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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 12.05.2015

Motilitätsstörungen des Ösophagus

Verfasst von: Manfred Gross
Die Achalasie ist die bekannteste Motilitätsstörung des Ösophagus und als einzige eine eindeutige Krankheitsentität. Die übrigen Motilitätsstörungen des Ösophagus sind in ihrer Ätiologie und Pathogenese nicht gut verstanden. Sie können als primäre ösophageale Motilitätsstörung auftreten oder sekundäre Folge einer anderen, meist systemischen Krankheit sein. Zwischen den verschiedenen Motilitätsstörungen gibt es Überlappungen, und es ist nicht eindeutig, welche Formen eigenständige Krankheiten darstellen. Die hochauflösende Manometriesysteme („high resolution manometry“, HRM) hat zu neuen Erkenntnissen über die Motilitätsstörungen des Ösophagus geführt.

Einleitung

Die Achalasie ist die bekannteste Motilitätsstörung des Ösophagus und als einzige eine eindeutige Krankheitsentität. Die übrigen Motilitätsstörungen des Ösophagus sind in ihrer Ätiologie und Pathogenese nicht gut verstanden. Sie können als primäre ösophageale Motilitätsstörung auftreten oder sekundäre Folge einer anderen, meist systemischen Krankheit sein. Zwischen den verschiedenen Motilitätsstörungen gibt es Überlappungen, und es ist nicht eindeutig, welche Formen eigenständige Krankheiten darstellen.

Normaler Schluckakt

Der physiologische Schluckakt beginnt mit einer initialen oralen Phase und der nachfolgenden pharyngealen Phase. Die orale Phase kann willkürlich gesteuert werden. Sobald der Nahrungsbolus den hinteren Zungenabschnitt erreicht, beginnt die etwa eine Sekunde dauernde, reflexhaft ablaufende pharyngeale Phase. Sie beinhaltet Anheben und die Retraktion des weichen Gaumens mit Verschluss des Nasopharynx, die anteriore und superiore Larynxbewegung mit Larynxverschluss auf Epiglottisebene und die Öffnung des oberen Ösophagussphinkters. Die sich anschließende Pharynxkontraktion befördert den Nahrungsbolus in den Ösophagus. Der lebenswichtige Schluckreflex ist auch im Schlaf erhalten.
Im Ösophagus findet etwa sechs bis acht Sekunden lang eine gerichtet Peristaltik durch koordinierte Kontraktionen der Quermuskulatur statt. Der untere Ösophagussphinkter ist im Ruhezustand kontrahiert. Normalerweise kommt es zu einem durch die Ösophagusperistaltik getriggerten Erschlaffen des untere Ösophagussphinkters, bevor ihn der Nahrungsbolus erreicht, gesteuert durch den intramuralen enterischen Nervenplexus. Dies ermöglicht den Übertritt der Nahrung in den Magen.
Die Ösophagusmuskulatur besteht im proximalen Viertel aus quergestreiften Fasern (Skelettmuskulatur), im zweiten Viertel aus glatter und quergestreifter Muskulatur und in der distalen Hälfte aus glatter Muskulatur. Die Peristaltik der quergestreiften Ösophagusmuskulatur steht unter nervaler Kontrolle erregender Fasern des Nervus vagus. Die glattmuskulären Anteile und der untere Ösophagussphinkter sind hingegen komplexer reguliert. Neben efferenten Vagusfasern wird die Peristaltik in diesem Abschnitt im Wesentlichen durch die Neuronen des Plexus myentericus reguliert. Eine Störung der Ösophagusmotilität kann durch neurale, muskuläre und neuromuskuläre Erkrankungen verursacht werden.

Manometriesysteme

Die Ösophagusmanometrie (Abb. 1) mit sechs bis acht Drucksensoren war früher der Standard und wird weiterhin eingesetzt. In den letzten Jahren wurden hochauflösende Manometriesysteme („high resolution manometry“, HRM) entwickelt, die zu neuen Erkenntnissen über die Motilitätsstörungen des Ösophagus geführt haben. Diese hochauflösende Manometrie verwendet Sonden mit bis zu 36 Drucksensoren in einem Abstand von 1 cm oder weniger, wodurch die Druckverhältnisse im gesamten Ösophagus nahezu lückenlos erfasst werden.
Die große Datenmenge, die mit diesen neuen Manometriesystemen aufgezeichnet wird, lässt sich nicht mehr übersichtlich als Druckverläufe wie bei der konventionellen Manometrie darstellen. Stattdessen ist es üblich, die Daten als „high resolution esophageal pressure topography plot“ (HR-EPT) darzustellen, auch Isobaren-Contour-Plot oder nach einem der Erfinder Clouse-Plot genannt. Dabei entspricht die Abszisse der Zeit und die Ordinate der Sensorposition im Ösophagus. Die Druckwerte werden farbkodiert oder als dreidimensionale Erhebung dargestellt. Der gesamte Ösophagus und die Druckverhältnisse im zeitlichen Ablauf eines Schluckaktes können damit übersichtlich dargestellt werden (Abb. 1).
Die hochauflösende Manometrie kann zudem mit Impedanzmessungen kombiniert werden. Die Impedanzmessung beruht auf der Erhöhung der Leitfähigkeit und dadurch Herabsetzung der Impedanz beim Schluckakt. Sie ist gut geeignet zur Diagnostik bei Transportstörungen oder nicht saurem Reflux sowie hypomotilen Störungen des Ösophagus mit ineffektiver Peristaltik.
Die HRM hat eigene Messparameter definiert, die man in mit den früheren Systemen nicht messen konnte, wie z. B. der „integrated relaxation pressure“ (IRP). Der IRP ist ein komplexes metrisches Maß (Messeinheit mmHg), das den mittleren Druck über vier Sekunden während eines definierten Zeitpunktes während der zu erwartenden Relaxation des unteren Sphinkters wiedergibt. Der IRP korreliert mit dem in der konventionellen Manometrie registrierten Druck des relaxierten unteren Ösophagussphinkters.
Aus den Befunden der hochauflösenden Manometrie wurde eine neue Klassifikation der Motilitätsstörungen des Ösophagus generiert, die Chicago-Klassifikation, die regelmäßig überarbeitet wird (Tab. 1). Die einzelnen Motilitätsstörungen werden nach klar definierten Kriterien beschrieben. Die Chicago-Klassifikation umfasst jedoch nicht alle bekannten Motilitätsstörungen des Ösophagus. Andererseits werden manometrische Auffälligkeiten beschrieben, die zwar Befunden, aber nicht in allen Fällen einer etablierten Diagnose entsprechen.
Tab. 1
Chicago-Klassifikation der Ösophagusmotilität. (Nach Bredenoord et al. 2012)
Diagnose
Achalasie Typ I, II oder III
Funktionelle Obstruktion des gastroösophagealen Übergangs*
„Esophagogastric junction (EGJ) outflow obstruction“
Motilitätsstörungen
- Distale Ösophagusspasmen**
- Hyperkontraktiler Ösophagus, „Jackhammer esophagus“
- Fehlende Peristaltik
Auffälligkeiten der Peristaltik
- Schwache Peristaltik mit großen oder Defekten in der Peristaltik
- Häufig fehlende Peristaltik (in >30 % und <100 % der Schluckakte
- Schnelle Kontraktionen mit normaler Latenz
- Hypertensive Peristaltik (Nussknackerösophagus)
Normalbefund
*Störung, die die Kriterien der Achalasie nicht erfüllt
**In mindestens 20 % vorzeitige Kontraktionen

