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AE-Manual der Endoprothetik
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Publiziert am: 24.03.2023

Untersuchung des Hüftgelenkes und Pathophysiologie der Erkrankungen: Sekundäre Arthrosen des Hüftgelenkes

Verfasst von: Dominik Parsch und Klaus-Peter Günther
Es gibt eine Reihe von Erkrankungen des Hüftgelenkes, die unbehandelt oder bei fehlendem Therapieerfolg wichtige Risikofaktoren für eine Arthroseentstehung sind. Bei den meist im Kindes- und Jugendalter entstehenden Deformitäten (Hüftdysplasie, Morbus Perthes, ECF, FAI) gibt es wirksame Maßnahmen der Sekundärprävention und damit auch zur Verlangsamung des natürlichen Verlaufs degenerativer Folgeschäden. Im Falle der endoprothetischen Versorgung sind – wie auch bei den weiteren Formen der traumatisch bedingten Koxarthrose, der Protrusions- und postinfektiösen Koxarthrose – relevante und für das jeweilige Erkrankungsbild oft typische Formstörungen im Hinblick auf die Indikationsstellung und Art der Versorgung zu beachten.
Bei der Bewertung von Arthroserisikofaktoren ist zu berücksichtigen, dass die Arthroseentwicklung als multifaktorieller Prozess gesehen wird, bei dem patientenassoziierte (systemische) und gelenkassoziierte (lokale) Faktoren die Manifestation und Dynamik der Erkrankung beeinflussen. Dies gilt insbesondere für die traditionell als „sekundär“ bezeichnete Arthrose, bei der anamnestisch und/oder klinisch bzw. radiologisch (Vor-)Erkrankungen als gelenkspezifische Schädigungsursache nachweisbar sind. Gerade am Hüftgelenk gibt es einige – im Folgenden aufgeführte – Entitäten, die relativ oft im Zusammenhang mit einer Arthroseentwicklung gesehen werden. Allerdings wird in der Literatur zum natürlichen Verlauf von Koxarthrosen immer wieder darauf hingewiesen, dass nicht die Ausprägung der Deformität allein den Degenerationsprozess bestimmt, sondern zusätzliche Kofaktoren den Erkrankungsverlauf beeinflussen (Günther et al. 2018a).

Dysplasiekoxarthrose

Grundlagen

Die Hüftdysplasie bzw. Hüftreifungsstörung ist eine der häufigsten angeborenen Skelettfehlbildungen mit einer Inzidenz von etwa 5/1000 männlichen und 13/1000 weiblichen Neugeborenen (Engesaeter et al. 2008). Als Ursache spielen – meist in Kombination – genetisch-endogene Faktoren (u. a. weibliches Geschlecht, asiatische Herkunft, mehrere Gensequenzen; Gkiata et al. 2019) und mechanisch-exogene Faktoren (u. a. Beckenendlage, Oligohydramnion) eine Rolle.
Die entscheidende Formdifferenzierung der Hüfte findet mit hoher Wachstumsgeschwindigkeit in den ersten 3 Lebensmonaten statt. Hüftkopf und -pfanne beeinflussen und formen sich gegenseitig im Sinne der „umwegigen Gelenkkörper“ und bilden im Normalfall ein sphärisch-kongruentes und voll überdachtes Hüftgelenk. Bei einer Hüftreifungsstörung zeigt der Pfannenerker eine mechanische Vulnerabilität während dieser plastischen Ausformungsphase und der weitere Verlauf hängt vom Grad der Stabilität bzw. Zentrierung ab. Die frühe postpartale Ultraschalldiagnostik nach Graf eröffnet aufgrund der bestehenden hohen Plastizität die therapeutische Möglichkeit einer physiologischen Nachreifung der Hüfte. Sowohl konservative Maßnahmen als auch bei Bedarf operative Eingriffe folgen der Behandlungssequenz „Reposition – Retention – Nachreifung“ und weisen bei korrekter Durchführung eine hohe Ausheilungsrate auf. Bei schweren Verläufen, Diagnostik- und/oder Therapieversagen kann sich jedoch im Laufe des Wachstums ein dysplastisches Hüftgelenk entwickeln: Die Verknöcherungsstörung des Erkers bedingt ein Überdachungsdefizit. Die Tragfläche der Facies lunata öffnet sich nach lateral und ist nicht mehr horizontal über dem Hüftkopf zentriert. Das Gelenk wird instabil bis hin zur Luxation, das Labrum als verbliebener lateraler Stabilisator wird überlastet, häufig finden sich intra-und extraartikuläre Ganglien. Der Knorpel verschleißt vorzeitig von lateral ausgehend („acetabular rim syndrom“) zum klinischen Bild der sog. Dysplasiekoxarthrose (Abb. 1).
Günther et al. (2018a) haben die verfügbaren Daten zur natürlichen Entwicklung der Hüftdysplasie bzw. zur Häufigkeit der Arthroseentstehung zusammengefasst. Dabei wird deutlich, dass nicht das Ausmaß eines Überdachungsdefizits allein, sondern vor allem das Vorliegen einer zusätzlichen Instabilität den Degenerationsprozess bestimmt. Angaben zur Häufigkeit radiologisch nachweisbarer Dysplasiemerkmale in Patientenkollektiven mit fortgeschrittener endoprothetisch versorgungspflichtiger Koxarthrose streuen breit und reichen von 4 % bis knapp 50 %, wobei teilweise auch eine Überlappung mit anderen zusätzlichen Fehlformen wie z. B. Cam-Deformität (Abschn. 2) nachweisbar ist.
Grundsätzlich unterscheiden wir bei der residuellen Hüftdysplasie korrektiv/kausale und palliativ/symptomatische Therapieverfahren. Zu den korrigierenden Maßnahmen zählen die Beckenosteotomien u. a. nach Ganz, Tönnis oder Wagner. Die Chiari-Osteotomie und die endoprothetische Versorgung des Hüftgelenkes werden den palliativen Operationen zugeordnet. Neben dem Ausmaß der arthrotischen Veränderungen ist die Kongruenz der Gelenkpartner für die Entscheidungsfindung relevant. Bei sphärischer Kongruenz und geringen arthrotischen Veränderungen (maximal Kellgren-Lawrence Grad 2) kann bis etwa zum 50. Lebensjahr die Re-Orientierung des Azetabulums über korrigierende Beckenosteotomien erfolgen (Abb. 2ac). Bei korrekter Indikationsstellung und Durchführung sind sehr gute Langzeitergebnisse mit hoher Wahrscheinlichkeit des Gelenkerhalts möglich (Lerch et al. 2017). Bei inkongruenten Gelenkpartnern stehen die palliativen Maßnahmen im Vordergrund (z. B. selten eine femorale Valgisierungsosteotomie oder Chiari-Beckenosteotomie). Bei fortgeschrittener Dysplasiekoxarthrose wird nur der endoprothetische Ersatz des Hüftgelenkes eine zuverlässige Therapieoption darstellen.
Beim Vorliegen einer Hüftreifungsstörung ist die sonografisch gestützte konservative und in Einzelfällen auch operative Therapie eine wirksame Präventionsmaßnahme. Kommt es dennoch zur manifesten Hüftdysplasie, kann bei kongruentem Gelenkspalt und fehlenden Arthrosezeichen mittels korrigierender Osteotomie der natürliche Verlauf günstig beeinflusst werden.

