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Uroonkologie
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Publiziert am: 23.04.2019

Inkontinente Harnableitung

Verfasst von: Philipp Reimold, Markus Hohenfellner, Jan Philipp Radtke und Joanne Nyaboe Nyarangi-Dix
Inkontinente Harnableitungen stellen die einfachste Form der Harnableitung dar, die Patienten bei bevorstehender Zystektomie am häufigsten angeboten werden.
Prinzipiell besteht die Möglichkeit, die Ureteren per Ureterokutaneostomie direkt über die Haut auszuleiten. Diese technisch einfachste Form der Harnableitung bietet den Vorteil, dass der Eingriff komplett extraperitoneal erfolgen kann, da der Darm nicht benötigt wird.
Die häufigste Form der inkontinenten Harnableitung ist das Conduit, dass meist aus Ileum und seltener aus Colon oder Jejunum geformt wird. Hieran werden dann die Ureteren anastomosiert und das Conduit anschließend über die Haut ausgeleitet.
Der Urinablauf wird in einem an der Haut angeklebten Beutel aufgefangen. Um eine optimale Beutelversorgung über ein geschlossenes System zu gewährleisten, müssen anatomische Gegebenheiten (z. B. Bauchfalten) sowie persönliche Gewohnheiten (z. B. Gürtellage) bei der Operationsplanung berücksichtigt werden.
1887 führte Bardenheuer in Köln die erste Zystektomie durch. Aufgrund von massiven Blutungen verzichtete er auf die geplante Harnleiter-Darm-Implantation und beließ stattdessen die offenen Harnleiterenden in der Zystektomiehöhle. Der Patient verstarb 2 Wochen später (Bardenheuer 1897). Im historischen Verlauf wurden die Ende des 19. Jahrhunderts in der klinischen Routine etablierten rektalen Harnableitungen während der folgenden 50 Jahre zunehmend von den inkontinenten Conduits abgelöst. 1993 dann wurde es konsensfähig, den orthotopen Blasenersatz als primäre Harnableitung für geeignete Patienten zu empfehlen (Hautmann 2003).
Dennoch werden Techniken zur inkontinenten Harnableitung bis heute verbreitet angewandt. Gerade im Zuge der Verbreitung (robotisch-assistierter) laparoskopischer Operationsmethoden werden inkontinente Harnableitungen immer häufiger gewählt (Hussein et al. 2018).
Prinzipiell unterschieden werden
  • die direkte Harnleitereinpflanzung in die Haut (Ureterokutaneostomie) sowie
  • die aus Ileum bzw. aus Dickdarm geformten Conduits.
Vereinzelt beschrieben wurden auch Magen-Conduits (Kurzrock et al. 1998), die sich aufgrund der problematischen Stomapflege jedoch nicht durchgesetzt haben.
Indikationen
Die Folgen einer Harnableitung können für die Patienten belastend sein. Hierbei spielen funktionelle Komplikationen, wie rezidivierende Infekte des oberen Harntraktes, oder eine Verschlechterung der Nierenfunktionsparameter sowie Verlust an Lebensqualität und eine Störung des Körperbildes eine wichtige Rolle.
Nachteile der inkontinenten Harnableitungen können insbesondere Probleme der Stomaversorgung und Störungen der körperlichen Selbstwahrnehmung sein (Shimko et al. 2011).
Deswegen ist es von äußerster Wichtigkeit, die spezifischen Vor- und Nachteile der jeweiligen Verfahren in Einklang mit den Wünschen und Fähigkeiten der Patienten zu bringen, um so schon präoperativ die passende Harnableitung für den jeweiligen Patienten identifizieren zu können.

Ureter-Haut-Implantation (Ureterokutaneostomie)