Einteilung der Motilitätsstörungen des Ösophagus

Die primären Motilitätsstörungen des Ösophagus haben ihre Ursache im Ösophagus selbst, während die sekundären Motilitätsstörungen Folge extraösophagealer, häufig systemischer Krankheiten sind.
Unter den primären Motilitätsstörungen ist die Achalasie die am besten charakterisierte Krankheit. Die übrigen Motilitätsstörungen weisen manometrisch Überlappungen auf, z. T. auch mit der Achalasie, sodass die Abgrenzung von Krankheitsentitäten schwierig ist. Letztlich ist nicht geklärt, ob es sich in allen Fällen um eigenständige Krankheitsbilder handelt. Die häufigsten primären Motilitätsstörungen des Ösophagus sind in Tab. 2 aufgelistet.
Tab. 2
Differenzialdiagnose der Ösophagusmotilitätsstörungen. (Nach Allescher 2008; Spechler und Castell Gut 2001)
 
Basaler UÖS-Druck
UÖS-Relaxation
Druckwellenausbreitung
Distale Druckamplitude
Achalasie
Normalerweise hoch oder normal
Inkomplett
Simultan oder fehlend, keine Peristaltik
Niedrig oder normal
Diffuser Ösophagusspasmus
Niedrig, normal oder hoch
Komplett
Simultan in >20 % der Nassschlucke
Normal oder hoch
Hyperkontraktiler Ösophagus (Nussknackerösophagus
Niedrig, normal oder hoch
Komplett
Normal
Hoch
Isolierter hypertensiver unterer Ösophagussphinkter
Hoch
Komplett
Normal
Normal
Atypische Störungen der Relaxationen des unteren Ösophagussphinkters
Niedrig, normal oder hoch
Inadäquat (inkomplett oder zu kurz)
Z. T. normale Peristaltik, simultan oder fehlende Wellen
Niedrig, normal oder hoch
Ineffektive Ösophagusmotilität
Niedrig oder normal
Komplett
Normal, simultan oder fehlend
Niedrig in >30 % der Nassschlucke
UÖS: unterer Ösophagussphinkter

Primäre Motilitätsstörungen des Ösophagus

Achalasie

Die Achalasie ist eine Motilitätsstörung des Ösophagus, die mit einer Inzidenz um 0,5–1,2 pro 100.000/Jahr diagnostiziert wird. Die Häufigkeit scheint zuzunehmen, und in den Jahren seit 2000 werden Inzidenzen um 1,6 pro 100.000/Jahr berichtet. Unklar ist, ob dies einem tatsächlichen Anstieg der Inzidenz entspricht oder ob die Krankheit häufiger diagnostiziert wird. Die Lebenszeitprävalenz liegt bei etwa 1:10.000.
Es gibt keine klare Geschlechter- oder Alterspräferenz. Einige Studien fanden zwei Altersgipfel um das 30. und das 60. Lebensjahr, während andere Studien eher für eine Zunahme der Inzidenz mit dem Lebensalter sprechen. Die Krankheit kann sich jedoch in jedem Altersabschnitt vom Kleinkind bis zum alten Menschen manifestieren. Die meisten Fälle werden zwischen dem 25. und 60. Lebensjahr diagnostiziert, ein Drittel der Patienten ist älter als 60 Jahre. Das Geschlechterverhältnis ist ausgeglichen (O’Neill et al. 2013).

