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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 15.07.2023

Asthma bronchiale

Verfasst von: Ina Haasler und Christian Taube
Typische Charakteristika des Asthma bronchiale sind variable Atemwegsobstruktion, bronchiale Hyperreagibilität und eine Entzündungsreaktion in den Atemwegen. Klinisch steht bei den Patienten anfallartiges Auftreten von Dyspnoe , Brustenge, unproduktiver Husten und eine häufige Verbindung mit einer allergischen Diathese im Vordergrund. In Abhängigkeit von der Symptomatik am Tag bzw. in der Nacht, der Einschränkung von Alltagsaktivitäten, dem Bedarf an Notfallmedikation, der Einschränkung der Lungenfunktion und der Frequenz von Exazerbationen wird das Asthma eines Patienten als kontrolliert, teilweise kontrolliert und unkontrolliert eingestuft. Die Diagnose Asthma bronchiale erfolgt anhand der Anamnese, des klinischen Befundes und der Lungenfunktionsdiagnostik. Differenzialdiagnostisch muss insbesondere COPD vom Asthma unterschieden werden. Neben präventiven (Identifikation und Reduktion von Risikofaktoren) und nicht medikamentösen Maßnahmen (Patientenschulung, körperliches Training, Allergenkarenz) wird eine standardisierte Pharmakotherapie entsprechend den aktuellen Leitlinien über mehrere Therapieschritte empfohlen (Stufentherapie). Für die wenigen Patienten mit einem therapierefraktären schweren Asthma bieten verschiedene Add-on einzusetzende Antikörpertherapien eine gute therapeutische Option.

Definition

Asthma bronchiale ist ein komplexes Syndrom mit vielen klinischen Phänotypen. Typische Charakteristika sind variable Atemwegsobstruktion, bronchiale Hyperreagibilität und eine Entzündungsreaktion in den Atemwegen. Klinisch steht bei den Patienten ein anfallartiges Auftreten von Dyspnoe, Brustenge, unproduktiver Husten und eine häufige Verbindung mit einer allergischen Diathese im Vordergrund.

Pathophysiologie

Asthma ist auch bezüglich der Pathophysiologie eine heterogene Erkrankung. Genetische Faktoren (Atopie) und Umwelteinflüsse (Allergenexposition, virale Infekte) spielen sowohl für die Suszeptibilität eines Individuums als auch für den Krankheitsverlauf eine entscheidende Rolle. Verschiedene Mechanismen tragen dabei zu dem klinischen Bild eines Asthma bei. Dabei spielen sowohl immunologische Mechanismen sowie verschiedene Veränderungen im Atemwegsepithel, der glatten Atemwegsmuskulatur und den Atemwegsnerven wichtige Rollen. Die entzündlichen Veränderungen sind phänomenologisch durch die Akkumulation von eosinophilen Granulozyten, Lymphozyten und Mastzellen in Atemwegslumen und -wand charakterisiert. Eine eosinophile Entzündung ist bei ca. der Hälfte der Asthmapatienten nachzuweisen. Dafür scheint insbesondere eine sogenannte Typ (T) 2-Entzündungsreaktion mit den Markerzytokinen Interleukin (IL)-4, IL-5 und IL-13 verantwortlich zu sein.

Epidemiologie

Die weltweiten Prävalenzdaten zeigen höhere Patientenzahlen in industrialisieren Ländern im Vergleich zu Entwicklungsländern. Besonders hoch ist die Prävalenz einer durch einen Arzt gestellte Diagnose Asthma in Australien (ca. 30 %). In Deutschland wird aktuell von einer Prävalenz von 10 % bei Kindern und 5 % bei Erwachsenen ausgegangen. In den letzten Jahrzehnten war eine ständige Zunahme der Asthmaprävalenz zu beobachten, aktuelle Untersuchungen legen aber nahe, dass in westlichen Ländern dieser Zuwachs zum Stillstand gekommen ist.

