Kolorektales Karzinom
Während die IORT breite klinische Anwendung zur Therapie lokal fortgeschrittener und insbesondere lokal rezidivierender Rektumkarzinome findet und die häufigste Indikation zur IORT in der Viszeralchirurgie darstellt, ist sie im Rahmen eines multidisziplinären Therapiekonzepts bei Kolonkarzinomen nicht etabliert.
Für lokal fortgeschrittene Rektumkarzinome im mittleren und unteren Drittel besteht das gängige Therapiekonzept gemäß Leitlinie aus neoadjuvanter Radiochemotherapie, gefolgt von einer onkologischen Resektion und adjuvanter Chemotherapie. Hierbei nimmt der Resektionsstatus eine zentrale Rolle hinsichtlich lokaler Rezidivraten und Gesamtüberleben ein. In 10 % der Fälle mit tiefer anteriorer Rektumresektion kann jedoch keine R0-Situation erreicht werden [
7], sodass besonders diese Patienten von der Durchführung einer IORT profitieren können. Bei primärer Multiviszeralresektion im Becken kann diese Rate noch höher sein.
Die IORT bei primären Rektumkarzinomresektionen wurde bislang nur in zwei randomisiert kontrollierten Studien untersucht [
25,
51]. Beide konnten jedoch – auch aufgrund des Studiendesigns – keinen Vorteil hinsichtlich lokaler Rezidivraten und Gesamtüberleben durch die Ergänzung einer IORT zeigen. Neben einer geringen Studienpopulation (
n = 44), mit Einschluss von T1- und T2-Tumoren in der Studie von Masaki et al. [
51], erfolgte in beiden Untersuchungen keine Patientenstratifizierung anhand der MERCURY-Kriterien, sodass die Mehrzahl der eingeschlossenen Patienten ein niedriges Risiko für eine R1-Situation und somit für ein Rezidiv hatte. Die fehlende Effektivität der IORT als Ergänzung zur präoperativen, perkutanen Radiotherapie und chirurgischen Resektion werten die Autoren als Folge hoher R0-Resektionsraten und der geringen Anzahl eingeschlossener T4-Tumoren (
n = 10; 7 %), sodass das lokale Rezidivrisiko insgesamt als gering eingeschätzt werden müsse. Generell scheint es nach den Prinzipien der totalen mesorektalen Exzision (TME) nicht rational zu sein, unselektionierte, R0-resezierte primäre Rektumkarzinome durch eine IORT hinsichtlich der Lokalrezidivrate positiv beeinflussen zu können. Vielmehr muss der Fokus auf Hochrisikopatienten gelegt werden.
Analysiert man nichtrandomisierte Studien, welche sich mit der IORT bei lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinomen beschäftigen, so ist die Datenlage im Falle kompletter Resektionen ebenfalls nicht eindeutig. Während einige Studien verbesserte Lokalrezidivraten durch IORT auch bei R0-Resektion nachwiesen [
65,
81], konnten andere Untersuchungen diesen Vorteil nicht zeigen [
28]. Eindeutiger zeigt sich die Studienlage im Falle eines positiven Resektionsrandes (R
+-Resektion). Die Durchführung einer IORT verbesserte in dieser Situation nicht nur die Lokalrezidivraten, sondern auch das Gesamtüberleben [
28,
39,
46,
72]. Die Ergebnisse selektierter Publikationen sind in Tab.
1 zusammengefasst [
25,
28,
39,
45,
46,
51,
52,
65,
72,
73,
77,
81,
92].
