Vorbemerkungen
Lebensbedrohliche Notfallereignisse im Kindesalter sind selten. Relativ am häufigsten sind Unfälle wie
Schädel-Hirn-Trauma (SHT) mit/ohne
Polytrauma,
Ertrinken, Verbrühung und Strangulation. Hier muss notfallmedizinisch rasch und kompetent reagiert werden, da die Prognose meistens durch eine adäquate und rasche Behandlung am Unfallort und unmittelbar nach Aufnahme in einer medizinischen Einrichtung stärker beeinflusst wird als durch die Therapie danach.
Häufiger sind für Eltern, Erzieherinnen und Lehrer bedrohlich wirkende Situationen wie Ohnmacht, Fieberkrampf, Pseudokrupp, Nasenbluten und leichtes SHT, bei denen nach dem Prinzip „nihil nocere“ eine intensivmedizinische Übertherapie durch pädiatrisch unerfahrene Notfallmediziner vermieden werden sollte.
Dieses Kapitel kann nicht nosologisch in die Tiefe gehen, sondern muss sich darauf beschränken, den therapeutischen Rahmen bei typischen kindlichen Notfällen darzustellen.
Die Themen Atemnot, Schock,
Koma, Hitzeschäden, Verbrennungen, Unterkühlung, und
Ertrinken werden in den vorangehenden Kapiteln behandelt.
Bedrohliche Symptome und Situationen bei Neugeborenen und jungen Säuglingen
Bei Geburt außerhalb der Klinik muss Ruhe bewahrt werden. Ein Charakteristikum einer unerwarteten Geburt ist meistens, dass sie rasch und komplikationslos erfolgt. Das Neugeborene wird abgetrocknet, auf den Bauch der Mutter gelegt und mit einem trockenen Tuch bedeckt. Die Nabelschnur wird nicht zu dicht am Bauchansatz durchtrennt und abgebunden. Bei Atemstörungen wird das Fruchtwasser aus dem Mund gewischt oder abgesaugt. Ein guter Beugetonus zeigt an, dass es dem Kind gut geht. Eine Zyanose ist in den ersten Minuten nach der Geburt normal.
Eine sichtbare Gelbfärbung der Haut in den ersten 24 Lebensstunden (Icterus praecox) ist ein Warnzeichen und erfordert zur sofortigen Abklärung und Behandlung einer wahrscheinlichen Hämolyse bei Blutgruppeninkompatibilität die sofortige Einweisung in eine Kinderklinik.
Die Trias Erbrechen, Stuhlverhalt und aufgetriebener Bauch ist verdächtig auf eine Darmobstruktion und muss unverzüglich abgeklärt werden. Auffällige Stuhlfarben sind schwarz, weiß und rot. Alle anderen Farben (gelb, braun, grün) sind normal.
Fieber (>38,0°C rektal) muss beim Neugeborenen und jungen Säugling den Verdacht auf eine behandlungspflichtige Infektion wecken, wenn sie nicht eindeutig auf akzidentelle Überwärmung zurückgeführt werden kann.
Eine akute Bewusstseinsstörung oder Muskeltonusverlust muss unverzüglich abgeklärt werden (
Hypoglykämie, Infektion, Kreislaufschock).
Ohne Stethoskop hörbare Atemgeräusche (Stridor, Knorksen) sind in den ersten Lebenstunden und -wochen wegen der anatomisch kleinkalibrigen Atemwege nicht so selten. Bedrohlich sind sie zu werten, wenn Zyanose, Tachypnoe, Tachykardie und/oder
Bewusstseinsstörungen hinzutreten. Die sofortige Aufnahme in einer Kinderklinik mit Intensivstation ist dann erforderlich.
Notfälle jenseits der Neugeborenenperiode
Akute, nicht unfallbedingte
Bewusstseinsstörungen treten beim Säugling und Kleinkind am häufigsten beim Fieberkrampf und anderen zerebralen Anfällen und bei kreislaufbedingten
Synkopen beim älteren Kind auf. Zunächst muss in dieser Situation geprüft werden, ob eine normale Pulsfrequenz und Atemtätigkeit nachweisbar sind
.