Therapie
Die Therapie der IPF beruht auf fünf tragenden Säulen:
1.
Pharmakologische Therapie
2.
Nicht-pharmakologische Therapie
3.
Therapie der Komorbiditäten
Dabei ist es entscheidend, die verschiedenen therapeutischen Ansätze im Einzelfall optimal und entsprechend der Präferenzen des Patienten einzusetzen.
A)
Pharmakologische Therapie
Es gibt zwei antifibrotisch wirkende Medikamente, die zur Behandlung von Patienten mit IPF zugelassen sind und empfohlen werden: Nintedanib und Pirfenidon.
Nintedanib inhibiert verschiedene Rezeptortyrosinkinasen und blockiert dadurch die Signaltransduktion verschiedener Wachstumsfaktoren, insbesondere Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF), Fibroblast Growth Factor (FGF) und Platelet Derived Growth Factor (PDGF). Nintedanib wurde in drei klinischen Therapiestudien untersucht, einer Phase-II-Studie (TOMORROW) und zwei identischen Phase-III-Studien (INPULSIS-1 und -2) (Richeldi et al.
2011,
2014). In allen drei Studien verzögerte Nintedanib in einer Dosis von 2 × 150 mg täglich den jährlichen FVC-Abfall und somit die Krankheitsprogression (TOMORROW: Placebo-Arm −60 ml/Jahr, Therapie-Arm: −190 ml/Jahr; INPULSIS-1: Placebo-Arm −239,9 ml/Jahr, Therapie-Arm −114,7 ml/Jahr; INPULSIS-2: Placebo-Arm −207,3 ml/Jahr, Therapie-Arm −113,6 ml/Jahr; jeweils p < 0,001). Außerdem ergab sich in der gepoolten Analyse der beiden INPULSIS-Studien für die adjudizierten akuten Exazerbationen eine signifikante Verzögerung der Zeit bis zur ersten akuten Exazerbation (Richeldi et al.
2014). Bei der
Lebensqualität gemessen mittels SGRQ (Saint George Respiratory Questionnaire) ergab sich ein Trend zugunsten von Nintedanib (Richeldi et al.
2014). Die häufigsten Nebenwirkungen in diesen Studien waren Diarrhoen und Übelkeit. Andere und insbesondere schwere unerwünschte Nebenwirkungen wurden in vergleichbarer Häufigkeit im Verum- wie im Placebo-Arm beobachtet (Richeldi et al.
2014). Die Daten der Verlängerungsstudien von TOMORROW und der INPULSIS-Studien (INPULSIS-ON) bestätigten den positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf von Nintedanib bei IPF über 52 Wochen hinaus (mittlere Behandlungsdauer 45, maximale 68 Monate) bei unverändertem Nebenwirkungsprofil (Maqhuzu et al.
2022; Leuschner et al.
2020).
Pirfenidon ist ein antifibrotisches Medikament, welches die Produktion von profibrotischen und proinflammatorischen
Zytokinen hemmen und die Kollagensynthese und Fibroblastenproliferation reduzieren kann. Pirfenidon wurde in vier randomisiert-kontrollierte Phase-III Therapiestudien bei Patienten mit IPF untersucht (Taniguchi et al.
2010; Noble et al.
2011; King et al.
2014). Die gepoolte Analyse der beiden CAPACITY Studien (Noble et al.
2011) sowie die ASCEND Studie (King et al.
2014) ergaben signifikante Vorteile einer Therapie mit Pirfenidon für den FVC-Abfall, den kategorialen Abfall der FVC > 10 %, das progressionsfreie Überleben und die Sechs-Minuten-Gehstrecke, nicht jedoch in Bezug auf die Gesamtmortalität (Noble et al.
2011; King et al.
2014). Die gepoolten Analysen aller drei Studien zeigten für die Gesamtmortalität, die IPF-assoziierte Mortalität sowie die jeweils unter aktiver Therapie beobachtete Gesamt- und IPF-assoziierte Mortalität einen signifikanten Vorteil für eine Therapie mit Pirfenidon. Die gepoolten Daten belegen auch, dass unter Therapie mit Pirfenidon vor allem Übelkeit, Hauteffloreszenzen (incl. FototoxizitätPhototoxizität) und Anorexie häufiger auftreten (Noble et al.
2016; Lancaster et al.
2016).
In der Summe haben diese Studien zur Zulassung von Nintedanib und Pirfenidon zur Therapie der IPF geführt und die antifibrotische Therapie mit einem der beiden Medikamente stellt heute den Therapiestandard für IPF dar (Behr et al.
2018; Raghu et al.
2022). Eine Kombination der beiden außerhalb kontrollierter klinischer Studien wird dagegen wegen des hohen Nebenwirkungspotenzials nicht empfohlen.