Klinik

Klassische Symptome bei Patienten mit Asthma sind wiederholte anfallartige Atemnot, Engegefühl in der Brust (häufig auch Nachts), trockener Husten, exspiratorische Atemnebengeräusche (Giemen und Brummen), Atemnot während oder nach körperlicher Belastung, Atemnot und Husten nach Exposition mit inhalativen Irritanzien (z. B. thermisch, Dampf-, Rauch-, Staubexposition). Symptome im Bereich der oberen Atemwege (Allergische Rhinitis, Chronische Sinusitis) sind häufig ebenfalls vorhanden. Bei Patienten mit allergischem Asthma kann eine jahreszeitliche Variabilität mit Zunahme der Beschwerden nach Exposition mit einem relevanten Allergen bestehen.
Eine Klassifikation eines Asthmas nach Schweregraden ist nicht zielführend, bei beschriebener deutlicher Variabilität der Lungenfunktion als auch der klinischen Beschwerden über die Zeit.
Besser geeignet ist die Erfassung der aktuellen Asthmakontrolle. Ziel ist die Abwesenheit asthmaassoziierter Beschwerden und Einschränkungen unter Therapie. In Abhängigkeit von der Symptomatik am Tag bzw. in der Nacht, der Einschränkung in Alltagsaktivitäten, dem Bedarf an Notfallmedikation, der Einschränkung der Lungenfunktion und der Frequenz von Exazerbationen wird das Asthma eines Patienten als kontrolliert, teilweise kontrolliert und unkontrolliert bezeichnet (Tab. 1).
Tab. 1
Kriterien der Asthmakontrolle
Grade der Asthmakontrolle
Erwachsene
Gut kontrolliert
Teilweise kontrolliert
Unkontrolliert
Symptomkontrolle
Hatte der Patient in den letzten vier Wochen:
- Häufiger als zwei Mal die Woche tagsüber Symptome
- Nächtliches Erwachen durch Asthma
- Gebrauch der Bedarfsmedikation bei Symptomen häufiger als zwei Mal in der Woche1,2
- Aktivitätseinschränkung durch Asthma
Kein Kriterium erfüllt
1–2 Kriterien erfüllt
3–4 Kriterien erfüllt
Beurteilung des Risikos für eine zukünftige Verschlechterung des Asthmas
Erhebung von:
1. Lungenfunktion (Vorliegen einer Atemwegsobstruktion)
2. Anzahl stattgehabter Exazerbationen (keine, ≥ Jahr/in der aktuellen Woche)
1Ausgeschlossen ist eine Bedarfsmedikation, die vor dem Sport angewendet wird
2Dieses Kriterium ist nicht bei Patienten anwendbar, die ausschließlich eine Fixkombination inhalativem Steroid (ICS)/Formoterol bedarfsorientiert anwenden. Ist erfüllt wenn Fixkombination > vier Mal die Woche angewendet wird oder empfohlene Tageshöchstdosis des Formoterol überschritten wird

Diagnostik

Die Diagnose Asthma bronchiale erfolgt anhand der Anamnese, der Erfassung der oben beschriebenen klinischen Beschwerden und der Lungenfunktionsdiagnostik. Asthmasymptome können nur episodenhaft vorhanden und von variabler Ausprägung sein. Längere Perioden völliger Beschwerdefreiheit sind möglich, z. B. bei Patienten mit allergischem Asthma , die nur durch saisonal oder intermittierend auftretende Allergene sensibilisiert sind. Beispielhaft sei hier ein berufsassoziierter Allergenkontakt oder eine Tierhaarallergie genannt.
Idealerweise erfolgt bei bestehenden Beschwerden, vor Begin einer inhalativen Therapie, die Bestätigung der reversiblen Atemwegsobstruktion durch Spirometrie und Bronchospasmolysetestung. Der Nachweis einer bronchialen Hyperreagibilität kann mit einem unsperzifischen inhalativen Provokationstest z. B. mit Metacholin durchgeführt warden. Zur Diagnosestellung Asthma sollten die typischen Symptome mit Variabilität vorliegen, der Nachweis einer obstruktiven Ventilationsstörung geführt werden und eine Reversibilität der obstruktiven Ventilationsstörung bestätigt werden. Siehe hierzu Tab. 2 mit den Asthma Diagnosekriterien orientiert an den aktuellen internationalen Empfehlungen (Tab. 2).
Tab. 2
Diagnosekriterien Asthma
1. Anamnese bezüglich pulmonaler Beschwerden mit variablem Verlauf
Luftnot, Brustenge, trockener Husten
Asthma wahrscheinlicher bei
  
- Es liegen mehrere typische Symptome vor
- Symptome variieren über die Zeit
- Symptome treten nachts auf oder am frühen Morgen
- Sport, Allergene, kalte Luft führen zu Symptomen
- Symptome verstärken sich bei Atemwegsinfektionen
2. Nachweis einer obstruktiven Ventilationsstörung
 