Morphologische Merkmale

Die Variabilität der Dysplasie in ihrer Ausprägung und Vortherapie stellt eine besondere Herausforderung für den Endoprothetiker dar. Es gibt typische dysplasieassoziierte morphologische Besonderheiten von Schaft und Pfanne, die bei der Operationsplanung zu berücksichtigen sind (Günther et al. 2015).
Das dysplastische Azetabulum weist eine sehr hohe Formvarianz auf und kann durch ein globales oder auch nur isoliert vorderes bzw. hinteres Überdachungsdefizit charakterisiert sein. Die Formgebung hängt sehr von der Art des Kontaktes mit dem Hüftkopf im Vorfeld ab. Bei einer zentrierten Hüfte in der Primärpfanne sind die Veränderungen oft nur diskret, während die Subluxation meist mit einer längsovalen Auswalzung und fliehendem Pfannendach, aber einem kräftigen Pfannenboden und häufig ausgedehnten osteophytären Randwülsten verbunden ist. Bei der niemals reponierten hochstehenden Hüftluxation gibt es sehr unterschiedliche Pfannenformen, die von nur geringen Veränderungen bis zur hochgradigen Hypoplasie reichen. Nach Voreingriffen (Pfannendachplastiken, Beckenosteotomien) können ganz unterschiedliche morphologische Veränderungen bestehen (Abb. 3).
Die Form des proximalen Femurs korreliert häufig mit dem Ausmaß der Subluxation bzw. Luxation und wird auch maßgeblich davon beeinflusst, ob in der Vorgeschichte eine konservative Therapie (z. B. geschlossene Reposition mit gegebenenfalls konsekutiver Durchblutungsstörung des Hüftkopfes) oder operative Korrektureingriffe vorgenommen wurden. Gerade nach Voroperationen kann das proximale Femur erhebliche Veränderungen aufweisen (Coxa vara bzw. valga, Torsionsabweichungen, Einengungen des Markraumes etc.). Aber auch im Spontanverlauf entwickeln sich häufig eine generelle Femurhypoplasie, eine vermehrte femorale Antetorsion, ein valgischer Schenkelhalswinkel, ein relativ dorsal gelegener Trochanter major und ein metaphysär-diaphysäres Mismatch. Von besonderer Bedeutung für die Operationsplanung ist auch, dass die Beinlänge bei einer Dysplasiekoxarthrose nicht nur vom Ausmaß einer Subluxation bzw. Luxation bestimmt wird, sondern bereits als Folge der Grunderkrankung verändert sein kann. So ist die anatomische Länge der ipsilateralen Extremität bei einer Hüftdysplasie oft größer als auf der gesunden Gegenseite, weshalb die sorgfältige klinische Untersuchung und auch Beinlängenbestimmung im Vorfeld einer Operation sehr wichtig ist.
Unabhängig von der Hüftanatomie ist weiterhin zu berücksichtigen, dass sich bei höhergradiger Hüftdysplasie – und vor allem bei Subluxation und Luxation – oft mehr oder weniger deutliche Verkürzungen der gelenkübergreifenden Muskulatur entwickelt haben und auch häufig eine valgische Beinachse mit entsprechender Kniedeformität besteht. Diese entsteht aus einer mit dem Dislokationsgrad meist zunehmenden Adduktionskontraktur der betroffenen Hüfte und einem daraus resultierenden Einfluss auf das Beinwachstum.
Es gibt typische morphologische Besonderheiten des dysplastischen Azetabulums und proximalen Femurs, die bei der Eingriffsplanung zu berücksichtigen sind.

Klassifikation

Bei der operativen Versorgung einer Dysplasiekoxarthrose sind die Behandlungsergebnisse unter anderem beeinflusst vom Ausmaß der anatomischen Formveränderungen. Deshalb ist sowohl für die Planung des Eingriffs wie auch für den Outcome-Vergleich die Verwendung eines Klassifikationssystems zur Graduierung der präoperativen Deformität sinnvoll. Es existieren verschiedene Einteilungen, von denen die von Crowe et al. (1979) bzw. von Hartofilakidis et al. (1996) am meisten Verwendung finden und auch hinsichtlich ihrer Reproduzierbarkeit am zuverlässigsten sind (Decking et al. 2006). Während die Hartofilakidis-Klassifikation anhand pathomorphologischer Charakteristika 3 Schweregrade beschreibt (Tab. 1, Abb. 4), sind für die Crowe-Klassifikation (Tab. 2) entsprechende Messungen notwendig (Verhältnis der Distanz des medialen Kopf-Hals-Übergangs bis zum Unterrand der Tränenfigur zur Höhe des Beckens vom Oberrand des Ileums zum Unterrand der Tuberositas des Os ischium).
Tab. 1
Hartofilakidis-Klassifikation der Schweregrade einer Dysplasiekoxarthrose. (Nach Hartofilakidis et al. 1996)
Typ
Morphologie
1
Der Hüftkopf ist mehr oder weniger subluxiert, befindet sich aber noch in der Primärpfanne („dysplasia“)
2
Der Kopf liegt in einer Sekundärpfanne, die noch partiell die Primärpfanne überlappt („low dislocation“). Der untere Rand der Sekundärpfanne wird von einem Osteophyten gebildet, der am oberen Rand der Primärpfanne beginnt
3
Hohe Luxation mit oder ohne Ausbildung einer Sekundärpfanne am Darmbein, aber ohne Kontakt mit der Primärpfanne („high dislocation“)
Tab. 2
Crowe-Klassifikation der Schweregrade einer Dysplasie-Koxarthrose. (Nach Crowe et al. 1979)
Typ
Morphologie
I
Weniger als 50 % Subluxation des Kopfes (Kranialisation < 10 % der Beckenhöhe)
II
50–75 % Subluxation des Hüftkopfes (Kranialisation von 10–15 % der Beckenhöhe)
III
75–100 % Subluxation des Hüftkopfes (Kranialisation von 15–20 % der Beckenhöhe)
IV
Kraniale Migration um mehr als 100 % des Hüftkopfes (> 20 % der Beckenhöhe)

