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Uroonkologie
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Publiziert am: 23.04.2019

Harnableitung: allgemeine Aspekte

Verfasst von: Beat Roth und George Niklaus Thalmann
Die Geschichte der Harnableitung als Ersatz für die entfernte bzw. funktionsgestörte Harnblase ist lang. Nachdem anfänglich die inkontinente Harnableitung mittels Stoma und der Schutz des oberen Harntraktes im Vordergrund standen, ist die Entwicklung der letzten Jahre in Richtung einer möglichst funktionellen, und wenn möglich anatomischen Rekonstruktion gelaufen. Von der inkontinenten kutanen Harnableitung wurde in einem nächsten Schritt die kontinente kutane Harnableitung mittels katheterisierbarem Pouch entwickelt und bis zur kontinenten orthotopen Harnableitung (Ersatzblase) weiterentwickelt. Wegen der guten funktionellen Resultate hat sich diese v. a. bei jüngeren Patienten beider Geschlechter durchgesetzt. Vergleichende Studien gibt es jedoch kaum, die Evidenzlage ist somit beschränkt. In den letzten Jahren hat die Zahl der inkontinenten Harnableitungen wieder etwas zugenommen, da einerseits aufgrund der verbesserten Anästhesie- und Operationstechnik vermehrt ältere Patienten operiert werden, andererseits durch das Aufkommen der roboter-assistierten Laparoskopie, bei welcher im Falle eines rein intrakorporellen Verfahrens vermehrt eine inkontinente gegenüber der komplexeren kontinenten Harnableitung gewählt wird.
Die Geschichte der Harnableitung als Ersatz für die entfernte bzw. funktionsgestörte Harnblase ist lang. Nachdem anfänglich die inkontinente Harnableitung mittels Stoma und der Schutz des oberen Harntraktes im Vordergrund standen, ist die Entwicklung der letzten Jahre in Richtung einer möglichst funktionellen, und wenn möglich anatomischen Rekonstruktion gelaufen. Von der inkontinenten kutanen Harnableitung wurde in einem nächsten Schritt die kontinente kutane Harnableitung mittels katheterisierbarem Pouch entwickelt und bis zur kontinenten orthotopen Harnableitung (Ersatzblase) weiterentwickelt. Wegen der guten funktionellen Resultate hat sich diese v. a. bei jüngeren Patienten beider Geschlechter durchgesetzt. Vergleichende Studien gibt es jedoch kaum, die Evidenzlage ist somit beschränkt. In den letzten Jahren hat die Zahl der inkontinenten Harnableitungen wieder etwas zugenommen, da einerseits aufgrund der verbesserten Anästhesie- und Operationstechnik vermehrt ältere Patienten operiert werden, andererseits durch das Aufkommen der roboter-assistierten Laparoskopie, bei welcher im Falle eines rein intrakorporellen Verfahrens vermehrt eine inkontinente gegenüber der komplexeren kontinenten Harnableitung gewählt wird.

Patientenaufklärung

Aufgrund relevanter metabolischer, physischer und psychischer Konsequenzen der unterschiedlichen Formen von Harnableitungen sollte ein detailliertes Aufklärungsgespräch die Basis der Therapieentscheidung sein. Insbesondere sollte dem Patienten bereits präoperativ eine realistische Erwartungshaltung ermöglicht werden (Philip et al. 2009), was wiederum die Akzeptanz der Harnableitung sowie die Lebensqualität postoperativ graduell verbessert (Shi et al. 2018). Eine „optimale“ Harnableitung sollte dadurch gekennzeichnet sein, dass sie mit der individuellen intellektuellen, pathophysiologischen und onkologischen Situation kompatibel ist, eine geringe Rate an Komplikationen aufweist und den geringst möglichen negativen Einfluss auf die Lebensqualität des Patienten hat.