Bei den pharmakologischen Therapieoptionen sollte auch die Teilnahme an klinischen Therapiestudien berücksichtigt werden. Hierdurch können sich im Einzelfall wichtige Chancen ergeben.
Es gibt außerdem auch klare Empfehlungen gegen bestimmte Therapien bei Patienten mit IPF. So konnte für die immunsuppressive Therapie mit Prednisolon und Azathioprin sowie für den Endothelin-A-Rezeptorantagonisten Ambrisentan und für den Stimulator der löslichen Guanylatzyklase (sGC) Riociguat in klinischen Studien gezeigt werden, dass diese Medikamente mit vermehrt schweren Nebenwirkungen, Hospitalisierung und erhöhter Mortalität bei IPF-Patienten assoziiert und deshalb als kontraindiziert anzusehen sind (Behr et al.
2018; Raghu et al.
2018).
B)
Nicht-pharmakologische Therapie
Bei den nicht-pharmakologischen Therapien sind insbesondere die Langzeitsauerstofftherapie (LTOT) und die gezielte
pneumologische Rehabilitation zu nennen, bei der ein individualisiertes Trainingsprogramm angeboten wird. Die Indikation zur LTOT ergibt sich aus der entsprechenden, aktuell gültigen Leitlinie (Haidl et al.
2020). Bei entsprechender Anwendung kann das Dyspnoeempfinden der Patienten vermindert und ihre Leistungsfähigkeit gesteigert werden.
Auch für die gezielte
pneumologische Rehabilitation gibt es gute Belege dafür, dass durch diese Maßnahme die Alltagsbelastbarkeit und das Wohlbefinden der Patienten mit IPF nachhaltig verbessert werden kann (Dowman et al.
2021).
Entscheidend ist auch hier die optimale Kombination aus pharmakologischen und nicht-pharmakologischen Maßnahmen (Maqhuzu et al.
2022).
C)
Therapie der Komorbiditäten
Auch wenn die IPF selbst überwiegend für die klinischen Beschwerden, die körperlichen Einschränkungen und die Mortalität der betroffenen Patienten verantwortlich ist, gibt es eine Vielzahl von Komorbiditäten, die einen wesentlichen Beitrag zu Morbidität und Mortalität leisten. Vor allem im höheren Lebensalter nimmt auch die Zahl der Begleiterkrankungen zu, wie in Tab.
4 exemplarisch dargestellt (Leuschner et al.
2020). Eine optimale Behandlung derselben kann erheblich zu Wohlbefinden und Überleben der Patienten beitragen. Dabei sind die jeweils aktuell gültigen Therapieleitlinien zu berücksichtigen.
Tab. 4
Begleiterkrankungen von IPF-Patienten in zwei Altersgruppen. (Aus Leuschner et al.
2020)
Linksherzerkrankung, n (%) | 31 (4,7) | 36 (10,3) | 0,001 |
| 148 (22,5) | 129 (36,9) | < 0,001 |
Zerebrovaskuläre Erkrankung, n (%) | 45 (6,8) | 28 (8,0) | 0,494 |
Periphere arterielle | | | |
Verschlusskrankheit, n (%) | 17 (2,6) | 19 (5,4) | 0,020 |
| 37 (5,6) | 54 (15,4) | < 0,001 |
Tiefe Venenthrombose, n (%) | 13 (2,0) | 10 (2,9) | 0,370 |
Lungenarterienembolie, n (%) | 10 (1,5) | 11 (3,1) | 0,082 |
| 96 (14,6) | 59 (16,9) | 0,337 |
| 332 (50,4) | 222 (63,4) | < 0,001 |
| 140 (21,2) | 92 (26,3) | 0,070 |
Emphysem, n (%) | 65 (9,9) | 36 (10,3) | 0,832 |
Lungenkrebs, n (%) | 11 (1,7) | 5 (1,4) | 0,771 |
Obstruktive Schlafapnoe, n (%) | 73 (11,1) | 29 (8,3) | 0,161 |
Depression, n (%) | 48 (7,3) | 9 (2,6) | 0,002 |
Ängstlichkeit, n (%) | 32 (4,9) | 6 (1,7) | 0,013 |
Sonstige, n (%) | 338 (51,3) | 189 (54,0) | 0,412 |
Anzahl der Komorbiditäten, | | | |
Mittelwert (SD) | 2,8 (2,3) | 3,6 (2,5) | < 0,001 |
Insbesondere der gastroösophageale Reflux steht in Verdacht, nicht nur klinische Symptome wie
Husten zu verstärken, sondern auch an der Entstehung, Progression und Exazerbation der IPF beteiligt zu sein. Eine konsequente physikalische Refluxprophylaxe durch abendliche Karenzmaßnahmen und Oberkörperhochlagerung im Schlaf als auch eine leitliniengerechte Therapie der gastroösophagealen Refluxkrankheit ist daher bei IPF-Patienten zu empfehlen (Behr et al.
