Bei den sekundären
Amyloidosen (meist im Zusammenhang mit chronisch entzündlichen Prozessen) wird das Nervensystem durch die Ablagerung von Serumamyloid A (SAA) nur selten geschädigt. Die sporadischen primären Amyloidosen, die zu 90 % bei monoklonaler
Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS, Kap. „Paraproteinämische und paraneoplatische Polyneuropathien“) auftreten, führen jedoch regelmäßig zu
Polyneuropathien. Sie entstehen durch Ablagerung von unlöslichen Immunglobulin-Leichtketten (
AL-Amyloidosen). Auch bei den
hereditären Amyloidosen treten distale sensomotorische und autonome Polyneuropathien auf.
werden autosomal-dominant vererbt. Die extrazelluläre Amyloidablagerung resultiert bei den hereditären Formen aus einem Gendefekt mit fehlerhafter Proteinsynthese. Am häufigsten ist hierbei Transthyretin (TTR) verändert, eine molekulargenetische Diagnostik ist möglich.
In Mitteleuropa ist der sporadisch auftretende Typ der Amyloidose
(primäre Amyloidose) häufiger als der familiäre. Hier treten bei 15–20 % der Patienten zumeist erst in höherem Lebensalter ein
Karpaltunnelsyndrom sowie
symmetrisch-sensible oder
symmetrisch-sensomotorische Polyneuropathien auf. Die Patienten klagen auffallend häufig über
Schmerzen und
Parästhesien, da überwiegend die kleinkalibrigen Fasern betroffen sind. Die Sensibilitätsstörungen sind dementsprechend häufig dissoziiert, d. h. das Schmerz- und Temperaturempfinden ist höchstgradig beeinträchtigt bei normalem oder nur leicht vermindertem Berührungsempfinden. Meist sind auch schwere trophische Störungen nachweisbar (
Ödeme, Ulzerationen, gestörte Schweißsekretion). Sonstige autonome Störungen (verminderte Pupillenreaktion,
orthostatische Hypotonie, Blasen- und Sexualfunktionsstörung) sind in der Regel vorhanden. Typisch ist eine Organomegalie mit auffallend großer Zunge (Makroglossie). Diagnostisch wegweisend ist der Nachweis von
Amyloid (Kongorot oder immunhistochemisch) in der Nerven-, Muskel- bzw. Rektumbiopsie oder dem Bindegewebe des Lig. carpi transversum (Entnahme bei Operation des Karpaltunnels!). Die Prognose ist
ungünstig. Die Patienten sterben meist an Nieren- oder kardialen Komplikationen. Ein Therapieversuch mit Melvalan (0,15 mg pro kg Körpergewicht und Tag für 7 Tage), Prednisolon und Colchicin (0,6 mg 2-mal täglich) wird empfohlen. In schweren Fällen kann eine
Lebertransplantation die weitere Progression aufhalten. Bei gehfahigen Patienten mit Transthyretin - Amyloidose kann Tafamidis gegeben werden (Coelho et al.
2012).