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Die Geburtshilfe
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Publiziert am: 28.12.2023

Forensik in der Geburtshilfe

Verfasst von: Rolf-Werner Bock und Christoph Brezinka
Wie jegliche ärztliche Berufsausübung unterliegt auch die geburtshilfliche Betätigung sowohl in Deutschland als auch in Österreich einem forensischen Risiko mit potenziell zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen. Infolgedessen ist essenziell, dass geburtshilflich tätige Ärztinnen und Ärzte auch die an sie insoweit gestellten rechtlichen Anforderungen – auch in ihren systematischen Zusammenhängen – kennen. Dies gilt in gleicher Weise für ein Wissen um Fehlerquellen im Behandlungsregime, aus welchen juristische Konsequenzen resultieren können. Solche Kenntnis – samt damit einhergehendem Problembewusstsein – dient auch der Erreichung des eigentlichen Ziels jeglicher Ausübung von Heilkunde, nämlich der Erlangung möglichst positiver (Behandlungs-)Ergebnisqualität, was im Effekt die potenzielle Minimierung des forensischen Risikos impliziert.
Dazu ist auch die Etablierung eines konsequenten Risikomanagements zur prospektiven Verbesserung statthabender Struktur- und Prozessqualität geboten.
Drohen, insbesondere nach Komplikationen und Zwischenfällen bei der Behandlung, juristische Auseinandersetzungen, müssen Ärztinnen und Ärzte wissen und sollte für Kliniken organisatorisch geregelt sein, wie sich ein entsprechendes juristisches Zwischenfallmanagement zu gestalten hat.
Der juristischen Beurteilung von Behandlungsfehlervorwürfen liegen regelmäßig fachmedizinische Begutachtungen zugrunde. Mithin ist das Erfordernis qualifizierten und dabei auch verantwortungsbewussten Tätigwerdens von Sachverständigen auf der Grundlage der für eine Begutachtung geltenden Regeln eklatant.

Problemstellung

Das vorgegebene Thema „Forensik in der Geburtshilfe“ hat sicherlich seine rechts- und medizinpraktische Bedeutung, worauf auch näher einzugehen sein wird. In gewisser Weise greift es zugrunde liegenden Problemstellungen – diese übergehend – voraus, indem es ohne Weiteres eine gerade zu vermeidende Situation, nämlich dass sich Ärztin oder Arzt vor dem (gerichtlichen) „Forum“ wiederfinden, anspricht. So ist für Ärztinnen und Ärzte, insbesondere auch Geburtshelfer, selbstverständlich ein „forensisches Risiko“, also die Gefahr, in die Mühlen der Justiz zu geraten, zu konstatieren. Dies gilt im Hinblick auf zivilrechtliche Haftung und strafrechtliche Verantwortlichkeit.1 Dazu liegt zwar kein zusammenfassendes – die absoluten Gegebenheiten widerspiegelndes – statistisches Zahlenmaterial vor, jedoch muss festgestellt werden, dass sich die Zahl jährlich anhängiger Strafverfahren und – mehr noch – Zivilverfahren sowie auch in Deutschland Verfahren vor ärztlichen Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sowie Landes-Patientenanwaltschaften in Österreich in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich erhöht haben. Dabei ist die Geburtshilfe – soweit nachvollziehbar – von entsprechend erhobenem und ausgewertetem Fallmaterial zu Behandlungsfehlervorwürfen nicht signifikant quantitativ betroffen.2 Jedoch darf nicht vernachlässigt werden, dass sog. Geburtsschäden durch enorme Schadenssummen – auch in Höhe mehrerer Millionen Euro – charakterisiert sein können. Infolgedessen ist das Haftpflichtprämienniveau in den vergangenen Jahren eklatant gestiegen, und sollen zwischenzeitlich nur noch wenige Versicherungsunternehmen bereit sein, Geburtshilfe versicherungsvertraglich zu decken.
Nun ist jegliche ärztliche Berufsausübung schon im Allgemeinen durch Risikoaffinität in der Relation von Behandlungsausübung und Behandlungserfolg im Hinblick auf Komplikationen, Nebenfolgen oder gar einen Misserfolg aller Bemühungen charakterisiert. Dies resultiert nicht zuletzt aus der „Eigengesetzlichkeit und weitgehenden Undurchschaubarkeit des lebenden Organismus“, wie auch die höchstrichterliche Rechtsprechung nach wie vor anerkennt.3 Infolgedessen kann ärztliche Behandlung auch mit keiner „Erfolgsgarantie“ verbunden sein. Dabei ist nicht zuletzt gerade auch für die Geburtshilfe zu veranschlagen, dass vielfach schnellste Entschlüsse gefasst werden müssen, Erfolg und Misserfolg meist unmittelbar und für jedermann sichtbar in Erscheinung treten und dabei ein menschliches Versagen, ein Irrtum, nur ein Zögern schwerwiegende, oft irreparable Konsequenzen haben können.4 Diese Behandlungsrisikoaffinität korreliert mit dem beschriebenen forensischen Risiko, welches sich zunehmend entwickelt und manifestiert hat.
Mag eine über die Jahre verstetigte Verrechtlichung der Medizin zu beklagten sein,5 wozu u. a. auch die kaskadenartig quantitativ expandierende Judikatur mit daraus qualitativ resultierender Erweiterung und Verfeinerung medizinrechtlicher Dogmatik beigetragen hat, liegt das forensische Risiko für Ärztinnen und Ärzte im Ausgangspunkt in der Tatsache begründet, dass ihre Berufsausübung in Deutschland sowie auch Österreich rechtssystematisch überhaupt zu zivilrechtlicher Haftung und strafrechtlicher Sanktion führen kann.6 Dies ist einerseits hinzunehmen, wobei bzw. weshalb sich andererseits gerade die Frage stellt, wie sich das gegebene Haftungs- und Strafbarkeitsrisiko reduzieren lässt.
Die oben angegebene forensische Fallzahlentwicklung belegt, dass eine Praktizierung sog. „defensiver Medizin“ kaum hilfreich ist. Solches Agieren hat Laufs bereits 1986 erkannt und wie folgt beschrieben:
„Die Verrechtlichung seiner Kunst lässt den Arzt neben den Risiken, die der Patient mitbringt und die diesem bei der Diagnose oder Therapie drohen, auch die eigenen forensischen Gefahren bedenken und als indizierende wie kontraindizierende Faktoren ins Kalkül ziehen. Aus der verrechtlichten droht eine defensive Medizin zu werden, die aus Scheu vor der Klage zu viel untersucht oder zu wenig an Eingriff wagt“.7
Defensive Medizin kann sich allerdings auch als ein „Zuviel“ an Eingriffen darstellen, wie z. B. der schon seinerzeitigen Zunahme an Sectioentbindungen zur Vermeidung denkbar komplikativer Vaginalentbindungen auch zu entnehmen sein dürfte.8 Ist nachvollziehbar, dass Ärztinnen und Ärzte vermittels „juristischer Indikationsstellung“ versuchen, forensische Risiken zu umgehen bzw. zu minimieren, kann solches – im Eigentlichen nicht indikationsgerechtes – Behandlungsverhalten infolge „Scheu vor der Klage“ und nur der eigenen Absicherung dienend letztlich keine Rechtfertigung finden.
Tatsächlich verhält es sich doch so, dass alle ärztlichen Bemühungen auf das „Wohl des Patienten“ bzw. der Patientin ausgerichtet sein müssen. Basale Voraussetzung dafür, dieses Ziel zu erreichen, ist eine adäquate fachliche Qualifikation der Behandelnden. Dies impliziert z. B. die Kenntnis je aktuellen medizinischen Standards hinsichtlich Diagnostik und Therapie in der Geburtshilfe. Dazu gehört auch die permanente Fortbildung, um insoweit statthabende Diskussionen und Entwicklungen zur Kenntnis nehmen und in die Praxis umsetzen zu können (z. B. betreffend ein Screening auf Präeklampsie und CMV (Cytomegalovirus)-Infektionen in der Schwangerschaft).
Allerdings unterliegt das Behandlungsagieren auch – im Weiteren näher darzulegenden – rechtlichen Maßgaben und Anforderungen, welche jeder Ärztin und jedem Arzt bekannt und stets bewusst sein müssen. Beispielsweise berühren strafrechtliche Kategorien, welche immer wieder den Prüfungsmaßstab sog. Kunstfehlerprozesse bilden, ohnehin fundamental die Frage nach dem „Sollen“ der Rechtssubjekte im Zusammenhang mit bestimmten Lebenssachverhalten. So verstandenes „Sollen“ impliziert auch das „Dürfen“ und „Können“ aufgrund entsprechender Erlaubnis und Ermächtigung.9 Diese Kriterien werden gerade bei der Ausübung von Heilkunde sehr anschaulich deutlich: Geht es doch zum einen um die Verpflichtung, dem Patienten sorgfaltspflichtgerecht eine Behandlung lege artis zu vermitteln, was zum anderen grundsätzlich nur im Rahmen entsprechender Einwilligung nach adäquater Aufklärung erfolgen darf. Somit stellt sich auch im Zusammenhang mit der geburtshilflichen Behandlung von Patientinnen die Frage, wie sich das ärztliche „Sollen“ rechtlich gestaltet,10 was im Weiteren nähere Darlegung findet. Allerdings betrifft dies nicht nur das individuelle Agieren von Ärztinnen und Ärzten, sondern auch das kooperative und zu koordinierende Zusammenwirken mit anderen Medizinalpersonen im Rahmen horizontaler und vertikaler Arbeitsteilung (etwa fachgebietsübergreifend mit Anästhesisten, Pädiatern und Neonatologen sowie Hebammen und auch Pflegekräften). Dergestalt vollzieht sich das Agieren aller Beteiligten im Rahmen mehr oder weniger komplexer Behandlungsstrukturen, was vor allem – aber nicht nur – für Kliniken gilt. Mithin ist auch sicherzustellen, dass sich die individuelle fachliche Qualifikation aller am Behandlungsprozess Beteiligten verwirklichen kann, wozu es einer adäquaten Organisation bedarf. Letztlich erfordert es zur Erzielung einer möglichst positiven Ergebnisqualität der Etablierung dafür erforderlicher Struktur- und Prozessqualität.
Das Erfordernis zur Gewährleistung einer adäquaten Behandlungsorganisation hat sogar normative Absicherung gefunden. So sind in Deutschland gemäß § 135a Abs. 2 Nr. 2 SGB (Sozialgesetzbuch) V die Leistungserbringer verpflichtet, einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiter zu entwickeln. Im Ergebnis Entsprechendes gilt in Österreich für alle in Gesundheitsberufen Tätigen gemäß Gesundheitsqualitätsgesetz aus dem Jahr 2004.
Im Rahmen der Methode „Qualitätsmanagement“ muss als ein Instrument jedenfalls auch ein adäquates „Risikomanagement“ etabliert sein, was insbesondere für die Geburtshilfe gilt. Denn vermittels dieses Instruments lassen sich – gerade auch aus rechtlicher Sicht – risikobegründende und -erhöhende Faktoren identifizieren und eliminieren, was zur Optimierung der Struktur- und Prozessqualität führt, woraus wiederum eine Verbesserung der Ergebnisqualität resultieren kann. Dies dient dem „Wohl des Patienten“, im Bereich der Geburtshilfe also Mutter und Kind, impliziert idealiter eine Schadensreduktion und senkt somit letztlich das forensische Risiko. Damit kommt dem Prinzip „salus aegroti suprema lex“ (die Sicherheit des Patienten ist das oberste Gesetz) unter aktuellen Gegebenheiten und Anforderungen weitergehende Bedeutung zu.
In diesem Sinne haben die nachfolgenden Ausführungen das Ziel, aus rechtlicher Sicht „Risikokontrollpunkte“ sowohl für das individuelle als auch für ein kooperatives Behandlungsagieren zu markieren.
Als „Seitenstücke“ finden „Grundlagen der medizinischen Begutachtung“, welche für gerichtliche Entscheidungen sowie auch im Rahmen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen grundsätzlich unabdingbar sind, und praktische Hinweise für das Verhalten nach einem Zwischenfall bzw. zu einem „Juristischen Zwischenfallmanagement“, womit forensische Auseinandersetzungen gerade vermieden bzw. zweckmäßig bewältigt werden sollen, Darlegung.

Rechtlich und insbesondere forensisch relevante Sachverhaltszusammenhänge

Rechtliche Systematisierung und Fehlerquellen im Behandlungsregime

Rechtsgrundlagen

Die „Büchse der Pandora“ mit grundlegenden rechtssystematischen Konsequenzen für die Strafbarkeit und auch Haftung von Medizinalpersonen, insbesondere Ärztinnen und Ärzten, im Zusammenhang mit Behandlungsausübung wurde in Deutschland im Jahr 1894 geöffnet. In einer strafrechtlichen Entscheidung11 konstatierte das Reichsgericht – bis dato richterrechtlich fortgeltend –, dass jeder ärztliche Eingriff in die körperliche Integrität eines Menschen – unbeschadet gegebener Indikation und einer Durchführung lege artis – den Tatbestand der Körperverletzung, der sich im Ansatz auch als „rechtswidrig“ darstelle, erfüllt. Zur Vermeidung der Rechtswidrigkeit – und letztlich Strafbarkeit – des Eingriffs bedarf es eines Rechtfertigungsgrundes, der regelmäßig – auf der Grundlage adäquater Aufklärung – in der Einwilligung des Patienten in dessen Vornahme gegeben ist. Mithin können bei der Behandlung von Patienten insbesondere die Tatbestände der fahrlässigen Körperverletzung (§ 229 StGB) und der fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) grundsätzlich einschlägig sein. Demnach unterliegt strafrechtlicher Sanktion, wenn – kurz gesagt – ein fehlerhaftes Verhalten im Zusammenhang mit der Behandlung eines Patienten kausal zu dessen Gesundheitsschädigung oder Tod führt. Unter im Wesentlichen gleichen Voraussetzungen kann zivilrechtliche Haftung aus (Krankenhaus- bzw. individuellem Behandlungs-)Vertrag und aus Delikt (§§ 823 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)) resultieren.
Dem zivilrechtlichen Arzthaftungsrecht ist die Kontrolle, ob „der Patient die von ihm zu beanspruchende medizinische Qualität auch erhalten hat“,12 inhärent. Gleiches gilt zumindest im Effekt strafrechtlich. Dabei unterliegt die Geburtshilfe der Besonderheit, im Eigentlichen mit „zwei Patienten“ konfrontiert zu sein, nämlich der Schwangeren bzw. Mutter und dem – auch noch nicht geborenen – Kind. Der Nasciturus ist wie die werdende Mutter vertraglich und deliktisch geschützt.13
Unbeschadet der normativen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch setzt strafrechtlich der Schutz des Nasciturus betreffend Gesundheit und Leben mit dem „Beginn der Geburt“, d. h. dem Beginn der Eröffnungswehen14 bzw. vorgängig bei Vornahme einer Sectio caesarea mit der Eröffnung des Uterus zum Zweck der Beendigung der Schwangerschaft durch Entnahme des Kindes aus dem Mutterleib – und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Kind oder mehrere Kinder handelt –, ein. Unter Bestätigung von Ersterem hat der BGH (Bundesgerichtshof) Letzteres mit Beschluss vom 11. November 2020 judiziert.15 Die vorstehend für Deutschland ausgeführten Rechtsgrundlagen gelten in Österreich sowohl zivil- als auch strafrechtlich bis auf Nuancen entsprechend.16
Somit sind im forensischen Zusammenhang betreffend eventuelle Behandlungsfehler grundlegend 2 Rechtsmaterien zu differenzieren, nämlich zum einen das Zivilrecht und zum anderen das Strafrecht.
In Zivilverfahren geht es um die Wiedergutmachung etwa entstandenen materiellen Schadens und den immateriellen Ausgleich für erlittene „Schmerzen“ bzw. beeinträchtigte Lebensqualität durch Geldzahlung. Insofern greift grundsätzlich der Haftpflichtversicherungsschutz ein, wobei stets für einen aktuell und prospektiv hinreichenden Deckungsschutz Sorge zu tragen ist. Bei Unterdeckung besteht die Gefahr persönlicher Inanspruchnahme.
Demgegenüber trifft Ärztinnen und Ärzte eine Strafsanktion nach Durchführung eines Strafverfahrens höchst persönlich. Eine eventuell abgeschlossene Rechtsschutzversicherung erstattet allenfalls Verfahrens- und Anwaltskosten. Im Falle einer Verurteilung drohen zudem berufsordnungs- und approbationsrechtliche sowie gegebenenfalls auch arbeits- und vertragsarztrechtliche Konsequenzen. Zudem dürfen die immensen physischen und psychischen Belastungen, die mit der bloßen Anhängigkeit und Durchführung eines Strafverfahrens verbunden sind, nicht vernachlässigt werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sog. Kunstfehlerprozesse heute regelmäßig eklatante Medienwirksamkeit auslösen. Dies kann die persönliche Reputation, aber auch das Ansehen einer Abteilung bzw. eines ganzen Krankenhauses schädigen.
Einerseits zivilrechtliche Haftung und andererseits strafrechtliche Verantwortlichkeit vermögen sich wegen im Detail unterschiedlicher Voraussetzungen und divergierender Beweisregeln weder wechselseitig auszuschließen noch zu präjudizieren. So ist denkbar, dass im Rahmen eines Zivilprozesses die Verurteilung zur Leistung von Schadensersatz und Schmerzensgeld erfolgt, im Strafverfahren jedoch kein Schuldvorwurf zu erheben ist. Umgekehrt ist ein strafgerichtlicher Schuldspruch trotz Klageabweisung im Zivilverfahren möglich.

