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Apparative Therapien in der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Verfasst von: Martin Holtmann
In den letzten Jahren haben sich neben etablierten psychotherapeutischen und pharmakologischen Verfahren auch apparative, technologisch unterstützte Therapieformen als vielversprechend erwiesen. Insbesondere die Datenlage zu Lichttherapie und Neurofeedback als ergänzende Bausteine im Rahmen multimodaler Behandlungen hat sich verbessert. Lichttherapie kann nebenwirkungsarm bei Kindern und Jugendlichen ab dem Alter von 12 Jahren eingesetzt werden. Insbesondere die Gruppe depressiver Kinder und Jugendlicher mit Schlafstörungen kann von einer additiven Lichttherapie profitieren, da diese schnell und effektiv den Schlaf verbessert. Neurofeedback basiert auf Prinzipien der Lerntheorie und zielt über die Rückmeldung von EEG-Signalen auf eine verbesserte Selbstregulation. Am besten untersucht ist die Anwendung von Neurofeedback im Rahmen der ADHS-Behandlung. Neurofeedback soll nur mittels gut untersuchter Protokolle (Theta-Beta-Feedback und Feedback der langsamen Potenziale) trainiert werden.

Lichttherapie

Lichttherapie zählt zusammen mit der Wachtherapie und der Schlafphasenvorverlagerung bzw. dem Schlafentzug zu den sog. chronotherapeutischen Verfahren. Lichttherapie ist ein nichtinvasives, nebenwirkungsarmes Verfahren, das auch im Kindes- und Jugendalter in erster Linie zur Behandlung depressiver Episoden eingesetzt werden kann. Darüber hinaus ist Lichttherapie auch zur Verbesserung von Ein- und Durchschlafstörungen geeignet.
Allerdings ist die empirische Absicherung ihrer Effektivität und der zugrunde liegenden Wirkmechanismen bei Kindern und Jugendlichen noch gering. Daher ist bisher die Lichttherapie (wie auch die anderen Chronotherapien) noch nicht in die Leitlinien zur Behandlung von depressiven Störungen oder Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen aufgenommen worden. Eine ausführliche Beschreibung chronotherapeutischer Verfahren, ihrer Hintergründe und Hinweise zur Anwendung finden sich bei Kirschbaum-Lesch, Holtmann und Legenbauer (2019).

Wie wirkt Lichttherapie?

Wichtige Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Lichttherapie sind die ausreichende Lichtintensität, die Dauer der Behandlung und die Wahl des richtigen morgendlichen Zeitpunkts. Im Rahmen von Lichttherapie setzt man die Patienten einem UV-gefilterten, weißen Licht aus. Die Lichtintensität, die auf die Netzhaut trifft, sollte 10.000 Lux betragen. Die Lichttherapie sollte morgendlich über 2–5 Wochen jeweils für ca. 30 Minuten angewandt werden. Der ideale Zeitpunkt für die morgendliche Lichttherapie hängt von der individuellen zirkadianen Rhythmik des Patienten ab.
Zum Verständnis der Wirkweise von Lichttherapie sind einige grundlegende Befunde der sog. Chronobiologie hilfreich. Die Chronobiologie untersucht die zeitlichen Muster von körperlichen Abläufen und von Verhaltensweisen. In der Chronobiologie werden unter dem Begriff zirkadianer Rhythmus alle regelmäßigen physiologischen Rhythmen zusammengefasst, die sich periodisch ca. alle 24 Stunden wiederholen. Das Sonnenlicht mit seinen Veränderungen über Tag und Nacht ist dafür der entscheidende externe „Zeitgeber“. Zudem verfügen fast alle Zellen des menschlichen Körpers über eine „innere Uhr“, die genetisch gesteuert wird.
Viele physiologische Prozesse unterliegen einem ca. 24-stündigen Rhythmus, z. B. die Kortisolsekretion (mit einem Höhepunkt am Morgen), die Körpertemperatur (mit einem Minimum am Morgen und einem Maximum am Nachmittag) und eben auch die Ausschüttung von Melatonin (mit einem steilen Anstieg nach der abendlichen Dämmerung, dem sog. Dim Light Melatonin Onset, DLMO).
Am offensichtlichsten ist die 24-Stunden-Rhythmik beim Schlaf-Wach-Rhythmus: Über seine Wirkung auf den Melatonin-Stoffwechsel stößt das Morgenlicht u. a. den Nachtschlaf an und führt zu einer Synchronisierung des zirkadianen Rhythmus. Dieser natürliche Effekt des Morgenlichts wird bei der Lichttherapie imitiert. So werden auch durch die Lichttherapie eine Synchronisierung der zirkadianen Rhythmik und eine schlafanstoßende Wirkung über die Beeinflussung der Ausschüttung von Melatonin erwartet.

Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus

Die Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus wird über zwei zusammenhängende Prozesse gesteuert: den homöostatischen Prozess und den zirkadianen Prozess (Kirschbaum-Lesch et al. 2019). Der homöostatische Prozess führt im Lauf des Tages zu einem Anstieg des Schlafdrucks, der dann durch den Nachtschlaf wieder abgebaut wird. Der zirkadiane Prozess reguliert über externe Zeitgeber wie das Sonnenlicht und über die sog. innere Uhr die Wach- und Schlafphasen. Der zirkadiane Prozess wird maßgeblich gesteuert im suprachiasmatischen Kern (Nucleus suprachiasmaticus, SCN) des Zwischenhirns. Dieser ist verbunden mit lichtempfindlichen Zellen im Auge (den sog. Fotorezeptoren der Netzhaut) und koordiniert abhängig vom Lichteinfall gemeinsam mit anderen Hirnbereichen das Aktivitäts- und Schlafverhalten. Ausreichender Schlaf ist z. B. notwendig für die körperliche Regeneration, die Gedächtniskonsolidierung und die Verarbeitung und Regulation von Emotionen. Es gibt daher ein enges Wechselspiel von Schlaf und psychischer Gesundheit in beide Richtungen: Ein verschobener oder gestörter zirkadianer Rhythmus führt zu einer Verschiebung der Schlafphasen, schlechterer Schlafqualität und geringerer Schlafdauer. Schlafstörungen wiederum sind eng verbunden mit verschiedenen psychischen Erkrankungen, insbesondere mit affektiven Störungen. So berichten Jugendliche mit depressiven Episoden häufig über quälende Schlafstörungen und den Verlust eines gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus. Das enge bidirektionale Verhältnis von Depression und gestörtem Schlaf ist die Rationale für den Einsatz der chronotherapeutischen Behandlungsansätze. Diese zielen auf das Wiederherstellen eines gesunden Tag-Nacht-Rhythmus und eine gute Synchronisation der inneren Uhr mit verschiedenen Zeitgebern. Sonnenlicht am frühen Vormittag gilt als Zeitgeber, um über seine Wirkung auf den Melatonin-Stoffwechsel den abendlichen Schlaf anzustoßen und zu einer Resynchronisierung des zirkadianen Rhythmus zu führen. Ausreichend morgendliches Licht, Aufenthalte im Freien und Bewegung sowie tageszeitliche Rituale (z. B. regelmäßige Mahlzeiten, Bettgehrituale) können als basale chronotherapeutische Ansätze gelten. Sie verhelfen zu einer besseren Synchronisation der inneren und äußeren Rhythmen und begünstigen besseren Schlaf und bessere Stimmung.
Über diese Rituale hinaus kann der im Rahmen einer Depression gestörte Schlaf-Wach-Rhythmus durch die Lichttherapie resynchronisiert werden. Das Licht stößt als starker externer Zeitgeber die Ausschüttung von Melatonin an und beeinflusst so den zirkadianen Prozess. Während depressiver Phasen ist häufig der zirkadiane Rhythmus gestört und nach hinten verschoben (sog. phase delay in Richtung Eveningness). Durch die Lichttherapie am Morgen, die den Sonnenaufgang und das Sonnenlicht am Morgen nachbildet und verstärkt, kommt es zu einer früheren Ausschüttung von Melatonin am Abend, früherem Einschlafen und einer Verschiebung des zirkadianen Rhythmus nach vorn in Richtung Morningness. Zusätzlich zur Wirkung der Lichttherapie auf die Ausschüttung von Melatonin findet sich auch ein antidepressiver Effekt über eine erhöhte Serotoninkonzentration.

