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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 01.07.2015

Prinzipien der pathologischen Diagnostik von Krebserkrankungen

Verfasst von: Maike Wittersheim und Reinhard Büttner
Die Pathologie ist ein Teilgebiet der Medizin, das sich mit den Ursachen und der Diagnose von Erkrankungen beschäftigt. Dabei beschreibt die formale Pathogenese den morphologisch und somatisch fassbaren, stadienhaften Verlauf und die kausale Pathogenese zugrunde liegende Ursachen einer Erkrankung. Essenzieller Bestandteil jeder histopathologischen Diagnostik ist die exakte makroskopische Beschreibung von operativen Resektaten, Zahl und Entnahmelokalisationen von Biopsien und die mikroskopische Beurteilung der Gewebe. Hieraus leitet sich zum einen die Diagnose und Tumorklassifikation ab, zum anderen aber auch die exakte Beurteilung des Stadiums einer Tumorerkrankung nach der TNM-Klassifikation (Staging) und die Graduierung (Grading) der Bösartigkeit. Der größte Stellenwert in der pathologischen Routinediagnostik kommt der Histologie zu. Weitere Methoden sind Histochemie, Immunhistochemie, Schnellschnittuntersuchung, Zytologie, Durchflusszytometrie und diverse molekularpathologische Methoden.

Histologie und Histopathologie: Definition

Die Pathologie ist ein Teilgebiet der Medizin, das sich mit den Ursachen und der Diagnose von Erkrankungen beschäftigt. Dabei beschreibt die formale Pathogenese den morphologisch und somatisch fassbaren, stadienhaften Verlauf von Erkrankungen (beispielhaft beim Zervixkarzinom: Dysplasie, zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN), invasives Karzinom, Metastase, Meningeosis carcinomatosa) und die kausale Pathogenese zugrunde liegende Ursachen einer Erkrankung (Papillomvirusinfektion, p53-Inaktivierung und onkogene Mutationen, Deletionen und Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen).
Medizingeschichtlich hat sich die Pathologie aus der Anatomie entwickelt und sich hauptsächlich mit makroskopisch und mikroskopisch sichtbaren Veränderungen der Anatomie bei Erkrankungen befasst. Die pathologische Diagnostik beruht damit ganz wesentlich auf der mikroskopischen Beurteilung der pathologischen Anatomie von Geweben und Zellen. Insbesondere für die Onkologie hat die prädiktive Pathologie in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Hierbei werden mit molekularpathologischen Methoden genomische Veränderungen in Tumoren analysiert, um die Wirksamkeit selektiver, zielgerichteter Therapien abzuschätzen (Prädiktion).

Entwicklung der histopathologischen Diagnostik, mechanistisches Verständnis der Tumorgenese

Als Begründer der heutigen Pathologie gilt der italienische Forscher Giovanni Battista Morgagni (1682–1771), der mit seinem Werk De sedibus et causis morborum („Vom Sitz und den Ursachen der Krankheiten“) im Jahre 1761 den Grundstein für eine kausale Krankheitserklärung legte. 1819 wurde in Straßburg der erste universitäre Lehrstuhl für Pathologie eingerichtet und der Pathologe Jean-Frédéric Lobstein (1777–1835) berufen. Als medizinisches Prüfungsfach wurde Pathologie im Jahre 1844 in Wien eingeführt. Rudolf Virchow beschrieb 1858 mit seiner Zellularpathologie erstmals pathologische Veränderungen auf der Ebene von Körperzellen und begründete damit das moderne Verständnis von (Tumor-)Erkrankungen. Wesentliche Beiträge zur molekularen Tumorgenese waren die Entdeckung des „Nuklein“ von Friedrich Miescher (1869) und der Nachweis von Oswald Avery (1943), dass Nukleinsäuren im Zellkern die Träger genetischer Informationen sind. 1976 schließlich erkannten Harold Varmus und Michael Bishop, dass Onkogene keine echten retroviralen Gene sind, sondern normale zelluläre Gene (Protoonkogene), die Viren während der Replikation in der Wirtszelle in ihr Genom integrieren und durch Mutagenese in ihrer Wirkung verstärken. Das erste Tumorsuppressorgen wurde 1986 durch Stephen Friend am Beispiel des Retinoblastoms identifiziert. Somit gelang die mechanistische Erklärung der Tumorgenese durch genomische Alterationen in Onkogenen und Tumorsuppressorgenen.

