Definition
1855 beschrieb Thomas Addison ein Syndrom, welches sich durch allgemeinen Verfall und Hyperpigmentation auszeichnete. Ätiologisch war eine Zerstörung der Nebennieren festzustellen.
Man unterscheidet hinsichtlich der Lokalisation der auslösenden Störung die primäre von der sekundären (bzw. tertiären) Nebennierenrindeninsuffizienz (NNR-Insuffizienz), wobei immer ein Mangel an Endprodukten der adrenalen Steroidbiosynthese vorliegt. Allen Formen gemeinsam ist die insuffiziente oder fehlende Produktion des Glukokortikoids
Kortisol und meist adrenaler Androgenvorläufer. Bei der primären NNR-Insuffizienz liegt zudem ein Mangel an dem Mineralokortikoid
Aldosteron vor.
Pathophysiologie
Bei der primären NNR-Insuffizienz (
Morbus Addison) ist die Störung im Bereich der Nebennieren selbst lokalisiert. Im Fall der sekundären bzw. tertiären NNR-Insuffizienz liegt diese in der Hypophyse bzw. dem Hypothalamus. Sie betrifft die insuffiziente Freisetzung von ACTH und/oder CRH und damit fehlende Stimulierung der Nebennierenrinde zur Produktion von
Kortisol. Tabelle
1 stellt die möglichen Ursachen der unterschiedlichen Formen der NNR-Insuffizienz dar (Bancos et al.
2014).
Tab. 1
Ursachen der NNR-Insuffizienz abhängig von der Lokalisation der Störung
Autoimmunadrenalitis | |
| Tumoren im Bereich der Hypothalamus-Hypophysen-Region (Kraniopharyngeom, Meningeome, Metastasen) |
Kongenitale Erkrankungen (Adrenoleukodystrophie, AGS, Triple-A-Syndrom, familiäres Glukokortikoid-Defizienz-Syndrom, Nebennierenhypoplasie, IMAGe-Syndrom | Radiatio im Bereich von Hypothalamus/Hypophyse |
Beidseitige Nebenniereneinblutung | Lymphozytäre Hypophysitis |
Tumorinfiltration | Hypophysenapoplexie/Sheehan-Syndrom |
Bilaterale Adrenalektomie | |
Medikamenteninduziert (Mitotane, Aminoglutethimid, Etomidat, Ketokonazol) | |
| Kongenital (z. B. Mutationen von POMC, TPIT, PC1) |
| Iatrogen nach Glukokortikoid-Langzeittherapie |
Klinik
Die Erkrankung manifestiert sich zumeist schleichend und mit unspezifischen Symptomen, weshalb auch heute noch viel Zeit zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und der Diagnosestellung liegen kann. Fast immer werden Leistungsabfall und starke Ermüdbarkeit berichtet. Weiterhin kommt es häufig zu Gewichtsverlust und Anorexie, weshalb sich in der Krankengeschichte von Patienten mit primärer NNR-Insuffizienz öfter Diagnosen wie
Anorexia nervosa oder psychiatrische Vordiagnosen wie Depression finden. Häufig kommt es außerdem zu abdominellen Beschwerden, Übelkeit oder Erbrechen. Da das Glukokortikoiddefizit
zu vermehrter Insulinempfindlichkeit bei verminderter Glukoneogenese führt, kann es vor allem bei Kindern und bei präexistentem Typ 1
Diabetes zu
Hypoglykämien kommen (Bancos et al.
2014).
Etwas spezifischer fällt bei der
primären NNR-
Insuffizienz häufig eine Hyperpigmentation der Haut auf. Durch den primären Glukokortikoidmangel kommt es zu einer Überstimulation der Produktion von ACTH und seinen Beiprodukten wie MSH aus dem Vorläuferpeptid Proopiomelanocortin (POMC). Diese Hyperpigmentation
zeigt sich vor allem an Stellen erhöhter mechanischer Beanspruchung wie Handlinien, Narben, Schleimhäuten oder den Mamillen. Das Aldosteron-Defizit bei der primären NNR-Insuffizienz kann zu orthostatischer Hypotension und Salzhunger führen. Der Mangel an DHEA kann bei Frauen zu Verlust der Sekundärbehaarung und Libidoverlust führen (Husebye et al.