Patientenselektion

Die Art der Harnableitung sollte vom Arzt gemeinsam mit den Patienten diskutiert und festgelegt werden. Hierbei ist es das Ziel, in Abhängigkeit vom Ausgangsstatus, sowohl die unterschiedlichen onkologischen und funktionellen Aspekte der verschiedenen Formen der Harnableitung zu berücksichtigen, als auch die persönlichen Wünsche und die Motivation des Patienten in die Planung miteinzubeziehen. Neben den onkologischen Faktoren sind aber insbesondere auch die Komorbiditäten sowie das soziale Umfeld des Patienten zu berücksichtigen (Shi et al. 2018).
An Spitälern mit hohen Fallzahlen gilt der der orthotope Blasenersatz mit autologem intestinalem Gewebe gegenwärtig als Goldstandard der Harnableitung (Hautmann et al. 2013). An diesen grösseren Versorgungszentren wird etwa jeder zweite Patient mit einer Neoblase versorgt (39,1–74 %; Hautmann et al. 2013). Allerdings ist in den letzten Jahren ein Trend Richtung vermehrtem Gebrauch einer inkontinenten Harnableitung (u. a. ileum conduit) zu verzeichnen. Dies nicht zuletzt auch wegen dem vermehrten Einsatz der roboter-assistierten, laparoskopischen Chirurgie mit intrakorporeller Harnableitung (Hussein et al. 2018; Hautmann 2018).
Nicht für alle Patienten sind der orthotope Blasenersatz wie auch andere Formen der kontinenten Harnableitung eine geeignete Form der Harnableitung. Dies gilt es, im Rahmen der Patientenselektion zu klären (Übersicht).
Kontraindikationen für eine kontinente Harnableitung
Absolut:
  • schwere neurologische und psychiatrische Störungen
  • stark gestörte Leber- und oder Nierenfunktion
  • Nachweis von Urothelkarzinom (ausser Cis) in der proximalen Harnröhre, parakollikulär oder bei der Frau am Blasenhals
Relativ:
  • kognitive Beeinträchtigung oder fehlender Wille, genauen postoperativen Instruktionen und Protokoll Folge zu leisten
  • ausgedehnte Voroperationen und Resektionen an Dünn- und Dickdarm (Malabsorptionsgefahr)
  • chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn
  • ausgedehnte Bestrahlung von Darmabschnitten, die für den Harnblasenersatz verwendet werden sollen
Relative Kontraindikationen für eine orthotope, kontinente Harnableitung sind eine präoperative Inkontinenz durch Insuffizienz des urethralen Sphinkters sowie langstreckige komplexe Strikturen der Urethra, welche operativ nicht oder nur mit stark erhöhtem Rezidivrisiko versorgt werden können.
Eine Adipositas ist kein Grund, einen orthotopen Blasenersatz nicht durchzuführen. Gerade bei sehr adipösen Patienten kann dieser von Vorteil sein, da die Anlage eines Stomas aufgrund der ausgeprägten subkutanen Fettschicht erschwert sein und u. a. zu einer Abknickung führen kann. Wegen der schlechteren Faltbarkeit des dickeren Mesostiels bei adipösen Patienten ist es jedoch empfehlenswert, ein kürzeres Darmsegment für den orthotopen Blasenersatz zu verwenden. Zusätzlich kann die Serosa des Mesostiels inzidiert und so verlängert werden, um die orthotope Harnableitung an die Harnröhre zu bringen.
Auch die Erfahrung des Operateurs ist ein entscheidender Bestandteil der Indikationsstellung. Daten aus nicht universitären bzw. nicht spezialisierten Zentren weisen teilweise nur einen 15- bis 37 %-igen Anteil an kontinenten Harnableitungen auf (Gerharz 2007). In den USA beispielsweise werden 70 % der Zystektomien in nicht spezialisierten Zentren durchgeführt, die weniger als 11 dieser Eingriffe pro Jahr durchführen (Gerharz 2007). Generell zeigt sich eine prozentuelle Zunahme an kontinenten Harnableitungen mit steigender Fallzahl (Hautmann et al. 2013; Hautmann 2018)

Darmvorbereitung

Während der letzten 20 Jahre kam es zu einem Paradigmenwechsel in Bezug auf die physikalische intestinale Vorbereitung für Harnableitungen.
Die ursprüngliche Ratio einer präoperativen Darmspülung begründete sich darin, dass eine Verkleinerung des Darmlumens die Belastung der Anastomose und damit die Gefahr der Anastomoseninsuffizienz (Christensen und Kronborg 1981), ebenso wie die Rate an Wundinfektionen, intraperitonealen Abszessen und Peritonitiden vermindern kann (Dion et al. 1980). Aktuelle Untersuchungen zeigen jedoch, dass eine mechanische Darmvorbereitung nicht nur ohne Vorteil ist (Slim et al. 2009; Güenaga et al. 2011), sondern sogar mit einer erhöhten Inzidenz von Anastomoseninsuffizienzen und Wundheilungsstörungen assoziiert sein könnte (Guenaga et al. 2005). Metaanalysen haben gezeigt, dass selbst Eingriffe am Kolon ohne vorhergehende Spülung oder Klysmen durchgeführt werden können. Wesentlich Konzepte der Darmchirurgie haben damit eine grundlegende Wandlung erfahren (Güenaga et al. 2011). Für die Durchführung einer Harnableitung mittels autologem intestinalem Gewebe ist deshalb heutzutage keine (antegrade) Darmvorbereitung notwendig (Pruthi et al. 2010; Studer et al. 2015).