Histopathologische Klassifikation von Tumoren

Essenzieller Bestandteil jeder histopathologischen Diagnostik ist die exakte makroskopische Beschreibung von operativen Resektaten, Zahl und Entnahmelokalisationen von Biopsien und die mikroskopische Beurteilung der Gewebe. Hieraus leitet sich zum einen die Diagnose und Tumorklassifikation ab, zum anderen aber auch die exakte Beurteilung des Stadiums einer Tumorerkrankung nach der TNM-Klassifikation (Staging) und die Graduierung (Grading) der Bösartigkeit.

TNM-Klassifikation

Die TNM-Klassifikation beschreibt in ihren einzelnen Kategorien die anatomisch definierte Ausbreitung des Primärtumors (in situ = pTis und pT1–pT4), die Zahl der befallenen Lymphknoten (pN0–pN2), die Diagnose von Fernmetastasen (M0, M1), die tumorfreien beziehungsweise mikroskopisch oder makroskopisch befallenen Resektionsränder (R0–R2) sowie die Tumorinvasion in Lymph- oder Blutgefäße (L0, L1 und V0, V1). Das Präfix „p“ definiert die Kategorie der diagnostischen Sicherheit durch histologische Gewebeanalytik im Gegensatz zu „c“ oder „u“, welche eine Diagnostik lediglich klinisch, bildgebend oder durch einen endoskopischen Ultraschall beschreiben. Dabei kommt der pathologischen Klassifikation (pTNM) die höchste diagnostische Sicherheit zu, sodass es sich empfiehlt, bei wesentlichen therapeutischen Entscheidungen jede diagnostische Unsicherheit durch die Entnahme einer Biopsie mit histologischer Beurteilung abzusichern (Abb. 1).

Histopathologische Tumorklassifikation

Die histopathologische Tumorklassifikation folgt einer Einteilung nach der histogenetischen Herkunft sowie der Kategorisierung der Dignität. Dabei werden biologisch gutartige (nicht invasive und nicht metastasierende) Tumoren mit der Endung „-om“ bezeichnet und bösartige mit den Endungen „-karzinom“ bei epithelialen Tumoren und „-sarkom“ bei mesenchymalen Tumoren. Beispielhaft bezeichnet der Terminus Rektumadenom einen gutartigen Tumor vom Kryptenepithel des Enddarm (Rektum) ausgehend, Liposarkom einen bösartigen Tumor vom Fettgewebe ausgehend. Dieses Konzept hat drei Schwächen: Zum einen sind viele Begriffe historisch belegt und im Sprachgebrauch nicht mehr änderbar (z. B. der von Rudolf Virchow eingeführte Begriff Leukämie anstelle des korrekten Begriffs Myelosarkom, Melanom statt Melanokarzinom). Zum anderen gibt es Tumoren mit einer intermediären biologischen Dignität. So hat die WHO-Klassifikation von Weichteiltumoren neben benignen und malignen Tumoren die Dignitätskategorien „locally aggressive“ (lokal aggressiv wachsend) und „rarely metastasizing“ (selten metastasierend) eingeführt. Zuletzt ist bei vielen Tumoren bis heute das biologische Ausgangsgewebe nicht bekannt oder falsch benannt (z. B. beim Ewing-Sarkom oder beim Synovialsarkom, bei denen ein Ausgang von mesenchymalen Stammzellen unklarer Entwicklungsstufe vermutet wird). Solche Tumoren werden in der WHO-Klassifikation unter der Rubrik „sarcomas of unknown histogenetic origin“ gelistet.