Konsequenzen für die OP-Planung

Die operative Versorgung von Dysplasiekoxarthrosen kann in Abhängigkeit der vorliegenden Deformität erschwert sein. Bei häufig problematischen anatomischen Verhältnissen und erfolgten Voreingriffen drohen intraoperative Nerven- bzw. Gefäßverletzung, Prothesenfehllage und Implantatlockerung. Bei notwendiger Beinverlängerung kann eine präoperative Distraktionsbehandlung und/oder Verkürzungsosteotomie notwendig werden, um Nervendehnungsschäden (vor allem des N. ischiadicus und des N. femoralis) zu vermeiden. Aufgrund der häufigen Beinlängenunterschiede (einschließlich der bereits oben genannten möglichen anatomischen Überlänge des Beines auf der Dysplasieseite) ist präoperativ eine genaue klinische Untersuchung erforderlich.

Femoroazetabuläres Impingement

Grundlagen

Das femoroazetabuläre Impingement (FAI) ist definiert als pathologischer Kontakt von Azetabulum und proximalem Femur, bedingt durch eine veränderte Morphologie einer oder beider Partner. Ein Impingement kann auch bei normaler Anatomie durch Überbeweglichkeit ausgelöst werden (Tanz, Kampfsport).
Prinzipiell werden 2 unterschiedliche Impingementtypen beobachtet (Ganz et al. 2003):
  • Das Cam-FAI (Nockenwellen-Impingement) entsteht, wenn ein vorwiegend anterolateral gelegener nichtsphärischer Anteil des Hüftkopfes in Flexion/Innenrotation in das Azetabulum drängt. Dies verursacht eine von außen nach innen verlaufende Abrasion des azetabulären Knorpels mit erst sekundärer Avulsion des Labrums. Der sphärische Anteil des Hüftkopfes bleibt trotz teils deutlicher Schädigung des lateralen Pfannenknorpels lange unauffällig. In diese Kategorie fallen auch residuelle Fehlformen durch die abgerutschte Kalotte nach ECF (Epiphyseolysis capitis femoris) oder durch eine fehlverheilte Schenkelhalsfraktur.
  • Beim Pincer-FAI (Beißzangen-Impingement) schlägt meist in Flexion der Kopf-Hals-Übergang am überstehenden Pfannenrand an. Die initialen morphologischen Normabweichungen betreffen überwiegend die Pfanne (Coxa profunda oder protrusio). Durch repetitive Stauchung kommt es zur zunehmenden Degeneration des Labrums. Im weiteren Verlauf verstärkt sich der Effekt durch appositionelles Knochenwachstum am azetabulären Rand. Der Hüftkopfknorpel ist im tragenden Anteil lange erhalten, später finden sich durch die Hebelung Contrecoup-artige Knorpelschädigungen im dorsokaudalen Gelenkanteil. Als iatrogene Ursache kann eine Überkorrektur nach Pfannenreorientierungen eine Rolle spielen.
Meist treten Mischformen der beiden Impingementtypen auf. Bei entsprechenden Beschwerden sollten mit der gesicherten Diagnose (Klinik und Bildgebung) korrigierende Schritte eingeleitet werden (Leunig et al. 2009). Diese richten sich nach dem Ausmaß und dem Ort der Pathologie: Mit dem Trimming des Pfannenrandes, wenn möglich unter Erhalt bzw. Refixation des Labrums, wird das Pincer-Impingemt bei Coxa profunda adressiert. Die Offset-Optimierung vor allem am anterioren und anterolateralen Kopf-Hals-Übergang korrigiert das CAM-Impingement. Offene und arthroskopische Verfahren kommen in Abhängigkeit von Ausmaß und Lokalisation der Pathomorphologie zur Anwendung (Abb. 5). Bei guter Indikationsstellung und dem Fehlen fortgeschrittener Arthrosezeichen (maximal Kellgren-Lawrence Grad 2) sind mit sämtlichen Verfahren gute mittel- bis teils auch langfristige Resultate erzielbar (Steppacher et al. 2015; Minkara et al. 2019).
Die Angaben zur Häufigkeit eines FAI streuen sehr breit (Günther et al. 2018a). Die Prävalenz der asymptomatischen Cam-Deformität in der Allgemeinbevölkerung liegt zwischen 10 % und 40 %, wobei Männer häufiger als Frauen davon betroffen sind. Angaben zur Prävalenz einer asymptomatischen Pincer-Deformität reichen von 60–80 %. Daran wird bereits erkennbar, dass es sich um relativ häufige Formabweichungen des Hüftgelenkes handelt, die nicht immer mit Beschwerden assoziiert sein müssen. Es gibt noch relativ wenig Angaben zur Häufigkeit radiologisch nachweisbarer FAI-Merkmale in Patientenkollektiven mit fortgeschrittener Koxarthrose und die Angaben streuen je nach geografischer Region und Zusammensetzung der untersuchten Populationen. Insgesamt ist aber davon auszugehen, dass Koxarthrosepatienten mindestens ebenso häufig FAI-typische morphologische Befunde wie Dysplasiemerkmale aufweisen (Clohisy et al. 2011). Im Gegensatz zur Hüftdysplasie sind Angaben zum natürlichen Verlauf bzw. der zeitlichen Abfolge degenerativer Veränderungen noch spärlich, aber umso wichtiger ist die engmaschige Kontrolle auch asymptomatischer Patienten, um Verschlechterungen der Gelenksituation nach Möglichkeit zu vermeiden (Abb. 6).
Cam- und Pincer-Deformitäten sind relativ häufig in der Allgemeinbevölkerung. Bei klinischer Symptomatik und begrenzten Arthrosezeichen gibt es effektive gelenkerhaltende Behandlungsverfahren.