Empirische Evidenz für Lichttherapie

Bei Erwachsenen ist die Wirksamkeit von Lichttherapie für die saisonale Depression (Winterdepression; Seasonal Affective Disorder, SAD) durch Meta-Analysen und mehrere große randomisiert-kontrollierte Studien belegt, in denen die Lichttherapie mit plausiblen Placebos verglichen wurde. Daher gilt nach der einschlägigen S3-Leitlinie bei saisonal abhängiger Depression im Erwachsenenalter die Lichttherapie gleichrangig neben der Medikation mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) als Behandlung 1. Wahl (DGPPN et al. 2017). Lichttherapie soll demnach als Behandlungsform bei Patienten mit leicht- bis mittelgradigen Episoden rezidivierender depressiver Störungen, die einem saisonalen Muster folgen, erwogen werden. Empfohlen wird der Einsatz von Geräten für die Lichttherapie mit einer Lichtquelle, die weißes, fluoreszierendes Licht abgibt, bei dem der UV-Anteil herausgefiltert wird.
Die Ansprechrate auf Lichttherapie bei der saisonalen Depression liegt bei 60–90 %, wobei der Wirkeintritt innerhalb von 2–3 Wochen auftritt. Da viele Patienten mit Winterdepression ein rasches Wiederauftreten der depressiven Symptome nach dem Absetzen der Lichttherapie zeigen, soll die Lichttherapie den gesamten Winter über fortgeführt werden, wenn die Patienten auf diese Therapieform ansprechen. Während der asymptomatischen Sommermonate kann die Behandlung dann unter Fortführung der anderen Behandlungsbausteine abgesetzt werden.
Morgendliche Lichttherapie kann nicht nur bei der Winterdepression, sondern auch bei nichtsaisonaler Depression und Verschiebungen des Tag-Nacht-Rhythmus als ergänzende Therapieoption eingesetzt werden. Die Wirksamkeit ist dabei weniger gut belegt. Lichttherapie wird auch zur Stabilisierung des antidepressiven Effekts einer Wachtherapie eingesetzt, deren Wirkung sonst oft nicht lang anhaltend ist.
Ein Cochrane-Review auf der Basis von 49 randomisierten kontrollierten Studien kommt zu der Schlussfolgerung, dass Lichttherapie bei der nichtsaisonal abhängigen Depression eine nachweisbare Wirksamkeit und eine klare Überlegenheit gegenüber Placebo mit einer Effektstärke von 0,90 aufweist (Tuunainen et al. 2004). Aufgrund kleiner Stichproben und kurzer Behandlungsdauern (1–4 Wochen) kann derzeit jedoch keine Behandlungsempfehlung ausgesprochen werden.
Eine neuere Meta-Analyse belegt ebenfalls die Wirksamkeit von Lichttherapie in Monotherapie bei nichtsaisonaler Depression (Effektstärke =0,62; Al-Karawi und Jubair 2016).
Eine höhere Wirksamkeit fand sich nach 2–5 Wochen Behandlung im Vergleich zu kürzeren Anwendungen. Unklarheit besteht aber noch hinsichtlich der Langzeiteffekte, der optimalen Behandlungsdauer und zur notwendigen Intensität.
Die Datenbasis bei Kindern und Jugendlichen ist im Vergleich zur Studienlage bei Erwachsenen noch sehr begrenzt. Lange Zeit waren nur einzelne Fallstudien und methodisch unzureichende Studien verfügbar. Weil keine aussagekräftigen Untersuchungen bei Kindern und Jugendlichen mit depressiven Störungen vorliegen, stellt die kinder- und jugendpsychiatrische S3-Leitlinie zu Behandlung der Depression (Dolle und Schulte-Körne 2013) fest, dass keine Empfehlung für oder gegen Lichttherapie ausgesprochen werden kann.
Mittlerweile gibt es aus 3 kontrollierten Pilotstudien unserer Arbeitsgruppe an über 150 vollstationär behandelten Kindern und Jugendlichen im Alter von 12–18 Jahren mit mittelgradiger bis schwerer Depression Hinweise auf einen Rückgang depressiver Symptome durch 2-wöchige Lichttherapie. Allerdings ist die Spezifität der Befunde nicht klar. Ein Teil der Effekte beruht möglicherweise auch auf einer Placebo-Wirkung, wie sie bei internalisierenden Störungen häufig ist. Die depressiven Symptome und das globale Funktionsniveau waren nicht nur in der Gruppe, die Lichttherapie erhielt, sondern auch in der Vergleichsgruppe besser. Die Remissionsrate lag 3 Wochen nach Abschluss der Lichttherapie bei 46,7 % (im Vergleich zu 25,9 % bei den Kontrollen; Bogen et al. 2016). Ergebnisse einer randomisiert-kontrollierten Studie an einer ausreichend großen Population stehen noch aus. Unklar ist, ob eine längere Behandlung zu noch größeren Effekten führt, oder ob eine 2-wöchige Behandlung ausreichend ist.
Mehrfach in kontrollierten Studien belegt ist mittlerweile der Effekt von Lichttherapie auf den Schlaf bei Jugendlichen: Bei Jugendlichen mit mittelgradiger und schwerer Depression führt Lichttherapie zu einer besseren Schlafqualität. Die Jugendlichen berichteten über schnelleres abendliches Einschlafen, verbessertes Durchschlafen und ein stärkeres Gefühl von Erholung am nächsten Morgen. Parallel fand sich eine Verschiebung der inneren Uhr zu mehr Morningness (Morgentyp). Die verbesserte Schlafqualität und der Shift zum Morgentyp waren maßgeblich für eine Reduktion der Depression (Bogen et al. 2016; Gest et al. 2016).
