 5 Tage).
  • Alternativ können Albendazol und das früher lange als Medikament der ersten Wahl verabreichte Thiabendazol (25 mg/kg KG 2-mal/Tag) verabreicht werden.
  • Manche Autoren favorisieren die gleichzeitige Gabe von Prednison (40–60 mg/Tag), um die Symptome, insbesondere Muskelschmerzen und Fieber, rasch zu verringern.

Zystizerkose

Ätiologie, Pathogenese und Vorkommen
Bei der Zystizerkose handelt es sich um die zerebrale Absiedlung der Finnen (Cysticercus cellulosae) des Schweinebandwurms (Taenia solium). Die Zystizerkose ist nicht an besondere immunologische Bedingungen geknüpft und tritt viele Jahre nach Aufnahme der Taenieneier auf. Die Neurozystizerkose ist in vier Kategorien aufgeteilt: parenchymal (oder zerebral), subarachnoidal (oder zisternal), ventrikulär und spinal.
Die Zystizerkose ist vor allem in Mittel- und Südamerika, Afrika und Indien gehäuft anzutreffen. Durch Migration aus Mittelamerika ist gerade im Süden der USA die Erkrankung jedoch deutlich häufiger geworden. Insgesamt wurde 2015 seitens der WHO nochmal bestätigt, dass die Zystizerkose die am häufigsten zum Tode führende, über Nahrungsmittel übertragene Erkrankung weltweit ist. Die WHO schätzt, dass insgesamt 50 Mio. Menschen infiziert sind und jährlich 50.000 Menschen an einer Zystizerkose versterben.
Klinik
Die Zystizerken-Enzephalitis weist in ihrem klinischen Bild keine charakteristischen Besonderheiten auf. Am häufigsten sind sicherlich fokale und sekundär generalisierte Anfälle, sodass die Neurozystizerkose in manchen Ländern wie in Mexiko die häufigste Ursache für eine Epilepsie ist. Darüber hinaus sind Hirnnervenlähmungen, ein progredientes organisches Psychosyndrom sowie Zeichen des zunehmenden Hirndrucks und ggf. auch spinale Symptome zu finden.
Diagnostik
Eine Eosinophilie im Differenzialblutbild sowie in der Liquorzytologie kann neben den allgemeinen entzündlichen Liquorveränderungen bereits einen wichtigen Hinweis auf diese parasitäre Erkrankung geben. Dazu kommen positive Komplementbindungsreaktionen (KBR) auf das Antigen der Zystizerkenkapsel in Serum und Liquor und die Befunde spezifischer IgM- und IgG-ELISA. In der bildgebenden Diagnostik (CT oder MRT) stellen sich multifokale rindennahe Herde dar, die eine variable Kontrastmittelaufnahme zeigen und bei der chronischen Verlaufsform verkalkte Anteile haben können (Abb. 1). Eventuell kann eine Weichteilröntgenaufnahme oder eine CT der Oberschenkelmuskulatur ebenfalls kleine intramuskuläre Verkalkungen sichtbar machen.
Therapie
Bei Verdacht auf eine Neurozystizerkose sollte so rasch wie möglich mit Albendazol oder Praziquantel antihelminthisch behandelt werden. Neuere Studien legen nahe, dass die Kombination von Albendazol und Praziquantel wirksamer ist als die Monotherapie.
Therapieempfehlungen
  • Die Therapie mit Praziquantel wird 14 Tage lang durchgeführt, in einer gewichtskorrelierten Dosierung (50 mg/kg KG und Tag, verteilt auf 3 Einzeldosen).
  • Alternativ wird Albendazol in einer Dosis von 15 mg/kg KG und Tag für 8–14 Tage verabreicht.
  • Bei der intraparenychymatösen Neurozystizerkose ist eine Kombination von Praziquantel (50 mg/kg KG und Tag) und Albendazol (15 mg/kg KG und Tag) für 10–14 Tage der Monotherapie überlegen.
  • Zwischen dem 2. und 5. Behandlungstag führt bei der Mehrzahl der Patienten die Destruktion der Zysten zu einer entzündlichen Reaktion mit Fieber, Kopfschmerzen, Meningismus, Übelkeit und Erbrechen mit einer vorübergehenden Verstärkung der neurologischen Herdsymptome. Der Liquor kann vermehrte Entzündungszeichen aufweisen.
  • Der Therapieverlauf kann durch begleitende Kortisongabe (Dexamethason 4–12 mg/Tag, Prednison 1 mg/kg KG undTag) wesentlich verbessert werden.
Die Therapiekontrolle erfolgt klinisch sowie zerebral bildgebend. In ausgewählten Fällen (z. B. bei intraventrikulären oder spinalen Zysten) kann eine neurochirurgische Zystenentfernung notwendig sein. Im Falle von Liquorzirkulationsstörungen ist eine externe Ventrikeldrainage bzw. eine Shuntanlage indiziert. Eine medikamentöse Wiederholungsbehandlung kann nach einigen Monaten erforderlich werden.

