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Pädiatrie
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Publiziert am: 10.04.2019

Stoffwechselbedingte Myopathien bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Barbara Plecko
Metabolische Myopathien werden durch angeborene Gendefekte in der Bereitstellung oder Verstoffwechselung energieliefernder Substrate verursacht. Zur Erzeugung von Muskelkraft benötigt der menschliche Skelettmuskel die 2 Substrate Glukose und Fett. Hierfür müssen Glukose über den Pyruvatstoffwechsel sowie Fettsäuren über Carnitinzyklus und β-Oxidation zu Acetyl-CoA verstoffwechselt werden. Acetyl-CoA wird über den Zitratzyklus als NADH und FADH2 der mitochondrialen ATP-Produktion zugeführt. ATP kann im Muskel in Form von Kreatinphosphat gespeichert und über Vermittlung der Kreatinkinase (CK) für den Phosphatshuttle genutzt werden. In Abhängigkeit von Belastungsdauer und Belastungsintensität kann der Muskel die unterschiedlichen Substrate konsekutiv nutzen. In den ersten Minuten der Muskelarbeit wird vorhandenes ATP sowie Kreatinphosphat genutzt und später durch Aktivierung der anaeroben und nachfolgend aeroben Glykolyse abgelöst. Erst bei einer Muskelarbeit über 10–15 min kommt es zu einer Aktivierung der Lipolyse sowie der β-Oxidation.

Grundlagen

Physiologie
Metabolische Myopathien werden durch angeborene Gendefekte in der Bereitstellung oder Verstoffwechselung energieliefernder Substrate verursacht (Kap. „Genetische Defekte der Fettsäurenoxidation und des Ketonstoffwechsels“ und Kap. „Glykogenspeicherkrankheiten“).
Zur Erzeugung von Muskelkraft benötigt der menschliche Skelettmuskel die 2 Substrate Glukose und Fett. Hierfür müssen Glukose über den Pyruvatstoffwechsel sowie Fettsäuren über Carnitinzyklus und β-Oxidation zu Acetyl-CoA verstoffwechselt werden. Acetyl-CoA wird über den Zitratzyklus als NADH und FADH2 der mitochondrialen ATP-Produktion zugeführt (Abb. 1). ATP kann im Muskel in Form von Kreatinphosphat gespeichert und über Vermittlung der Kreatinkinase (CK) für den Phosphatshuttle genutzt werden. In Abhängigkeit von Belastungsdauer und Belastungsintensität kann der Muskel die unterschiedlichen Substrate konsekutiv nutzen. In den ersten Minuten der Muskelarbeit wird vorhandenes ATP sowie Kreatinphosphat genutzt und später durch Aktivierung der anaeroben und nachfolgend aeroben Glykolyse abgelöst. Erst bei einer Muskelarbeit über 10–15 min kommt es zu einer Aktivierung der Lipolyse sowie der β-Oxidation.
Klinisches Bild
Metabolische Myopathien können zu statischen oder belastungsinduziert episodischen Beschwerden führen. Im Säuglingsalter dominiert eine chronische Muskelschwäche unter dem Bild eines Floppy infant (z. B. Morbus Pompe, mitochondriale Depletionssyndrome, Carnitintranslokasemangel) oder als Multisystemerkrankung mit z. B. Hepatopathie, Kardiomyopathie und Muskelschwäche (Glykogenosen, Fettsäureoxidationsdefekte, Mitochondriopathien). Später stehen Belastungsintoleranz sowie belastungsinduzierte Muskelschmerzen und -krämpfe im Vordergrund, woraus sekundär eine chronische Muskelschwäche hervorgehen kann. Die Anamnese liefert bei metabolischen Myopathien wesentliche Hinweise. Muskelkrämpfe nach kurzer Belastung mit hoher Intensität sind verdächtig auf Glykogenosen und mitochondriale Myopathien, Schmerzen nach prolongierter Anstrengung typisch für Fettsäureoxidationsdefekte. Bei Mitochondriopathien oder Fettsäureoxidationsdefekten können auch Kälte, Infekte oder Stress zu ähnlichen „Muskelkrisen“ führen. Nicht selten gehen die Muskelschmerzen mit massiven Rhabdomyolysen und Myoglobinurie einher. In der Anamnese soll daher gezielt nach Triggern, Dauer der körperlichen Tätigkeit und Ausscheidung von bierbraunem Urin gefragt werden.
Diagnose
Als Basisdiagnostik erfolgt die Analyse der CK und des Acylcarnitinprofils im Serum sowie des Plasmalaktats. Ein modifizierter, nichtischämischer Vorderarm-Exercise-Test kann durch den fehlenden Laktatanstieg den Verdacht auf eine Glykogenose erhärten. Eine Muskelsonografie ist zumeist nicht hilfreich. Nach einer evtl. begleitenden Kardiomyopathie muss in jedem Fall gezielt mittels Herzultraschall gesucht werden. Eine Muskelbiopsie kann durch Nachweis von gespeichertem Substrat (Glykogen oder Fett) sowie ragged red fibers oder parakristallinen Einschlusskörperchen bei Mitochondriopathien wichtige Hinweise liefern, ist jedoch nicht immer informativ. Die Enzymhistochemie im Muskelgewebe ist für einzelne Glykogenosen sowie den Zytochrom-C-Oxidase-Mangel wegweisend. Entitäten wie der Carnitinpalmitoyltransferasemangel Typ 2 (CPT2-Mangel) und Morbus Pompe können primär enzymatisch, weitere Glykogenosen enzymatisch (durch Muskel- oder Leberbiopsie) oder primär molekulargenetisch bestätigt werden. Die Befundkonstellation verschiedener metabolischer Myopathien ist in Tab. 1 dargestellt.
Tab. 1
Befundkonstellation und molekulare Ursachen metabolischer Myopathien
Erkrankung/Enzymdefekt
Muskelschwäche
Serum-CK
Plasmalaktat
Acylcarnitin-Profil/OS
Zusatzbefunde
Enzymdefekt
Genetik
GSD II
(Pompe)
Chronisch
n
n
CMP (inf.)
Αlpha-Glukosidasea
GAA-Gen
GSD IIIa, c, d
(Cori-Forbes)
Chronisch
 