2014).
Tabelle
2 fasst die möglichen Symptome abhängig von den jeweiligen hormonellen Defiziten zusammen.
Tab. 2
Klinik in Abhängigkeit der jeweiligen Hormonstörung
Glukokortikoiddefizit
| - Müdigkeit, Leistungsmangel - Anorexie, Gewichtsverlust - Übelkeit, Erbrechen, abdom. Beschwerden - Anämie, Lymphozytose, Eosinophilie - TSH-Anstieg (primäre NNR-Insuffizienz) - Hyperkalzämie (primäre NNR-Insuffizienz) - Hypoglykämie |
Mineralokortikoiddefizit (bei primärer NNR-Insuffizienz) | - Hypotonie - Hyponatriämie - Hyperkaliämie - Salzhunger |
Androgendefizit (bei Frauen) | - Verlust der Sekundärbehaarung - Haartrockenheit - Libidoverlust |
Gesteigerte Produktion von POMC (primäre NNR-Insuffizienz) | Hyperpigmentation |
Verminderte Produktion von POMC (sekundäre NNR-Insuffizienz) | Blasses Hautkolorit |
Im Rahmen von auslösenden Faktoren wie Infektionen oder psychischen/physischen Belastungssituationen sowie bei fulminanten Verläufen kann es zum Auftreten von akut lebensbedrohlichen
Nebennierenkrisen kommen. Diese manifestieren sich durch schwere Hypotonie mit Dehydratation bis hin zum hypovolämen Schock, weiterhin durch
Fieber, Erbrechen und abdominelle Beschwerden. Häufig wird hier ein akutes Abdomen fehldiagnostiziert.
Diagnostik
Im Routine-Labor zeigen sich Elektrolytverschiebungen im Sinn einer
Hyponatriämie und Hyperkaliämie (durch Mangel an Gluko- und Mineralokortikoiden). Die chronische Dehydratation
kann zum Ansteigen der Nierenretentionswerte führen. Durch gesteigerte intestinale Kalziumresorption und verminderte renale Kalziumausscheidung können in selteneren Fällen
Hyperkalzämien auffallen. Im Blutbild sind häufig eine leichte
Anämie, Lymphozytose und Eosinophilie auffällig. Da die Freisetzung von TSH physiologischerweise durch
Kortisol gehemmt wird, finden sich erhöhte TSH-Spiegel.
Die Sekretion von
ACTH und Kortisol folgt einer zirkadianen Rhythmik und wird zudem bedarfsgerecht reguliert. Vor diesem Hintergrund ist eine Bestimmung der Basalwerte wenig zielführend zur Diagnosestellung. Aufgrund des morgendlichen
Peaks ist die Kombination aus stark erhöhtem Plasma-ACTH und erniedrigtem
Kortisol zu dieser Tageszeit noch am ehesten wegweisend für die Diagnose einer primären NNR-Insuffizienz. Sie dient vor allem der Abgrenzung gegenüber der sekundären Form.
Als
Standardtest in der Funktionsdiagnostik gilt der
ACTH-Kurztest. Vor und 60 Minuten nach i.v.-Gabe von 250 μ synthetischem ACTH (1-24-ACTH) wird das Serum-Kortisol bestimmt. Physiologischerweise steigt das Serum-Kortisol nach Stimulation auf > 550 nmol/l bzw. > 20 μg/dl an. Bei geringerem Anstieg kann die Diagnose einer NNR-Insuffizienz gestellt werden. Die Sensitivität des
ACTH-Tests ist jedoch insbesondere bei sekundärer NNR-Insuffizienz relativ gering. Hilfreich ist hier die ergänzende Bestimmung des Dehydroepiandrosteron-Sulfats (DHEA-S). Bei erniedrigtem SHEA-S und bei klinischem Verdacht ist ggf. eine ergänzende Testung notwendig. Als
Goldstandard der Diagnostik einer NNR-Insuffizienz gilt nach wie vor der
Insulin-Hypoglykämie-Test. Dieser ist jedoch mit Risiken behaftet und darf u. a. bei Patienten mit
Epilepsie oder kardiovaskulären Grunderkrankungen wie einer koronaren Herzkrankheit nicht eingesetzt werden.
