Intraoperative Komplikationen
Gefäßverletzung
Gefäßverletzungen sind selten, können aber katastrophal enden. Am häufigsten werden Gefäße beim Anlegen des PP mit der Verres-Nadel oder einem Trokar verletzt. Potenziell können alle Gefäße bis hin zur Aorta betroffen sein. In aller Regel bedarf es in dieser Situation der offenen Laparotomie mit Gefäßrevision. Die anästhesiologische Problematik ist dann durch den z. T. erheblichen Blutverlust gekennzeichnet.
Sekundäre einseitige Intubation
Mit Insufflation des PP tritt – verstärkt durch eine Kopftieflagerung
– das Zwerchfell nach kranial, wodurch auch die Carina nach kranial verlagert wird. Da der Endotrachealtubus am Mundwinkel fixiert ist, kann die Tubusspitze bis zu 3 cm tiefer eindringen. Der Cuff des Tubus sollte daher bei der Intubation möglichst knapp unterhalb der Stimmbänder platziert werden ([
22]; Tab.
3).
Tab. 3
Klinische Befunde, Verdachtsdiagnosen und weiterführende Diagnostik bei akuten Beatmungsproblemen
während Laparoskopie. (Mod. nach [
22])
SpO2
| ↓ | ↓ | ↓ | ↑ |
petCO2
| ↑ | ↑ | ↓ | ↑ |
paw
| ↑ | ↑ | ←→ | ←→ |
AMV | ↓ | ↓ | ←→ | ←→ |
Verdachtsdiagnose | | Endobronchiale Intubation | CO2-Embolie | Hautemphysem |
Sicherung der Diagnose | Perkussion, Thoraxröntgen Auskultation | Auskultation | Mühlradgeräusch, Hypotension, EKG-Veränderungen | Palpation |
Bei einem Sättigungsabfall, insbesondere zu Beginn einer Laparoskopie, muss die akzidentelle einseitige Intubation ausgeschlossen werden.
Hautemphysem
Gelangt insuffliertes CO2 in die Subkutis, bildet sich von der Eintrittsstelle ausgehend ein Hautemphysem. Im Extremfall kann sich das Hautemphysem am gesamten Körperstamm ausbreiten und bis in die Halsweichteile und die Extremitäten reichen. Das ausgetretene CO2 wird im Blut resorbiert.
Zuerst fällt der rasche Anstieg des petCO2 auf.
Meist tritt ein Hautemphysem in den ersten 45 min einer Operation auf, ist aber grundsätzlich jederzeit möglich. Häufig ist die Eintrittspforte eine inkorrekt platzierte Insufflationsschleuse, die das CO
2 nach subkutan statt nach intraabdominell fördert. In diesem Fall muss die Schleusenlage sofort korrigiert werden. Auch bei operativen Manipulationen am Ösophagus kann ein Hautemphysem auftreten, das dann häufig mit einem
Pneumothorax vergesellschaftet ist. An den Durchtrittsöffnungen des Zwerchfells gelangt das Insufflationsgas nach mediastinal und breitet sich von dort subkutan in den Hals- und Kopfbereich aus.
Es ist unklar, ab welchem IAP es zur vermehrten Resorption von CO
2 kommt. Als Warnzeichen kann ein übermäßiger CO
2-Bedarf zum Erhalt des PP dienen. Bei unverhältnismäßiger Resorption sollte die Operation möglichst zügig beendet oder notfalls auf ein offenes Verfahren übergegangen werden. Ein
Pneumothorax muss ausgeschlossen werden. Das Atemminutenvolumen wird erhöht, um das anfallende CO
2 zu eliminieren.
Der Patient muss solange beatmet werden, bis für ihn normale petCO2- und paCO2-Werte bei normalem Atemminutenvolumen erreicht sind. Ein Hautemphysem im Bereich der Halseingeweide kann im Extremfall zur Atemwegsobstruktion führen und erfordert dann eine längere Nachbeatmung.