Pathogenese

Die Funktion des unteren Ösophagussphinkters und die Ösophagusperistaltik werden durch die Nervenzellen des Plexus myentericus reguliert, der zwischen der Ring- und Querschicht der glatten Muskulatur des Ösophagus liegt. Er gehört zum enterischen Nervensystem (ENS), das den gesamten Gastrointestinaltrakt umgibt. Der Plexus myentericus beinhaltet inhibitorischen Nervenzellen, die Stickstoffoxid (NO) und vasoaktives intestinales Peptid (VIP) als Neurotransmitter freisetzen und eine Erschlaffung des unteren Ösophagussphinkters bewirken. Die exzitatorischen Nervenzellen setzen hingegen Acetylcholin frei und bewirken antagonistisch eine Muskelkontraktion.
Bei der Achalasie kommt es zu einer Degeneration von Nervenzellen des Plexus myentericus. In erster Linie sind die inhibitorischen Nervenzellen des unteren Ösophagussphinkters betroffen, die eine Relaxation des unteren Ösophagussphinkters bewirken. Zusätzlich betrifft die Degeneration auch die Nervenzellen des distalen Ösophagus, woraus eine gestörte Peristaltik resultiert. Die Achalasie wird deshalb zu den neurodegenerativen Krankheiten gerechnet.
Daraus folgen Motilitätsstörungen mit einem Verlust der Peristaltik des Ösophagus und einer fehlenden Relaxation des unteren Ösophagussphinkters insbesondere während des Schluckaktes. Die Nahrung kann nicht mehr durch die Peristaltik des Ösophagus und die Erschlaffung des unteren Ösophagussphinkters in den Magen transportiert werden. Bei fortgeschrittenen Formen erfolgt der Übertritt von Nahrung in den Magen deshalb nur noch, wenn der hydrostatische Druck der im Ösophagus gestauten Nahrung den Kontraktionsdruck des unteren Ösophagussphinkters übersteigt.
Die Destruktion des Plexus myentericus erfolgt über entzündliche Prozesse mit lymphozytären Infiltraten, die zu einem Verlust der postganglionären inhibitorischen Neuronen des Plexus myentericus mit Ersatzfibrose führen. Hieraus resultiert eine Verringerung der inhibitorischen Transmitter NO und VIP. Die erregenden Neuronen werden hingegen nicht betroffen, was zu einem Ungleichgewicht zwischen exzitatorischen und inhibitorischen Neuronen mit fehlender Sphinkterrelaxation führt. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung kommt es zu einem Rückgang der Neuronenzahl bis hin zu neuronenfreien Narbenzonen im Bereich des ehemaligen Plexus myentericus.
Für die entzündliche Destruktion der inhibitorischen Neuronen des Plexus myentericus im Ösophagus wurden verschiedene Faktoren diskutiert, insbesondere autoimmunologische Phänomene, Infektionen und genetische Prädisposition.
Für autoimmunologische Faktoren spricht die Assoziation der Achalasie mit Autoimmunerkrankungen wie dem systemischen Lupus erythematodes, dem Sjögren-Syndrom oder der Uveitis. Eine Studie fand eine erhöhte Prävalenz für Autoantikörper gegen neuronale Strukturen bei Patienten mit Achalasie. Spezifische Antikörper oder sonstige serologische Marker, die zur Diagnostik einer Achalasie beitragen könnten, sind bislang jedoch noch nicht identifiziert.
Ein Beispiel für eine Infektionskrankheit, die Ähnlichkeiten mit der Achalasie zeigt, ist die Chagas-Krankheit, eine Infektion mit Trypanosoma cruzi. Zudem gibt es mehrere Berichte über eine Varizellen-Zoster-Infektion und Guillain-Barre-Syndrom vor Beginn einer Achalasie. Ebenso gibt es Assoziationen mit einer Herpes-simplex-Virus-1-Infektion. Bislang ist jedoch eine infektiöse Genese der Achalasie nicht belegbar.
Für genetische Faktoren spricht das Triple-A-Syndrom oder Allgrove-Syndrom, eine autosomal rezessiv vererbte Erkrankung, die mit Achalasie, Alakrimie und Nebenniereninsuffizienz (adrenokortikale Insuffizienz) einhergeht. Grundlage ist eine Genmutation auf Chromosom 12q13 im Aladin-Gen. Eine Häufung der Achalasie findet sich auch bei Trisomie 21 (etwa 2 % entwickeln eine Achalasie). Diese syndromalen Formen betreffen eher Kinder und Jugendliche. Ansonsten ist eine genetische Präposition für die Achalasie nicht gut belegt, eine familiäre Häufung von Achalasiefällen ist nur selten beschrieben worden.
Bei der sekundären Achalasie oder Pseudoachalasie entwickeln die Patienten vergleichbare Symptome wie bei der primären Achalasie, jedoch findet sich als Ursache der Symptome eine andere stenosierende Erkrankung wie ein distales Ösophaguskarzinom oder ein Karzinom des gastroösophagealen Übergangs. Die Symptome entwickeln sich bei diesen Patienten auch rascher als dies bei den meisten Patienten mit primärer Achalasie der Fall ist.

Symptomatik

Die Kardinalsymptome sind Dysphagie, Regurgitationen und retrosternale Schmerzen. In der Folge erleiden die meisten Patienten einen Gewichtsverlust.
Der Verlust der Peristaltik und der Relaxation des unteren Ösophagussphinkters verursachen eine zunehmende Dysphagie. Regurgitationen (besonders nachts) mit der Aspiration unverdauter Nahrung und Gewichtsverlust können die führenden Symptome sein. Die Symptome können manchmal auch mit einer Refluxkrankheit verwechselt werden, insbesondere, wenn nächtliche Thoraxschmerzen insbesondere nach dem Essen im Vordergrund stehen. Da es keine spezifischen Symptome in frühen Krankheitsstadien gibt und die Prävalenz der Achalasie insgesamt niedrig ist, vergehen oft viele Jahre, bis die Diagnose dann in späteren Krankheitsstadien gestellt wird. Im Durchschnitt beträgt die Zeitspanne zwischen den ersten Symptomen und der Diagnosestellung etwa fünf Jahre.