Tab. 1
Relevante Studien, welche die IORT bei lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinomen untersuchten
| 142 IORT: 73 No IORT: 69 | 7,1 IORT: 6,9 No IORT: 7,3 | 15–18 Gy | 100 | Adjuvant: 25 | k. A. | R2: 4,4 % | 60 (10–112)b | p = 0,602 | p = 0,25 |
| 44 IORT:19 No IORT: 25 | 0 | 18–20 Gy | 0 | Adjuvant: 37 | k. A. | k. A. | 34b | p = k. A. | p = 0,344 |
| 43 IORT: 19 No IORT: 24 | 93 | 10–15 Gy | 100 | k. A. | k. A. | k. A. | 74 (27–120)b | p = 0,035 pro IORT | p = k. A. |
Valentini et al. [ 81], 2009 | 78 IORT:29 No IORT: 49 | 100 | 10–15 Gy | 100 | 100 | 0 | R0 | 31 (4–136)b | p = 0,014 pro IORT | p = k. A. |
Ferenschild et al. [ 28], 2006 | 123 IORT: 30 No IORT: 93 | 0 | 10 Gy | 100 | k. A. | 0 | R0/R1/R2 | 25 (1–136)b | R0: p = n. s. R1/2: p = 0,016 pro IORT | R0: p = n. s. R1/2: p = 0,026 pro IORT |
| 243 (alle IORT) | 20 | 10–15 Gy | 50 | 36 | 0 | R0/R1/R2 | 59b | p = k. A. | p = k. A. |
| 417 (alle IORT) | 100 | 10–12,5 Gy | 97 | Neoadjuvant: 78 Adjuvant: 17 | 6 | R0/R1/R2 | 52b | R0 vs. R1 vs. R2 p < 0,001 | R0 vs. R1 vs. R2 p < 0,001 |
Kusters et al. [ 46], 2010 | 605 (alle IORT) | 29 | 10–12,5 Gy | 100 | Neoadjuvant: 64 Adjuvant: 42 | k. A. | R0/R1/R2 | 61 (10–164)c | R0 vs. R1/R2: p < 0,001 | 67 % |
Sadahiro et al. [ 73], 2004 | 167 IORT: 99 No IORT 68: | 13 IORT: 12 No IORT: 13 | 15–25 Gy | 100 (nur 20 Gy) | Neoadjuvant: 53 | 0 | k. A. | 67b | p = 0,002 pro IORT | p = 0,002 pro IORT |
Krempien et al. [ 45], 2006 | 210 (alle IORT) | 22 | 8–18 Gy | 100 | 93 | 42 | R0/R1/R2 | 61 (4–177)b | R0: 7 % R1/2: 23 % | 69 % |
Mathis et al. [ 52], 2008 a | 146 (alle IORT) | 64 | 7,5–25 Gy | 86 | Neoadjuvant: 5 Adjuvant: 40 | 14 | R0/R1/R2 | 44b | 14 % | 52 % |
| 335 (alle IORT) | 16 | 10–15 Gy | 100 | Adjuvant: 73 | k. A. | R0/R1 | 73 (4–205)b | 8 % | 75 % |
| 148 IORT: 71 No IORT: 76 | 42 IORT: 39 No IORT: 44 | 10–20 Gy | 0 | Adjuvant: 48 | 48 | R0/R1 | 72 (10–116)b | p = 0,032 pro IORT | p = 0,189 |
Ähnlich wie bei primären, lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinomen ist der Resektionsstatus auch bei Lokalrezidiven dieser Tumorentität entscheidend hinsichtlich der Rerezidivraten und des Gesamtüberlebens der Patienten [
10,
23,
34,
68]. Im Falle einer R0-Resektion und konsekutiv durchgeführter IORT können 3‑Jahres-Lokalrezidivraten von 18 % und ein 3‑Jahres-Gesamtüberleben von 80 % erreicht werden. Diese Ergebnisse verschlechtern sich jedoch beim Vorliegen einer R1-Situation mit Lokalrezidivraten von bis zu 59 % und Gesamtüberlebensraten von 37 % [
68]. Als Herausforderung stellt sich bei diesen Patienten die im Regelfall vorhandene strahlentherapeutische Vorbehandlung dar, sodass die IORT mittels ihrer Präzision und Minimierung der Strahlenbelastung für gesundes Gewebe eine effektive Möglichkeit darstellt, diese Patienten erneut strahlentherapeutisch zu behandeln. Diesbezüglich konnte der Vorteil der IORT als Ergänzung des multimodalen Therapiekonzeptes durch einige Studien gezeigt werden [