Histopathologische und zytologische Diagnostik

Die histopathologische und zytologische Diagnostik an Biopsaten und zytologischen Asservaten beruht zum einen auf einer Beurteilung der Kernmorphologie hinsichtlich maligner Eigenschaften, zum anderen auf einer Beurteilung des Zytoplasmas hinsichtlich der Differenzierung. Typische Eigenschaften maligner Zellen sind Veränderungen des Zellkerns, der Nukleolen und des Chromatins (bezüglich Form, Größe und Dichte) sowie vermehrte und atypische (nicht polare) Mitosen. Anhand des Zytoplasmas lassen sich Eigenschaften wie plattenepitheliale oder glanduläre Differenzierung erkennen, in vielen Fällen ist auch die Zuordnung zu einer primären Histogenese möglich, etwa bei Ausbildung von Gallesekret in hepatozellulären Tumoren oder von Melanin in Melanommetastasen.

Methoden der histopathologischen Diagnostik

Histologie

Der größte Stellenwert in der pathologischen Routinediagnostik kommt der Histologie zu. Die histologische Untersuchung von Biopsaten und ausgewählten Gewebeproben aus Operationspräparaten ermöglicht die Diagnose und Differenzierung benigner und maligner Neoplasien sowie entzündlich oder metabolisch bedingter Erkrankungen. Die Gewebeproben werden zunächst in Formalin fixiert. Zur weiteren Untersuchung von Hartgeweben stehen verschiedene, unterschiedlich aggressive Entkalkungsverfahren (z. B. Salpetersäure, EDTA) zur Verfügung. Nach Fixierung wird dem Gewebe durch aufsteigende Alkoholreihen Wasser entzogen, die Voraussetzung für die Einbettung in Paraffinwachs, das nicht mit Wasser mischbar ist. Von den eingebetteten Proben lassen sich mit Rotations- oder Schlittenmikrotomen mikrometerdünne Gewebeschnitte herstellen, die dann mit histochemischen und immunhistochemischen Methoden gefärbt werden können.
Mikroskopisch werden neben morphologischen Veränderungen auch Änderungen im Färbeverhalten von Geweben beurteilt, diese lassen Rückschlüsse auf krankhafte Prozesse zu.
Die gängigste Routine- und Übersichtsfärbung ist die Hämatoxylin-Eosin-Färbung (Abb. 1). Hämatoxylin färbt dabei basophile (saure) Strukturen, v. a. Zellkerne mit enthaltener DNA, Ribosomen und somit auch das raue endoplasmatisches Retikulum, blau an, Eosin färbt acidophile (basische) Strukturen wie Zytoplasmaproteine, Mitochondrien, glattes endoplasmatisches Retikulum und Kollagen rot an. Weitere Standardfärbungen sind so genannte Bindegewebsfärbungen, in denen neben Zellkern und Zytoplasma die Kollagenfasern dargestellt werden (z. B. Azan, Masson, Goldner, van Gieson). Elastische Fasern können mit speziellen Elastica-Färbungen hervorgehoben werden (z. B. Orcein, Resorcin-Fuchsin).