Morphologische Merkmale der Koxarthrose beim FAI

Eine eigentliche Klassifikation von unterschiedlichen Typen der Koxarthrose beim FAI existiert nicht, aber es lassen sich in Abhängigkeit vom Zerstörungsgrad durchaus typische radiologische Impingementparameter nachweisen. Die Asphärizität des Hüftkopfes beim Cam-FAI ist häufig bereits auf der Beckenübersichtsaufnahme anhand der sog. Pistol-Grip-Deformität erkennbar und kann im a.-p.- bzw. besser noch im seitlichen Strahlengang quantifiziert werden (Abb. 7). Der „α-Winkel“ wird zwischen einer Linie durch die Schenkelhalsachse und einer zweiten Linie, die das Kopfzentrum mit dem Punkt verbindet, an dem die Kopfkontur die Sphärizität verlässt, gemessen. Von einer Cam-Deformität spricht man normalerweise bei einem α-Winkel von mehr als 55°. Der Kopf-Hals-Offset wird in der seitlichen bzw. axialen Aufnahme durch 2 Linien gebildet, die parallel zur Schenkelhalsachse einmal tangential zur vorderen Kopfkontur und einmal durch den Punkt, an dem die Kopf-Hals-Kontur die Sphärizität des Femurkopfes verlässt, gelegt werden (der Abstand zwischen den 2 Linien beträgt im Normalfall mehr als 10 mm).
Beim Pinzer-FAI beträgt der laterale CE-Winkel mehr als 33° und der Tragflächenwinkel liegt unter 3° bzw. erreicht sogar negative Werte. Weitere Hinweiszeichen können ein positives „crossover sign“ oder ein erhöhter vorderer bzw. hinterer Pfannenrandindex sein.
Wichtig ist auch, dass gerade beim Cam-FAI aufgrund des Nockenwellenmechanismus und konsekutiver Contre-coup-Läsionen häufig eine dorsale Gelenkspaltverschmälerung und auch Osteophytenbildung zu beobachten ist, die im a.p. Übersichtsbild nicht immer leicht zu erkennen ist und erst in der Schnittbilddiagnostik deutlich wird.

Protrusionskoxarthrose

Eine Protrusio acetabuli beschreibt eine Zentralisierung des Hüftkopfes in das Azetabulum. Der Pfannenboden überschreitet dabei im a.-p.-Röntgenbild die ilioischiale Begrenzungslinie (Abb. 8). Eine Protrusion findet sich deutlich häufiger bei Frauen. Entzündliche Grunderkrankungen (u. a. rheumatoide Arthritis, Spondylitis ankylosans) und Knochenstoffwechselstörungen (u. a. Morbus Paget, Osteomalazie, Marfan-Syndrom, Osteogenesis imperfecta) sind neben Trauma und Infektion prädisponierende Faktoren und erklären den häufig beidseitigen Befund. Bei über 50 % der Patienten lassen sich keine spezifischen Ursachen finden (Sotelo-Garza und Charnley 1978; Hastings und Parker 1975). Röntgenologische Verlaufsstudien beschreiben einen zu erwartenden Progress der Hüftkopfzentralisierung von bis zu 2 mm/Jahr (Damron und Heiner 1993).
Die Protrusionskoxarthrose findet sich bei etwa 5 % der operationspflichtigen Koxarthrosen. Klinisch steht neben den Arthroseschmerzen die Bewegungseinschränkung in Folge der zunehmenden Ummauerung des Hüftkopfes im Vordergrund. Bei einseitigem Befall können Beinlängendifferenzen nachweisbar sein. Historisch wurden valgisierende intertrochantäre Osteotomien, Arthrodesen bis hin zur Resektionsarthroplastik als Therapieoptionen diskutiert. In den letzten Jahrzehnten hat sich der endoprothetische Gelenkersatz als zuverlässige operative Therapie etabliert (Mullaji 2013; Greig et al. 2020).
Die Indikation zur Hüftendoprothese wird klinisch und konventionell röntgenologisch geprüft – in einzelnen Fällen kann eine Computertomografie hilfreich sein, um die Intaktheit und Stabilität der medialen Wand prüfen zu können. In der Planung sollte die Rekonstruktion (= Lateralisation) des physiologischen Drehzentrums berücksichtigt werden, um ein postoperativ erhöhtes Risiko für Instabilität, Impingement und Beschwerden zu vermeiden. Am besten ist dies mit einer in der randständigen Zirkumferenz fixierten zementfreien Pfanne sowie einer Spongiosaplastik in Pfannengrundplastik (Verwendung eines autogenen Transplantats aus dem Hüftkopf) umsetzbar. Bei beidseitigem Befall ist dadurch auch eine temporäre Beinlängendifferenz bis zur Versorgung der Gegenseite zu erwarten.
Bei der Protrusionskoxarthrose ist die Rekonstruktion des physiologischen Drehzentrums wichtig.