82,
88]. So betrug das lokalrezidivfreie 5‑Jahres-Überleben nach R1-Resektion 50 % für Patienten mit IORT vs. 30 % für Patienten ohne IORT [
88]. Zudem scheint eine erneute perkutane Bestrahlung der Lokalrezidive die Ergebnisse zu verbessern [
10,
38,
68], insbesondere wenn eine R1-Resektion und geringe Wartezeit zwischen präoperativer perkutaner Bestrahlung und Resektion mit IORT vorliegt [
38]. Denn durch Wartezeiten von weniger als 7 Wochen zwischen Beendigung der präoperativen perkutanen Bestrahlung und der IORT könne die Repopulation von Tumorzellen in das Strahlenfeld minimiert werden, womit die Autoren das signifikant reduzierte Lokalrezidivrisiko (
p = 0,007), besonders für R1-resezierte Patienten, begründen. Die Festlegung der optimalen Zeitspanne zwischen präoperativer und intraoperativer Bestrahlung stellt jedoch eine Herausforderung für Chirurgen und Strahlentherapeuten dar, da in derselben Studie längere Wartezeiten wiederum mit höheren R0-Resektionsraten assoziiert waren [
38]. Dies führen die Autoren auf ein nach dieser Zeit erreichtes effektiveres Downstaging des Tumors zurück, sodass eine radikale Resektion erleichtert sei [
38,
85].
Studien, welche die Durchführung der IORT bei lokalen Rektumkarzinomrezidiven analysierten, sind in Tab.
2 aufgeführt [
10,
23,
34,
38,
48,
68,
82,
88]. Limitierend an diesen Publikationen ist, dass Lokalrezidive je nach Untersuchung unterschiedlich definiert und diagnostiziert wurden und keine Angaben hinsichtlich der Lokalisation der IORT und der daraus resultierenden Effektivität vorhanden sind.
Tab. 2
Relevante Studien, welche die IORT bei Lokalrezidiven eines Rektumkarzinoms untersuchten
| 60 (alle IORT) | 10–15 Gy | 50 | k. A. | k. A. | 47 | R0/R1 | 36 (2–189)b | R0 vs. R1: HR 2,09 p = 0,05 | R0 vs. R1: HR 2,9 p = 0,05 |
| 147 (alle IORT) | 10–17,5 Gy | 53 | 84 | 59 | k. A. | R0/R1/R2 | 34 (6–146)b | R0 vs. R1 vs. R2 p < 0,001 (3 Jahre) | R0 vs. R1 vs. R2 p < 0,001 (3 Jahre) |
| 97 (alle IORT) | 10–20 Gy | 44 | 47 | Neoadjuvant: 41 Adjuvant: 8 | 8 | R0/R1/R2 | 33b | R0 vs. R1 vs. R2 p < 0,001 (3 Jahre) | R0 vs. R1 vs. R2 p < 0,001 (3 Jahre) |
Haddock et al. [ 34], 2011 a | 607 (alle IORT) | 7,5–30 Gy | 45 | 91 | Neoadjuvant: 81 Adjuvant: 18 | 7 | R0/R1/R2 | 44b | R0 vs. R1 vs. R2 p < 0,001 | R0 vs. R1 vs. R2 p < 0,001 |
Valentini et al. [ 82], 1999 | 47 IORT: 11 No IORT: 36 | 10–15 Gy | 28 | 100 | Neoadjuvant: 100 | 100 | k. A. | 80 (18–120)b | p < 0,05 pro IORT | p = n. s. |
| 107 IORT: 59 No IORT: 48 | 15–20 Gy | k. A. | 100 | k. A. | k. A. | R0/R1/R2 | k. A. | p = n. s. | p = n. s. |
| 565 IORT: 553 No IORT: 12 | 10–20 Gy | k. A. | 90 | Neoadjuvant: 44 Adjuvant: 9 | 5 | R0/R1/R2 | 40 (überlebende Patienten) | R0 vs. R1 vs. R2 p < 0,0001 | R0 vs. R1 vs. R2 p < 0,0001 |
| 69 IORT: 49 No IORT: 20 | 10–20 Gy | k. A. | k. A. | 50 | 0 | R0/R1/R2 | Range 4–150 | p = k. A. | p = k. A. |