Antibiotische Prophylaxe

In den 1970er-Jahren belegten Nichols et al. (1972) den antibiotischen Effekt auf die Reduktion von Wundheilungsstörungen bei chirurgischen Eingriffen mit Darmbeteiligung. Baum et al. (1981) zeigten in einer Placebo-kontrollierten Studie, dass eine antibiotische Prophylaxe die Mortalität chirurgischer Darmeingriffe um 60 % und die Wundheilungsstörungsrate um 25 % verminderte. Zu dieser Zeit wurde die Nichols-Condon-Kombination eingeführt, darunter versteht man je 1 mg Neomycin und Erythromycin. Diese breite antibiotische Abschirmung wurde damals 3-mal täglich gegeben (Nichols et al. 1972).
Perioperative Infektionsraten nach radikaler Zystektomie und Harnableitung konnten aufgrund suffizienter antibiotischer Abschirmung von initial bis zu 20 % auf 5–7 % verringert werden (Stein et al. 2004).
Substanzen
Gegenwärtig wird die Verabreichung eines Cephalosporin-Antibiotikums der zweiten oder dritten Generation meist in Kombination mit einem Aminoglykosid (u. a. Gentamycin) und Metronidazol empfohlen (Azhar et al. 2016). Entscheidend ist aber generell die Resistenzlage der verschiedenen Keimspektren, welche sich von Institution zu Institution unterscheiden können.
Zeitpunkt
Wichtig für die prophylaktische Wirksamkeit ist auch der korrekte Zeitpunkt der intravenösen Antibiotikagabe (Classen et al. 1992). Eine parenterale prophylaktische antimikrobielle Therapie sollte innerhalb 60 min vor dem Hautschnitt verabreicht werden (Azhar et al. 2016). Intraoperativ sollte entsprechend dem antibiotischen Wirkprofil ggf. wiederholt appliziert werden.
Dauer
Die Dauer der perioperativen Prophylaxe wird unterschiedlich gehandhabt. Obwohl in der elektiven abdominalen Chirurgie eine perioperative Antibiotikaprophylaxe von ≤24 Stunden Standard ist, wird bei der radikalen Zystektomie mit Harnableitung mittels autologem intestinalem Gewebe eine Dauer von >48 h in vielen Fällen angewandt. Dabei konnte gezeigt werden, dass eine kurzzeitige (48–72 Stunden) perioperative Prophylaxe zu weniger infektiösen Komplikationen nach ortotopem Blasenersatz führte als eine längerdauernde (>72 Stunden) (Shigemura et al. 2012). Die Europäischen Richtlinien (EAU Guidelines; www//uroweb.org) empfehlen eine perioperative Prophylaxe für 24 Stunden, welche bei erhöhtem Risiko für eine Infektion oder bei erhöhter Operationsdauer auf 72 Stunden ausgedehnt werden soll. Diese Verkürzung der Dauer der perioperativen Antibiotikaprophylaxe scheint sich von Jahr für Jahr vermehrt durchzusetzen (Krasnow et al. 2017). Allerdings ist die Datenlage noch spärlich. Eine prospektive, randomisierte Studie ist zurzeit am Laufen (PAPRAC; clinical trials.gov).