Histochemie

Mittels Histochemie ist es möglich, bestimmte Stoffe, Stoffgruppen oder Enzymaktivitäten im Gewebe spezifisch (biochemisch) nachzuweisen, ihre Verteilung darzustellen und sie ansatzweise zu quantifizieren. Beispiele histochemischer Methoden sind die Berliner-Blau-Reaktion zum Eisennachweis (z. B. Herzfehlerzellen, Siderose), die Kongorot-Färbung zur Darstellung von Amyloidablagerungen, die PAS-Färbung („periodic acid-Schiff reaction“) zum Nachweis von Glykogen, Muzinen, Glykoproteinen, etc. (z. B. Nachweis von Siegelringzellkarzinomen durch Darstellung des intrazellulären Muzins, deutliche Darstellung von Basalmembranen aufgrund der assoziierten Glykoproteine, Pilznachweis). Ein weiteres Beispiel sind Silberimprägnationen, welche die Anfärbbarkeit (Argyrophilie) bestimmter Strukturen durch metallisches Silber nutzen. Dieses entsteht aus Silberionen einer aufgebrachten Silbersalzlösung, die von Aldehydgruppen (zuvor durch Oxidation entstanden) reduziert werden. Mit der Versilberung nach Gomori lassen sich retikuläre Fasern und Basalmembranen aufgrund der assoziierten Glykoproteine darstellen (Abb. 2), die Versilberung nach Grocott dient der Darstellung der Zellwand von Pilzen.
Fettfärbungen werden an Gewebeproben durchgeführt, die zuvor nicht mit organischen Lösungsmitteln behandelt wurden, wie z. B. Gefrierschnitten. Sie nutzen Farbstoffe, die in den Lipiden des Präparates besser löslich sind als im Lösungsmittel des Färbbades (z. B. Sudanschwarz).
Immunhistochemische Zusatzuntersuchungen sind in vielen Fällen fester Bestandteil eines diagnostischen Algorithmus (Diagnosesicherung, Ausschluss von Differenzialdiagnosen) bzw. oft unverzichtbar, um überhaupt zur Diagnose zu gelangen.

Immunhistochemie

Das Prinzip der Immunhistochemie besteht im Einsatz farbstoffkonjugierter Antikörper gegen antigene Epitope definierter Makromoleküle von Zellen und Geweben (v. a. Proteine), um diese so lichtmikroskopisch sichtbar darzustellen.
Man unterscheidet direkte und indirekte Methoden. Bei der direkten Methode ist an den Antikörper gegen das gesuchte Gewebsantigen ein Enzym gekoppelt, das mit einem Substrat unter Bildung eines Farbstoffes reagiert. Bei der indirekten Methode richtet sich ein so genannter Primärantikörper gegen das gesuchte Gewebsantigen, ein weiterer Antikörper (so genannter Sekundärantikörper) ist gegen den Primärantikörper gerichtet und seinerseits mit einem Enzym gekoppelt, das schließlich ein Substrat unter Bildung eines Farbstoffs spaltet.
Anwendungsgebiete sind die Diagnose und Identifizierung des Herkunftsgewebes wenig differenzierter maligner Tumoren oder von Metastasen. Hierfür eignen sich Antikörper gegen gewebsspezifische Zytoskelettbestandteile (z. B. Zytokeratine, Desmin, Vimentin). Bei der Klassifizierung von Lymphomen und Leukämien macht man sich Antikörper gegen zelluläre Oberflächenantigene zunutze („Cluster of differentiation“(CD)-Antikörper).
Mit Antikörpern gegen Onkogenprodukte, Tumorsuppressorgenprodukte und Proliferationsmarkern sind Rückschlüsse auf biologische Eigenschaften eines Tumors und somit prognostische und prädiktive Aussagen möglich. Beispiele sind die Bestimmung des Proliferationsindex mit Antikörpern gegen das Zellzyklusprotein Ki-67 (Abb. 3) und die Bestimmung einer Überexpression des Protoonkogens Her2/neu in Mamma- und Magenkarzinomen (Assoziation mit schlechterer Prognose, Ansprechen auf Therapie mit dem monoklonalen Antikörper Trastuzumab) (Abb. 5).
Weiterhin kann die Immunhistochemie zum Nachweis infektiöser Erreger und zur Darstellung immunpathologischer Veränderungen genutzt werden.

Schnellschnittuntersuchung

Natives Material kann durch Einfrieren schneidbar gemacht werden und so in kürzester Zeit (10–15 Minuten nach Entnahme) beurteilt werden. Diese Technik wird im Rahmen der intraoperativen Schnellschnittuntersuchung genutzt, allerdings ist die morphologische Qualität von Gefrierschnitten der von aus formalinfixiertem paraffineingebetteten Material hergestellten histologischen Schnitten unterlegen.