Die Effektivität einer Therapie definiert sich nicht nur aus ihrem Nutzen, sondern auch durch relevante Komplikationen und Risiken. In einer Metaanalyse von Mirnezami et al. [
55] konnte gezeigt werden, dass die Ergänzung der multimodalen Therapie des lokal fortgeschrittenen bzw. des lokal rezidivierenden Rektumkarzinoms um die IORT einen Vorteil hinsichtlich der 5‑Jahres-Raten lokaler Rezidive, des rezidivfreien Überlebens sowie des Gesamtüberlebens bringt. Zwar treten bei Patienten, welche eine IORT erhalten, mehr Wundkomplikationen auf, dennoch ist die Rate an Gesamtkomplikationen, urologischen Komplikationen und Anastomosenstenosen/-insuffizienzen zwischen den Therapiearmen mit und ohne IORT vergleichbar.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die IORT eine effektive Ergänzung der multimodalen Therapie beim Rektumkarzinom darstellt. Patientenselektion ist jedoch ein entscheidender Faktor, sodass bei primären Rektumkarzinomen die Durchführung einer IORT nur bei Patienten mit R1-Resektion und fehlender Möglichkeit der Nachresektion zu empfehlen ist. Auch für Lokalrezidive gilt der Resektionsstatus als stärkster prognostischer Faktor für die Entwicklung eines lokalen Rerezidivs und somit für die Indikation zur IORT.
Sarkome
Die IORT in der Sarkomtherapie findet sowohl bei Sarkomen der Extremitäten als auch bei intraabdominellen und retroperitonealen Sarkomen Anwendung. Aufgrund der Fokussierung dieses Artikels auf die Indikationen bei intraabdominellen Tumoren wird im Folgenden ausschließlich auf Sarkome in intraabdomineller und retroperitonealer Lokalisation eingegangen.
Aus chirurgisch-technischen und anatomischen Gründen ist bei retroperitonealen Sarkomen trotz radikaler Resektion eine R0-Resektion mit weiten Resektionsrändern manchmal nicht möglich [
37,
61,
70]. Dennoch stellt diese einen, wenn nicht den wichtigsten prognostischen Faktor dar [
14,
37,
47], sodass mittels IORT als additiver Therapie eine verbesserte lokale Rezidivkontrolle bei knappem Resektionsabstand erreicht werden kann [
14,
37,
78].
Die Evidenz der IORT als Teil der multidisziplinären Therapie bei Sarkomen basiert größtenteils auf relativ kleinen retrospektiven Fallserien, welche jedoch hinsichtlich lokaler Rezidivraten und Gesamtüberleben nach IORT vielversprechende Ergebnisse zeigten. Während initiale Studien die IORT häufig kombiniert mit postoperativer, perkutaner Radiatio untersuchten [
61], favorisieren aktuellere Studien nach Paradigmenwechsel die Kombination von IORT mit präoperativer, perkutaner Bestrahlung [
32,
60,
62,
79]. Der Grund hierfür liegt in der präoperativ präziseren Eingrenzung des Strahlenfeldes, was mit reduzierter Toxizität für die umliegenden Organe einhergeht [
63]. In einer prospektiven, klinischen Studie [
70], in der Patienten mit primären und rezidivierenden Sarkomen >5 cm zunächst präoperative perkutane Bestrahlung, gefolgt von Resektion mit IORT erhielten, konnte in einer Zwischenanalyse eine 5‑Jahres-Lokalrezidivrate von 28 % erreicht werden.