n
n
Hepatomegalie
(1.–2. Dekade)
Amylo-1-6-Glukosidaseb,c
(Debranching-Enzym)
AGL-Gen
GSD V
(McArdle)
BI++
↑–↑↑↑
n
n
Pathologischer Vorderarm-Ischämietest
Muskelphosphorylaseb
PYGM-Gen
GSD VII
(Tarui)
BI+++
↑–↑↑↑
n
n
Hämolytische Anämie
Phosphofruktokinaseb
PFKM-Gen
Pathologischer Vorderarm-Ischämietest
GSD IXb, d
BI
n
n
Hämolytische Anämie
Phosphorylase-Kinaseb
Typ b: β-Untereinheit der Phosphorylase-Kinase, PHKB-Gen
MR
Typ d: PHKA1-Gen
GSD X
BI
n
n
Pathologischer Vorderarm-Ischämietest
Phosphoglyceratmutase b (uneinheitliche Bezeichnung)
PGAM2-Gen
GSD XI
BI
 
n
n
 
Muskuläre Laktatdehydrogenase Ab
LDHA-Gen
GSD XII
Chronisch
 
n
n
Hämolytische Anämie
ALDOA-Gen
MR
CT
Chronisch
n-↑
n
↓↓ freies Carnitin
CMP (inf.), Reye-like-Syndrom möglich
Carnitintranslokasec
SLC25A20-Gen
CPT2
BI
n–↑↑↑
n
 