Elektronenmikroskopie

In der pathologischen Routinediagnostik wird die Elektronenmikroskopie hauptsächlich zur Differenzierung glomerulärer Nierenerkrankungen genutzt, seltener findet sie auch bei der Einordnung undifferenzierter maligner Tumoren Anwendung (z. B. Weichteilsarkome).
Proben für elektronenmikroskopische Untersuchungen werden mit Glutardialdehyd fixiert und in Kunstharz eingebettet. Zunächst werden Semidünnschnitte (1 μm) angefertigt und diese, nach Auswahl eines relevanten Areals, schließlich in Ultradünnschnitten (<100 nm) aufgearbeitet. Eine Kontrastierung, analog zur Färbung in der Lichtmikroskopie, wird durch Behandlung mit Schwermetallsalzen (Uranylazetat, Bleizitrat) erreicht. Mit der Rasterelektronenmikroskopie, einer speziellen ultrastrukturellen Technik, können Oberflächen dreidimensional dargestellt werden (z. B. Beurteilung von Darmzotten, Nachweis von Kinozilienanomalien).

Zytologie

In der Zytologie werden Einzelzellen außerhalb des Gewebeverbands beurteilt (Abb. 4). Verglichen mit einer histologischen Untersuchung ist die Sensitivität geringer, zytologisch positive Fälle werden in der Regel im Anschluss histologisch abgesichert. Ein Vorteil ist die oft nicht invasive bzw. minimal invasive Probengewinnung, diesbezüglich hat die zytologische Diagnostik in der Früherkennung von Zervixkarzinomen als nicht invasive gynäkologische Routineuntersuchung eine herausragende Stellung. Zytologisches Untersuchungsmaterial kann durch Feinnadelpunktion/Aspiration von Organen oder Befunden (Tumor, Aszites, Pleuraerguss) gewonnen werden (Punktionszytologie), durch Abscheren der Zellen von der Gewebsoberfläche mittels Lavage (Spülzytologie) oder durch Abstrich oder Abklatsch einer Gewebsoberfläche (Exfoliativzytologie). Der Zellgehalt der erstgenannten Ausgangsmaterialien wird meist durch Zentrifugation angereichert, bevor eine Weiterverarbeitung zu Ausstrichpräparaten vorgenommen wird.

Durchflusszytometrie

Die Durchflusszytometrie ist eine zytologische Untersuchung, mit der Zellen innerhalb eines kurzen Zeitintervalls quantitativ erfasst und immunhistochemisch differenziert werden können. Dabei werden in einer Lösung suspendierte Zellen durch eine Kapillare gesaugt und passieren in einem Sensormodul einzeln einen Laserstrahl. Die von den Zellen emittierten optischen Signale werden detektiert und lassen nach Anfärbung mit Fluoreszenzfarbstoffen Rückschlüsse auf den DNA-Gehalt von Zellkernen zu (Unterscheidung euploider und aneuploider Zellen). Nach Behandlung der Zellen mit fluoreszenzmarkierten Antikörpern z. B. gegen immunphänotypische Oberflächenmerkmale (CD, „cluster of differentiation“) kann die Zellpopulation einer Probe nach diesen Merkmalen weiter differenziert werden. Durchflusszytometrische Untersuchungen spielen in der hämatopathologischen Diagnostik eine wichtige Rolle bei der Erfassung und Subklassifikation von Leukämien und Lymphomen.

