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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 21.04.2021

Hüftkopfnekrose

Verfasst von: Christian Benignus und Johannes Beckmann
Die aseptische Hüftkopfnekrose betrifft vor allem junge Männer und ist von multifaktorieller Ätiologie. Auslöser können beispielsweise Glukokortikoide sein. Es kommt entweder zu einer Minderdurchblutung des Hüftkopfes mit nachfolgender ischämischer Nekrose oder einem Schaden aufgrund toxischer Substanzen. Zur Diagnose gehören das konventionelle Röntgen und das MRT, die CT kann in speziellen Fällen genutzt werden. Klassifiziert wird mithilfe der ARCO-Klassifikation mit den Stadien I–IV. Die konservative Therapie kann nur als supportive Therapie empfohlen werden. In den frühen ARCO-Stadien I und II mit einem Nekroseareal <30 % sollte die retrograde Entlastungsbohrung angewandt werden. Zusätzliche medikamentöse Ansätze sind vielversprechend. Weitere gelenkerhaltende Optionen sind Umstellungsosteotomien und vaskularisierte Knochentransplantate. In höheren Stadien ist meist ein Gelenkersatz nötig, der zementiert oder zementfrei als Geradschaft- oder Kurzschaftprothese implantiert werden kann.

Allgemeines

Einleitung

Die Hüftkopfnekrose ist meist von multifaktorieller Ätiologie, die bisher jedoch noch nicht geklärt ist. Sie kann auch Folge einer Grunderkrankung oder eines Traumas sein. In jedem Fall kommt es zu einer Minderdurchblutung des Hüftkopfes und somit zu einem Absterben der Knochenzellen, was im weiteren Verlauf zu Frakturen innerhalb des Hüftkopfes führt. Unbehandelt ist die Hüftkopfnekrose progredient und führt meist innerhalb von 2 Jahren zur subchondralen Fraktur, sodass ein gelenkerhaltender Eingriff keine Option mehr darstellt (Roth et al. 2015).

Epidemiologie

Die Hüftkopfnekrose betrifft vor allem junge Männer im erwerbsfähigen Alter zwischen 30–50 Lebensjahren. Der Altersgipfel beläuft sich dabei auf etwa 35 Jahre. Das männliche Geschlecht ist im Vergleich zum weiblichen viermal häufiger betroffen (Banerjee et al. 2013). Die Inzidenz in Deutschland beträgt ca. 5000–7000 Fälle/Jahr (Roth et al. 2016), in Nordamerika hingegen ca. 10.000–20.000 Fälle/Jahr (Mont und Hungerford 1995) und in Japan ca. 2450 Fälle/Jahr (1,91 Fälle/100.000 Einwohner bei 128 Mio. Einwohnern; Ikeuchi et al. 2015). Bei 60 % der Patienten mit einer asymptomatischen Hüftkopfnekrose (unabhängig vom Stadium) kommt es zu einem Progress mit symptomatischem Kollaps. Patienten mit Sichelzellenanämie besitzen hierfür das größte Risiko mit bis zu 73 % (Mont et al. 2010). Nach Erkrankung einer Seite ist das Risiko des Befalls des anderen Hüftkopfes insbesondere innerhalb der ersten beiden Jahre stark erhöht (Mont und Hungerford 1995). Insgesamt betrachtet werden beide Seiten in 70 % der Fälle befallen (Bohndorf et al. 2015).

