Erschienen in:
17.12.2018 | Luftembolie | Originalien
Venöse Luftembolie bei vaginalen Verletzungen durch Geschlechtsverkehr
Kritische Analyse und Literaturübersicht zu Häufigkeit und Diagnosestellung
verfasst von:
PD Dr. med. habil. F. Zack, B. Zinka, M. W. Beckmann, S. Banaschak, H. Fischer, P. Gabriel, B. Gerber, S. D. Costa, P. Ledwon, T. Schwenzer, A. Büttner
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Ausgabe 1/2019
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Zusammenfassung
Hintergrund
In der Revision eines Strafprozesses in Deutschland 2013 trug ein Privatgutachter die kontrovers diskutierte Auffassung vor, dass eine Frau durch eine Luftembolie infolge eines vaginalen Geschlechtsverkehrs mit ausschließlich peniler Penetration und Verletzung der Vaginalwand verstorben war. Dabei habe der Gutachter die Diagnose Jahre nach dem Tod der Frau durch histologische Untersuchungen der Lungen und der Vaginalverletzungen gestellt.
Ziel der Arbeit
Die Häufigkeit der Diagnose „Luftembolie infolge vaginaler Verletzungen durch intravaginalen Geschlechtsverkehr“ und die Modalität der Diagnosestellung wurden überprüft.
Material und Methode
Es erfolgte eine selektive Literaturrecherche. Weiterhin wurden Rundbriefe an alle rechtsmedizinischen Institute und an Direktoren bzw. Chefärzte von Frauenkliniken großer Städte in Deutschland versandt.
Ergebnisse
Im Schrifttum fanden sich 2 Kasuistiken, die bei kritischer Analyse nach dem Stand der Wissenschaft zum Publikationszeitpunkt Fehler bei der Diagnosestellung aufwiesen. Bei über 300.000 durchgeführten Obduktionen in der Zeit von 1990 bis 2016 wurde von 26 rechtsmedizinischen Instituten Deutschlands, die den Rundbrief beantwortet hatten, in keinem Fall die Diagnose „Luftembolie infolge vaginaler Verletzungen durch intravaginalen Geschlechtsverkehr“ gestellt. Alle 32 berufserfahrenen Frauenärzte, die auf den Rundbrief geantwortet hatten, hatten in ihrem Berufsleben weder überlebte noch letal verlaufende Fälle einer Luftembolie nach vaginalen Verletzungen durch Geschlechtsverkehr therapiert oder davon Kenntnis erlangt.
Schlussfolgerung
Für eine Todesursachendiagnose „Luftembolie nach vaginalen Verletzungen“ besteht nach epidemiologischen Erhebungen und kritischer Analyse der bisherigen sehr wenigen Literaturfälle keine Evidenz. Bei der Diagnose einer letalen venösen Luftembolie sind zwingend wissenschaftliche Standards zu beachten. Eine Diagnosestellung allein durch histologische Untersuchungen war und ist nach dem Stand der Wissenschaft nicht möglich.