Einleitung
Man unterscheidet zwischen den primären und sekundären (Metastasen) kardialen Tumoren. Die primären Herztumoren können benigne, potenziell maligne oder maligne sein.
Epidemiologie
Primäre Tumoren des Herzens sind außerordentlich selten. Nach autoptischen Daten liegt ihre Inzidenz bei weniger als 0,1 %. Ein Befall des Herzens durch eine Metastasierung ist dagegen sehr viel häufiger. Nach Autopsiebefunden von Tumorpatienten soll sie bei etwa 8 % liegen.
Klinisches Bild
Die klinische Manifestation wird weniger durch die Histologie des Tumors als durch dessen Lokalisation bestimmt (Vander Salm
2000). Primäre und sekundäre Herztumoren können endocavitär, myokardial oder perikardial lokalisiert sein. Sie manifestieren sich klinisch in folgenden Symptomkomplexen:
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Verlegung des Blutstroms durch Herzhöhlen oder Herzklappen mit konsekutiver Stauung,
Herzinsuffizienz oder Herzklappeninsuffizienz (endocavitäre Lokalisation) (Elbardissi et al.
2009)
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Systemische oder pulmonale Embolisationen durch Verschleppung von Tumoranteilen
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Arrhythmien, Leitungsstörungen und myokardiale Funktionsbeeinträchtigung durch direkte Invasion in das Myokard
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Allgemeinsymptome durch systemische Inflammationsreaktion (vor allem bei Myxomen).
Diagnostik
Besteht der Verdacht auf das Vorliegen eines Herztumors (aufgrund klinischer Symptome oder bildgebender Verfahren), ist eine Abklärung zwingend notwendig. Ziele der Diagnostik sind:
Hierfür stehen folgende klinische Untersuchungsverfahren zur Verfügung (Hoey et al.
2009):
Eine PET(Positronenemissionstomographie)-Untersuchung kann von Nutzen sein, um eine Herzbeteiligung bei metastasierenden Tumoren auszuschließen. Eine transvaskuläre Biopsie des Tumors wird wegen des Risikos der Embolisierung von Tumormaterial im Allgemeinen nicht empfohlen.
Benigne Herztumoren
Mehr als 75 % der Herztumoren sind gutartig:
Myxome
Myxome
kommen bei >90 % der Patienten sporadisch vor. Die familiäre Form in Kombination mit multiplen, häufig endokrinen extrakardialen Tumoren und Pigmentationsanomalien ist selten (sog. Carney-Komplex
– autosomal dominanter Erbgang) (Vidaillet et al.
1987).
Histologisch handelt es sich um einen Tumor mesenchymalen Ursprungs mit heterogener Zelldifferenzierung (z. B. Angiogenese).
Makroskopisch ist der Tumor meist gestielt, von gelatinöser Konsistenz und fragiler – häufig villöser – Oberfläche. Der Stiel geht von der Fossa ovalis aus und ist häufig frei beweglich. Die Größe des Myxoms reicht von wenigen Millimetern bis zu mehreren Zentimetern (am häufigsten 2–3 cm Durchmesser).
Papilläre Fibroelastome
Papilläre Fibroelastome
sind der zweithäufigste benigne Herztumor beim Erwachsenen und ähneln in ihrem Aussehen Seeanemonen mit beweglichen Armen, die von einem zentralen Körper ausgehen (Gowda et al.
2003).
Histologisch bestehen sie aus glatten Muskelzellen, Kollagen und elastischen Fasern, die von Endothel überzogen sind.
Makroskopisch variiert die Größe zwischen 2 und 70 mm, im Mittel 9 mm. Über 80 % der Tumoren finden sich im Bereich der Herzklappen, meist linksseitig. Multiple Tumoren kommen bei 9 % der Patienten vor.
Lipome
Lipome und Fibrolipome bestehen überwiegend aus Fettzellen und sind häufig subendokardial, gelegentlich auch subepikardial oder myokardial lokalisiert.
Sie messen in der Regel nur wenige Zentimeter, können aber infolge ihrer Lokalisation lebensbedrohliche Folgen haben: maligne ventrikuläre Arrhythmien, Erregungsleitungsstörungen und plötzlichen Herztod. Die Diagnose wird mittels
Echokardiographie und MRT (Gewebecharakteristik!) gestellt. Klinische Auswirkungen sowie Wachstumstendenz zwingen zur operativen Entfernung.