Fehlerquellen in der geburtshilflichen Praxis

Das dargelegte forensische Risiko vermag sich für geburtshilflich tätige Ärztinnen und Ärzte sowie Klinikträger im Wesentlichen in 3 Sachverhaltszusammenhängen zu realisieren. Regelmäßig stehen
  • Behandlungsfehler und
  • Organisationsmängel sowie
  • Aufklärungspflichtverletzungen
in Rede. Die beiden erstgenannten Fehlerquellen stellen sich im Kern als Verstoß gegen die einzuhaltende Sorgfalt dar. Aufklärungsdefizite sind im Ergebnis – mangels darauf beruhender wirksamer Einwilligung der Patientin – als verbotene Eigenmacht bei der Umsetzung von Behandlungsmaßnahmen zu charakterisieren. Dabei verhält es sich vielfach so, dass individuelle Behandlungsfehler und Aufklärungsmängel aus zugrunde liegend unzureichender Organisation resultieren.
Beispiel
Eine Assistenzärztin wird zu Beginn ihrer Weiterbildungszeit ohne Weiteres – d. h. noch ohne insoweit festgestellt gehörige Qualifikation – zum Bereitschaftsdienst am Wochenende eingeteilt. Sie ist mit der Beurteilung einer Geburtssituation überfordert, zieht jedoch nicht den (fachärztlichen) Hintergrunddienst hinzu. Vielmehr trifft sie selbst eine fehlerhafte Behandlungsentscheidung mit daraus resultierender Schädigung des Kindes. Entscheidet diese Assistenzärztin nur „zufällig“, also nicht rational aufgrund qualifizierter Überlegungen richtig, bleibt das gleichwohl zugrunde liegende Organisationsdefizit unentdeckt bzw. „versteckt“.
Beispiel
Anlässlich Risk-Management-Analysen in Kliniken ist immer wieder festzustellen, dass insbesondere das perinatale Management samt Aufklärungsmaßnahmen lediglich auf der Grundlage von „Übungen“ bzw. Gepflogenheiten ohne schriftlich fixierte Regelungen erledigt wird. Auch solche Praxis impliziert ein Organisationsdefizit mit potenziell versteckten Risiken.
Darüber hinaus sind
  • Dokumentationsmängel
zu veranschlagen. Sie bilden zwar keine eigene Anspruchsgrundlage für Haftungsansprüche und stellen erst recht keinen Strafgrund dar. Gemäß § 630h Abs. 3 BGB resultiert aus mangelhafter bzw. fehlender Dokumentation der Behandlung im Zivilprozess jedoch eine Beweislastumkehr zugunsten der Patientenseite. Erhebt diese die Aufklärungsrüge, obliegt dem Geburtshelfer bzw. der Klinik ohnehin a priori die Beweislast für Aufklärungsmaßnahmen (vgl. § 630h Abs. 2 BGB), welche deshalb sorgfältig zu dokumentieren sind.
Ein Zivilrechtsstreit kann also alleine deshalb verloren gehen, weil „optimale Behandlung“ und/oder „umfassende Aufklärung“ nicht vermittels einer adäquaten Dokumentation bewiesen werden können.

Geburtshilfe lege artis

Im Ausgangspunkt ist zu berücksichtigen, dass „gerade wegen der Eigengesetzlichkeit und weitgehenden Undurchschaubarkeit des lebenden Organismus … ein Fehlschlag oder Zwischenfall [im Behandlungsverlauf] nicht allgemein ein Fehlverhalten oder Verschulden des Arztes indizieren (kann)“, wie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt ist.17 Dieser Aspekt wird auf Patientenseite bzw. von deren anwaltlichen Vertretern oftmals verkannt, indem aus einem Ausbleiben des intendierten Behandlungserfolgs – konkret einer Geburt ohne körperliche Schädigung von Mutter und Kind – oder auch nur dem Auftreten von Komplikationen – z. B. Erfordernis zum Umstieg auf eine vaginal-operative und/oder Sectioentbindung, Auftreten einer Schulterdystokie, Notwendigkeit intensivmedizinischer Behandlung des Neugeborenen – auf eine fehlerhafte geburtshilfliche Behandlung bloß rückgeschlossen wird. In diesem Zusammenhang bleibt der Aspekt einer „Schicksalhaftigkeit“ oftmals unzutreffend außer Betracht. Dabei scheint die Geburtshilfe auch mit einem Paradoxon belastet zu sein, indem auf Patientenseite einerseits der Anspruch auf ein perfektes Geburtsmanagement mit Erreichung – gleichsam garantierten – medizinischen Erfolgs gestellt wird und andererseits der Wunsch nach möglichst „natürlicher Geburt“ bzw. „sanfter Geburt“ besteht (zugespitzt kurz formuliert: „Perinatalzentrum versus Hausgeburt“). In diesem Spannungsfeld kommt einer insoweit angemessenen und vor allem auch adäquat umfänglichen Aufklärung der Schwangeren umso mehr Bedeutung zu.

Sorgfaltspflicht und Behandlungsstandard

Vor dem Hintergrund der oben angegebenen Rechtsprechung ist die fundamentale Voraussetzung sowohl zivilrechtlicher Haftung als auch strafrechtlicher Verantwortlichkeit des Arztes daher jedenfalls eine Verletzung der objektiven Sorgfaltspflicht. Darunter versteht man im vorliegenden Zusammenhang konkret einen Verstoß gegen denjenigen Behandlungsstandard, den – aus Ex-ante-Sicht – ein besonnener und gewissenhafter Geburtshelfer der Patientin bzw. Schwangeren in der konkret zu beurteilenden Behandlungssituation (beispielsweise zur prä- oder intrapartualen Erhebung einer Risikokonstellation samt gegebenenfalls erforderlicher Reaktion; insbesondere etwa zeitgerechter Indikationsstellung zur Sectioentbindung) geboten hätte. Dieser „Standard“ ist abstrakt-generell als der jeweilige Stand der medizinischen Wissenschaft, konkret als das zum Behandlungszeitpunkt in der ärztlichen bzw. speziell geburtshilflichen Praxis bewährte, nach naturwissenschaftlicher Erkenntnis gesicherte, allgemein anerkannte und für notwendig erachtete Verhalten umschrieben.18 Der BGH formuliert wie folgt: „Der Standard gibt Auskunft darüber, welches Verhalten von einem gewissenhaften und aufmerksamen Arzt in der konkreten Behandlungssituation aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachbereichs im Zeitpunkt der Behandlung erwartet werden kann. Er repräsentiert den jeweiligen Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnis und der ärztlichen Erfahrung, der zur Erreichung des ärztlichen Behandlungsziels erforderlich ist und sich in der Erprobung bewährt hat“.19 Laut österreichischem OGH handelt ein Arzt fehlerhaft, wenn er das in Kreisen gewissenhafter und aufmerksamer Ärzte oder Fachärzte vorausgesetzte Verhalten unterlässt.20
Entsprechend der in Deutschland üblichen Terminologie anders formuliert: Im Ergebnis ist eine Behandlung gemäß „Facharztstandard“ bzw. eine Behandlung mit „Facharztqualität“ zu gewährleisten,21 d. h., dass der Arzt die konkret anzuwendende Behandlung „theoretisch wie praktisch so beherrscht, wie das von einem Facharzt erwartet werden muss“.22 Der Rückgriff auf den Terminus „Facharzt“ impliziert dabei materiell lediglich die Unterstellung, dass in dieser personifizierten Beschreibung einerseits der im konkreten Einzelfall einzuhaltende medizinische Standard und damit andererseits – als rechtlich maßgebliches Kriterium – die objektiv einzuhaltende Sorgfalt abgebildet wird. Demgemäß beinhaltet die Anforderung einer Gewährleistung vom Facharztstandard nicht das Erfordernis des Tätigwerdens einer Ärztin bzw. eines Arztes mit formeller Facharztanerkennung. Vielmehr muss die/der Behandelnde in der konkreten Behandlungssituation materiell mit Facharztqualität tätig werden können.
Beispiel
Eine Assistenzärztin wird (sollte) mit fortschreitender Weiterbildungszeit zur Erlangung der Anerkennung als Fachärztin zunehmend in der Lage sein, im Bereitschaftsdienst bezüglich gewisser Befundsituationen qualifiziert eigenverantwortlich Behandlungsentscheidungen zu treffen. Bei Erschöpfung der eigenen Kompetenz bzw. auch nur dahin gehendem Zweifel ist sie verpflichtet, den fachärztlichen Hintergrunddienst zu involvieren, damit in dessen Person eine Behandlung mit „Facharztqualität“ gewährleistet wird.
Allerdings wird in der Rechtsprechung die formelle Anerkennung als Facharzt für einen Arzt verlangt, „der einen Nicht-Facharzt bei seiner Tätigkeit anleitet und beaufsichtigt, da diese Überwachung eine besondere Kompetenz, Souveränität und Verantwortung erfordert“.23
Die oben angegebene Beschreibung einzuhaltenden Behandlungsstandards impliziert, dass dieser keine rein statische Größe darstellt, sondern eine dynamische Komponente enthält, welche von der Entwicklung und dem jeweiligen Fortschritt allgemein in der Medizin und insbesondere etwa im Bereich der Geburtshilfe abhängt, also neue Erkenntnisse und Erfahrungen in sich aufnimmt und dadurch den Standard ändert.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es ausschließlich der medizinischen Wissenschaft und insbesondere den betroffenen Fachgebieten, etwa der Gynäkologie und Geburtshilfe, obliegt, zu diskutieren und eventuell zu bestimmen, was als lege artis zu erachten ist.
Vor diesem Hintergrund kommt auch der ärztlichen Fortbildungspflicht, an welche die Rechtsprechung – unbeschadet z. B. berufsrechtlicher Verpflichtung – höchste Anforderungen stellt, größte Bedeutung zu.

Standardgewährleistung und Übernahmeverschulden

Die Überschätzung der eigenen fachlichen Kompetenz und zur Verfügung stehender Behandlungsmöglichkeiten (personell, apparativ, räumlich) mit daraus resultierender Unterschreitung des einzuhaltenden Behandlungsstandards impliziert per se eine Verletzung der objektiv einzuhaltenden Sorgfaltspflicht, wobei praktische und rechtssystematische Differenzierungen zu berücksichtigen sind.
  • Jenseits des einzuhaltenden Standards orientiert sich die objektiv einzuhaltende Sorgfalt auch an den diagnostischen, therapeutischen, apparativen und personellen Möglichkeiten, die dem Geburtshelfer zur Verfügung stehen, sowie an der konkreten Situation, in der die Behandlung der Schwangeren erfolgt. So unterliegt die Beherrschung einer echten Notfallsituation (z. B. während einer Verlegungsfahrt außerhalb der Klinik) anderen Gegebenheiten und mithin Voraussetzungen als eine vorausschauend geplante operative Entbindung während der Routinedienstzeit.
    Betreffend Kliniken verschiedener Versorgungsstufen hat der BGH Folgendes festgestellt: „Der rasche Fortschritt in der medizinischen Technik und die damit einhergehende Gewinnung immer neuer Erfahrungen und Erkenntnisse bringt es mit sich, dass es zwangsläufig zu Qualitätsunterschieden in der Behandlung von Patienten kommt, je nachdem, ob sie sich etwa in eine größere Universitätsklinik oder eine personell und apparativ besonders gut ausgestattete Speziaklinik oder aber in ein Krankenhaus der Allgemeinversorgung begeben. In Grenzen ist deshalb der zu fordernde medizinische Standard je nach den personellen und sachlichen Möglichkeiten verschieden“.24
    Allerdings kann einen Arzt zur Rechtfertigung einer Standardunterschreitung etwa der Hinweis auf unzureichende eigene fachliche Qualifikation bzw. nicht zur Verfügung stehende Ausstattung nicht (ohne Weiteres) entlasten. Beispielsweise muss
    • die Schwangere zeitgerecht zur Mit- bzw. Weiterbehandlung an einen Spezialisten – etwa zur Feindiagnostik – überwiesen,
    • die Vorstellung der Schwangeren mit Risikofaktoren zur Geburtsplanung in der Klinik veranlasst,
    • das Erfordernis zur Verlegung der Schwangeren aus einer normalen Geburtsklinik in ein Perinatalzentrum erkannt,
    • der fachärztliche Hintergrunddienst vom Bereitschaftsdienst zur Befundung der Geburtssituation erforderlichenfalls rechtzeitig involviert werden und
    • sichergestellt sein, dass die unmittelbar postoperative Überwachung nach einer Sectioentbindung im Kreißsaalbereich den Qualitätsanforderungen eines üblichen (anästhesiologischen) „Aufwachraums“ entspricht, sowie
    • organisatorisch Vorsorge getroffen sein, dass für den Fall der Indikation einer Notsectio unter anderem die Einhaltung einer E-E-Zeit (Entscheidungs-Entbindungs-Zeit) von maximal 20 Minuten gewährleistet ist.
    Bezüglich Letzterem ist Folgendes anzumerken:
    Im Rahmen klinischer Geburtshilfe, welche gemäß Versorgungsvertrag vorzuhalten und doch auch als solche angeboten (sogar „beworben“) wird, hat aus der Indikation zur Notsectio selbstverständlich „notfallmäßiges Agieren“ zu resultieren. Mit dem Eintreten einer solchen Situation ist jedoch aus der Natur der Sache folgend tagtäglich über 24 h zu rechnen, was mithin auch nicht „überraschend“ erfolgt. Infolgedessen handelt es sich dabei im Eigentlichen auch nicht um einen „Notfall“ im oben angegebenen Sinne. Vielmehr ist unter allen Aspekten – beispielsweise auch im Hinblick auf die jederzeit verfügbare OP-Kapazität – infrastrukturell und organisatorisch sicherzustellen, dass die Indikation einer Notsectio gemäß dafür geltendem Behandlungsstandard umgesetzt werden kann.
  • Gilt im Zivilrecht ausschließlich der dargelegte objektive Sorgfaltsmaßstab, bedarf es strafrechtlich zusätzlich einer subjektiven Betrachtung. So kann ein strafrechtlicher Schuldvorwurf nur erhoben werden, wenn der Geburtshelfer nach seinen persönlichen Fähigkeiten und individuellen Kenntnissen auch imstande war, die von ihm objektiv verlangte Sorgfalt aufzubringen. Allerdings darf daraus nicht gefolgert werden, dass bei nur unterdurchschnittlicher Qualifikation straflos bleibt, wer unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen verursacht. Auch wem etwa mangels eigener persönlicher Fähigkeiten und Sachkunde ein Behandlungsfehler unterläuft, kann objektiv pflichtwidrig und subjektiv schuldhaft im Sinne einer Übernahmefahrlässigkeit handeln. Der gegen den Behandelnden zu erhebende Vorwurf geht dann nicht dahin, dass er eine falsche Behandlungsentscheidung getroffen hat, sondern dass er hätte erkennen müssen, angesichts der eigenen (mangelnden) Qualifikation mit einer entsprechenden Entscheidungsfindung überfordert zu sein bzw. sich damit – anschaulich formuliert – „übernommen“ zu haben.
    Insofern wird allerdings oft übersehen, dass Betroffene, denen ein Dienst oder die Durchführung einer einzelnen Behandlungsmaßnahme übertragen wird, auf ohnehin noch (z. B. mangels Weiterbildungszeit) oder aktuell (wegen Erkrankung, Medikamenteneinnahme, Übermüdung, Alkoholgenusses oder auch mangels Übung – etwa im Anschluss an eine Elternzeit – etc.) bestehende Unterqualifikation bzw. persönliche Leistungseinschränkung hinweisen bzw. gegenüber dem Anweisenden „remonstrieren“ müssen, um eine Aufgabenübertragung an einen geeigneten Dritten herbeizuführen.
    Eine entsprechende Verpflichtung zur Remonstration gegenüber dem Krankenhausträger/der Krankenhausleitung/Geschäftsführung besteht für Chefärztinnen bzw. Chefärzte, für deren Abteilung eine (quantitavie und/oder qualitative) personelle Unterbesetzung, mit welcher eine Geburtshilfe lege artis nicht mehr umgesetzt werden kann, zu konstatieren ist. Erfolgt keine erforderliche Abhilfe, hat es mit – auch wiederholter – Remonstration selbstverständlich nicht sein Bewenden. Gegebenenfalls bedarf es für die Abteilung einer Reduktion des geburtshilflichen „Behandlungsprogramms“. Wie der BGH immer wieder betont, bilden „Schutz und Sicherheit des Patienten“ oberste Maxime.
Vor einer Überschätzung der Fähigkeiten in eigener Person oder von nachgeordneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie (auch aus Sicht des Krankenhausträgers/der Geschäftsführung) zur Verfügung stehender Behandlungsmöglichkeiten kann nur gewarnt werden. Dies betrifft zum einen eine gehörige Selbstkritik und zum anderen Organisationserfordernisse. Zudem wird deutlich, dass einerseits Organisationsverschulden und andererseits Übernahmeverschulden in einem spiegelbildlichen Zusammenhang stehen bzw. „zwei Seiten derselben Medaille“ darstellen können.
In einem vom BGH entschiedenen Fall ging es darum, dass für das am Tag vorgesehene Operationsprogramm zu wenig hinreichend qualifizierte Anästhesisten zur Verfügung standen. Bei einem Patienten realisierte sich anässlich der Eingriffsdurchführung eine Beatmungsblockade, welche nicht zeitgerecht durchbrochen werden konnte. Infolgedessen erlitt der Patient einen schweren Hirnschaden. Betreffend die zivilrechtliche Haftung des Krankenhausträgers hat der BGH judiziert, es komme darauf an, was dieser „dem in die Klinik aufgenommenen Patienten schuldet, ob er die danach erforderlichen Leistungen bereitgestellt hat und ob, falls er schuldhaft nicht alle von ihm zu verlangenden zumutbaren Anstrengungen zur bestmöglichen medizinischen Betreuung des Patienten und zu seinem Schutz vor unzulänglichen und fehlerhaften Behandlungsmaßnahmen getroffen hat, solche Unterlassungen zu einem Schaden des Patienten geführt haben; einen solchen Schaden hat der Krankenhausträger dem Patienten grundsätzlich zu ersetzen“.25 Kann die demgemäß geschuldete Leistung wegen personeller, apparativer und räumlicher Defizite nicht erbracht und auch vermittels organisatorischer Maßgaben nicht überbrückt werden, fordert der BGH eine Reduktion des klinischen „Programms“: „Um ihren vertraglichen Pflichten nachzukommen und zum Schutz der Patienten, die sich in ihre Universitätsklinik begaben, hätte der Krankenhausträger dafür Sorge tragen müssen, dass in seiner Klinik nur Operationen ausgeführt wurden, die anästhesiologisch ordnungsgemäß betreut werden konnten. Solange er nicht genügend Anästhesisten für seine Klinik bekommen konnte, hätte er notfalls auf eine Ausweitung der chirurgischen Abteilung verzichten und weiter anordnen müssen, dass nach Erschöpfung der jeweils vorhandenen Kapazität die Patienten an andere Krankenhäuser zu verweisen seien“.26 Dabei habe der Krankenhausträger „keinesfalls vor den (ihm) bekannten Zuständen mit der Gefahr ‚illegaler Praktiken‘ und sogenannter ‚Umimprovisationen‘ die Augen schließen und darauf vertrauen (dürfen), die in der Klinik tätigen Ärzte würden mit der jeweiligen Situation schon irgendwie fertig werden und sie würden sich nach Kräften bemühen, die Patienten trotz allem vor Schäden zu bewahren.“27
Die vorstehend ausgeführte Fallkonstellation samt daraus resultierender Maßgaben in der Entscheidung des BGH gilt in gleicher Weise für geburtshilfliche Behandlung bzw. geburtshilfliche Abteilungen, weshalb in Einzelfällen – jenseits einer „Programmreduktion“ – sogar deren Fortbestand in Frage stehen könnte, was unter konsequenter Beurteilung in der Vergangenheit auch immer wieder positive Beantwortung gefunden hat.