Diagnostik

Aufgrund des Fehlens spezifischer Frühsymptome bestehen zum Zeitpunkt der Diagnose meist bereits Komplikationen wie ein Megaösophagus oder eine Mangelernährung. Häufig haben die Patienten ihre Ernährung schon seit längerer Zeit auf flüssige Kost umgestellt.
Bei Dysphagie und Regurgitationen steht im Vordergrund der Diagnostik die Gastroskopie, die insbesondere die Aufgabe hat, ein Ösophaguskarzinom oder benigne Stenosen auszuschließen. Beim Vollbild der Achalasie zeigen sich die typischen Befunde der Retentionsösophagitis mit hyperplastisch imponierender Schleimhaut, des massiv dilatierten und häufig mit Speiseresten gefüllten Ösophagus (Megaösophagus) sowie der hochgradigen distalen Ösophagusstenose. In diesem Stadium der Krankheit ist die Passage des Endoskopes in den Magen meist nicht mehr möglich. Bei frühen Formen kann die Diagnose jedoch bei der Endoskopie übersehen werden. Der Widerstand in Höhe des unteren Ösophagussphinkters ist dann zwar leicht erhöht, die Passage mit dem Gastroskop aber mit leichtem Druck möglich.
In der Röntgenkontrastdarstellung des Ösophagus (Bariumösophagogramm, Abb. 3) ist der Ösophagus dilatiert und läuft distal konzentrisch spitz zu mit einem nur fadenförmigen Übertritt des Kontrastmittels in den Magen (Sektglasform oder Vogelschnabel). Allerdings können frühe Formen der Achalasie mit einer normalen Bariumkontrastdarstellung des Ösophagus einhergehen.
Als Goldstandard gilt die Ösophagusmanometrie. Der Ruhetonus des unteren Ösophagussphinkters ist erhöht, und es fehlt die Relaxation des Schließmuskels beim Schluckakt. Aufgrund der Befunde in der hochauflösenden Manometrie können drei Subtypen der Achalasie unterschieden werden (Tab. 3, Abb. 2).
Tab. 3
Subtypen der Achalasie
Subtyp
Beschreibung
Typ 1
Klassische Achalasie: fehlende Peristaltik im Ösophagus, Druck <30 mmHg im Ösophagus
Typ 2
Achalasie ohne signifikante kontraktile Aktivität, aber Druckerhöhung >30 mmHg im gesamten Ösophagus bei mindestens 20 % der Schluckakte
Typ 3
Achalasie ohne regelrechte Peristaltik, aber vorzeitige (spastische) Kontraktionen oder erhaltene Fragmente einer distalen Peristaltik bei mindestens 20 % der Schluckakte
Die hypermotile Achalasie („vigorous achalasia“) ist den Typen 2 und 3 zuzuordnen. Die Patienten leiden neben der Schluckstörung häufig unter retrosternalen Schmerzen. Es findet sich manometrisch zwar keine reguläre Peristaltik, aber bei mindestens 20 % der Schluckakte treten Fragmente von Kontraktionen oder spastische Kontraktionen auf. Die Druckamplituden sind verstärkt (>160–180 mmHg), aber ohne Bezug zu einer regulären Peristaltik. Bei dieser Form bestehen Überlappungen zum diffusen Ösophagusspasmus.
Diese Klassifikation kann für die Therapieentscheidung relevant sein, da der Typ 2 am besten auf die pneumatische Dilatation, die chirurgische Myotomie oder die perorale endoskopische Myotomie (POEM) sowie auf die Botoxinjektion anspricht. Der Typ 3 hat das schlechteste Therapieansprechen auf alle Behandlungsoptionen. Typ 1 zeigt meist ein gutes Ansprechen auf eine laparoskopische Myotomie oder die POEM (Rohof et al. 2013).