Pathophysiologie

Pathophysiologisch kommt es entweder aufgrund einer Minderdurchblutung zu ischämischen Nekrosen innerhalb eines Knochenbereichs, der durch das betroffene Gefäß versorgt wird, oder eine toxische Substanz schädigt das Knochengewebe, was zu einer Apoptose des betroffenen Gewebes führt. Unklar ist jedoch, warum beispielsweise der Hüftkopf hier deutlich stärker betroffen ist und nicht das gesamte Skelettsystem Schaden in ähnlichem Ausmaß nimmt (Krenn et al. 2018).
Die Entstehung der Hüftkopfnekrose des Erwachsenen scheint jedoch nicht monokausal erklärbar zu sein, sodass immer mehrere Faktoren Einfluss auf die Entstehung nehmen. Traumatische Ereignisse (z. B. Frakturen des Schenkelhalses oder Hüftgelenkluxationen, die Koxarthrose, Hüftgelenksdysplasien oder das femoroazetabuläre Impingement [FAI]; Bachiller et al. 2002) stellen ebenso mögliche Faktoren in der Entstehung dar wie auch Systemerkrankungen (z. B. systemischer Lupus erythematodes) oder toxische Substanzen (z. B. systemische Chemotherapeutika oder eine länger andauernde Steroidtherapie; Liu et al. 2017). Je höher die Dosis des Glukokortikoids gewählt wird, desto größer ist die Gefahr, eine Hüftkopfnekrose zu entwickeln. Shigemura et al. konnten herausfinden, dass das Risiko mit einer Dosierung von >40 mg/Tag deutlich ansteigt (Shigemura et al. 2011), was auch von Mont et al. bestätigt wurde. Wird die Tagesdosis um 10 mg erhöht, steigt die Inzidenz, an einer Hüftkopfnekrose zu erkranken, um 3,6 % an (Mont et al. 2015). Hoch dosierte Steroide erhöhen das Risiko vor allem während der ersten 3 Monate der Therapie (Liu et al. 2017). Lang wirksames Dexamethason erhöht ebenfalls das Risiko im Vergleich zu Prednisolon (Elmantaser et al. 2010). Nach Möglichkeit sollten – je nach Grunderkrankung – steroidsparende Medikationen, wie beispielsweise Methotrexat, Azathioprin oder Immunglobuline, eingesetzt werden.
Faktoren, die zur Entstehung einer Hüftkopfnekrose des Erwachsenen beitragen
Der Morbus Perthes tritt im Vergleich zur hier beschriebenen Hüftkopfnekrose vor allem bei Kindern zwischen dem 3.–12. Lebensjahr auf und betrifft somit die Wachstumsphase. Er verläuft, komplett im Gegensatz zur atraumatischen Hüftkopfnekrose des Erwachsenen, typischerweise in 4 Stadien und kann sich sogar vollständig restituieren. Initial entsteht ein Knochenmarködem aufgrund des Untergangs von Osteo- und Lipozyten. Im Kondensations- und Fragmentationsstadium kommt es zum Wachstumsstopp in einem Bereich des Hüftkopfes sowie zu Anlagerungen von neuem Knochen, sodass eine Dezentrierung des Hüftkopfes resultiert. Im Reparationsstadium kommt es nun zur Remodellierung und folglich zu einer eventuellen Restitutio ad integrum oder Bildung einer bleibenden Fehlstellung mit Risiko von verfrühten sekundären Koxarthrosen (Rosery et al. 2018).
Auf molekularer und zellulärer Ebene wird von einem Ungleichgewicht zwischen der Funktion von Osteoblasten/Osteozyten und Osteoklasten ausgegangen, das zu einem Übergewicht der osteoklastären Aktivität führt, beispielsweise aufgrund des „Receptor activator of nuclear factor-kappa B-“(RANK-)/„RANK ligand-“(RANKL-)Systems, von Osteoprotegerin (OPG), „tumor necrosis factor receptor-associated factor 6“ (TRAF6) und „nuclear factor of activated T cells cytoplasmic 1“ (NFATC1) (Chen et al. 2019) sowie von Unterschieden in der Expression weiterer Transkriptionsfaktoren, wie z. B. des „peroxisome proliferator-activated receptor γ“ (PPARγ) oder von RUNX2 (Song et al. 2017).

Klinik der Hüftkopfnekrose

Patienten weisen vor allem in den frühen Stadien lange Zeit keine Symptome auf. Ein mögliches Begleitödem oder eine bereits entstandene sekundäre Koxarthrose sind für die Schmerzen verantwortlich. Typisch sind Schmerzen über der Hüfte oder der Leiste, eine Bewegungseinschränkung und eine Verschlechterung durch Sport bzw. Bewegung. Im Verlauf kann es auch zu einem positiven Trendelenburg-Zeichen kommen.

Diagnostik

Anamnese

Besonderes Augenmerk sollte man auf die Symptomatik legen und den Patienten nach der genauen Lokalisation sowie dem Schmerzcharakter fragen, wobei auch eruiert werden sollte, ob der Patient eine Morgensteifigkeit beklagt oder ob es durch Belastung bzw. Bewegung zu einer Verschlechterung der Beschwerden kommt. Auch sollten Begleiterkrankungen erfragt werden, die eine eventuelle Behandlung mit Glukokortikoiden nötig macht, oder ob eine Tumorerkrankung etc. vorliegt (siehe oben). Im Rahmen der Anamnese sind verschiedene Differenzialdiagnosen zu bedenken.
Differenzialdiagnosen der Hüftkopfnekrose
  • Koxarthrose
  • Hüftgelenksdysplasie
  • Femoroazetabuläres Impingement (FAI)
  • Epiphyseolysis capitis femoris (typischerweise übergewichtige Jungen im Jugendalter)
  • Transitorisches Knochenmarködem (siehe unter Magnetresonanztomografie [MRT] im Abschn. 3.3)
  • Schenkelhalsfraktur
  • Hüftkopffraktur
  • Urologische oder gynäkologische Erkrankungen

Klinische Untersuchung

Die klinische Untersuchung sollte die komplette Untersuchung des Hüftgelenks beider Seiten umfassen sowie die angrenzenden Gelenke (Kniegelenk, Wirbelsäule) mit abdecken. Dabei sollte bereits beim Gang des Patienten in das Untersuchungszimmer dieser genauestens auf ein eventuelles Schonhinken oder Trendelenburg-Zeichen untersucht werden. Der Anamnese schließt sich die Begutachtung sowie Palpation an. Ein Druckschmerz in der Leiste sowie ein Klopfschmerz oberhalb des Trochanter major können erste Hinweise geben. Ebenfalls kann der Bewegungsumfang nach der Neutral-Null-Methode eingeschränkt sein. Weitere unspezifische Zeichen können ein positives Viererzeichen (auch: Patrick-Test) sowie ein positives Drehmann-Zeichen oder ein axialer Stauchungsschmerz sein.