Bedeutung von Leitlinien

Im Falle von Arzthaftungs- bzw. Arztstrafprozessen stehen primär rechtliche Beurteilungskriterien in Rede, was vor allem die Bestimmung der „berufsspezifischen Sorgfaltspflichten“ betrifft.28 Insofern ergibt sich eine materiell- und prozessrechtlich außerordentlich bedeutsame Schnittstelle zwischen Medizin und Recht, denn die Rechtsfrage, „ob ein Arzt seine berufsspezifische Sorgfaltspflicht verletzt hat, ist … in erster Linie eine Frage, die sich nach medizinischen Maßstäben richtet“.29 Vor diesem Hintergrund stellt sich weitergehend die Frage, ob sog. ärztlichen Leitlinien Bedeutung als „medizinischer Maßstab“ zukommt und gegebenenfalls welche.30
Dies betrifft beispielsweise die Leitlinien „Die vaginale Geburt am Termin“31 und „Die Sectio caesara“.32
In Zivilprozessen wird oftmals schon von Patientenseite auf den Inhalt von Leitlinien abgestellt, um die erhobene Klage mit deren Außerachtlassung bzw. nichtumfänglichen Anwendung als Behandlungsfehler zu begründen. Auch medizinische Sachverständige, mit deren Hilfe „der Richter“ den berufsfachlichen Sorgfaltsmaßstab „ermitteln“ muss33 greifen oftmals schlicht unmittelbar auf Leitlinien zurück, um den für die zu beurteilende Behandlungssituation einzuhaltenden medizinischen Standard zu beschreiben bzw. zu bestimmen. Beide Argumentationsansätze ermangeln der gehörigen Differenzierung und gehen fehl.
Aus der Rechtsprechung des BGH ergibt sich vielmehr Folgendes: „Handlungsanweisungen in Leitlinien ärztlicher Fachgremien oder Verbände dürfen nicht unbesehen mit dem medizinischen Standard gleichgesetzt werden. Dies gilt in besonderem Maße für Leitlinien, die erst nach der zu beurteilenden medizinischen Behandlung veröffentlicht worden sind. Leitlinien ersetzen kein Sachverständigengutachten. Zwar können sie im Einzelfall den medizinischen Standard für den Zeitpunkt ihres Erlasses zutreffend beschreiben; sie können aber auch Standards ärztlicher Behandlung fortentwickeln oder ihrerseits veralten“.34
Das heißt, dass Leitlinien den im Einzelfall einzuhaltenden medizinischen Standard idealiter beinhalten, keinesfalls vermögen sie eo ipso diesen Standard konstitutiv zu begründen. In diesem Sinne merkt die AWMF auf ihrer Homepage zur Publikation von Leitlinien im Internet zutreffend Folgendes an:
„Die ‚Leitlinien‘ der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften sind systematisch entwickelte Hilfen für Ärzte zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der Medizin, wollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen. Die ‚Leitlinien‘ sind für Ärzte rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung“.
Wie schon ausgeführt, beinhalten Leitlinien nur idealiter den einzuhaltenden Standard – vor allem bei zunehmend evidenzbasierter Ausarbeitung –, sie mögen allerdings auch „veraltet“ sein, für eine zu beurteilende Behandlungssituation schlicht „nicht passen“ oder besondere Umstände erfordern ein begründetes, d. h. auch – z. B. für einen Sachverständigen – aus der Behandlungsdokumentation nachvollziehbares Abweichen von leitlinienmäßigen Vorgaben. Nicht nur Letzteres belegt, was ohnehin gilt, nämlich dass jede Ärztin und jeder Arzt die für sein Behandlungsagieren – auch fachgebietsübergreifend – relevanten Leitlinien kennen muss und diese infolgedessen bei jeglicher Behandlungsentscheidung in angemessener Weise berücksichtigen kann.

Behandlungsorganisation; Risk Management

Wie einleitend bereits ausgeführt, haben selbstverständlich alle geburtshilflichen Behandlungsmaßnahmen eine möglichst positive Ergebnisqualität betreffend Mutter und Kind zum Ziel. Basale Voraussetzung für ein Erreichen dieses Ziels ist die adäquate persönliche Qualifikation bzw. gehörige fachliche Kompetenz aller in den perinatalen Behandlungsverlauf involvierten Akteure, seien es Ärztinnen und Ärzte (auch verschiedener Fachgebiete), Hebammen oder Pflegekräfte. Neben diesen, die unmittelbar „am Patienten“ tätig werden, dürfen dabei unterstützende Leistungserbringer „für den Patienten“ (Labor, Blutbank, Apotheke etc.) nicht vernachlässigt werden. Schon diese Mehr- bzw. gar Vielzahl an Behandlungsakteuren erhellt, dass sich das perinatale Behandlungsgeschehen durchaus komplex darstellt. In diesem „Betriebssystem“ müssen die letztlich Behandelnden vermittels einer Etablierung adäquater Struktur- und Prozessqualität in die Lage versetzt sein, bei Mutter und Kind eine individuell erforderliche Behandlung nach den Regeln ärztlicher Kunst bzw. mit Facharztqualität anwenden zu können. Insofern besteht die Sorgfaltspflicht zur Etablierung einer adäquaten Behandlungsorganisation, deren Erfüllung den insoweit Zuständigen – beginnend mit Organwaltern des Klinikträgers/Geschäftsführung bis hin zu Funktionszuständigen, z. B. Ärztlicher Direktor, Chefarzt, Pflegedirektion, Gerätebeauftragte, Transfusionsverantwortlicher – auf der jeweiligen Leitungsebene bzw. in entsprechenden Leitungsbereichen obliegt. Die Verletzung dieser Sorgfaltspflicht ist bei daraus kausal resultierender Schädigung von Mutter und/oder Kind als Organisationverschulden anzusprechen.35
Infolgedessen hat es mit der Erfüllung seiner primären Organisationspflicht durch den Klinikträger zur zweckmäßigen (Erst-)Organisation der Klinik samt einzelner Abteilungen und Bereiche nicht sein Bewenden. Erforderlich ist vielmehr, dass laufend und routinemäßig nachvollzogen und sichergestellt wird, ob/dass die je aktuelle Organisationsstruktur zur Erzielung positiver Ergebnisqualität im einzelnen Behandlungsfall tatsächlich effektiv ist. Als sekundäre Organisationspflicht impliziert dies die „Kontrolle, ob die Erstanweisungen eingehalten werden, wirksam sind oder Verbesserungen vorgenommen werden müssen“.36 Dergestalt ist sicherzustellen, dass vorliegend konkret sämtliche in den perinatalen Behandlungsprozess involvierten Ärztinnen und Ärzte, Hebammen sowie Pflegekräfte und sonstige Medizinalpersonen ihre Aufgaben lege artis bzw. fachlich einwandfrei erledigen (können). Mithin geht es darum zu gewährleisten, dass „am Ende“ der Anspruch auf eine Behandlung mit Facharztqualität (siehe oben) sorgfaltspflichtgerecht erfüllt wird. In diesem Sinne bildet ein Instrument adäquaten Qualitätsmanagements das sog. Risk Management.37
Im vorliegenden Zusammenhang hat Risk Management die aktive Detektion und Eliminierung von Schadensursachen und (versteckten) Risiken in medizinischen Betriebssystemen zum Ziel. Dergestalt sollen präventiv Haftungsfälle vermieden werden, was – umgekehrt und als letztliche Intention – die Optimierung der gegebenen bzw. die Erzielung positiver Behandlungsqualität impliziert.38 Beispielhaft und in gewisser Weise als Zusammenfassung einer Reihe der im vorliegenden Beitrag erörterten „Problemstellungen“ seien speziell im geburtshilflichen Zusammenhang folgende Gegenstände, worauf sich ein kontinuierliches – und prospektiv regelkreisartig wirkendes – Risk Management zu erstrecken hat, genannt:
  • Sicherstellung der perinatalen Behandlung der Schwangeren bzw. von Mutter und Kind mit Facharztqualität, insbesondere unter den Aspekten: Auswahl, Anleitung und Einsatz von entsprechend qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in gehöriger Quantität samt entsprechender Dienstplangestaltung (Ambulanz, Bereitschafts-/Hintergrunddienst)
  • Erlass eines Organisationsstatuts für die Perinatalphase zur Koordination eines kooperativen Zusammenwirkens von ärztlichen Geburtshelfern, Hebammen, Anästhesisten und Pädiatern/Neonatologen (betreffend zeitgerechter Aufklärungsmaßnahmen, Anwesenheiten zur Geburt, Erstversorgung des Neugeborenen etc.)
  • Formulierung von Facharzt- bzw. „Oberarztindikationen“
  • Adäquate Berücksichtigung einschlägiger Leitlinien
  • Bestimmung von Einsatz- und (maximalen) Hinzutrittszeiten (insbesondere betreffend Hintergrunddienste); in diesem Zusammenhang ist auf die Stellungnahme der DGGG zu „Mindestanforderungen an prozessuale, strukturelle und organisatorische Voraussetzungen für geburtshilfliche Abteilungen“39 hinzuweisen
  • Strukturierte routinemäßige Kontrollmaßnahmen zum Geburtsverlauf, beginnend mit einer (ärztlichen) Aufnahmeuntersuchung der Schwangeren
  • Sicherstellung (auch fachgebietsübergreifend) einer maximalen E-E-Zeit von 20 min rund um die Uhr, 7 Tage in der Woche bei Notsectioindikationen
  • Adäquate Überwachung nach operativen Maßnahmen, insbesondere Sectioentbindung
  • Implementierung von Berufsverbändevereinbarungen (BVF (Berufsverband der Frauenärzte), DGGG (Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.)/BDA (Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten), DGAI (Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin))
  • Behandlungsregime (auch interdisziplinär) bei sog. Wunschsectio40
  • Delegation ärztlicher Aufgaben auf nichtärztliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen rechtlicher Zulässigkeit
  • Formulierung von SOPs (Standard Operating Procedures), insbesondere für spezielle Behandlungssituationen (Beckenendlage, Schulterdystokie etc.).
  • Aufklärungsmanagement (insbesondere betreffend geburtshilfliche Besonderheiten und die Koordination mit der Anästhesie)
  • Dokumentationsmanagement
  • Erfüllung normativer Vorgaben z. B. bezüglich Medizinproduktegesetz, Transfusionsgesetz, Arbeitszeitgesetz
  • Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen; Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  • Etablierung eines juristischen Zwischenfallmanagements (vgl. dazu die Ausführungen unter Abschn. 4) etc.

Einwilligung der Patientin und ärztliche Aufklärungspflicht

Wie schon ausgeführt (s. Abschn. 2.1.1) entspricht es in Deutschland der ständigen, nunmehr schon über 100 Jahre alten Rechtsprechungstradition und ist inzwischen gesetzlich geregelt (§ 630d BGB), dass ärztliche Heileingriffe zu ihrer Rechtfertigung grundsätzlich der Einwilligung des Patienten bedürfen und diese Einwilligung nur wirksam erteilt werden kann, „wenn der Patient über den Verlauf des Eingriffs, seine Erfolgsaussichten, seine Risiken und mögliche Behandlungsalternativen mit wesentlich anderen Belastungen, Chancen und Gefahren im Großen und Ganzen aufgeklärt worden ist“.41 Nur dadurch wird die Entscheidungsfreiheit der Schwangeren über ihre körperliche Integrität, über die sich der Geburtshelfer nicht selbstherrlich hinwegsetzen darf, geschützt, also das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung gewahrt. Denn die Einwilligung in den ärztlichen Heileingriff „bedeutet in dem durch sie gezogenen Rahmen einen Verzicht auf den absoluten Schutz des Körpers vor Verletzungen, die mit dem Eingriff verbunden sind, darüber hinaus das Auf-sich-Nehmen von Gefahren, die sich aus Nebenwirkungen der Behandlung und möglichen Komplikationen ergeben“.42
Der vorstehend ausgeführte Aufklärungszusammenhang betrifft die sog. „Eingriffsaufklärung“ bzw. „Risikoaufklärung“, welche insbesondere das Selbstbestimmungsrecht der Patientin effektuieren soll. Davon zu unterscheiden ist die sog. „therapeutische Information“ der Schwangeren – herkömmlich auch als therapeutische Aufklärung bzw. Sicherungs- bzw. Verlaufsaufklärung bezeichnet –, welche Bestandteil der erforderlichen – im eigentlichen Sinne – „Behandlung“ ist. Beweisrechtlich folgt dieser Informationszusammenhang im Zivilprozess infolgedessen auch den Kriterien bezüglich eines Behandlungsfehlers, d. h., dass der Patientenseite grundsätzlich die Beweislast hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheit eines behaupteten Informationsdefizits obliegt.
Gerade im Bereich der Geburtshilfe kommt der therapeutischen Information große Bedeutung zu, da es gilt, aufgrund eigener Mitwirkung der Schwangeren im Schwangerschaftsverlauf, unter der Geburt, eventuell postoperativ und auch im Wochenbett den Behandlungserfolg bezüglich Mutter und Kind zu sichern. Dabei geht es um Hinweise, Anweisungen und Empfehlungen etwa zum Eigenverhalten der Patientin (Einhalten von Ruhe, Beobachtung der Hygiene, Ernährungserfordernisse, Mitwirkung unter der Geburt, Kontroll- und Wiedervorstellungserfordernisse sowie insgesamt auch die Darstellung des zu erwartenden Behandlungsregimes samt im weiteren Verlauf zu erhebender Befunde, zu stellender Diagnosen etc.).
Das sorgfaltspflichtwidrige Unterlassen einer adäquaten therapeutischen Information der Schwangeren stellt also einen Behandlungsfehler dar. Fehlt eine wirksame Einwilligung, ist der in der ärztlichen Heilbehandlung liegende Eingriff in die körperliche Integrität der Patientin rechtswidrig.
Dabei ist klarzustellen, dass die vaginale Entbindung als solche einen natürlichen Vorgang, den der Arzt lediglich unterstützt, darstellt, sodass insoweit kein Heileingriff mit demgemäß vorangehender Aufklärungspflicht vorliegt.