Nervenschonende Zystektomie, Kontinenz und Erhalt der Sexualfunktion

Ziel der Nervenschonung ist bei beiden Geschlechtern einerseits der Erhalt der Sphinkterfunktion bei orthotopem Blasenersatz, andererseits der Erhalt der sexuellen Funktion. Die bessere Kenntnis des Verlaufs der Nerven bei Mann und Frau (Colleselli et al. 1998; Baader und Herrmann 2003; Strasser et al. 2000; Sievert et al. 2008) hat sich in bessere funktionelle Resultate umgemünzt (Turner et al. 1997; Furrer et al. 2018). Der positive Einfluss der Nervenschonung auf die Kontinenz ist bedingt durch den Erhalt der Äste des Plexus pelvicus wie auch des intrapelvinen Astes des N. pudendus. Dies, aber auch der Erhalt der Afferenzen aus der membranösen Harnröhre, die am ehesten in den Ästen des Plexus pelvicus und/oder im intrapelvinen Ast des N. pudendus verlaufen, sind wichtig. Dies wurde bestätigt durch die Beobachtung, dass eine verminderte Sensibilität der membranösen Harnröhre nach radikaler Zystektomie und ilealem Blasenersatz mit einem erhöhten Risiko der Inkontinenz verbunden ist (Hugonnet et al. 1998). Auch der sorgfältige Umgang mit dem Sphinktermechanismus während der Operation und der Erhalt der membranösen Urethra u. a. mit ausreichender Länge sind entscheidend (Gross et al. 2015).
Um eine nervenschonende Zystektomie durchzuführen, müssen gewisse onkochirurgische Voraussetzungen erfüllt sein:
  • Der Tumor muss organbegrenzt sein.
  • Der Tumor muss einseitig oder im Bereich des Daches oder der Vorderwand sein, da die Nervenschonung nur auf der tumorfreien Seite durchgeführt werden sollte.
Eine Weiterentwicklung der nervenschonenden Zystektomie stellt die sexualitätserhaltende Chirurgie bei Frau und Mann dar. Auch hier stehen die onkochirurgischen Prinzipien der Radikalität im Vordergrund.
Bei der Frau
Bei organbegrenztem Tumor im Bereich der Blasenvorderwand oder des Blasendaches können die Vagina und der Uterus in ausgewählten Fällen in situ belassen werden und so ein Erhalt der Sexualität ermöglicht werden (Niver et al. 2015). Ansonsten kann versucht werden – je nach Tumorausdehnung und – lokalisation – einen Teil des Scheidengewölbes zu erhalten. In Abhängigkeit vom Alter der Patientin und der Ausdehnung der vaginalen Resektion kann in erlesenen Fällen eine gleichzeitige Vaginalplastik mittels Ileum zur Erhalt der Sexualfunktion erwogen werden.
Beim Mann
Verschiedene Arbeitsgruppen haben versucht, bei Männern mit ausgedehnten oberflächlichen Tumoren oder Tumoren im Bereich der Blasenvorderwand die Sexualfunktion besser zu erhalten durch Belassen der hinteren Prostatakapsel bis hin zum Erhalt der gesamten Prostata mit Samenblasen und Ductus deferentes, wobei ein ggf. vorhandenes Prostataadenom präoperativ reseziert wurde. Der Blasenersatz erfolgt dann orthotop mit Anastomose auf den Prostatarest oder die Harnröhre. Letzterer Ansatz birgt das Risiko einer erhöhten Tumordissemination in sich. In einer Analyse dieser verschiedenen Methoden konnten Hautmann und Stein (2005) einerseits zwar eine vergleichbare Lokalrezidivrate von rund 10 % aufzeigen, andererseits eine mehr als 2-fach erhöhte Fernmetastasierungsrate im Vergleich zur konventionellen Zystektomie nachweisen. Des Weiteren besteht ein rund 6 %-iges Risiko, ein Prostatakarzinom zu übersehen bzw. zurückzulassen. Insgesamt muss das doch erhebliche Risiko von malignem Gewebe in der Prostata (sei es Prostatakarzinom oder Karzinom urothelialen Ursprungs) von bis zu 48 % je nach Studien (Roth und Thalmann 2015) gegenüber dem potenziellen funktionellen Nutzen abgewogen werden. Dies hat dazu geführt, dass die Gruppe von Botto et al. (2004) diesen Ansatz wieder verlassen hat. Auf Basis des erhöhten Malignitäts- und Disseminierungsrisikos bei prostataerhaltender Operation wurde das Konzept der Samenblasenerhaltenden Zystektomie erarbeitet, welches erfreuliche funktionelle Resultate zeigt bei gleichem onkologischen Ergebnissen (Ong et al. 2010; Vidal et al. 2016). Dabei kann aus onkologischer Sicht bei Vorderwandtumoren ein beidseitiger, bei lateralen Blasentumoren ein einseitiger (kontralateraler) Samenblasenerhalt in Erwägung gezogen werden (Roth und Thalmann 2015). Beim Blasenkarzinom, welches den Blasenboden mitinvolviert, sollte aufgrund der doch erheblichen Gefahr einer Tumorausdehnung in die Samenblasen auf einen Samenerhalt verzichtet werden.

Wahl des Darmsegmentes

Der Wahl des verwendeten Darmsegmentes kommt eine zentrale Bedeutung zu. Je nach verwendetem Darmsegment treten unterschiedliche Funktionsstörungen und Komplikationen auf (Tab. 1). Mit Bezug auf das für die Harnableitung verwendete Darmsegment können verschiedene Selektionskriterien angewandt werden. Letztlich hat sich wegen der anatomischen Lage und der geringen Anzahl an Komplikationen (v. a. metabolische Störungen) das Ileum als meist verwendetes Darmsegment durchgesetzt (Studer et al. 2015) (Tab. 1).
Tab. 1
Folgen der Nutzung verschiedener Darmsegmente zur Harnableitung
Lokalisation
Folgen
Ileum
Vitamin B12 und Folsäure werden ausschließlich im Ileum resorbiert, aber Ausschaltung von bis zu 60 cm mit Erhalt der Ileozökalklappe und des terminalen Ileums werden gut toleriert
Ausschaltung von bis 100 cm: hepatische Gallensäuresynthese kompensiert die verminderte Rückresorption, vermehrte Gallensäure im Kolon kann aber Durchfall verursachen
Auschaltung von >100 cm: führt zu Fettmalabsorption, Vitaminmalabsorption (A, B12, D, E, K)
Ileozökal
Verminderung der Darmpassagezeit und erhöhte Frequenz der Darmentleerung
Proliferation von Kolonbakterien im Dünndarm
Erhöhtes Risiko der Steatorrhö
Erhöhtes Risiko für Nieren- (Oxalat) und Gallensteine (Cholesterol) als Folge von Gallensäureverlust
Kolon
Verminderte Salz- und Wasserrückresorption mit Durchfall als Folge
Eingeschränkte Speicherkapazität