Lipomatöse Hypertrophie des interatrialen Septums
Es handelt sich um keinen echten Tumor, sondern um ein gesteigertes Wachstum von Fettgewebe im Vorhofseptum.
Die septale Dicke kann über mehr als 2 cm zunehmen. Diese anatomische Variante findet sich gehäuft bei älteren und adipösen Menschen. Die Diagnose wird echokardiographisch gestellt. Typisch ist die Aussparung der Fossa ovalis durch den Tumor. Eine chirurgische Therapie sollte nur in den seltenen Fällen durchgeführt werden, die klinisch symptomatisch sind: sonst nicht behandelbare atriale
Herzrhythmusstörungen, AV-Blockierungen oder – selten – Obstruktion der Vena cava (Calé et al.
2009).
Potenziell maligne Herztumoren
Zu diesen gehören beim Erwachsenen die Paragliome und
Mesotheliome.
Paragliome
Es handelt sich um neuroendokrine Tumoren, die benigne oder auch maligne sein können. Sie können hormonell aktiv (Produktion von
Katecholaminen) oder inaktiv sein. Bevorzugt siedeln sie im Perikard, meist sind sie hormoninaktiv. Die Verdachtsdiagnose wird echokardiographisch gestellt, im MRT produzieren sie aufgrund ihrer reichlichen Vaskularisierung ein typisches Bild. Aufgrund der meist unklaren Dignität und des erheblichen Durchblutungsbedarfs ist die chirurgische Resektion indiziert. Wegen der reichlichen Vaskularisierung ist die komplette Resektion häufig schwierig. Bei den seltenen hormonaktiven Tumoren muss perioperativ eine adrenerge Blockade erfolgen.
Mesotheliome
Die Tumoren gehen gewöhnlich von der Pleura aus, können aber auch im Perikard oder selten im Peritoneum lokalisiert sein und sind meistens maligne. Für perikardiale
Mesotheliome ist der Zusammenhang mit einer Asbestexposition nicht gesichert.
Im Gegensatz zu anderen Herz- und Perikardtumoren resultiert bei den
Mesotheliomen häufig ein
Perikarderguss, eine
Perikardtamponade und manchmal auch eine Perikardkonstriktion. Mit den oben genannten (Abschn.
4) bildgebenden Verfahren sind Mesotheliome darstellbar, durch Perikardpunktion kann aufgrund der
Zytologie die Diagnose gesichert werden.
Die Resektion ist die Therapie der Wahl, allerdings ist die Prognose bei Vorliegen eines malignen
Perikardergusses ungünstig.
Seltener kommt ein
Mesotheliom in benigner Form im Bereich des AV-Knotens vor. Es führt zum AV-Block und kann echokardiographisch diagnostiziert werden.
Primär maligne Tumoren des Herzens
Maligne Formen machen etwa 15 % der primären Herztumoren aus. Die mit Abstand häufigsten sind Sarkome unterschiedlichen Gewebetyps. Wie bei den anderen Herztumoren bestimmt auch hier die Lokalisation und nicht der Gewebetyp die klinischen Konsequenzen.
Die am häufigsten beschriebenen Sarkomtypen sind:
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Angiosarkome: Sie bestehen u. a. aus Vorläuferzellen der Gefäße und kommen vor allem im rechten Vorhof vor.
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Rhabdomyosarkome: Sie haben dagegen keine bevorzugte Lokalisation und treten nicht selten multiple auf.
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Fibrosarkome: Sie haben makroskopisch ein fischfleischartiges Aussehen und eine entsprechende Konsistenz. Sie neigen zu Einblutungen und Nekrosen.
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Leiomyosarkome: Sie bestehen aus Spindelzellen und sind vorweigend im linken Vorhof lokalisiert. Sie neigen zu lokalen Rezidiven und zur systemischen Ausbreitung.
Sekundäre kardiale Tumoren
Diese Herztumoren entstehen meist durch Fernmetastasierung, gelegentlich auch durch direkte Tumorinfiltration aus einem Nachbarorgan oder durch Invasion über das Vena-cava-System in das rechte Herz. Eine Infiltration des Herzens findet sich auch bei
Leukämien und malignen
Lymphomen.
Folgende Tumoren metastasieren bevorzugt in das Herz (Goldberg et al.
2013):
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Bronchialkarzinom
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Ösophaguskarzinom
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