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2017 | Buch

Altersdepression

Ein interdisziplinäres Handbuch

herausgegeben von: Andreas Fellgiebel, Martin Hautzinger

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

In diesem sehr praxisnahen Handbuch zur Altersdepression werden sämtliche allgemeinen wie auch sehr spezielle Therapieoptionen übersichtlich und präzise dargestellt. Es wurde höchster Wert auf die Alltagstauglichkeit der Inhalte gelegt, damit Arzt und / oder Therapeut die hier beschriebenen Therapieverfahren schnell anwenden kann.
Im ersten Teil des Buchs werden die für das Verständnis der Altersdepression wichtigen Besonderheiten abgehandelt, der zweite Teil umfasst die Therapiemöglichkeiten unter Berücksichtigung der biologischen und psychologischen Bedingungen des Alters, der dritte Teil stellt etablierte und neue Behandlungsrahmen sowie innovative Therapiekonzepte vor.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Epidemiologie, Diagnostik und Ätiologie

Frontmatter
1. Epidemiologie Epidemiologie der Altersdepression Altersdepression Epidemiologie
Zusammenfassung
Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im höheren Lebensalter. Im Vergleich zu älteren Menschen, die in Privathaushalten leben, ist die Prävalenz von Depressionen bei Heimbewohnern überdurchschnittlich hoch. Wichtige Risikofaktoren für die Entwicklung von Depressionen im höheren Alter sind weibliches Geschlecht, funktionelle Einschränkungen aufgrund verschiedener somatischer Erkrankungen und ein eingeschränktes soziales Netzwerk. Ältere depressive Menschen nehmen das Gesundheitssystem besonders häufig in Anspruch, wobei allerdings eine depressionsspezifische Behandlung nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Im Zuge des demografischen Wandels und des kontinuierlichen Anstiegs der Lebenserwartung wird sich die Anzahl älterer Menschen stark erhöhen. Das bedeutet, dass die Herausforderungen für eine sachgerechte Versorgung von Altersdepressionen zunehmen werden.
Siegfried Weyerer
2. Somatische Kofaktoren somatischer Kofaktor Kofaktor, somatischer
Zusammenfassung
Zwischen körperlichen Erkrankungen und Depressionen können zahlreiche Wechselwirkungen bestehen. So können depressive Symptome von einer somatischen Grundkrankheit verursacht werden. Andererseits zeigen viele depressive Patienten ein Krankheitsverhalten, das die körperliche Gesundheit schädigen kann. Verminderter Antrieb und körperliche Inaktivität können die Entwicklung von somatischen Erkrankungen und funktionellen Einschränkungen begünstigen. Das gleichzeitige Auftreten verschiedener Erkrankungen bei einer Person ist in Forschung und Klinik ein Thema von wachsender Bedeutung. Die Komorbidität von Depressionen und somatischen Erkrankungen kann die Diagnose und Therapie – z. B. wegen möglicher Medikamenteninteraktionen – erschweren. Außerdem kann sich die Behandlungsdauer erhöhen.
Siegfried Weyerer
3. Diagnostik der Altersdepression
Zusammenfassung
Die Diagnostik der Altersdepression ist ein anspruchsvolles Thema, das deutlich über das Abarbeiten diagnostischer Algorithmen, wie sie z. B. in der ICD-10 oder dem DSM-V ausgeführt sind, hinausgeht. Das klinische Bild der Patienten wird durch zahlreiche Faktoren gefärbt und kontrastiert: durch die Symptome der häufig gleichzeitig vorhandenen körperlichen Erkrankungen, durch mehr oder weniger ausgeprägte altersgemäße oder das Altersgemäße überschreitende kognitive Veränderungen, durch über die Jahrzehnte stattgehabte Reifungsprozesse, Persönlichkeitsentwicklungen und Traumatisierungen sowie durch Kohorteneffekte in Folge von Sozialisierungsprozessen unter historischen sozialen, kulturellen und politischen Rahmenbedingungen. All diesen Aspekten soll die Diagnostik depressiver Störungen im Alter Rechnung tragen und darüber hinaus auch eine Einschätzung der Prognose erlauben sowie die Auswahl angemessener Behandlungs- und Versorgungsnotwendigkeiten leiten.