Metabolische Störungen

Die metabolischen Konsequenzen einer Harnableitung sind v. a. vom Typ und von der Länge des resezierten Darmsegmentes abhängig (Tab. 2; Mills und Studer 1999; Pfitzenmaier et al. 2003; Studer et al. 2015). Des Weiteren sind Kontaktzeit des Urins mit der Darmoberfläche, Größe der Darmoberfläche, pH-Wert, Konzentration der Urinbestandteile, Nierenfunktion und Urinosmolalität von Bedeutung.
Tab. 2
Komplikationen und Behandlung von Stoffwechselstörungen, die bei Reservoiren aus Magen, Jejunum, Ileum und Kolon auftreten können
Segment
Komplikation
Behandlung
Magen
Hypochlorämische metabolische Alkalose, Hypokaliämie, Hypochlorämie, Magengeschwür, Dysurie-/Hämaturiesyndrom
H2-Blocker, Protonenpumpenhemmer, nicht bei Nierenfunktionsstörung verwenden
Jejunum
Hypochlorämische metabolische Azidose, Hyperkaliämie, Dehydratation, Azotämie
Natriumchlorid, Volumenersatz
Ileum
Metabolische Azidose, Hypovolämie durch Salzverlust, Hyperkaliämie
Alkalisierende Medikamente (Natriumbicarbonat, Kaliumcitrat)
Kolon
Hyperchlorämische Azidose, Hypokaliämie, Wasserretention
Blockade des Chloridtransportes, Chlorpromazin, Nicotinsäure Kaliumcitrat
Wird Ileum oder Kolon für die Harnableitung verwendet, wird in unterschiedlichem Ausmaß Ammoniumchlorid reabsorbiert, und so kann bereits früh postoperativ ein Salzverlust auftreten. Hypoosmolarer Urin führt dazu, dass Natrium im Austausch gegen Protonen durch das Ileumsegment sezerniert wird, um Isoosmolarität mit dem Urin herzustellen.
Ohne Salzzugabe entsteht bei Ileumreservoiren eine Hypovolämie mit Salzverlust, was zu einer hypochlorämischen Azidose führt (Mills und Studer 1999). Diese wird durch einen weiteren Faktor verstärkt, nämlich die die Verschiebung von Natrium aus dem Darm in den Urin im Austausch mit Wasserstoff. Zudem entsteht beim Versuch, die Azidose zu puffern, durch Kaliumwiederaufnahme aus dem Urin im Austausch mit Natrium sowie durch Kaliumsekretion aus den Zellen im Austausch mit Wasserstoff ein hyperkaliämischer Zustand.
Reservoirs aus Jejunum würden sich ähnlich verhalten, aber der Austausch findet viel schneller statt mit deletären Konsequenzen. Im Gegensatz dazu zeigen Kolonreservoire eine stärker ausgeprägte Chloridrückresorption und Bikarbonatausscheidung mit resultierender hyperchlorämischer Azidose.
Im Gegensatz zum Ileum- sind die Veränderungen bei einem Drittel der Patienten mit einem Kolonreservoir von langer Dauer. Eine chronisch metabolische Azidose beeinflusst den Knochenstoffwechsel und führt zur Osteoporose oder Osteomalazie.
Eine metabolische Azidose tritt bei der Mehrheit der Patienten mit ilealem Blasenersatz kurz nach dem Eingriff auf, akzentuiert bei vorliegender Nierenfunktionsstörung. Die Behandlung beruht auf regelmäßigen Kontrollen der venösen Blutgase und Natriumbikarbonatgabe (2–6 (8) g) sowie einer etwas erhöhte Natriumchlorideinnahme (Salzen der Speisen), um einen positiven Basenüberschuss zu erzielen. Bis >90 % der Patienten mit Ileumreservoir haben eine Natriumbikarbonatsubstitution 3 Monate postoperativ (Furrer et al. 2016). Die Rückresorpionsfähigkeit der Ileumreservoire nimmt mit der Zeit jedoch deutlich ab (Zottenatrophie), sodass nach 10 Jahren nur noch wenige Patienten überhaupt eine Natriumkarbonatsubstitution brauchen (19 %; Furrer et al. 2016). Alternativ kann Kalium- oder Natriumzitrat verabreicht werden, v. a. bei Kolonreservoirs.
Eine vermehrte Magensaftproduktion spiegelt den Versuch des Körpers wider, die metabolische Azidose zu kompensieren. Eine Einschränkung dieser Wirkungen durch Protonenpumpenhemmer kann hinderlich sein und die Azidose verstärken, da dem Körper die letzte Möglichkeit genommen wird, Säure abzugeben.
Typische Symptome der Azidose sind Inappetenz, Müdigkeit, Sodbrennen und v. a. Erbrechen. Die venöse Blutgasanalyse und Kontrolle der Elektrolyte steht bei der Überwachung im Vordergrund. Eine metabolische Azidose ist jedoch damit nicht immer sicher auszuschließen. Regelmäßige Gewichtskontrollen mit Augenmerk auf Gewichtsverlust ergeben ebenfalls Anhaltspunkte darüber, ob eine Stoffwechselentgleisung besteht.
Andere metabolische Störungen, an die im Zusammenhang mit einer Harnableitung gedacht werden muss, sind
  • Magnesiummangel,
  • Ammoniakstoffwechselstörungen bei Leberschäden und
  • Vitamin-B12-Mangel.
Da das Vitamin B12 im terminalen Ileum absorbiert wird, kann die Verwendung von Ileum, v. a. bei Einbezug der Ileozökalklappe in die Harnableitung, langfristig zu Hypovitaminosen führen (0–33 %).
Darum ist es wichtig, mindestens 25 cm terminales Ileum zu belassen und nicht mehr als 60 cm Ileum für die Harnableitung zu verwenden. Im Bedarfsfall kann Vitamin B12 substituiert werden.