Allgemeine Anforderungen an adäquate geburtshilfliche Patientenaufklärung

Forensisch spielt der Vorwurf der Verletzung der Risikoaufklärungspflicht eine zentrale Rolle, sodass die Zahl der Entscheidungen zu diesem Themenkomplex fast unübersehbar geworden ist. Leider gibt es jedoch trotz der Urteilsfülle zu Inhalt und Umfang der Risikoaufklärung neben einer großen Zahl richterrechtlicher Maßgaben anhand von Einzelfällen keine exakten rechtlichen Vorgaben, sondern lediglich allgemeine Richtpunkte und Grundsätze, die in Deutschland in § 630e BGB verankert sind. Dies führt in vielen Fällen zu Unsicherheit und Unklarheiten, die sich prozessual oftmals zu Lasten des Geburtshelfers auswirken, da die Beweislast für die ordnungsgemäße und rechtzeitige Risikoaufklärung beim Arzt liegt. Der Bundesgerichtshof sieht zwar auch dessen besondere Situation insbesondere unter der Geburt und betont, dass an den Aufklärungsnachweis „keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden“ dürfen,43 doch ist die Erfüllung der Aufklärungspflicht auch für den Geburtshelfer wie für jeden anderen Arzt unter Haftungsaspekten ein erheblicher juristischer Risikofaktor.
Bei der Aufklärung der Patientin müssen u. a. folgende Punkte berücksichtigt werden:
  • Die Aufklärung soll kein „medizinisches Kolleg“ darstellen, sie soll der Patientin kein medizinisches Entscheidungswissen vermitteln, sodass die Risiken nicht medizinisch exakt in allen denkbaren Erscheinungsformen dargelegt werden müssen. Vielmehr geht es darum, der Patientin in ihrer konkreten persönlichen Situation ein allgemeines „Bild von der Schwere und Richtung des konkreten Risikospektrums zu vermitteln“.44 Deshalb darf der Arzt bei seinen Erläuterungen Gefahren aussparen, die sich so selten verwirklichen und auch im konkreten Fall so wenig wahrscheinlich sind, dass sie bei einer verständigen Patientin für die Entscheidungsfindung nicht ernsthaft ins Gewicht fallen.45 Andererseits ist die Patientin über Komplikationen, die für sie „überraschend und in ihren besonderen Lebensverhältnissen erkennbar besonders schwerwiegend sind“,46 z. B. Funktionsbeeinträchtigungen wichtiger Organe, grundsätzlich auch dann aufzuklären, wenn sie sich nur selten verwirklichen.47
  • Wenngleich immer wieder beschwichtigend betont wird, die wesentlichen Gefahren müssten der Patientin doch nur „im Großen und Ganzen“ bewusst gemacht werden, so gilt diese Einschränkung nach ständiger Rechtsprechung jedoch nicht für eingriffspezifische, d. h. typischerweise mit der in Rede stehenden ärztlichen Maßnahme verbundene Komplikationsmöglichkeiten. Wenn und soweit ein Risiko dem Eingriff spezifisch anhaftet, ist es auch bei extremer Seltenheit stets aufklärungspflichtig, falls sein Eintritt überraschend ist und sich auf die beruflichen und privaten Lebensumstände der Patientin erkennbar besonders belastend auswirkt.48 Derartige Komplikationen sind z. B. die mögliche Verletzung von Blase, Harnleiter und Darm bei der Sectio, die Notwendigkeit einer Hysterektomie bei nichtstillbaren Blutungen oder das Risiko einer Infektion mit Hepatitis- und HIV-Viren bei der Fremdbluttransfusion, das zugleich einen geradezu klassischen Beleg für die Unabhängigkeit des Aufklärungsumfangs von irgendwelchen Risikofrequenzen, d. h. statistischen Häufigkeiten bzw. Seltenheiten bildet. Obwohl die Ansteckungsgefahr hier bei 1:2 bis 1:3 Mio. liegt und damit extrem selten ist, forderte der Bundesgerichtshof, solange dieses Risiko nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden könne, müsse darüber wegen der verheerenden Konsequenzen einer Infizierung mit HIV aufgeklärt werden, und zwar rechtzeitig vor der Operation, wenn bei der Patientin intra- oder postoperativ die Möglichkeit einer Blutübertragung ernsthaft in Betracht kommt.49
  • Ist ein Eingriff medizinisch zur Beseitigung einer erheblichen Gesundheitsstörung zwingend erforderlich, kann die Aufklärungspflicht geringer sein, da unter diesen Umständen eine verständige Patientin gewisse Risiken auf sich nimmt. Dennoch bleibt das Selbstbestimmungsrecht der Patientin auch in derartigen Fällen erhalten, da sie über den Eingriff selbst entscheiden soll und ihn ablehnen kann, auch wenn dieser Entschluss etwa aus medizinischer Sicht gänzlich unvernünftig ist. Denn es gibt keine ärztliche „Vernunftshoheit“, kein „therapeutisches Privileg“ zugunsten des Arztes.
    Ist eine ärztliche Maßnahme vital indiziert und sofortiges ärztliches Handeln zur Beseitigung einer lebensbedrohlichen Situation geboten, geht der Aufklärungsumfang gegen Null. Bei unaufschiebbaren, vital indizierten Eingriffen kann und muss die Aufklärung u. U. gänzlich entfallen, da der Lebensrettung Vorrang vor dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts gebührt, so z. B. vor einer notfallmäßigen Episiotomie bei drohendem Dammriss.50
    Die Aufklärung ist keine „Holschuld“ der Patientin, sondern eine „Bringschuld“ des Geburtshelfers, d. h. dieser muss den aktiven Part spielen, um durch Unterrichtung und Information der Schwangeren deren rechtswirksame Einwilligung herbeizuführen. Dennoch hat auch die verständige Patientin eine gewisse Aufklärungslast, nämlich: weitere Fragen zu stellen, wenn sie über bestimmte Punkte mehr wissen will. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich betont, dass man, soweit möglich, auch von Seiten des Patienten „den mitverantwortlich geführten Dialog“ verlangen müsse.51 Fragen der Schwangeren sind dabei stets wahrheitsgemäß zu beantworten, offensichtlichen Fehleinschätzungen (z. B. der Illusion einer „sanften Geburt“) entgegenzutreten und bei einer Entscheidung der Schwangeren für eine Hausgeburt oder Entbindung in einem Geburtshaus u. a. die Unvorhersehbarkeit von Komplikationen mit dem eventuellen Erfordernis zu schneller ärztlicher, u. U. operativer Hilfe hervorzuheben.
  • Besondere Bedeutung hat die Aufklärung über die verschiedenen operativen Entbindungsmethoden (Kaiserschnitt, Saugglocke, Zange) und ihre spezifischen Vor- und Nachteile, Belastungen, Erfolgsaussichten, Risiken und Komplikationsmöglichkeiten erlangt. Denn die Gefahren beim abdominalen operativen Eingriff betreffen überwiegend die Patientin, während bei den vaginalen Entbindungsoperationen die Verletzungen am Kopf des Kindes im Vordergrund stehen. Angesichts dieser Unterschiedlichkeit der Risiken und Verschiedenheit der Belastungen muss der Geburtshelfer die Patientin über die tatsächlich in Betracht kommenden Behandlungsalternativen (ggf. auch samt Spontangeburt) unterrichten. Auch der Gesetzgeber hat diese Verpflichtung in § 630e Abs. 1 S. 2 BGB deutlich ausgesprochen. Denn die Patientin soll bei echter Wahlmöglichkeit nach sachverständiger und vollständiger Beratung des Arztes selbst entscheiden können, was sie an Belastungen und Gefahren bei Anwendung dieser oder jener Methode auf sich nehmen will.52
  • Aufklärung und Einwilligung sind formlos gültig (§§ 630d f. BGB).
    Zur Wirksamkeit der Einwilligung bedarf es keiner Unterschriften und keines Austausches von Dokumenten. Allein entscheidend ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs „das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patient, das möglichst von jedem bürokratischen Formalismus“, z. B. dem Beharren auf einer Unterschrift der Patientin, „freibleiben“ muss und nicht durch „Aushändigung“ und „Unterzeichnung“ von Formularen und Merkblättern ersetzt werden kann.53 Denn nur in diesem Gespräch ist es möglich, den individuellen Gegebenheiten des Einzelfalles in notwendigem Umfang Rechnung zu tragen, insbesondere auf die psychische Ausnahmesituation der Patientin Rücksicht zu nehmen. Allerdings sind der Patientin „Abschriften von Unterlagen“, die sie „im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen“ (§ 630e Abs. 2 S. 2 BGB).
    Sehr zu befürworten ist dabei das Konzept der Stufenaufklärung nach Weißauer: Formblätter und Aufklärungsbögen werden zwar mitunter kritisiert, doch ist den Kritikern entgegenzuhalten, dass die Erteilung einer schriftlichen Grundinformation mit einem anschließenden mündlichen Aufklärungsgespräch zum einen sichert, dass die Aufklärung konkret und für die Patientin verständlich ist, und zum anderen das legitime Interesse des Geburtshelfers berücksichtigt, im Streitfall leichter den Nachweis für die umfassende Aufklärung führen zu können. Auch der Bundesgerichtshof hält deshalb „schriftliche Aufzeichnungen im Krankenblatt über die Durchführung des Aufklärungsgesprächs und seinen wesentlichen Inhalt“ für „dringend“ empfehlenswert.54 „Derartige schriftliche Hinweise sind heute weitgehend üblich und haben den Vorteil einer präzisen und umfassenden Beschreibung des Aufklärungsgegenstandes sowie der für den Arzt wesentlichen Beweisbarkeit“.55 Insofern dient die Stufenaufklärung in optimaler Weise sowohl den Interessen der Patientin als auch denen des Arztes.
  • Zur Gewährleistung adäquater Aufklärung im Einzelfall bedarf es der Etablierung eines entsprechenden Aufklärungsmanagements.
    • So muss beispielsweise der Chefarzt einer gynäkologischen Abteilung, der die Risikoaufklärung einer Patientin einem nachgeordneten Arzt überträgt, darlegen, welche organisatorischen Maßnahmen er ergriffen hat, um die ordnungsgemäße Aufklärung sicherzustellen und zu kontrollieren.
      Dies bedeutet: Um seinen Kontroll- und Überwachungspflichten zu genügen, hat der Chefarzt „ausreichende Anweisungen“ zu erteilen und deren Umsetzung zu kontrollieren. Dazu gehört, dass er sich – etwa in einem Gespräch mit der Patientin – und/oder – durch einen Blick in die Krankenakte vom Vorhandensein einer von Patient und aufklärendem Arzt unterzeichneten Einverständniserklärung vergewissert –.56 Entsprechendes muss in der Abteilung selbstverständlich auch für den Fall angewiesen sein, dass sonstige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in gleicher Weise arbeitsteilig tätig werden.
    • Im Rahmen horizontaler Arbeitsteilung zwischen Geburtshilfe und Anästhesie resultieren in der Praxis immer wieder Probleme betreffend die für die Durchführung einer Regionalanästhesie unter der Geburt erforderliche Einwilligung der Schwangeren. Erfolgte zunächst keine entsprechende anästhesiologische Aufklärung, erscheint sie zum Zeitpunkt entsprechender Indikationsstellung bzw. beabsichtigter Durchführung angesichts körperlicher und/oder psychischer Beeinträchtigungen der Patientin nicht mehr (wirksam) nachholbar. Unbeschadet des eventuell möglichen Rückgriffs auf eine sog. mutmaßliche Einwilligung der Patientin bietet den effektivsten Lösungsansatz die vorgängig zeitgerechte Einbindung des Fachgebiets der Anästhesie in das Behandlungsregime, um auch diesem eine adäquate Aufklärung zu ermöglichen.
      Dies muss organisatorisch sichergestellt werden.57

Weitergehend spezifische Maßgaben der Rechtsprechung

  • Bei problemlosem Verlauf der Schwangerschaft und ohne konkreten Anlass ist der Geburtshelfer nicht verpflichtet, mit der Schwangeren rein vorsorglich über mögliche Komplikationen bei der Entbindung und dann etwa notwendige operative Eingriffe zu sprechen.
    Wenn und solange die Vaginalentbindung bei sorgfältiger Abwägung der Vor- und Nachteile die Methode der (1.) Wahl ist, besteht keine Aufklärungspflicht bezüglich der Möglichkeit einer Sectio.58
  • Entsprechende Aufklärung ist jedoch – und zwar für den Zeitpunkt – zu verlangen, wenn deutliche Anzeichen dafür bestehen, dass im weiteren Verlauf eines Entbindungsvorgangs eine Situation eintreten kann, in der eine normale vaginale Entbindung kaum noch in Betracht kommt. Stellt in der konkreten Situation die Schnittentbindung eine medizinisch verantwortbare Alternative dar, so muss der geburtsleitende Arzt die Schwangere bereits zu dem Zeitpunkt, in dem sie von ihrem Selbstbestimmungsrecht noch wirksam Gebrauch machen kann, über die unterschiedlichen Entbindungsmethoden aufklären.59 Dies ist selbstverständlich dann auch bereits der Zeitpunkt, zu welchem das Fachgebiet der Anästhesie hinzuzuziehen ist, damit auch von dort aus die erforderliche Aufklärung durchgeführt werden kann. Dabei geht es also darum, insbesondere zu unterbinden, dass im weiteren Verlauf etwa akut eine (Not- bzw. eilige) Sectio zu indizieren ist und Aufklärungsmaßnahmen zur Erlangung einer wirksamen Einwilligung „zu spät“ wären.
    Auch diese Aufklärungsproblematik bedarf der Berücksichtigung im Rahmen eines adäquaten Aufklärungsmanagements.
    Andererseits hat der Geburtshelfer über die Möglichkeit der Schnittentbindung nur dann aufzuklären, wenn im konkreten Fall eine medizinische Indikation besteht.60 Dies gilt auch, wenn der Kaiserschnitt relativ indiziert ist.61
    Für Beckenendlagen wird eine solche Aufklärung von der Rechtsprechung verlangt,62 da „eine Geburt aus einer Beckenendlage grundsätzlich als Risikogeburt anzusehen ist, die ihre speziellen Gefahren für die Gesundheit des Kindes, insbesondere auch die Gefahr einer Asphyxie in sich birgt, die durch eine Schnittentbindung vermieden wird“. Die Entwicklung eines Kindes aus Beckenendlage durch Sectio stellt eine echte Behandlungsalternative zur vaginalen Entwicklung dar, über die die Schwangere rechtzeitig aufzuklären ist.63
  • Will der Geburtshelfer von einer zuvor mit der Patientin verabredeten Schnittentbindung abweichen, muss er sie hierüber informieren und die in Betracht gezogenen Alternativen präzise schildern.64
    Das bedeutet konkret: Der Arzt muss „über die möglichen Entbindungsoperationen, ihre Vorteile und insbesondere über die Risiken und Komplikationen aufklären, und zwar auch, soweit die Komplikation und Gefahr Leben und Gesundheit des noch ungeborenen Kindes betreffen, damit die Patientin für sich und für die Leibesfrucht eine freie Entscheidung treffen kann.“65
  • Zur sog. Wunschsectio:
    Eine Sectio „auf Wunsch“ der Schwangeren ist gerade dadurch charakterisiert, dass keine entsprechende Indikation besteht. Infolgedessen handelt es sich im Eigentlichen auch nicht um einen Heileingriff. Dem Patientenwunsch muss nicht Folge geleistet werden, vielmehr kann die Verweisung an eine andere Klinik erfolgen.
    Zu berücksichtigen ist, dass der „Wunsch“ der Patientin keine „Einwilligung“ in die Eingriffsdurchführung impliziert. Angesichts des Fehlens einer Indikation bedarf es sogar einer besonders sorgfältig umfänglichen, eingehenden und dabei verständlichen Aufklärung, wobei auf eine entsprechende Dokumentation des Aufklärungsgesprächs Wert zu legen ist. Willensmängel müssen ausgeschlossen sein, um eine tatsächlich wirksame Einwilligung herbeiführen zu können. Infolgedessen muss auch Klarheit bestehen, dass die Patientin einsichtsfähig und demgemäß einwilligungsfähig ist. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Einwilligung nicht wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist (§ 228 StGB), wobei unter diesem Aspekt angesichts der Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts gegen die Durchführung einer Wunschsectio keine grundsätzlichen Einwendungen mehr bestehen.
    Nun kann allerdings eine adäquate Eingriffs- bzw. „Risikoaufklärung“ nur auf der Grundlage vorgängig adäquater Befunderhebung erfolgen, was im Übrigen in gleicher Weise (insbesondere) für das anästhesiologische Fachgebiet gilt. Das heißt, bei Gegebenheit einer Kontraindikation darf dem Wunsch nicht stattgegeben werden. Auch sollten Risikoerhöhungen ausgeschlossen sein, was die Gegebenheiten der Eingriffsdurchführung anlangt (potenziell „einwandfreie“ Gegebenheiten unter personellen/fachärztlichen, apparativen, räumlichen und auch „zeitlichen“ – Routinedienstzeit – Aspekten).66
  • Eine besonders intensive Aufklärungspflicht gilt auch dann, wenn die Patientin entgegen ärztlichem Rat und wider alle medizinische Vernunft den Kaiserschnitt ablehnt und der Arzt deshalb eine Zangen- oder Vakuumentbindung vornimmt.
    Unter diesen Umständen muss der Geburtshelfer der Patientin die mit ihrer Entscheidung verbundenen besonders großen Risiken für das Kind und dessen mögliche Schädigung „eindringlich“ vor Augen stellen und dies unbedingt dokumentieren, da die Beweislast dafür, rechtzeitig und medizinisch richtig auf die Notwendigkeit eines Kaiserschnitts hingewiesen zu haben, beim Arzt liegt.67
    Allerdings darf der geburtsleitende Arzt bei eindeutiger Indikation des Kaiserschnitts diesen Eingriff nicht gegen den Willen der Gebärenden durchführen. War eine Vaginalgeburt verabredet, ist allerdings eine eindeutige und ausdrückliche Distanzierung der Patientin vom ursprünglichen Entbindungskonzept erforderlich.68
    Denn in diesem Rechtsgüterkonflikt – auf der einen Seite Leben und Gesundheit der Mutter, auf der anderen Seite Leben und körperliche Integrität des Kindes – muss es nach eingehender ärztlicher Beratung die freie Entscheidung der Mutter bleiben, ob sie dem Wohlergehen ihres Kindes den Vorrang einräumt und eigene Interessen zurückstellt oder aber das höhere Letalitätsrisiko der Sectio nicht auf sich nehmen will. Gegen oder ohne den wirklichen bzw. mutmaßlichen Willen der Schwangeren darf jedenfalls kein Arzt Zwangsmaßnahmen durchführen, selbst wenn sie zur Rettung des Lebens und der Gesundheit des Kindes zwingend erforderlich sind, die Ablehnung des Kaiserschnitts also den Tod des Fetus oder eine schwere zerebrale Schädigung des Kindes zur Folge hat.69
  • Gerät die Schwangere bei fortgeschrittenem Geburtsvorgang infolge der erheblichen psychischen und physischen Belastungen, starken Schmerzen und der Einwirkung der verabreichten Schmerzmittel in einen Zustand, in dem sie tatsächlich keine eigenverantwortliche Entscheidung mehr treffen kann, geht die Einwilligungskompetenz nicht auf den Geburtshelfer oder die nächsten Angehörigen, z. B. den Ehepartner, Eltern oder erwachsene Kinder, über. Denn diese sind nicht etwa ipso iure „gesetzliche Vertreter“ der Patientin. Maßgebend ist vielmehr allein der mutmaßliche Wille der Gebärenden.
    Dieser ist in erster Linie „aus ihren persönlichen Umständen, ihren individuellen Interessen, Wünschen, Bedürfnissen und Wertvorstellungen, nicht aber aus der Sicht des Arztes zu ermitteln.“70 Dabei geht der Wille der werdenden Mutter – so der BGH71 – „in Geburtsfällen nicht immer dahin, die höchsten Risiken für das Kind und nur die geringsten für die Mutter einzugehen. Im Hinblick auf die gravierenden Folgen, unter denen das Kind zeitlebens zu leiden hat, wenn sich bei einer Vaginalgeburt die damit verbundenen Risiken verwirklichen, entscheiden sich zahlreiche Mütter für eine Schnittentbindung, auch wenn diese mit größeren Gefahren für sie selbst verbunden ist“.
    Um den mutmaßlichen Willen der Patientin zu ermitteln, muss der Geburtshelfer also prüfen, ob sie ihm oder anderen Personen früher Erklärungen abgegeben oder Andeutungen gemacht hat, die Rückschlüsse in die eine oder andere Richtung ermöglichen. Nur wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Patientin anders entschieden hätte, kann man davon ausgehen, dass ihr hypothetischer Wille mit dem übereinstimmt, was gemeinhin als normal und vernünftig angesehen wird, praktisch also der ärztlichen Entscheidung entspricht.
  • Da die Einwilligung keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung ist, kommt es auf die bürgerlich-rechtliche Geschäftsfähigkeit der Schwangeren nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass sie die entsprechende natürliche Einsichts-, Urteils- und Verständnisfähigkeit hat, um die ärztliche Maßnahme, ihre Folgen und das insoweit bestehende Risiko zu ermessen.
    Die Einwilligungsfähigkeit zu prüfen, ist Sache des Arztes, wobei er die gesamten Umstände – Alter, physische und psychische Konstitution, Einfluss von Medikamenten, Grad der Verständnisfähigkeit, Herkunft, kulturelle Tradition u. a. – berücksichtigen muss. Eine starre, generelle Altersgrenze lässt sich insoweit nicht angeben, vielmehr hängt das nötige Urteils- und Einsichtsvermögen von den konkreten Umständen des jeweiligen Falles ab. Auch eine 16-jährige Patientin kann bei entsprechendem Reifegrad ausnahmsweise schon einwilligungsfähig sein. Dann kommt es – nach allerdings strittiger Ansicht – allein auf ihre Entscheidung und nicht auch auf die der Eltern an.72
  • Da „bei Entbindungsvorgängen der Arzt zu einem Abbruch und einer späteren Fortsetzung nach Einholung der Einwilligungserklärung nicht in der Lage ist, muss er in der kritischen Phase sofort eine Entscheidung für die eine gegen die andere Art der Entbindung treffen.“73
    Der geburtsleitende Arzt muss deshalb praktisch immer dann, wenn „sein weiteres rechtmäßiges Vorgehen“ möglicherweise (aufgrund konkreter Anhaltspunkte) „von einer besonderen Einwilligung seiner Patientin abhängt, rechtzeitig vorher die für diesen Fall notwendige Einwilligung“ einholen. Ist in einer konkreten Situation mit Geburtskomplikationen zu rechnen, ist der Zeitpunkt für die Aufklärung über die geburtshilflichen Alternativen gekommen.74
    Die verspätete Aufklärung ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht immer unwirksam. Die Patientin kann jedoch geltend machen, sie habe sich vor dem Eingriff wegen des psychischen Drucks und der Gesamtumstände nicht mehr frei entscheiden können, sodass den Geburtshelfer im Zivilprozess die Last des Gegenbeweises trifft.75
  • Die Aufklärung muss für die Patientin verständlich sein (§ 630e Abs. 2 Nr. 3 BGB), d. h. unter Verzicht auf die dem Laien unbekannte Fachterminologie in einer dem Bildungsgrad und der u. U. beschränkten Auffassungsgabe der Patientin angepassten „Umgangssprache des täglichen Lebens“ erfolgen.76 Bei einer nicht deutschmuttersprachlichen Patientin ist eine sprachkundige Person hinzuzuziehen (Dolmetscher, des Deutschen mächtige Verwandte u. a.), um die Gefahr sprachlicher Missverständnisse auszuschließen.77
  • Die Patientin kann auf die Risikoaufklärung ausdrücklich ganz oder teilweise verzichten (§ 630e Abs. 3 BGB).