CMP (inf.)
Carnitinpalmitoyltransferase 2d
CPT2-Gen
MTP
Chronisch
n–↑↑↑
n–↑
↑ FFS
CMP, Neuropathie möglich
Mitochondriales Trifunktionales Protein (MTP)d
MTP-Gen
BI
↑ Dicarbonsäure
VLCAD
BI
n–↑↑↑
n–↑
 
CMP (inf.), Leberversagen (inf.)
Very-long-chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangeld
VLCAD-Gen
MAD
Chronisch
n–↑↑↑
n–↑
Multiorganbeteiligung möglich
Multipler Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangeld
Elektronentransfer-Flavoprotein (ETFDH oder ETFQO)
Chronisch oder BI
(n)–↑
(n)–↑↑
n
Multiorganbeteiligung möglich
OXPHOS-Defekteb d
mtDNA oder nukleäre DNA
aLeukozyten; b Muskel; c Leber; d Fibroblasten
BI Belastungsintoleranz, CK Kreatinkinase, CMP Kardiomyopathie, CPT2 Carnitinpalmitoyltransferase 2, CT Carnitintranslokase, FFS freie Fettsäuren, GSD Glykogenspeicherkrankheit, inf. infantil, MAD multiple Acyl-CoA-Dehydrogenase, MR mentale Retardierung, MTP mitochondriales trifunktionales Protein, n normal, OS organische Säuren, VLCAD Very-long-chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase
Therapie
Rhabdomyolysen mit CK-Werten über 10.000 U/l erfordern eine rigorose Flüssigkeitszufuhr zur Vermeidung oder Behandlung des Nierenversagens, evtl. kombiniert mit einer Alkalisierung des Urins. Für zahlreiche metabolische Myopathien steht eine kausale Therapie mittels Diätbehandlung sowie für den Morbus Pompe eine Enzymersatztherapie zur Verfügung. Aufgrund des erhöhten Risikos einer malignen Hyperthermie soll bei Notwendigkeit einer Narkose auf depolarisierende Muskelrelaxanzien sowie Inhalationsnarkotika verzichtet werden.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch müssen bei akuter Rhabdomyolyse körperliche Überanstrengung, Intoxikationen, infektiöse und autoimmunologische Entzündungen sowie endokrine Störungen (Hypo- und Hyperthyreose) berücksichtigt werden. Bei neu aufgetretener, schmerzhafter Muskelschwäche sollte an einen Vitamin-D-Mangel gedacht werden.

Glykogenosen mit muskulärer Symptomatik

Der Begriff der Glykogenosen umfasst Störungen der Glykogensynthese, Glykogenolyse sowie der Glykolyse (Kap. „Glykogenspeicherkrankheiten“). In Abhängigkeit von der Organspezifität des jeweiligen Enzymdefekts besteht eine isolierte Myopathie oder Kombination mit Kardiomyopathie und Hepatomegalie. Die Glykogenosen Typ II, III, und XII zeigen eine chronische Muskelschwäche, die Glykogenosen Typ V (McArdle), VII (Tarui), IX, X und XI manifestieren sich meist ab dem Jugendalter durch Belastungsintoleranz und Muskelkrämpfe. Es muss angemerkt werden, dass die Bezeichnung für Leberglykogenosen und Muskelglykogenosen bislang keiner einheitlichen Nomenklatur folgen.