Zur weiteren Differenzialdiagnostik wird das Plasma-ACTH bestimmt. Bei der primären NNR-Insuffizienz liegt dieses aufgrund des fehlenden Feedbacks meist deutlich über 22 pmol/l. Bei der sekundären NNR-Insuffizienz finden sich dagegen erniedrigte Werte.
Der Feststellung eines Mineralokortikoid-Defizits bei primärer NNR-Insuffizienz dient die Bestimmung von
Serum
aldosteron und
Plasma-Renin-Konzentration. Häufig zeigt sich im Rahmen der primären NNR-Insuffizienz ein erniedrigtes
Aldosteron bei gegenregulatorisch hohem
Renin. In 80 % der Patienten mit Autoimmunadrenalitis lassen sich
Nebennieren-Autoantikörper feststellen (meist gegen die 21-Hydroxylase oder weitere
Enzyme der Steroidhormonbiosynthese). Bei Verdacht auf Vorliegen eines polyglandulären Autoimmun-Syndroms sollten eine Bestimmung von
TSH und Nüchternglukose zum Ausschluss weiterer Organbeteiligungen erfolgen. Bei Jungen/Männern (Alter bei ED < 50 Jahre) mit primärer NNR-Insuffizienz ohne Hinweis auf eine Autoimmungenese werden die Konzentrationen der
überlangkettigen Fettsäuren im Serum zum Ausschluss einer Adrenoleukodystrophie/Adrenomyeloneuropathie bestimmt.
Die Bildgebung der Nebennieren mittels Computertomografie oder Kernspintomografie erfolgt nicht regulär, sondern nur bei Verdacht auf Hämorrhagie oder Tumorinfiltration. Der Erstdiagnose einer sekundären oder tertiären NNR-Insuffizienz muss die kranielle MRT-Bildgebung folgen.
Differenzialdiagnostik
Im Hinblick auf die unspezifische und sich oftmals schleichend entwickelnde Symptomatik gibt es eine lange Liste möglicher Differenzial- und insbesondere Fehldiagnosen bei NNR-Insuffizienz (Bancos et al.
2014; Husebye et al.
2014). Im Folgenden sollen daher nur die wichtigsten aufgezählt werden.
-
-
-
Maligne- oder andere konsumierende Erkrankung
-
Depression oder andere psychiatrische Erkrankung
-
Akutes Abdomen und weitere Differenzialdiagnosen des unklaren Abdomens
Therapie
Glukokortikoid-Substitutionstherapie
Die Sekretion von ACTH und
Kortisol erfolgt pulsatil (Kortisol mit etwa 15 Minuten Verzögerung zu ACTH) und gemäß einer zirkadianen Rhythmik. Das Kortisolmaximum liegt zwischen 6 und 9 Uhr morgens, gefolgt von einem stetigen Abfall mit dem Nadir zwischen 23 und 2 Uhr.
Als physiologisches Glukokortikoid ist Hydrokortison das Mittel der Wahl zur Hormon-Ersatztherapie bei NNR-Insuffizienz.
Um die zirkadiane Rhythmik zu imitieren, wird Hydrokortison in 2–3 Einzeldosen appliziert. Dabei wird morgens die Hälfte bis zwei Drittel der Dosis gegeben. Die tägliche Substituitionsdosis liegt in der Regel bei 15–25 mg Hydrokortison.
Ein Hydrokortison-Präparat mit verzögert freigesetzter Wirkstoffkomponente (z. B. Plenadren) ist seit 2012 in Deutschland verfügbar. Durch eine einmalige morgendliche Einnahme wird im Tagesverlauf ein gleichmäßigeres, der physiologischen Rhythmik angenähertes Kortisolprofil erreicht. Ein weiteres Hydrokortisonpräparat, welches abends eingenommen wird und auch den frühmorgendlichen Kortisolanstieg imitiert, befindet sich derzeit in präklinischer Testung (Bancos et al.
2014; Johannsson et al.
2012).
Alternativ wird auch das im Vergleich zu Hydrokortison 4- bis 5-fach potentere Prednisolon verwandt, welches aufgrund der längeren
Halbwertszeit einmal täglich morgens eingenommen wird.