Therapie

Medikamentöse Therapie
Eine medikamentöse Therapie ist selten effektiv. In Betracht kommen Nitrate, Kalziumantagonisten und Phosphodiesteraseinhibitoren wie Sildenafil, die den Tonus des unteren Ösophagussphinkters senken können. Nur wenige Patienten sind damit jedoch ausreichend therapiert.
Endoskopische Verfahren
Es wurden verschiedene endoskopische Therapieformen entwickelt: die pneumatische Dilatation, die Botoxinjektion in den unteren Ösophagussphinkter und seit ein paar Jahren die perorale endoskopische Myotomie. Die optimale Therapie ist noch nicht validiert (Felix et al. 2013; Eckardt und Eckardt 2009).
Innerhalb der endoskopischen Verfahren liegen die meisten Erfahrungen mit der endoskopisch durchgeführten pneumatischen Dilatation vor. Dabei wird durch den Arbeitskanal des Gastroskopes ein Dilatationsballon in die Stenose eingebracht und die Engestelle durch Entfalten des Ballons geweitet. Die initiale Dehnung erfolgt je nach Körpergröße meist auf 3–3,5 cm, bei unzureichendem Ansprechen wird in einer zweiten Dilatation meist auf 3,5–4,0 cm aufgedehnt. Die Dauer der pneumatischen Dilatation sollte etwa ein bis zwei Minuten betragen.
Relevante Komplikationen sind die Perforation (in bis zu 10 % der Fälle beschrieben, in der Regel jedoch deutlich niedrigeres Perforationsrisiko um 1–2 %) und die Blutung (<1 %). Zum Ausschluss bzw. frühzeitigen Nachweis einer Perforation ist ein Ösophagusbreischluck nach der Dilatation sinnvoll. Gelegentlich entwickeln die Patienten nach der Dilatation Refluxbeschwerden, die gut mit Protonenpumpeninhibitoren zu behandeln sind.
Eine einmalige Dilatation weist nach fünf Jahren in den meisten Berichten Erfolgsraten zwischen 40–85 % aus, die Ergebnisse bei prospektiven Studien sind etwas niedriger. Schlechtere Ergebnisse sind bei älteren Patienten, Männern, hohem Sphinktertonus vor der Intervention und der Notwendigkeit mehrfacher Dilatationen beschrieben. Wiederholte Dilatationen mit zunehmendem Ballondurchmesser zeigen bessere Erfolge. Meist wird die Dilatation beim Auftreten von Schluckbeschwerden frühzeitig wiederholt („on demand“).
Die pneumatische Dilatation ist die Methode der ersten Wahl unter den nicht chirurgischen Verfahren, da sie kosteneffektiv und nebenwirkungsarm ist. Sie kann Langzeitremissionen erzielen, wenn das Verfahren „on demand“ bei erneuten Beschwerden wieder zum Einsatz kommt.
Die Botoxinjektion in den unteren Ösophagussphinkter hemmt die Acetylcholinfreisetzung aus den Nervenzellen des Plexus myentericus und bewirkt damit eine Tonussenkung des unteren Ösophagussphinkters. Das initiale Ansprechen liegt zwischen 65 % und über 90 %, allerdings verliert sich die Wirkung meist nach drei bis zwölf (meist sechs bis neun) Monaten. Ernste Komplikationen treten sehr selten auf. Etwa ein Viertel der Patienten verspürt vorübergehend einen Thoraxschmerz, und weniger als 5 % entwickeln einen Reflux. Das Verfahren kommt deshalb eher bei älteren Patienten und Patienten mit hoher Komorbidität in Betracht (Müller et al. 2013).
Zur Therapie mit selbstexpandierenden Metallstents (30 mm) bestehen nur wenige Erfahrungen. Die Stents werden nach vier bis fünf Tagen wieder entfernt. Es sind jedoch sehr gute Langzeitergebnisse (>80 %) nach zehn Jahren berichtet worden. Komplikationen sind die Stentmigration (ca. 5 % der Patienten), Reflux (20 %) und Thoraxschmerz (bei knapp 40 % der Patienten) (Zhao et al. 2009).
Eine relativ neue endoskopische Technik ist die perorale endoskopische Myotomie (POEM). Der Einsatz beim Menschen wurde erstmals von H. Inoue publiziert (Inoue et al. 2010). Dabei wird im Rahmen einer Ösophagogastroduodenoskopie mit einem endoskopischen Messer die Mukosa im Ösophagus eröffnet und in der Submukosa mit dem Endoskop bis über den ösophagogastralen Übergang hinaus getunnelt. Anschließend wird die Ösophagusmuskulatur durchtrennt. Nach dem Rückzug des Endoskopes wird die proximal gelegene Mukosadurchtrennung mit Clips verschlossen.
Die bislang zu POEM vorliegenden Daten lassen eine der Myotomie vergleichbare Erfolgsrate erwarten (von Renteln et al. 2013). Allerdings liegen noch keine Langzeitdaten vor. Zudem setzt die POEM eine große endoskopische Expertise voraus und ist derzeit keine flächendeckend verfügbare Behandlungsmethode.
Operative Verfahren
Chirurgisch kommt eine laparoskopische Myotomie nach Heller, eventuell in Kombination mit einer anterioren Fundoplicatio, in Betracht. Früher wurde die laparoskopische Myotomie nur 0,5–1 cm in den Magen ausgedehnt. Später wurde eine erweiterte Myotomie Standard mit Fortsetzung bis 3 cm in den Ösophagus, die zu weniger Reoperationen und einem besseren Langzeitergebnis führt. Heute wird die Heller-Myotomie üblicherweise nach kranial bis zu 6–7 cm oberhalb und nach distal 1,5–3 cm unterhalb des gastroösophagealen Übergangs ausgedehnt. Dies kann zu einem besseren Therapieeffekt bzgl. der Dysphagie führen.
Die laparoskopisch durchgeführt Kardiomyotomie ist ein sehr effektives Verfahren (Erfolgsrate um 90 %) mit geringer Komplikationsrate und sehr guten Langzeitdaten. Der thorakoskopische Zugang ist zwar möglich, bessere Ergebnisse sind jedoch für die laparoskopische Operation beschrieben.
Die alleinige laparoskopische Myotomie führt in einem hohen Prozentsatz zu einer Refluxkrankheit. Deshalb wird häufig gleichzeitig eine Antirefluxoperation (partielle Fundoplicatio) durchgeführt, wodurch es seltener zu Refluxbeschwerden bei gutem Effekt auf die Dysphagie kommt.
Differenzialtherapie
Aufgrund der guten Langzeiterfolge ist die laparoskopische Myotomie als Verfahren der ersten Wahl für eher jüngere Patienten und Patienten mit geringem Operationsrisiko anzusehen. Allerdings war die laparoskopische Myotomie der pneumatischen Dilatation in einer randomisierten kontrollieren Studie mit 2-Jahres-Follow-up der European Achalasia Trial Group nicht überlegen (Boeckxstaens et al. 2011). Wenn die Patienten ein erhöhtes Operationsrisiko aufweisen oder eine Operation ablehnen, kommt die pneumatische Dilatation oder die Botoxinjektion in Betracht. Für die POEM liegen noch wenige Langzeitdaten vor, aber das Verfahren dürfte die gleichen Langzeiterfolge wie die Myotomie zeigen und könnte die laparoskopische Myotomie in der Zukunft ablösen.
In einer aktuellen Übersichtsarbeit wurde der in Tab. 4 aufgeführte Algorithmus zur möglichen Differenzialtherapie beschrieben, allerdings noch ohne Berücksichtigung von POEM (Chuah et al. 2013).
Tab. 4
Differenzialtherapie der Achalasie (ohne Berücksichtigung von POEM). (Nach Chuah et al. 2013)
Patientengruppe
Verfahren der ersten Wahl
Verlauf nach Therapie der ersten Wahl
Vorgehen bei Rezidiv oder schlechtem initialen Erfolg
<40 Jahre oder Mann
Operative Myotomie
Symptomatisches Rezidiv nach gutem intialen Erfolg
Dilatation oder erneute Myotomie
  
Schlechter initialer Erfolg
Dilatation oder erneute Myotomie
>40 J. oder Frau
Ballondilatation
Symptomatisches Rezidiv nach gutem intialen Erfolg
Erneute Dilatationen je nach Symptomatik, evtl. Myotomie
  
Schlechter initialer Erfolg
Erneute Dilatation oder Myotomie
Hohes Operationsrisiko, alter Patient mit Komorbiditäten
Botoxinjektion
Schlechter initialer Erfolg
Versuch der medikamentösen Therapie
  
Symptomatisches Rezidiv nach gutem intialen Erfolg
Wiederholte Botoxinjektionen
Eine deutsche Arbeitsgruppe (Gockel et al. 2012) schlägt das in Tab. 5 dargestellte Vorgehen vor, ebenfalls ohne Berücksichtigung von POEM.
Tab. 5
Differenzialtherapie der Achalasie (ohne Berücksichtigung von POEM). (Nach Gockel et al. 2012)
Patientengruppe
Primäres Vorgehen
<40–45 Jahre, geringes Operationsrisiko
Laparoskopische Myotomie
Erhöhtes Operationsrisiko oder Patient lehnt Operation ab
Pneumatische Dilatation
Keine Besserung auf pneumatische Dilatation
Laparoskopische Myotomie

Nachsorge

Die Retentionsösophagitis gilt als Präkanzerose, die über Dysplasien der Mukosa zum Ösophaguskarzinom führen kann. Das Risiko für Plattenepithelkarzinome des Ösophagus scheint bis zu 30-fach erhöht zu sein.
Es gibt keine validierten Vorsorgeintervalle, aber Empfehlungen, in den ersten zwei Jahren nach Diagnose alle zwei Jahre Gastroskopien mit Ösophagusbiopsen durchzuführen, nach einem zehnjährigen Verlauf jährliche Endoskopien (Gockel et al. 2012).

