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2018 | Buch

Die geburtshilfliche Anästhesie

herausgegeben von: Peter Kranke

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Das vorliegende Buch bietet umfassendes Praxiswissen rund um die Analgesie und Anästhesie bei Schwangeren und wendet sich an alle Anästhesisten in Aus- und Weiterbildung, die sich für diese verantwortungsvolle Aufgabe wappnen möchten. Dargestellt werden alle relevanten Allgemeinanästhesie- und Regionalanästhesieverfahren, sowohl für geburtshilfliche, als auch für nicht-geburtshilfliche Eingriffe.

Das hochkarätige, interdisziplinäre Autorenteam, bestehend aus Anästhesisten, Geburtshelfern, Pädiatern und Neonatologen vermittelt praxisnah und verständlich die Grundlagen und Besonderheiten aus dem jeweiligen Blickwinkel. Dies garantiert ein grundlegendes Verständnis der komplexen Zusammenhänge und liefert das nötige „Know-How“ für ein sicheres Vorgehen bei der Betreuung von Mutter und Kind. Auch auf anästhesiologische Komplikationen und geburtshilfliche Notfälle geht das Werk ein und wie sich diese behandeln beziehungsweise von Anfang an vermeiden lassen. Zahlreiche Fallbeispiele mit typischen Vorgehensweisen sowie "Trouble Shooting Boxen", anhand derer alternative Wege oder Lösungsstrategien bei Problemen aufgezeigt werden, machen das Werk besonders praxistauglich.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Grundlagen

Frontmatter
1. »Ich kann kein Glück empfinden – die arme Frau hat so gelitten!«
Schmerzvolle Geburtserfahrungen in historisch-literarischen Fallbeispielen
Zusammenfassung
Aus der Feder verzweifelter Ehemänner zeigen dramatische Geburtsberichte von prominenten Frauen die Tragödie der voranästhesiologischen Zeit. Wenn englische Royals, Napoleon und Lessing zu Wort kommen, schreiben Geburten und deren nicht selten dramatischer oder gar fataler Ausgang Kultur- und Weltgeschichte.
J. Dietl
2. Geschichte der geburtshilflichen Anästhesie
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden die Anfänge und die Geschichte der Inhalationsanalgesie in der Geburtshilfe beschrieben. Dargestellt werden z. B. erste Erfahrungen in der geburtshilflichen Anästhesie, der Opioideinsatz, die Entwicklung neuroaxialer Verfahren.
M. Goerig, H. Wulf
3. Schwangerschafts- und Geburtsrisiken
Zusammenfassung
Trotz aller Anstrengungen, die weltweite mütterliche Mortalitätsrate nachhaltig zu senken, stieg diese 2015 laut WHO wieder leicht an. Weiterhin sterben weltweit täglich über 830 Frauen an schwangerschafts- oder geburtsassoziierten Komplikationen, wobei die überwiegende Zahl der Fälle vermeidbar wäre. Verschiedene Projekte haben sich bisher mit der Erfassung mütterlicher Mortalität und Morbidität im Rahmen der Narkose beschäftigt. Laut Centers for Disease Control and Prevention (CDC) betrug der anästhesiebedingte Anteil im Jahr 2015 0,7% aller mütterlichen Sterbefälle. Während die Anzahl der unmittelbar anästhesiebedingten Todesfälle in den Confidential Enquiry into Maternal Deaths (CEMD) seit 1985 abgenommen hat, blieb die Zahl der anästhesieassoziierten Todesfälle auf einem nahezu unveränderten Niveau. Atemwegsprobleme sowie die Aspiration von Mageninhalt hatten zuletzt insgesamt weniger fatale klinische Endergebnisse zur Folge.
S. T. Neuhaus, D. Bremerich
4. Psychosomatische Aspekte, Geburtserfahrung und nichtpharmakologische Techniken der Analgesie
Zusammenfassung
Die Frauenheilkunde und insbesondere die Geburtshilfe haben bereits frühzeitig psychosomatische Aspekte in ihre theoretischen und praktischen Überlegungen einbezogen. Seit den 1960er Jahren kam es unter dem zunehmenden Einfluss der ganzheitlichen Betrachtungsweise des Geburtsprozesses zu einer Umorientierung der klinischen Geburtshilfe. Interventionen, vom klinischen Alltag bestimmte Eingriffe wie auch die schmerzfreie Geburt werden zunehmend kritisch hinterfragt. Ein positives Geburtserlebnis ist von der Erfüllung von Wünschen des Paares abhängig, z. B. Wahl des Geburtsortes, Geburtsposition und Einsatz von medizinisch notwendigen Maßnahmen. Gesellschaftliche Vorstellungen spielen dabei eine große Rolle. Die Möglichkeit einer intensiven Betreuung der Frau und des Paares in der Geburtssituation nimmt einen zunehmend stärkeren Stellenwert ein. Kreißsäle und Wochenbettstationen werden „familiär“ gestaltet und Konzepte aus der ambulanten Geburtshilfe in den klinischen Alltag übernommen.
M. Abou-Dakn