Behandlungsdokumentation

Die Dokumentation der Behandlung hat jenseits ihrer medizinpraktischen Funktion auch unter Rechtsaspekten, insbesondere im Fall forensischer Auseinandersetzungen, enorme und regelmäßig entscheidende Funktion. Unbeschadet berufsrechtlicher Verpflichtung und sonstiger normativer Anordnungen besteht nach deutschem Recht – auf der Grundlage tradierter Rechtsprechungsgrundsätze – gemäß § 630 f Abs. 1 Satz 1 BGB die (behandlungsvertragliche) Verpflichtung, „zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen“. Nach Abs. 2 der Norm ist der Behandelnde verpflichtet, „in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen“.
Nun stellt mangelhafte oder gar fehlende Behandlungsdokumentation keine Anspruchsgrundlage für Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen dar und bildet erst recht keinen Strafgrund. Ein Dokumentationsmangel als solcher vermag also keine Haftung und Strafbarkeit zu begründen. Wie bereits ausgeführt (vgl. Abschn. 2.1.2) wird zivilrechtlich gemäß (gem.) § 630h Abs. 3 BGB allerdings „vermutet“, dass medizinisch gebotene wesentliche Maßnahmen und ihre Ergebnisse nicht durchgeführt bzw. erhoben wurden, wenn sie nicht in der Patientenakte aufgezeichnet sind. Gleiches gilt, wenn die Patientenakte „nicht aufbewahrt“ wurde, d. h. im Eigentlichen: Zur Verwendung im Rechtsstreit nicht mehr vorliegt. Dabei impliziert vorbezeichnete „Vermutung“ – rechtsbegrifflich – deren „Widerleglichkeit“ beispielsweise durch Zeugenbeweis. Jedoch stehen für die Tatsache der Durchführung einzelner Behandlungsmaßnahmen und der dabei getroffenen Feststellungen (z. B. Vaginaluntersuchung zu einem bestimmten Zeitpunkt, Laborergebnisse mangels „Zettels“ zum Befundausdruck) nicht zur Verfügung bzw. können nicht mehr eruiert werden oder etwaige Zeugen können sich im Prozess eventuell Jahre nach dem Behandlungsereignis daran nicht mehr erinnern. So liegt die forensische Bedeutung adäquater Behandlungsdokumentation ohne Weiteres auf der Hand.
Beispiel
Trägt ein behindertes Kind als Kläger im Prozess vor, bei einer besseren Überwachung hätte die Sauerstoffmangelsituation früher erkannt und schneller bzw. gezielter reagiert und dadurch der zerebrale Hirnschaden wahrscheinlich vermieden werden können, so wird, wenn keinerlei Kontrollmaßnahmen dokumentiert sind, zugunsten des Kindes ihre Nichtvornahme vermutet.
Beispiel
Speziell bei der Schulterdystokie muss das Geburtsprotokoll exakte Angaben über das ärztliche Vorgehen enthalten. Sowohl das Auftreten der Schulterdystokie als auch das vom Arzt im Einzelnen gewählte Verfahren zu ihrer Lösung bedürfen der Dokumentation. Anderenfalls, z. B. wenn nur die „entsprechenden Hangriffe“ genannt sind, spricht die Vermutung für ein fehlerhaftes Vorgehen des Arztes.78

Funktion der Behandlungsdokumentation

Erfordernisse zur Art und Weise sowie zu Inhalt und Umfang der Dokumentation resultieren im Wesentlichen aus der Funktion der Behandlungsdokumentation.79 Diese wurde früher als „Gedächtnisstütze für den Arzt“ charakterisiert, wovon die Rechtsprechung zwischenzeitlich jedoch abgerückt ist. Der Natur der Sache folgend steht die Funktion der Dokumentation zur „Therapiesicherung“ im Vordergrund. Das heißt, dass primäre Adressaten der Behandlungsdokumentation der/die aktuell Behandelnde(n), aber auch Mit-, Weiter- und Nachbehandelnde sind. Dies gilt also z. B. für einen aktuellen Schwangerschafts- und Geburtsverlauf, jedoch in gleicher Weise auch für den Rückgriff auf frühere Behandlungsunterlagen bei einer späteren 2. oder 3. Schwangerschaft (etwa im Hinblick auf die Indikationsstellung zur Durchführung einer primären Sectio).
Weitergehend kommt der Behandlungsdokumentation eine Funktion zur „Rechenschaftslegung“ zu. Insofern ist etwa zu berücksichtigen, dass dem Patienten schlicht das Recht auf „Einsichtnahme“ in seine Patientenakte zukommt (vgl. § 630g BGB), um einen Behandlungsverlauf dergestalt nachvollziehen zu können, ohne dass dem z. B. die Intention einer Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen zugrunde liegen müsste. Der Aspekt der Rechenschaftslegung korreliert per se ohne Weiteres mit der oben angegebenen forensischen Bedeutung von Dokumentation, auch wenn die deutsche Rechtsprechung insofern eine „Beweiszweckfunktion“ der Dokumentation nicht explizit konstituiert (anders in Österreich). Rechtspraktisch bzw. im Effekt kommt ihr eine entsprechende Funktion jedenfalls zu.
In Österreich hat der oberste Gerichtshof dazu erkannt: „Der wesentliche Zweck der ärztlichen Dokumentationspflicht ist die Therapiesicherung, aber auch Beweissicherung und Rechenschaftslegung“80
Allgemein gilt der Grundsatz, dass einer vertrauenswürdigen ärztlichen Dokumentation bis zum Beweis der Unrichtigkeit (richterlich) Glauben zu schenken ist. Die ordnungsgemäße schriftliche ärztliche Dokumentation hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich.81 Daraus folgt, dass bei der Beurteilung, ob das ärztliche Handeln lege artis war, grundsätzlich der dokumentierte Behandlungsverlauf zugrunde zu legen ist.

Geburtshilflich relevanter Dokumentationsinhalt

Auf der Grundlage der oben angegebenen Maßgaben (vgl. insbesondere auch § 630 f BGB) richtet sich der notwendige Dokumentationsinhalt im Ausgangspunkt nach der medizinischen Erforderlichkeit (selbstverständlich unbeschadet weitergehender Erfordernisse, z. B. im Zusammenhang mit einer adäquaten Aufklärung der Schwangeren zur Erlangung einer rechtswirksamen Einwilligung zur etwaigen Eingriffsdurchführung, was im Eigentlichen „rechtlich begründet“ ist, nämlich letztlich im Selbstbestimmungsrecht eines und einer jeden). Eine Dokumentation, die medizinisch nicht erforderlich ist, ist auch nicht aus Rechtsgründen geboten, sodass aus dem Unterbleiben derartiger Aufzeichnungen keine beweisrechtlichen Folgerungen gezogen werden können.82 Dergestalt obliegt letztlich dem Tatrichter (erkennendes Gericht), sachverständig beraten zu würdigen, ob ein Ereignis bzw. eine Maßnahme bzw. eine Befundfeststellung dokumentationspflichtig ist (d. h. im zu beurteilenden Fall dokumentationspflichtig war). So mag es einerseits zwar „üblich“ sein, bei regelmäßig routinehafter (z. B. im Geburtsverlauf oder postoperativ) Visitentätigkeit „unauffällige Befunde“ nicht zu dokumentieren, gleichwohl vermag anderseits dergestalt jedenfalls im Einzelfall ein Dokumentationsversäumnis zu resultieren.
Infolgedessen ist es dringend zu empfehlen, z. B. auch routinemäßige Visiten mit dabei üblicherweise vorzunehmenden Untersuchungsmaßnahmen (z. B. Palpation des Abdomens) mit dem Ergebnis von „Unauffälligkeit“ zu dokumentieren, was selbstverständlich auch die Namensangabe des Untersuchers anlangt. Hinsichtlich Inhalt und Umfang der Behandlungsdokumentation sind die Anforderungen der Rechtsprechung grundsätzlich streng, weil die Erledigung einer „adäquaten“ Dokumentation eben in den Händen der Behandelnden liegt, wobei die Anforderungen einer Therapiesicherung und der Rechenschaftslegung per se erfüllt sein müssen und woraus kein Beweisnachteil für die Patientenseite resultieren darf. Genau darin finden im Kern etwaige Beweislastregeln zugunsten der Patientenseite (Zuerkennung von Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zum Nachteil Behandelnder; vgl. dazu insbesondere § 630h Abs. 3 BGB) dogmatische Begründung. Vor diesem Hintergrund seien hier folgende Beispiele zu erforderlichem Dokumentationsinhalt bezüglich geburtshilflicher Behandlung ausgeführt:
  • Die schriftliche Aufzeichnung des Aufklärungsgesprächs in seinem wesentlichen Inhalt,83 z. B. auch der Weigerung der Patientin, in die Durchführung einer Sectio einzuwilligen (§ 630 f Abs. 2 BGB);
  • die Angabe der exakten Verlaufsdaten und Befunde während der Geburt mit zeitlicher Einordnung;
  • wer, wann, welche Untersuchungen durchgeführt bzw. Maßnahmen getroffen hat;
  • Uhrzeit der Benachrichtigung von Ärzten, ihres Eintreffens im Kreißsaal, eines etwaigen Dienstwechsels der Hebammen oder von Ärzten;
  • Uhrenvergleich;
  • die Kontrolle mittels Kardiotokogramms (CTG), die genaue Kennzeichnung der CTG-Streifen mit Uhrzeit und Datum;
  • die festgestellte Sauerstoffmangelsituation;
  • die Anwendung etwaiger geburtshilflicher Hilfsmethoden (z. B. 4-Füssler-Stand);
  • der Zustand des Neugeborenen mit Vermerk der APGAR-Werte, der pH-Werte und aller Sofortmaßnahmen wie Absaugen, Abnabeln, Intubieren, Beatmen, Puffern etc.;
  • sämtliche Abweichungen von der Standardbehandlung, z. B. Verlegung des Kindes mit Zeitpunkt und Diagnose;
  • im Falle einer geburtshilflichen Notfallsituation der Zeitpunkt der Indikationsstellung und des Beginns der Operation (Sectio); „E-E-Zeit“;
  • Vermerk über etwaige parallel laufende Entbindungen oder über sonstige unaufschiebbar zu treffende Maßnahmen in der Abteilung;84
  • exakte Beschreibung des ärztlichen Vorgehens bei Schulterdystokie.

Art und Weise der Dokumentation

Die Art und Weise der Dokumentation ist dem Geburtshelfer grundsätzlich freigestellt (§ 630 f Abs. 1 BGB). Sie kann sowohl schriftlich, z. B. auf der sog. Karteikarte, als auch mithilfe von elektronischen Medien (EDV) erfolgen (§ 630 f Abs. 1 S. 1 BGB).85 Allerdings muss eine Veränderungssperre nach Eingabe der Daten bestehen und eine Sicherung die unrechtmäßige Verwendung verhindern.86
Selbstverständlich bedarf auch die Erhebung bildgebender Befunde entsprechender Sicherung und Archivierung.
Die wichtigsten medizinischen Fakten sind in einer für den Fachmann hinreichend verständlichen und klaren Form niederzuschreiben bzw. zu speichern. Es kommt nicht darauf an, ob ein medizinischer Laie die Aufzeichnungen lesen und verstehen kann. Entscheidend ist vielmehr, dass der Arzt selbst oder ein Arztkollege, der z. B. die Weiterbehandlung der Patientin übernommen hat, die ärztliche Tätigkeit in ihren einzelnen Schritten nachvollziehen kann. Nicht zuletzt bedarf es der Berücksichtigung, dass im Falle forensischer Auseinandersetzungen ein medizinischer Sachverständiger das stattgehabte Behandlungsregime im Ausgangspunkt anhand der Behandlungsunterlagen zu eruieren und zu bewerten hat, wozu er eben auch in die Lage versetzt sein muss.

Aufbewahrungsdauer- und Verjährungsfrist

Die Aufbewahrungsfrist für ärztliche Aufzeichnungen beträgt gemäß § 630 f Abs. 3 BGB mindestens 10 Jahre, soweit nicht kraft gesetzlicher Vorschrift eine längere Aufbewahrungspflicht besteht87 oder aus sonstigen Gründen geboten ist.
Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist (auch) für Arzthaftungsansprüche 3 Jahre. Sie beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Patient von den anspruchsbegründenden Tatsachen sowie der Person des Arztes (Pflegekraft, Hebamme u. a.) Kenntnis erlangt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht erlangt hat, wenn sich also für die Patientin das Vorliegen eines Behandlungsfehlers „geradezu aufdrängen“ muss, z. B. aufgrund eines Sachverständigengutachtens oder wenn schon ein Blick in die Behandlungsunterlagen auch für den Laien Klarheit bezüglich eines Behandlungsfehlers gebracht hätte. „Anders als bei Behandlungsfehlern trifft den Patienten bei Aufklärungsmängeln eine Erkundigungspflicht zum Umfang der Aufklärungsbedürftigkeit“. Dies bedeutet: Der Patient „hat bei einem Fachmann entsprechende Nachfragen über die Aufklärungsbedürftigkeit zu halten. Versäumt er dies nach Auftreten der Dauerschäden, so beginnt die Verjährungsfrist zu laufen“.88
Ohne positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände verjähren die Ansprüche gegen den Geburtshelfer gemäß § 199 Abs. 2 BGB erst in einer Ausschlussfrist von 30 Jahren nach Begehung der pflichtwidrigen Handlung oder einem sonstigen schadenstiftenden Ereignis. Deshalb ist dringend zu empfehlen, die Behandlungsunterlagen zur Sicherheit 30 Jahre aufzubewahren.
Gerade im Bereich der Geburtsschäden ist es keineswegs selten, dass erst nach vielen Jahren dem Geburtshelfer ein Fehler bei der Geburtsleitung vorgeworfen und daraus Schadensersatzansprüche abgeleitet werden. So kommt auch durchaus in Betracht, dass Kranken- und Pflegekassen mit durchaus zeitlichem Abstand überprüfen (können), ob die von ihnen erbrachten Leistungen etwa aus einem sog. „Geburtsschaden“ resultieren.
In Österreich gilt für Behandlungsunterlagen bzw. Unterlagen im Sinne einer Krankengeschichte ohnehin eine Verpflichtung zur Aufbewahrung von 30 Jahren, wobei die Bundesländer für bestimmte medizinische Unterlagen (Röntgen- und Ultraschallaufnahmen, Dokumentation ambulanter Behandlungen) in der Landesgesetzgebung eine Verkürzung auf 10 Jahre festlegen können.89

Recht auf Einsichtnahme in die Patientenakte

Insbesondere auch die geburtshilfliche Patientin kann von ihrem Geburtshelfer oder vom Träger des Krankenhauses, in dem sie entbunden hat, ohne Angabe von Gründen die unverzügliche Gewährung der persönlichen Einsichtnahme in ihre Behandlungsunterlagen verlangen, (§ 630 g Abs. 1 BGB). Das Recht auf Einsichtnahme entfällt, „soweit erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen“ (§ 630 g AG1 S. 1 BGB).
Der Arzt ist verpflichtet, diese Einsicht dadurch zu ermöglichen, dass er Fotokopien bzw. Mehrfertigungen sämtlicher Unterlagen herstellen lässt und sie mit schriftlicher Bestätigung der Vollständigkeit und Richtigkeit versieht (§ 630 g Abs. 2 BGB).

Grundlagen der medizinischen Begutachtung in Zivil- und Strafverfahren

Wie bereits ausgeführt (vgl. Abschn. 2.2.3) ist sowohl im Arzthaftungs- als auch im Arztstrafprozess betreffend den Vorwurf fehlerhafter Behandlung nach medizinischen Kriterien die rechtliche Frage zu beantworten, ob die Ärztin bzw. der Arzt ihrer/seiner berufsspezifischen Sorgfaltspflicht gerecht geworden ist. An dieser Schnittstelle zwischen Medizin und Recht kommt der medizinische Sachverständige „ins Spiel“. Denn der Richter muss „den berufsfachlichen Sorgfaltsmaßstab mit Hilfe eines medizinischen Sachverständigen ermitteln. Er darf medizinischen Standard nicht ohne Sachverständigengrundlage allein aus eigener rechtlicher Beurteilung heraus festlegen“.90 Entsprechendes gilt auch für einen Staatsanwalt bei der vorzunehmenden Würdigung im Hinblick auf die Abschlussverfügung im strafrechtlichen Ermittlungs- bzw. Vorverfahren („Verfahrenseinstellung versus Anklageerhebung“). Insofern geht es konkret darum, dass der Sachverständige z. B. den in der fraglichen Behandlungssituation einzuhaltenden Standard beschreibt, damit auf dieser Grundlage rechtlich beurteilt werden kann, ob eine Sorgfaltspflichtverletzung festzustellen ist oder nicht. Im Behandlungszusammenhang ist genau damit die forensische Funktion des medizinischen Sachverständigen im Kern beschrieben.
Vor diesem Hintergrund wird der Sachverständige oftmals als „Gehilfe des Gerichts“ apostrophiert, was zu dessen Missverständnis seiner eigenen Funktion führen kann. Denn der Sachverständige sitzt gerade nicht „im Boot“ von Gericht und/oder Staatsanwaltschaft. Tatsächlich ist der Sachverständige „Beweismittel“, wie z. B. ein Zeuge. So ordnet § 402 ZPO (Zivilprozessordnung) Folgendes an: „Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind“ (vgl. strafrechtlich entsprechend § 72 StPO (Strafprozessordnung)).
Dabei verhält es sich faktisch so, dass die vom Gericht zu beurteilende Rechtsfrage zur etwaigen Sorgfaltspflichtverletzung im Kern vom Sachverständigen durch die Darlegung einzuhaltenden Standards beantwortet wird. Denn einerseits fehlen dem Richter die nötigen Fachkenntnisse und andererseits ist nur der Sachverständige aufgrund seiner wissenschaftlichen Qualifikation und praktischen Erfahrung in der Lage, den Inhalt des Standards samt der (Nicht-)Einhaltung beim fraglichen Behandlungsgeschehen zu beschreiben. Der Richter bleibt zwar verpflichtet, das Gutachten selbstständig und kritisch auf seine Überzeugungskraft zu prüfen, doch läuft dies praktisch auf eine bloße „Plausibilitätskontrolle“ hinaus. „Die Folge ist, dass der Richter die Verantwortung für Entscheidungen trägt, die in Wirklichkeit ein anderer, nämlich der Sachverständige produziert hat“.91 Dergestalt erhellt, dass dem Sachverständigen – jenseits der ohnehin basal bestehenden Verpflichtung zu strikter Objektivität und Neutralität – eine besonders hohe Verantwortung für die sachliche Richtigkeit seiner Ausführungen zukommt. Dieser Verantwortung kann er nur gerecht werden, wenn er seine aus gesetzlichen Anordnungen und allgemeinen Grundsätzen resultierenden Rechte und Pflichten bei der Ausübung seiner Tätigkeit kennt und beachtet.