3. Nachweis einer Variabilität bezüglich der obstruktiven Ventilationsstörung in der Lungenfunktion
Nachweis der Bronchodilatator- Reversibilität nach Inhalation SABA
Erwachsene: Anstieg FEV1 mind. >12 % und >200 ml
Kinder : Anstieg FEV1 mind. >12 %
 
Positiver Belastungstest
Erwachsene Abfall FEV1 >10 % und >200 ml
Kinder: Abfall FEV1>12 % oder Abfall PEF >15 %
 
Positiver unspezifischer bronchialer Provokationtest
(Metacholin u. a.)
Abfall der FEV1 >20 %
 
Variabilität in der obstruktiven Ventilationsstörung bei wiederholten Messungen
Erwachsene: Variation FEV1 >12 % und >200 ml
Kinder: Variation FEV1 >12 % oder >15 % PEF
Außerhalb von Atemwegsinfekten
Haasler orientiert an GINA guideline 2022
Typische klinische Befunde sind bei der Untersuchung von Patienten mit manifester Bronchialobstruktion anzutreffen, am häufigsten trockene Rasselgeräusche. Der Auskultationsbefund kann aber trotz einer relevanten obstruktiven Ventilationsstörung auch unauffällig sein. Auch ist es möglich, dass trockene Rasselgeräusche erst bei forcierter Exspiration ausgelöst werden. Im lebensbedrohlichen Asthmaanfall kann das Atemgeräusch sehr leise sein („silent chest“).

Differenzialdiagnostik

Die Bestimmung des exhalierten Stickstoffmonoxid (FeNO) kann die Diagnose Asthma stützen, hier sind häufig erhöhte Meßwerte nachweisbar. Normale Werte schließen die Diagnose jedoch nicht aus. Nach Bestätigung der Diagnose Asthma sollte eine allergologische Basisdiagnostik erfolgen dies beinhaltet die allergologische Anamnsese und einen Prick-Test. Gesamt-IgE-Bestimmung, Bestimmung von allergenspezifischem IgE und Differenzialblutbild sollten bei spezifischer allergologischer Fragestellung oder ab Stufe 4 der medikamentösen Asthmatherapie durchgeführt werden.
Eine Bildgebung der Thoraxorgane und Laborwerte (z. B. Bestimmung des Alpha-1-Proteinaseninhibitors, D-Dimere, Blutgasanalyse) kommen bei einer Abgrenzung zu anderen pneumologischen Krankheitsbildern zum Einsatz.
Differenzialdiagnostisch ist es wichtig, Asthma und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) voneinander zu trennen, da Prognose und medikamentöse Therapie der Erkrankungen unterschiedlich sind. In Tab. 3 sind die wichtigsten differenzialdiagnostischen Befunde für Asthma und COPD angegeben. In einigen Fällen, insbesondere bei Asthmatikern mit relevanter Raucheranamnese, können aber durchaus beide Krankheitsbilder gleichzeitig vorliegen. In diesen Fällen besteht eine eher fixierte obstruktive Ventilationsstörung plus eine Diffusionsstörung bei Emphysemkomponente.
Tab 3
Differenzialdiagnostische Befunde für Asthma und COPD
Merkmal
Asthma
COPD
Alter bei Erstdiagnose
Meist 1.–3. Lebensdekade
Meist 5.–6. Lebensdekade
Häufig: Kindheit, Jugend
Risikofaktor
Überwiegend Raucher
Klinische Symptomatik
Luftnot anfallsartig
Luftnot bei Belastung
 
Husten, kein Auswurf
Husten mit Auswurf
Allergie
Häufig
Kein direkter Zusammenhang
FeNO
Oft erhöht
Meist normal
Bronchiale Hyperreagibilität
Regelhaft vorhanden
Selten
Obstruktive Ventilationsstörung
Variabel und reversibel
Progredient und nicht reversibel
Weitere wichtige Differenzialdiagnosen sind mechanische Obstruktion der großen Atemwege, zystische Fibrose, eosinophile Granulomatose mit Poliangiitis (eGPA), eosinophile Pneumonie, Herzinsuffizienz und eine allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA).