Die Ableitung mittels einer Harnleiter-Haut-Implantation ist die einfachste Form der Harnableitung. Vorteile sind insbesondere, dass der Eingriff komplett extraperitoneal und ohne darmchirurgisches Element durchgeführt werden kann (Eckstein 1963). Higgins beschrieb als erster die Transureteroureterokutaneostomie (TUUC) (Higgins 1964). In den 1970er-Jahren wurde die Ureterokutaneostomie u. a. auch von Hendren verbreitet (Hendren und Hensle 1980). Spezielle Techniken zur Reduktion der Stomastenosen und damit zur fehlenden Notwendigkeit der permanenten Versorgung mit einem Ureterenkatheter wurden z. B. von Toyoda (1977), Rodeck (1981; Einnaht eines dreieckförmigen Hautspickel in den gespaltenen distalen Harnleiter) und Yoshimura et al. (2001) beschrieben. Letzterer spatuliert den distalen Anteil des Ureters. Danach wird jeder Ureter separat am korrespondierenden Hautareal fixiert (Abb. 1).
Technisch kann auch der längere Ureter nach einer Transureteroureterostomie mit dem kürzeren Ureter in die Haut implantiert werden. Als Alternative können beide Ureteren kutan ausgeleitet werden (Eckstein 1963; Abb. 2).
Strikturraten bis zu 92 % und das Infektrisiko der Ureterokutaneostomie sind ihre vordringlichsten Kritikpunkte und selbst Ureteren mit einem Durchmesser von >8 mm und einem invertierten Hautstoma können in 45 % der Fälle zu Strikturen führen, die durch eine dauerhafte Harnleiterschienung vermieden werden können (Iwaszko et al. 2010).
Eine Reduzierung ureteraler Obstruktion erreichte Rodríguez (2011) durch eine Technik, in der der linke Ureter über der A. mesenterica inferior geleitet wird und eine 4-Punkt Naht mit Y-V Anastomose verwendet wird. Des Weiteren schlug er vor, die postoperative Harnleiterschienen länger als 3 Monate zu belassen (Rodriguez et al. 2011).
Eine weitere potenzielle Komplikation ist die Urolithiasis; von vitaler Bedeutung insbesondere dann, wenn ein Stein bilateral die Drainage des oberen Harntrakts behindert und damit ein postrenales Nierenversagen bedingt. Insgesamt aber kommt es nur selten zu urolithiasisassozierten Komplikationen bei Patienten mit Ureterokutaneostomien. Iwaszko et al. (2010) berichteten über 8 Fälle von Urolithiasis in einer Serie von 63 Patienten (12,7 %). Diffizil kann dabei die ureterorenoskopische Therapie von Harnleitersteinen sein, insbesondere die Intubation bei Stomastenosen. Iwaszko et al. schlussfolgerten daher, dass man möglicherweise bei Patienten, die bereits eine bekannte Nephrolithiasis aufweisen, von einer Ureterokutaneostomie absehen sollte, um solche Komplikationen zu vermeiden (Iwaszko et al. 2010).
Der Einfluss einer Ureterokutaneostomie auf die Nierenfunktion kann unterschiedlicher Natur sein. Mure et al. (2000) zeigten in ihrer Langzeit-Follow-up-Studie an einer heterogenen Gruppe von Patienten, die zwischen 1968 und 1998 eine Ureterokutaneostomie (n=69) aufgrund unterschiedlicher Indikationen bekamen, dass Patienten, die aufgrund benigner Indikationen eine Ureterokutaneostomie erhielten, auch langfristig keinen Verlust der Nierenfunktion erlitten. Des Weiteren wurde gezeigt, dass Patienten, die bereits präoperativ eine reduzierte Nierenfunktion zeigten, trotz suffizient angelegter Ureterokutaneostomie in bis zu 50 % ein Nierenversagen erlitten (Mure et al. 2000).
In einer japanischen Kohortenanalyse wurden Ureterokutaneostomien, neben z. B. dem Patientenalter, als unabhängiger Risikofaktor identifiziert, in den ersten 5 Jahren postoperativ eine hochgradige (Stadium IIIB) Niereninsuffizienz zu entwickeln (Hatakeyama et al. 2016). Die Pathophysiologie ist dabei jedoch unklar.
Obwohl die Ureterokutaneostomie nicht mehr dem Goldstandard einer modernen Harnableitung entspricht, kann sie als schnell durchzuführende und wenig belastende Harnableitung für ausgewählte Patienten eine wertvolle Behandlungsoption darstellen (Hodges et al. 1980) – nicht zuletzt auch unter dem Aspekt, dass vergleichende Kurz- und Langzeitdaten ableitungsassoziierte Komplikationen bei Patienten mit Ureterokutaneostomie signifikant seltener als bei Ileum- oder Kolon-Conduits auswiesen (Lodde et al. 2005).