Georg Adler
4. Strukturierte Fragebögen
Zusammenfassung
Die Diagnose einer Altersdepression zu stellen und deren Verlauf zu beobachten, kann aufgrund des heterogenen Krankheitsbildes eine Herausforderung darstellen. Kurze strukturierte Fragebögen können hierbei im klinischen Alltag wertvolle Unterstützung bei zahlreichen Fragestellungen bieten. Dies beginnt bereits beim Einsatz als Screeningverfahren. Bei der Verwendung ist allerdings zu beachten, dass nicht alle depressionsspezifischen Fragebögen für alle Fragestellungen gleich gut geeignet sind. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die meisten in der Praxis eingesetzten Fragebögen nicht speziell für die Altersdepression entwickelt wurden. Um dem klinischen Praktiker eine gute Grundlage zu bieten, auf der er sich für ein strukturiertes Fragebogenverfahren entscheiden kann, sollen in diesem Kapitel die gebräuchlichsten Verfahren zur Erfassung depressiver Symptome, insbesondere hinsichtlich der Anwendung bei Altersdepressionen, einander gegenübergestellt werden.
Irma Borovac
5. Kognitive Störungen
Zusammenfassung
Patienten mit Altersdepression leiden häufig unter kognitiven Defiziten, die auch in Remission bei etwa der Hälfte der Patienten weiter bestehen bleiben. Die Defizite bewirken in der Regel ein schlechteres Therapieansprechen und einen schlechteren Verlauf. Sie können ein Risiko für die Entwicklung oder ein Prodrom einer neurodegenerativen Erkrankung bedeuten. Der Schwerpunkt der Defizite betrifft die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit und die Exekutivfunktionen. Im Vordergrund der Intervention bei Altersdepression muss die leitliniengerechte Behandlung der affektiven Symptomatik stehen. Eine fachgerechte neuropsychologische Untersuchung kann depressiv bedingte Defizite von gutartigem Altersabbau unterscheiden und die Abgrenzung zu demenziellen Entwicklungen unterstützen. Kognitives Training ist zu empfehlen, da es sowohl die depressiv bedingten Defizite bessert, protektiv gegenüber neurodegenerativen Erkrankungen wirkt und vorteilhaft auf den Verlauf einer beginnenden neurodegenerativen Erkrankung wirkt.
Armin Scheurich
6. Hirnstrukturelle und funktionelle Bildgebung
Zusammenfassung
Im Rahmen der Altersdepression diente die strukturelle und funktionelle Bildgebung bisher primär der Erforschung der neurobiologischen Korrelate der Erkrankung und lieferte wichtige Erkenntnisse zum besseren Verständnis der zugrundeliegenden pathophysiologischen Mechanismen. Neuere Studien verdeutlichen darüber hinaus einen potenziellen Nutzen zur Prädiktion des Erfolgs einer Pharmako- und Psychotherapie und damit zur Auswahl der passenden therapeutischen Intervention. In der klinischen Praxis findet die Bildgebung im Rahmen der Differenzial- und Ausschlussdiagnostik neurodegenerativer und anderer hirnpathologischer Erkrankungen sowie im Rahmen der Sicherheitsdiagnostik für den Einsatz nichtpharmakologischer somatischer Interventionen Anwendung. Das vorliegende Kapitel stellt den Stand der klinischen Grundlagenforschung der strukturellen und funktionellen Bildgebung bei Altersdepression dar. Darüber hinaus wird der aktuelle Nutzen der Bildgebung in der klinischen Praxis bei Altersdespression beschrieben.
Dominik Wolf
7. „Pseudodemenz Pseudodemenz, depressive “: Abgrenzung Altersdepression – Demenz
Zusammenfassung
Eine beginnende demenzielle Entwicklung ist eine häufige Differenzialdiagnose der Altersdepression. Denn Patienten mit Altersdepression klagen nicht selten primär über Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, wohingegen Kernsymptome der Depression oft nicht im Vordergrund stehen. Auf der anderen Seite können Apathie oder „sozialer Rückzug“, frühe klinische Demenzsymptome, wie eine depressionstypische Motivationsschwäche aussehen. Das Kapitel gibt praktische Hinweise, wie bei dem gleichzeitigen Auftreten typischer depressiver und kognitiver Symptome klinisch am besten zwischen affektiver Genese, d. h. die kognitiven Defizite sind funktionell durch die Depression bedingt, und neurodegenerativer Genese unterschieden werden kann – und wo dieser dichotome Erklärungsansatz von Demenz und Pseudodemenz an seine Grenzen stößt.