Therapie

Allgemeine Empfehlungen

Ziele der Asthmatherapie sind gute Symtomkontrolle und ein normales Aktivitätslevel im Alltag ohne Einschränkungen. Das Risiko von Exazerbationen, dauerhaften Lungenfunktionseinbußen und Nebenwirkungen der Therapie müssen bei der Therapieeintscheidung berücksichtigt werden.
Neben präventiven (Identifikation und Reduktion von Risikofaktoren) und nicht medikamentösen Maßnahmen (Patientenschulung, körperliches Training, Nikotinkarenz, Allergenkarenz, Normalisierung des Körpergewichts) wird insbesondere eine standardisierte medikamentöse Therapie als eine entscheidende Säule des Asthmamanagements empfohlen. Die Beurteilung eines Asthmapatienten erfolgt dabei auf der Grundlage der aktuellen Asthmakontrolle (Tab. 1). Die Pharmakotherapie wird entsprechend den aktuellen deutschen Leitlinien über mehrere Therapieschritte angepasst (Abb. 1)
Der aktuelle Grad der Asthmakontrolle bestimmt hierbei die Wahl der medikamentösen Therapie. Bei nur unzureichender Symptomkontrolle sollte die Therapie um je eine Stufe eskaliert werden. Wird eine gute Asthmakontrolle für mehr als drei Monate erreicht, kann die Therapie schrittweise bis zur niedrigsten möglichen Therapiestufe deeskaliert werden.
Da pathophysiologisch entzündliche Prozesse in den Atemwegen eine grundlegende Rolle bei der Erkrankung spielen, werden als Grundlage der Therapie antientzündliche Substanzen eingesetzt. Dabei sind topische Kortikosteroide allen anderen eingesetzten Substanzen (z. B. Leukotrien-Rezeptorantagonisten, Theophyllin) in ihrer Wirksamkeit überlegen und bilden den Grundstein der Therapie.
Hervorzuheben ist, dass bei allen Patienten eine antientzündliche Therapie mit inhalativen Steroiden erfolgen sollte (Tab. 4). Auch bei mildem oder saisonalen Beschwerden ist eine alleinige Therapie mit Bronchodilatatoren nicht empfohlen.
Tab. 4
Tagesdosen (Angaben in μg) verschiedener inhalativer Steroide für Erwachsene
Wirkstoff
Niedrige Dosis
Mittlere Dosis
Hohe Dosis
Beclometason
100–200
> 200–400
> 400
Budesonid
200–400
> 400–800
> 800
Ciclesonid
80–160
> 160–320
≥ 320
Fluticasonpropionat
100–250
> 250–500
> 500
Mometasonfuroat
200
400
> 400
Nach der nationalen Versorgungsleitlinie 2020, nicht Kongruent mit der Fachinformation und Zulassung einzelner Produkte.
Der Einsatz von Kombinationsinhalern mit inhalativem Steroid und Formoterol, welche als Dauertherapie als auch zusätzlich als Bedarfsmedikation eingesetzt warden ist Therapie der ersten Wahl. Bei seltenen Beschwerden z. B. nur saisonal ist der Einsatz der inhalativen Therapie bedarfsweise einer Dauertherapie mindestens ebenbürtig bezüglich der Vermeidung von Asthmaexazerbationen.
Der wiederholte Gebrauch von Bedarfsmedikation deutet auf eine unzureichende Asthmakontrolle hin und erfordert eine Therapieanpassung.
Die Therapie bei Erstdiagnose eines teilkontrolliertem Asthma sollte mit Medikation der Therapiestufe 2 erfolgen. Liegt initial ein unkontrolliertes Asthma vor (häufige Symptome, nächtliches Erwachen und Aktivitätseinschränkungen) sollte die Therapie mindestens in der Stufe 3 begonnen werden, entsprechend ICS niedrig dosiert plus LABA.