Aufgaben des Sachverständigen

Generell ist zu fordern, dass ein Gutachten „auf detaillierter Kenntnis des Gegenstandes, exakten Untersuchungsergebnissen (und) umfassendem Wissen von den derzeitig anerkannten wissenschaftlichen Fakten beruht“.92
Aufgaben des Sachverständigen sind insbesondere:
  • die Vermittlung von Erfahrungssätzen auf seinem speziellen Wissensgebiet,
  • die aus eigener Sachkunde resultierende Feststellung von Tatsachen und
  • die Beurteilung von Tatsachen auf der Grundlage aus seinem Wissen und seiner Sachkunde resultierender Erfahrungssätze.93

Bindung an den Begutachtungsauftrag

Die Tätigkeit des Sachverständigen beruht auf dem ihm erteilten Auftrag. Ist dieser unpräzise oder unklar, muss der Gutachter darauf drängen, dass das Beweisthema exakter bzw. verständlich und klar gefasst wird.
Im Strafverfahren ist der Begutachtungsauftrag immer umfassend zu verstehen, d. h. alle in Betracht kommenden Behandlungsfehler sind zu prüfen, selbst wenn nur eine ganz konkrete Frage (z. B. nach der Indikation eines Eingriffs) gestellt wird. Erkennt der Gutachter, dass das Beweisthema zu eng gefasst ist (z. B. der Fehler nicht bei der Indikation, sondern in der Durchführung des Eingriffs liegt), muss er dies in seinen Ausführungen deutlich machen und auf die eigentlich entscheidenden Probleme eingehen.
Im Zivilprozess, der nach Maßgabe der sog. Dispositionsmaxime vom wechselseitigen Parteivorbringen „lebt“, ist dagegen die Bindung an das vorgegebene Beweisthema stärker. Hier darf der Sachverständige vom ihm erteilten Auftrag nur abweichen, wenn sich dies aufgrund konkreter Anhaltspunkte förmlich aufdrängt.94 Dies bedeutet z. B.: Fragt das Gericht nur nach der Art und Weise der Durchführung des Eingriffs, nicht aber danach, ob dieser als solcher überhaupt medizinisch indiziert war, so hat der Gutachter das nicht sachverständige Gericht darauf hinzuweisen, dass die fragliche ärztliche Handlung schon an sich verfehlt oder bedenklich war. Der Gutachter würde jedoch über das Ziel hinausschießen, wenn er auf die Frage nach Behandlungsfehlern in seinem Gutachten auch zur Frage der Aufklärung Stellung nimmt, obwohl etwa der klagende Patient hierzu nichts vorgetragen hat. Ein Befangenheitsantrag der Gegenseite kann die Folge sein.

Verpflichtung zur Unparteilichkeit

Der Sachverständige muss sein Gutachten streng objektiv, ausschließlich sachbezogen und in jeder Hinsicht vorurteilsfrei erstatten. Anderenfalls kann er wegen „Besorgnis der Befangenheit“ abgelehnt werden, wobei schon der Eindruck der Parteilichkeit aus der Sicht eines verständigen Prozessbeteiligten genügt. Wiederholt hat der Bundesgerichtshof betont, dass der medizinische Gutachter seinen beklagten „Kollegen“ nicht aus falscher „Standessolidarität“ schützen darf. Objektivität geht stets vor Standessolidarität, allerdings auch – wie man heute betonen muss – vor Rivalität, da in der Praxis gar nicht so selten Gutachter auftreten, die dem beklagten oder beschuldigten Arzt besonders kritisch, ja sogar voreingenommen gegenüberstehen und nur „patientenfreundliche“ Gutachten erstatten.
Die Verpflichtung zur Unparteilichkeit gilt auch für das sog. Privat- oder Parteigutachten, das der Sachverständige im Auftrag des Beschuldigten bzw. seines Verteidigers oder einer Prozesspartei erstattet. Ein „parteiisches, geschöntes Gefälligkeitsgutachten“ schadet nur dem Ruf des Gutachters, nützt aber in Wirklichkeit niemandem, da seine Schwächen rasch erkannt werden und es damit ohne Beweiswert ist.
Das Gebot der Unparteilichkeit zwingt den Sachverständigen bei Lücken in den tatsächlichen Feststellungen oder divergierenden Zeugenaussagen, sein Gutachten alternativ, entsprechend den verschiedenen Möglichkeiten der Beweiswürdigung, aufzubauen. Unklarheiten, Mängel und Widersprüche darf er nicht durch Unterstellungen und Annahmen zugunsten oder ungunsten einer Partei beseitigen, vielmehr muss er sie offenlegen. Leider liest man jedoch im Gegenteil immer wieder in Gutachten von bloßen Vermutungen, Spekulationen und Verdächtigungen, für die in einem wissenschaftlichen Gutachten kein Raum ist.

Stellenwert des schriftlichen Gutachtens

Üblicherweise hat der Sachverständige sowohl im Zivilprozess als auch im Strafverfahren (zunächst als staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren) ein schriftliches Gutachten vorzulegen. Im Zivilprozess muss er dieses Gutachten in aller Regel auf gerichtliche Anordnung in einem Gerichtstermin mündlich erläutern (§ 411 Abs. 3 ZPO), was im Wesentlichen aus Fragen und Vorhalten seitens Gericht und Parteien resultiert. Demgegenüber hat der Sachverständige im Strafprozess sein Gutachten entsprechend dem dort geltenden Mündlichkeits- und Unmittelbarkeitsprinzip in der Hauptverhandlung (auf der Grundlage bzw. anhand des schriftlichen Gutachtens) persönlich zu erstatten. Dabei besteht keine Bindung an vorgängige schriftliche Ausführungen, sodass der Sachverständige bei Kenntnisnahme neuer Tatsachen oder neuer Argumente verpflichtet ist, seine zunächst schriftlich abgefasste Auffassung zu revidieren. Dies mag manchmal nicht leicht fallen, muss aber von einem pflichtbewussten Gutachter ebenso verlangt werden wie das Eingeständnis eines eventuell unterlaufenen sachlichen Fehlers oder Irrtums.

Rechtliche Wertungen

Die rechtliche Würdigung des Sachverhalts ist ausschließlich Aufgabe des Richters. Der Sachverständige muss sich daher davor hüten, rechtliche Wertungen vorzunehmen, selbst wenn er unzulässigerweise etwa gefragt wird, ob ein Verhalten „grob fahrlässig“, „schuldhaft“ oder gar „strafbar“ sei. Bedauerlicherweise verleiten oftmals Richter, Staatsanwälte oder Rechtsanwälte den Gutachter durch ihre Fragestellung zu „Rechtsausführungen“ – z. B. zur Qualifizierung eines Behandlungsfehlers als „grob“ – obwohl der Sachverständige damit seine Kompetenz überschreitet. Denn der Terminus „grober Behandlungsfehler“ ist ein zivilrechtlicher Rechtsbegriff, der der Beweiswürdigung des Gerichts unterliegt, wozu der Sachverständige auf Frage lediglich etwaige Beurteilungskriterien mitzuteilen hat.
In Österreich gibt es den Rechtsbegriff „grober Behandlungsfehler“ nicht, der ganze Bereich wird durch den § 1299 ABGB abgedeckt. Bei konkreten Fragen z. B. der klagenden Partei, ob eine bestimmte Handlung des Beklagten einen „groben Behandlungsfehler“ darstelle, muss der Sachverständige darauf hinweisen, dass es diesen in Österreich nicht gibt und er auch in Deutschland Sache der richterlichen Beweiswürdigung ist.

Berücksichtigung unterschiedlicher medizinischer Standards

Vom Arzt wird weder die „größtmögliche“ Sorgfalt noch ein „Maximalstandard“ verlangt, wie er vielleicht an Universitätskliniken und Spezialkrankenhäusern den Patienten geboten wird. Deshalb dürfen Gutachter, zumal wenn sie aus dem Kreis der sog. Koryphäen kommen, nicht unbesehen die Maßstäbe und Möglichkeiten ihrer Häuser zugrunde legen, sondern müssen die Anforderungen „an den für diesen Patienten in dieser Situation faktisch erreichbaren Gegebenheiten ausrichten, sofern auch mit ihnen ein zwar nicht optimaler, aber noch ausreichender medizinischer Standard erreicht werden kann“.95 Ein spezifischer Facharzt schuldet eben ein anderes Maß an Sorgfalt als der Arzt für Allgemeinmedizin, und entsprechende Unterschiede sind auch zwischen dem klinisch tätigen und dem niedergelassenen Arzt und wohl auch zwischen einem kleineren kommunalen Krankenhaus einerseits und einer Universitäts- oder Spezialklinik andererseits zu machen. „In Grenzen ist deshalb der zu fordernde medizinische Standard je nach den personellen und sachlichen Möglichkeiten verschieden“.96

Beurteilungszeitpunkt

Die Frage des fachärztlichen Standards ist stets aus der Sicht ex ante zu beurteilen, sodass sich der Sachverständige bei der Begutachtung räumlich, zeitlich und sachlich in den Behandlungszeitpunkt zurückversetzen muss. Konkret ist also zu prüfen, wie sich ein gewissenhafter, erfahrener Geburtshelfer in gleicher Situation, also bei der Behandlung der Patientin, anstelle des beklagten oder beschuldigten Arztes verhalten hätte. Später, etwa bei einer Obduktion bekannt gewordene Umstände, nachträgliche Erkenntnisse und neueste, etwa erst im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens publizierte Forschungsergebnisse, Erfahrungen und Beobachtungen haben außer Betracht zu bleiben;97 außer, dass das seinerzeitige Behandlungsagieren den aktuellen Erkenntnissen (bereits) entsprochen hätte.
Im Gegensatz dazu muss die Frage des Schadens sowie der Kausalität zwischen Behandlungsfehler und Tod oder Schädigung der Patientin bzw. des Fetus aus der Sicht ex post beantwortet werden, d. h. Grundlage der Beurteilung ist hier der Zeitpunkt der Gutachtenerstattung.

Anforderungen an den Nachweis der Kausalität im Zivil- und Strafrecht

Der Sachverständige sollte ferner wissen, dass im Zivil- und Strafrecht unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis der Kausalität gestellt werden.
Jedweder Zweifel an der Ursächlichkeit führt im Strafverfahren zu dessen Einstellung bzw. zum Freispruch des angeklagten Arztes, da der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtwidrigkeit und Tod bzw. dem Gesundheitsschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, d. h. unter Ausschluss vernünftiger, auf Tatsachen gegründeter Zweifel, feststehen muss.
Im Zivilrecht genügt dagegen ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der „Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen“,98 d. h. einer nach allgemeiner Lebenserfahrung gegebenen Wahrscheinlichkeit.

Intellektuelle Redlichkeit und Verständlichkeit des Gutachtens

Die Überzeugungskraft eines Gutachtens steht und fällt mit seiner intellektuellen Redlichkeit und Verständlichkeit. Gibt es unterschiedliche Lehrmeinungen, einen „Schulenstreit“ mit unterschiedlichen Ansichten, Behandlungsalternativen und verschiedenen Therapiekonzepten, so muss in einem objektiven Gutachten alles dies dargelegt und im Einzelnen aufbereitet werden. In der Justizpraxis werden jedoch nicht selten z. B. Meinungen als sicheres Wissen und Empfehlungen bzw. eigene Anforderungen des Sachverständigen als „allgemeiner Standard“ ausgegeben, den Gutachten keine Literaturbelege beigefügt und apodiktische, zum Teil widersprüchliche Feststellungen ohne Hinweis auf vertretbare andere Behandlungsmethoden getroffen.
Ein besonders häufiger Mangel in Sachverständigengutachten resultiert aus der Dynamik des medizinischen Fortschritts und der damit zwangsläufig verbundenen wissenschaftlichen Spezialisierung und Subspezialisierung. Diese Umstände bringen es mit sich, dass Gutachter ihre Fachkompetenz überschreiten oder zum Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens nicht mehr über den aktuellen Wissensstand verfügen. Mit Sorge ist zu beobachten, dass manche Sachverständige ihre mangelnde Sachkunde für bestimmte Fragen oder Gebiete nicht erkennen (wollen) bzw. nicht den Mut haben, die Übernahme des Gutachtens abzulehnen.
„Verständlichkeit“ eines Gutachtens bedeutet nicht, dass auf die medizinische Fachsprache verzichtet werden müsste. Wer aber den Leser mit einer Flut von dem Laien unbekannten Fachausdrücken überschüttet, entwertet sein Gutachten und die darin investierte Gedankenarbeit erheblich. Denn wenn ein Richter, Staatsanwalt oder Verfahrensbeteiligter die gutachtlichen Ausführungen nicht ohne klinische Wörterbücher verstehen kann, ist die Gefahr von Missverständnissen ebenso groß wie die Gefahr eines Fehlurteils mit all seinen schlimmen Konsequenzen für die Parteien des Rechtsstreits bzw. den beschuldigten Arzt.

Ärztliche Verpflichtung zur Gutachtenerstattung

Nach den einschlägigen deutschen Gesetzesregelungen sind alle approbierten Ärzte verpflichtet, sich dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und – unter bestimmten Voraussetzungen – auch der Verteidigung als Sachverständige zur Verfügung zu stellen. Für die Ablehnung eines Gutachtenauftrags müssen zwingende sachliche Gründe vorgebracht werden, z. B. Arbeitsüberlastung, Befangenheit oder mangelnde Sachkunde.
Für Österreich regelt das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz (SDG) die Eintragung der beeideten und zertifizierten ärztlichen Gerichtssachverständigen in die von den Landesgerichten geführte Sachverständigenliste. Für die Eintragung in die Liste müssen Kenntnisse der wesentlichen Bestimmungen des Verfahrensrechts (insbesondere ZPO, StPO und AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz/Österreich)) im Rahmen einer Prüfung vor einer eigens eingerichteten Zertifizierungskommission nachgewiesen werden. Ärztliche Sachverständige müssen eine mindestens 5-jährige ärztliche Tätigkeit in verantwortlicher Stellung in ihrem Fachgebiet nachweisen. Für diese 5-Jahres-Frist wird das Datum der Eintragung als Facharzt bei der Ärztekammer als Stichtag genommen. Nach 5 Jahren gutachterlicher Tätigkeit muss beim zuständigen Landesgericht ein Antrag auf Verlängerung der Eintragung in die Gutachterliste eingereicht werden. Diesem Antrag ist eine Liste mit den Aktenzahlen aller für Gerichte erstellten Gutachten beizulegen. Bei positiver Erledigung wird ein neuer Gutachterausweis mit Chip für Zugang zu Justiz-online.at ausgestellt.99
Ein besonders „wunder“ Punkt in der Praxis ist die Zeitdauer der Gutachtenerstattung, die oftmals den Grund für die überlangen Arzthaftungsstreitigkeiten bildet. Jeder Sachverständige sollte sich bewusst machen, dass er eine äußerst schwierige, verantwortungsvolle Aufgabe übernommen hat, die Justiz jedoch gerade auf die erfahrensten und wissenschaftlich qualifiziertesten Ärzte angewiesen ist, um Fehlurteile zu vermeiden, und jeder Prozess für den oder die Betroffene(n) eine ungeheure Belastung darstellt. Die Verweigerungshaltung mancher als Sachverständige prädestinierter Klinikchefs bzw. das Hinausschieben der Erledigung des Gutachterauftrags bedeutet nicht nur für die Rechtspflege „Stillstand“, sondern für die Beteiligten die Fortdauer der Parteienkonfrontation bzw. für den Beschuldigten den fortdauernden psychischen Druck durch ein Strafverfahren.

Persönliche Verantwortung des Gutachters

Die Beauftragung der Gutachtenerstattung verpflichtet den Sachverständigen höchstpersönlich. Sie lässt sich daher nicht einfach auf Mitarbeiter oder andere übertragen.
Dies schließt nicht aus, bei der Vorbereitung und Abfassung des Gutachtens wissenschaftliche Mitarbeiter oder sonst geeignete Hilfskräfte hinzuzuziehen, doch muss die persönliche Verantwortung des beauftragten Sachverständigen für das Gutachten insgesamt uneingeschränkt gewahrt bleiben. Der beauftragte Sachverständige muss also die volle Verantwortung für das Gutachten übernehmen und mit seiner Unterschrift zu erkennen geben, dass er dazu bereit und aufgrund eigener Untersuchungen und Urteilsbildung in der Lage ist.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige haftet für ein fehlerhaftes Gutachten oder für Fehler bei der Vorbereitung seines Gutachtens gem. § 839a BGB, wenn eine Gerichtsentscheidung auf dem unrichtigen Gutachten beruht, dem Sachverständigen grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorzuwerfen ist und im Vorprozess die Rechtsmittel ausgeschöpft worden sind.
Außerdem kann sich der Sachverständige u. a. wegen Ausstellens eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses nach § 278 StGB, wegen Meineids (§ 154 StGB) oder fahrlässigen Falscheids (§ 163 StGB), vorsätzlicher uneidlicher Falschaussage (§ 153 StGB), Geheimnisverrat (§§ 203, 204 StGB), Betrug (§ 263 StGB), Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) und v. a. wegen Strafvereitelung (§ 258 StGB) strafbar machen. Ein „Gefälligkeitsgutachten“ kann bei entsprechendem Vorsatz auch den Tatbestand (des Versuchs) der Strafvereitelung (§ 258 Abs. 1, Abs. 4 StGB) erfüllen.