Bildgebung

Konventionelles Röntgen

Sollte der Verdacht auf eine Hüftkopfnekrose bei unklaren Schmerzen über 6 Wochen mit eventuell vorliegenden Risikofaktoren, wie beispielsweise einer Steroidtherapie, und einer dazu passenden Klinik bestehen, sollte zunächst eine Beckenübersichtsaufnahme im anterior-posterioren (a.–p.) Strahlengang sowie eine Lauenstein-Aufnahme der betroffenen Hüfte angefertigt werden (Bohndorf et al. 2015). Besonders in frühen Stadien ist das Röntgen oft unauffällig und sollte die Durchführung einer Magnetresonanztomografie (MRT) zur Folge haben. Die konventionelle Röntgendiagnostik dient ebenfalls zum Ausschluss möglicher Differenzialdiagnosen. Die ARCO-Stadien III und IV (Abb. 1) können mithilfe des konventionellen Röntgen jedoch gut aufgedeckt werden. Typisch sind Befunde direkt unterhalb der Gelenkfläche, die eine Mischung aus Aufhellungen und Sklerosen darstellen. Auch eine Stufe in der Gelenkfläche, die ein Zeichen des Einbruchs ist, kann gefunden werden, ebenso eine Entrundung des Hüftkopfs oder das sogenannte „crescent sign“, das Zeichen einer subchondralen Fraktur ist (Bohndorf und Roth 2018). Typische Zeichen einer sekundären Koxarthrose mit Verschmälerung des Gelenkspalts können ebenfalls gefunden werden.

Computertomografie (CT)

Die CT ist vor allem im ARCO-Stadium II sinnvoll anzuwenden, wenn der Verdacht auf eine subchondrale Fraktur besteht, da die CT im Vergleich zum MRT einen optimalen Kontrast zwischen Knochen und Weichteilen bietet. Meier et al. untersuchten 37 Fälle einer aseptischen Hüftkopfnekrose im MRT, von denen 19 Fälle eine Frakturlinie zeigten und als ARCO-Stadium III klassifiziert wurden, die restlichen 18 Fälle wurden dem Stadium II zugeordnet. Eine weiterführende CT-Bildgebung konnte jedoch in allen 37 Fällen eine subchondrale Fraktur nachweisen, was dem ARCO-Stadium III entspricht und somit den Stellenwert der CT für diese Fragestellung unterstreicht (Meier et al. 2014).

Magnetresonanztomografie (MRT)

Die MRT stellt den Goldstandard dar und weist derzeit die höchste Sensitivität und Spezifität aller Verfahren zur frühen Findung der Diagnose auf (Murphey et al. 2014), die Bilder in allen Raumrichtungen akquirieren sollte. Da häufig beide Seiten von einer Hüftkopfnekrose betroffen sind und ein negativer Röntgenbefund sowie eine fehlende Klinik eine Erkrankung nicht ausschließen, sollte die MRT-Bildgebung immer beide Seiten erfassen. Piyakunmala et al. konnten bei MRT-Untersuchungen von 32 Patienten bei 22 Patienten (68,75 %) eine Beteiligung der unauffälligen zweiten Seite nachweisen (Piyakunmala et al. 2009).
Wird im Röntgen ein ARCO-Stadium II oder III festgestellt, sollte eine MRT-Bildgebung durchgeführt werden, um die genaue Lokalisation, die Größe der Nekrosezone und einen eventuellen Gelenkflächeneinbruch bzw. eine subchondrale Frakturlinie darzustellen (Bohndorf et al. 2015). In frühen Stadien zeigt die Hüftkopfnekrose in der T1-Wichtung ein Signal, das äquivalent zum Fettgewebe ist. Umgeben wird dieses Signal von einer dunklen Linie, das in flüssigkeitssensitiven Sequenzen als Doppellinie bezeichnet wird und Kontrastmittel aufnimmt (entscheidendes Kriterium der Diagnose) (Bohndorf und Roth 2018). Im weiteren Verlauf kommt es häufig zu einem Begleitödem sowie den bereits weiter oben beschriebenen Zeichen, die auch im MRT nachgewiesen werden können.
Die Feldstärke ist prinzipiell sekundär, aber eine Feldstärke von mindestens 1,5 T ist vorteilhaft, um eine ausreichende Auflösung zu erzielen. Dies stellt heutzutage auch den Standard in den Kliniken dar. Aufnahmen mit 3 T erhöhen die Auflösung und können in kritischen Fällen eventuell zu einer besseren Darstellung der Nekrose führen. Auch eine möglichst geringe Schichtdicke erhöht die Wahrscheinlichkeit, die Diagnose zu stellen. Es sollten mindestens 3–4 mm gewählt werden.
Das transitorische Knochenmarködem wird immer wieder als Differenzialdiagnose genannt, unterscheidet sich jedoch in sämtlichen Belangen, vor allem auch der Bildgebung, meist deutlich von der Hüftkopfnekrose. Das Ödem stellt sich in den flüssigkeitssensitiven Sequenzen signalreich dar und nimmt Kontrastmittel – im Vergleich zur Hüftkopfnekrose – homogen auf (Abb. 2). Frakturlinien sind in der Regel nicht zu sehen. Im Verlauf ist das Ödem meist nach 6–12 Monaten nicht mehr nachweisbar (Stumpp und Roth 2018). Dennoch ist die Abgrenzung der Frühphase einer Hüftkopfnekrose im ARCO-Stadium I von einem transitorischen Knochenmarködem nicht immer leicht.