Derzeit existiert kein verlässlicher Parameter um die Wirksamkeit der Substitutionstherapie abzuschätzen. Zur Ermittlung der richtigen Dosierung müssen daher klinische Verlaufsparameter und insbesondere Symptome der Über- (Gewichtszunahme, Schlaflosigkeit, Ödembildung) und Unter-Substitution (Müdigkeit, Schwäche, Gewichtsverlust, Übelkeit) berücksichtigt werden (Husebye et al.
2014).
Zu beachten ist zudem die Begleitmedikation. Induktoren von CYP3A4
wie z. B.
Carbamazepin oder Mitotan können einen gesteigerten Kortisolmetabolismus bewirken und eine Dosiserhöhung notwendig machen (Tab.
3).
Tab. 3
Spezielle Behandlungssituationen
Schichtarbeit | Anpassung der Glukokortikoid- und Mineralokortikoid-Substitution entsprechend dem Schlaf-Wach-Rhythmus. Einnahme der höchsten Dosis nach dem Aufstehen |
Intensive körperliche Aktivität (> 1 h) | Kleiner kohlehydratreicher Snack und zusätzliche Einnahme von 5–10 mg Hydrokortison vor Beginn Ausreichende Flüssigkeitszufuhr |
Hohe Außentemperaturen und Hypotonie | Ggf. vorübergehende Erhöhung der Fludrocortisondosis um 0,05–0,1 mg bei niedrigen Plasma-Renin-Werten |
| Gesteigerter Metabolismus von Kortisol durch Schilddrüsenhormon Beginn einer L-Thyroxin-Substitutionstherapie erst nach etablierter Glukokortikoidsubstitution |
| Ggf. Reduktion der Fludrocortisondosis. Sonst Optimierung der Glukokortikoid-Substitution, ggf. Einsatz ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptor-Blocker |
Medikation mit CYP3A4-induzierenden Medikamenten (z. B. Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Johanniskraut, Mitotane) | Steigerung der Hydrokortisondosis um 50–100 % |
Mineralokortikoid-Substitutionstherapie
Ein
Aldosteron-Defizit und damit die Notwendigkeit zur Substitution besteht nur bei Patienten mit primärer NNR-Insuffizienz. Dabei gilt zu beachten, dass die Aldosteron-Sekretion abhängig von der Stimulation durch Angiotensin II und
Kalium ist und nur geringfügig einer zirkadianen Rhythmik unterliegt. Zur Substitution wird das synthetische Mineralokortikoid
Fludrocortison verwendet, welches als morgendliche Einzeldosis von 0,05–0,2 mg appliziert wird.
Der Therapie- Überwachung dienen Blutdruck, Serum-Natrium und
-Kalium und die Plasma-Renin-Konzentration (Zielspiegel ist der mittlere bis obere Normbereich).
DHEA-Substitutionstherapie
Vor allem bei Frauen mit NNR-Insuffizienz zeigt sich oft ein ausgeprägter Androgenmangel
. Eine Substitutionstherapie mit DHEA wirkt sich häufig positiv auf Stimmung, Sexualität und subjektives Wohlbefinden aus. Um die Androgen-Serumspiegel innerhalb des
Normalbereichs zu halten, ist eine morgendliche Dosis von 25–50 mg DHEA ausreichend. Aufgrund der eingeschränkten Studienlage sollte die DHEA-Substitutionstherapie auf Patienten mit starker Einschränkung von Wohlbefinden oder Libido trotz suffizienter Substitution mit Gluko- und Mineralokortikoiden beschränkt bleiben. Die DHEA-Substitution ist keine Standardtherapie und muss individuell entschieden werden.
Prävention und Management von Nebennierenkrisen
In akuten Stresssituationen können die Spiegel an Serum-Kortisol
um ein vielfaches ansteigen. Kommt es, gemessen an dem erhöhten Bedarf, zu einem insuffizienten Steroidangebot, entstehen akut lebensbedrohliche Nebennierenkrisen
. Auslösende Faktoren können z. B. gastrointestinale Infektionen oder
Fieber sein.
Grundlegend für die Krisenprävention ist eine intensive und repetitive Patientenschulung hinsichtlich der Notwendigkeit einer Erhöhung der Glukokortikoid
-Dosis in Stresssituationen. Darüber hinaus erfolgt die Ausstellung eines Notfallausweises (Allolio et al.
