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Klinische Neurologie
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Publiziert am: 28.03.2018

Spinale Tumoren

Verfasst von: Jörg Klekamp
Abhängig von der Lage im Spinalkanal werden intradurale und extradurale Tumoren unterschieden. Unter den extraduralen Tumoren sind Weichteiltumoren sowie primäre und sekundäre knöcherne Tumoren zu differenzieren. Intradurale Tumoren werden entsprechend ihrer Beziehung zum Rückenmark in intra- und extramedulläre Tumoren unterteilt. Es gibt zusätzliche Untergruppen: einige extramedulläre, intradurale Tumoren wachsen direkt durch die Dura hindurch oder entlang einer Nervenwurzel in den extraduralen Raum hinein. Es gibt exophytische intramedulläre Tumoren, die aus dem Rückenmark herauswachsen wie auch primäre extramedulläre Tumoren, die in das Rückenmark eindringen. Mit Ausnahme knöcherner Tumoren ist die weit überwiegende Zahl der spinalen Tumoren gutartig. Ein spinaler Tumor ist daher zuallererst eine chirurgisch zu behandelnde Erkrankung. Aussagen zur Prognose setzen eine Klärung der histologischen Diagnose voraus, die anhand der Klinik und der Bildgebung allenfalls näherungsweise getroffen werden kann.

Allgemeiner Teil

Klassifikation und Epidemiologie
Abhängig von der Lage im Spinalkanal werden intradurale und extradurale Tumoren unterschieden. Unter den extraduralen Tumoren sind Weichteiltumoren sowie primäre und sekundäre knöcherne Tumoren zu differenzieren. Intradurale Tumoren werden entsprechend ihrer Beziehung zum Rückenmark in intra- und extramedulläre Tumoren unterteilt. Es gibt zusätzliche Untergruppen: einige extramedulläre, intradurale Tumoren wachsen direkt durch die Dura hindurch oder entlang einer Nervenwurzel in den extraduralen Raum hinein. Es gibt exophytische intramedulläre Tumoren, die aus dem Rückenmark herauswachsen wie auch primäre extramedulläre Tumoren, die in das Rückenmark eindringen. Mit Ausnahme knöcherner Tumoren ist die weit überwiegende Zahl der spinalen Tumoren gutartig. Ein spinaler Tumor ist daher zuallererst eine chirurgisch zu behandelnde Erkrankung. Aussagen zur Prognose setzen eine Klärung der histologischen Diagnose voraus, die anhand der Klinik und der Bildgebung allenfalls näherungsweise getroffen werden kann (Klekamp und Samii 2007).
Die Inzidenz spinaler Tumoren wird auf 2–3/100.000 Einwohnern und Jahr angegeben. Abhängig vom Alter der Patienten wandeln sich die Häufigkeiten einzelner Histologien. Unter den Knochentumoren überwiegen bei Kindern und jungen Erwachsenen primäre Knochentumoren, bei älteren Erwachsenen hingegen die Metastasen und Plasmozytome.
Im Kindesalter sind unter den extramedullären Tumoren Meningeome praktisch unbekannt. Es treten v. a. Neurinome, Ependymome des Filum terminale sowie Hamartome (Lipome, Dermoide etc.) auf. Bei Erwachsenen hingegen sind Meningeome und Neurinome (Schwannome) deutlich überwiegend, im Bereich der Lendenwirbelsäule sind Ependymome des Filum terminale zusätzlich zu nennen, während in dieser Region wiederum die Meningeome extrem selten vorkommen. Die anderen Pathologien unter den extramedullären Tumoren sind in allen Altersgruppen selten.
Bei den intramedullären Tumoren überwiegen im Kindesalter die Astrozytome und Gangliogliome, während unter den Erwachsenen Ependymome und Astrozytome den Hauptanteil ausmachen.
Tab. 1, 2 und 3 geben einen Überblick der Histologien der eigenen Datenbank mit 1558 Patienten mit spinalen Tumoren zwischen 1991 und 2016. Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Zahlenangaben und Behandlungsergebnisse dieses Kapitels aus Analysen dieser Datenbank.
Tab. 1
Histologie der 353 intramedullären Tumoren
Histologie
Anzahl
140
Astrozytome
94
Angioblastome
48
24
Hamartome
20
Gangliogliome
10
Metastasen
7
Melanozytome
5
Meningiome
3
2
Tab. 2
Histologie der 718 extramedullären Tumoren
Histologie
Anzahl intradural
Anzahl intra-extradural
Meningiome
192
14
(Schwannome, Neurofibrome)
148
53
151
Hamartome
93
18
Angioblastome
15
Metastasen
15
Melanozytome
8
Kavernome
3
3
Haemangioperizytom
1
Tab. 3
Histologie der 487 extraduralen Tumoren
Histologie
Anzahl
Weichteiltumoren
 