Conduit-Ableitungen

Ileum-Conduit

Als Folge von metabolischen Problemen, erhöhtem intestinalem Karzinomrisiko (Filmer und Spencer 1990) und chronisch rezidivierenden Harnwegsinfekten bei der Anlage einer Ureterosigmoideostomie wurde das von Seifert bereits 1935 publizierte Ileum-Conduit von Bricker einige Jahre später neu aufgegriffen und verbessert (Seiffert 1935; Bricker 1950). Generelles Funktionsprinzip ist, dass beide Harnleiter in ein Segment des distalen Ileums implantiert werden, dessen aborales Ende wiederum zur Anlage eines endständigen kutanen Stomas verwandt wird (Abb. 3). Um das Stoma wird eine sog. Stomaplatte auf die Haut geklebt, die den Stomabeutel als externes Urinreservoir aufnimmt.
Das Ileum-Conduit wird nicht selten in der Literatur als am schnellsten und einfachsten durchzuführen, am wenigsten Komplikationen mit sich bringend und somit am häufigsten durchgeführte Variante der inkontinenten Harnableitungen beschrieben (Lee et al. 2014).
Indikationen
Prinzipiell kommen Ileum-Conduits für die Patienten in Betracht, die für die Anlage einer ortho- oder heterotopen Ersatzblase nicht in Frage kommen oder die Risiken des kontinenten Blasenersatzes scheuen. In diesem Zusammenhang spielen v. a. das Alter, der Allgemeinzustand und eine kompensierte Niereninsuffizienz eine häufige Rolle, ebenso wie die Angst vor einer nächtlichen Harninkontinenz nach orthotopen Blasenersatz. Aber auch eine spezielle Anamnese wie z. B. vorhergegangene Operationen und/oder Bestrahlungen können die Indikation weg von einem kontinenten Blasenersatz hin zu einem Ileum-Conduit maßgeblich beeinflussen.
Wichtige Kontraindikationen können u. a. ein Kurzdarmsyndrom, entzündliche Darmerkrankungen (M. Crohn, Colitis ulcerosa) oder eine deutlich reduzierte operative Belastbarkeit sein.
Spezielle Operationsvorbereitung
Präoperativ kann probeweise ein mit Kochsalzlösung gefüllter Stomabeutel getragen werden, um in alltäglichen Bewegungssituationen die optimale Position für die Anlage des Conduit-Stomas zu bestimmen.
Besonderes Augenmerk sollte hier auf anatomische Besonderheiten (z. B. Bauchfalten) und persönliche Gewohnheiten (z. B. Gürtelhöhe) gelegt werden. Zusammen mit Fachpflegepersonal (z. B. Stomatherapeuten) können diese Aspekte bereits präoperativ berücksichtigt werden. Die optimale Position ist präoperativ zu identifizieren und für die Operation entsprechend zu kennzeichnen.
Dies ist enorm wichtig, denn das Conduit soll an der präoperativ gewählten Stelle für den Rest des Lebens bleiben. Eine prä- und postoperative psychoonkologische Betreuung hat aufgrund der Veränderung des eigenen Körperbildes und der Notwendigkeit der späteren selbstständigen Conduitversorgung einen besonderen Stellenwert.
Operationstechnik
Aus dem distalen Ileum (15–30 cm von der Ileozökalklappe entfernt) wird ein 10–20 cm langes Segment mittels Diaphanoskopie unter Berücksichtigung der Blutversorgung aus der A. ileocolica ausgewählt. Ein zu langes Conduit neigt zum Kinking, und damit kann es zu Harntransportstörungen kommen. Die Kontinuität des Dünndarms wird per Stapler oder per Naht wiederhergestellt. In beiden Fällen gelten als Grundlage des Erfolges die gute Durchblutung und die Spannungsfreiheit der Anastomose (Hinman 2007). Es erfolgt sodann die refluxive Harnleiterdarmanastomose.
In der Vergangenheit beschriebene Bestrebungen, einen Reflux vom Ileumstumpf in den Harnleiter mittels antirefluxiver Implantationstechniken zu verhindern (Mathisen 1953; Starr et al. 1975; Patil et al. 1976), haben sich in der Klinik nicht durchgesetzt. Auch hierfür werden in der Literatur unterschiedlichste Techniken beschrieben. Nach Wallace werden die spatulierten Ureteren zu einer gemeinsamen „Endplatte“ vernäht und End-zu-End auf das orale Conduit anastomosiert (Wallace 1966, 1970). Von dieser Technik gibt es 3 Variationen:
  • Ureteranastomosen Seit-zu-Seit parallel,
  • Seit-zu-Seit gegenläufig oder
  • fortlaufend (Albers 2004).
Bricker (1950) verwendete ursprünglich eine getrennte Implantation der Ureteren in End-zu-Seit-Technik. Nesbit (1949) präparierte hierbei den distalen Ureteranteil so, dass sich ein elliptisches Lumen bildet. Dieses Lumen wird dann in einer Mukosa-Mukosa-Anastomose an den Darm angenäht (Nesbit 1949; Abb. 4a-c).
Das nun geformte Ileum-Conduit wird mit seinem aboralen Ende nach kreisförmiger Hautexzision und kreuzförmiger Inzision des vorderen und hinteren Faszienblattes des M. rectus abdominis über das Hautniveau ausgeleitet (Abb. 4d). Die Muskelfasern sollten dabei nur verdrängt werden. Die Hautöffnung sollte etwa 3 cm im Durchmesser groß sein, damit das Conduit spannungsfrei durchtreten kann. Durch Fixation des Conduits im Faszienbereich unter Aussparung des Conduit-Mesenteriums wird sowohl eine potenzielle Retraktion als auch eine Hernienbildung verhindert (die Fasziennähte sollten nicht mehr als 1 cm von einander getrennt sein). Ein optimal ausgeleitetes Stoma sollte ca. 5–10 mm über dem Hautniveau zu liegen kommen (Abb. 4e). Man zieht hierfür ca. 3 cm vom aboralen Conduit-Ende über das Hautniveau, dann erfolgt eine evertierende Naht auf Hautniveau. Dies garantiert eine möglichst einfache Versorgung mittels Stomabeutel.
Die konventionell offen durchgeführte Technik der Zystektomie mit Anlage eines Ileum-Conduits wird in den letzten Jahren ergänzt durch Fortschritte im Bereich der robotisch-assistierten und laparoskopischen Techniken. In den USA werden bereits ca. 20 % aller Zystektomien robotisch-assistiert durchgeführt. Erste Auswertungen zeigten keine relevanten Unterschiede zur offenen Operationstechnik in Bezug auf das Gesamtüberleben oder die Zeit bis zum Rezidiv (Bochner et al. 2018).
Führte man zunächst den Eingriff in einer Art Hybridtechnik durch, in der die Entfernung der Harnblase laparoskopisch erfolgte, gefolgt von einer extrakorporalen Anlage des Conduits, zeigen erste Ergebnisse einer komplett intrakorporal bleibenden Operationsvariante keine signifikanten Unterschiede in der Operationszeit, Länge des Krankenhausaufenthaltes, oder dem Auftreten von Frühkomplikationen (Lenfant et al. 2018). Nichtsdestotrotz ist diese Operationsmethode technisch höchst anspruchsvoll und sollte von Operateuren mit weitreichender Erfahrung auf dem Gebiet der robotisch-assistierten und rekonstruktiven Chirurgie durchgeführt werden (Azzouni 2013).
Operationstechnik (robotisch-assistierte Zystektomie mit intrakorporaler Anlage eines Ileumconduits)
Nach Trendelenburglagerung des Patienten werden zunächst 6 Ports in robotischer Prostatektomie-ähnlicher Art und Weise platziert. Um die spätere Darmanastomose zu ermöglichen, wird ein zusätzlicher siebter Port suprapubisch eingebracht.