Molekularpathologische Methoden

Molekularpathologische Methoden sind, vor allem bei onkologischen und infektiologischen Fragestellungen, unverzichtbarer Teil des diagnostischen Spektrums der Pathologie, ohne die eine präzise Diagnose oft nicht möglich ist und von deren Ergebnis in vielen Fällen das weitere therapeutische Vorgehen abhängt. Die Analyse krankhafter Veränderungen erfolgt auf Ebene der DNA oder RNA, wobei viele der Routineuntersuchung an formalinfixiertem und in paraffineingebettetem Material durchführbar sind. Eine Basismethode der Molekularpathologie ist die Polymerasekettenreaktion (PCR) zur Vervielfältigung definierter DNA-Sequenzen. Neben der zu replizierenden Probe werden für diese Untersuchung so genannte Primer, das Enzym DNA-Polymerase und die Einzelbausteine (Desoxyribonukleosidtriphosphate) für die neu zu synthetisierenden DNA-Stränge benötigt.
Die DNA-Polymerase ist ein Enzym, das die Synthese von DNA aus Einzelbausteinen entlang einer Vorlage (Matritze = komplementäre Einzelstrang-DNA der Probe) katalysiert. Um die Synthese zu beginnen, braucht die DNA-Polymerase einen Ausgangspunkt (Hydroxygruppe), dieser wird ihr von dem Primer zur Verfügung gestellt.
Der Ablauf einer PCR besteht aus drei sich wiederholenden Schritten (20–50 Zyklen). Zunächst werden die DNA-Doppelstränge von Probe und Primer durch Hitzedenaturierung aufgeschmolzen, dann verbindet sich der Primer mit der Proben-DNA (Hybridisierung), und die DNA-Polymerase baut komplementäre Nukleotide an den Primer an (Elongation) und kopiert so die Probe. Die Wiederholung dieser Schritte führt mit jedem PCR-Zyklus zu einer Verdoppelung der kopierten DNA-Moleküle (Kettenreaktion). Für verschiedene Anforderungen gibt es besondere PCR-Techniken: Reverse-Transkriptase-PCR dient der Vervielfältigung von RNA, die Real-Time-PCR ermöglicht neben der Vervielfältigung auch die Quantifizierung der DNA.
Die PCR ist Grundlage vieler weiterer molekularpathologischer Untersuchungen, wie beispielsweise Schmelzkurvenanalyse oder Sequenzierungstechniken zur Mutationsanalyse maligner Tumoren (z. B. Mutationen des Onkogens B-Raf oder des Protoonkogens KRAS), Klonalitätsanalysen für B- und T-Lymphozyten (zur Abgrenzung maligner Lymphome gegenüber gutartigen reaktiven Prozessen) und diverser Assays zum Erregernachweis (z. B. Mycobacterium tuberculosis, atypische Mykobakterien, humane Papillomaviren).
Die In-Situ Hybridisierung, eine weitere wichtige Methode, dient dem Nachweis von RNA oder DNA in Geweben, einzelnen Zellen oder auf Metaphase-Chromosomen. In der pathologischen Diagnostik ist die Detektion chromosomaler Aberrationen und Gentranslokationen in malignen Tumoren von Interesse. Das Prinzip der In-Situ-Hybridisierung ist das Aufschmelzen des DNA-Doppelstranges einer Probe und die anschließende Inkubation mit einer Gensonde mit komplementärer Basensequenz zum nachzuweisenden DNA/RNA-Abschnitt (Hybridisierung). Die gebundene Sonde kann beispielsweise durch immunhistochemische Färbungen nachgewiesen werden. Bei der Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung (FISH) ist an den Nachweisantikörper ein fluoreszierender Farbstoff gebunden. Eine wichtige Indikation dieser Untersuchung ist die Detektion einer Amplifikation des Her2/neu-Protoonkogens in Mamma- und Magenkarzinomen in immunhistochemisch nicht eindeutigen Fällen (Abb. 5). Die Entscheidung, ob eine Therapie mit dem monoklonalen Antikörper Trastuzumab (Herceptin) sinnvoll ist, hängt dann vom Ergebnis dieser molekularpathologischen Untersuchung ab.