Die Resorption eines Hautemphysems erfolgt meist in 1–2 Tagen, kann aber auch bis zu einer Woche dauern (Tab.
3).
Pneumothorax
Bei Verwendung eines Gases zur Laparoskopie kann ein
Pneumothorax
jederzeit während der Operation auftreten, wird jedoch häufig erst am Ende der Operation bemerkt. Bei der Cholezystektomie ist der Pneumothorax häufiger rechtsseitig, bei Manipulation am oberen Magen und unteren Ösophagus ist er eher linksseitig lokalisiert. Häufig findet sich dann auch ein Hautemphysem.
Die führenden Zeichen sind: plötzlicher Anstieg des p
etCO
2, wenn CO
2 verwendet wurde, plötzlicher Anstieg des Atemwegdrucks, insbesondere des Plateaudrucks und eine Reduktion der pulmonalen
Compliance. Meist fällt die pulsoxymetrisch gemessene Sättigung ab. Klinisch findet sich ein aufgehobenes Atemgeräusch und ein hypersonorer Klopfschall auf der betroffenen Seite (Tab.
3; [
22]).
Differenzialdiagnostisch kommt eine einseitige endobronchiale Intubation in Betracht. Diese tritt allerdings eher zu Beginn einer laparoskopischen Operation auf, z. B. bei der Anlage des PP bzw. bei Änderungen der Lagerung.
Gas kann auf verschiedene Weise in den Thorax gelangen: angeborene Verbindungen von Pleura und Peritoneum, an den Durchtrittsöffnungen des Zwerchfells, entlang des Lig. falciforme und entlang der inguinalen Gefäße über das Retroperitoneum.
Im Falle eines hämodynamisch oder atemmechanisch wirksamen
Pneumothorax muss die CO
2-Insufflation sofort abgestellt und eine
Thoraxdrainage gelegt werden.
Pneumomediastinum/Pneumoperikard
Ein
Pneumomediastinum bzw. ein Pneumoperikard
tritt selten bei Eingriffen oder Manipulationen am Zwerchfell auf. Differenzialdiagnostisch kommt hier der
Pneumothorax und die Gasembolie in Frage. Sind diese ausgeschlossen, und ist der Patient trotz Beendigung des PP weiter hämodynamisch instabil, muss an diese seltene Komplikation gedacht werden [
22].
Ein Pneumoperikard oder
Pneumomediastinum können mit der
Echokardiographie am besten nachgewiesen werden. Therapeutisch muss beim Pneumoperikard eine Perikardiotomie durchgeführt werden, das Pneumomediastinum muss je nach Ausprägung ggf. drainiert werden.
Gasembolie
Eine gefürchtete Komplikation der Laparoskopie ist die Embolie mit dem Insufflationsgas.
Die zur hämodynamisch relevanten Embolie erforderliche Menge an Gas
ist bei CO2 5-mal höher als bei anderen Gasen, was für die Verwendung von CO2 spricht.
Wird das PP mit der Verres-Nadel angelegt, so ist besonders bei voroperierten Patienten mit Verwachsungen, aber auch bei Patienten ohne Voroperation die Gefahr der versehentlichen intravasalen Insufflation groß. Eine sicherere Alternative ist die offene Minilaparotomie mit Einführung des Insufflationstrokars unter Sicht. Wichtig ist die ausreichende Relaxation des Patienten in der Phase der Anlage des PP, um die Gefahr einer akzidentellen Perforation retroperitonealer Gefäße besonders bei schlanken Patienten zu vermeiden.
Auch während der Operation kann es schon ohne Verletzung eines Gefäßes zur raschen, peritonealen Aufnahme von CO2 kommen. Im TEE lassen sich während Pneumoperitoneum häufig Mikroembolien nachweisen, die meist mit einem Anstieg des petCO2 einhergehen.
Bei Verletzung venöser Gefäße kommt es ab einem IAP von 10 mmHg und mehr regelhaft zur vermehrten CO2-Resorption, während bei geringerem IAP Blut eher aus dem Gefäß austritt, und CO2 nicht aufgenommen wird.