Nach Mobilisierung des Zystektomiepräparates und Durchführung der Lymphadenektomie werden diese in einem Bergesack im kleinen Becken abgelegt.
Der linke Ureter wird anschließend durch eine präparierte Lücke unter dem Meso des Colon sigmoideum nach rechts geführt.
Das distale Ende des späteren Conduits wird identifiziert und mit einem Haltefaden fixiert. An diesem Faden kann dieser Teil des Conduits wie bei einer Marionette nach oben und unten bewegt werden („Marionette technique“). Nun wird etwa 15 cm oral der Ileozökalklappe ein ca. 12–15 cm langes Stück Ileum mittels Stapler ausgeschaltet, nachdem zwei mesenteriale Inzisionen geschaffen wurden.
Das Conduit wird distal mit der Marionettennaht und proximal mittels eines Roboterarmes fixiert, um die Uretero-ileale Anastomose nach zuvor erfolgten Enterostomien im Conduit zu ermöglichen. Bevor die Ureteren an das Conduit angenäht werden, werden die distalen Schnittenden zur pathologischen Schnellschnittuntersuchung versendet.
Nun wird der distale Teil des Conduits eröffnet um die Single-J-Harnleiterschienen einzubringen. Diese werden, um eine Dislokation zu vermeiden, mit einer Haltenaht am Conduit fixiert.
Anschließend wir unter Zuhilfenahme des siebten Ports die Darmkontinuität mittels Endo GIA Stapler wiederhergestellt.
Schließlich wird die zuvor angezeichnete Austrittsstelle des Stomas eröffnet und das Conduit mitsamt Haltefaden und einliegenden Harnleiterschienen nach außen mobilisiert. Es folgt die Fixierung des Conduits in üblicher Art und Weise.
Zum Schluss werden das Zystektomiepräparat und das Lymphadenektomiepaket geborgen. Bei Männern geschieht dies über eine Erweiterung der suprapubischen Portstelle im Sinne eines Pfannenstielschnitts, bei Frauen kann das räparat über die Vagina geborgen werden.
Komplikationen
In einer 20-Jahres-Nachbeobachtung zeigen bis 60 % der Patienten eine Verschlechterung der Nierenfunktion und bis zu 7 % der Patienten eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz (Jin et al. 2012). Madersbacher et al. (2003) analysierten alle Conduit-assozierten Komplikationen bei 131 Patienten, die 3 Monate postoperativ oder später auftraten. 66 % der Patienten wiesen Conduit-assozierte Komplikationen auf. Die häufigsten Komplikationen waren mit der Nierenfunktion (27 %), dem Stoma (24 %), dem Darm (24 %), symptomatischen Harnwegsinfekten (23 %), Conduit- bzw. Ureter-Anastomose (14 %) und mit Urolithiasis (9 %) vergesellschaftet. In den ersten 5 Jahren der Analyse entwickelten 45 % der Patienten Komplikationen. Dieser Prozentsatz steigerte sich auf 50 %, 54 % und 94 % bei jenen Patienten, die 10, 15 und länger als 15 Jahre überlebten. Die letztgenannte Gruppe verzeichnete in 50 % Veränderungen des oberen Harntraktes, und 38 % hatten eine Urolithiasis.
Samuel et al. (2006) analysierten die Daten von 178 Patienten, die ein mehr als 4 Jahre dauerndes Follow-up aufweisen konnten. In dieser Studie zeigte sich in 29 % der Fälle eine Verschlechterung der Nierenfunktion. Prädisponierende Faktoren bei Patienten mit nicht gestauten Nieren waren arterielle Hypertonie, rezidivierende Fälle einer Urosepsis und eine glomeruläre Filtrationsrate von weniger als 50 ml/min/1,73 m2.
Eine Studie der Mayo-Clinic zeigte die Langzeitkomplikationen bei einer Kohorte von 1057 zystektomierten Patienten (Shimko et al. 2011). 1045 Patienten erhielten ein Ileum-Conduit, und 12 Patienten wurden mittels eines Kolon-Conduits abgeleitet. Das durchschnittliche Überleben wurde mit 4,1 Jahren angegeben. Das durchschnittliche Follow-up bei den 213 überlebenden Patienten betrug 15,5 Jahre. Insgesamt wurden bei 61 % der Patienten Komplikationen verzeichnet. An oberster Stelle standen darmassoziierte Beschwerden, die bei 20,3 % der Patienten auftraten. Weitere Komplikationen waren renal 20 %, infektiös (16,5 %), stomaassoziiert (15,4 %) und Urolithiasis (15,3 %). Die seltenste Komplikation war die metabolische Entgleisung (12,8 %). Die Autoren schlussfolgerten, dass Conduit-Ableitungen mit einer hohen Komplikationsrate einhergehen, jedoch eine geringe Rate an Re-Operationen aufweisen.
Olson et al. (2017) beschrieben die Machbarkeit retrograd ureterorenoskopischer Eingriffe an Patienten mit einem Ileumconduit, was am häufigsten aufgrund von Steinbildung erforderlich war, und stellten fest, dass ein erfolgreicher retrograder Zugang in 74 % der Patienten erreichbar war. Aufgrund der veränderten Anatomie und bei besonders langen Ileumsegmenten kann hier ein zusätzlich antegrader Zugang helfen (Olson et al. 2017).
Die Arbeitsgruppe um Studer zeigte ebenfalls, wie wichtig Langzeit-Follow-up-Daten in Bezug auf die Verschlechterung der Nierenfunktion sind (Jin et al. 2012). Insgesamt wurden in dieser retrospektiven Studie 50 Patienten mit einem Ileum-Conduit und 111 Patienten mit einer Ileumneoblase, die ein Follow-up von >10 Jahren hatten, eingeschlossen. Die mediane glomeruläre Filtrationsrate bei den Patienten mit einem Ileum-Conduit sank nach 10 Jahren von präoperativ 65,5 ml/min/1,73m2 auf 57 ml/min/1,73m2. Bei den Patienten mit einer Neoblase war ein Abfall von 68 auf 66 ml/min/1,73m2 zu verzeichnen. 18 (36 %) Ileum-Conduit- und 23 (21 %) Neoblasenpatienten verzeichneten eine Verschlechterung der Nierenfunktion. 7 von 12 Patienten (58 %) mit einem Ileum-Conduit mit Obstruktion (ureteroileal, Striktur, Stomastenose, parastomale Hernie) und 17 von 46 Patienten mit einer Neoblase (37 %) mit Obstruktion (ureteroileal, Nippelstriktur, Blasenauslassobstruktion) entwickelten eine Verschlechterung ihrer Nierenfunktion. Logistische Regressionsanalysen bestätigten, dass eine Obstruktion der Hauptfaktor für eine Verschlechterung der Nierenfunktion ist (bei Ileum-Conduit p=0,045, bei Neoblase p=0,002).
Eine weitere Gefahr einer verringerten Nierenfunktion nach Anlage eines Ileumconduits ist die Entstehung einer hyperchlorämischen, metabolischen Azidose. Die resorbtiven Eigenschaften der Ileummukosa führen zu einer übermäßigen Aufnahme von Cl- und einer Sezernierung von HCO3 welches bei gesunden Nieren durch das renale Puffersystem abgefangen werden kann, bei insuffizienten Nieren jedoch klinisch manifest wird. Eine engmaschige Kontrolle mittels Blutgasanalysen – nicht nur in der frühen postoperativen Phase – dient der Früherkennung.
Zahlreiche Studien zeigen die Notwendigkeit einer Langzeitnachsorge, da das gesamte Spektrum der Komplikationen erst mit Studien mit >10 Jahren Laufzeit erfasst werden kann. Vor allem eine Verschlechterung der Nierenfunktion ist erst mit Langzeitdaten ersichtlich.