2011; Allolio
2014).
Bezüglich der Hydrokortison
-Dosisanpassung gelten folgende Faustregeln:
Bei umschriebener psychischer oder körperlicher Belastung (z. B. sportliche Aktivität, Prüfungssituation) kann der Patient 1–2 h vorher eine Extradosis von 5–10 mg Hydrokortison einnehmen.
Bei Auftreten von Erbrechen oder Diarrhö muss Hydrokortison, oder alternativ ein anderes Glukokortikoid
mit entsprechender Potenz, parenteral substituiert werden. Die Patienten sollten für solche Situationen mit einem
Notfallset ausgestattet sein. Dieses sollte ein Präparat zur parenteralen Applikation (z. B. 100 mg Hydrokortison-21-Hydrogensuccinat) enthalten, wobei im Notfall auch eine i.m.- oder s.c.-Injektion entsprechende Wirkspiegel aufbauen kann. Patienten und Angehörige sollten im Umgang mit der Glukokortikoid-Eigeninjektion geschult sein (Tab.
4).
Tab. 4
Maßnahmen zur Prävention von Nebennierenkrisen
Notfallausweis oder Notfallhalsband | |
Wiederholte Schulungen von Patient und Angehörigen: | - Rationale für die Glukokortikoid-Dosisanpassung - Diskussion klassischer Situationen, die eine Dosisanpassung notwendig machen - Notwendigkeit der parenteralen Verabreichung von Glukokortikoiden bei Erbrechen und Diarrhö - Symptome einer beginnenden Nebennierenkrise |
Ausstattung mit Hydrokortison-Ampulle (100 mg Hydrokortison-21-Hydrogensuccinat) und/oder Glukokortikoid-Zäpfchen (z. B. Rectodelt) für Notfallsituationen, ausreichende Versorgung bei geplanten Auslandsreisen | |
Schulung in der Eigeninjektion von Hydrokortison (intramuskulär/subkutan) | |
In der
akuten Nebennierenkrise gilt es, schnellstmöglich Glukokortikoid
i. v. zu substituieren. Dies geschieht in der Regel mittels Hydrokortison 100 mg als Bolus gefolgt von einer Dauerinfusion mit 100–200 mg über 24 h. Weiterhin entscheidend sind Flüssigkeitssubstitution und Ausgleich des Elektrolythaushalts sowie kausale Therapie der auslösenden Problematik (z. B. Antibiotikatherapie). Eine Hydrokortisondosis von mehr als 50 mg täglich übt ausreichend mineralokortikoide Wirkung aus, so dass eine Substitution von
Aldosteron in diesen Fällen nicht mehr notwendig ist (Allolio
2014).
In der akuten Nebennierenkrise darf die ausstehende Diagnostik die Therapieeinleitung nicht verzögern!
Bei Patienten, die neben einer Hydrokortisonsubstitution auch Schilddrüsenhormon substituieren, muss die Einleitung der Hydrokortisonsubstitution vor Beginn einer L-Thyroxin-Gabe stehen, da Schilddrüsenhormone einen beschleunigten Kortisolmetabolismus bewirken können.
Substitution in der Schwangerschaft
Physiologischerweise steigen in der Schwangerschaft Gesamt-Serum-Kortisol und freies
Kortisol schrittweise an. Bei Schwangeren mit NNR-Insuffizienz wurden in Einzelfällen Nebennierenkrisen aufgrund einer nicht erfolgten Dosisanpassung beschrieben. Vor diesem Hintergrund sollte eine engmaschige Überwachung und ggf. Dosiserhöhung von Hydrokortison
um 50 % im letzten Trimenon erfolgen. Da in der Schwangerschaft ebenfalls die Spiegel an
Aldosteron und
Progesteron ansteigen, kommt es durch deren antimineralokortikoiden Effekt zu der Notwendigkeit, die Fludrocortisondosis ebenfalls zu erhöhen. Die Dosisanpassung muss hier in Abhängigkeit von Blutdruck und Kaliumwert erfolgen. Der Renin-Wert ist während der Schwangerschaft wenig wegweisend.
Peripartal sollte die Anpassung der Hydrokortison
dosis wie für größere Stresssituationen empfohlen (Lebbe und Arlt
2013) parenteral erfolgen (Tab.
3).