Relevante Studien sind in Tab.
3 gelistet [
6,
32,
40,
60‐
62,
67,
79,
84]. Häufig sind sowohl Patienten mit primären Sarkomen als auch Patienten mit Sarkomrezidiven eingeschlossen. Obwohl die lokale Kontrolle nach Resektion von Sarkomrezidiven häufig schwieriger gelingt [
6], können auch diese Patienten mittels multidisziplinärer Therapie inklusive IORT erfolgreich therapiert werden, wie eine spanische Studie zeigt [
12]. 103 Patienten mit lokalem Sarkomrezidiv (Sarkome der Extremitäten eingeschlossen) wiesen 5‑Jahres-Lokalrezidivraten, rezidivfreie Überlebensraten und Gesamtüberlebensraten von 27 %, 43 % und 52 % auf.
Tab. 3
Relevante Studien, welche die IORT bei retroperitonealen Sarkomen untersuchten
Petersen et al. [ 61], 2002 | 87 (alle IORT) Rezidive: 50 % | 8,75–30 Gy | 75 | 28 | R0/R1/R2 | 42 (6–138)a | R0 vs. R1 vs. R2 p = 0,09 | R0/R1 vs. R2 p = 0,008 |
| IORT: 14 No IORT: 27 Rezidive: 0 % | 10–20 Gy | 100 | 0 | R0/R1/R2 | 27a | p = k. A. | p = 0,38 |
| 72 IORT:22 No IORT: 50 Rezidive: 25 % | 15 Gy | 100 | 0 | R0/R1/R2 | 40a | p = k. A. | p = k. A. |
| 63 IORT: 37 nur Chirurgie: 26 Rezidive: 36 % | 10–20 Gy | 59 (alle mit IORT) | 0 | R0/R1/R2 | 45a | p = 0,03 pro IORT | p = n. s. |
Gronchi et al. [ 32], 2014 | 83 IORT: 14 Rezidive: 24 % | 10–12 Gy | 88 | 0 | R0/R1/R2 | 58 (36–73)a | p = k. A. | p = k. A. |
| 83 IORT: 18 No IORT: 63 Rezidive: 28 % | 10–15 Gy | 60 | 40 | R0/R1/R2 | 47a | p = 0,9 | p = k. A. |
| 156 (alle IORT) Rezidive: 56 % | Median 15 Gy | 100, nicht spezifiziert | R0/R1 | 38a | p = k. A. | 56 % |
| 908 (SEER Database) IORT: 65 No IORT: 843 | k. A. | 96, nicht spezifiziert | k. A. | k. A. | p = k. A. | p = 0,31 |
| 46 IORT: 16 No IORT: 30 Rezidive: 15 % | Median 10 Gy | 100 | 15 | R0/R1 | 53 (IQR 30–77) | p = k. A. | 81 % |
Als häufigste Risiken nach IORT bei Sarkomen sind gastrointestinale Toxizität, Ureterstenose und Neuropathie beschrieben. Diese treten in ca. 10–35 % der Fälle auf, mit einem erhöhten Risiko bei zunehmender Strahlendosis. Besonders, um den Funktionserhalt wichtiger Nerven (z. B. Nervus femoralis) zu gewährleisten, wird empfohlen, überlappende Strahlenfelder zu vermeiden und die Strahlendosis auf maximal 12 Gy zu beschränken [
54,
61,
69].