Jejunum-Conduit

Das Jejunum hat den größten Durchmesser des Dünndarms und das längste Mesenterium. Das Jejunum-Conduit wurde als Alternative zum Ileum- oder Kolon-Conduit geführt. Jedoch konnte sich der Routineeinsatz des Jejunum-Conduits nie richtig durchsetzen, da 40–65 % der Patienten an einer charakteristischen Elektrolytentgleisung, auch bekannt als Jejunum-Conduit-Syndrom, leiden mit Hypovolämie, Verringerung der glomerulären Filtrationsrate, Aldosteron-bedingter Natriumchloridrückresorption im distalen Tubulus mit erneutem Beginn des Circulus vitiosus (Fontaine et al. 1997). Dies manifestiert sich als Hyponatriämie, Hyperkaliämie, Hypochloridämie, Azotämie und einer Azidose. Das Auftreten dieser metabolischen Entgleisung basiert auf der Länge des Jejunumanteils, der für das Conduit verwendet wird, und der Verwendung von Jejunum-Conduits bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion.
Jejunum-Conduits sollten so klein wie möglich gehalten werden (10–12 cm), um die zuvor genannten metabolischen Entgleisungen zu vermeiden. Bereits in den 1970er-Jahren konnten Golimbu und Morales zeigen, dass eine glomeruläre Filtrationsrate von weniger als 50 ml/min die Entstehung eines Jejunum-Conduits-Syndroms begünstigt (Golimbu und Morales 1973, 1975).
Als Therapie sollte eine orale Ersatztherapie mittels Natriumchlorid oder Natriumbikarbonat durchgeführt werden. Dies bewirkt eine Zunahme der Natriumchloridkonzentration im Urin, was den Circulus vitiosus durchbrechen kann und so zu einem verminderten Flüssigkeits-Shift von extrazellulär führt (Hasan et al. 1994).
Ein Jejunum-Conduit sollte nur dann zum Einsatz kommen, wenn kein anderer Darmabschnitt für eine Harnableitung herangezogen werden kann.
Fontaine et al. (1997) führten eine solche Harnableitung bei insgesamt 50 Patienten durch. Der durchschnittliche Nachbeobachtungzeitraum lag bei 26 Monaten. 8 Patienten (16 %) unterzogen sich 10 Revisionen. Langzeitkomplikationen im Sinne einer Nephrolithiasis traten in 12 %, einer parastomalen Hernie in 6 %, einer Pyelonephritis in 4 %, einer ureterojejunalen Obstruktion in 4 % und eines Stomaprolapses in 2 % der Fälle auf. Das Interessante an dieser Studie war, dass das zuvor beschriebene Jejunum-Conduit-Syndrom nur bei 4 % (n=2) der Patienten auftrat und sehr leicht durch die Gabe von 4 g Natriumbikarbonat antagonisiert werden konnte. Die Autoren interpretierten die geringere Rate an metabolischen Entgleisungen als Folge des sehr kleinen Jejunumsegments (10–12 cm), welches sie für das Conduit verwendeten. Bei den 22 Patienten mit dem Langzeit-Follow-up >5 Jahre zeigte sich interessanterweise keine signifikante Verschlechterung der Nierenfunktion.
Die Ergebnisse von Fontaine könnten so interpretiert werden, dass eine jejunale Ableitung im Notfall möglich ist und dem Patienten gute funktionelle Resultate liefert.
Operationstechnik
Die operative Durchführung einer Jejunum-Conduit-Anlage ähnelt der eines Ileum-Conduits. Man sollte so wenig wie möglich Jejunum verwenden. In der Literatur wird meist ein Segment von 10–15 cm angegeben, das sich 15–25 cm distal vom Treitz-Band (Lig. suspensorium duodeni) befinden soll. Als Ort der Ausleitung sollte der rechte obere Quadrant des Abdomens gewählt werden.
Komplikationen
Die Früh- und Spätkomplikationen sind ähnlich wie beim Ileum-Conduit.