2018; Raghu et al.
2022).
Auch für die Therapie der
pulmonalen Hypertonie (PH) im Kontext eine ILD (bzw. IPF) wird entsprechend der neuen internationalen PH-Leitlinie eine Behandlung mit einem Phosphodiesterase-5-Inhibtor empfohlen (IIb Empfehlung mit sehr geringer Evidenz), wenn es sich um eine schwere präkapilläre
pulmonale Hypertonie mit einem pulmonalen Gefäßwiderstand über fünf Wood-Einheiten im Rechtsherzkatheter handelt (Humbert et al.
2023). Ein neuer Ansatz ist die Therapie der präkapillären PH bei ILD mit inhalativem Treprostinil, welches in Europa aber bisher nicht zugelassen ist (Humbert et al.
2023).
Die
Lungentransplantation bleibt die einzig definitive Therapie der IPF, sie kommt aber nur für eine Minorität der Patienten mit IPF in Betracht, weil häufig die Kombination aus Alter und Begleiterkrankungen die Möglichkeit einer Transplantation einschränken. Potenziell geeignete Patienten sollten jedoch bereits frühzeitig, ggf. bereits bei Sicherung der Diagnose einer IPF, in einem Lungentransplantationszentrum vorgestellt werden.
Die wichtigsten Kontraindikationen sind in der Übersicht zusammengefasst.
Eine palliativmedizinische Anbindung ist bei fortgeschrittener IPF ohne Transplantationsperspektive anzustreben (Behr et al.
2013; Behr
2013; Raghu et al.
2022; Zou et al.
2020). Die möglichen Szenarien eines „Lebensendes“ sollten dabei frühzeitig mit den Patienten und ggf. deren Angehörigen besprochen werden, damit für diese ausreichend viel Zeit bleibt, dies zu überdenken. Insbesondere erscheint es sinnvoll, wenn der Patient eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung erstellt, die auch im Fall einer akuten Exazerbation sicherstellt, dass die Behandlung nach den Wünschen und Vorstellungen des Patienten erfolgt.
F)
Therapie der akuten Exazerbation der IPF
Die akute Exazerbation der IPF (AE-IPF) ist definiert als das Auftreten zunehmender respiratorischer Symptome innerhalb eines Monats bei gleichzeitigem Nachweis neuer Milchglasinfiltrate im HRCT und bei Ausschluss extrapulmonaler Ursachen wie Stauung durch Linksherzinsuffizienz oder Überwässerung (Collard et al.
2016). Akute Exazerbationen werden bei Westeuropäern und Amerikanern in einer Häufigkeit ca. 10 % pro Jahr beobachtet, in den asiatischen Ländern scheint die Inzidenz höher zu liegen. Die Mortalität der AE-IPF ist hoch, sie liegt bei ca. 50 % nach 3–4 Monaten und bei 90 % nach einem Jahr (Behr et al.
2013; Behr
2013; Raghu et al.
2022). Man unterscheidet getriggerte Exazerbationen, bei denen eine Infektion oder eine Exposition als Ursache identifiziert werden kann und „idiopathische“ Exazerbationen, bei denen kein Auslöser erkennbar ist. Es gibt bisher keine gesicherte Therapie für die AE-IPF. In einer kontrollierten Studie kam es unter intravenösem Cyclophosphamid in Kombination mit
Kortikosteroiden im Vergleich zu Kortikosteroiden plus Placebo zu einer nicht signifikant erhöhten Mortalität, sodass dieser Ansatz verlassen werden sollte (Naccache et al.
2022). In den meisten Zentren werden neben Breitbandantibiotika und Sauerstofftherapie sowie Glukokortikosteroide in moderaten bis zum Teil sehr hohen Dosen eingesetzt, obwohl es auch für diesen Ansatz bisher keine belastbare Evidenz gibt und eine retrospektive Kohortenstudie sogar einen ungünstigen Trend unter Kortikosteroiden festgestellt hat (Polke et al.
2021; Farrand et al.
2020). Abgesehen von der Sauerstofftherapie, ggf. als High-Flow-Nasal Oxygen Therapy (HFN), sind intensivmedizinische Maßnahmen mit Zurückhaltung zu sehen, insbesondere eine mechanische
Beatmung ist mit einer nahezu 100 %igen Mortalität assoziiert und sollte daher vermieden werden, sofern nicht eine behandelbare Ursache der respiratorischen Verschlechterung identifizier wird, z. B. eine Lungenarterienembolie. Kommt ein bereits zur
Lungentransplantation gelisteter Patient durch eine akute Exazerbation in diese Situation, ist ein überbrückender Einsatz der extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) bis zur Transplantation zu erwägen (Patterson et al.
2022).