Genomische Klassifikationen und prädiktive Diagnostik

Der enorme Wissenszuwachs über die molekularen Krankheitsmechanismen hat zu einem tiefgreifenden Wandel in der zell- und gewebebasierten Tumordiagnostik geführt. Anhand molekularer Muster lassen sich Tumorklassifikatoren, erbliche Prädispositionen und Prädiktoren für eine effektive und selektive Tumortherapie präzise und individualisiert für jeden Patienten ableiten. Somit bildet eine umfassende histologische und molekulare Tumordiagnostik die Grundlage für eine personalisierte und effektive Krebstherapie (Büttner et al. 2013).
Die Entwicklung von Krebserkrankungen lässt sich ursächlich auf Alterationen im Genom (Mutationen, Deletionen, Amplifikationen, Genfusionen) oder Epigenom zurückführen, die zu einer Veränderung der Aktivität von Onkogenen und Tumorsuppressorgenen und zu einer pathologischen Genexpression führen. Insofern lassen sich die Muster dieser Alterationen sowie Genexpressionsprofile zusammen mit der Histologie als Klassifikatoren von Tumorerkrankungen sowie als Prognosefaktoren zur Graduierung der Malignität von Tumoren nutzen (Seidel et al. 2013), im Falle von Lungentumoren lässt sich anhand des Musters der genetischen Zugewinne und Verluste eine präzise histologische Klassifikation vornehmen (Abb. 6).
Zielgerichtete, selektive Therapien („targeted therapies“) beruhen auf dem molekularen Verständnis der Onkogenese und des Wirkmechanismus von Inhibitoren onkogener Treibermutationen (Abb. 7). Ziel der prädiktiven Pathologie ist es, solche onkogene Treibermutationen nachzuweisen und damit die Effektivität zielgerichteter, personalisierter Therapien prädiktiv zu diagnostizieren. Diese Diagnostik wird zunehmend wichtiger und umfassender, z. B. sind beim Lungenkrebs derzeit über 15 onkogene Treiber, in der Resistenzsituation über 30 Gene relevant. Da häufig Tumorzellen nur im Kontext von Normalgewebe isoliert werden können, kann die Diagnostik solcher Veränderungen im Krebsgenom eine Herausforderung darstellen, besonders dann, wenn die isolierte DNA nur wenige Tumoranteile hat und somit Mutationen in einer sehr niedrigen Allelfrequenz vorliegen. Dann müssen mit einem Multiplexansatz zahlreiche Gene gleichzeitig mittels genomischer Tiefensequenzierung bestimmt werden.
Literatur
Büttner T Allgemeine Pathologie; Spezielle Pathologie. ISBN 3-7945-1840-3
Büttner R, Wolf J, Thomas RK (2013) Lessons learned from lung cancer genomics: the emerging concept of individualized diagnostics and treatment. J Clin Oncol 31(15):1858–1865. doi: 10.1200/JCO.2012.45.9867. Epub 2013 Apr 15. Review
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Kumar, Fausto, Abbas (2004) Robbins & Cotran pathologic basis of disease, 7. Aufl. ISBN 0-7216-0187-1
Remmele (Hrsg) Pathologie. ISBN 3-540-61095-2
Riede, Schaefer Allgemeine und spezielle Pathologie. ISBN 3-13-129684-4
Rosai, Ackerman (2004) Surgical pathology, 9. Aufl. Mosby, Edinburgh/London/New York/Oxford/ Philadelphia/St. Louis/Sydney/Toronto
Seidel D et al (2013) A genomics-based classification of lung cancer. Sci Transl Med, 5(209):209ra153
Internetadressen
Bundesverband Deutscher Pathologen e. V.: http://​www.​pathologie.​de/​
Deutsche Gesellschaft für Pathologie: http://​www.​dgp-berlin.​de/​
European Society of Pathology: http://​www.​europathology.​org/​
Internationale Akademie für Pathologie, Deutsche Abteilung: http://​www.​iap-bonn.​de/​