Andreas Fellgiebel
8. Suizidalität im Alter
Zusammenfassung
Die Themen Suizidalität und die suizidale Gefährdung bestimmter Risikogruppen unserer Gesellschaft, z. B. von psychisch kranken Menschen, von älteren und alten Menschen, von Menschen in existenziell bedrohlichen Krisen, werden erst in den letzten Jahrzehnten vermehrt zur Kenntnis genommen. Suizidprävention im Alter steht sehr schnell im ethischen Spannungsfeld zwischen Anspruch auf Hilfe, wo es um Unterstützung bei Erkrankung und psychosozialer Situation geht, und ärztlicher Fürsorgepflicht. Anderseits findet man sich rasch in einer „Grauzone von stillschweigender Toleranz“ angesichts der sog. demografischen Überalterung der Gesellschaft mit ihren realen und auch vermeintlichen Folgeproblemen für den Einzelnen und die Solidargemeinschaft sowie angesichts der Rationalisierungs- und Rationierungsdebatte im Gesundheitswesen, bei der alte Menschen unter Kosten-Nutzen-Kautelen den Kürzeren ziehen könnten (Erlemeier 2001).
Manfred Wolfersdorf, Michael Schüler, Christian Mauerer

Behandlungsmöglichkeiten und spezifische Therapien

Frontmatter
9. Klinisches Management
Zusammenfassung
Klinisches Management bedeutet im medizinischen Fachjargon eine strukturierte, sowohl individualisierte als auch leitliniengerechte medizinische Versorgung. „Manager“ ist in diesem Fall der behandelnde Facharzt. Seine Tätigkeit umfasst eine Vielzahl von Bestandteilen aus psychiatrischer Diagnostik, Klärung psychosozialer Kontextfaktoren und somatischer Komorbidität, Berücksichtigung von Patientenpräferenzen und Arbeit an der Therapieadhärenz sowie schließlich strukturell-organisatorische Maßnahmen. In klinischen Studien zur Wirksamkeit von Medikamenten oder spezifischen psychotherapeutischen Verfahren wird das klinische Management verstanden als die Summe der nichtspezifischen therapeutischen Faktoren, gegen die u. a. eine spezifische Therapie getestet wird. Es konnte sowohl für die Psychotherapie als auch für die medikamentöse antidepressive Therapie gezeigt werden, dass das klinische Management, das neben der Gabe eines Antidepressivums oder der Anwendung eines psychotherapeutischen Manuals durchgeführt wurde, selbst eine hohe Effektivität besitzt.
Hans Gutzmann, Anne Berghöfer
10. Psychotherapie
Zusammenfassung
Psychotherapie ist die Behandlung von (psychischen, somatischen) Krankheiten auf der Basis der Einwirkung mit überwiegend psychologischen Mitteln. Wissenschaftlich begründete Psychotherapie erfordert einen geplanten und kontrollierten Behandlungsprozess, der über lehrbare Techniken beschrieben werden kann, auf Theorien normalen und pathologischen Verhaltens gründet, auf eine positive Beeinflussung von Störungs- und Leidenszuständen in Richtung auf ein nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel ausgerichtet ist und auf empirisch begründete Evidenzen für die Wirksamkeit der eingesetzten psychologischen Interventionen verweisen kann. Neben verfahrensspezifischen Wirkfaktoren tragen insbesondere bei depressiven Störungen in erheblichem Ausmaß unspezifische bzw. psychotherapeutische Verfahren verbindende Faktoren („common factors“, „allgemeine Wirkfaktoren“) zum Therapieerfolg bei. Typische Elemente erfolgreicher Psychotherapie sind: Psychoedukation, Information. Problem- und Zielanalyse, Verhaltensaktivierung, Gedankenkontrolle, Techniken zur Reduktion negativer Gedanken, soziale Kompetenz im Alltag, Lebensrückblick, neue Kontakte und Beziehungen gestalten, Krisen- und Notfallplan.