Magenkarzinom
Die Prognose des Magenkarzinoms ist besonders für Patienten mit fortgeschrittenen Tumorstadien, regionalem Lymphknotenbefall oder Peritonealkarzinose eingeschränkt [
3], kann jedoch durch perioperative Chemotherapie signifikant verbessert werden. Vielversprechende Ergebnisse zeigt besonders die Durchführung perioperativer Chemotherapie nach dem FLOT(Docetaxel, Oxaliplatin, Leucovorin und Fluoruracil)-Schema [
3,
4], die auch den aktuellen Standard ergänzend zur Resektion eines Magenkarzinoms darstellt. Eine Therapiestrategie, welche besonders in den 1990er-Jahren untersucht und angewendet wurde, ist die IORT, mit dem Ziel lokale Rezidivraten zu minimieren. Nach Studienlage profitierten hierbei besonders Patienten mit Magenkarzinom im Stadium II/III und Lymphknotenbefall [
24,
64,
76,
91], wie relevante Publikationen in Tab.
4 zeigen [
13,
24,
31,
64,
76,
91]. Eine Metaanalyse konnte die verbesserten Lokalrezidivraten durch die Ergänzung der multimodalen Therapie um die IORT beim Magenkarzinom validieren, zeigte jedoch auch, dass die IORT nur bei Patienten mit einem Magenkarzinom im Stadium III einen Einfluss auf das Überleben hatte [
90]. Zudem waren diese Ergebnisse mit dem Grad der durchgeführten Lymphadenektomie vergesellschaftet, sodass hauptsächlich Patienten, welche die IORT kombiniert mit limitierter Lymphadenektomie erhielten, verbesserte Überlebensraten zeigten [
17,
64]. Diesbezüglich muss ausdrücklich erwähnt werden, dass die Durchführung einer IORT keine schlecht oder nur begrenzt durchgeführte chirurgische Resektion ersetzt. Auch das Komplikationsprofil nach IORT ist nicht eindeutig; während einige Studien ähnliche Komplikationsraten nach IORT verglichen zur alleinigen Resektion beschrieben [
17,
29,
76], zeigten andere erhöhte Morbiditätsraten und Spätkomplikationen nach IORT [
24,
91].
Tab. 4
Relevante Studien, welche die IORT bei Magenkarzinomen untersuchten
| 97 IORT: 46 No IORT: 51 | 12–15 Gy | 0 | Adjuvant: 100 | 100 | D2 | R0/R1 | 37 (9–81)a | p = 0,04 pro IORT | p = 0,4 |
Drognitz et al. [ 24], 2007 | 122 IORT: 61 No IORT: 61 | 12–25 Gy | 0 | 0 | 0 | D2 | R0 | 56a | IORT: 10 % | p = 0,99 |
| 547 IORT:106 No IORT: 441 | 10–30 Gy | 0 | 0 | 0 | D2/3 | k. A. | k. A. | p = k. A. | Stadium III, D2: p < 0,005 pro IORT Stadium III, D3: p > 0,05 |
Skoropad et al. [ 76], 2000 | 78 IORT: 40 No IORT: 38 | 20 Gy | 51 (alle in IORT Gruppe) | 0 | 0 | D1 | k. A. | k. A. | p = k. A. | p = 0,08 pro IORT (medianes Überleben) |
| 42 (alle IORT) | 12–15 Gy | 0 | Adjuvant: 33 | 86 | k. A. | R0/R1 | 131 (0,5–190)a | 22 % | 45 % (10 Jahre) |
| 32 (alle IORT) | 10–15 Gy | 0 | Adjuvant: 31 | 47 | D2 | R0 | 40 (2–60)a | 84 % | 55 % |
Obwohl in den aufgeführten Studien gute Ergebnisse hinsichtlich lokaler Rezidivkontrolle durch die IORT erzielt wurden, resultierte dies nicht in einem Überlebensvorteil für alle Patientengruppen. Dies lässt sich womöglich auf das Auftreten von Fernmetastasen zurückführen, sodass systemisch effektivere Therapiestrategien zur Behandlung des Magenkarzinoms notwendig sind und damit die IORT aktuell nicht zur Standardtherapie des Magenkarzinoms gehört.