 
Durale Divertikel
78
Neurinome (Schwannome)
70
Kavernome
10
10
Hamartome
4
Histiozytose
3
Haemangioperizytom
2
Metastasen
2
Angiolipom
1
Knöcherne Tumoren
 
 
Metastasen
211
Plasmozytome
33
Chordome
22
Chondrosarkome
13
Osteogene Sarkome
8
7
5
5
1
Fibröse Dysplasie
1
Riesenzelltumor
1
Anamnese und Klinik
Die Länge der Anamnese hängt in erster Linie von der Wachstumsgeschwindigkeit eines Tumors ab. Da die weit überwiegende Mehrzahl der intraduralen Tumoren wie auch der extraduralen Weichteiltumoren gutartig ist, beläuft sich die durchschnittliche Anamnese bis zur Diagnosestellung auf etwa 2 Jahre. Die malignen Tumoren führen hingegen zu einer rascheren Entwicklung von Beschwerden, sodass sich die Anamnese üblicherweise auf wenige Wochen beschränkt, bis eine dann schon ausgeprägte Symptomatik zur Diagnose führt. Akute, notfallmäßige Verläufe können für Tumoren in allen 3 spinalen Kompartimenten auftreten. Am häufigsten sind sie bei knöchernen Metastasen zu beobachten, da das destruierende Wachstum im Wirbelkörper zu einer pathologischen Fraktur mit der Folge einer akuten Querschnittlähmung führen kann. Bei extramedullären Tumoren ist der Krankheitsprozess meist durch eine langsam voranschreitende klinische Entwicklung gekennzeichnet, die dann aber vermutlich durch Beeinträchtigung der Rückenmarksdurchblutung in eine rasch progrediente Querschnittlähmung münden kann. Dies kann durch eine Liquorpunktion provoziert werden.
Cave
Daher sind Lumbalpunktionen bei Vorliegen eines extramedullären Tumors, der den Subarachnoidalraum verlegt, kontraindiziert!
Die Behandlung muss bei malignen Tumoren der Wirbelsäule und großen extramedullären Tumoren zeitnah erfolgen, bevor akute Verschlechterungen zu oft bleibenden Querschnittsyndromen führen.
Akut auftretende neurologische Ausfälle sind bei Patienten mit intramedullären Tumoren entweder durch maligne Formen oder durch eine Tumorblutung in das Rückenmark bedingt. Zu derartigen Blutungen neigen besonders Ependymome und Kavernome.
In allen anderen Fällen verläuft die klinische Symptomatik unabhängig von der Lokalisation des Tumors meist nach dem gleichen Muster ab: erst Schmerzen (oft nachts in Ruhe), dann radikuläre Ausfälle und schließlich ein mehr oder weniger ausgebildetes Querschnittsyndrom, das sich von einem Halbseitensyndrom, dem Brown-Séquard-Syndrom, langsam zu einem bilateralen Querschnittbild mit spastischer Tonussteigerung entwickelt. Der typische Verlauf mit Schmerzen zu Beginn der Symptomatik gefolgt von Koordinations- und motorischen Störungen wird am häufigsten bei extraduralen Tumoren beobachtet. 76 % dieser Patienten gaben als Erstes einen lokalen Schmerz an. Bei intraduralen extramedullären Tumoren mit oder ohne extradurale Ausdehnung traten Schmerzen als Erstsymptom bei 52 % und bei den intramedullären Tumoren nur noch bei 33 % auf. Die Symptome der Patienten mit spinalen Tumoren in den verschiedenen Lokalisationen zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sind in Tab. 4 aufgelistet.
Tab. 4
Häufigkeiten einzelner Symptome bei Diagnosestellung eines spinalen Tumors
Symptom
Intramedullär (%)
Extramedullär (%)
Extradural (%)
Schmerzen
52
76
89
Gangataxie
72
65
55
Lähmungen
64
57
56
Sensible Störungen
79
68
62
Missempfindungen
50
36
19
Sphinkterstörungen
33
36
30
Anders als bei intramedullären Tumoren kann es bei großen, extramedullär intraduralen und bei destruierend wachsenden knöchernen Tumoren zu rasch progredienten bis hin zu plötzlich auftretenden Querschnittlähmungen kommen. Daher sollte mit dem Nachweis eines solchen Tumors unmittelbar die Behandlung eingeleitet werden.