Schweres Asthma

Bei einem geringen Teil der Asthmapatienten wird trotz intensiver Therapie in der Therapiestufe 4 (ICS hohe Dosis + LAMA + LABA) keine gute Asthmakontrolle erreicht. Teils besteht eine dauerhafte Obstruktion und es kommt wiederholt zu Asthmaexazerbationen. Hier ist es ärztliche Aufgabe zu differenzieren zwischen schwierig zu behandelndem Asthma, bei dem relevante Komorbiditäten wie z. B. schwere Adipositas, psychiatrische Erkrankungen oder therapierefraktäre chronische Rhinosinusitis eine bessere Therapieeinstellung verhindern. Komorbiditäten sollen ideal behandelt werden und mögliche Asthmadifferenzialdiagnosen müssen vor weiterer Therapieerweiterung ausgeschlossen werden. Compliance und gute Inhalationstechnik als auch Medikamentenadhärenz sollten gefördert und überprüft werden. Asthmapatienten die dann weiterhin keine gute Asthmakontrolle haben werden als therapierefraktäres Asthma klassifiziert (< 5 % aller Patienten mit Asthma bronchiale).
Hier ist eine Phänotypisierung der Patienten erforderlich um in der Therapiestufe 5 eine Antikörpertherapie zu ergänzen. Alle aktuell zugelassenen Präparate haben eine gute Wirksamkeit bezüglich der Senkung von Exazerbationen gezeigt. Der Benefit bezüglich Lungenfunktion, Lebensqualität, Möglichkeit der Reduktion/Ausschleichen systemischer Steroide, wenn vorbestehend, ist individiell verschieden. Ein initialer Testzeitraum von 4–6 Monaten wird empfohlen und dann eine Beurteilung des Therapieansprechens unter Einbeziehung aller patientenzentrierten Ansprechparameter.
Ein Vorschlag bezüglich der aktuell verfügbaren Optionen zur Phänotypisierung von Patienten mit therapierefraktärem schwerem Asthma zeigt Tab. 5. Manche Parameter sind auch entscheidend für die Indikationsstellung innerhalb der Medikamentenzulassung der Präparate.
Tab. 5
Phänotypisierung bei therapierefraktärem schwerem Asthma
Phänotypisierung
Parameter
Allergologischer Status
Anamnese, aktuelle Klinik, Prick-Test, spezifisches IgE
Gesamt-IgE
Besteht eine Eosiophilie?
Mehrfachbestimmung Differenzialblutbild,
Bei systemischer Steroidtherapie nach kurzer Pause oder unter niedrigster möglicher Dosis
Sofern etabliert Bestimmung Eosinophile im Sputum
Bestehen Nebenerkrankungen die durch eine spezifische Antikörpertherapie effektiv mitbehandelt werden können?
Chronische Rhinosinusitis mit/ohne Nasenpolypen- HNO Untersuchung
IgE-assoziierte Nahrungsmittelallergien
Besteht eine Typ-2 Entzündung
Expiratorisches Stickstoffmonoxid (FeNO), gerne Mehrfachbestimmung
Exazerbationsfrequenz
Zahl der Exazerbationen der letzten zwölf Monate (infektiöse/nichtinfektiöse)
Referenz: Haasler adaptiert nach GINA Leitlinie 2022
Bei Patienten mit schwergradigem allergischen Asthma kommt der Einsatz des IgE-spezifischen monoklonalen Antikörpers Omalizumab als „Add-on“-Behandlung infrage. Nach subkutaner Gabe senkt der Einsatz von Omalizumab durch Bildung von Omalizumab-IgE-Immunkomplexen die Serumtiter zirkulierender freier IgE-Antikörper. Bereits rezeptorgebundenes IgE wird jedoch nicht erkannt, wodurch eine Zellaktivierung durch Kreuzvernetzung vermieden wird. Der Nachweis einer allergischen Pathogenese durch erhöhte Gesamt-IgE-Spiegel und den notwendigen Nachweis erhöhter spezifischer IgE-Werte oder einer positiven Reaktion in einem Hauttest auf mindestens ein perenniales (ganzjähriges) Inhalationsallergen (z. B. Hausstaubmilben) ist gefordert. Wird eine allergische Genese nachgewiesen, kann Omalizumab bei Patienten, die trotz hoher Dosen inhalativer Steroide in Kombination mit einem langwirksamen β2-Sympathomimetikum eine eingeschränkte Lungenfunktion (FEV1 < 80 % vom Soll) oder häufige Symptome oder mehrere dokumentierte schwere Exazerbationen haben, eingesetzt werden. Die wesentlichen Effekte der Behandlung bestehen dabei in der Reduktion der klinischen Beschwerden, des Medikamentenverbrauchs und der Anzahl der Exazerbationen.
Bei Patienten mit therapierefraktärem schweren Asthma bei denen eine Eosinophilie im Differenzialblutbild (teils zusätzlich im Sputum oder in bronchoalveolärer Lavage) nachgewiesen wurde kann die „Add-on“-Behandlung mit einem gegen Interleukin-5 (IL-5) gerichteten Antikörper (Mepolizumab und Reslizumab) oder gegen IL-5-Rezeptor gerichteten Antikörper (Benralizumab) die Therapie der Wahl sein. Die Zulassung der Präparate auch bei anderen Indikationen (HES, EGPA, chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen) erweitert die therapeutischen Optionen.
Der gegen die IL-4-Rezeptor-α-Kette gerichtete Antikörper Dupilumab hemmt die Signalwirkungen von Interleukin-4 (IL-4) und Interleukin-13 (IL-13). Die Zulassung besteht bei Patienten mit nachgewiesener Typ-2-Entzündung mit moderat erhöhten Bluteosinophilen und/oder erhöhtem expiratorischem Stickstoffmonoxyd (FeNO) unter hoch dosierter inhalativer Steroidtherapie + weiterem Medikament zur Erhaltungstherapie. Über das Asthma hinaus wird der Antikörper bei schwerer atopischer Dermatitis und chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen eingesetzt.
2022 zur Zulassung in Europa kam der anti-TSLP Antikörper (Tezepelumab) wercher die Signalwirkung von Thymus-Stromal-Lymphopoetin (TSLP) aus dem Atemwegsepithel an seinen Rezeptor reduziert. Studien zeigten eine Reduktion der Exazerbationen bei Patienten mit schwerem Asthma. Die Zulassung erfolgte „Add-on“ für Patienten mit unkontrolliertem Asthma trotz Dauertherapie mit hoch dosierten inhalativen Steroiden und einem weiteren Medikament zur Erhaltungstherapie. Erstmals existiert somit auch eine Antikörpertherapie für Patienten ohne Allergien oder Eosinophilie. Klinisches Ansprechen und Erfahrungen, welche Patienten hier am besten profitieren, bleibt abzuwarten.