Kolon-Conduit

Das Kolon-Conduit wurde als Alternative zum refluxiven Ileum-Conduit entwickelt, um die durch den Reflux entstehenden Langzeitkomplikationen zu vermeiden. Auf der Basis der von Mogg 1965 publizierten Technik des Kolon-Conduits entwickelten Mogg und Syme 1967 ein Kolon-Conduit mit einer antirefluxiven ureterointestinalen Anastomose (Mogg und Syme 1967). Die initialen Resultate mit nur einer nahezu 50 %-igen Refluxrate entsprachen jedoch nicht den erwarteten Ergebnissen. Erst die Modifikationen der ureterokolischen Anastomose, die bei der Ureterosigmoideostomie von Goodwin et al. (1953) und Hohenfellner und Marberger (1977) beschrieben wurden, erbrachten bessere Resultate aufgrund des nun zuverlässigeren Refluxschutzes.
Insgesamt werden 3 Teile des Kolons zur Harnableitung mittels Dickdarm verwendet:
  • das Colon transversum,
  • das Sigmoid und
  • das Ileozökum.
Jeder dieser Abschnitte hat spezifische Indikationen, Vor- und Nachteile.
Transversum-Conduit
Typischerweise wird ein Transversum-Conduit bei Patienten nach radioonkologischen Therapien im kleinen Becken angelegt, um einen Darmabschnitt zu verwenden, der von außerhalb des primären Bestrahlungsfeldes stammt (Schmidt et al. 1985). Auch bei sehr kurzen Ureteren kann ein Kolon-Conduit vorteilhaft im Sinne einer spannungsfreien Harnleiter-Darm-Anastomose sein; wenn notwendig, können auch Pyelokutaneostomien sicher angelegt werden.
Sigma-Conduit
Das Sigma-Conduit ist eine Lösung bei Patienten, die nach einer Beckenexenteration eine Harnableitung benötigen, jedoch gleichzeitig auch ein Colostoma erhalten (Richie 1986). Eine vorhergegangene Strahlentherapie ist eine relative Kontraindikation, da dieser Darmabschnitt sich meist im unmittelbaren Strahlenfeld befand (Gerharz 2007).
Ileozökum-Conduit
Der Vorteil eines Ileozökal-Conduits ist, dass genügend Ileum zur Verfügung gestellt werden kann, wenn lange Ureteranteile ersetzt werden müssen. Des Weiteren ist in diesen Fällen genügend Kolon für das Stoma vorhanden (Matsuura et al. 1991).
Colon-Shuffle
Eine modifizierte Version der Harnableitung unter Verwendung des Kolons ist der sogenannte Colon-Shuffle. Sie wurde für Patienten entwickelt, die bereits eine Kolostomie haben, oder bei denen es notwendig ist, simultan ein Kolostoma anzulegen. Darmanteile distal der Resektion des Kolons werden für das Conduit verwendet, das proximale Ende wird in Form eines Kolostomas, meistens kontralateral, ausgeleitet. Vorteil ist hier die Vermeidung einer Darmanastomose. (Meijer et al. 2015).
Kontraindikationen für Dickdarmharnableitungen können chronisch inflammatorische Darmerkrankungen wie M. Crohn oder Colitis ulcerosa, chronische Diarrhö und Divertikulitis sein.
Operationstechnik
Bei einem Transversum-Conduit sollte das ausgewählte Kolonsegment aus seiner Kontinuität herausgelöst werden, sodass die Gefäßversorgung über die A. colica dextra, besser noch über die A. colica media erhalten bleibt. Die Länge des auszuschaltenden Darmsegmentes hängt von der gewünschten Lokalisation des Stomas und der Länge der Ureteren ab. Jedoch reichen in der Regel ca. 15 cm Kolon. Die Re-Anastomosierung am Kolon erfolgt mit ein- oder zweireihiger Nahttechnik.
Neutzling et al. (2012) verglichen händisch genähte und Stapler-Anastomosen. Hier konnte kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Methoden gefunden werden.
Das ausgeschaltete Darmsegment wird durch isotone Kochsalzspülung von Stuhlresten befreit. Das orale Ende des Conduits wird nun verschlossen, und die Taenia libera werden für die Implantation der Harnleiter eröffnet. Die Harnleiter können durch getrennte Öffnungen im Meso an den Darm herangeführt werden. Die Harnleiter werden dann refluxiv oder in einer antirefluxiven Technik anastomosiert. Das Stoma wird im oberen rechten abdominalen Quadranten platziert. Es kann jedoch auch anderswo ausgeleitet werden, falls es nötig ist.
In Fällen mit geringer Harnleiterlänge kann die Anastomose auch direkt an das Nierenbecken erfolgen (intestinale Pyelostomie).
Im Falle eines Sigma-Conduits sollte auf die Gefäßversorgung, die durch die A. sigmoidea gewährleistet ist, geachtet werden. Auch hier sollte ein 10–15 cm langes Darmsegment aus seiner Kontinuität herausgelöst werden. Die weiteren Schritte sind den Schritten beim Transversum-Conduit ähnlich. Es erfolgen eine Präparation eines 2–3 cm langen submukösen Tunnels und der Durchzug der Ureteren zur Anastomosierung an die Sigmamukosa. Die Harnleiter sollten so kurz wie möglich anastomosiert werden. Das Stoma wird am linken Unterbauch platziert.
Eine schematische Darstellung der Anlage eines Kolon-Conduits zeigt Abb. 5.
Komplikationen
Die postoperativen Komplikationen nach einer Dickdarmharnableitung sind denen nach einer Dünndarmharnableitung ähnlich.
Frühkomplikationen
Chirurgische Frühkomplikationen treten in 7–12 % auf (Golimbu und Morales 1975). Als häufigste Frühkomplikation ist der mechanische Ileus zu nennen (Ravi et al. 1994; Schmidt et al. 1985). Interessanterweise zeigten anfängliche Daten, dass eine Verschlechterung der Niereninsuffizienz bei Kolon-Conduit-Patienten weniger häufiger auftrat als bei Dünndarmableitungen. Neuere Daten konnten dies jedoch nicht belegen, die aktuelle Datenlage geht vielmehr von einer fast gleichen Inzidenz aus (Cody et al. 2012). Stein et al. (1996) berichteten in ihrer Serie über eine Pyelonephritisrate von 7,6 % und eine 78 %-ige Konservierung des oberen Harntraktes. Hier spiegelt sich wiederum der protektive Effekt auf den oberen Harntrakt wider. Wie bereits erwähnt, kommt es bei antirefluxiven Anastomosen zu besseren Ergebnissen in Bezug auf den oberen Harntrakt. Jedoch muss in diesen Fällen von einer höheren Stenoserate bei der ureterointestinalen Anastomose ausgegangen werden (Stein et al. 1996). Es sollte jedoch auch erwähnt werden, dass der Stellenwert einer antirefluxiven Anastomosierung aufgrund schlechterer Langzeitergebnisse in Frage gestellt wird.
Bei Ileozökal-Conduits treten in ca. 21 % der Fälle Komplikationen auf (Matsuura et al. 1991). Diese Serie beleuchtete die Rate an Komplikationen im Vergleich zu Patienten mit einem Ileum-Conduit. Insgesamt scheint die Komplikationsrate bei beiden Ableitungsformen ähnlich zu sein. Zu den Frühkomplikationen zählen Urinome, Darmobstruktionen, Anastomoseninsuffizienzen, akutes Nierenversagen, fulminante Hepatitis, Pneumonien, gastrointestinale Blutungen, Hemorrhagie, Perforation des Ileums, Herzinsuffizienz und Wunddehiszenz.
Spätkomplikationen
Zu den Spätkomplikationen zählen Stomaprolaps, akute Pyelonephritiden, Darmlähmungen, Urolithiasis, parastomale Hernien, Stomastenosen und Stuhl-Leaks. Im Bezug auf die Verschlechterung der Nierenfunktion konnte kein Unterschied zwischen beiden Ableitungsformen gefunden werden (Matsuura et al. 1991).
Abschließend sei noch erwähnt, dass, wann auch immer Kolon/Ileozökalklappe für eine Harnableitung verwendet wird, Diarrhö als Folge dessen auftreten kann, da die Eindickungsfunktion des Kolons durch die fehlende Kolonlänge beeinträchtigt wird (Ravi et al. 1994).