Systematische Untersuchungen an nichtdepressiven Jugendlichen mit Schlafstörungen liegen bisher nicht vor. Positive klinische Erfahrungen in Einzelfällen und die insgesamt gute Verträglichkeit lassen zusätzlich zu Psychoedukation und einer angeleiteten Schlafhygiene ergänzende Behandlungsversuche mit Lichttherapie bei relevanten Schlafstörungen auch ohne begleitende depressive Symptome vertretbar erscheinen.
Studien an jüngeren Kindern wurden bisher nicht veröffentlicht. Verfügbare Lichtbrillen sind zugelassen für die Behandlung ab dem Alter von 12 Jahren. Für Kinder unter 12 Jahren sind auch mögliche unerwünschte Effekte des hellen Lichts auf das noch nicht voll ausgereifte Auge nicht ausreichend bekannt.

Schlussfolgerungen für die praktische Anwendung von Lichttherapie

Aussagen zur empfohlenen Anwendungsdauer und Dosierung sind bisher nur bedingt möglich. Insgesamt sollte die Therapie über mindestens 2 Wochen erfolgen, idealerweise eher bis zu 1 Monat oder möglicherweise sogar länger. Unklar ist auch, wie stabil die Effekte bei positivem Ansprechen sind und ob dann eine weitere Fortführung oder „Auffrischungssitzungen“ sinnvoll sind.
Die tägliche Behandlungsdauer sollte ca. 30 Minuten umfassen. Die eingesetzten Lichttherapie-Geräte sollten eine Leuchtkraft mit einem Äquivalent von 10.000 Lux auf der Netzhaut erreichen, und zwar auch bei einem Abstand von mindestens 40–50 cm vom Gerät, sodass man parallel zur Behandlung z. B. noch lesen oder sich anderweitig beschäftigen kann. Geräte mit geringerer Leuchtkraft machen eine längere Bestrahlungszeit notwendig, die schwieriger mit dem Alltag zu vereinbaren ist und die Therapietreue ungünstig beeinflussen kann. Während der Behandlung sollten die Augen geöffnet sein.
Lichtbrillen haben bei Jugendlichen vergleichbare Effekte wie die klassischen Lichttherapie-Geräte und Lichtboxen und sind für viele junge Menschen besser in den Tagesablauf zu integrieren (Kirschbaum-Lesch et al. 2018). Während des Tragens der Brille sind auch Tätigkeiten wie Frühstücken und Lesen möglich.
Die Lichttherapie bedarf einer Kopplung an den individuellen zirkadianen Melatoninstoffwechsel. Entscheidend ist, dass die Behandlung ca. 7,5–9,5 Stunden nach dem Beginn der nächtlichen Melatoninausschüttung (DLMO) erfolgt. Der DLMO, der abhängig vom Chronotyp von Mensch zu Mensch schwankt, kann näherungsweise über einen Fragebogen zur Morgen- und Abendaktivität bestimmt werden (Morningness-Eveningness-Questionnaire, MEQ; Horne und Ostberg 1976; deutsche Version frei verfügbar unter https://cet.org/assessments/). Ein niedriger Gesamtwert deutet auf einen Abendtyp (Eveningness, sog. Eulen-Typ) hin, ein hoher Wert auf einen Morgentyp (Morningness, sog. Lerchen-Typ). Abhängig vom Gesamtwert des MEQ wird dann die Uhrzeit für den Beginn der Lichttherapie festgelegt (Tab. 1). Von dieser Uhrzeit sollte nicht mehr als 1 Stunde nach vorn oder hinten abgewichen werden, da außerhalb dieses Zeitfensters die Wirksamkeit stark abnimmt.
Tab. 1
Wirksamste Tageszeit für die Lichttherapie in Abhängigkeit vom individuellen Chronotyp (nach Holtmann et al. 2017)
MEQ-Gesamtwert
Uhrzeit für den Beginn der morgendlichen Lichttherapie
16–18
08:45
19–22
08:30
23–26
08:15
27–30
08:00
31–34
07:45
35–38
07:30
39–41
07:15
42–45
07:00
46–49
06:45
50–53
06:30
54–57
06:15
58–61
06:00
62–65
05:45
66–68
05:30
MEQ Morningness-Eveningness-Questionnaire
Wichtig für die Anwendung ist ein gutes Monitoring zur Verträglichkeit sowie hinsichtlich der Verbesserung der Symptome. In Übereinstimmung mit der Literatur zu Erwachsenen waren die häufigsten Nebenwirkungen der Lichttherapie in unseren klinischen Studien Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Wärmegefühl oder Schmerzen am Auge. Alle unerwünschten Wirkungen waren leicht ausgeprägt, reversibel und traten auch in der Placebo-Gruppe auf. Es existieren keine Kontraindikationen für Lichttherapie oder Hinweise darauf, dass sie mit Augen- oder Retinaschäden assoziiert wäre (DGPPN et al. 2017). Jedoch sollten Patienten mit Risikofaktoren für die Augen vor der Behandlung einen Augenarzt aufsuchen.
Lichttherapie kann in Kombination mit einem Antidepressivum eingesetzt werden. Der gleichzeitige Einsatz kann die Effekte der Behandlung verstärken. Es sollten aber mögliche fotosensibilisierende Wirkungen der Psychopharmaka berücksichtigt werden, wie sie bei trizyklischen Antidepressiva, Lithium und Johanneskraut (Hypericum) bekannt sind. Die Kombination mit SSRI scheint unbedenklich zu sein.