Physiologie und Anatomie

Frontmatter
5. Physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft
Zusammenfassung
Ziel dieses Kapitels ist es, dem Anästhesisten ein Verständnis der komplexen physiologischen Vorgänge im Laufe der Schwangerschaft zu vermitteln und Querverweise zur anästhesiologischen Versorgung einer Schwangeren zu geben. Es werden zunächst die morphologischen Veränderungen organbezogen dargestellt und erst in einem zweiten Schritt die physiologischen Vorgänge erklärt. Wo immer es sinnvoll erscheint, werden die Bezüge zur anästhesiologischen Versorgung hervorgehoben, da die dargelegten Kenntnisse unerlässlich sind, um zwischen physiologisch regelrechten Veränderungen (Anpassung) und pathologischen Zuständen (Fehlreaktion) rechtzeitig unterscheiden und therapeutische Handlungsmaßnahmen ableiten zu können.
H.-J. Aust
6. Plazentaanatomie und -physiologie mit uteroplazentarem Kreislauf
Zusammenfassung
Die Plazenta besteht neben der Nabelschnur aus parenchymatösem Gewebe, der sog. Eihaut (Amnion) und der Zottenhaut (Chorion). Sie fungiert als Schnittstelle zwischen Mutter und Fetus und ermöglicht den physiologischen Transfer von Gasen, Nährstoffen und Metaboliten. Die Funktion der Plazenta ist als hochkomplex und dynamisch anzusehen. Fortschritte im Bereich der Anatomie, Biochemie und Molekularbiologie haben innerhalb der letzten Jahrzehnte viel zum heutigen Verständnis der Funktionsweise dieses Organs beigetragen.
N. Engel, J. U. Schreiber
7. Physiologie des Feten
Zusammenfassung
Die intrauterine Entwicklung ist bis zur 30. Schwangerschaftswoche (SSW; ca. 1500 g) durch die Anlage und Reifung der Organe geprägt, wobei die Lunge zuletzt funktionsfertig wird. Danach steht bis zur regulären Geburt mit 40 SSW (ca. 3500 g) die Speicherung von Reserven im Vordergrund. Der Fetus ist von Fruchtwasser umgeben, das von der Niere, aber auch von der Lunge gebildet wird und sowohl physiologische als auch pathogene Effekte hat. Der Gas- und Substrataustausch erfolgt über die Plazenta, die zudem eine immunologische Barriere darstellt. Im fetalen Kreislauf herrscht ein niedriges O2-Angebot, das den Fetus vor O2-Toxizität schützt und an das er hämatologisch und metabolisch angepasst ist. Darüber hinaus entwickelt er „Präadaptationen“ an die perinatale Transition zum extrauterinen Leben und verfügt über Selbstschutzmechanismen, durch die er auf eine Minderversorgung mit einer schrittweisen Reduktion des Energiebedarfs reagieren und so eine kritische Asphyxie hinauszögern kann.
D. Singer