Pankreaskarzinom
Trotz kurativer Resektion haben Patienten mit Pankreaskarzinom eine sehr eingeschränkte Prognose. Aktuell konnten verbesserte Resektions- und Überlebensraten durch neoadjuvante Therapieregime mit FOLFIRINOX oder Nab-Paclitaxel (± Radiatio) erreicht werden [
16,
33,
56]. Da häufig trotz intensiver Vorbehandlung keine R0-Resektion bei lokal fortgeschrittenen oder Borderline-resektablen Pankreaskarzinomen möglich ist, kann die IORT eine gute, additive Therapie darstellen, um trotzdem geringe Lokalrezidivraten zu erreichen. Diese vielversprechenden, neoadjuvanten Therapiestrategien in Verbindung mit der IORT wurden bisher nur durch eine Studie von Keane et al. [
43] untersucht. Hierbei wurden 68 Patienten mit Borderline-resektablem oder lokal fortgeschrittenem Pankreaskarzinom eingeschlossen, wovon 41 nach neoadjuvanter Vorbehandlung resektabel waren. Davon wiederum erhielten 22 Patienten aufgrund knapper oder positiver Resektionsränder an diesen und im Tumorbett eine IORT und zeigten mit 35,1 und 21 Monaten ein verbessertes medianes Gesamt- bzw. progressionsfreies Überleben im Vergleich zu Patienten ohne IORT mit einem medianen Gesamt- bzw. progressionsfreiem Überleben von 24,5 und 16,3 Monaten. Jedoch erwies sich die IORT auch bei denjenigen Patienten, die irresektabel waren und nur eine IORT des Tumors sowie eine Gastrojejunostomie erhielten, mit einem medianen Gesamtüberleben von 24,8 Monaten und progressionsfreiem Überleben von 16,1 Monaten als effektiv. Diese beeindruckenden Daten trotz in situ belassenen Tumors bedürfen laut den Autoren weiterer Studien, da aufgrund des Paradigmenwechsels keine vergleichbaren Daten vorlägen. Im Gegensatz dazu stellten ältere Studien, welche die IORT bei lokal fortgeschrittenen und nichtresektablen Pankreaskarzinomen untersuchten, keinen Überlebensvorteil bei signifikant verbesserten Lokalrezidivraten fest [
8,
15,
41,
50]. Diese sind in Tab.
5 zusammengefasst [
8,
15,
41,
43,
50].
Tab. 5
Relevante Studien, welche die IORT bei lokal fortgeschrittenen/nichtresektablen Pankreaskarzinomen untersuchten
| 41, alle reseziert IORT: 22 No IORT: 19 | 8–13 Gy | 100 | Neoadjuvant: 100 | 0 | R0/R1/R2 | 21a | p = k. A. | p = n. s. (medianes Überleben) |
| 194 (alle IORT, 0 % reseziert) | 10–25 Gy | 97 | 29 (nicht spezifiziert) | 22 | k. A. | 12 (1–126)a | 62 % (3 Jahre) | 6 % (3 Jahre) |
| 81 (0 % reseziert) IORT: 18 IORT + perk. RT.: 25 perk. RT.: 16 palliativ reseziert: 22 | 15–25 Gy | 0 | k. A. | 80 | k. A. | k. A. | p = k. A. | p = k. A. |
| 247 (alle IORT, 0 % reseziert) | 10–20 Gy | 0 | Adjuvant: 39 | 47 | k. A. | 10a | 65 % (3 Jahre) | 7,2 % (3 Jahre) |
| 192 (alle IORT) reseziert: 83 nicht reseziert: 109 | 20–30 Gy | 0 | Adjuvant: 55 | 29 | R0/R1/R2 | 38a | 29 % (2 Jahre) | 16,9 % (2 Jahre) |
Im Gegensatz zu den lokal irresektablen oder Borderline-resektablen Pankreaskarzinomen konnten für primär resektable Pankreaskarzinome nicht nur verminderte Lokalrezidivraten [
5,
11,
75,
80], sondern durch einige Studien auch verbesserte Gesamtüberlebensraten bestätigt werden [
5,
66,
80]. Jedoch wurde in nur einer dieser Studien bei 39 % der Patienten eine adjuvante Chemotherapie durchgeführt, diese hatte in der multivariaten Analyse keinen Einfluss auf das Gesamtüberleben [
66]. Es ließen sich neben der IORT das Tumorstadium [
66], eine R0-Resektion [
11] und die Durchführung einer neoadjuvanten Therapie [
80] als wichtige prognostische Faktoren hinsichtlich des Gesamtüberlebens nachweisen. Relevante Studien sind in Tab.