Palliative Harnableitungen

Patienten, die fortgeschrittene urologische oder auch gynäkologische Malignome haben, zeigen in vielen Fällen auch maligne retroperitoneale Raumforderungen, die zu einer extrinsischen Ureterobstruktion führen können. Dies wiederum kann in weiterer Folge zu einem Nierenversagen führen. Bei extrinsischen Kompressionen des Ureters sollte initial eine Harnleiterschienung angedacht werden. Diese kann in vielen Fällen zu einer Verbesserung der Nierenfunktion führen. Problematisch wird es jedoch, wenn es zu einer Tumorprogression kommt, die zu einer weiteren Obstruktion des Harnleiters führt. In bis zu 50 % der Fälle müssen Harnleiterschienen aufgrund des Tumorprogresses durch eine andere Ableitungsform ersetzt werden (Chung et al. 2004).
Folgende palliative Ableitungsformen können Patienten mit extrinsischen Harnleiterkompressionen angeboten werden:
  • perkutane Nephrostomie
  • Harnleiterstents
  • subkutaner nephrovesikaler Bypass
  • nephrokutaner Bypass

Perkutane Nephrostomie

Wie bereits erwähnt, kommt es bei der Harnleiterschienung durch Tumorprogress häufig zu einer Kompression der Harnleiterschiene, sodass die perkutane Nephrostomie zur Harnableitung herangezogen werden muss.
Die Anlage einer perkutanen Nephrostomie ist der einfachste Weg einer Harnableitung in einem palliativen Setting. Die Vorteile liegen in der raschen Durchführbarkeit, die nicht mit größeren Komplikationen vergesellschaftet ist. Der Eingriff ist nicht nur einfach durchzuführen, sondern kann auch ggf. mehrmals wiederholt werden.
Aufgrund der sofortigen Entlastung der obstruierten Niere kommt es rasch zu einer Verbesserung der Retentionsparameter. Komplikationsraten von bis zu 30 % werden jedoch trotz der einfachen Durchführbarkeit in der aktuellen Literatur beschrieben (Ekici et al. 2001). Hierzu zählen das Risiko einer Nephrostomiedislokation, AV-Fistel, Harnwegsinfekte bis hin zur Urosepsis und potenzielle Obstruktionen.
Aufgrund der aktuellen Datenlage lässt sich die Empfehlung für eine perkutane Nephrostomie dann stellen, wenn die Lebenserwartung eines Patienten unter 1 Jahr beträgt. Falls sich der Patient in einem schlechten Allgemeinzustand befindet, jedoch eine Lebenserwartung von über 1 Jahr hat, sollte man über eine Ureterokutaneostomie nachdenken.