Diffuser Ösophagusspasmus

Der diffuse Ösophagusspasmus ist eine Störung der Peristaltik des Ösophagus, die zu vermehrten nicht peristaltischen simultanen Kontraktionen, spontan oder beim Schlucken, führt. Die Patienten leiden unter Thoraxschmerzen, Dysphagie und Regurgitationen.
In erster Linie ist die Funktion der distalen glatten Muskulatur betroffen. Der diffuse Ösophagusspasmus kann mit einer gestörten Relaxation des unteren Ösophagussphinkters einhergehen, und es bestehen Überlappungen zur Achalasie. Zudem sind Kasuistiken beschrieben worden, bei denen zunächst ein diffuser Ösophagusspasmus vorlag und sich später eine Achalasie entwickelte.
Histologisch können degenerative Veränderungen im Plexus myentericus und im Nervus vagus nachweisbar sein. Pharmakologisch gibt es Hinweise, dass es wie bei der Achalasie zu einer verringerten Freisetzung des inhibitorischen Transmitters NO kommt. Häufig findet sich eine Hypertrophie der Ösophagusmuskulatur, die auch in der Computertomographie oder in der Endosonographie als Wandverdickung erkennbar sein kann.

Epidemiologie

Insgesamt ist das Krankheitsbild selten, die Prävalenz liegt bei etwa 0,1/100.000. Unter den Patienten mit nicht kardialem Thoraxschmerz finden sich jedoch ca. 3–5 % betroffene Patienten. Die Erkrankung kann als primäre Form oder assoziiert mit einer Refluxkrankheit auftreten.

Klinik

Klinische Leitsymptome sind der Thoraxschmerz und die Dysphagie, aber auch Regurgitationen werden häufig berichtet.
Der Thoraxschmerz kann über Minuten bis Stunden anhalten und ähnlich wie ein Angina-pectoris-Anfall in die Kieferwinkel, den Rücken oder die Arme ausstrahlen. Der Schmerz kann spontan auftreten oder durch Nahrungsaufnahme ausgelöst werden. Sogar das Trinken von Flüssigkeiten oder das Schlucken von Speichel kann einen Anfall auslösen. Der Schmerz ist oft mit einer Dysphagie oder Regurgitationen vergesellschaftet.
Die Dysphagie kann dauerhaft oder nur phasenweise mit wechselnder Intensität auftreten. Die Regurgitation wird von manchen Patienten aktiv herbeigeführt, um die Bolusimpaktation zu beenden. Die Angst vor dem Steckenbleiben der Nahrung führt bei manchen Patienten zu einer Mangelernährung mit Gewichtsreduktion.
Psychische Faktoren („Stress“) können das Beschwerdebild beeinflussen. Dies führt in manchen Fällen dazu, dass von einer psychogenen Störung ausgegangen wird, was dem Krankheitsbild nicht gerecht wird.
Der Verlauf ist nicht vorhersagbar. Wenn sich keine Auslöser wie eine Refluxkrankheit finden, handelt es sich meist um ein chronisches Krankheitsbild. Bei manchen Patienten bleibt die Symptomatik milde, bei anderen verläuft die Krankheit progredient mit zunehmender Unterernährung.

Diagnostik

Differenzialdiagnostisch muss eine koronare Herzerkrankung ausgeschlossen werden. Aufgrund anamnestischer Angaben und klinischer Befunde ist dies nicht ausreichend möglich. Deshalb wird bei den meisten Patienten mit dieser Krankheit zunächst eine umfassende kardiologische Abklärung ohne erklärenden Befund durchgeführt, ehe die gastroenterologische Diagnostik erfolgt. Die wichtigsten Methoden zur Diagnose des diffusen Ösophagusspasmus sind die Endoskopie, die Manometrie und der Ösophagusbreischluck.
Bei der Symptomatik der Patienten mit Thoraxschmerz und Dysphagie steht die Endoskopie an erster Stelle – weniger zur Diagnose eines diffusen Ösophagusspasmus, sondern mit der Frage nach einer entzündlichen oder neoplastischen Ursache der Beschwerden. Die Endoskopie kann bei Patienten mit Dysphagie als mögliche Ursachen Strikturen, Stenosen, Karzinome und submuköse Tumoren nachweisen bzw. ausschließen. Zudem sollte bei Dysphagie die Möglichkeit einer eosinophilen Ösophagitis durch eine Endoskopie mit Ösophagusbiopsien überprüft werden. Mit Glück kann man bei der Endoskopie die simultanen ringförmigen oder spiralförmigen Kontraktionen sehen, die zur Diagnose führen. Für die Diagnosestellung eines diffusen Ösophagusspasmus ist die Endoskopie allerdings wenig sensitiv, ein endoskopischer Normalbefund kann diese Diagnose nicht ausschließen. Eine Retentionsösophagitis wie bei der Achalasie kommt nicht vor. Wichtig ist die Endoskopie auch, um eine Refluxkrankheit auszuschließen: bei erosiver Refluxkrankheit durch den Nachweis von Erosionen, bei nicht erosiver Refluxkrankheit besteht die Möglichkeit, histologisch Hinweise auf eine Refluxkrankheit zu finden.
Die Röntgendiagnostik (Ösophagusbreischluck) kann tertiäre Kontraktionen zeigen: spastische Kontraktionen des tubulären Ösophagus insbesondere im distalen Anteil, die nicht mit einem Schluckakt assoziiert sind und mit einer verzögerten oder aufgehobenen Passage des Kontrastmittelbolus einhergehen. Diese segmentalen simultanen Kontraktionen verursachen das typische radiologische Bild eines „Korkenzieherösophagus“. Wenn der Ösophagusbreischluck mit Flüssigkeit (Bariumbrei) unauffällig ausfällt, ist eine Wiederholung mit festem Kontrastmittelbolus (z. B. mit Kontrastmittel getränkte Marsh-Mellows) sinnvoll.
Die Röntgendiagnostik kann aber ebenso wie die Endoskopie oder die Manometrie in beschwerdefreien Zeiten normal sein, weshalb die Untersuchung bei klinischem Verdacht und unauffälligem Befund wiederholt werden muss, am besten zu Zeiten mit Beschwerden.
In der Manometrie zeigen sich vermehrt nicht peristaltische simultane Kontraktionen, spontan oder beim Schlucken, vorwiegend im distalen Ösophagus. Zur Diagnosestellung ist zu fordern, dass in der Manometrie bei mehr als >20 % der Schluckakte mit Flüssigkeit solche simultanen segmentalen Kontraktionen vorkommen, häufig mit erhöhter Amplitude (>30 mmHg). Zudem werden vermehrte spontane Kontraktionen, eine verlängerte Kontraktionsdauer (>6 s) sowie Störungen des unteren Ösophagussphinkters mit hohem Ruhedruck und abgeschwächter Relaxation beobachtet. Allerdings kann die Manometrie zu beschwerdefreien Zeiten auch unauffällig ausfallen.