Behandlung des akuten Asthmaanfalls

Die akute Exazerbation bei Patienten mit Asthma (auch als Asthmaanfall oder akutes Asthma bezeichnet) ist durch eine Zunahme der Hustensymptomatik – häufig mit vermehrtem Auswurf – und Atemnot gekennzeichnet. Zusätzlich kommt es zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion, die durch einen Abfall des exspiratorischen Spitzenflusses (Peak Flow) oder eine Abnahme des FEV1 nachweisbar ist. Diese Episoden können für den Patienten sehr belastend sein, in einigen Fällen auch lebensbedrohlich. Viele unterschiedliche Faktoren können eine Exazerbation bei Patienten mit Asthma auslösen. Dazu gehören Infektionen der Atemwege, Kontakt mit Allergenen oder reizenden Substanzen, Einnahme von Medikamenten (z. B. Betablocker, Acetylsalicylsäure), körperliche Belastung und psychischer Stress. Die wichtigste Ursache für eine akute Exazerbation ist eine virale Infektion der Atemwege. Die ersten klinischen Anzeichen für eine akute Exazerbation des Asthmas sind vermehrter Einsatz der Bedarfsmedikation und Zunahme der Beschwerden, insbesondere in der Nacht. Da häufig auch ein Abfall der Peak-Flow-Werte nachweisbar ist, bietet die regelmäßige Messung der Werte durch den Patienten eine Möglichkeit, akute Exazerbationen frühzeitig zu erkennen. Die Registrierung einer beginnenden Exazerbation bietet die Möglichkeit einer frühzeitigen medikamentösen Intervention, wie Erhöhung der inhalativen Dauertherapie oder/und Ergänzung um Feuchtinhalationen mit Bronchodilatatoren.
Das Auftreten eines Asthmaanfall ist häufig kein Einzelereignis und muss Anlass zur Überprüfung und ggf. Neuerstellung des bisherigen Therapieplans sein.