Auch über verletzte Lebervenen kann CO2 aufgenommen werden. Mit steigendem IAP wird der portale Blutfluss behindert, es kommt zur portalvenösen Stase – je ausgeprägter die Stase ist, desto größer ist der Gefäßquerschnitt. Die aufgenommene Menge an CO2 steigt mit der Zunahme des Gefäßquerschnitts. Je langsamer das Blut in einem verletzten Gefäß fließt, desto mehr CO2 kann resorbiert werden. Somit steigt mit zunehmenden IAP bei laparoskopischen Eingriffen an der Leber die Gefahr einer CO2-Embolie. Eine kritische Grenze scheint ein IAP von 8 mmHg zu sein, unterhalb dessen die Emboliegefahr gering ist.
Bei Leberresektion sollte ein IAP von 8 mmHg möglichst nicht überschritten werden.
Die Evakuation der Luftblase kann über einen zentralen Katheter versucht werden. Als Ultima Ratio kommt der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine in Frage.
Einschwemmsyndrom
Ein dem Einschwemmsyndrom
bei transurethraler Prostataresektion
(TURP
) ähnlicher Verlauf kann auch bei laparoskopischen Operationen am Uterus auftreten. Muss bei der Operation intraabdominell viel Spüllösung angewendet werden, und wird diese nicht abgesaugt, so kann sie bei größeren Wundflächen resorbiert werden. Im Gegensatz zur TURP kommt bei der Laparoskopie in der Regel keine hypotone Lösung, sondern 0,9 %-NaCl-Lösung zur Anwendung. Dadurch muss eine massive
Hyponatriämie bei Einschwemmung der Spüllösung nicht befürchtet werden. Es kann allerdings zur akuten Volumenüberladung
kommen. Die Patienten werden meist durch Zeichen der
Herzinsuffizienz mit Lungenödem
auffällig.
Hypothermie
Unter Laparoskopie kommt es ebenso zur
Hypothermie
wie bei offenen Verfahren. Insbesondere Spülung mit ungewärmter Lösung spielt hier eine wichtige Rolle. Daher sollten
Spüllösungen angewärmt werden, v. a. wenn größere Mengen verwendet werden. Bei langen Eingriffen sind zusätzlich wärmeerhaltende Maßnahmen (konvektive Warmluftzufuhr) sinnvoll. Die Erwärmung des Insufflationsgases hat keinen wesentlichen, protektiven Effekt.
Intraabdominelle Rauchentwicklung
Bei der intraabdominellen Verwendung von Elektrokautern kann es zur Rauchentwicklung und bei Verwendung von (Carbon-)Lasern zusätzlich zur Produktion von Kohlenmonoxid kommen [
23]. Dies kann die Sicht des Operateurs deutlich verschlechtern und über eine peritoneale Resorption zu einem Anstieg des Carboxyhämoglobingehalts (COHb) des Blutes führen.
Bei Laseranwendung sollte der entstehende Rauch nach außen abgesaugt werden.
Tumormetastasen/Peritonitis
Experimentelle Studien zeigen einen möglichen Einfluss des PP auf die Aussaat von Metastasen in der Abdominalhöhle und an Trokareinstichstellen. CO2 soll das Wachstum von Metastasen mehr fördern als z. B. Helium, während die gaslose, laparoskopische Resektion zwar bezüglich der Tumoraussaat Vorteile bieten soll, aber die Sicht auf das Operationsfeld einschränkt.
Auch bei der Entwicklung einer postoperativen
Peritonitis kann ein laparoskopisches Vorgehen möglicherweise problematisch sein. Nach laparoskopischer Versorgung von Magenperforationen scheint die Sepsisrate höher zu sein als nach konventioneller Operation.
Die Datenlage ist in diesen beiden Bereichen noch sehr widersprüchlich. Dennoch können sich die Indikationen für einen laparoskopischen Eingriff in der Zukunft noch verändern.