6 aufgeführt [
5,
11,
53,
57,
66,
75,
80].
Tab. 6
Relevante Studien, welche die IORT bei (Borderline-)resektablen Pankreaskarzinomen untersuchten
Valentini et al. [ 80], 2009 | 270 (alle IORT, 91 % reseziert) | 7,5–25 Gy | 24 | Neoadjuvant: 9 Adjuvant: 3 | 40 | R0/R1/R2 | 96 (3–180)a | 77 % | 18 % |
| 60 R/BR (83 % reseziert) IORT: 29 No IORT: 31 | 10–15 Gy | 100 | Neoadjuvant: 32 Adjuvant: 62 | k. A. | R0/R1 | 16 (1–182)a | 42 % | 20 % |
| 46 R/BR (100 % reseziert) IORT: 21 No IORT: 25 | 10 Gy | 0 | 0 | 57 | Negativ/postiv | 82a | p < 0,001 pro RT | p = 0,06 pro RT |
Showalter et al. [ 75], 2009 | 83 R/BR ORT: 37 No IORT: 46 | 10–20 Gy | 0 | Adjuvant: 64 | 63 | R0/R1/R2 | 21° | p = 0,2 | p = k. A. |
| 203 R/BR (82 % reseziert) IORT: 127 No IORT: 76 | 10–25 Gy | 0 | Adjuvant: 40 | 28 | R0/R1/R2 | 21 (13–109)a | p = 0,02 pro IORT (medianes Überleben) | p = 0.07 (medianes Überleben) |
Messick et al. [ 53], 2008 | 49 R/BR IORT: 22 No IORT: 27 | 10–12 Gy | 0 | Adjuvant: 63 | 59 | Negativ/postiv | IORT: 10 (1–36)a No IORT: 13 (3–36)a | p = n. s. (medianes Überleben) | p = n. s. (medianes Überleben) |
| 210 R/BR (alle IORT) | 20–30 Gy | k. A. | Adjuvant: 50 | 30 | R0/R1 | 26a | 16 % (2 Jahre) | 42 % (2 Jahre) |
Eine bisher nicht gut untersuchte Indikation zur IORT beim Pankreaskarzinom stellt das isolierte Lokalrezidiv dar. In einer diesbezüglichen Studie [
71] wurden 36 Patienten mit Lokalrezidiv mittels Resektion, IORT und adjuvanter Radiatio (86 %) behandelt. Dabei konnten mit einer 2‑Jahres-Lokalrezidivrate von 33 % und 2‑Jahres-Gesamtüberlebensrate von 45 % vielversprechende Ergebnisse verzeichnet werden.
Die vorgestellten Studien sind trotz guter Ergebnisse und geringem Toxizitätsprofil der durchgeführten IORT hauptsächlich durch ihr größtenteils retrospektives Design sowie unterschiedliche Einschlusskriterien (R
+-Resektionen, neo-/adjuvante Therapieregimen) limitiert. Deswegen wird von einigen Autoren eine Phase-III-Studie gefordert, um die Rolle der IORT zur Behandlung des Pankreaskarzinoms, insbesondere in Kombination mit neuen neoadjuvanten Therapiestrategien, genauer zu definieren [
44].