Echinokokkose

Vorkommen, Pathogenese und Verlauf
Die Erkrankung wird in erster Linie von befallenen Hunden (Hundebandwurm, Echinococcus granulosus) auf den Menschen übertragen. Endemiegebiete stellen vor allem die Länder Osteuropas dar, in denen es gehäuft streunende infizierte Hunde gibt. Darüber hinaus kann es in der nördlichen Hemisphäre durch eine Infektion mit dem Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) zu einer Echinokokkose kommen. In Deutschland ist die Echinococcus-multilocularis-DNA in ca. 0,2 % der Hunde und Katzen nachweisbar (Dvachenko et al. 2008). Während der Hund bzw. der Fuchs die Würmer trägt und deren Eier ausscheidet, ist der Mensch als Zwischenwirt Träger der Echinokokkenzysten (vor allem in Leber und Gehirn). Bei der Infektion mit Echinococcus granulosus kommt es zur zystischen Echinokokkose, bei Infektion mit Echinococcus multilocularis zur alveolären Echinokokkose. Diese Zysten können eine erhebliche Größe annehmen, sodass die Erkrankung mit fokal-neurologischen Symptomen, aber auch unter den Zeichen der zerebralen oder spinalen Raumforderung verlaufen kann.
Diagnostik
Im Differenzialblutbild und in der Liquorzytologie besteht gelegentlich eine Eosinophilie, eine mikrobiologische Diagnose ist mittels KBR möglich. Die bildgebenden Verfahren (CT, MRT) zeigen die variabel großen Zysten (solitär oder multifokal, z. T. mit verkalktem Anteil). Nach neueren Untersuchungen kann die MRT fertile aktive Zysten von inaktiven Zysten unterscheiden (Abdel Razek et al. 2009).
Therapie
Die Behandlung ist, wenn möglich, sowohl bei der zystischen als auch bei der alveolären zerebralen Echinokokkose eine neurochirurgische Resektion der Zysten, ohne diese zu eröffnen. Im Falle nicht (radikal) operabler Echinokokkenzysten kann eine medikamentöse Therapie mit Albendazol erfolgen (mindestens 2–3 4-wöchige Behandlungszyklen, dazwischen 2 Wochen Pause, mit täglich 2-mal 400 mg p.o.; Personen <60 kg erhalten 15 mg/kg KG), alternativ mit Mebendazol (Liu et al. 2009). Mefloquin scheint ebenfalls eine Wirksamkeit zu entfalten. Bei der Infektion mit Echinococcus multilocularis muss eine Dauertherapie erfolgen, da die Parasiten im Gegensatz zum Hundebandwurm nicht komplett z. B. durch eine Leberteilresektion entfernt werden können. Die 10-Jahres-Überlebensrate beträgt bei der alveolären Echinokokkose 75 %.

Bakterielle Exotoxine

Verschiedene vor allem bakterielle Krankheitserreger haben die Eigenschaft, Toxine zu produzieren, die das Wirtsgewebe schädigen. Drei dieser Erreger sezernieren spezielle Neurotoxine, die zu immunvermittelten toxischen Polyneuritiden führen: Botulismus, Tetanus und Diphtherie. Für alle drei Erkrankungen besteht gesetzliche Meldepflicht.

Botulismus

Das Neurotoxin wird von Clostridium botulinum sezerniert und entsteht in unsachgemäß anaerob konservierten Dosennahrungsmitteln (Anamnese!). Das Botulinumtoxin, eine zinkabhängige Protease, führt zu einer präsynaptischen Blockierung der Acetylcholinfreisetzung an motorischen und autonomen Nervenendigungen. Es existieren insgesamt sieben unterschiedliche Botulinumtoxine, die mit den Buchstaben A–G bezeichnet werden. Für den menschlichen Botulismus sind zumeist Botulinumtoxin A und B verantwortlich, bei Infektion durch Essen von Meeresfrüchten selten Botulinumtoxin E. Insgesamt ist der Botulismus sehr selten geworden, in Großbritannien wurden z. B. zwischen 1922 und 2005 nur 62 Fälle gemeldet. In Deutschland wurden zuletzt seitens des Robert Koch-Instituts 2010 zwei dokumentierte Fälle mit Botulismus nach Verzehr von mariniertem Hering berichtet.
Klinik
Die klinischen Symptome beginnen 12–36 h (6 h bis 8 Tage) nach Toxinaufnahme. Die Symptome bestehen im Anfangsstadium aus bilateralen Hirnnervenparesen mit Dysarthrie, Dysphagie, Mundtrockenheit, Doppelbildern und einer Mydriasis. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer deszendierenden bilateralen schlaffen Tetraparese mit fehlenden Reflexen und einer Blasenatonie sowie paralytischem Ileus. Schließlich mündet die Erkrankung in einer respiratorischen Insuffizienz. Typisch sind beim Botulismus die Diskrepanz der ausgeprägten motorischen Symptome zur normalen Körpertemperatur, fehlenden sensiblen Störungen und einem ungestörten Bewusstsein. Die Differenzialdiagnose zum Guillain-Barré-Syndrom, Miller-Fisher-Syndrom und anderen infektiösen Polyradikulitiden kann schwierig sein.
Diagnostik
Die Diagnose wird durch Anamnese, Klinik und Toxinnachweis aus Patientenserum, Stuhl oder Mageninhalt und Speiseresten im Mäusetierversuch gestellt (mit Neutralisationstest). Wichtig ist hier, dass sich die Toxinkonzentration bei 30–40 % der Patienten unterhalb der Detektionsschwelle befindet und daher der Toxintest falsch-negativ sein kann. Der Liquor ist im Gegensatz zu den oben erwähnten Differenzialdiagnosen meist normal.
Therapie
Therapeutisch wird nach eventuellem Entfernen noch nicht resorbierten Toxins in schwereren Fällen möglichst früh trivalentes (Typ A, B, E) Botulismusantitoxin vom Pferd gegeben, initial 500 ml (nach konjunktivaler Anaphylaxieprüfung), je nach klinischem Verlauf weitere 250 ml nach 4–6 h. Intensivüberwachung und -pflege sind erforderlich, ggf. künstliche Beatmung. Die Letalität liegt auch unter Therapie noch bei 20–30 %.