Martin Hautzinger
11. Medikamentöse Therapie
Zusammenfassung
Vor einer Pharmakotherapie bedarf es möglichst zusammen mit Angehörigen einer Psychoedukation, d. h. Aufklärung über die Krankheit, die Behandlungsmöglichkeiten, die Wirklatenz der antidepressiven Wirkung, mögliche Nebenwirkungen. Dies ist Basis für die Therapieadhärenz angesichts hoher Noncompliance-Raten. Bei Verordnung und Auswahl sind je nach Substanz altersbedingte pharmakokinetische und pharmakodynamische Veränderungen (erforderliche Dosisanpassungen, Beachtung erhöhter Nebenwirkungsempfindlichkeit) zu beachten. Die antidepressive Pharmakotherapie sollte nach evidenzbasierten Kriterien mit einer niedrigen Anfangsdosis erfolgen („Start low, go slow“), dennoch ist auf eine ausreichend hohe Dosierung zu achten (TDM-Kontrolle). Zu den Substanzen 1. Wahl zählen Sertralin, Escitalopram und bei schweren Fällen Venlafaxin. Trizyklische Antidepressiva sollten auf Grund des Nebenwirkungsprofils nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen. Angesichts häufiger Multimorbiditätist auf eine Limitierung der Polypharmazie zu achten, die Behandlung erfordert Kontrolluntersuchungen und eine gute Kooperation und Abstimmung insbesondere mit den hausärztlichen Kollegen.
Gerd Laux
12. Pharmakotherapie bei Alterspatienten
Zusammenfassung
Aufgrund pharmakokinetischer und pharmakodynamischer Veränderungen finden sich bei alten Patienten eine veränderte Wirksamkeit und Verträglichkeit von Arzneimitteln im Vergleich zu Jüngeren. Altersbedingt sind u. a. die Absorption im Magen-Darm-Trakt, die Verteilung im Körper und die Metabolisierung in der Leber verändert, allerdings nicht bei jedem Alterspatienten in gleicher Weise. Dies führt zu hoher pharmakologischer Variabilität. Zur Risikominimierung der Pharmakotherapie sollten inadäquate Medikamente wegen Verträglichkeitsproblemen, Polypharmazie wegen möglicher unerwünschter Arzneimittelwechselwirkungen, gleichzeitig aber auch eine medikamentöse Unterversorgung vermieden werden. Es sollte während der medikamentösen Behandlung ein enges Monitoring bzgl. Wirksamkeit und Verträglichkeit erfolgen. Blutspiegelmessungen von Psychopharmaka sollten genutzt werden, um pharmakokinetische Besonderheiten und die bei Alterspatienten häufigen Complianceprobleme zu erkennen.
Christoph Hiemke, Gudrun Hefner
13. Sonstige somatische Therapien
Zusammenfassung
Bei den somatischen Therapieverfahren lassen sich die Licht- und Wachtherapie von den Hirnstimulationsverfahren unterscheiden. Eine exponierte Rolle ist der Elektrokonvulsionstherapie (EKT) zuzuschreiben, da sie das Hirnstimulationsverfahren darstellt, dessen Daten zur antidepressiven Effektivität aktuell die beste Evidenz aufweisen. Mit der repetitiven transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) steht ein weiteres für die Depressionsbehandlung zugelassenes Hirnstimulationsverfahren zur Verfügung. Eine Weiterentwicklung der rTMS stellt die Magnetkonvulsionstherapie (MKT) dar, die aktuell nur im Rahmen von klinischen Studien Anwendung findet, sich möglicherweise aber zukünftig zu einer Alternative zur EKT entwickeln wird. Andere Hirnstimulationsverfahren wie die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS), die Vagusnervstimulation (VNS) und die tiefe Hirnstimulation (THS) spielen ebenfalls in der regulären Patientenversorgung derzeit keine Rolle.