Neurofeedback

Neurofeedback (auch EEG-Biofeedback) ist ein verhaltenstherapeutisch fundiertes Verfahren, das über die gelernte Modifikation von neurophysiologischen Parametern eine Verbesserung von Krankheitssymptomen anstrebt. Die Evidenzbasis für Neurofeedback bei unterschiedlichen psychischen und auch somatischen Störungsbildern hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. Am weitesten verbreitet und am besten empirisch abgesichert ist die Anwendung von Neurofeedback als Baustein im Rahmen einer multimodalen Behandlung der ADHS. Darüber hinaus gibt es Erfahrungen mit Neurofeedback und auch vereinzelte Studien z. B. bei Autismus-Spektrum-Störungen, Tics, Migräne, Epilepsie, Schlafstörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen (vgl. Strehl 2020).

Neurofeedback: Elektrophysiologische und lerntheoretische Grundlagen

Beim Neurofeedback kann der Patient schrittweise lernen, seine Hirnaktivität, die der Aufmerksamkeit und Steuerung sonst nicht zugänglich ist, wahrzunehmen und auf sie Einfluss zu nehmen. Technisch wird Neurofeedback mittels einer Rückmeldeeinheit realisiert, die EEG-Signale computergestützt so aufbereitet, dass sie dem Patienten unmittelbar und kindgerecht rückgemeldet werden. Vor dem Patienten befindet sich der Bildschirm, auf dem die jeweiligen Aufgaben erscheinen, während simultan das EEG abgeleitet und über den Bildschirm rückgemeldet wird. Damit steht Neurofeedback im größeren Kontext verhaltensmodifizierender Therapien. Das Erlernen des Neurofeedbacks beruht auf dem verhaltenstherapeutischen Prinzip des operanten Konditionierens: die Produktion von „erwünschter“ EEG-Aktivität wird durch die Darbietung leicht wahrnehmbarer und verständlicher Rückmeldesignale verstärkt. Mit dieser Methode lernen die meisten Menschen innerhalb relativ kurzer Zeit, ihre Hirnaktivität zu beeinflussen und später auch ohne externe Rückmeldung die angestrebten EEG-Muster zu produzieren.
Grundlage für den Einsatz von Neurofeedback bei Aufmerksamkeitsstörungen und Impulsivität sind Befunde über Veränderungen der Hirnströme bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS. Eine ausführliche Darstellung der elektrophysiologischen Grundlagen von Neurofeedback bei ADHS findet sich in Heinrich et al. (2020). Analysiert werden üblicherweise die Frequenzbänder Delta (0,1–4 Hz), Theta (4–8 Hz), Alpha (8–12 Hz) und Beta (12–30 Hz) und neuerdings auch Gamma (über 35 Hz). Vereinfacht dargestellt entspricht den Frequenzen ein Verhaltenskontinuum von Tiefschlaf (Delta) und Schläfrigkeit (Theta) über den entspannten Wachzustand (Alpha) und wache Aufmerksamkeit (Beta) bis hin zu sehr rascher Aktivität (Gamma), die vermutlich Ausdruck der funktionellen Koppelung neuronaler Verbände ist. Veränderungen des Spontan-EEG-Profils bei Kindern mit ADHS sind lange bekannt und wurden durch moderne Untersuchungen mittels quantitativer Elektroenzephalografie (QEEG) im Wesentlichen bestätigt.
Auch Studien zu ereigniskorrelierten Potenzialen bei ADHS geben Hinweise auf eine Dysfunktion reizbezogener kognitiver Verarbeitungs- und Aktivierungsprozesse. So spiegelt sich in den langsamen kortikalen Potenzialen (slow cortical potentials, SCP) das Erregungsniveau der oberen Schichten der Hirnrinde wider. Es handelt sich um Gleichspannungsverschiebungen des EEGs, die eher träge reagieren, sich über mehrere Sekunden auf- und abbauen und ein elektrophysiologisches Korrelat der Aufmerksamkeitsregulation darstellen. Oberflächenpositive SCPs zeigen eine Reduzierung und Hemmung kortikaler Aktivierung (etwa beim Übergang vom Wach- in den Schlafzustand) an, während oberflächennegative Hirnpotenziale auf eine erhöhte Erregbarkeit neuronaler Netzwerke und Mobilisierung zusätzlicher Energiereserven hindeuten. Zu den SCP gehört u. a. die Contingente Negative Variation (CNV; sog. Erwartungswelle).
Auf der Grundlage der Befunde zum Spontan-EEG und zu den ereigniskorrelierten Potenzialen wurden für das Neurofeedback-Training bei ADHS sog. Standardprotokolle entwickelt, die mit Aufmerksamkeitsprozessen oder mit exekutiven Hirnfunktionen zusammenhängen.
So soll durch das Frequenzfeedback oder Theta/Beta-Training die Rückmeldung der Aktivität in den Frequenzbändern Theta (Verringerung von 4–8 Hz) und Beta (Steigerung von 13–21 Hz) das Gehirn aktivieren und damit Defizite in der Aufmerksamkeit reduzieren. Grundlage für Anwendung des Theta/Beta-Protokolls bei Kindern mit ADHS sind ältere Befunde aus Ruhe-EEG-Studien, die eine erhöhte Theta- und verminderte Beta-Aktivität zeigten. Diese Befunde konnten jedoch in jüngeren Studien nicht repliziert werden. Allerdings lassen Abweichungen bei einem Teil der ADHS-Patienten insbesondere im Theta-Band das Frequenzband-Training dennoch als sinnvoll erscheinen.
Ein weiterer und vermutlich besserer Ansatz ist das Training der langsamen Potenziale (SCP-Training). Kinder mit ADHS zeigen in kognitiven Aufgaben in Erwartung eines Zielreizes eine verminderte CNV-Amplitude, einer typischen langsamen Komponente. Beim SCP-Neurofeedback-Training sollen Kinder mit ADHS erlernen, negative SCPs (Zunahme der kortikalen Erregbarkeit; Zuwendung von Aufmerksamkeit) und positive SCPs (Abnahme der Erregbarkeit; entspannter, gelassener Zustand) über den sensomotorischen Kortex zu generieren.
In der Praxis wird häufig auch das sog. QEEG-Training eingesetzt. Dieses Training postuliert eine Veränderung des individuellen EEG-Musters des Kindes in Richtung auf ein „Normal-Profil“. Hierzu wird vor Behandlungsbeginn ein QEEG abgeleitet, das mit EEG-Datenbanken verglichen werden kann, um „Abweichungen“ zu identifizieren und anhand dessen entsprechende Zielparamater zu bestimmen. Für viele Eltern hat diese Trainingsform wegen der Anschaulichkeit und des vermeintlich personalisierten Trainingsprogramms eine hohe Plausibilität. Allerdings liegen zum Neurofeedback mittels QEEG bislang keine überzeugenden und methodisch fundierten kontrollierten Studien vor. Daher muss von diesem Ansatz abgeraten werden.