Morbus Pompe

Die frühinfantile Form der Glykogenose Typ II , Morbus Pompe (Kap. „Glykogenspeicherkrankheiten“) manifestiert sich in den ersten Säuglingsmonaten mit generalisierter Muskelschwäche, Trinkschwäche und Makroglossie. Häufig führen ein Systolikum im Rahmen der hypertrophen Kardiomyopathie und der typische, schlanke, hohe QRS-Komplex im EKG zur Verdachtsdiagnose. Unbehandelt führt die Kardiomyopathie oder Ateminsuffizienz zum Tod im 1. Lebensjahr. Jenseits des Säuglingsalters manifestieren sich attenuierte Formen des Morbus Pompe mit isolierter, proximal betonter Muskelschwäche ähnlich dem Bild einer Gliedergürteldystrophie. Typischerweise ist die Vitalkapazität im Liegen deutlich schlechter als im Sitzen. Der Verlauf ist langsam progredient, wobei Gehunfähigkeit und Ateminsuffizienz unabhängig voneinander auftreten. Die Serum-CK ist zumeist leicht erhöht, eine Muskelbiopsie zeigt in 3/4 der Fälle intralysosomal gespeichertes Glykogen. Die Aktivität der α-Glukosidase in Leukozyten oder Trockenblut ist erniedrigt, bei Spätformen besteht meist eine messbare Restaktivität.
Für die Behandlung des Morbus Pompe steht eine rekombinante Enzymersatztherapie zur Verfügung. Das Ansprechen ist individuell unterschiedlich und mit dem Alter bei Therapiebeginn, dem Genotyp sowie der Ausbildung neutralisierender Antikörper korreliert.

Morbus McArdle

Die Glykogenose Typ V (Kap. „Glykogenspeicherkrankheiten“) ist eine der häufigsten metabolischen Myopathien mit Muskelkrämpfen und Myoglobinurie nach kurzer, intensiver Belastung. Pathognomonisch zeigt sich nach 7- bis 10-minütiger aerober Belastung eine deutliche Verbesserung der Muskelleistung (Second-wind-Phänomen). Bei den Glykogenosen Typ VII und XII kann durch Expression des Enzymdefekts in Erythrozyten eine hämolytische Anämie, bei Typ IX und XII zusätzlich eine mentale Retardierung vorliegen. Glukoseaufnahme vor Belastung führt bei Typ V meist zu einer Besserung, bei Typ VII jedoch stets zu einer Aggravierung der Symptome. Neben der Vermeidung exzessiver Belastung kann, je nach Enzymdefekt und individuellem Effekt, eine Glukoseaufnahme vor Belastung sowie ein Therapieversuch mit niedrig dosiertem Kreatinmonohydrat (50–60 mg/kg KG/Tag) erfolgen.

Defekte in Carnitinzyklus und Fettsäureoxidation

Bei körperlicher Anstrengung über 10–15 min erfolgt die muskuläre Energiegewinnung aus der Oxidation von Fettsäuren (Kap. „Genetische Defekte der Fettsäurenoxidation und des Ketonstoffwechsels“). Hierfür müssen langkettig aktivierte Fettsäuren über den Carnitinzyklus der Carnitinpalmitoyltransferase (CPT) 1 und 2 in das Mitochondrium importiert werden, während mittel-und kurzkettige Fettsäuren frei in das Mitochondrium übertreten. Im Mitochondrium erfolgt die β-Oxidation der Fettsäuren in einer Kreisreaktion durch kettenlängenspezifische Enzyme unter Bildung von Acetyl-CoA und Ketonkörpern (Abb. 1).
Defekte im Carnitinshuttle sowie der mitochondrialen β-Oxidation (Kap. „Genetische Defekte der Fettsäurenoxidation und des Ketonstoffwechsels“) sind autosomal-rezessiv vererbt und können sich als schwerste Multisystemerkrankung mit Hepatopathie, Hypoglykämie, Kardiomyopathie und generalisierter Muskelschwäche manifestieren. In zahlreichen europäischen Ländern werden einzelne Defekte der β-Oxidation im Neugeborenenscreening identifiziert. Jenseits der potenziell lebensbedrohlichen Defekte existieren jedoch leichtere Defekte im Carnitinzyklus sowie der mitochondrialen β-Oxidation. Typisch ist das Auftreten von Symptomen nach protrahierter Anstrengung über 10–15 min Dauer mit Muskelschmerzen (jedoch nur selten Muskelkrämpfen) bis zur Gehunfähigkeit und Rhabdomyolysen mit bierbraunem Urin.