Posttraumatische Arthrose

Hüftgelenkfrakturen sind mit einer Inzidenz von knapp 1000/100.000 Einwohnern häufig (Brauer et al. 2009). Die Inzidenz von Beckenfrakturen beträgt knapp 40/100.000, wobei Azetabulumfrakturen ca. 10 % davon ausmachen (Mears et al. 2003). Die zeitnahe diagnostische Erfassung der Verletzung und Einleitung konservativer und/oder operativer Maßnahmen verbessert die Prognose. Neben der direkten mechanischen Schädigung des Gelenkknorpels können verbliebene Gelenkinkongruenzen, eine nichtanatomische oder instabile Reposition/Retention der Fraktur, Trümmerzonen und Durchblutungsstörungen des Hüftkopfes und/oder des Azetabulums eine frühe posttraumatische Arthrose bedingen. Abgesehen von der seltenen Hüftkopffraktur ist das Risiko für die Entwicklung einer „echten“ posttraumatischen Koxarthrose nach isolierter proximaler Femurfraktur eher gering. Insbesondere nach konservativ behandelten Schenkelhalsfrakturen kann es zur nichtanatomischen Ausheilung mit sekundärem Cam-Impingement kommen. Die Pseudarthrose und die posttraumatische Hüftkopfnekrose sind die häufigeren Indikationen für den sekundären endoprothetischen Gelenkersatz.
Die „einfache“ traumatische Hüftgelenksluxation des Erwachsenen führt in etwa 30 % der Fälle zu einer sekundären Arthrose (Abb. 9), wobei die Hüftkopfnekrose in etwa einem Drittel, die posttraumatische Arthrose in zwei Drittel der Fälle ursächlich ist (Rodriguez-Merchan 2000).
Für die Azetabulumfraktur ist in Abhängigkeit von der Schwere der Verletzung und der Qualität der Primärversorgung in 20–60 % der Fälle mit einer posttraumatischen Koxarthrose zu rechnen (Schmidt-Rohlfing et al. 2010).

Morphologische Merkmale

Oft bestehen nach einer Azetabulumfraktur ausgeprägte Knochendefekte und -deformitäten, die eine sekundäre endoprothetische Versorgung dieser Patienten erschweren können (Schneiders et al. 2015). So kommt es bei zentralen Frakturen häufig zu einer Verschiebung des primären Hüftzentrums nach medial und nach einer Azetabulumfraktur mit zusätzlicher Hüftluxation kann ein Defekt der hinteren Wand bestehen, der eine normale Pfannenpositionierung erschwert bzw. die Verwendung einer knöchernen Augmentierung notwendig macht (Abb. 10). Es können vollständige oder partielle Nekrosen von Femurkopf und Pfanne bestehen, die für die Implantatverankerung (zementiert oder zementfrei) zu berücksichtigen sind. Eine besondere Herausforderung stellt das Vorliegen einer Pseudarthrose dar, weil sie unter Umständen wie eine Beckendiskontinuität zu behandeln ist und gegebenenfalls zusätzlich zur Endoprothese eine nochmalige osteosynthetische Versorgung erforderlich macht.
Auch das Vorhandensein von Osteosynthesematerial kann die Planung des Eingriffs beeinflussen, wenn es in Konflikt mit der Implantatpositionierung kommt. Deshalb ist sorgsam zu prüfen, ob vor bzw. im Rahmen einer endoprothetischen Versorgung auch eine Metallentfernung (vollständig oder partiell) erfolgen muss. Bei einer Erstversorgung über den alleinigem hinteren oder ilioinguinalen Zugang kann die endoprothetische Versorgung bei Wahl des gleichen Zugangs mit der Metallentfernung kombiniert werden. Erfolgte jedoch die Osteosynthese über andere Zugänge (z. B. den zunehmend häufigen Stoppa-Zugang), ist möglicherweise die Metallentfernung im Vorfeld erforderlich.
Im Verlauf nach operativer Erstversorgung von Azetabulumfrakturen kommt es relativ häufig zur Entstehung periartikulärer Verkalkungen. Die Ursachen für die hohe Inzidenz solcher heterotoper Ossifikationen sind letztlich unklar, aber bei stärker Ausprägung und insbesondere beim Einbezug des N. ischiadicus ist eine besonders sorgfältige Operationsplanung und Prophylaxe (gegebenenfalls präoperative Bestrahlung) erforderlich.
Zur Lokalisation von Verkalkungen wie auch zur Bestimmung von Pfannendefekten und der Lage von Osteosynthesematerial ist die präoperative Durchführung einer CT-Untersuchung sinnvoll.
In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, Patienten präoperativ auf das Vorliegen möglicher Nervenschäden zu untersuchen, da es im Rahmen der Erstverletzung bzw. -versorgung nicht selten zu Affektionen des N. ischiadicus kommt. In solchen Fällen ist eine zusätzliche neurologische Befundung zu empfehlen, um bei postoperativer Verschlechterung über eine zweifelsfreie Dokumentation des Ausgangszustands zu verfügen (gegebenenfalls neurologisches Konsil).
Gleiches gilt zum Ausschluss eines möglicherweise bestehenden latenten Infektes. Es ist bekannt, dass die endoprothetische Versorgung posttraumatischer Koxarthrosen mit einer höheren Rate an periprothetischen Infektionen vergesellschaftet ist (Rezaie et al. 2020). Bei der osteosynthetischen Erstversorgung sind verlängerte Operationszeiten, Adipositas, häufig notwendige Intensivbehandlung mit Fremdblutgabe und urogenitale bzw. abdominelle Begleitverletzungen wichtige Risikofaktoren für die Entstehung manifester oder auch okkulter Infekte. Selbst beim Fehlen klinischer bzw. laborchemischer Zeichen sollte deshalb immer an das mögliche Vorliegen eines Infektes gedacht werden und gegebenenfalls die Metallentfernung oder auch die Eingriffsplanung generell zweizeitig in Kombination mit einer Probenentnahme für Histologie und Mikrobiologie erfolgen.
Posttraumatische Koxarthrosen können mit ausgeprägten Knochendefekten und -deformitäten, Vernarbungen nach Voroperationen, periartikulären Verkalkungen, Nervenschäden, latenten Infekten sowie einer die Pfannenplatzierung beeinträchtigenden Lage von Osteosynthesematerial assoziiert sein. Für die präoperative Planung empfiehlt sich die Durchführung einer CT.