Pharmaka

Frontmatter
8. Pharmakotherapie in der Schwangerschaft und Stillzeit
Zusammenfassung
Die Arzneimittelbehandlung in Schwangerschaft und Stillzeit ist aufgrund der unbefriedigenden Datenlage mit erheblichen Unsicherheiten bezüglich möglicher teratogener oder fetotoxischer Wirkungen verbunden. Die Schwangerschaft und die begleitenden hormonellen Veränderungen betreffen sowohl die Pharmakodynamik (stärkere Wirkung von Narkotika) als auch die Pharmakokinetik (andere Dosierungen bedingt durch die Vergrößerung des wässrigen Kompartiments und eine verbesserte Elimination). Das Kind wird im Mutterleib durch die Blut-Plazenta-Schranke, nach der Entbindung beim Stillen durch die Blut-Milch-Schranke partiell vor Pharmaka geschützt. Basische Arzneistoffe, wie z. B. Morphin, können jedoch gut im Kind akkumulieren. Die maternale Plasmakonzentration, der Milch-Plasma-Verteilungsquotient (M/P-Quotient) und die (altersabhängige) Trinkmenge ergeben die zu erwartende Dosis, die der Säugling aufnimmt. Die relative Dosis, also das Verhältnis der durch den Säugling oral über die Muttermilch aufgenommenen Menge zur Dosierung der Mutter, eignet sich am besten, um die Belastung des Säuglings abschätzen und einordnen zu können.
R. Böhm, H. Ohnesorge
9. Medikamente in der Geburtshilfe
Zusammenfassung
Im Rahmen der Geburtshilfe werden Medikamente verwendet, die sowohl dem Geburtshelfer als auch dem Anästhesisten vertraut sein müssen. Hierzu zählen Medikamente für die Geburtseinleitung wie Oxytocin und Prostaglandine. Tokolytika werden häufig für eine Schwangerschaftsverlängerung oder eine zumindest kurzfristige Unterbrechung der Wehentätigkeit, z. B. zur Anlage einer Periduralanalgesie unter der Geburt, verwendet. Die Prophylaxe oder Therapie einer peripartalen Blutung stellen dagegen Indikationen für die Gabe von Uterotonika dar. Für die Lungenreifung des ungeborenen Kindes kommen plazentagängige Glukokortikoide zum Einsatz. Sowohl Opioide als auch Lokalanästhetika werden ebenfalls häufig in der Geburtshilfe, dann zur Geburtserleichterung oder zur Sectio caesarea, appliziert.
T. Hüppe, Z. Takacs, W. Wilhelm
10. Präpartale Anästhetikaexposition und kindliche Entwicklung
Zusammenfassung
Neben bekannten schädlichen Noxen (z. B. Alkohol) haben auch viele klinisch gebräuchliche Anästhetika theoretisch das Potenzial, die präpartale ZNS-Entwicklung negativ zu beeinflussen. Es gibt jedoch derzeit keine Hinweise auf eine ursächliche, klinisch relevante Beeinträchtigung der neurokognitiven Entwicklung nach Anästhetikaexposition. Entscheidendes Schlüsselelement für die Integrität der ZNS-Entwicklung ist die konsequente Wahrung der mütterlichen und kindlichen Homöostase bei elektiven und im Speziellen auch bei nichtdisponiblen Eingriffen. Dazu zählt u. a. die adäquate Analgesie und Anästhesie bei intrauteriner Chirurgie, die kompetent durchgeführte Anästhesie bei Schwangeren inklusive postoperativer Nachsorge sowie optimale Analgesieverfahren unter der Geburt.
K. Becke