Sarah Kayser, Martin Kloß
14. Ergotherapie bei Altersdepression
Zusammenfassung
Das Kapitel gibt einen Überblick über Ziele, Verfahren und Evidenzlage der Ergotherapie bei Altersdepression. In Deutschland eingesetzte, internationale Verfahren wie das Canadian Model of Occupational Performance and Engagement werden anhand eines Fallbeispiels erläutert. Expertinnen aus einer Akutklinik, einer Rehabilitationsklinik und einer ergotherapeutischen Praxis stellen die Rahmenbedingungen und Behandlungskonzepte ihrer Einrichtungen für Menschen mit Altersdepression vor. Der Ausblick des Kapitels plädiert für eine evidenzbasierte ergotherapeutische Behandlung in Deutschland durch kollaborative und aufsuchende Behandlungsmodelle, die sich international in der Altersmedizin als erfolgreich erwiesen haben.
Sebastian Voigt-Radloff, Cordula Prinz, Juliane Eßwein, Bettina Wittfoth, Susan Lewin
15. Kunsttherapie
Zusammenfassung
Die Autorin stellt niederschwellige kunsttherapeutische Behandlungsmethoden (Kunstpostkarte als Impuls, Übermalung, Collage) für altersdepressive Patienten im klinischen Kontext vor. An drei Fallbeispielen werden Therapieziele und Wirkmechanismen herausgearbeitet. Die Therapieziele berücksichtigen die situativen Bedingungen, individuellen Persönlichkeiten und die besonderen Symptome der Altersdepressivität. Die kunsttherapeutischen Wirkmechanismen beruhen auf den „Funktionen der Kunst“. Kunstfunktionen im therapeutischen Zusammenhang sind hier „Persönlichkeitsentwicklung, Katharsis, Sublimierung, Kompensation, Heilung“ (Wichelhaus 2007) und Kreativitätsentwicklung. Darüber hinaus gibt die Autorin einen Überblick über randomisierte Studien in diesem Bereich.
Kathrin Seifert
16. Musiktherapie
Zusammenfassung
Wenn ältere Menschen an einer Depression leiden, kann Musiktherapie ein Weg sein, über eine nonverbale Ebene den physiologischen, psychischen und sozialen Bedürfnissen zu begegnen, Alltagskompetenzen zu trainieren und somit die Lebensqualität zu steigern. Daher wird die Musiktherapie bereits häufig in der Behandlung von Depression eingesetzt, mit nachgewiesener Wirkung. Der Musiktherapeut arbeitet hierzu systematisch mit den vorhandenen Ressourcen, der Biografie des Patienten und der vorherrschenden Atmosphäre. Das vorgestellte Phasenmodell zeigt einen möglichen Prozess des Beziehungsaufbaus, der Introspektion und des Erarbeitens von neuen und lösungsorientierten Verhaltensweisen in der Musiktherapie, anhand von Beispielen der Gruppenmusiktherapie einer Gerontopsychiatrie. In einem Fallbeispiel wird dieser Prozess in der Einzellangzeittherapie eines Alten- und Pflegeheims vorgestellt.
Jasmin Eickholt
17. Sport und Bewegung zur Therapie und Prävention
Zusammenfassung
In der öffentlichen Darstellung wird Sport bei Depression eine positive Wirkung zugeschrieben. Aufgrund der tendenziell positiven Effekte körperlicher Aktivität wurde der Sport bereits in gängige Richtlinien aufgenommen und wird daher bei depressiver Symptomatik empfohlen. Speziell zur Altersdepression finden sich hingegen nur wenige Arbeiten, die Bewegungsprogramme entwickelt haben und diese auf Untersuchungen mit hoher methodischer Qualität stützen. Das Kapitel beleuchtet zunächst den theoretischen Hintergrund sowie mögliche Wirkungsweisen von Sport und Bewegung und analysiert die gegenwärtige Studienlage zur Wirkung körperlicher Aktivität bei Altersdepression. Darüber hinaus stellen die Autoren abschließend einige praktische Überlegungen zur Umsetzung bewegungstherapeutischer Maßnahmen für Therapeuten an und zeigen für Patienten geeignete sportliche Inhalte auf.