Zusammenfassung

Der Therapiealgorithmus nach Reppenhagen et al. (2007) fasst nochmals die nötigen Schritte bei Verdacht auf das Vorliegen einer Hüftkopfnekrose in Bezug auf die Bildgebung zusammen (Abb. 3). Auf eine initiale Beckenübersicht- und Lauenstein-Aufnahme sollte immer eine MRT beider Hüftgelenke folgen. Eine eventuelle CT-Bildgebung kann im ARCO-Stadium II oder III sinnvoll sein. Die Szintigrafie sollte keine Anwendung mehr finden (Bohndorf et al. 2015).

Klassifikationssysteme

Die Autoren der S3-Leitlinie „Atraumatische Femurkopfnekrose des Erwachsenen“ (https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/033-050.html) empfehlen die Verwendung der ARCO-Klassifikation (ARCO = „Association Research Circulation Osseous“) nach Gardeniers von 1993 (Gardeniers 1993), die vor allem im deutschen Sprachraum Anwendung findet und hier im Folgenden näher betrachtet werden soll (Tab. 1). Sie basiert klassischerweise auf einem Röntgenbild und teilt die Hüftkopfnekrose in die 5 Stadien 0–IV ein, wobei Stadium 0 heutzutage nicht mehr genutzt werden sollte. Befunde der CT, MRT und der Szintigrafie sowie die Histopathologie finden ebenfalls Beachtung in dieser Klassifikation.
Tab. 1
ARCO-Klassifikation der Hüftkopfnekrose nach Gardeniers
Stadium
Klinik, Histopathologie, Bildgebung
Unterteilung
0
• Normalbefund in der Bildgebung, jedoch Nekrosen in der Histopathologie
 
I
• Keine Auffälligkeiten im Röntgen oder CT
• Nachweis im MRT oder der Szintigrafie
• Betroffener Hüftkopfanteil in lateral, medial oder ventral
• Größe der Nekrosezone von A–C:
- A: <15 %
- B: 15–30 %
- C: >30 %
Nur Stadium III: Kopfabflachung
(<2 mm, 2–4 mm oder >4 mm)
II
• Im Röntgenbild kommt es zu Veränderungen der Knochenstruktur ohne subchondrale Fraktur
• Gelenkspaltweite normal
• Spezifische Zeichen in der MRT
III
• Im Röntgenbild kommt es zu Veränderungen der Knochenstruktur mit subchondraler Fraktur („crescent sign“)
• Abflachung des Hüftkopfes
• Gelenkspalt weiterhin normal weit
IV
• Koxarthrose mit typischen radiologischen Zeichen
• Abflachung des Hüftkopfes
 
Neben der ARCO-Klassifikation findet man in der Literatur häufig noch die Klassifikation nach Ficat und Arlet, die jedoch veraltet ist und keine Anwendung mehr finden sollte. Die Klassifikation der Universität Pennsylvania von Steinberg et al. (Steinberg et al. 1984) findet sich teilweise innerhalb der ARCO-Klassifikation wieder, ist im deutschsprachigen Raum nicht verbreitet und soll daher hier nur erwähnt werden. Auch sie basiert auf der klassischen Röntgenbildgebung und unterteilt in 7 Stadien von 0–VI, MRT und Szintigrafie erscheinen aber ebenfalls in der Klassifikation.

Therapie

Konservative Therapie

Physikalische Therapie und Physiotherapie

Eine alleinige konservative Therapie kann eine Hüftkopfnekrose nicht kurativ behandeln und auch den Progress nicht aufhalten (Roth et al. 2015). Insgesamt gesehen ist sie dem operativen Vorgehen unterlegen, sollte jedoch supportiv zur operativen Therapie immer erfolgen, um die Hüftgelenksfunktion des Patienten zu verbessern. In Einzelfällen kann die Notwendigkeit eines chirurgischen Eingriffs in den frühen ARCO-Stadien verzögert werden (Neumayr et al. 2006), spätestens jedoch in den ARCO-Stadien III und IV sollte keine alleinige physikalische Therapie oder Physiotherapie mehr stattfinden.

Medikamentöse Therapie mit Vasodilatanzien (Iloprost)

