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γ-Glutamyltransferase

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
γ-Glutamyltransferase
Synonym(e)
γ-Glutamyltranspeptidase; EC 2.3.2.2; Gamma-GT; γ-GT; GGT
Englischer Begriff
γ-glutamyltransferase, γ-glutamyltranspeptidase
Definition
γ-GT ist ein nahezu ubiquitär vorkommendes, mit der größten Menge in der Leber und höchsten spezifischen Aktivität in der Niere, auftretendes Enzym, das den Transfer der γ-Glutamylreste von Peptiden oder peptidähnlichen Verbindungen auf geeignete Akzeptoren katalysiert und als Serumkenngröße aller Formen hepatobiliärer Erkrankungen weit verbreitete klinische Bedeutung hat.
Molmasse
90–120 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
γ-GT tritt im Vergleich zur Leber mit etwa 25-fach höherer spezifischer Aktivität in der Niere (lokalisiert im Bürstensaum der proximalen Tubuli) und mit etwa 2-fach höherer spezifischer Aktivität im Pankreas auf. Bedeutende γ-GT-Aktivitäten sind weiterhin in Hirn, Lunge, Dünndarm, Milz, Mamma, Testes und Prostata vorhanden, während in Muskeln, Knochen und Erythrozyten γ-GT nicht vorkommt. Intrazellulär ist das Enzym zu einem kleineren Anteil im Zytosol lokalisiert, mit einer größeren Fraktion in die Zellmembran integriert. Es dient dort dem Transport von Aminosäuren und Peptiden durch die Zellmembran, indem es den Transfer der γ-Glutamylgruppen der Peptide und peptidähnlichen Komponenten auf bestimmte Akzeptoren katalysiert. Akzeptoren können Aminosäuren, Peptide oder Wasser sein. Neben Funktionen im transmembranösen Aminosäuren- und Peptidtransport spielt das Enzym in der Regulation des intrazellulären Glutathionspiegels eine Rolle. Molmassen der γ-GT in der Leber werden mit 90–120 kDa angegeben.
Funktion – Pathophysiologie
Aktivitätserhöhungen im Serum sind vorwiegend durch hepatobilliäre Erkrankungen bedingt, wobei die höchsten Anstiege bei intrahepatischen oder posthepatischen Gallengangsobstruktionen auftreten. Das Enzym gilt als die sensitivste Kenngröße hepatobiliärer Erkrankungen, bei denen es in über 95 % zu γ-GT-Aktivitätserhöhungenkommt. Es ist durch bestimmte Medikamente und Alkohol induzierbar, sodass Alkoholabusus und langzeitige Einnahme induzierender Medikamente (z. B. Barbiturate, Phenytoin) ebenfalls zu mäßigen γ-GT-Erhöhungen im Blut führen. Organspezifische Isoenzyme sind nicht bekannt, jedoch kommen Glykosylierungsvarianten vor, die die biologische Halbwertszeit der γ-GT maßgeblich bestimmen. Darüber hinaus sind elektrophoretisch mehrere Subfraktionen feststellbar, die unter anderem auf die Bindung an die Lipoproteine HDL und LDL (Halbwertszeit 20 Stunden) beruhen und von der wesentlich schneller eliminierten wasserlöslichen Form (Halbwertszeit 9 Stunden) abzugrenzen sind. Letztere macht ca. 20 % der γ-GT-Aktivität in der Zirkulation aus. Die Clearance erfolgt über den Asialoglykoproteinrezeptor der Hepatozyten, der endständige Galaktose von Glykoproteinen erkennt und deren Endozytose vermittelt.
Zwischen der Höhe der Serum-γ-GT-Aktivität und dem Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen (Myokardinfarkt, Apoplexie) besteht eine Korrelation, die u. a. auf γ-GT in atherosklerotischen Plaques und ihrer Rolle in der Erzeugung reaktiver Sauerstoffspezies beruhen kann.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, Heparin-, EDTA-Plasma.
Probenstabilität
Die Enzymaktivität ist im Serum bis zu 7 Tage bei Raumtemperatur, länger bei 4 °C, bei −20 °C über Jahre stabil. Citrat, Fluorid, Oxalat als Antikoagulanzien (Antikoagulanzien in vitro) sowie Glutathion in hohen Konzentrationen hemmen die Aktivität. Geringere Hämolyse stört nicht, bei stärkerer Hämolyse ist die Aktivität gehemmt (um ca. 20 % bei 5 g/L freiem Hämoglobin).
Analytik
Die Aktivitätsbestimmung erfolgt nach einer IFCC-Referenzmethode bei 37 °C gemäß folgender Reaktion:
Die pro Zeiteinheit freigesetzte Menge des gelb gefärbten 5-Amino-2-nitro-benzoats wird photometrisch bei 410 nm gemessen. Die Geschwindigkeit der Absorptionszunahme ist der γ-GT-Aktivität direkt proportional. Die Methode ist praktikabel, gut mechanisierbar und präzis (VK ca. 1,5 %).