Geburt, geburtshilfliche Analgesie und Anästhesie

Frontmatter
11. Normaler Schwangerschaftsverlauf und normale Geburt
Zusammenfassung
Der normale Schwangerschaftsverlauf und die normale Geburt sind physiologische Vorgänge, die einer großen biologischen Variabilität unterliegen. Heutzutage wünschen sich die meisten werdenden Eltern einen möglichst unproblematischen Schwangerschaftsverlauf und eine natürliche Geburt. Zugleich soll aber keinesfalls das Wohl des Kindes gefährdet werden. Dies ist nur möglich durch gezielte Vorsorge und Screening-Untersuchungen, um etwaige Auffälligkeiten während des Schwangerschaftsverlaufs frühzeitig zu detektieren und diesen gegenzusteuern. In Deutschland sind Art und Umfang der Betreuung während der Schwangerschaft durch die Mutterschafts-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) geregelt. Während der Geburt sind die genauen Kenntnisse des Geburtsverlaufs, der Geburtsmechanik und der begleitenden physiologischen Prozesse für alle beteiligten Berufsgruppen von größter Relevanz. Nur durch sie lassen sich etwaige Gefahren frühzeitig erkennen, und es kann hierauf adäquat reagiert werden.
M. Papsdorf, A. Wöckel
12. Risikoschwangerschaft, Schwangerschaftserkrankungen und pathologische Geburt
Zusammenfassung
Bei einer Risikoschwangerschaft besteht ein erhöhtes Risiko für das Leben und die Gesundheit von Mutter oder Kind. Ein Großteil der Risikoschwangerschaften ist Folge schwerer mütterlicher Erkrankungen. Genaue Kenntnisse der wechselseitigen Beeinflussung von Schwangerschaft und Erkrankung sind unabdingbar. Es muss geklärt werden, ob das Risiko, eine Schwangerschaft auszutragen, vertretbar ist. Ebenso sollten mögliche Therapienebenwirkungen auf den Fetus eruiert werden, vielfach sind Umstellungen oder Dosisanpassungen bei medikamentösen Therapien notwendig. Bei Risikoschwangerschaften ist es darüber hinaus erforderlich, den Entbindungsmodus, den Entbindungszeitpunkt und die geeignete Entbindungsklinik festzulegen, um für Mutter und Kind die bestmögliche Betreuung zu gewährleisten. Auch bei zuvor unauffälligen Schwangerschaftsverläufen kann es unter der Geburt zu Pathologien kommen, teils mit dramatischen Folgen.
M. Papsdorf, A. Wöckel, P. Kranke
13. Analgesie zur Spontangeburt
Zusammenfassung
Schmerzen unter der Geburt werden individuell unterschiedlich wahrgenommen, oftmals aber als unerträglich beschrieben. Fragt man vor Anlage einer neuroaxialen Analgesie nach der Schmerzintensität, werden vielfach Werte auf der numerischen Ratingskala (von 0 bis 10) zwischen 8 und 10 angegeben. Geburtsschmerz imponiert somit vielfach stärker als ein Frakturschmerz. Zwar kommen komplementärmedizinische Interventionen, weil sie dem Wunsch der Hebammen oder auch der Schwangeren entsprechen, gerade in Deutschland nicht selten zum Einsatz, doch deren Anwendung ist weder gut belegt noch ausreichend gegen Geburtsschmerz wirksam. Insofern sollte alles unternommen werden, die Schwangere angstfrei – und dies bedeutet auch angstfrei im Hinblick auf Schmerzen – auf die Geburt vorzubereiten und durch die Geburt zu führen. Dies impliziert auch, dass tunlichst der Eindruck vermieden werden sollte, die Schwangere habe versagt, wenn eine rückenmarknahe Regionalanalgesie bzw. wirksame alternative Verfahren als gegenwärtiger Goldstandard in der geburtshilflichen Analgesie erforderlich waren.
J. Wallenborn, P. Kranke
14. Anästhesie zur Kaiserschnittentbindung
Zusammenfassung
Der Kaiserschnitt ist eine fast 4000 Jahre alte Prozedur, die ursprünglich zur Rettung des Neugeborenen unter Aufgabe des Lebens der Mutter diente. Erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist der Kaiserschnitt eine Prozedur, die sowohl die Mutter als auch das Neugeborene regelhaft überleben. In Deutschland werden aktuell ungefähr ein Drittel aller geborenen Kinder per Kaiserschnitt entbunden. Nur bei einem geringen Anteil (ca. 1,6%) aller mütterlichen Todesfälle (1–1,4/10.000 Geburten) im Rahmen einer Kaiserschnittentbindung ist eine anästhesiologische Komplikation ursächlich. Aktuell sind rückenmarknahe Regionalverfahren (Spinalanästhesie, Epiduralanästhesie oder die kombinierte Spinal-Epidural-Anästhesie) die bevorzugten Anästhesieverfahren für einen Kaiserschnitt. Eine Allgemeinanästhesie zur Schnittentbindung wird nur in der absoluten Notfallsituation oder bei speziellen mütterlichen oder kindlichen Indikationen durchgeführt.
D. Chappell, P. Kranke, J. Jedlicka
15. Sonstige Eingriffe vor, während und nach der Geburt
Zusammenfassung
Während Analgesieverfahren im Rahmen der Geburtshilfe und die Anästhesie zum Kaiserschnitt in vielen anästhesiologischen Abteilungen häufig praktizierte Verfahren sind, ist die anästhesiologische Betreuung bei einer Vielzahl weiterer Eingriffe im Kontext der Geburtshilfe seltener. Dieses Kapitel bietet eine Übersicht über weitere, typische Eingriffe im geburtshilflichen Kontext, um auch für jene zum Teil eher selteneren Situationen optimal vorbereitet zu sein. Besonderheiten der folgenden Eingriffe und das jeweilige anästhesiologische Vorgehen wird erläutert: Kürettage bei Spätabort, Cerclage und totaler Muttermundverschluss, äußere Wendung, fetalchirurgische Eingriffe, intrauterine Transfusion, „ex utero intra partum treatment“ (EXIT), manuelle Plazentalösung, Kürettage bei Spätabort und Plazentaverhalt, Versorgung von Geburtsverletzungen, Tubensterilisation.
S. Weber