Juristisches Zwischenfallmanagement; praktische Hinweise für das Verhalten nach einem Zwischenfall

Immer wieder ist festzustellen, dass im Anschluss an Behandlungskomplikationen und sogar noch nach Schadensanmeldungen von Patienten bzw. der Einleitung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren von Ärztinnen und Ärzten sowie seitens Kliniken nicht „lege artis“ im Sinne eines strukturierten juristischen Zwischenfallmanagements100 agiert und reagiert wird. Wie man sich im „medizinischen Notfall“ verhalten soll, wird angeleitet und ist bekannt. Darüber hinaus sollte allerdings auch ein strukturiertes Zwischenfallmanagement unter juristischen Kriterien als Instrument zur Prävention gegen verfahrensmäßige Weiterungen bzw. zur adäquaten Begleitung von Zivil- und Strafverfahren etabliert sein.
Die folgenden praktischen Hinweise sind keine starren Regeln, sondern stellen in der Praxis vielfach erprobte und bewährte allgemeine Empfehlungen dar.101

Gespräch mit der Patientin oder ihren Angehörigen

Durchmustert man die einschlägigen Verfahrensakten, zeigt sich häufig, dass ein unbedachtes Wort oder fehlende Gesprächsbereitschaft die Ursache für Misstrauen und Verdacht bei Patienten oder ihren Angehörigen war und in der Folge dann zu Schadensersatzansprüchen oder einer Strafanzeige geführt haben. Ärzte sollten daher das Gespräch mit den Betroffenen nicht scheuen, sondern umgehend ihre Bereitschaft zu einer Aussprache signalisieren. Hier liegt vielfach die entscheidende Weichenstellung für den weiteren Verfahrensgang. Das oft befürchtete Risiko des Verlustes des Versicherungsschutzes besteht bei richtiger Handhabung nicht (s. Abschn. 4.5). Demgegenüber kann ein menschlich vertrauensvolles Gespräch in vielen Fällen sogar einen für alle Beteiligten belastenden Rechtsstreit verhindern.
Das Gespräch mit der betroffenen Patientin oder ihren Angehörigen ist allerdings oftmals nicht nur schwierig, sondern auch eine zweischneidige Sache und häufig eine Gratwanderung zwischen Selbstbezichtigung und Selbstverteidigung mit der Gefahr von Fehldeutungen und Missverständnissen. § 630c Abs. 2 S. 2 BGB verlangt vom behandelnden Arzt, den Patienten „auf Nachfrage“ oder „zur Abwendung gesundheitlicher Nachteile“ über Umstände zu informieren, „die die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen“. Die Wertung als „Fehler“ gehört nicht zur Informationspflicht. Die Mitteilung darf im Strafverfahren nicht gegen den Arzt zu Beweiszwecken verwandt werden. (§ 630c Abs. 2 S. 3 BGB).102
Praxistipp
Eine solche Aussprache sollte nicht spontan in der ersten Erregung oder noch unter dem psychischen Druck der Ereignisse erfolgen, sondern – nach einem umgehenden Gesprächsangebot – in einem gewissen zeitlichen Abstand, sorgfältig vorbereitet, für den Laien verständlich und – aus Beweisgründen – niemals alleine stattfinden. Zu oft werden nämlich Worte missverstanden oder aus bestimmten Formulierungen Schuldeingeständnisse abgeleitet, um sie später dann dem beschuldigten Arzt entgegenzuhalten.
Betrifft der Zwischenfall nachgeordnete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ist der Chefarzt der Abteilung gefordert, das Gespräch zu führen, zumindest aber daran teilzunehmen. Ereignet sich der Zwischenfall in der Praxis, sollte man unbedingt eine Kollegin/einen Kollegen oder die Sprechstundenhilfe als Zeugen hinzuziehen.

Meldung des Schadens

Geboten ist die unverzügliche Meldung jedes Schadensereignisses, das Haftpflichtansprüche zur Folge haben könnte, an den Haftpflichtversicherer über die Krankenhausverwaltung (Zentrale Schadensbearbeitung) sowie ggf. den Vorgesetzten bzw. den für die Behandlung der Patientin/des Kindes verantwortlichen Arzt.

Komplettierung der Behandlungsunterlagen, persönliches Gedächtnisprotokoll, Fertigung von Fotokopien

Bei Komplikationen und erst recht im Notfall ist eine zeitgleiche Dokumentation aller Maßnahmen mit der akut erforderlichen ärztlichen Behandlung nur schwer oder überhaupt nicht vereinbar. Gerade für solche Situationen hat allerdings die Erfüllung der ärztlichen Dokumentationspflicht im Falle forensischer Auseinandersetzungen nochmals gesteigerte Bedeutung. Umso wichtiger ist es deshalb auch, im unmittelbaren Anschluss an den Eintritt des Zwischenfalls unverzüglich, jedenfalls zeitnah, eventuell unterbliebene Eintragungen vorzunehmen. Dies sollte ohne jede Hektik in Ruhe unter Angabe von Eintragungsdatum bzw. -zeit geschehen. Die derart erstellte ärztliche Dokumentation hat Urkundenqualität und unterliegt infolgedessen auch der Vermutung von Vollständigkeit und Richtigkeit.
Erforderlichenfalls sind dergestalt auch sonstige Nachträge bzw. Korrekturen anzubringen, was ebenfalls als nachträglich dokumentiert zu kennzeichnen ist, wobei der ursprüngliche Inhalt erkennbar bleiben muss; vgl. § 630 f Abs. 1 Satz 2 BGB. Anderenfalls ist der Tatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) erfüllt. Idealiter sollte eine solche nachträgliche Dokumentation von (einem) Zeugen zur Bestätigung der Richtigkeit gegengezeichnet werden.
Urkundenunterdrückung und -vernichtung sind strafbar (§ 274 Nr. 1 StGB) und führen im Zivilprozess zur Beweislastumkehr.
Jeder Beteiligte sollte für sich persönlich ein Gedächtnisprotokoll über den Ablauf des Zwischenfalls bzw. der Komplikation mit markanten Zeitpunkten, der Länge bestimmter Zeitphasen (Pulsabfall, Dauer einer Herzdruckmassage etc.), beteiligten Personen, Besonderheiten in der Person der Patientin, Auffälligkeiten im Umfeld, Namen von Mitpatientinnen etc. fertigen. Eine solche Unterlage ist allerdings beschlagnahmefähig, weshalb sie – nur für eigene Zwecke, z. B. zur späteren Unterrichtung des eigenen anwaltlichen Vertreters – sicher aufbewahrt werden muss. Insbesondere gehört sie nicht zu den Behandlungsunterlagen und ist auch nicht als schriftliche Stellungnahme gegenüber Vorgesetzten, der Krankenhausleitung oder der Haftpflichtversicherung zu verwenden.
Zudem sollten die Behandlungsunterlagen umgehend vollständig fotokopiert und von bildlichen Darstellungen Duplikate gefertigt werden. Kommt es zu einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren mit Beschlagnahme, sind die Behandlungsunterlagen einer Einsicht grundsätzlich entzogen. Etwaige Beschuldigte erhalten persönlich ohnehin keine Akteneinsicht; solche kann nur über einen Verteidiger erlangt werden, wobei ein dahin gehender Rechtsanspruch erst nach Abschluss der Ermittlungen, die Jahre dauern können, besteht.

Schriftliche Stellungnahme

Erforderlich ist die Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zu dem Vorfall bzw. den erhobenen Vorwürfen gegenüber dem Haftpflichtversicherer, der Krankenhausverwaltung und dem Vorgesetzten bzw. dem für die Behandlung der Patientin Verantwortlichen. Solche Stellungnahmen sollten von an einem Vorfall bzw. Zwischenfall beteiligten Personen einzeln und nicht als „Gruppenstatement“ verfasst werden. Das Gegenzeichnen von Stellungnahmen – gleichsam zur Bestätigung einer Richtigkeit – z. B. durch Hebammen, nachgeordneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Pflegepersonal oder Praktikanten sollte unterbleiben. Die Betroffenen mögen das eventuell als Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses bzw. gar als „Nötigung“ empfinden.
Dabei ist zu beachten: Da bei Todesfällen und Körperschäden die Einleitung eines Strafverfahrens möglich ist, können sämtliche Unterlagen beschlagnahmt und auch die Adressaten der Stellungnahmen (z. B. zu etwa erfolgten Erörterungen) als Zeugen vernommen werden. Alles, was der Arzt hier also freimütig und wahrheitsgemäß offenbart, wie es seine versicherungs- und arbeitsrechtliche Verpflichtung ist, kann auf diese Weise zur Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden gelangen und ggf. zu seinen Ungunsten verwandt werden.
Praxistipp
Mitteilungen an die Haftpflichtversicherung, die Krankenhausverwaltung und den Vorgesetzten sollten sich deshalb ausschließlich auf die Schilderung des Tatbestandes – ohne alle Wertungen – beschränken, d. h. auf den tatsächlichen Geschehensablauf, die objektive Chronologie der Ereignisse, ohne eigene Beurteilung, subjektive Meinungsäußerungen, Vermutungen, Spekulationen, Schuldeingeständnisse oder Schuldzuweisungen, kurzum auf einen reinen Tatsachenvortrag, wie er sich aus den Behandlungsunterlagen (z. B. dem Partogramm oder dem Operationsbericht u. a.) ergibt.

Kein Schuldanerkenntnis; Regulierungsvollmacht des Versicherers

Beim initialen oder bei folgenden Gesprächen mit der Patientenseite sollten betroffene Ärztinnen und Ärzte kein Schuldanerkenntnis, d. h. die Erklärung, dass entstandener Schaden ersetzt werde, abgeben.
Zwar besteht nicht mehr das frühere „Anerkenntnisverbot“, welches Versicherungsnehmern durch die Haftpflichtversicherung auferlegt war. Jedoch kann die Anerkennung unbegründeter Ansprüche zur Eigenhaftung des Versicherungsnehmers bzw. der Ärztin/des Arztes führen. Infolgedessen ist dringend davon abzuraten, ein Schuldeingeständnis oder Schuldanerkenntnis gegenüber der Patientin bzw. ihren Angehörigen abzugeben.
Schuldzuweisungen an andere (etwa auch bei einem fachgebietsübergreifenden Zusammenwirken oder einer Involvierung von Pflegepersonal) sollte ebenfalls unterbleiben.
Das Recht, ein schuldhaftes Verhalten zu leugnen, ist dem Arzt unbenommen. Niemand ist verpflichtet, sich selbst zu beschuldigen und an seiner Strafverfolgung durch eigenes Tun mitzuwirken.
Die Empfehlung, sein Verhalten von Anfang an nach einem Zwischenfall so einzurichten, dass daraus für die Verteidigung im Strafverfahren oder in einem Zivilprozess keine Nachteile erwachsen können, steht im Einklang mit dem Versicherungsvertrag. Dieser erlaubt dem Arzt auch, dem Patienten auf Befragen pflichtgemäß die Wahrheit zu sagen, selbst wenn dies das Eingeständnis eines Behandlungsfehlers bedeutet.
Gemäß Nr. 5.2 AHB (Allgemeine Haftpflichtbedingungen) gilt der Versicherer in Zivilsachen als bevollmächtigt, „alle ihm zur Abwicklung des Schadens oder Abwehr der Schadenersatzansprüche zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben“. Der Versicherer ist also ermächtigt, alle mit der Schadensregulierung zusammenhängenden Maßnahmen zu treffen und den Versicherungsnehmer (Klinik/Arzt) anzuweisen, sich entsprechend zu verhalten. Kraft seiner Regulierungsvollmacht hat der Haftpflichtversicherer das Recht, Schadenersatz zu leisten, den Anspruch eines Patienten zurückzuweisen und den Rechtsweg auszuschöpfen, also den Rechtsstreit durch mehrere Instanzen zu führen. Infolgedessen ist es verfehlt, insoweit selbstständig tätig zu werden, vielmehr ist jegliche Korrespondenz mit der Patientin bzw. deren Anwalt dem Versicherer zu überlassen.
Die Einschaltung eines „eigenen“ Rechtsanwalts ist dem Arzt zwar nicht verboten, doch muss der Versicherer, wenn er damit sachlich oder im Hinblick auf die Person des anwaltlichen Beraters nicht einverstanden ist, die Anwaltskosten nicht übernehmen.
Die Regulierungsvollmacht des Haftpflichtversicherers gilt allerdings nur in Zivilsachen, nicht in Strafsachen, bei denen der Arzt auch in seiner Anwaltswahl völlig frei ist.

Anwaltszwang vor dem Landgericht

Kommt eine Einigung mit der Patientin/den Eltern des Kindes in den Verhandlungen mit der Haftpflichtversicherung nicht zustande und wird als Folge davon ein Gerichtsverfahren – in der Regel vor dem Landgericht – anhängig, so muss der Arzt anwaltlich vertreten sein. Denn vor dem Landgericht herrscht Anwaltszwang. Dabei haben die Haftpflichtversicherungen aufgrund ihrer schon erwähnten Regulierungsvollmacht ein Benennungsrecht, d. h. die Prozessführung wird vom Haftpflichtversicherer übernommen, der auch einen Anwalt beauftragt. Ist der Arzt mit dessen Person nicht einverstanden, so ist es ihm natürlich unbenommen, einen Anwalt seines Vertrauens zu mandatieren, doch hat er die dadurch entstehenden Anwaltskosten dann selbst zu tragen, wenn die Versicherung an „ihrem“ Prozessvertreter festhalten sollte.

Natürlicher und nichtnatürlicher Tod

Handelt es sich um einen Zwischenfall mit tödlichem Ausgang und lässt sich bei der Leichenschau ein strafbares Verhalten als Todesursache nicht von vornherein sicher ausschließen, sollte man auf dem Leichenschauschein im Zweifel die Todesart als „ungeklärt“ bezeichnen und die endgültige Feststellung dem Obduzenten bzw. Pathologen überlassen.
Cave
Mit Nachdruck ist davor zu warnen, trotz gegenteiliger Anhaltspunkte eine „natürliche“ Todesursache auf dem Leichenschauschein anzugeben, da ein solches Vertuschungsmanöver den Fall von vorneherein „in ein schiefes Licht“ bringt und sogar zu strafrechtlichen Konsequenzen führen kann (Strafvereitelung bzw. versuchte Strafvereitelung gemäß § 258 Abs. 1, Abs. 4 StGB).
Im Hinblick auf die Versuchung des Arztes, der in den Zwischenfall verwickelt ist und möglicherweise durch eine ärztliche Sorgfaltspflichtverletzung den Tod der Patientin (des Kindes) verursacht hat, ist in manchen Bundesländern eine generelle Anzeigepflicht unnatürlicher Todesfälle gegenüber der Polizei nicht statuiert bzw. es wird dem Arzt das Recht eingeräumt, die Leichenschau zu verweigern, wenn sie ihn oder einen Angehörigen der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
Um derartige Konfliktsituationen von vornherein zu vermeiden, sollte man im Krankenhaus stets dafür Sorge tragen, dass, soweit irgend möglich, die Todesbescheinigung ein Arzt ausfüllt, der in den Zwischenfall nicht involviert war, sondern sozusagen „neutral“ ist.
Die Einschaltung der Staatsanwaltschaft bei ungeklärter oder nicht eindeutiger natürlicher Todesart ist eine Rechtspflicht, die sich aus gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen (Vertragsarztrecht, Vertrag mit dem öffentlich rechtlichen Krankenhausträger) ergibt.
Unberührt davon bleibt der eherne Grundsatz, dass – von Ausnahmen abgesehen – niemand zur Aufdeckung eigenen Fehlverhaltens verpflichtet ist.
Nur dann, wenn der ärztliche Behandlungsfehler zu einem erheblichen Gesundheitsschaden des Patienten geführt hat und Weiterungen zu befürchten sind, also eine Nachbehandlung oder gar ein operativer Eingriff erforderlich ist, muss dem Patienten bzw. dem nachbehandelnden Arzt „reiner Wein eingeschenkt“, d. h. das Fehlverhalten bzw. der diesem zugrunde liegende Sachverhalt – ohne rechtliche Wertung – mitgeteilt werden. Offenbarungspflichten aus therapeutischen Gründen bedürfen somit stets der exakten Prüfung im konkreten Einzelfall (§ 630c Abs. 2 S. 2 BGB).103

Fahrlässige Körperverletzung

In Fällen etwaiger fahrlässiger Körperverletzung müssen weder der betroffene Arzt noch sein Dienstvorgesetzter oder ein anderer Arzt der Staatsanwaltschaft oder Polizei eine Meldung machen. Denn die fahrlässige Körperverletzung ist ein sog. relatives Antragsdelikt, d. h. Ermittlungen werden nur bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen aufgenommen, während sie im Grundsatz von einem Strafantrag des bzw. der Verletzten abhängen, der/die auch selbst im Wege der Privatklage die Strafverfolgung betreiben kann (§§ 229, 230 StGB, 374 Abs. 1 Nr. 4 StPO).

Keine Beeinflussung von Zeugen; keine Fälschung und Vernichtung von Beweismaterial

Eigentlich selbstverständlich, aber aus gegebenem Anlass nochmals zu betonen ist der Hinweis, dass Zeugen nicht beeinflusst werden dürfen. Davon abgesehen sollte derjenige, der polizeiliche bzw. staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen seine Person nicht unter jedem denkbaren Gesichtspunkt für ausgeschlossen erachtet, Zurückhaltung im Gespräch mit Kollegen und dem nichtärztlichen Personal üben. Das gilt auch für die Teilnahme an Zwischenfallkonferenzen oder die Unterzeichnung sog. Gemeinschaftsprotokolle.
Cave
Selbstverständlich dürfen die vorliegenden schriftlichen oder elektronischen Behandlungsunterlagen nicht nachträglich in verbotener Weise „geändert“ bzw. Beweismittel vernichtet oder unterdrückt werden. Ein solches Verhalten erfüllt den Straftatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) bzw. der §§ 268, 269, 274, Ab1 Nr. 1, 278 StGB.