Therapie

Aufgrund der Assoziation dieser Krankheit mit einem pathologischen Reflux ist die probatorische Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren ein sinnvoller erster Schritt. Eine Besserung der Schmerzen auf Nitroglycerin ist oft beschrieben. Ein Ansprechen auf eine probatorische Therapie mit Nitraten stellt aber bei kardiologisch und manometrisch noch nicht abgeklärten Patienten die koronare Herzerkrankung differenzialdiagnostisch in den Vordergrund, obwohl auch Patienten mit diffusem Ösophagusspasmus auf Nitrate ansprechen können. Weitere Therapieansätze sind Kalziumantagonisten oder Phosphodiesterasehemmer zur Senkung des Tonus der glatten Muskulatur. In kontrollierten Studien erwiesen sich jedoch die Nitratgabe und der Einsatz von Kalziumantagonisten ohne signifikanten Effekt.
In Einzelfällen sind gute Behandlungseffekte mit Antidepressiva oder Pfefferminzöl beschrieben worden. Die orale Einnahme von L-Arginin, einem Stoffwechselvorläufer des bei diesen Patienten häufig reduzierten Transmitters NO, kann die Schmerzintensität und -frequenz bei nicht kardialem Thoraxschmerz reduzieren.
Botoxinjektionen kommen bei Nichtansprechen der medikamentösen Therapie in Betracht und können für die Dauer von bis einem Jahr die Schmerzen, Dysphagie und Regurgitationen bessern, allerdings liegen hierzu keine kontrollierten Studien vor. Als weitere Möglichkeiten kommen eine Ballondilatation, falls erforderlich wiederholt, oder eine laparoskopische Myotomie in Betracht.
Bei wiederholter Dysphagie im Rahmen eines diffusen Ösophagusspasmus ist es sinnvoll, frühzeitig eine laparoskopische Myotomie oder wahrscheinlich besser eine POEM zu erwägen. In Kasuistiken wurde bereits über Erfolge mit POEM berichtet. Es ist technisch möglich, bei der POEM die Myotomie schon hoch im proximalen Ösophagus zu beginnen und bis in den Magen hinein fortzusetzen. Die Möglichkeit der Myotomie beginnend im proximalen Ösophagus ist ein klarer Vorteil im Vergleich zur laparoskopischen Myotomie, ein Nachteil ist die fehlende Möglichkeit einer Fundoplicatio zur Prävention einer postoperativen Refluxkrankheit. Für extreme Fälle wurde bisher als Ultima Ratio die Ösophagektomie in Betracht gezogen. Hier würde man heute stattdessen zur POEM raten.

Hyperkontraktiler Ösophagus („Nussknackerösophagus“)

Bei einem hyperkontraktilen Ösophagus treten im distalen Ösophagus propulsive Kontraktionen mit gesteigerter Amplitude auf. Die Druckwerte liegen über 180 mmHg. Die Ätiologie ist nicht bekannt, es gibt keinen charakteristischen histologischen Befund. Allerdings kann eine Refluxkrankheit ähnliche Manometriebefunde hervorrufen.
Einige Autoren bezweifeln die Bedeutung des hyperkontraktilen Ösophagus als eigenständiges Krankheitsbild und sehen die manometrischen Befunde als stressinduziert an.

Epidemiologie

Die Häufigkeit dieser Krankheit ist nicht gut untersucht. Von Patienten mit nicht kardialem Thoraxschmerz könnten 10 % an dieser Motilitätsstörung leiden.

Klinik

Die Patienten leiden wie beim diffusen Ösophagusspasmus unter retrosternalen krampfartigen Schmerzen, die an eine Angina pectoris denken lassen. Der Schmerz kann wie bei einer koronaren Herzerkrankung auch in die Kieferwinkel und den linken Arm ausstrahlen. Eine Dysphagie wird selten berichtet, da die propulsive Peristaltik des Ösophagus erhalten bleibt.

Diagnostik

Die Endoskopie ist bei den meisten Patienten unauffällig. Der Ösophagusbreischluck zeigt eine regelrechte propulsive Aktivität und kann die Diagnose meist nicht stellen. Allerdings können längere spastische Segmente durch die verstärkten und verlängerten Kontraktionen im Breischluck gesehen werden.
Nur die Manometrie kann die Diagnose sichern (Abb. 4): Bei mindestens zehn Schluckakten mit Flüssigkeit soll die mittlere Kontraktionsamplitude im distalen Ösophagus über zwei Standardabweichungen über dem Normalwert oder über 180 mmHg liegen. Repetitive oder verlängerte Kontraktionen sind möglich. Der untere Ösophagussphinkter weist meist eine normale Funktion mit normalem Basaldruck und schluckinduzierter Erschlaffung auf.
Eine 24-Stunden-pH-Metrie ist sinnvoll, da ein pathologischer Reflux die gleichen Symptome und Befunde verursachen kann.