Prä-, peri- und postpartale Betreuung/Beurteilung von Mutter und Kind

Frontmatter
16. Geburtsüberwachung
Zusammenfassung
Die Kardiotokographie (CTG) ist das Standardverfahren für die fetale Geburtsüberwachung. Dem Vorteil einer hohen Sensitivität bei der Azidose-Erkennung stehen Nachteile wie die schlechte Reproduzierbarkeit und die begrenzte Spezifität der Methode gegenüber, wenn das CTG ohne flankierende Diagnostik angewandt wird. Für die weitere Abklärung wird die fetale Blutgasanalyse (FBA) empfohlen, wodurch operative Entbindungen aufgrund falsch-pathologischer CTG-Muster reduziert werden können. Der Bedarf für die FBA kann wiederum durch Anwendung der ST-Analyse des fetalen EKG signifikant vermindert werden. Der klinische Nutzen anderer additiver Überwachungsverfahren konnte bislang nicht belegt werden, weshalb diese nicht als Basis für klinische Entscheidungen herangezogen werden sollten. Die „klassische“ Auskultation fetaler Herztöne ist eine personalintensive Alternative zum intrapartalen CTG, die heute den medikolegalen Dokumentationsansprüchen kaum noch genügt.
J. Gnirs, K. Schneider
17. Beurteilung des Neugeborenen und Reanimation
Zusammenfassung
Mehr als 90% aller Neugeborenen kommen nach einer Schwangerschaftsdauer von mindestens 37 Wochen zur Welt. Diese Neugeborenen werden aufgrund ihrer pränatal erworbenen Organreife als reife Neugeborene bezeichnet. Vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche (<37+0 Schwangerschaftswochen) geborene Kinder werden als Frühgeborene bezeichnet. Diese stellen eine bedeutsame Patientengruppe innerhalb der Neonatologie dar und zeigen neben einer erhöhten Morbiditäts- auch eine größere Mortalitätsrate im Vergleich zu reifen Neugeborenen.
J. Wirbelauer, C. Speer

VI Nichtgeburtshilfliche Anästhesie und Analgesie

Frontmatter
18. Nichtgeburtshilflicher Eingriff bei Schwangeren
Zusammenfassung
In 0,5–2% aller Schwangerschaften wird ein nichtgeburtshilflicher Eingriff notwendig. Die häufigsten Indikationen resultieren aus dem Vorliegen einer Appendizitis, einer Cholezystitis, einer Harnstauung, von Adnex-Prozessen sowie von Traumata infolge von Unfällen in Haushalt oder Verkehr. Bei der Wahl von Anästhetika und Operationstechnik müssen die Risiken für die Mutter und das ungeborene Kind berücksichtigt werden. Lässt sich ein Eingriff nicht bis auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Schwangerschaft verschieben, so gilt es, das optimale perioperative Management inklusive präoperativer Untersuchungen und postoperativer Überwachung und Analgesie interdisziplinär (Chirurg, Anästhesist, Geburtshelfer) abzustimmen. Eine Spinalanästhesie geht mit der geringsten Medikamentenbelastung einher. Allgemeinanästhesien sind sicher bei korrekter Medikamentenauswahl und Aufrechterhaltung von adäquater mütterlicher Oxygenierung, Normokapnie, Normothermie und ausreichendem arteriellen Druck.
J. Wallenborn
19. Reproduktionsmedizin
Zusammenfassung
In Deutschland ist etwa jedes siebte Paar ungewollt kinderlos. Die Ursachen sind dabei auf Mann und Frau gleich verteilt. Die Abklärung umfasst die Untersuchung des weiblichen Zyklusgeschehens, der Tubendurchgängigkeit sowie eine Ejakulatuntersuchung. Die Art der reproduktionsmedizinischen Therapie ist abhängig von der zugrunde liegenden Pathologie. Die In-vitro-Fertilisation wird heutzutage nicht nur bei Tubenverschluss, sondern auch aufgrund vielfältiger Indikationen durchgeführt. Aus anästhesiologischer Sicht ist die Kenntnis der reproduktionsmedizinischen Maßnahmen bedeutsam, um die Patientinnen einfühlsam begleiten und anästhesiologisch betreuen zu können. Ein Verständnis für die zeitlichen Abfolgen im Kontext der interventionellen bzw. operativen Maßnahmen (Eizellgewinnung) ist zur optimalen Terminierung der Eingriffe unerlässlich.
U. Zollner