Konsequenzen für die OP-Planung

Da die oben genannten Besonderheiten die Komplexität einer endoprothetischen Versorgung bei posttraumatischer Koxarthrose deutlich erhöhen können, zeigen sich insgesamt höhere Komplikationsrisiken als bei Primäreingriffen (Stibolt et al. 2018; Rezaie et al. 2020). Insbesondere kommt es zu verlängerter Operationszeit, höherem Blutverlust und tendenziell schlechteren funktionellen Outcome (Stibolt et al. 2018). Auch die Häufigkeit von heterotopen Ossifikationen (28–63 %), Implantatlockerung (1–24 %) und periprothetischen Infekten (0–16 %) sowie die Rate an Revisionseingriffen (2–32 %) ist erhöht.

Postinfektiöse Koxarthrose

Formen der bakteriellen Koxitis

Die bakterielle Koxitis im Kleinkindesalter ist eine folgenschwere Erkrankung: Die meist hämatogene Infektion des Hüftgelenkes mit grampositiven Kokken kann bei nicht zeitgerechter chirurgischer Intervention bedingt durch den eitrigen Erguss zu einer Subluxation des Gelenkes und Chondrolyse führen. Eine begleitende Kapselphlegmone mit Gefäßthrombosierung verursacht ischämische Nekrosen an Epiphyse und/oder Azetabulum.
Die Gelenkkongruenz kann primär durch lokale Destruktion als auch sekundär durch Wachstumsstörungen verschlechtert werden (Grill und Rustler 1997). Frühe Folgezustände werden klinisch und bildgebend wie folgt unterschieden:
  • nicht relevante leichte Coxa magna (Typ I),
  • verkürzter und verbreiterter Schenkelhals mit Trochanterhochstand (Typ II),
  • schwer deformierter Schenkelhals mit begleitender Pfannenpathologie und relevanter Beinlängendifferenz (Typ III) und
  • völlige Zerstörung des Hüftkopfes, Instabilität bis hin zur hohen Hüftluxation mit Sekundärpfannenbildung (Typ IV).
Die Vielfalt der Folgezustände erfordert eine differenzierte Anwendung verschiedener operativer Korrekturverfahren: Femur- und Beckenosteotomien zur Zentrierung des Gelenkes, Epiphysiodese, schenkelhalsverlängernde Operation und Kallusdistraktion zur Korrektur einer Coxa brevis und begleitenden Beinlängendifferenz. Beim Typ IV kommt die Trochanterarthroplastik als Salvage-Verfahren zur Anwendung (Grill und Rustler 1997).
Die septische Koxitis des Erwachsenen kann hämatogen (vor allem bei Immunsuppression, Diabetes mellitus, Kachexie), iatrogen (Injektion, Operation), traumatisch (unter anderem bei Kriegsverletzungen) oder per continuitatem unter anderem als Senkungsabszess der LWS via Iliopsoasloge entstehen. Keimnachweis, antibiotische Therapie, lokale Sanierung und Identifizierung eines möglichen Primär- oder weiterer Sekundärherde sind akut geboten, um eine infektionsbedingte Chondrolyse/Hüftkopfnekrose zu verhindern (Gaulke und Krettek 2012).
Die postinfektiöse Arthrose ist geprägt von einem konzentrischen Kollaps des Gelenkknorpels, ausgeprägten Kontrakturen sowie Kapsel- und Weichteilverschwartungen.
In Abhängigkeit vom zeitlichen Intervall nach Infektion sichert eine präoperative Punktion oder Biopsie des Gelenkes sowie unauffällige CRP-Werte die zwischenzeitliche Keimfreiheit. Bei verzögerter primärer Sanierung und klinischem Verdacht muss bildgebend eine chronische Osteomyelitis ausgeschlossen bzw. die lokale Ausdehnung erfasst werden (MRT, Szintigrafie, PET-CT). Ein zweizeitiges Vorgehen mit vorgeschalteter Kopf-Hals-Resektion mit/ohne temporäre Spacer-Einlage muss bei frühem Interventionsbedarf oder bei anhaltender septischer Arthritis/fokaler Osteomyelitis in Erwägung gezogen werden (Lum et al. 2018; Xu et al. 2019). Frühere Antibiogramme sind hilfreich, um die perioperative Antibiose und gegebenenfalls antibiotikahaltigen Knochenzement zielgerecht einsetzen zu können.
Eine Sonderform stellt die tuberkulöse Koxitis dar. Das Hüftgelenk ist nach dem Befall der Wirbelsäule die zweithäufigste Skelettmanifestation, auch wenn die meisten Fälle weniger in Europa, sondern mehr im asiatischen und afrikanischen Raum zu verzeichnen sind. Neben einer Einschmelzung des Gelenkes können auch fibröse und knöcherne Ankylosen vorliegen. Beim entsprechenden Verdacht sind nicht nur ein lokales Schnittbildverfahren (CT und MRT), sondern auch ausführliche laborchemische und internistische Untersuchungen (einschließlich Herz-, Lungen-, Urogenitaldiagnostik) erforderlich. Neben den klassischen Behandlungsoptionen der Girdlestone-Resektion und Arthrodese, die früher häufig durchgeführt wurden, gibt es auch die Möglichkeit des sekundären – bzw. sogar primären – endoprothetischen Gelenkersatzes (Tiwari et al. 2018).