Informatorische Befragungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft

Kommt es unmittelbar nach einem Zwischenfall zu informatorischen Befragungen durch Polizei oder Staatsanwaltschaft, ohne dass überhaupt schon feststeht, ob eine strafbare Handlung vorliegt bzw. gegen wen sich der Tatverdacht richten könnte, ist der in den Vorfall verwickelte Arzt zunächst Zeuge. Als solcher trifft ihn grundsätzlich die Pflicht auszusagen, und zwar wahrheitsgemäß. Nach § 55 StPO kann er jedoch die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren wahrheitsgemäße Beantwortung ihn der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
Obwohl der „verdächtige“ Zeuge auf diese Bestimmung vom Vernehmungsbeamten hinzuweisen ist, wird in der Praxis oftmals hiergegen verstoßen, ohne dass sich daraus aber irgendwelche rechtlichen Konsequenzen ergeben. Jeder möglicherweise von dem Fehlervorwurf betroffene Arzt ist daher gut beraten, im Frühstadium der Ermittlungen den Bereich des Auskunftsverweigerungsrechts weit zu ziehen, u. U. die Aussage im Hinblick auf § 55 StPO sogar ganz zu verweigern.
Unbedachte und vorschnelle, im Ergebnis belastende Angaben in diesem Stadium erschweren die Verteidigung oftmals außerordentlich, da das früher Gesagte im weiteren Verfahrensverlauf gegen den beschuldigten Arzt verwertbar ist. Vermag der Arzt dagegen durch seine Aussage sofort und einwandfrei seine Unschuld zu beweisen, sollte er sich zur Sache äußern und nicht durch einen Rückzug auf formale Rechtspositionen möglicherweise unnötigen Verdacht erregen.

Verhalten als Beschuldigter

Wer formell von der Staatsanwaltschaft mit dem Vorwurf konfrontiert wird, für den Tod oder die Körperverletzung einer Patientin bzw. des Kindes verantwortlich zu sein, ist „Beschuldigter“. In dieser Position ist dringend davon abzuraten, mündliche Erklärungen zur Sache gegenüber der Polizei oder Staatsanwaltschaft abzugeben. Wie die Erfahrung nämlich gezeigt hat, ist die Gefahr von Missverständnissen, Irrtümern und Ungenauigkeiten bei der Aufzeichnung der Angaben außerordentlich groß.
Spätestens im Anschluss an die formelle Mitteilung der Beschuldigung ist der Zeitpunkt gekommen, sich anwaltlicher Hilfe, d. h. eines Verteidigers, zu bedienen.104
Praxistipp
Seitens des Beschuldigten – also durch den Verteidiger – sollte stets nur schriftlich – nach vorheriger rechtlicher Prüfung und Akteneinsicht über den Verteidiger – zur Sache Stellung genommen werden.
Dies ist mit Nachdruck – gegen manch anderen juristischen Rat – zu empfehlen, da mit einer substanziell fundierten, oftmals durch ein fachspezifisches Gutachten unterlegten anwaltlichen Schutzschrift der weitere Gang des Verfahrens entscheidend in Richtung „Einstellung“ gefördert werden kann.
Das Zurückhalten von Argumenten und Tatsachen oder der Vorbehalt von vermeintlichen „Überraschungseffekten“ für die Hauptverhandlung ist in Arztstrafsachen ein anwaltlicher „Kunstfehler “.
Das Hauptziel der Verteidigung muss es sein, die Erhebung der Anklage mit nachfolgender öffentlicher Hauptverhandlung mit allen zulässigen Mitteln zu vermeiden.

Umgang mit Medien

Sogenannte „Kunstfehlerprozesse“ rufen vielfach bereits bei der Aufnahme staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen außerordentliche Medienwirksamkeit hervor. Auch insofern ist seitens Kliniken bzw. ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie niedergelassener Ärztinnen und Ärzte ein professionelles Agieren geboten.
Äußerungen gegenüber Medienvertretern sollten allenfalls vorbereitet und koordiniert erfolgen. Beispielsweise sollte ausgeschlossen sein, dass sich Betroffene oder sonstige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Klinik individuell äußern.
Persönlich Betroffene sollten sich gegenüber Medien überhaupt nicht äußern. „Notfalls“ ist auf den anwaltlichen Vertreter zu verweisen. Dieser muss dann im Einzelfall in Abstimmung mit seinem Mandanten entscheiden, ob und in welcher Weise medienwirksam reagiert wird. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass einem Vorfall und dessen Medienwirksamkeit mit eigener Informationserteilung nur weiterer „Auftrieb“ gegeben wird. Grundsätzlich gilt es, möglichst jegliche Publizität zu vermeiden.
Fußnoten
1
Vgl. grundlegend Ulsenheimer/Gaede, Zur praktischen Bedeutung des Arzt- und Medizinstrafrechts. In: Ulsenheimer K, Gaede K (2021) Arztstrafrecht in der Praxis, 6. Aufl. Heidelberg, Randnummer (Rd-Nr.) 1 ff.
 
2
Vgl. dazu die jährlichen erscheinenden Statistiken von MDK/MDS (Medizinische Dienste der Krankenversicherung in den Bundesländern/Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen) und Gutachterkommissionen/Schlichtungsstellen, Bundesärztekammer (BÄK).
 
3
So bereits der Bundesgerichtshof (BGH) NJW 1977, 1102 (1103) mit weiteren Nachweisen (m.w.N.)
 
4
Vgl. Wachsmuth W (1979) Festschrift für Bockelmann, S. 473.
 
5
So vorausschauend bereits Uhlenbruck, In: Laufs A, Uhlenbruck W (Hrsg) (1992) Handbuch des Arztrechts, 1. Aufl. München, § 39 Rd-Nr. 7.
 
6
Zu Gründen – insbesondere auch medizin- und rechtspraktischer sowie soziologischer bzw. gesellschaftlicher Natur -, welche zur Zunahme der zivil- und strafrechtlichen „Fallzahlen“ geführt haben mögen, vgl. Ulsenheimer/Gaede, Arztstrafrecht, Rd-Nr. 21 ff.
 
7
Laufs A (1986), Arzt und Recht im Wandel der Zeit. MedR, 163 (164).
 
8
Vgl. Fischer T, Krause M, Feige A (1996) Beckenendlage – Informations-, Angst- und Erwartungsmuster von niedergelassenen Frauenärzten und Schwangeren. Z Geburtsh Neonatol 200, S. 61; Bock R-W (1998) Juristische Aspekte der Beckenendlagengeburt. In: Feige A, Krause M (Hrsg) Beckenendlage. München, S. 211 ff.
 
9
Vgl. Kelsen, H. Die Rechtsordnung als hierarchisches System von Zwangsnormen, in: Hoerster, N. (Hrsg) Recht und Moral, Texte zur Rechtsphilosophie, München 1977, S. 21 ff.
 
10
Bock R-W, Recht für Krankenhaus und Arztpraxis, MV, Berlin 2009, S. 1.
 
11
RGSt 25, 375.
 
12
Steffen, E.; Einfluss verminderter Ressourcen und von Finanzierungsgrenzen aus dem Gesundheitsstrukturgesetz auf die Arzthaftung, MedR 1995, 190.
 
13
BGH NJW 1989, 1535; BGH NJW 1992, 741.
 
14
BGHSt 32, 194, (197); vgl. auch BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 – 5 StR 592/02.
 
15
BGH, medstra 2021, 235; Revisionsentscheidung zur Vorinstanz LG Berlin, MedR 2020, 844. Den Entscheidungen lag der Sachverhalt eines selektiven Fetozids bei einem Zwilling nach vorgängiger operativer Entwicklung des anderen Zwillings wegen FFTS (Fetofetales-Transfusionssyndrom) mit der Folge des – vom BGH bestätigten – Vorwurfs des Totschlags gemäß § 212 Strafgesetzbuch (StGB) zugrunde.
 
16
Tipold A (2021) Die strafrechtliche Verantwortung – Rechtsfolgen bei Fehlverhalten von Ärzten und sonstigen Vertretern von Gesundheitsberufen. In: Handbuch Medizinrecht für die Praxis, Aigner, Kletecka et al (Hrsg) II 33-II-50g, Manz, Wien.
 
17
So bereits BGH NJW 1988, 2940.
 
18
Vgl. dazu schon Künschner, A., Wirtschaftlicher Behandlungsverzicht und Patientenauswahl, Baden-Baden 1993, S. 211.
 
19
BGH VersR 2014, 879.
 
20
Oberster Gerichtshof (OGH (Oberster Gerichtshof der Republik Österreich)) 29.3.2000, 6 Ob 73/00d.
 
21
Vgl. u. a. BGH NJW 1987, 1479; BGH NJW 1992, 1560.
 
22
Steffen, E., Der sogenannte Facharztstatus aus der Sicht der Rechtsprechung des BGH, MedR 1995, 360.
 
23
Ulsenheimer/Gaede, Arztstrafrecht, Rd-Nr. 105 unter Bezugnahme auf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf VersR 1994, 352; zum Ganzen vgl. Ulsenheimer/Gaede, Arztstrafrecht, Rd-Nr. 103 ff.
 
24
BGH Vers 1988, 179 (181).
 
25
BGH NJW 1985, 2189 (2191).
 
26
BGH NJW 1985, 2189 (2191).
 
27
BGH NJW 1985, 2189 (2191 f.).
 
28
BGH, NJW 1995, 776.
 
29
BGH NJW 1995, 776; vgl. auch OGH 29.3.2000 6 Ob 73/00d.
 
30
Vgl. eingehend Ulsenheimer/Gaede, Arztstrafrecht, Rd-Nr. 71 ff.
 
31
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), Nr. 015-083.
 
32
AWMF, Nr. 015-084.
 
33
[BGH NJW 1994; BGH NJW 1596 (1597 f.).
 
34
BGH VersR 2014, 879 m.w.N.
 
35
Vgl. dazu eingehend Ulsenheimer/Gaede/Bock, Arztstrafrecht, Rd-Nr. 194 ff.
 
36
Deutsch, Das Organisationsverschulden des Krankenhausträgers, NJW 2000, 1745 ff.
 
37
Bock, R.-W., Juristische Aspekte des klinischen Risikomanagements, in: Euteneier, A. (Hrsg), Handbuch Klinisches Risikomanagement, 2015, S. 217 ff.; Becker A., Glaser A., Kröll, W., Schweppe, P., Neuper, O. (Hrsg) Klinisches Risikomanagement, Beiträge zur Patientensicherheit, Wien/Graz 2012; Stöger, K. Rechtliche Aspekte von Qualitätssicherung in der Medizin, in: Handbuch Medizinrecht für die Praxis, Aigner, Kletecka et al. I 249/I 294p, Manz, Wien 2021; vgl. für Deutschland dazu auch die „Qualitätsmanagment-Richtlinie“ des Gemeinsamen Bundesausschusses, welche am 16. November 2016 in Kraft getreten ist.
 
38
Siehe dazu bereits eingehend Berg/Ulsenheimer (Hrsg), Patientensicherheit, Arzthaftung, Praxis- und Krankenhausorganisation, 2006; Ulsenheimer/Gaede/Bock, Arztstrafrecht, Rd-Nr. 2012 ff.
 
39
Mit letzter Aktualisierung im November 1995 und Thematisierung anlässlich des DGGG(Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe)-Kongresses 2012; siehe AG MedR der DGGG, Frauenarzt 2011, 716; zum Ganzen vgl. Ulsenheimer/Gaede, Arztstrafrecht, Rd-Nr. 108.
 
40
Vgl. dazu auch Bock, R.-W., Rechtliche Aspekte bei elektiven Wunschsectiones. Anästh Intensivmed 2013; 54:219–221.
 
41
BGH NJW 1989, 1533; vgl. § 630e BGB.
 
42
BGH NJW 1989, 1535.
 
43
BGH MedR 1985, 168.
 
44
BGHZ 1991, 983.
 
45
BGH NJW 1963, 395.
 
46
BGH NJW 1992, 734.
 
47
BGH NJW 1994, 793.
 
48
BGH NJW 2005, 1715 (1716); NJW 2007, 217 (218).
 
49
BGH NJW 1992, 743 f.; BGHZ 126, 386 (389); BGH JZ 2000, 899.
 
50
Dudenhausen, Z Ärztl Fortbild 1994, 1015 ff.; Hepp-Scheidel-Schüßler: Gynäkologische Standardoperationen, 1991, S. 304, 315.
 
51
Dudenhausen, Z Ärztl Fortbild 1994, 1015 ff.; Hepp-Scheidel-Schüßler: Gynäkologische Standardoperationen, 1991, S. 304, 315.
 
52
BGH NJW 1989, 1539; BGH GesR 05, 21; BGH MDR 2000, 1012; MDR 1993, 742.
 
53
BGH a.a.O.
 
54
BGH MedR 1985, 169.
 
55
BGH JZ 2000, 901.
 
56
BGH GesR 2007, 108, 109.
 
57
Vgl. dazu im Einzelnen Goeke u. a., Der Gynäkologe, 2001, 458.
 
58
BGH VersR 1993, 704; OLG Stuttgart, VersR 1989, 521.
 
59
BGH NJW 1993, 2372; OLG Karlsruhe, VersR 2006, 515; OLG Bamberg, GesR 2008, 594; vgl. auch OGH 23.5.2000, 406/13100v.
 
60
OLG Koblenz, VersR 09, 70; OLG Stuttgart, VersR 07, 1417.
 
61
BGH VersR 2011, 1146.
 
62
Vgl. BGH MDR 1989, 437; VersR 1993, 703; VersR 1992, 237; BGH VersR 2005, 227; OLG Braunschweig, VersR 1988, 382; OLG Oldenburg, MDR 1996, 1133, 1134; OLG München, VersR 1996, 64.
 
63
OLG Nürnberg, VersR 2009, 71 ff.
 
64
BGH NJW 1989, 1538 ff.
 
65
OLG Düsseldorf, NJW 1986, 2373.
 
66
Siehe dazu näher Bock, R.-W., Rechtliche Aspekte bei elektiven Wunschsectiones. Anästh Intensivmed 203; 54:219–221.
 
67
BGH NJW 1992, 741, 741.
 
68
OLG Hamm, MedR 2012, 43.
 
69
LK-Jähnke, § 218 Rd-Nr. 19, 25; SK-Rudolphi, § 218 Rd-Nr. 19; Hanack, Gynäkologe 1982, 96, 101; Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck, 4. Aufl. 2010, § 143 Rd-Nr. 23; s. auch OLG München, VersR 1994, 2347; kritisch Hiersche, MedR 1983, 63, 65; MedR 1990, 311 f.
 
70
BGH MedR 1988, 248.
 
71
BGH VersR 1993, 703, 705.
 
72
v. Harder/Erlinger, Der Gynäkologe 2004, 366; Ulsenheimer/Biermann, Arztstrafrecht in der Praxis, 5. Aufl., Rd-Nr. 424 ff. m.w.N.; andere Ansicht (a.A. (Am Anfang)) OLG Hamm, NJW 1998, 3424 und eingehend Ulsenheimer/Gaede/Biermann, Arztstrafrecht, Rd-Nr. 437 ff.
 
73
BGH VersR 1993, 703 ff. OLG München, VersR 1994, 1346 f.
 
74
BGH a.a.O., S. 705.
 
75
Ulsenheimer/Biermann a.a.O., Rd-Nr. 441.
 
76
OLG Saarbrücken, VersR 1994, 1427, 1428.
 
77
OLG Frankfurt, VersR 1994, 986, 987; Schlund, MedR 1994, 190; KG AZR 2008, 130 m.w.N.
 
78
OLG Köln VersR 1994, 1424; OLG Stuttgart VersR 1999, 582 ff.
 
79
Laufs/Kern/Rehborn/Rehborn/Kern, Handbuch des Arztrechts, 5. Auflage, München 2019, § 61, Rd-Nr. 10 ff.
 
80
OGH 16.8.2001, 8 Ob 134/01s.
 
81
BGH MDR 1978, 917.
 
82
BGH MedR 1993, 431; NJW 1989, 230 (2331).
 
83
OLG Köln, VersR 1988, 127.
 
84
Vgl. dazu Ratzel, Frauenarzt 1991, 163.
 
85
Deutsch, MedR 1998, 206; OLG Hamm, GesR 2005, 349.
 
86
Vgl. § 10 Abs. 5 Bundesärzteordnung (BÄO).
 
87
z. B. gemäß § 28 Abs. 4 Röntgenverordnung (RöntgVO): 30 Jahre für Behandlungsunterlagen.
 
88
OLG München, GesR 2006, 119, 120; BGH VersR 2007, 66, 69.
 
89
Füszl S., Krankenanstaltenrecht, in: Aigner, Kletecka et al, Handbuch Medizinrecht für die Praxis, IV I-IV 50 c, Manz, Wien 2021.
 
90
BGH, NJW 1994, 1596 (1597 f.).
 
91
Dippel, Die Stellung des Sachverständigen im Strafprozess, 1986, S. 205.
 
92
Marx, HH, Die Begutachtung als ärztliche Aufgabe; in: Marx HH (Hrsg), Medizinische Begutachtung, Stuttgart 1981, S. 1.
 
93
Laufs/Kern/Rehborn/Schmidt-Recla, Handbuch, § 117, Rd-Nr. 5 ff.
 
94
BGH VersR 1982,169.
 
95
BGH NJW 1994, 1596 (1597 f.:) siehe auch OLG Hamm GesR 2006, 31 (32).
 
96
BGH NJW 1994, 1596 (1597 f).
 
97
Ulsenheimer, Arztstrafrecht in der Praxis, 5. Aufl. 2014, Rd-Nr. 80.
 
98
Rumler-Detzel, in: FS (Festschrift) für Steffen 1995, S. 375; s.o. § 59 Ziff. 1.6; BGH MedR 2009, 44; OLG Hamm, ZMGR 2013, 97.
 
99
Zahrl, J., Der Arzt als Sachverständiger, in: Aigner, Kletecka et al (Hrsg), Handbuch Medizinrecht für die Praxis, II 1 15-I 150, Manz, Wien 2021.
 
100
Vgl. Bock, R.-W. in: Müller/Schlothauer/Knauer (Hrsg), Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung, 3. Auflage, München 2022, Rd-Nr. 210 ff.
 
101
Vgl. Ulsenheimer, K./Bock R.-W., Verhalten nach einem Zwischenfall – Der juristische Notfallkoffer®, Anästh Intensivmed 2013, 585 ff.
 
102
Siehe dazu eingehend Ulsenheimer/Gaede/Ulsenheimer/Dießner, Arztstrafrecht, Rd-Nr. 1828 ff.
 
103
Siehe dazu Spickhoff VersR 2013, 267 ff. (272) f.; Schelling/Warntjen MedR 2012, 506 (511) f.
 
104
Zur „Verteidigung in Arztstrafsachen“ siehe eingehend Bock, R.-W., Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung, § 49, Rd-Nr. 186 ff.