Notfälle, Zwischenfälle, Komplikationen und deren Prävention

Frontmatter
20. Geburtshilfliche Notfälle
Zusammenfassung
Bei vielen geburtshilflichen Notfällen ist eine reibungslose interdisziplinäre Zusammenarbeit wichtig. Somit ist es auch notwendig, dass Anästhesisten die geburtshilflichen Grundsätze dieser Notfälle kennen und wissen, was für die Geburtshelfer im Vordergrund steht. Bei einigen Notfällen ist es wichtig, nicht überstürzt zur Not-Sectio zu schreiten, sondern die Mutter zunächst zu stabilisieren. In vielen dieser Situationen muss jedoch zur Entbindung des Kindes rasch eine adäquate Anästhesie etabliert werden. Bei sorgfältiger Planung und entsprechender Struktur kann dies durchaus eine Regionalanästhesie sein. Das Kapitel umfasst geburtshilfliche Notfälle wie eklamptischer Anfall, Nabelschnurvorfall, Schulterdystokie, Plazentalösung oder Uterusruptur. Es werden aber ebenso allgemeinere Notfallsituationen wie Sepsis oder thromboembolische Ereignisse behandelt.
C. Vonlanthen, O. Lapaire, T. Girard
21. Anästhesiologische Komplikationen
Zusammenfassung
Anästhesiologische Komplikationen werden durch Anästhesisten verursacht und verdienen somit erst recht unsere Aufmerksamkeit. Neben allgemeinen anästhesiologischen Komplikationen, wie Lokalanästhetika-Intoxikation oder Medikamentenverwechslung, sind andere primär mit der geburtshilflichen Anästhesie assoziiert. Hierzu gehört die totale Spinalanästhesie, die subdurale Blockade oder auch der postpunktionelle Kopfschmerz. Eine andere Gruppe verlangt nach einer Handlungsanpassung bei Schwangeren, so die maligne Hyperthermie oder der Herz-Kreislauf-Stillstand. Die geburtshilfliche Anästhesie ist extrem sicher, und schwere Komplikationen kommen glücklicherweise sehr selten vor. Dies liegt wahrscheinlich vor allem daran, dass es sich mehrheitlich um junge, gesunde Patientinnen handelt.
A. Zettl, T. Girard
22. Gerinnung in der Schwangerschaft und peripartale Blutung
Zusammenfassung
Aufgrund der prokoagulatorischen Eigenschaften des Trophoblasten bzw. der Plazenta und der vermehrten Produktion von Gerinnungsfaktoren überwiegen zum Ende des dritten Trimenons prokoagulatorische Effekte bei gleichzeitig geminderter Fibrinolyse. Umgekehrt kann das Fibrinogen in Verbindung mit einer Messung des Blutverlustes im Falle einer schweren peripartalen Blutung (PPH; >500 ml bzw. 1000 ml Blutverlust) hinweisgebend für den Schweregrad der Blutung sein. In der Therapie der PPH sollten hämostaseologische, operative und ggf. interventionelle radiologische Therapieansätze ineinandergreifen. Sie umfassen u. a. die zügige Steigerung der Uteruskontraktion in Verbindung mit einer operativen Kompression, die frühzeitige Gabe von Tranexamsäure zur Vermeidung der Hyperfibrinolyse und die Wiederherstellung eines ausreichenden Gerinnungspotenzials. Alle Therapieschritte sollten in einem interdisziplinär abgestimmten Algorithmus auf Basis der aktuellen AWMF-Leitlinie trainiert werden.
L. Kaufner, C. v. Heymann
23. Atemwegsmanagement
Zusammenfassung
Während der Schwangerschaft treten zahlreiche physiologische und anatomische Veränderungen in verschiedenen Organsystemen auf. Eine Ödemneigung im Verlauf kann auch die Atemwege betreffen und zu einer Verschlechterung des Mallampati-Status beitragen. Besonders ausgeprägt und rasch progredient kann sich die ödematöse Schwellung der Atemwege bei Patientinnen mit Präeklampsie oder HELLP-Syndrom darstellen. Die schwangerschaftsassoziierten respiratorischen Veränderungen, insbesondere die deutlich reduzierte funktionelle Residualkapazität zusammen mit einem erhöhten Sauerstoffbedarf, bewirken eine bedeutsame Abnahme der Apnoetoleranzzeit und damit eine schnellere Entwicklung von Sättigungsabfällen bzw. Hypoxien in Apnoephasen. Der sicherste Atemweg ist der einer suffizient atmenden Patientin mit erhaltenen Schutzreflexen unter Regionalanästhesie. Grundsätzlich sollte daher, sofern keine Kontraindikationen vorliegen, eine Regionalanästhesie zur Schnittentbindung angestrebt werden.
J. Hinkelbein, H. Drinhaus

