Ergebnisse.
Die finale Studienpopulation bestand aus 350 Patienten, bei denen mittels CT die Divertikulitis bestätigt und klassifiziert wurde. Diese Population wurde mit 1502 Screening-Koloskopie-Patienten verglichen. Von den 350 AD-Patienten mussten 57 (16 %) wegen AD-assoziierter Komplikationen einer Akutoperation unterzogen werden.
Die beiden Vergleichsgruppen zeigten keinen statistisch signifikanten Unterschied bezüglich des Alters (59,8 ± 13,3 vs. 60,1 ± 6,8 Jahre; p = 0,48). In der Studiengruppe fanden sich mehr Patientinnen (59 % vs. 41 %; p < 0,01). In der AD-Gruppe wurde die Kontrollkoloskopie durchschnittlich nach 5,4 ± 4,8 Wochen nach Hospitalisierung (Bandbreite: 1–52 Wochen) durchgeführt. Die Qualität der Darmvorbereitung war in der Studiengruppe signifikant besser (84 vs. 74 %; p < 0,01).
Die Diagnoseraten für Karzinome (1,7 % vs. 0,3 %; SG vs. KG; p = 0,09), für AA (10,6 % vs. 9,3 %; p = 0,48) und die Gesamtrate von fortgeschrittenen Neoplasien (12 % vs. 9,6 %; p = 0,19) zeigten keine signifikanten Unterschiede. Dies spiegelte sich auch in der multivariaten Analyse (Alter, Geschlecht und Darmvorbereitung) wider (Diagnose einer Neoplasie: OR 1,386, 95 % KI 0,912–2,1; p = 0,126).
Als Risikofaktoren für erhöhte Neoplasie-Detektionsraten fanden sich Alter (71 < vs. < 50 Jahre; OR 3,156, 95 % KI 1,428–6,973) und komplizierte AD (OR 3,729, 95 % KI 1,803–7,713; p = 0,001).
Kommentar
Diese Studie beschäftigt sich mit einem aktuellen Paradigmenwechsel bezüglich der Nachsorge nach akuter Divertikulitis und der Sinnhaftigkeit einer Kontrollkoloskopie zum Ausschluss eines kolorektalen Karzinoms. Baker et al. verglichen 350 Studienpatienten aus einem universitätsassoziierten Spital in Israel mit 1502 Screening-Koloskopiepatienten bezüglich der Neudetektionsraten eines kolorektalen Karzinoms und fortgeschrittenen Adenomen nach Hospitalisierung wegen Divertikulitis.
Historisch wurde nach akuter Divertikulitis eine Kontrollkoloskopie zum Malignitätsausschluss empfohlen [
1]. An dieser Empfehlung wird auch immer noch von mehreren Fachgesellschaften festgehalten [
2‐
4]. Hintergrund sind die etwas höheren Detektionsraten an kolorektalen Karzinomen bei Divertikulitis im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. In einer rezenten Metaanalyse fanden Rottier et al. in 2,1 % der Patienten nach akuter Divertikulitis ein Karzinom in der nachfolgenden Koloskopie [
5]. In durchschnittlichen Screening-Populationen liegen diese Werte zwischen 0,4 und 1,0 % [
6,
7]. Diese Werte konnten auch von Baker et al. in der vorgestellten Studie bestätigt werden.
In der Gesamtstudiengruppe konnte kein signifikanter Unterschied zur Kontrollgruppe gefunden werden, bei Patienten mit komplizierter Divertikulitis war jedoch die Detektionsrate von fortgeschrittenen Neoplasien signifikant höher. Ähnliche Ergebnisse finden sich auch bei Subgruppenanalyse von knapp 200 Patienten mit komplizierter akuter Divertikulitis aus 4 Studien mit gepoolter Prävalenz für CRC von 8,3 % (4,2–15,8 %;
I2 = 40 %; [
8‐
10]).s
Ursächlich für die höheren Karzinomraten dürfte die klinische Missinterpretation von Zeichen eines kolorektalen Karzinoms als akute Divertikulitis sein. Historisch entstand daraus die fälschliche Annahme einer Assoziation von Divertikulitis mit Kolonkarzinomen [
11]. Ein kausaler Zusammenhang konnte allerdings bis heute nicht bewiesen werden. Es wird jedoch auch in der Literatur die Problematik der klinischen und radiologischen Ähnlichkeit der Symptome beider Erkrankungen diskutiert. Trotz steigender Accuracy durch moderne Kontrastmittel-CTs sollte bei entsprechenden radiologischen Hinweisen eine Kontrollkoloskopie nach AD durchgeführt werden. In einer Publikation im American Journal of Roentgenology fanden sich Odds-Ratios für CRC von 23,35 bei mesenteriellen Lymphknoten, 4,67 bei Abszess und 24,43 bei Obstruktion oder Wandverdickung [
12].
Etwas limitierend an den Resultaten der Studie von Baker et al. sind wie von den Autoren selbst angeführt die retrospektive Datenanalyse sowie die fehlende Dokumentation von familiären Risikofaktoren und Anamnese. Weiters bleibt unklar, wie hoch der Anteil an fortgeschrittenen Neoplasien/CRC in der Resektionsgruppe war.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.