Leichter bis mittelschwerer Asthmaanfall

Man spricht von einem leichten bis mittelschweren Anfall, wenn die Peak-Flow-Werte noch über 50 % des eigenen Bestwertes liegen, normales Sprechen möglich ist sowie die Atemfrequenz <25/min und die Herzfrequenz <110/min beträgt.
Therapie
  • Inhalation eines kurzwirksamen β2-Sympathomimetikums (2–4 Hübe möglichst mit Inhalationshilfe)
  • 25–50 mg Prednisolonäquivalent oral
  • Atmungserleichternde Körperstellung, dosierte Lippenbremse

Schwerer Asthmaanfall

Ein Peak-Flow-Wert <50 % des persönlichen Bestwertes, Atemnot beim Sprechen sowie eine Atemfrequenz ≥25/min oder eine Herzfrequenz ≥110/min, Sauerstoffsättigung <92 % sind Anzeichen für einen schweren Asthmaanfall.
Sofortbehandlung in der Arztpraxis oder Notaufnahme
  • Sauerstoffgabe über Nasensonde Zielsättigung >94 %
  • Vier Hübe eines kurzwirksamen β2-Sympathomimetikums im Abstand von zehn Minuten möglichst mit Inhalationshilfe. Tatsächlich werden meist Verneblersysteme mit Bronchodilatatoren (SABA + Ipratropiumbromid) verwendet.
  • 40–50 mg Prednisolonäquivalent oral oder i.v.
  • Atmungserleichternde Körperstellung, dosierte Lippenbremse
Hinweise auf eine lebensbedrohliche Situation sind ein Abfall der Peak-Flow-Werte unter 33 % des eigenen Bestwertes oder unter 100 l/min, eine Hypoxie (PaO2 < 8 kPa bzw 60 mmHg oder SaO2 < 92 %), eine Hypo-/Hyperkapnie (Normbereich des PaCO2 4,6–6 kPa bzw. 34,5–45 mmHg), nahezu keine Atemgeräusche („silent chest“), auffällig flache Atmung sowie Zyanose, tachykarde Rhythmusstörungen, Bradykardie, Hypotonie, Erschöpfung, Verwirrtheit und Koma. Sofortiges akut Notfallmanagement und dauerhafte ärztliche Überwachung/Therapie ist erforderlich. Die Therapie ist wie beim schweren Asthmaamnfall es werden jedoch höhere Dosen 50–100 mg Prednisolon systemisch empfohlen.

Besondere Aspekte (Schwangerschaft)

Während einer Schwangerschaft können sich die Beschwerdesymptomatik und die Kontrolle des Asthmas verändern. Bei etwa einem Drittel der Patientinnen kommt es zu einer Verschlechterung der Asthmakontrolle, bei etwa einem Drittel verringern sich die Beschwerden und bei etwa einem Drittel bleibt die Symptomatik unverändert. Ein schlecht kontrolliertes Asthma während der Schwangerschaft erhöht das Risiko für Fehlgeburten, Frühgeburten und ein niedriges Geburtsgewicht des Kindes. Deswegen ist eine enge Überwachung und eventuelle Anpassung der Medikation zur Kontrolle des Asthmas bei schwangeren Patienten notwendig. Die Beibehaltung der medikamentösen Asthmatherapie sollte dringend empfohlen werden. Medikamente der ersten Wahl, wie inhalative Steroide und β2-Sympathomimetika, als auch weitere Asthmamedikamente wie Leuktrienantagonisten und Theophyllin, sind nicht mit einer erhöhten Fehlbildungsrate assoziiert und können deshalb in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Akute Asthmaanfälle sollten aggressiv mit inhalierbaren β2-Sympathomimetika, Sauerstoffgabe und – wenn notwendig – systemischen Steroiden behandelt, um eine Hypoxie des Fetus zu vermeiden.
Bei Patientinnen mit geplanter oder bestehender Schwangerschaft und bestehender Antikörpertherapie sollte eine gemeinsame Entscheidungsfindung zur Fortsetzung oder Beendigung der Antikörpertherapie in der Schwangerschaft gefunden werden. Es besteht keine Zulassung der Medikamente in der Schwangerschaft. Die Möglichkeit der Verschlechterung der Asthmakontrolle und der dadurch erhöhten Gefärdung des Fetus müssen den limitierten Erfahrungswerten/Studiendaten zu Schwangerschaften unter Antikörpertherapie gegenübergestellt werden. Die limitierten Fallberichte/Daten zeigten kein deutliches Risiko für Fehlbildungen des Fetus.
Literatur
Nationale Versorgungsleitlinie Asthma, 4. Aufl. (2020). http://​www.​asthma.​versorgungsleitl​inien.​de
The Gobal Strategy for Asthma Management and Prevention (GINA): Update 2022. www.​ginasthma.​org