Praktische Durchführung von Neurofeedback

Während des Neurofeedbacks sitzt der Patient vor einem Bildschirm, auf dem ihm EEG-Signale entwicklungsgerecht rückgemeldet werden. Mittlerweile sind eine Vielzahl von Präsentationsmöglichkeiten für die Rückmeldung entwickelt worden, darunter auch attraktive, spielerische Verfahren für Kinder. Die EEG-Aktivität wird dann z. B. über in ihrer Höhe an die Aktivität angepasste Säulen auf dem Bildschirm rückgemeldet oder über ein Objekt, das während eines Trainings-Durchgangs auf dem Bildschirm von links nach rechts fliegt und dabei über die Regulation nach oben oder nach unten gelenkt werden soll. Über die vertikale Position des Flugobjektes wird dann die EEG-Aktivität rückgemeldet. In anderen Programmen bewegt sich eine Comic-Figur auf dem Bildschirm nur dann vorwärts, wenn z. B. die Theta/Beta-Ratio niedriger als der Referenzwert ist. Alternativ können Videosequenzen verwendet werden, die nur bei erfolgreicher Neuroregulation weiterabgespielt werden oder klar und deutlich zu sehen sind. Ob zum erfolgreichen Erlernen der Selbstregulation eher die „asketischer“ gestalteten Rückmeldungen oder lebhaftere Darstellungen besser geeignet sind ist unklar.
Viele Trainingsprotokolle sehen vor, dass die Patienten für erfolgreiche Sitzungen Verstärkerpunkte erhalten, welche sie sammeln und später gegen Belohnungen eintauschen können.
Abhängig vom Entwicklungsstand und der Ausdauer des Kindes oder Jugendlichen dauert eine Trainingssitzung zwischen einer halben und einer Stunde, unterteilt in mehrere Übungsblöcke. Die Veränderung des Hirnstrombildes im Training ist aber nur der erste Schritt. Ihm folgt die Übertragung der erlernten Änderungen auf den Alltag: Neben Durchgängen mit unmittelbarer Rückmeldung werden auch Transfer-Durchgänge in das Training eingebaut, bei denen man die Regulation ohne Rückmeldung bewerkstelligen soll, d. h. ohne dass die Bildschirmanzeige die Hirnaktivität simultan widerspiegelt. Zudem wird die Generalisierung der erlernten Strategien zur Selbstregulation auf den Alltag erprobt, etwa im Schulkontext oder bei den Hausaufgaben. Mit den Kindern und Jugendlichen wird erarbeitet, wann und wie sie die Strategien hilfreich einsetzen können. Am Anfang muss dies noch sehr bewusst und geplant stattfinden, später scheint sich der Einsatz zu automatisieren. Diese schrittweise Generalisierung und der bewusste Transfer der Regulationsstrategien in den Alltag gelten für den Erfolg des Trainings als besonders wichtig, auch wenn dies bislang nicht systematisch untersucht wurde. Aber Befunde aus mehreren Studien lassen sich in diese Richtung interpretieren.
Jeder Therapieplan sollte alle drei Elemente (Training im Labor mit und ohne Rückmeldung und Übertragung in den Alltag) umfassen.
Insgesamt sind beim herkömmlichen EEG-Feedback mindestens 25 Sitzungen von 30–60 Minuten Dauer notwendig. Vermutlich ist eine größere Zahl von Sitzungen (bis zu 40) sinnvoll. Um einen schnelleren Lernfortschritt zu ermöglichen, sollten möglichst zu Beginn des Trainings mehrere Sitzungen in der Woche durchgeführt werden. Im Verlauf kann dann die Frequenz reduziert werden auf eine Sitzung in der Woche. Sinnvoll sind Auffrischungssitzungen mehrere Wochen nach dem Ende des Trainings, um das Erlernte aufzufrischen und zu festigen.
Beim Frequenzfeedback oder Theta/Beta-Training werden zu Beginn einer Trainingseinheit üblicherweise Baseline-Werte (Referenzwerte) während einer 2- bis 3-minütigen Ruhebedingung bestimmt. Innerhalb der Trainingseinheit wird dann Neuroregulation geübt, unterteilt in einzelne Durchgänge von z. B. 5 Minuten Dauer. Die Schwellwerte sollten angepasst werden, wenn die Regulationsleistung außerhalb eines vorgegebenen Bereiches (z. B. 40–75 % positive Rückmeldung) fällt. Zu häufiges, automatisiertes Anpassen (z. B. alle 20 Sekunden) scheint für den Lernerfolg nicht förderlich zu sein. Ein Durchgang bei einem SCP-Training besteht typischerweise aus einer 2 Sekunden langen Baseline-Phase und einer 6 Sekunden dauernden Feedback-Phase.
Das Neurofeedback benötigt eine enge Begleitung durch einen verhaltenstherapeutisch oder verhaltenspädagogisch geschulten Anleiter. Dieser ermuntert das Kind beim Erproben der Strategien, weist auf das Entstehen von Artefakten hin und motiviert es in Phasen von Therapiemüdigkeit. Der Trainer sollte zudem über elektrophysiologische Grundkenntnisse verfügen, um die Sitzungen technisch einwandfrei durchführen zu können. Entsprechende Schulungen werden von vielen Geräteanbietern durchgeführt.
Neurofeedback wird bislang überwiegend in Praxen und Klinikambulanzen angeboten, was eine Reihe von praktischen Hürden mit sich bringt. Zudem findet die Behandlung dann nicht in der Umgebung statt, in der die Kinder ihre Probleme haben. Tragbare Systeme erlauben die Anwendung von Neurofeedback prinzipiell auch zu Hause. Auch dann sollte das Training aber von einer entsprechend qualifizierten Person eingeführt und begleitet werden.
Die Hirnaktivität kann außer durch das EEG auch über bildgebende Verfahren (funktionelle Magnetresonanztomografie, fMRT; funktionelle Nahinfrarotspektroskopie, fNIRS; tomografische EEG-Analyse) rückgemeldet werden. Zu jeder der genannten Varianten liegen erste Studien vor (vgl. Heinrich et al. 2020). Es konnte aufgezeigt werden, dass die Methoden bei Kindern mit ADHS anwendbar sind und zu positiven klinischen Effekten führen. Diese Verfahren benötigen deutlich weniger Trainingsdurchgänge.
Anhaltende oder schwere unerwünschte Wirkungen von Neurofeedback sind bisher nicht berichtet worden. Selten werden Kopfschmerzen, Verspannung im Nackenbereich und Müdigkeit beklagt, die aber vorübergehend sind und offenbar durch die Trainingssituation mit anhaltender Konzentration und damit verbundener muskulärer Anspannung bedingt sind.

Spezifische und unspezifische Effekte von Neurofeedback

Neurofeedback zielt auf eine Verbesserung von klinischen Symptomen über eine erlernte Veränderung des Hirnstrombildes. Neben der spezifischen Regulation des EEGs sind positive Effekte folgender Einflussfaktoren denkbar: Die längerfristige regelmäßige Teilnahme an einer strukturierten Lernsituation (Lernen still zu sitzen) und die Kontakte zu einem motivierten und motivierenden Therapeuten („individual tutoring“) entfalten möglicherweise gerade bei Kindern und Jugendlichen, die von sehr strukturierten Maßnahmen profitieren, eine vom eigentlichen Neurofeedback unabhängige unspezifische Wirkung. Ähnliches gilt für den operant-verhaltenstherapeutischen Aspekt des Trainings und die damit verbundenen Erfolgserlebnisse für die Patienten sowie für die Erwartungshaltung der Patienten und ihrer Eltern. Auch die Konzentration auf die am Bildschirm dargebotenen Aufgaben könnte Aufmerksamkeitsleistungen verbessern. So zeigen sowohl verhaltenstherapeutische Interventionen als auch computergestützte Kognitions- und Aufmerksamkeitstrainings ohne Neurofeedback Wirkung auf Aufmerksamkeitsprobleme und das Spontan-EEG. Sinnvoll schien daher der Vergleich des Neurofeedbacks mit anderen Therapien, die einen ähnlichen zeitlichen Umfang haben und das gleiche Maß an Zuwendung beinhalten. Erfolgversprechend ist etwa die Gegenüberstellung von EEG-Feedbackmethoden mit computergestützten Kognitions- und Aufmerksamkeitstrainings ohne Neurofeedback.