Carnitintranslokasemangel

Der primäre Carnitinmangel (Carnitintranslokasemangel, Kap. „Genetische Defekte der Fettsäurenoxidation und des Ketonstoffwechsels“, Abschn. „Störungen des Carnitintransportsystems“) beruht auf einem Transporterdefekt des endogen synthetisierten oder mit der Nahrung aufgenommenen Carnitins. Neben einer Kardiomyopathie mit akuten Rhythmusstörungen und Hepatopathie kann eine isolierte chronische Muskelschwäche vorkommen. Die Plasmawerte des Gesamtcarnitins sind dabei auf 5–10 % der Norm erniedrigt, die renale Ausscheidung von Carnitin (üblicherweise werden 98 % rückresorbiert) massiv erhöht. Die Muskelbiopsie kann Fetteinlagerungen zeigen, ist jedoch für die Diagnosestellung nicht erforderlich. Die Therapie besteht in einer lebenslangen Substitution von L-Carnitin, 50–100 mg/kg KG/Tag p.o.

CPT2-Mangel

Der Carnitin-Palmitoyl-CoA-Transferase-2-Mangel (CPT2-Mangel, Kap. „Genetische Defekte der Fettsäurenoxidation und des Ketonstoffwechsels“, Abschn. „Störungen des Carnitintransportsystems“) kann sich als frühe Multisystemerkrankung mit Reye-artigen Krisen oder jenseits des Kleinkindalters als die häufigste metabolische Myopathie mit typischer Belastungsintoleranz manifestieren. Die körperliche Untersuchung inklusive Kraftmessung im Intervall ist unauffällig. Das Acylcarnitinprofil im Plasma oder Trockenblut zeigt erhöhte Werte für langkettige, nicht hydroxylierte Acylcarnitine (C16 und C18), in symptomatischen Episoden ausgeprägter als im Intervall. Das Gesamtcarnitin kann sekundär erniedrigt sein. Eine Carnitinsubstitution ist jedoch aufgrund der vermehrten Bildung potenziell toxischer, langkettiger Acylcarnitine kontraindiziert. Kohlenhydratreiche, langsam resorbierbare Vollkorn-Snacks, modifizierte Maisstärke oder die Einnahme von MCT-Ölen (medium-chain triglycerides, mittelkettige Triglyzeride) vor körperlicher Anstrengung können die Belastbarkeit im Einzelfall verbessern. Rhabdomyolysen sollen wegen der Gefahr einer chronischen Nierenschädigung jedenfalls vermieden werden.

Defekte der mitochondrialen β-Oxidation

Leichtere Ausprägungen betreffen den Very-long-chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel (VLCAD-Mangel), den Mangel an mitochondrialem trifunktionalem Protein (MTP-Mangel) sowie den multiplen Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel (MAD-Mangel, vormals Glutarazidurie Typ II), Kap. „Genetische Defekte der Fettsäurenoxidation und des Ketonstoffwechsels“, Abschn. „Störungen der mitochondrialen β-Oxidation“. Die Symptomatik des VLCAD-Mangels ähnelt dem CPT2-Mangel. Das Acylcarnitinprofil erlaubt zumeist eine klare Differenzierung.
Attenuierte Formen des MAD-Mangels zeigen sich als chronisch progrediente, proximal und axial betonte Muskelschwäche des Jugendlichen oder jungen Erwachsenen. Neben einer Lipidspeicherung kann ein sekundärer, muskulärer Koenzym-Q10-Mangel bestehen. Häufig besteht ein sehr gutes Ansprechen auf Riboflavin (Vitamin B2) und/oder orale Substitution von Koenzym Q10.
Der MAD-Mangel in seiner rein myopathischen Form ist dem muskulären Riboflavin-responsiven Koenzym-Q10-Mangel allelisch (identisch) und wird durch Mutationen im Elektronentransfer-Flavoprotein-Dehydrogenase-Gen (ETFDH) verursacht.