Antirefluxschutz

Bei jeder Harnableitung muss neben der Harnspeicherung oder reinen Harnableitung eines der Hauptziele sein, den oberen Harntrakt zu schützen. Die Anastomose zwischen Harnleiter und der folgenden Harnableitung ist ein komplikationsbehafteter Abschnitt jeder Art von Harnableitung.
Bei der Entwicklung der orthotopen Darmersatzblasen wurden zunächst verschiedene antirefluxive Implantationstechniken durchgeführt. Verschiedene Formen der Refluxprotektion wurden hierbei untersucht wie einfache isoperistaltische Tunnel, ileale Intussuszeption und direkte (sub)muköse oder subseröse ureterale Implantationen (Abol-Enein und Ghoneim 2001). Hierbei ergaben sich jedoch erhöhte Obstruktionsraten von bis zu 13,5 % (Schöndorf et al. 2013; Studer et al. 1996a; Minervini et al. 2005), was die intendierte Protektion des oberen Harntraktes konterkarierte. Dies hatte zur Folge, dass die Relevanz des Refluxschutzes bei orthotopem Harnblasenersatz generell in Frage gestellt wurde. Durchgesetzt hat sich die einfache Anastomose (End-zu-Seit nach Nesbit [1949]/Bricker [1950]; Wallace 1970 der Harnleiter an ein tubulär afferentes Segment von ca. 12–15 cm, welches unter physiologischen Bedingungen bei einem Niederdruckreservoir eine genügende Protektion des oberen Harntraktes gewährleistet (Stein et al. 2004; Studer et al. 1996b; Thoeny et al. 2002). Diese relativ einfache Art der ureteralen Anastomose weist bezüglich der Nierenfunktion gute Langzeitresultate auf (Minervini et al. 2010; Furrer et al. 2016).
In einem Niederdruckreservoir ist der Schutz vor Reflux aus verschiedenen Gründen nicht erforderlich. Zum einen kann ein detubularisiertes Darmsegment ohne koordinierte Kontraktionen keine relevanten Drücke erzeugen. Außerdem führt eine Zunahme des intraabdominalen Druckes zu einem identischen Druckanstieg in dem Blasenersatz und in den Ureteren, was einen Reflux ausschließt (Studer et al. 1996b). Zudem wirkt der äußere Sphinkter als Sicherheitsventil, d. h. bei hohen intravesikalen Drücken kommt es zum Urinverlust durch die Urethra. Auch ist der Urin im geschlossenen System steril, weshalb ein chronischer Infekt des Nierenbecken-Kelch-Systems nicht vorhanden und somit nicht nierenschädigend sein sollte.
Während bei der orthotopen Ersatzblase keine Indikation für eine antirefluxive Implantation der Ureteren besteht, ist bei der ältesten Form der Harnableitung, der Uretero(rekto)sigmoidostomie, ein Schutz des oberen Harntraktes vor Reflux zwingend, um insbesondere Infektionen des oberen Harntraktes zu verhindern (Simon 1911; Leissner et al. 2000).
Die Primärbehandlung von Harnleiteranastomosenstrikturen sollte nach Gesamtschau der entsprechenden Nierenfunktion mittels Nierensequenzszintigramm, der verbleibenden Lebenserwartung und der Komorbidität des Patienten erfolgen. Eine retrograde oder antegrade Harnleiterschienung stellt hierbei eine Option zur vorübergehenden, jedoch in der Regel nicht langfristigen Lösung des Problems dar. Endourologische Verfahren sind nur bei kurzer Strikturlänge (<1 cm) einigermassen erfolgsversprechend (50 %), haben aber den Vorteil der relativ geringen Morbidität (Schöndorf et al. 2013). Bei längeren Strikturen (>1 cm) ist die offene Revision mit Harnleiterneuimplantation in der Regel der einzige Weg, um das Problem auf Dauer zu lösen (Schöndorf et al. 2013). Aufgrund der Komplexität dieser Eingriffe sollten diese Operationen an erfahrenen High-volume-Zentren durchgeführt werden.

Komplikationen

Harnwegsinfekte

Bei inkontinenten Harnableitungen wie dem Ileum Conduit sind Harnwegsinfekte häufig und mit erhöhter Steinbildung im oberen Harntrakt assoziiert. Im Gegensatz dazu sind Urinkulturen von orthotopen Ersatzblasen typischerweise steril. Mischkulturen bedürfen in der Regel keiner Behandlung aber Proteus oder Pseudomonas im Urin sollten unabhängig von der Symptomatik behandelt werden, insbesondere aufgrund des Risikos einer Schädigung des oberen Harntraktes. Es sollte sichergestellt werden, dass die Ersatzblase vollständig entleert wird, da Restharnbildung bekannterweise mit einer bakteriellen Besiedlung assoziiert ist. Die klinische Relevanz einer asymptomatischen Bakteriurie ist umstritten, sie kann aber mit Inkontinenz vergesellschaftet sein, welche sich nach Behandlung bessert (Zehnder et al. 2009). Bei einer neu aufgetretenen Inkontinenz bei orthotopen Harnableitungen sollte deshalb ein Harnwegsinfekt gesucht werden, da dieser oft ursächlich ist. Lässt sich eine bakterielle Besiedlung ohne Symptome trotz wiederholter antibiotischer Behandlung nicht eradizieren, sollte keine Langzeitprophylaxe eingeleitet werden, um die Entwicklung antibiotika-resistenter Keime zu vermeiden.