Harnleiterstents

Eine Harnableitung mittels endoureteraler Schiene (DJ) kann bei vielen fortgeschrittenen Tumorerkrankungen zu einer insuffizienten Harnableitung führen. Aufgrund der fehlenden Querstabilität kann es bei Tumoreinwachsung zu einer Kompression des DJ-Schiene und zu einer konsekutiven Hydro- und Pyonephrose mit Beeinträchtigung der Nierenfunktion bis hin zur Niereninsuffizienz kommen. Aus diesem Grund wurden sog. Tumorstents zur Ableitung entwickelt, die aus hoch-stabil Kombinationen unterschiedlicher Kunststoffe bestehen. Dadurch besitzen sie eine bessere Längs- und Querstabilität. Extrem weiche J-Enden garantieren einen hohen Tragekomfort und eine exakte Fixation (Schlick et al. 1999).
Eine weitere Entwicklung auf dem Gebiet der Harnleiterstents war die Einführung von Metallstents (Sountoulides et al. 2010). Die regelmäßigen Schienenwechsel bei Patienten in einem palliativen Setting können komplikationsreich verlaufen und mit langen Krankenhausaufenthalten verbunden sein. Die metallischen Harnleiterstents sollten diese Problematik umgehen.
Initiale Daten der selbst expandierenden Metallstents (Wallstent-Schneider, Zürich, Schweiz) stammen aus den frühen 1990er-Jahren (Lugmayr und Pauer 1991). Die publizierten Ergebnisse waren damals nicht erfolgversprechend, da es zu Inkrustrierungen und Knickbildungen der Stents kam. Darauffolgende Studien zeigten jedoch Durchgängigkeitsraten von über 90 % im 6-Monats-Follow-up (Lugmayr und Pauer 1992). Diese Metallstents sind in weiterer Folge für DJ-Schienen durchgängig und sogar mittels Ureterorendoskop passierbar.
Die sog. Wallstents werden in den Harnleiter ante- oder retrograd eingebracht und mittels Ballonkatheter dilatiert (Lugmayr und Pauer 1992). Sie sollten 1,5–2 cm über den stenosierten Abschnitt des Harnleiters hinausragen (Barbalias et al. 2000).
Jedoch gibt es auch hier potenzielle Nebenwirkungen. Urotheliale hyperplastische Reaktionen können zu kompletten Okklusionen des Stents führen. Des Weiteren kann es zu Hämaturie und zu Stentmigration kommen. Aktuellere Studien zeigten jedoch, dass aufgrund der oben genannten Nebenwirkungen der theoretische Vorteil der Metallstents gegenüber den konventionellen DJ-Schienen nicht vorhanden ist. Vor allem Obstruktionen aufgrund urothelialer hyperplastischer Reaktionen und Stentmigrationen bereiten Probleme und führen oft zur Notwendigkeit einer offenen Revision (Sountoulides et al. 2010; Wakui et al. 2000; De Filippo et al. 1998).
Versuche, vor allem der Obstruktion und Hyperplasie entgegenzuwirken führten – analog zu deren Einsatz im Bereich der Kardiologie und interventionellen Radiologie – zur Entwicklung von Drug-eluting stents (DES). Bioabsorbierbare und polymerfreie DES lieferten erste vielversprechende Ergebnisse, zum jetzigen Zeitpunkt fehlt es aber noch an großen, klinischen Studien, um deren Bedeutung abschließend einzuschätzen (Kallidonis et al. 2014).

Subkutaner nephrovesikaler Bypass

Eine weitere Option, um die progrediente Obstruktion des Harnleiters zu umgehen, ist die Anlage von nephrovesikalen/-kutanen Bypässen. Bei dieser Ableitungsform wird dem Patienten eine Art Nephrostomiekatheter in die Niere gestochen und subkutan mit der Blase verbunden. Es gibt einteilige Bypässe (Desgrandchamps et al. 1995), aber auch zweiteilige Sets, die mit einem separaten Zystostomiekatheter geliefert werden, der subkutan mit dem Nephrostomiekatheter verbunden wird (Schmidbauer et al. 2006).
Diese Art der Ableitung ist sehr einfach durchzuführen und erfordert lediglich eine Lokalanästhesie. Schmidbauer et al. (2006) zeigten mit ihrem Langzeit-Follow-up bei 28 Patienten nach Anlage eines nephrovesikalen Bypasses eine erfolgreiche Harnableitung in 87 % der Fälle mit einer relativ geringen Komplikationsrate von 18 %.
Stellenwert
Nephrovesikale Bypässe scheinen eine einfache, minimalinvasive und effektive Behandlungsmodalität für Patienten in weit fortgeschrittenen malignen Krankheitsstadien zu sein. Aufgrund der Bypässe wird das Körperbild des Patienten nicht gestört. Des Weiteren bleibt die Lebensqualität des Patienten in der finalen Lebensphase aufgrund der erhaltenen Flexibilität, Mobilität und Unabhängigkeit erhalten (Schmidbauer et al. 2006).

Nephrokutaner Bypass

Eine Weiterentwicklung des subkutanen nephrovesikalen Bypasses stellt der nephrokutane Bypass dar. Es handelt sich hierbei um eine extraanatomische Harnableitung vom Nierenbecken direkt über das Hautniveau. Zum Einsatz kommt diese Art von Harnableitung bei Patienten mit fortgeschrittener maligner Grunderkrankung und Ureterkompression, die keinem nephrovesikalen Bypass zugeführt werden können (z. B. bei Detrusorsphinkterdyssynergie etc.).
Stellenwert
Auch hier gilt, dass der nephrokutane Bypass eine sichere und einfache Methode ist, um die Harnableitung in fortgeschrittenen Tumorstadien zu gewährleisten.
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