Iloprost ist ein Prostacyclin-Analogon, das beispielsweise zur Behandlung der pulmonal-arteriellen Hypertonie eingesetzt wird (Velayati et al. 2016). In Bezug auf die Hüftkopfnekrose kann Iloprost als „off-label use“ Anwendung bei fehlenden Alternativen bzw. bei Kontraindikationen für eine operative Behandlung finden. Auch ist die genaue Dosierung (20, 25 oder 50 μg) sowie die Dauer der Infusion noch nicht geklärt (Meizer et al. 2005), sodass eine Behandlung möglichst innerhalb von Studien stattfinden sollte.
Classen et al. untersuchten 108 Patienten mit 136 Osteonekrosen unterschiedlicher Lokalisation und konnten bei 74,8 % eine Verbesserung der subjektiven Beschwerden sowie eine Senkung des Schmerzes auf der visuellen Analogskala zeigen. 20 % der Behandelten im ARCO-Stadium II, 71 % im ARCO-Stadium III und 100 % im ARCO-Stadium IV mussten im weiteren Verlauf mit einem totalen Gelenkersatz versorgt werden. Der mittlere Nachbeobachtungszeitraum betrug dabei etwa 50 Monate. Sie konnten die Effektivität der Therapie in den ARCO-Stadien I und II nachweisen, die Stadien III und IV scheinen für diese Behandlung jedoch ungeeignet, sodass hier die chirurgische Intervention bevorzugt werden sollte (Classen et al. 2016). In den frühen Stadien kann es zur Reduktion von Schmerzen sowie des Knochenmarködems kommen. Sobald jedoch eine subchondrale Fraktur vorliegt, ist die Therapie nicht mehr sinnvoll (Roth et al. 2015).
Kontraindiziert ist die Gabe bei Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei schwerer koronarer Herzkrankheit (KHK), instabiler Angina pectoris, Zustand nach Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium II–IV oder schweren Herzrhythmusstörungen. Häufige Nebenwirkungen sind beispielsweise Kopfschmerzen, Flush, Übelkeit und Erbrechen, in seltenen Fällen sind jedoch auch ein Hirninsult sowie Myokardinfarkt oder Lungenembolie möglich (nähere Informationen: www.fachinfo.de). Aufgrund der möglichen schweren Nebenwirkungen sollte daher eine genaue Patientenauswahl mit Blick auf Vorerkrankungen erfolgen.

Bisphosphonate

Pathophysiologisch überwiegt bei der Hüftkopfnekrose die Aktivität der Osteoklasten, die mithilfe von Bisphosphonaten gehemmt werden können. Die Bisphosphonate werden oral eingenommen und lagern sich in die Knochenmatrix ein. Üblicherweise werden sie unter anderem bei Osteoporose, beim Morbus Paget oder auch unterstützend beim multiplen Myelom eingesetzt (Porras et al. 1999). Im Rahmen der Hüftkopfnekrose handelt es sich – wie auch bei Iloprost – um einen „off-label use“, der besonderer Aufklärung des Patienten sowie einer Klärung der Kostenübernahme bedarf.
Agarwala et al. untersuchten in einer Studie von 2005 die Wirkung von Alendronat auf die Hüftkopfnekrose bei 60 Patienten mit 100 betroffenen Hüftgelenken. Sie verabreichten 10 mg/Tag (oder 70 mg/Woche) über einen Zeitraum von 3 Monaten bis 5 Jahren zusammen mit 500–1000 mg Vitamin D und Kalzium. 41 Patienten (71 Hüftgelenke) wurden für mindestens 1 Jahr nachuntersucht, 24 Patienten (42 Hüftgelenke) für 2 Jahre und 21 Patienten (37 Hüftgelenke) für mehr als 2 Jahre. Es wurden eine signifikante Reduktion der Schmerzen, eine Verbesserung der Funktion und eine radiologische Verzögerung des Krankheitsprozesses im MRT nachgewiesen (Agarwala et al. 2005). Lai et al. konnten zeigen, dass die Behandlung mit Alendronat (70 mg/Woche) im Vergleich zu einer unbehandelten Kontrollgruppe den Kollaps des Hüftkopfs verzögert (Lai et al. 2005). Bisphosphonate können also in frühen Stadien und bei kleinen Defekten <30 % zur Therapie eingesetzt werden (Roth et al. 2018).
Kontraindiziert ist die Gabe während Schwangerschaft und Stillzeit, bei Erkrankungen des Ösophagus (z. B. Strikturen, Achalasie), schwerer Hypokalzämie oder schwerer Niereninsuffizienz (GFR <35 ml/min). Zu den Nebenwirkungen gehören ösophageale Reaktionen (deshalb sollte man bis 30 min nach Einnahme aufrecht sitzen), eine mögliche Osteonekrose, besonders des Kiefers, und muskuloskelettale Schmerzen (nähere Informationen: www.fachinfo.de).

Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT), Ultraschall

Die ESWT soll den Knochenumbau steigern und somit zur Reparatur der Knochenstruktur führen (Jäger et al. 2004). In der Literatur konnte dafür jedoch keine Evidenz gefunden werden, sodass aktuell keine Behandlung mit ESWT oder Ultraschall erfolgen sollte (Maus et al. 2018).

Pulsierende elektromagnetische Felder (PEMF) und Elektrostimulation (ES)

Auch die elektrische Stimulation soll die Reparaturvorgänge anregen, dabei können die Elektroden entweder in einem invasiven Eingriff platziert oder von außen via kapazitativer oder induktiver Kopplung angebracht werden. Die PEMF ist ebenfalls ein nichtinvasives Verfahren, das über einen Generator ein elektrisches Feld im Hüftkopf erzeugt (Aaron und Steinberg 1991). Jedoch konnte für die alleinige Behandlung mit Elektrostimulation oder PEMF keine Evidenz für eine Verzögerung des Hüftkopfkollapses gefunden werden, sodass auch diese Behandlungsoptionen derzeit keine Rolle spielen (Roth et al. 2015).

Antikoagulanzien, Statine, hyperbare Sauerstofftherapie (HBO)

Sowohl für Antikoagulanzien (niedermolekulares Heparin, Warfarin, Phenprocoumon) als auch Statine (z. B. Rosuvastatin, Simvastatin) und hyperbare Sauerstofftherapie konnte kein Beweis für eine Wirkung bei Vorliegen einer Hüftkopfnekrose gefunden werden, sodass von einer Therapie abgesehen werden sollte (Roth et al. 2015).