Nierenfunktionsstörungen

Der Erhalt einer intakten Nierenfunktion, auch im Langzeitverlauf, ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Rekonstruktion des unteren Harntraktes. Es gibt verschiedene Faktoren, die zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion führen können, wie vesikoureteraler Reflux bei Hochdrucksystem, Ureterobstruktion resp. uretero-ileale Striktur, Infektionen, Steinbildung und eine infravesikale mechanische Obstruktion.
Reflux als Folge von hohen intravesikalen Drücken mit oder ohne Infektion führt zu einer Schädigung der Niere (McGuire et al. 1983). In einem Niederdrucksystem wie bei einer orthotopen Harnableitung sollte es somit auch bei Vorhandensein von Reflux (physiologisch ab einem gewissen Füllungszustand des Reservoirs) zu keiner Schädigung der Nieren kommen. Die Literatur betreffend den Langzeitverlauf der Nierenfunktion nach orthotoper Harnableitung ist leider spärlich. In einer Studie, bei der die Nierenfunktion mittels Serumkreatinin und Ausscheidungsurogramm prä- und postoperativ evaluiert wurde, trat eine Verschlechterung der Nierenfunktion nur dann auf, wenn ein Nierenschaden vorbestand oder postoperativ eine Obstruktion auftrat (Thoeny et al. 2002). Langszeitdaten von Patienten mit orthotopen ilealen Ersatzblasen zeigen lediglich physiologische Nierenveränderungen im Rahmen des Alterns (Furrer et al. 2016).
Eine andere Arbeit, bei der die Nierenfunktion durch Messung der glomerulären Filtrationsrate mittels Isotopennephrographie bestimmt wurde, kommt ebenfalls zum Schluss, dass der Verzicht auf einen Antirefluxschutz beim orthotopen Reservoir (in diesem Fall ein ilealer W-Pouch) keinen nachteiligen Effekt auf die Nierenfunktion ausübt (Minervini et al. 2005). In einer späteren Publikation der gleichen Gruppe zeigte sich ebenfalls, dass eine Schädigung der Niere bei Patienten ohne antirefluxive Implantation der Harnleiter nur dann beobachtet wurde, wenn eine Obstruktion, rezidivierende Harnwegsinfekte oder Urosepsis auftraten (Minervini et al. 2010).
In einer aktuellen Arbeit zur Langzeitfunktion der Nieren nach orthotopem Blasenersatz oder Ileum-Conduit bestätigte sich wiederum, dass eine Obstruktion die Hauptursache für eine Verschlechterung der Nierenfunktion darstellt. Patienten mit Risikofaktoren wie Diabetes mellitus oder Hypertonie hatten sogar ein signifikant höheres Risiko einer Nierenfunktionsverschlechterung nach Anlage eines Ileum-Conduits als nach Anlage einer orthotopen Ersatzblase (Jin et al. 2012). Hieraus lässt sich folgern, dass eine Verschlechterung der Nierenfunktion nach Anlage eines orthotopen Niederdruckblasenersatzes mit afferent tubulärem Segment kaum zu erwarten ist. Eine engmaschige Kontrolle zur Früherkennung behebbarer Ursachen, wie z. B. eine Obstruktion des oberen Harntraktes, ist aber erforderlich.

Andere Komplikationen

Frühkomplikationen
Unter den Frühkomplikationen sind bei Harnableitungen ureterointestinale Leckagen in 0,8–7,2 %, ureterointestinale Strikturen in 2–13,5 %, urethrointestinale Leckage in 0,6–7,7 % und seltene Fisteln und Neoblaseninfarkte erwähnenswert (Hautmann et al. 2007; Furrer et al. 2016). Der Größe des Eingriffes entsprechend sind auch allgemeine postoperative Komplikationen recht häufig. Die Zahlen sind jedoch aufgrund der verschiedenen Datenerhebungsarten sehr unterschiedlich: (Darmparalysen 1–16 %, Dünndarmpassagestörungen 0,6–7,1 %, Pyelonephritiden 0,8–7 %, Urosepsis 1,5–2,4 %, Wundheilungsstörungen und Infekte in 0,6–9,6 %, Lymphozelen 0,8–4,4 %, tiefe Venenthrombosen und Lungenembolien ca. 2 % u. a. m.).
Spätkomplikationen
Relevante Spätkomplikationen sind unter anderem ureteroenterale Strikturen (2–13,5 %),, Pyelonephritis (2–16 %), urethroenterale Stenose (2–9 %) (Tab. 3).
Tab. 3
Spätkomplikationen nach orthotopem Blasenersatz. (Nach Hautmann et al. 2007)
Komplikationen
Constantinidis et al. 2001
Lee et al. 2003
Parekh et al. 2002
Bedük et al. 2003
Steven und Poulsen 2000
Shaaban et al. 2003
Blute und Gburek 1998
Abol-Enein und Ghoneim 2001
Studer et al. 2006
Neoblasenbezogen
Ureteroentererale Striktur
2
2,3
  