Befunde zu Neurofeedback bei ADHS

Lange Zeit waren die Studien zur Wirksamkeit von Neurofeedback bei ADHS durch zahlreiche methodische Mängel gekennzeichnet. Diesen Schwächen wurde in der Folge durch die Entwicklung verbesserter Behandlungs- und Studienprotokolle begegnet. Zur Einschätzung des Stellenwertes von Neurofeedback als Behandlungsbaustein für ADHS liegen nun mehrere methodisch hochwertige randomisiert-kontrollierte Studien vor, in denen auch geprüft wurde, ob Neurofeedback bei Kindern mit ADHS spezifisch wirksam ist bzw. kontrolliert wurde, inwiefern unspezifische Faktoren zu positiven Effekten auf Verhaltensebene führen. Die Studien geben Hinweise auf spezifische, aber auch auf unspezifische Effekte des Neurofeedbacks.
Auf Basis der klinischen Studien sind auch mehrere Meta-Analysen verfügbar. Theta/Beta-Training und SCP-Training scheinen auf der Verhaltensebene zu vergleichbaren klinischen Effekten zu führen.
Eine erste Meta-Analyse (Arns et al. 2009) von 10 prospektiven, kontrollierten Studien mit 467 Patienten fand mittlere bis hohe Effektstärken für alle drei Bereiche der ADHS-Kernsymptomatik. Eine Meta-Analyse der Europäischen ADHS-Leitliniengruppe mit einem strengen methodischen Ansatz, die 8 Studien einbezog, zeigte einen bedeutsamen Effekt des Trainings auf die ADHS-Gesamtsymptomatik im Elternurteil bzw. durch vermutlich unverblindete Beurteiler (Sonuga-Barke et al. 2013). In diese Untersuchung gingen aber auch Studien mit nicht allgemein akzeptierten Trainingsprotokollen ein. Für die praktische Anwendung wegweisend ist eine Sekundäranalyse der wenigen methodisch hochwertigen Studien, bei denen u. a. Standard-Elektrodenplatzierungen und evidenzbasierte, an verhaltens- und lerntherapeutischen Grundsätzen orientierte Trainingsprotokolle zum Einsatz kamen. In dieser Analyse zeigten sich signifikante, wenngleich kleine Effekte auch bei Beurteilern, die nicht über die Zuordnung zu den Behandlungsgruppen informiert waren (Cortese et al. 2016). Dies wurde in neueren Studien (Geladé et al. 2016; Strehl et al. 2017) nicht bestätigt, sodass eine Replikation aussteht und endgültige Schlussfolgerungen nicht möglich sind.
Untersuchungen mittels funktioneller Kernspintomografie (fMRI) belegen und verdeutlichen Effekte des Neurofeedbacks auf die zugrunde liegenden Hirnfunktionen. Hirnregionen, die für die Verhaltenshemmung zuständig sind, sind bei vielen ADHS-Patienten weniger aktiv. Neurofeedback führt zu einer weitgehenden Normalisierung der Aktivierung in diesen Regionen (Baumeister et al. 2018).
Zur längerfristigen Wirksamkeit von Neurofeedback gibt eine erste Meta-Analyse Hinweise auf anhaltende mittlere Effekte nach bis zu 1 Jahr (Van Doren et al. 2019; vgl. Aggensteiner et al. 2019). Wünschenswert wären aber noch mehr fundierte Nachuntersuchungen, um die spezifische Langzeitwirkung des Feedbacks und die Notwendigkeit von Auffrischungssitzungen beurteilen zu können. Erst dann scheint auch eine Beurteilung der ökonomischen Aspekte des Neurofeedbacks sinnvoll, das in der Trainingsphase mit einem hohem Betreuungsaufwand verbunden ist.

Befunde zu Neurofeedback bei Autismus-Spektrum-Störungen

Zum Einsatz von Neurofeedback bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) liegen mittlerweile immer mehr Studien vor (zur Übersicht vgl. Holtmann und Bölte 2020). Die sorgfältige Lektüre der bisher publizierten Studien legt allerdings nahe, dass es sich bei den berichteten Effekten meist eher um eine Besserung komorbider ADHS-Symptome handelt, als um eine Änderung der autistischen Kernsymptomatik. Beginnend mit Einzelfallberichten und Fallserien aus den 1990er-Jahren werden immer wieder positive Effekte des Frequenzband-Neurofeedbacks auf Aufmerksamkeits- und exekutive Funktionen bei ASS berichtet. Auch die späteren kontrollierten Studien zeigen Effekte auf Symptome, die eng mit ADHS verbunden sind (selektive Aufmerksamkeit, Hemmungskontrolle, kognitive Flexibilität). Möglicherweise liegt die eigentliche Stärke des Neurofeedbacks bei ASS im Bereich komorbider ADHS-Symptome. Angesichts der hohen Rate von begleitenden ADHS-Symptomen bei Kindern und Jugendlichen mit ASS sind diese Befunde von besonderer klinischer Relevanz. Die breiteste Erfahrung liegt für Betroffene mit High-functioning-Autismus vor, d. h. einer ASS ohne begleitende geistige Behinderung. Erste ermutigende Berichte über Trainings von Kindern mit Intelligenzminderung legen aber nahe, dass Neurofeedback unabhängig von der Begabung erlernt werden kann. Damit fügt sich Neurofeedback gut ein in andere etablierte Behandlungsansätze für ASS, die häufig stark strukturiert und an verhaltenstherapeutischen Prinzipien orientiert sind. Für die Behandlung der Kernsymptomatik autistischer Störungen mittels Neurofeedback gibt es keine ausreichende Evidenz.