Konsequenzen für die OP-Planung

Die Indikationsstellung zum elektiven Gelenkersatz nach vorgängigem Infekt ist anspruchsvoll und wird auch in Kap. „Perioperatives Management: Indikationen zum Hüftgelenkersatz“ beschrieben. Nach den Empfehlungen einer aktuell in Publikation befindlichen S3-Leitlinie ist aufgrund des erhöhten postoperativen Infektionsrisikos und der damit einhergehenden Gefahren für die Patient*innen eine aktive Infektion des zu operierenden Hüftgelenkes sowie der Weichteile, wie auch eine hämatogene Infektion auszuschließen. Auch ist die Infektionsfreiheit insbesondere bei einer vorangegangenen Infektion des Gelenkes sicherzustellen. Die Leitlinie äußert sich nicht im Detail zu konkreten Maßnahmen, wie der Ausschluss einer persistierenden bakteriellen Besiedlung zu erfolgen hat, aber neben laborchemischer und bildgebender Diagnostik (MRT) sollte im Zweifelsfall auch eine vorgängige Probenentnahme zur histologischen und mikrobiologischen Prüfung erfolgen.
Der endoprothetische Gelenkersatz bei manifester postinfektiöser Koxarthrose wird durch die veränderte Anatomie, Kontraktur und Narbenbildung und gegebenenfalls einliegendes Osteosynthesematerial erschwert, in besonderen Fällen (Markraumverlegung/schwerste Deformierung) auch unmöglich. Bei der Versorgung nach bakterieller Koxitis im Kindesalter stellen vor allem die häufigen Femurdeformitäten und Beinverkürzungen eine Herausforderung dar (Abb. 11). Während es schwierig sein kann, aufgrund entsprechender Vernarbung die Beinlänge vollständig zu rekonstruieren, kommt es in diesen Fällen glücklicherweise selten zu periprothetischen Infekten. Bei der bakteriellen Koxitis im Erwachsenenalter dagegen bleibt der Re-Infekt eine wichtige Komplikationsmöglichkeit.
Bei der endoprothetischen Versorgung nach vorgängiger Tuberkulose ist die Datenlage kontrovers. Teilweise wird eine sekundäre Versorgung nach mehrjähriger Latenzzeit empfohlen, aber es besteht immer – und auch unter Durchführung einer begleitenden tuberkulostatischen Therapie – das Risiko einer Reaktivierung. Deshalb propagieren einige Studien auch die primäre Implantation zementfreier Prothesen im akuten Infekt mit entsprechendem Debridement und tuberkulostatischer Therapie (Tiwari et al. 2018). Weil Mycobacterium tuberculosis möglicherweise ein geringeres Biofilm-Potenzial als andere Erreger hat, sei eine begleitende tuberkulostatische Therapie durchaus erfolgreich. Dies gilt aber nur, wenn keine Fistel vorliegt, die mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer bakteriellen Superinfektion (z. B. durch Staphylococcus aureus) geführt hat.
Vor einer Hüft-TEP-Operation soll eine vorangegangene Infektion des zu operierenden Hüftgelenkes auf noch bestehende Aktivität geprüft werden. Bei der tuberkulösen Koxitis sind neben sekundärer endoprothetischer Versorgung auch primäre Eingriffe mit begleitendem Debridement und tuberkulostatischer Therapie möglich.

Sekundäre Koxarthrose nach Morbus Perthes und Epiphyseolysis capitis femoris

Typische Deformitäten nach Morbus Perthes

Das Krankheitsbild des Morbus Perthes wird definiert als idiopathische juvenile aseptische Osteochondronekrose der Femurkopfepiphyse. Sie tritt typischerweise im Grundschulalter auf und betrifft deutlich häufiger Jungen. Der typische stadienhafte Verlauf der Erkrankung führt über 1–3 Jahre zu einer Ausheilung. In Abhängigkeit von dem Ausmaß des Befalls (Nekroseareal, Metaphyse) und der frühen Therapie kann es zu einer weitgehenden Restitutio ad integrum (milde Coxa magna) bis hin zu einer schweren irreversiblen Deformierung des Hüftkopfes (Coxa plana) und sekundär der Pfanne kommen. Verschiedene Formen des femoroazetabulären Impingement sind die Folge:
  • Die häufig residuell asphärische Form des Hüftkopfes verursacht in der „normalen“ Pfanne ein CAM-Impingement mit konsekutiver Überlastung des Knorpels und Labrums. Das Cam-induzierte Pincer-Impingement tritt bei Coxa magna/plana auf: Der Hüftkopf ist zu groß, um in das Azetabulum „einzudrehen“ und hängt sich am Azetabulumrand auf. Chronische Belastung führt zur Labrumschädigung und -ossifikation mit den Pincer-typischen Knorpelschäden (Ganz et al. 2003).
  • Das Azetabulum kann sekundär noch während des Skelettwachstums infolge der Inkongruenz und Instabilität überlastet werden. Daraus resultieren oft eine sekundäre Pfannendysplasie sowie auch eine Retroversion der Pfanne, die ein ventrales Pincer-Impingement verursachen kann. Extraartikuläre Störungen durch Überwachstum des Trochanters mit Coxa brevis und relativer Coxa vara vervollständigen das komplexe Muster einer Post-Perthes-Hüfte.
Eine sorgfältige Analyse der verschiedenen, oft kombiniert auftretenden Pathologien eröffnet die Möglichkeit für korrigierende/präventive Maßnahmen: Die offene chirurgische Hüftluxation gegebenenfalls in Kombination mit einer korrigierenden Osteotomie adressiert das intraartikuläre Impingement, schenkelhalsverlängernde Osteotomien verbessern die Mechanik und korrigieren extraartikuläre Einklemmungen und die Beinlänge. Die periazetabuläre Beckenosteotomie nach Ganz korrigiert eine mögliche Dysplasie bzw. Retroversion und gegebenenfalls in Kombination mit einer Femurosteotomie die Gelenkinkongruenz (Novais et al. 2011).

Typische Deformitäten nach Epiphyseolyse

Die Epiphyseolysis capitis femoris (ECF) ist eine multifaktoriell bedingte Instabilität der proximalen Femurepiphyse. Sie tritt bevorzugt peripubertär im Adoleszentenalter auf. Genetische, hormonelle, biomechanische und traumatische Faktoren gelten isoliert oder in Kombination als ursächlich. Es gibt akute, akut auf chronische und chronische Krankheitsverläufe bzw. nach neuerer Klassifikation „stabile“ und „instabile“ Erkrankungsformen. Typischerweise kommt es zur Außendrehung und graduellen Dislokation von Schenkelhals und Schaft nach vorne gegenüber der in der Pfanne verbleibenden Epiphyse. In Abhängigkeit von der Stabilität und dem Abrutschwinkel stehen primär verschiedene Behandlungsverfahren zur Verfügung (In-situ-Fixation, Reposition über eine modifizierte Dunn-Osteotomie mittels „extended-retinacular-flap“, Korrekturosteotomie).
Bei massivem Abrutsch mit unzureichender Reposition und/oder geringem Remodellierungspotenzial (kurzes Restwachstum zum Zeitpunkt der Diagnose) kommt es zur typischen residuellen Deformität einer Retrotorsion des Schenkelhalses mit ventraler Prominenz am ehemaligen epi-/metaphysären Übergang und konsekutiv zum anterioren femoroazetabulären Impingement. Über eine chirurgische Hüftluxation mit anteriorer Osteochondroplastik gegebenenfalls in Kombination mit femoraler Korrekturosteotomie (Abb. 12) können heute die Fehlformen adressiert und der ungünstige natürliche Verlauf der schweren ECF positiv beeinflusst werden (Erickson et al. 2017). Neben der Arthroseentstehung stellt die Chondrolyse sowie die avaskuläre Femurkopfnekrose – entstanden sowohl im Rahmen des primären Erkrankungsverlaufes als auch im Rahmen einer operativen Therapie – eine Hauptkomplikation des Erkrankungsbildes dar.