3
3,1
2
 
2,7
Ureteraler Reflux
8
  
4,2–7,9
   
3
 
Pyelonephritis
2
3,9
 
13,8–15,8
  
3
 
3,9
Urethroenterale Striktur
2
9,2
  
3,6
1,9
 
2
 
Neoblasen-Darm-Fistel
2
0,8
       
Reservoirsteine
2
0,8
  
16,3
16
 
2,9
 
Hämaturie
 
0,8
       
Chronische Bakteriurie
    
24
33
 
50
 
Nierensteine
      
2
  
Verschlechterung des oberen Harntraktes
       
3,8
 
Allgemein
Dünndarm-obstruktion
 
3,8
  
1,2
2,8
11
0,8
7
Narbenhernie
4
4,6
  
10,2
    
Lymphozele
    
3,6
 
2
 
3,7
    
0,6
   
0,2
Diarrhö
  
1,2
      
Azidose
4
0,8
  
1,8
   
4,4a
Vitamin B12-Mangel
 
1,6
  
6–33
    
Inguinalhernie
        
4,5
aHospitalisation erforderlich

Lebensqualität

Ein Vergleich der funktionellen Resultate und der „health related quality of life“ (HRQOL) zwischen den verschiedenen Harnableitungsverfahren ist bis heute nicht konklusiv zu ziehen. Die HRQOL scheint bei allen Eingriffen ähnlich zu sein, jedoch gibt es bei spezifischen Punkten deutliche Unterschiede wie z. B. bei der Wahrnehmung des Körperbildes, der Harninkontinenz und der beeinträchtigten Sexualität (Dutta et al. 2002; Hardt et al. 2000; Singh et al. 2014). Aus der Literatur lässt sich schlussfolgern, dass diese Probleme v. a. bei Conduit-Ableitungen zu verzeichnen sind.
Aktuelle Studien zeigen keine signifikanten Unterschiede in der Lebensqualität zwischen inkontinenten und kontinenten orthotopen Harnableitungen. So konnten Philip et al. (2009) zeigen, dass Patienten mit einem orthotopen Blasenersatz zwar eine bessere physische Funktionsfähigkeit aufweisen, jedoch keinerlei Vorteile in der Lebensqualität im Vergleich mit Patienten mit einem Ileum-Conduit haben. 63 % der Patienten mit Ileum-Conduit fühlten sich „weniger komplett“, 43 % fühlten sich aufgrund des Stomas beschämt, und 58 % waren über ein nicht abgedichtetes Stoma besorgt. Ähnliche Resultate konnten Sogni et al. (2008) publizieren. Diese Autorengruppe verwendete für ihre Analysen den EORTC-QLQ-C30 und QLQ-BLM (muskelinvasives Blasenkarzinom-Modul), um HRQOL-Daten von 34 zystektomierten Patienten zu analysieren. Die Patienten bekamen entweder einen orthotopen Blasenersatz oder einen Ileum-Conduit. Die globalen Gesundheitsstatus-Scores (GHS) waren zwar in der Gruppe mit der orthotopen Neoblase höher, jedoch zeigte sich bei der Analyse kein statistisch signifikanter Unterschied. Singh et al. (2014) konnten jedoch unter Verwendung des EORTC-QLQ-C30 an 84 orthotopen Ersatzblasenpatienten eine leicht bessere physikalische und soziale Zufriedenheit sowie einen besseren GHS feststellen gegenüber 80 Patienten mit einem ileum conduit. Zudem scheinen weibliche Patienten mit orthotopem/heterotopen (nicht Stoma) Blasenersatz einen Vorteil bezüglich sexueller Funktion gegenüber Stomapatientinnen zu haben (El-Bahnasawy et al. 2011)
Pahernik et al. (2004) konnten in ihrer Studie zeigen, dass die Konversion eines inkontinenten Conduits in eine kontinente Harnableitung (Mainz Pouch I) eine sichere und machbare Option für Patienten ist, die den Wunsch hegen, eine inkontinente in eine kontinente Harnableitung ändern zu lassen. Die Komplikationsrate war akzeptabel, die Nierenfunktion stabil und die Patientenzufriedenheit nach dem Eingriff war sehr hoch. Die Konversion erfolgte bei 39 Patienten nach durchschnittlich 11 Jahren nach Anlage des Ileum- oder Kolon-Conduits (Pahernik et al. 2004).
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