Operative gelenkerhaltende Therapieoptionen

Retrograde Entlastungsbohrung („Core Decompression“, CD)

Die retrograde Entlastungsbohrung sorgt für eine intraossäre Druckabnahme durch die Anbohrung des nekrotischen Areals. Somit wird die Sklerosezone unterbrochen und ein Einwachsen neuer Blutgefäße ermöglicht (Benignus et al. 2019).
Die CD sollte in den frühen ARCO-Stadien I und II mit einem Nekroseareal <30 % durchgeführt werden. In höheren Stadien kommt es in bis zu 66 % der Fälle zu einem Progress trotz CD (Rajagopal et al. 2012). Bei Nekrosearealen >30 % wurden mit der Entlastungsbohrung Versagensraten von 42–84 % berichtet, sodass auch hier keine Empfehlung besteht (Lieberman et al. 2012). In Einzelfällen kann die CD im ARCO-Stadium III mit Infraktion des Hüftkopfes zu einer kurzfristigen Schmerzreduktion angewandt werden, jedoch muss dies ausführlich mit dem Patienten besprochen werden, da die Erfolgsaussichten schlecht sind (Schneider et al. 2000).
Die CD ist ein einfach durchzuführender Eingriff mit kurzer Dauer und geringem Materialaufwand. Dabei wird der Patient in Rückenlage mit etwa 15° innenrotiertem Bein gelagert, und der Operateur markiert sich mithilfe eines Kirschner-Drahts und Bildwandlers den Zugang (dieser befindet sich meist dorsal des Trochanter major). Es werden 2–3 Drähte mit einer Stärke von 2 mm in das Nekroseareal eingebracht (Abb. 4), alternativ kann auch eine 8–10 mm dicke Hohlfräse verwendet werden (Wirtz et al. 2003). Im Anschluss kann eine eventuelle Kürettage oder Applikation von Spongiosa oder Knochenersatzstoffen stattfinden.
Die Operationsrisiken sind insgesamt betrachtet überschaubar und treten selten auf. Neben den allgemeinen Operationsrisiken (z. B. Infektion, Thrombose) kann es durch das Einbringen der Drähte zur Verletzung des Gelenkknorpels oder einer Fraktur des proximalen Femurs kommen. Risikofaktoren für eine Fraktur stellen ein großer Durchmesser der Bohrung sowie multiples Bohren dar (Cilla et al. 2017).
Stulberg et al. konnten zeigen, dass die CD im Vergleich zur konservativen Therapie bessere Ergebnisse liefert. Der Nachbeobachtungszeitraum betrug mindestens 2 Jahre und zeigte radiologische Erfolgsraten von 50 % im Ficat-Stadium I, 29 % im Stadium II und 0 % im Stadium III. Der klinische Erfolg betrug in allen 3 Stadien etwa 70 %. Die konservative Therapie hingegen erzielte radiologische Erfolgsraten von 20 % im Stadium I, 43 % im Stadium II und 70 % im Stadium III. Klinisch ergaben sich folgende Erfolgsraten: 20 % im Stadium I, 0 % im Stadium II und 10 % im Stadium III (Stulberg et al. 1991). Schneider et al. wiesen nach, dass vor allem Patienten mit einem kleinen, medial-zentral gelegenen Nekroseareal von einer CD profitieren (Schneider et al. 2000).
Die Kombination der CD mit einer elektrischen Stimulation kann die klinischen Ergebnisse und die Überlebensrate verbessern, zeigt aber keine Auswirkung auf das radiologische Ergebnis (Maus et al. 2015).
Auch eine Kombination mit Alendronat kann erwogen werden. Kang et al. untersuchten die CD mit und ohne Gabe von Alendronat und fanden in der Gruppe mit Alendronatgabe eine Schmerzreduktion und eine Verzögerung des Progresses (Kang et al. 2012).
Beckmann et al. verglichen in einer retrospektiven Studie die alleinige Anbohrung, die alleinige Iloprostgabe und die Kombination aus beidem. Die besten Ergebnisse konnten für die Kombination aus Anbohrung und Iloprostgabe erhoben werden (Beckmann et al. 2013).
Eine Kombination mit Knochentransplantaten sollte nur bei kleinen Läsionen (<20 %) erfolgen (Maus et al. 2015).

Umstellungsosteotomie

Die Umstellungsosteotomie des proximalen Femurs soll das Nekroseareal aus der Hauptbelastungszone schwenken und dadurch die Druckverhältnisse sowie die Durchblutung verbessern (Janßen et al. 2016). Dazu werden varisierende und valgisierende intertrochantäre Operationstechniken mit Implantation von Klingenplatten oder winkelstabilen Platten verwendet (Lüring et al. 2018).
Umstellungsosteotomien können bei jungen Patienten mit kleinem Nekroseareal in den ARCO-Stadiien II und III angewandt werden, sie sind technisch jedoch sehr anspruchsvoll und sollten von einem erfahrenen Orthopäden durchgeführt werden (Maus et al. 2015). Mont et al. operierten 37 Patienten im Stadium II oder III nach Ficat und Arlet mithilfe einer Umstellungsosteotomie. Bei einem mittleren Nachbeobachtungszeitraum von 11,5 Jahren hatten 28 Patienten (76 %) ein gutes Ergebnis. 9 Patienten (24 %) mussten sich im Verlauf einem totalen Hüftgelenkersatz unterziehen (Mont et al. 1996).