Besonderheiten bei der endoprothetischen Versorgung

Sowohl die Post-Perthes-Deformität als auch die ECF stellen wesentliche Risikofaktoren für die Entwicklung einer symptomatischen Koxarthrose dar. Wenn gelenkerhaltende Therapieoptionen nicht mehr möglich sind, stellt nur das Kunstgelenk eine zuverlässige Therapieoption dar. Operative Zugangswege nach Vorinterventionen sind dann ebenso zu berücksichtigen, wie evtl. noch einliegendes Osteosynthesematerial. Ein systematisches Review von Behandlungsergebnissen bei Perthes-Deformität beschreibt eine höhere Rate von intraoperativen Frakturen, aseptischen Lockerungen, Nervenschäden (vor allem des N. ischiadicus) und heterotopen Ossifikationen (Hanna et al. 2017). Die durchschnittlich notwendige Beinverlängerung betrug 2 cm. Für die endoprothetische Versorgung einer vorgängigen ECF werden im Allgemeinen gute Ergebnisse beschrieben. Für beide Entitäten gilt, dass die residuellen Deformitäten mit modernen Implantaten und Gleitpaarungen gut korrigierbar sind (Abb. 13).
Residuelle Deformitäten nach Morbus Perthes und Epiphyseolyse sind wichtige Risikofaktoren für eine Arthroseentstehung. Neben effektiven Operationsverfahren zur Primärbehandlung gibt es gelenkerhaltende Korrekturmaßnahmen, um den natürlichen Verlauf einer Arthroseentstehung zu verlangsamen. Für die endoprothetische Versorgung sind die Hauptdeformitäten (oft Varusfehlstellung mit Trochanterhochstand und geringem Offset bei relativ kurzem Schenkelhals) zu berücksichtigen.

Sekundäre Koxarthrose bei Hämophilie

Die Hämophilie (A und B) ist eine angeborene Blutgerinnungsstörung, bedingt durch einen Mangel an Faktor VIII bzw. IX. Die daraus resultierende Blutungsneigung betrifft in 90 % das muskuloskelettale System in Form von Gelenkeinblutungen („target joints“, vor allem im Knie, Ellenbogen, weniger häufig Hüfte) und Muskelblutungen (vor allem M. gastrocnemius und M. iliopsoas). Wiederkehrende Einblutungen in das Gelenk bedingen eine hypertrophe Synovialitis, die aufgrund der erhöhten Gewebefragilität für weitere Blutungsepisoden prädisponiert. Einblutungen in die Muskulatur führen zu Kontrakturen und (in seltenen Fällen) zu zum Teil großvolumigen Pseudotumoren. Eine chronische Synovialitis mit daraus resultierender Knorpeldestruktion und eine erhebliche Gelenkkontraktur aufgrund der Kapselfibrose und Muskelschädigung definieren das Endstadium der hämophilen Arthropathie.
Im Vordergrund der Therapie steht die Faktorensubstitution. Die Entwicklung von inhibitorischen Allo-Antikörpern ist dabei eine gefürchtete und bedrohliche Komplikation. Moderne Medikamente (s.c. Emicizumab) überbrücken die Faktor-VIII-Funktion bei Hämophilie A und bieten damit eine interessante Therapiealternative zu der herkömmlichen i.v.-Faktorensubstitution (Rodriguez-Merchan 2019). Physiotherapie, selektive Entzündungshemmer und entlastende Gelenkpunktionen helfen bei milden Formen symptomatisch/präventiv. Eine Radiosynoviorthese oder eine Synovektomie kann den destruierenden Progress der chronischen Synovialitis bremsen.
Das Endstadium der hämophilen Hüftarthropathie ist gekennzeichnet von einer schmerzhaften Funktionsstörung mit zum Teil ausgeprägter Beugekontraktur infolge der Kapselfibrose und Psoasverkürzung und indiziert den endoprothetischen Gelenkersatz. Das radiologische Bild ist meist durch eine postentzündlich wirkende Gelenkspaltverschmälerung mit ausgeprägter Zystenbildung, aber ohne wesentliche Osteophyten charakterisiert (Abb. 14).
Das perioperative Management umfasst eine interdisziplinäre Begleitung durch eine erfahrene Hämostaseologie-Abteilung, die intraoperative Tranexamsäuregabe und eine engmaschige physiotherapeutische Behandlung postoperativ. Einzeitig beidseitige Verfahren können sinnvoll sein (Feng et al. 2018). Ein erhöhtes Komplikations- und vor allem Infektionsrisiko ist bei Hämophiliepatienten beschrieben (Chiasakul et al. 2020).

Fazit für die Praxis

Es gibt eine Reihe von Vorerkrankungen des Hüftgelenkes, die unbehandelt oder bei fehlendem Therapieerfolg wichtige Risikofaktoren für eine Arthroseentstehung sind. Bei den meist im Kindes- und Jugendalter entstehenden Deformitäten (Hüftdysplasie, Morbus Perthes, ECF, FAI) gibt es wirksame Maßnahmen der Sekundärprävention und damit auch zur Verlangsamung des natürlichen Verlaufs degenerativer Folgeschäden. Im Falle der endoprothetischen Versorgung sind – wie auch bei den weiteren Formen der traumatisch bedingten Koxarthrose, der Protrusions- und postinfektiösen Koxarthrose – relevante und für das jeweilige Erkrankungsbild oft typische Formstörungen im Hinblick auf die Indikationsstellung und Art der Versorgung zu beachten.
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