Monogene Krankheiten, die auf dem Funktionsverlust eines Proteins beruhen, können durch viele unterschiedliche Mutationen verursacht werden. Oft liegen
Missense-Mutationen vor, welche das relevante Gen nicht vollständig zerstören, sondern zur Produktion eines veränderten Proteins mit potenzieller Restfunktion führen. Dies erklärt oft einen attenuierten Phänotyp, d. h. ein vergleichsweise weniger schweres Krankheitsbild. Das Ausmaß der Restfunktion ist dann davon abhängig, ob das mutierte Protein durch Fehlfaltung rasch abgebaut wird, oder ob es stabilisiert und dadurch in der Funktion länger erhalten werden kann. Hierbei spielen
Chaperone eine zentrale Rolle, d. h. Substanzen, welche die korrekte Faltung und Assoziation von Proteinen ermöglichen bzw. beschleunigen. Pharmakologische Chaperone sind therapeutisch eingesetzte Moleküle, welche an spezifische ungefaltete Proteine binden, die Faltungsdynamik in die korrekte Richtung verschieben und auch mutierte Proteine stabilisieren können. Zu den wichtigen pharmakologischen Chaperonen gehören
Vitamine und Kofaktoren. So kann bei manchen Patienten mit Methylmalonazidurie aufgrund eines Methylmalonyl-CoA-Mutasemangels (Kap. „Organoazidurien“) eine zusätzliche orale Gabe des Kofaktors Cobalamin (Vitamin B
12) die biochemischen Befunde und den klinischen Verlauf verbessern. Bei Patienten mit milder
Phenylketonurie (PKU, Kap. „Aminoazidopathien“) führt der Kofaktor Tetrahydrobiopterin (BH
4) oft zu einer erhöhten Enzymfunktion durch Stabilisierung des mutierten Proteins. Das BH
4-Präparat Sapropterin (Kuvan®) ist als medikamentöse Therapie der BH
4-responsiven PKU zugelassen (Jahreskosten bei Erwachsenen meist über 100.000 €), ist jedoch entsprechend des Wirkmechanismus bei schweren Formen der PKU aufgrund von homozygoten oder compound-heterozygoten Nullmutationen unwirksam. Gleiches gilt für Migalastat (Galafold®), welches als orales Medikament zur Behandlung des
Morbus Fabry (Kap. „Neurodegenerative Erkrankungen der grauen Hirnsubstanz“) bei bestimmten Mutationen zugelassen ist (Jahreskosten 250–300.000 €). Pharmakologische Chaperone können auch in Kombination mit Enzymersatztherapie dazu verwendet werden, das zugefügte
Enzym zu stabilisieren und dadurch dessen Blutkonzentration zu steigern.