Nils Haller, Perikles Simon
18. Depression Depression bei pflegenden Angehörigen bei pflegenden Angehörigen
Zusammenfassung
Den von pflegenden Angehörigen vielfach geäußerten positiven Aspekte der Pflege stehen häufig zahlreiche pflegebedingte Stressoren gegenüber, die ein hohes Maß an Ressourcen und Anpassungsfähigkeit verlangen. In der Summe können diese Anforderungen leicht zu Überlastungssituationen und nachfolgend zu einer Verschlechterung der körperlichen und psychischen Gesundheit führen. Bislang wurden eine Reihe spezifischer Interventionsansätze zur Unterstützung von pflegenden Angehörigen entwickelt und erfolgreich evaluiert. In dem Kapitel wird ein Überblick über die häufigsten Belastungsfaktoren von pflegenden Angehörigen, Instrumente zur Erhebung der Pflegebelastung sowie wichtige Elementen in der Therapie und Beratung mit dieser Zielgruppe gegeben.
Klaus Pfeiffer
19. Diabetes mellitus und Altersdepression
Zusammenfassung
Menschen mit Diabetes weisen deutlich höhere Prävalenzraten depressiver Störungen auf als Menschen ohne Diabetes. Dabei stellen ältere Betroffene eine besondere Risikogruppe dar, da bei ihnen bereits leichtere depressive Symptome mit mikro- und makrovaskulären Diabeteskomplikationen sowie frühzeitiger Mortalität assoziiert sind. Im Gegensatz zu früheren „Henne-oder-Ei“-Hypothesen weisen neuere Erklärungsmodelle zur Komorbidität von Diabetes und Depression eher auf ätiopathologische Prozesse mit einer gemeinsamen Endstrecke hin. Dabei geht es nicht nur um die psychischen Belastungen durch das Leben mit einer chronischen Erkrankung, sondern auch um gemeinsame biologische Prozesse. Diabetespatienten mit Altersdepressionen weisen im Unterschied zu jüngeren Betroffenen öfter funktionale und kognitive Beeinträchtigungen auf, die in der Behandlung entsprechend berücksichtigt werden sollten. Als Praxisbeispiel wird im folgenden Kapitel ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches Therapiemanual vorgestellt, das speziell zur Behandlung von älteren Diabetespatienten mit depressiven Störungen entwickelt wurde.
Frank Petrak
20. Depression nach Schlaganfall
Zusammenfassung
Ein Schlaganfall stellt ein schwerwiegendes Krankheitsereignis dar und kann mit zahlreichen neurologischen Symptomen wie zum Beispiel Lähmungen oder Sprachstörungen einhergehen. Nachfolgend entwickeln bis zu 50 % der Betroffenen mindestens einmalig eine signifikante depressive Symptomatik. Hierbei wird von komplexen Wechselwirkungen zwischen läsionsspezifischen und psychischen Ursachen ausgegangen. Im Kapitel wird ein Überblick über die Diagnostik depressiver Symptome bei Schlaganfallbetroffenen gegeben. Hierbei wird sowohl auf die Problematik von Fragen zu somatischen Symptomen als auch auf das Vorgehen bei Patienten mit einer Aphasie eingegangen. Aktuelle Empfehlungen zur medikamentösen und psychologischen Therapie bei einer Depression nach Schlaganfall werden vorgestellt und wichtige Themen in der Auseinandersetzung des Patienten mit seinem Schlaganfall skizziert.
Klaus Pfeiffer
21. Depression bei Parkinson-Krankheit Parkinson-Krankheit Parkinson-Krankheit Depression bei Altersdepression Parkinson-Krankheit
Zusammenfassung
Die Depression ist die häufigste Verhaltens- und psychologische Störung bei der Parkinson-Krankheit. Sie ist bei bis zu 76 % der Patienten nachweisbar und führt zu einer schweren Einschränkung und Einbuße der Lebensqualität. Die Diagnose ist oftmals nicht einfach zu stellen, da die Patienten spontan darüber meist keine Auskunft geben und die Beschwerden schwer von den Symptomen der Parkinson-Krankheit abgegrenzt werden können. Es existieren valide Instrumente zur Detektion der Depression bei der Parkinson-Krankheit, die zur Anwendung kommen sollten, um die Diagnose und das Ausmaß der Erkrankung zu erfassen. Es stehen potente und evidenzbasierte therapeutische Ansätze zur Verfügung, die einerseits medikamentöse, psychotherapeutische, aber auch nichtmedikamentöse Therapieverfahren umfassen. Der Therapieerfolg sollte sich anhand der Besserung in den angewendeten Skalen darstellen.