Mitochondriale Myopathien

Mitochondrien sind die wichtigsten Zellorganellen in der aeroben Energieproduktion (Kap. „Mitochondriopathien“). Über 1000 nukleäre Gene und 13 Gene der mitochondrialen mtDNA kodieren die Enzyme der 5 Atmungskettenkomplexe, welche in der oxidativen Phosphorylierung über einen Protonengradienten die ATP-Synthese im Komplex V steuern. Zusätzlich ermöglichen Koenzym Q10 und Zytochrom C einen raschen Elektronentransfer zwischen den Enzymkomplexen II, III und IV.
Mitochondriopathien zeigen sich zumeist als Multisystemerkrankung, wobei Manifestationen in Organen mit hohem Energieumsatz dominieren (Skelettmuskel, Herzmuskel, Hirn, Retina, Leber, endokrines System, Niere). Zusätzlich bestimmt bei Defekten der mtDNA der Anteil pathologisch veränderter Mitochondrien (Heteroplasmiegrad) Schweregrad und Verlauf der Erkrankung. Durch die Kodierung der Atmungskettenkomplexe im nukleären sowie mitochondrialen Genom kann ein Mendel‘scher oder maternaler Erbgang zugrunde liegen.
Bei erkennbaren Syndromen aufgrund von Mutationen der mtDNA (z. B. mitochondrial encephalomyopathy with stroke-like episodes/MELAS-Syndrom oder myoclonus epilepsy with ragged red fibers/MERRF-Syndrom, Kearns-Sayre-Syndrom) kann eine gezielte Sequenzierung der mtDNA aus Blut oder Harnepithelzellen erfolgen. Bei isolierten Myopathien oder unklaren Multisystemerkrankungen war hingegen eine Muskelbiopsie zur Durchführung einer Respirografie sowie Aktivitätsmessung der einzelnen Atmungskettenkomplexe im frischen Muskelgewebe üblich. Dieses invasive Vorgehen wird nun zunehmend durch die primär genetische Diagnostik in sogenannten Paneluntersuchungen oder anhand des next generation whole exome sequencing ersetzt. Hier ist auf eine gute Abdeckung der mtDNA zu achten.
Isolierte Myopathien können in jedem Lebensalter auftreten und zeigen sich typischerweise durch eine Belastungsintoleranz, welche die variabel ausgeprägte, chronische Muskelschwäche übertrifft. Im Gegensatz zur GSD V und zum CPT2-Mangel bestehen keine Krämpfe oder Schmerzen. Rhabdomyolysen sind selten. Im Sinne eines Rückstaus von Substraten sind das Ruhelaktat, die Laktat/Pyruvat-Ratio sowie das Plasma-Alanin erhöht. Im standardisierten Belastungstest zeigt sich ein pathologischer Laktatanstieg. Bei sekundärem Koenzym-Q10-Mangel kann die orale Substitution von hoch dosiertem Koenzym Q10 zu einer Besserung der Symptomatik führen. Bei Komplex-I-Defekten sollte ein Therapieversuch mit Riboflavin, 20 mg/kg/Tag (bis maximal 200 mg/Tag) erfolgen. Ebenso kann der Einsatz einer Atkins-Diät oder ketogenen Diät erwogen werden.

Lipindefizienz

Lipin 1, 2 und 3 sind Proteine in der Synthese von Glyzerolipiden und Steuerung der Genexpression des Lipidstoffwechsels. Patienten mit Lipin-1-Defizienz sind im Intervall gesund und zeigen eine unauffällige Muskelkraft. Bei Infekten oder auch spontan kann es jedoch ab dem Kleinkindalter zu massivsten Rhabdomyolysen mit heftigen Muskelschmerzen, akutem Nierenversagen und letalem Ausgang kommen. Eine kausale Therapie ist derzeit nicht verfügbar.
Weiterführende Literatur
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Tarnopolsky MA (2016) Metabolic myopathies. Muscle and Neuromuscular Junction Disorders 22(6):1829–1851. ReviewPubMed