Wirkmechanismen und Prädiktoren

Der eigentliche Wirkmechanismus von Neurofeedback ist noch nicht abschließend geklärt. Wie durch das Training zunächst vorübergehende und dann über die Behandlung hinaus anhaltende Veränderungen des EEGs und der klinischen Symptomatik erreicht werden, bedarf weiterer Untersuchungen. Verschiedene Autoren haben hierzu Hypothesen vorgelegt, deren experimentelle Bestätigung aber noch aussteht. Naheliegend ist es, die Effekte des Neurofeedbacks als Ausdruck sog. kortikaler Plastizität zu verstehen Das Training könnte demzufolge zu einer Steigerung der synaptischen Übertragungseffizienz führen.
Es ist – wie bei anderen Therapien auch – nicht zu erwarten, dass das Training für alle Kinder und Jugendlichen gleichermaßen wirksam ist. Die heterogene Befundlage der klinischen Studien legt nahe, dass nicht alle Patienten mit ADHS (oder auch anderen neuropsychiatrischen Störungsbildern) von Neurofeedback profitieren, dass die Behandlung aber mit hoher Wahrscheinlichkeit für Subgruppen hilfreich ist. Für den klinischen Einsatz wichtig ist daher die Frage nach Indikatoren dafür, bei welchen Gruppen von Patienten an Neurofeedback als Baustein der Behandlung gedacht werden sollte.
Diskutiert wird, ob bestimmte EEG-Veränderungen (z. B. mehr Theta-Aktivität im Ruhe-EEG vor Beginn des Theta/Beta-Trainings oder eine höhere CNV vor SCP-Trainingsbeginn) Hinweise hierauf geben können. Allerdings sind die vorliegenden Befunde aus Gruppenvergleichen noch nicht gut auf einzelne Kinder übertragbar. Auch eine größere Unterstützung durch die Eltern bei den Transfer-Aufgaben zu Hause war in einer Studie mit einer deutlicheren Verbesserung im Verhalten assoziiert, während der allgemeine Erziehungsstil keinen signifikanten Einfluss hatte.

Schlussfolgerungen für die Anwendung von Neurofeedback

Die belastbarsten Befunde für die Anwendung von Neurofeedback liegen, wie oben dargelegt, vor für den Einsatz als Baustein im Rahmen einer multimodalen Behandlung der ADHS. Die deutsche S3-Leitlinie für ADHS hat vor dem Hintergrund der verbesserten Datenlage folgende Empfehlungen für den Einsatz von Neurofeedback im Rahmen eines Behandlungsplanes der ADHS bei Kindern und Jugendlichen formuliert (DGKJP et al. 2018):
  • EEG-Neurofeedback wird als mögliches ergänzendes Verfahren eingestuft, das bei Kindern ab 6 Jahren eingesetzt werden kann, wenn dadurch keine andere effektivere Therapie verzögert oder verhindert wird. Die Qualität der Evidenz wird insgesamt als „moderat“ eingestuft.
  • Es sollen nur gut untersuchte Trainingsprotokolle eingesetzt werden. Diese umfassen das Theta/Beta-Feedback über der frontozentralen Region, sowie Feedback des sensomotorischen Rhythmus (SMR) über dem Motorkortex oder der langsamen kortikalen Potenziale (sog. SCP-Training) über der Scheitelregion. Sog. QEEG-basierte Protokolle mit z. T. anderen Frequenzbereichen und Platzierungen der Elektroden sollen nicht verwendet werden.
  • Beim Training sollen Prinzipien der Lerntheorie berücksichtigt werden, die u. a. auch Transferübungen zum Übertragen des Erlernten in den Alltag umfassen.
  • So lange noch keine guten Prädiktoren zum Ansprechen auf Neurofeedback verfügbar sind, liegt ein pragmatisches Vorgehen nahe: Etwa alle 10 Sitzungen sollte gemeinsam mit dem Kind und seinen Eltern überlegt werden, ob eine Fortführung der Behandlung sinnvoll ist. Dies soll vermeiden, dass Kinder in ein zeitaufwendiges Training eingebunden werden, das für sie nicht hilfreich ist.
Die Qualität der gegenwärtig angebotenen Behandlungen schwankt stark. Empfehlenswert für Eltern ist es, die jeweiligen Therapeuten nach ihrer Qualifikation zu fragen.
Neurofeedback ist bisher in der Regel eine Behandlung, die in Praxen und Klinikambulanzen mit hohem Personaleinsatz angeboten wird. Sinnvoll wäre künftig ein Einsatz auch in der Umgebung, in der sich die Probleme konkret zeigen, etwa bei den Hausaufgaben oder in der Schule. Hierfür ist die Entwicklung von tragbaren Systemen erforderlich, die dennoch den hohen technischen Anforderungen an eine gute EEG-Ableitung entsprechen.

Fazit

Insgesamt ist die Befundlage zur Wirksamkeit von Lichttherapie auf die depressive Symptomatik und Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen vielversprechend, zumindest für die Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen ab 12 Jahre. Insbesondere die Gruppe depressiver Kinder und Jugendlicher mit Schlafstörungen kann von einer additiven Lichttherapie profitieren, da diese schnell, nebenwirkungsarm und effektiv den Schlaf verbessert.
Vor dem Hintergrund der verfügbaren Evidenz kann davon ausgegangen werden, dass Neurofeedback in der Behandlung von Patienten mit ADHS-Symptomen künftig ein weiterer Baustein im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzepts werden wird. Dabei sollte es selbstverständlich sein, dass Neurofeedback und andere therapeutische Ansätze nicht unabhängig voneinander stattfinden, sondern aufeinander abgestimmt zum Einsatz kommen. Inwieweit Neurofeedback neben der ADHS-Behandlung auch bei anderen Störungen eingesetzt werden kann, bei denen Probleme mit der Selbstregulation bestehen, wie z. B. Störungen der Affektregulation, Borderline-Persönlichkeitsstörungen, aber auch Essstörungen, sollte Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.
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