Intensivtherapie

Frontmatter
24. Intensivtherapie bei Schwangeren
Zusammenfassung
Die Geburt eines Kindes ist ein Schlüsselerlebnis im Leben von Frauen und ihren Familien. Die wenigen Frauen, die peripartal einer intensivmedizinischen Überwachung oder Therapie bedürfen, sollten entsprechend denselben hohen klinischen Standards behandelt werden, wie sie bei allen anderen intensivtherapiepflichtigen Patienten auch angewendet werden, unter zusätzlicher Berücksichtigung der spezifischen schwangerschaftsassoziierten physiologischen und pathophysiologischen Besonderheiten. Diese schwangerschaftsspezifischen Konstellationen werden mit ihrer Auftretenswahrscheinlichkeit, der Pathophysiologie, der Behandlung und auch der weiteren Betreuung im Kapitel Intensivtherapie bei Schwangeren dargestellt.
D. Bremerich, S. T. Neuhaus

Organisation und Qualität der geburtshilflichen Anästhesie

Frontmatter
25. Organisation und medikolegale Aspekte in der Geburtshilfe und geburtshilflichen Anästhesie
Zusammenfassung
Wie in vielen anderen Bereichen unseres Fachgebietes bedarf es auch in der Geburtshilfe einer ordnungsgemäßen Klärung der Schnittstellen zwischen den Fachdisziplinen, um das bestmögliche Ergebnis für Mutter und Kind zu erzielen und um organisatorische Fehler zu vermeiden. Hierbei sind unter anderem gesetzliche Bestimmungen sowie organisatorische Vereinbarungen zwischen der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) sowie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) zu berücksichtigen. Für den täglichen Ablauf ist es wichtig, sich im Vorfeld sowohl mit diesen Vereinbarungen und Bestimmungen vertraut zu machen als auch sich zu verdeutlichen, welche strukturellen Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Das Kapitel gibt einen Einblick über essenzielle Rahmenvereinbarungen, die im täglichen Zusammenspiel Basisvoraussetzung für eine reibungslose interdisziplinäre Interaktion sind.
W. Gogarten
26. Qualitätsindikatoren in der geburtshilflichen Anästhesie
Zusammenfassung
Qualitätsindikatoren sind Parameter, anhand derer die Qualität der Patientenversorgung im Sinne eines externen Benchmarkings beurteilt und überwacht werden kann. Sie basieren auf Leitlinien bzw. wissenschaftlicher Literatur, und ihre Formulierung setzt eine solide, flächendeckende Datenerfassung voraus. Durch die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin und den Berufsverband Deutscher Anästhesisten wurden 2015 erstmalig Qualitätsindikatoren für anästhesiologische Leistungen definiert. Im Gegensatz zur Geburtshilfe finden sich für die geburtshilfliche Anästhesie keine evidenzbasierten Indikatoren. Allerdings existieren einige Projekte, die an der Erstellung von Datenbanken arbeiten bzw. konkrete Vorschläge für die Entwicklung und Etablierung von Qualitätsindikatoren liefern. Die obligate Voraussetzung für die Entwicklung von validen Qualitätsindikatoren und die Etablierung einer Qualitätssicherungsstruktur ist daher die flächendeckende Erfassung verlässlicher Daten.
D. Baro, L. Messroghli
27. Infektionsprävention in der geburtshilflichen Anästhesie
Zusammenfassung
Dem Anästhesieteam kommt eine wichtige Bedeutung bei der Vermeidung postoperativer Wundinfektionen durch Aufrechterhaltung der perioperativen Homöostase und zeitgerechte Applikation der perioperativen Antibiotikaprophylaxe zu. Auch die Grundlagen zur Vermeidung katheterassoziierter Infektionen oder beatmungsassoziierter Pneumonien werden nicht selten im Zuge der anästhesiologischen Versorgung gelegt. Im Bereich der geburtshilflichen Anästhesie kommt die Vielzahl regionalanästhesiologischer Verfahren hinzu, sowohl bei Sectiones caesareae im Operationssaal als auch im Rahmen der geburtshilflichen Analgesie im Kreißsaal. Außerdem haben die Vermeidung der Transmission krankenhaushygienisch relevanter Keime, einschließlich multiresistenter Erreger, sowie die besonderen Anforderungen bei der Neugeborenenversorgung große Bedeutung. Dieses Kapitel fasst die erforderlichen Hygienemaßnahmen und ihre praktische Umsetzung zusammen.
S. Schulz-Stübner
28. Teamtraining, Simulation und interdisziplinäre Zusammenarbeit im Kreißsaal
Zusammenfassung
Bedingt durch die möglichen dramatischen Konsequenzen für Mutter und Kind, erfordern geburtsmedizinische Notfälle eine abgestimmte interdisziplinäre Zusammenarbeit. Steigende Sectio-Raten, ein wachsender Anteil von Müttern über 35 Jahre bei der Geburt des ersten Kindes, die Zunahme von Mehrlingsschwangerschaften, maternaler Adipositas und Schwangerschaftsdiabetes sowie ein hoher Anteil makrosomer Kinder lassen eine Häufung geburtsmedizinischer Notfälle erwarten. Ein Teamtraining z. B. der Not-Sectio oder der peripartalen Hämorrhagie, wie zuletzt auch in den aktuellen Leitlinien (10) empfohlen, kann helfen, das Setzen von Handlungsprioritäten, das Treffen von Entscheidungen und die Rollenzuweisung der Teammitglieder für den Notfall zu trainieren. Eine „simulation light“ ist ein wiederholtes Training kurzer Handlungssequenzen im klinischen Alltag, um somit eine hohe Durchführungsfrequenz und ggf. einen höheren „Durchdringungsgrad“ in häufig wechselnden Teams im Kreißsaal zu erzielen.
L. Kaufner, C. v. Heymann