Richard Dodel, Tilo Kircher
22. Depression bei Demenz
Zusammenfassung
Bei neurodegenerativen Demenzen sind depressive Störungen mit 30 % die häufigste psychische Begleiterscheinung. Sie beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen zusätzlich zur Grunderkrankung. Die Diagnostik depressiver Störungen erfordert auf Grund der kognitiven Defizite ein besonders sorgfältiges, stufenweises Vorgehen. Psychotherapeutische und psychosoziale Interventionen nehmen vor allem die durch beide Syndrome begünstigte körperliche und geistige Inaktivität zum Ausgangspunkt. Aktivitätsaufbau, Gruppenangebote, körperliche Aktivität und individualisierte Beratungskonzepte für Angehörige haben sich als wirksam erwiesen und werden in den aktuellen Behandlungsleitlinien empfohlen. Das vorliegende Kapitel bietet einen Überblick über diese Behandlungsmaßnahmen.
Katja Werheid

Therapieprogramme und Behandlungsrahmen

Frontmatter
23. Ambulante Einzel- und Gruppenpsychotherapie
Zusammenfassung
Altersdepressionen können sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting erfolgreich behandelt werden. Die Gruppentherapie hat viele Vorteile, u. a. beim Aufbau von Sozialverhalten, Knüpfen neuer Kontakte, bei der kognitiven Umstrukturierung. Viele ältere Patienten bevorzugen jedoch die individuelle Behandlung. Typische Elemente sowohl der Einzel- wie der Gruppenpsychotherapie sind: Problemanalyse, Zielformulierung, Erarbeiten eines gemeinsamen Verständnisses für psychologische Interventionen, positive Beziehung aufbauen und gestalten, Verhaltensaktivierung, Genusstraining, Situationsanalysen, kognitive Umstrukturierung, Gedankenkontrolle, metakognitive Intervention, Problemlösen, Lebensrückblick und Reminiszenz, Fertigkeiten- und Kompetenztraining. Die Einzeltherapie dauert meist zwischen 30 und 40 einstündige Sitzungen, während die Gruppentherapien meist 15 bis 20 Doppelstunden umfassen. Durch Modularisierung (abgegrenzte Einheiten und Inhalte) können die Gruppentherapien gut als offene Gruppen geführt werden.
Martin Hautzinger
24. VEDIA – Verhaltens-Einzelpsychotherapie für Depressionen im Alter
Zusammenfassung
VEDIA ist ein Programm zur Verhaltenstherapie depressiver Störungen im Alter. Es wurde in den Jahren 2003 und 2004 am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim für die Behandlung teilstationär behandelter Patienten entwickelt und zu Ausbildungszwecken manualisiert. In den vergangenen Jahren hat es auch im stationären und im ambulanten Bereich Anwendung gefunden. Im Unterschied zu dem bereits wohl etablierten Programm von Hautzinger wurde VEDIA eher für schwerer erkrankte Patienten entwickelt, die häufig zusätzlich durch Angst, Apathie, kognitive Beeinträchtigungen oder durch körperliche Komorbidität belastet sind. VEDIA wurde so konzipiert, dass es im Rahmen einer 6-wöchigen teilstationären oder stationären Behandlung mit im Mittel 2 Therapiesitzungen pro Woche durchführbar ist. Es umfasst 12 Therapiestunden und lässt sich durch einen mehrarmigen Aufbau den individuellen Bedürfnissen der Patienten anpassen.