Tetanus

Das peripher und zentral durch Blockade der Freisetzung inhibitorischer Neurotransmitter (vor allem γ-Aminobuttersäure [GABA]) wirkende Neurotoxin wird von Clostridium tetani gebildet. Die Aufnahme des Erregers erfolgt über Gartenverletzungen mit Erde, Tierbisse und Verbrennungen (Anamnese!).
Klinik
Die klinische Symptomatik beginnt nach einigen Stunden bis 30 Tagen, wobei eine kurze Inkubationszeit einen schweren Krankheitsverlauf erwarten lässt. Die Patienten zeigen Kopf- und Kieferschmerzen, Unruhe, Tachykardie, Schwitzen, Schluckstörungen, Erbrechen, Nackensteife, Trismus, „Risus sardonicus“, Opisthotonus, progrediente generalisierte Muskelspasmen, die durch externe Reize triggerbar sind (Wundstarrkrampf), zunehmende Atemlähmung, fehlende sensible Störungen und ungestörtes Bewusstsein.
Diagnostik
Die Diagnose stützt sich auf die Anamnese und das klinische Bild. Der Nachweis von Tetanustoxin im Tierversuch ist möglich. Im EMG zeigt sich ein Verlust oder eine Verkürzung der „silent period“ nach Muskelkontraktionen. Der Liquor ist normal.
Therapie
Zur Therapie gehören:
Therapieempfehlungen
  • Intensivüberwachung und -pflege, Abschirmung gegen äußere Reize
  • Sedierung (z. B. mit Diazepam oder Lorazepam),
  • Ggf. künstliche Beatmung, evtl. Wundexzision
  • Möglichst frühe Gabe von humanem Tetanusantitoxin (Tetagam), 5000–10.000 IE am 1. Tag, je 3000 IE an den Folgetagen
  • Außerdem aktive Tetanusimpfung und antibiotische Behandlung (z. B. 4-mal 5 Mega-IE Penicillin i.v. für 10 Tage oder bei Penicillinallergie 0,2 g Doxycyclin/Tag)
Die Letalität liegt auch unter Therapie in schweren Fällen bei 40–60 %.

Diphtherie

Üblicherweise verläuft die Infektion mit Corynebacterium diphtheriae als pseudomembranöse Tonsillar- oder Rachendiphtherie. Sie ist seit Durchführung der aktiven Impfung selten geworden. Durch Toxinbildung kann eine kraniale Polyneuritis mit kaudalen Hirnnervenstörungen auftreten, es finden sich aber auch Fazialis- und Augenmuskelparesen. Proximal betonte schlaffe Paresen und distal akzentuierte Sensibilitätsstörungen kommen ebenfalls vor. In der Behandlung wird neben Penicillin G (10.000 IE/kg KG für 14 Tage) möglichst früh für 3 Tage Diphtherieantitoxin vom Pferd eingesetzt (30.000–50.000 IE als einstündige Infusion, in schwereren Fällen, nach konjunktivaler Anaphylaxieprüfung, doppelte Dosis).

Facharztfragen

1.
Welche Parasitosen können zu neurologischen Erkrankungen führen?
 
2.
Welche beiden Exitotoxine führen auch heute noch zu akuten neurologischen Erkrankungsbildern?
 
3.
Wie wird eine zerebrale Malaria diagnostiziert und behandelt?
 
Literatur
Zitierte Literatur
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