Vaskularisierte Knochentransplantate

Üblicherweise werden autologe Fibulatransplantate genutzt, Beckenkammtransplantate sind aber auch möglich (Asmus et al. 2020).
Ein ca. 15 cm langes Fibulasegment wird unter Schonung der Nn. peronei und der A. tibialis anterior samt peronealer Gefäße entnommen (Eisenschenk et al. 1994). Der Zugang zur Hüfte entspricht einer Variation des Zugangs nach Watson-Jones (zwischen M. tensor fasciae latae und M. gluteus medius) und beinhaltet die Darstellung des R. ascendens der A. circumflexa femoris lateralis, die der Anastomosierung mit den Peronealgefäßen dient. Der Hüftkopf wird aufgefräst und somit der von der Nekrose betroffene Teil entfernt. Nun wird das Fibulatransplantat eingebracht und mithilfe eines dicken Kirschner-Drahts fixiert, im Anschluss erfolgt die oben bereits genannte Anastomosierung der Gefäße. Der Erfolg der Anastomose wird durch eine endosteale Blutung innerhalb des Markraums der Fibula sichergestellt (Aldridge et al. 2004).
Durch den Eingriff wird die Durchblutung im Hüftkopf im Vergleich zur alleinigen Anbohrung deutlich verbessert, und es kommt zu Reparationsvorgängen (Cao et al. 2017). Der Eingriff ist jedoch sehr anspruchsvoll und sollte nur an dafür spezialisierten Zentren mit der nötigen Expertise durchgeführt werden.
Scully et al. verglichen gefäßgestielte Fibulatransplantate mit der alleinigen Anbohrung der Nekrosezone. Stadienunabhängig fand sich bei den Fibulatransplantaten eine Überlebensrate von 89 % im Vergleich zu 65 % nach Anbohrung. Im Stadium III nach Ficat waren die Unterschiede am deutlichsten. 81 % Überlebensrate bei den Fibulatransplantaten stand einer Überlebensrate von 21 % bei alleiniger Anbohrung gegenüber (Scully et al. 1998). Plakseychuk et al. verglichen je 50 Patienten mit vaskularisiertem und nichtvaskularisiertem Transplantat nach 7 Jahren und konnten eine Überlebensrate – ohne Notwendigkeit der Implantation einer Hüftprothese – von 84 % in der Gruppe der vaskularisierten Transplantate im Vergleich zu lediglich 30 % bei nichtvaskularisierten Transplantaten finden. Es handelte sich bei allen Hüften um Stadium I und II nach der Pittsburgh-Klassifikation (Plakseychuk et al. 2003).

Mesenchymale Stammzellen und Wachstumsfaktoren

Mesenchymale Stammzellen (MSC) sind adulte Stammzellen, die sich in Osteoblasten, Chondrozyten und Adipozyten differenzieren können (Baksh et al. 2004). Gewonnen werden sie mittels Knochenmarkaspiration, meist aus dem Beckenkamm, um dann entweder im Rahmen einer Anbohrung implantiert oder im Ex-vivo-Präparat vermehrt zu werden, das zu einem späteren Zeitpunkt – ebenfalls im Rahmen einer Anbohrung – implantiert wird (Tripathy et al. 2015).
Hernigou und Beaujean konnten bei einer Kombination aus retrograder Entlastungsbohrung und Applikation von konzentriertem Knochenmarkaspirat gute Ergebnisse für Patienten in frühen Stadien (Stadium I und II nach Steinberg) bei einem Nachuntersuchungszeitraum von 5–10 Jahren finden, in späteren Stadien (Stadium III und IV nach Steinberg) wurde die Implantation einer Hüftendoprothese deutlich häufiger nötig (Hernigou und Beaujean 2002). Weitere Studien konnten zeigen, dass die Behandlung vor allem in früheren Stadien erfolgreich zu sein scheint (Gangji et al. 2011), wohingegen die MSC in spätere Stadien wohl eher ungeeignet sind (Lim et al. 2013).
Ex-vivo-Präparate benötigen ein Trägermedium, wofür allogene oder autologe Knochentransplantate sowie synthetische Ersatzmaterialien verwendet werden können. Diese Behandlungsoption konnte in Studien mit geringen Fallzahlen erste vielversprechende Ergebnisse, v. a. auch für die ARCO-Stadien III und IV, zeigen (Aoyama et al. 2014).
Mitglieder der „Fransforming growth factor beta-“(TGF-β-)Familie gehören zu den wichtigsten Wachstumsfaktoren, die die Knochenheilung regulieren. „Bone morphogenetic proteins“ (BMP) sind Teil dieser Familie, von denen vor allem BMP-2, -4, -7 und -9 besonders relevant sind (Rackwitz et al. 2012). Die Anbohrung und Implantation eines Knochentransplantats in Kombination mit BMP-2 oder BMP-7 zeigten bereits erste gute Ergebnisse (Lieberman et al. 2004; Seyler et al. 2008). Für eine abschließende Bewertung der MSC und Wachstumsfaktoren ist es jedoch noch zu früh, sodass weitere Studien mit größeren Fallzahlen, Kontrollgruppen und Randomisierung nötig sind.