Georg Adler
25. Multiprofessionelle sektorenübergreifende Behandlungsstrategien
Zusammenfassung
Die Behandlung der Altersdepression muss auf die spezifischen Bedürfnisse der Erkrankten zugeschnitten sein und erfordert daher ein multiprofessionelles und sektorenübergreifendes Behandlungssystem nahe an deren individuellem Lebensumfeld. Der Erkrankungsverlauf erfordert eine zunehmende Inanspruchnahme immer spezialisierterer Behandlungselemente einer multiprofessionellen Behandlung. Stationsersetzende Intensivbehandlung scheint auch ein wichtiger Weg dafür zu sein, die Bereitschaft zu einer gerontopsychiatrischen und gerontopsychotherapeutischen Behandlung zu initiieren und Behandlungsadhärenz zu erreichen. Die stationäre Behandlung ist notwendig, wenn eine multiprofessionelle Intensivbehandlung über 24 Stunden notwendig ist und die Erkrankung eine bestimmte Schwere überschritten hat. Die Behandlung der Altersdepression durch telemedizinische Strategien hat interessante Aspekte für die zukünftige Behandlung erbracht und könnte beispielsweise Risikogruppen wie immobile, sozial deprivierte und traumatisierte Patienten erreichen
Vjera Holthoff-Detto
26. IMPACT: kooperative Behandlungsmodelle der Depression
Zusammenfassung
Für ältere Menschen erfolgt die Weichenstellung in der ambulanten medizinischen Versorgung über den Hausarzt. In zahlreichen Studien sind die positiven Effekte der Hinzuziehung eines Depression Care Managers bewiesen. Diese Effekte sowie die Implementierbarkeit der Abläufe in Deutschland konnte mit dem GermanIMPACT Programm nachgewiesen werden. Für die Regelversorgung älterer Menschen in Deutschland sind die Klärung der Ausbildung und Finanzierung sowie die institutionelle Einbindung von Depression Care Managern wichtig. Eine organisatorische Einbindung könnte in größere psychiatrische Gemeinschaftspraxen oder Institutsambulanzen erfolgen.
Michael Hüll, Lars P. Hölzel
27. Case Management für Patienten mit Depression
Zusammenfassung
International gibt es zunehmend Evidenz für die Wirksamkeit eines innovativen Ansatzes für die Primärversorgung von Patienten mit Depression, der sog. „kollaborativen Versorgung“. Bei diesem Ansatz arbeiten verschiedene Professionen – in der Regel Hausärzte, Case Manager und ggf. auch kooperierende Fachärzte – strukturiert und abgestimmt zusammen, um die leitliniengerechten Diagnose- und Behandlungsprozesse optimiert umsetzen zu können. In der Studie „Primary Care Monitoring for Depressive Patients Trial“ (PRoMPT) wurde erstmals für das deutsche Gesundheitswesen ein adaptierter kollaborativer Versorgungsansatz – unter Einbezug von medizinischen Fachangestellten – für Patienten mit Depression entwickelt und erfolgreich hinsichtlich seiner Wirksamkeit getestet. In diesem Kapitel werden die PRoMPT-Intervention und die Studienergebnisse detailliert dargestellt.
Juliana J. Petersen, Jochen Gensichen
28. Stationäre multiprofessionelle Therapie
Zusammenfassung
Es wird ein modular aufgebautes multiprofessionelles verhaltenstherapeutisches Therapieprogramm (MVT) vorgestellt, das auf die Besonderheiten der stationären Behandlung depressiver Patienten im höheren Lebensalter zugeschnitten ist. Das MVT basiert im Wesentlichen auf verschiedenen gruppentherapeutischen Interventionen, an deren Durchführung alle Berufsgruppen – entsprechend ihrer Expertise und Tätigkeitsschwerpunkte – eingebunden sind. Schwerpunktstationen bieten ein geeignetes Setting, um ein für diese Patientengruppe spezialisiertes Therapieprogramm zu implementieren. Eine Manualisierung, die in modularisierter Form die spezifischen Interventionen den jeweiligen Berufsgruppen zuordnet und deren therapeutische Vorgehensweise explizit beschreibt, kann die interdisziplinäre Transparenz und somit die zielorientierte Zusammenarbeit fördern. Ebenso empfiehlt sich eine multidimensionale und multiprofessionale Begleitevaluation der Patienten.
Nicole Cabanel, Bernd T. Kundermann, Matthias J. Müller
Backmatter
Metadaten
Titel
Altersdepression
herausgegeben von
Andreas Fellgiebel
Martin Hautzinger
Copyright-Jahr
2017
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-53697-1
Print ISBN
978-3-662-53696-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-53697-1

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