Referenzbereich – Frauen
IFCC-Methode, 37 °C: 5–39 U/L (0,08–0,65 μkat/L).
Referenzbereich – Männer
IFCC-Methode, 37 °C: 10–66 U/L (0,17–1,10 μkat/L).
Referenzbereich – Kinder
IFCC-Methode, 37 °C: Neugeborene bis 6 Monate <231 U/L; Kleinkinder 1–6 Jahre <26 U/L; Jugendliche <50 U/L.
Indikation
  • Diagnose und Verlaufskontrolle aller Formen hepatobiliärer Erkrankungen. (γ-GT ist die wichtigste Cholestasekenngröße im Serum)
  • Diagnose und Abstinenzkontrolle des chronischen Alkoholabusus (in Verbindung mit dem Carbohydrate-deficient transferrin – CDT)
  • Differenzierung zwischen hepatobiliären und ossären Ursachen erhöhter Aktivitäten der alkalischen Phosphatase (ossär: AP erhöht, γ-GT normal).
Interpretation
Stärkste Erhöhungen finden sich bei allen Formen biliärer Obstruktionen, wobei γ-GT-Aktivitäten früher ansteigen und länger persistieren als die der alkalischen Phosphatase. Mäßige Anstiege bei Fettleber alkoholischer und nicht alkoholischer Ursache, Medikamentenintoxikationen und Zirrhosen, besonders alkoholischer Ätiologie. Langzeitige Medikation mit Antikonvulsiva und Sedativa (z. B. Phenobarbital, Phenytoin), Cephalosporinen und oralen Kontrazeptiva führt ebenso wie chronischer Alkoholabusus durch Enzyminduktion zu erhöhten Serumaktivitäten (Tab. 1).
Tab. 1
Aktivitäten der γ-Glutamyltransferase im Serum bei ausgewählten Erkrankungen
Normal (<66 U/L)
Leicht erhöht (<120 U/L)
Mäßig erhöht (<300 U/L)
Stark erhöht (>300 U/L)
Schwangerschaft
Knochenerkrankungen
Muskelerkrankungen chronisch persistierende Hepatitis
Unkomplizierte Virushepatitis
Chronischer Alkoholismus
Leberstauung bei Rechtsherzinsuffizienz (z. B. Lungenembolie, Myokardinfarkt)
Chronisch aktive Hepatitis
Alkoholtoxische Hepatitis
Alkoholtoxische Zirrhose
Primäre und sekundäre Lebertumoren
Langzeitige Medikation mit Antikonvulsiva und Sedativa (z. B. Phenobarbital, Phenytoin) und anderen Medikamenten (z. B. Phenylbutazon, Rifampicin, Marcumar)
Verschlussikterus
Cholestatische Verlaufsform der akuten Hepatitis
Toxische Leberschäden (z. B. CCl4)
In der Schwangerschaft kommt es zu mäßigen γ-GT-Anstiegen. Da das Enzym weder im Knochen noch im Skelettmuskel vorkommt, sind Skelettmuskel- und Knochenerkrankungen nicht von einem γ-GT-Anstieg begleitet. Ebenso bleibt die γ-GT im Normbereich bei Nierenerkrankungen, wohingegen Prostatakarzinome aufgrund der hohen spezifischen Aktivität zu γ-GT-Erhöhungen im Serum führen können. Isoenzyme der γ-GT sind klinisch nicht relevant, spezifische Änderungen des Glykosylierungsmusters zur Differenzierung benigner und maligner Ursachen der γ-GT-Erhöhung haben sich in der Routine nicht durchgesetzt. Makro-γ-GT ist in seltenen Fällen beschrieben worden und auf eine Komplexbildung mit Immunglobulin A zurückzuführen. Eine Krankheitswertigkeit kommt dem Makroenzym, das durch Elektrophorese, Molekulargrößenausschluss-Chromatograp hie (Chromatographie) oder Ultrazentrifugation (Ultrazentrifuge) nachgewiesen werden kann, nicht zu.
Die rechnerische Verknüpfung der γ-GT-Aktivität mit der Konzentration des Kohlenhydrat-defizienten Transferrins (Carbohydrate-deficient transferrin) als γ-CDT (syn. gamma-CDT; Sillanaukee et al. 2000) als Alkoholmissbrauchskenngröße (Alkoholmissbrauchskenngrößen) hat sich nicht durchgesetzt.
Literatur
Schumann G et al (2002) IFCC primary reference procedures for the measurement of catalytic activity concentrations of enzymes at 37 °C, part 6: reference procedure for the measurement of catalytic concentration of g-glutamyltransferase. Clin Chem Lab Med 40:734–738PubMed
Sillanaukee P et al (2000) Enhanced clinical utility of gamma-CDT in a general population. Alcohol Clin Exp Res 24:1202–1206PubMed