Tantal-Implantate, osteochondrale Allografts, Spongiosaplastik

Die Therapie der Hüftkopfnekrose mittels Tantal-Implantaten, osteochondralen Allografts oder Spongiosaplastik können zurzeit nicht empfohlen werden und stellen daher keine Therapieoption dar (Maus et al. 2015).

Gelenkersatz bei Hüftkopfnekrose

Patienten mit Hüftkopfnekrose sind im Vergleich zum typischen Patienten mit Koxarthrose deutlich jünger und weisen in bis zu 70 % der Fälle (siehe Abschn. 1.2) einen Befall beider Hüftgelenke auf, sodass die Standzeiten in der Vergangenheit schlechter waren als bei der Koxarthrose (Johannson et al. 2011). Indiziert ist die Implantation ab dem ARCO-Stadium III, besonders bei „crescent sign“ in der Bildgebung und Entrundung des Hüftkopfes (Betsch et al. 2018).
Johannson et al. untersuchten in einer Metaanalyse die Implantation einer Hüftendoprothese bei Patienten mit Hüftkopfnekrose, dabei sind insgesamt 3277 Hüften von 2593 Patienten mit eingeflossen. Die Revisionsraten waren bei Sichelzellenanämie, Morbus Gaucher oder nach Nierenversagen bzw. Nierentransplantation signifikant erhöht. Ansonsten zeigte sich bei einem Nachbeobachtungszeitraum von 6 Jahren eine Überlebensrate von 97 % und von 83 % nach 9 Jahren, was mit Daten aus nationalen Registern für Hüftendoprothetik vergleichbar war (Johannson et al. 2011).
Auch die häufigen Voroperationen bei der Hüftkopfnekrose spielen eine Rolle. Pierce et al. untersuchten in einer Übersichtsarbeit den Effekt von Voroperationen auf das klinische Ergebnis der Hüftendoprothese, konnten aber weder bei retrograder Entlastungsbohrung, vaskularisiertem Knochentransplantat noch der Umstellungsosteotomie Einschränkungen finden (Pierce et al. 2015). Beckmann et al. führten eine systematische Literaturrecherche durch und zeigten, dass es nach Voroperationen zur erschwerten Implantation einer Hüftendoprothese kommt, die Patienten im Nachhinein jedoch deutlich profitieren (Beckmann et al. 2010).
Mont et al. verglichen 52 Hüft-TEP-Implantationen bei Hüftkopfnekrose mit 52 Implantationen bei Koxarthrose und fanden bei einem Nachbeobachtungszeitraum von 37 Monaten keinen Unterschied zwischen beiden Gruppen (Mont et al. 2006b). Dieselbe Arbeitsgruppe konnte auch für den Oberflächenersatz mit einer Metall-Metall-Gleitpaarung gute Ergebnisse bei der Hüftkopfnekrose im kurzfristigen Verlauf zeigen (Mont et al. 2006a). Diese Gleitpaarung wird heutzutage jedoch aufgrund des hohen Abriebs und der dadurch erhöhten lokalen und systemischen Metallionenwerte nur noch selten implantiert (Bernstein et al. 2012). Auch die mittelfristigen und langfristigen Ergebnisse zeigten vergleichbare Ergebnisse zwischen Implantation bei Hüftkopfnekrose und Koxarthrose (Maus et al. 2015). Schlechtere mittelfristige Ergebnisse ergaben sich jedoch bei Alkoholabusus und Therapie mit Glukokortikoiden (Chiu et al. 1997).
Die Auswahl des Prothesendesigns muss sich an der Größe des Nekroseareals sowie der Knochenqualität und dem Patientenalter orientieren (Betsch et al. 2018). Beckmann et al. empfehlen nach der systematischen Literaturrecherche die Geradschaftprothese als Goldstandard (Beckmann et al. 2010). Aber auch die Kurzschaftprothesen zeigen gute Standzeiten und Revisionsraten, die vergleichbar mit den Standardprothesen sind (Capone et al. 2017; Merschin et al. 2018). Die Prothese kann entweder zementiert oder zementfrei verankert werden (Abb. 5). Es sind für beide Verankerungsformen gute Ergebnisse in der Literatur zu finden, sodass auch beide Methoden zum Einsatz kommen können. Bedard et al. verglichen 80 zementfreie Implantationen bei 66 Patienten mit 48 zementierten Prothesen bei einem minimalen Nachbeobachtungszeitraum von 10 Jahren. Sie konnten für beide Gruppen gute Ergebnisse zeigen. Insgesamt mussten 6,25 % der zementfreien und 12,5 % der zementierten Prothesen revidiert werden (Bedard et al. 2013).
Die Gleitpaarung ist ein weiterer Punkt, der eine wichtige Rolle bei der Implantation spielt. Die Keramik-Keramik-Gleitpaarung zeigt in der Literatur und den Registerdaten zwar sehr gute Ergebnisse (D’Antonio et al. 2003), sollte für junge, aktive Patienten aber nicht uneingeschränkt empfohlen werden, da ein erhöhtes Risiko für eine Inlayfraktur besteht. Die sicherste Variante ist daher in einer „Cross-linked PE-“(XLPE-)Kombination mit Metall- oder Keramikkopf zu finden (Benignus et al. 2020).
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