Typische Fallkonstellationen, Zwischenfälle und Internetressourcen

Frontmatter
29. Fallkonstellationen
Zusammenfassung
Im folgenden Kapitel werden typische Kreißsaal-Szenarien und deren anästhesiologisches bzw. interdisziplinäres Management exemplarisch dargestellt. Und zwar nicht, um den Eindruck einer „Best-practice-Lösung“ zu vermitteln, sondern um die Abläufe verschiedener geburtshilflicher Situationen mit der entsprechenden Logistik, Technik, Pharmakaauswahl einschließlich Dosierung und Dokumentation „in einem Guss“ und möglichst praxisnah darzustellen.
P. Kranke
30. Komplikationen und Zwischenfälle in der Geburtshilfe: CIRS-Berichte aus der Geburtshilfe und geburtshilflichen Anästhesie
Zusammenfassung
Das Vorhalten von Incident-Reporting-Systemen (IRS) zur Stärkung der Patientensicherheit ist seit 2013 gesetzlich geregelt. Derartige Systeme, in denen von Mitarbeitern anonym über Zwischenfälle, Fehler und Prozessabweichungen berichtet wird, dienen ausschließlich der Vermeidung künftiger Zwischenfälle und nicht der Klärung von Schuld- und Haftungsfragen; sie sind also proaktiv und lösungsorientiert ausgelegt. Im Kapitel werden beispielhaft fünf Fälle dargestellt, die (abgesehen von geringen redaktionellen Änderungen) Originalfälle sind und an denen im Rahmen einer Kurzanalyse das Potenzial des CIRS (Critical-Incident-Reporting-System) als Lern- und Veränderungssystem beleuchtet wird. Sie wurden aus über 4500 in CIRS-AINS gemeldeten Fallberichten ausgewählt.
M. St.Pierre
31. Geburtshilfe und geburtshilfliche Anästhesie im Internet: Links, Apps und Downloads
Zusammenfassung
Dieses Kapitel bietet eine Zusammenstellung ausgewählter Internetseiten und Links, deren Inhalt und Mehrwert kursorisch unter dem Blickwinkel der Tätigkeit in der geburtshilflichen Anästhesie erläutert wird. Hinzu kommen Verweise auf Apps für Smartphones. Einige Links sind naturgemäß eher allgemein oder generell für die perioperative Phase relevant (z. B. die PEG-Empfehlung zur Antibiotikaprophylaxe), andere haben einen spezifisch-geburtshilflichen Fokus (z. B. PPH-Konsensus mit Algorithmus zum Management der peripartalen Blutung).
P. Kranke
Backmatter
Metadaten
Titel
Die geburtshilfliche Anästhesie
herausgegeben von
Peter Kranke
Copyright-Jahr
2018
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-54375-7
Print ISBN
978-3-662-54374-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54375-7

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