Therapie

Nitrate und Kalziumantagonisten können zu einer Abnahme der Kontraktionsamplitude führen, auch wenn dies nicht bei allen Patienten zu einer Schmerzreduktion führt. Bei einzelnen Patienten können auch Antidepressiva wirksam sein. Grundsätzlich können die für die Therapie des diffusen Ösophagusspasmus beschriebenen Medikamente auch bei Patienten mit hyperkontraktilem Ösophagus eingesetzt werden.
Wie auch bei Patienten mit diffusem Ösophagusspasmus wurde in Kasuistiken über Erfolge mittels POEM berichtet. Dabei ist es wahrscheinlich notwendig, wie beim Ösophagusspasmus die Myotomie schon weit proximal im Ösophagus zu beginnen.

Hypertensiver unterer Ösophagussphinkter

Bei dieser Motilitätsstörung liegt eine Erhöhung des Drucks im unteren Ösophagussphinkter >45 mmHg bei erhaltener Relaxation vor. Es sind Übergänge zur Achalasie und zum hyperkontraktilen Ösophagus beschrieben worden. Die Ätiologie und Pathogenese sind nicht gut verstanden. Ein Teil der Fälle ist jedoch als Folge einer Refluxkrankheit zu werten.

Epidemiologie

Die Prävalenz dieser Krankheit ist nicht gut untersucht. Sie ist seltener als der diffuse Ösophagusspasmus.

Klinik

Die Patienten leiden unter einem Druckgefühl im Oberbauch, eine leichte Dysphagie ist möglich. Diese Krankheit ist meist nicht mit einem pathologischen Reflux assoziiert.

Diagnostik

Die Endoskopie und der Ösophagusbreischluck sind meist ohne weiterführenden Befund. In der Manometrie misst man einen erhöhten Basaldruck (>45 mmHg) des unteren Ösophagussphinkters bei regelrechter schluckinduzierter Erschlaffung. Die Peristaltik im Ösophagus zeigt eine reguläre propulsive Aktivität mit normalen Kontraktionsamplituden.

Therapie

Medikamentös können die gleichen Substanzen wie bei der Achalasie eingesetzt werden. Die Botoxinjektion ist kurzfristig häufig erfolgreich. Allerdings ist der Langzeiterfolg gering, und es kann zu Vernarbungen kommen, die eine spätere Myotomie erschweren können. Bei Therapieversagen kommt eine chirurgische Myotomie in Betracht. In Kasuistiken wurde auch über Erfolge mit einer POEM berichtet.

Unspezifische oder nichtklassifizierbare Motilitätsstörungen

Neben den dargestellten klassischen Typen der Motilitätsstörung des Ösophagus können oft Auffälligkeiten in der Manometrie gemessen werden, die keinem eindeutigen Krankheitsbild zuzuordnen sind, z. B. erniedrige Kontraktionsamplituden, spontane Kontraktionen, erhöhter Druck im unteren Ösophagussphinkter oder verlängerte Kontraktionsphasen.
Mit zunehmendem Lebensalter treten solche unspezifischen Motilitätsstörungen häufiger auf, besonders eine verminderte oder aufgehobene Peristaltik und verminderte Sphinkterrelaxationen. Generell nimmt die Motilität des Ösophagus mit dem Lebensalter ab.
Nicht selten sind solche Auffälligkeiten refluxassoziiert, sodass eine ergänzende pH-Metrie sinnvoll ist. Die klinische Relevanz ergibt sich aus den Symptomen des einzelnen Patienten und der Frage, ob die Symptome mit den Befunden korreliert werden können.

Sekundäre Motilitätsstörungen

Bei einer Refluxkrankheit können Motilitätsstörungen des Ösophagus wie beim diffusen Ösophagusspasmus oder beim hyperkontraktilen Ösophagus auftreten, häufig finden sich auch unspezifische Motilitätsstörungen. Da der pathologische Säurereflux auch als Folge einer Funktionsstörung des unteren Ösophagussphinkters gesehen werden kann, stellt die Refluxkrankheit letztlich eine Form der Motilitätsstörung des Ösophagus dar.
Sekundäre Motilitätsstörungen können im Rahmen von autonomen Neuropathien bei Diabetes mellitus oder bei einer Amyloidose, bei Kollagenosen wie dem Lupus erythematodes und der Sklerodermie oder bei chronischem Alkoholismus auftreten. Sie können aber auch bei Ösophaguserkrankungen wie Tumoren oder Entzündungen beobachtet werden.
Bei 80 % der Patienten mit Sklerodermie ist der Ösophagus mit einer Abnahme der Kontraktionsamplituden betroffen (Abb. 5). Im weiteren Krankheitsverlauf entwickelt sich eine Aperistaltik der unteren zwei Drittel des Ösophagus mit der Folge einer ausgeprägten Refluxkrankheit mit verminderter Säureclearance.
Störungen der oberen Sphinkterfunktion mit Schluckstörungen treten häufig im Rahmen von Apoplex oder anderen zentralnervösen Erkrankungen auf. Bei Patienten mit Morbus Parkinson ist zusätzlich zum oberen Sphinkter häufig auch der proximale Ösophagus betroffen. Die Myasthenia gravis beeinträchtigt nur die quergestreifte Muskulatur des proximalen Ösophagus.
Bei Diabetikern mit autonomer Neuropathie können sowohl hypo- als auch hypermotile Störungen der Ösophagusperistaltik auftreten. Bei diesen Patienten kann es auch zu Funktionsstörungen des oberen Sphinkters und des proximalen Ösophagus kommen.
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