Schmerzen, sensible Störungen, Lähmungen und Gangstörungen stellen die am häufigsten beobachteten Beschwerden zum Zeitpunkt der Operation dar. Üblicherweise veränderten sich die Symptome im Verlauf kontinuierlich. Fluktuierende Beschwerden sind für spinale Tumoren generell atypisch mit Ausnahme zystischer extramedullärer und extraduraler Prozesse, die abhängig vom Druck in der Zyste, der durch körperliche Aktivitäten oder bei bestimmten Körperpositionen zunehmen kann, zwischen Beschwerden unterschiedlicher Ausprägung bis hin zu zeitweiliger Beschwerdefreiheit schwanken können. Beim Vergleich der Tumorlokalisationen fällt auf, dass der Anteil der schmerzgeplagten Patienten von intradural nach extradural zu- und die Bedeutung neurologischer Störungen eher abnimmt (McCormick et al. 1990; Klekamp und Samii 2007). Bei Tumoren im Bereich der Halswirbelsäule schreitet die Neurologie bei Beginn der Symptomatik im linken Arm üblicherweise im Uhrzeigersinn zu den übrigen Extremitäten weiter, bei Beginn im rechten Arm hingegen in entgegengesetzter Richtung. Auch wenn sich das Vorliegen einer spinalen Raumforderung nie zwangsläufig aus einer klinischen Anamnese und Untersuchung ergibt, sollen einige Punkte im Folgenden näher ausgeführt werden.
Schmerzen
Der Rückenschmerz ist eine der häufigsten Klagen, die bei Erwachsenen zum Aufsuchen eines Arztes führen. Gibt es Charakteristika, die auf das Vorliegen eines spinalen Tumors hindeuten? Patienten mit intramedullären Tumoren geben am ehesten einen lokalen Schmerz im betroffenen Wirbelsäulenbereich an, der üblicherweise nicht radikulär ausstrahlt und meist als relativ dumpf oder als Druckgefühl geschildert wird. Als unerträglich wird er üblicherweise nicht bezeichnet. Er ist im Gegensatz zu den häufigen Rückenschmerzen im Rahmen degenerativer Erkrankungen der Wirbelsäule nicht belastungsabhängig, lässt in Ruhephasen nicht nach und spricht auch nicht auf lokale Wärmeanwendungen an.
Demgegenüber werden Schmerzen in Zusammenhang mit extramedullären Tumoren nicht im Rückenmark generiert, sondern durch Kompression bzw. Reizung spinaler Nervenwurzeln. Damit weisen diese Schmerzen neben einer lokalen meist auch eine radikuläre Komponente auf. Die heftigsten Schmerzen bei extramedullären Tumoren traten bei voroperierten Patienten auf, wenn sich ein Lokalrezidiv bemerkbar machte. Das Auftreten eines solchen Schmerzes sollte daher bei voroperierten Patienten Anlass für eine sofortige klinische Untersuchung und neue Bildgebung sein.
Schmerzen bei Patienten mit extraduralen Tumoren beginnen mit einem ausgeprägten lokalen Rückenschmerz im betroffenen Segment, meist ohne radikuläre Komponente.
Das Auftreten eines bisher unbekannten Rückenschmerzes sollte bei Patienten mit bekanntem Karzinomleiden zu zeitnaher klinischer Untersuchung und Bildgebung führen. Es dauert bei spinalen Metastasen oft nur wenige Wochen, bis erhebliche neurologische Ausfälle hinzukommen.
Neben dem Schmerz, der durch direktes Tumorwachstum mit Kompression nervaler Strukturen bedingt ist, führen auch die knöcherne Destruktion und Beeinträchtigung der Stabilität betroffener Wirbelsäulenabschnitte zu Schmerzen, die ggf. auch durch Belastung oder abhängig von Körperpositionen zunehmen können.
Als eine Sonderform der klinischen Schmerzsymptomatik bei spinalen Tumoren ist schließlich der schlagartig einsetzende, heftige lokale Schmerz zu nennen, der als Folge einer Tumorblutung auftritt. Tumorblutungen in den Subarachnoidalraum oder in das Rückenmark sind dabei wesentlich seltener als solche in den Tumor. Während diese meist ausgesprochen heftige Schmerzen auslösen können – bei Einblutung ins Rückenmark auch mit entsprechenden neurologischen Ausfällen –, können intramedulläre Tumorblutungen in eine begleitende Syrinx klinisch stumm bleiben.
Sensible Störungen und Missempfindungen
Sensible Störungen und Missempfindungen nehmen unabhängig von der Tumorlokalisation in der Regel den gleichen Verlauf. Meist geben die Patienten zunächst ein taubes Gefühl oder Kribbelmissempfindungen von radikulärer Ausbreitung an, bevor sensible Ausfälle auch in der Untersuchung nachgewiesen werden können. Das Verteilungsmuster wandelt sich im Verlauf dann von einem radikulären Bild hin zu einem halbseitigen und im Verlauf beidseitigen sensiblen Transversalsyndrom. Bei zervikalen Tumoren kann ein Lhermitte-Zeichen vorliegen mit Provokation sensibler Störungen und Missempfindungen durch Kopfbewegungen. Während ein sensibles Niveau bei extramedullären und extraduralen Prozessen der betroffenen spinalen Höhe entspricht, liegt ein intramedullärer Tumor aufgrund des Wurzelverlaufs im Schnitt um ca. 2 Segmente oberhalb des sensiblen Niveaus.
Relativ früh kommt es insbesondere bei intraduralen Tumoren zur Ausbildung von Koordinationsstörungen im Sinne einer spinalen Ataxie aufgrund einer Beeinträchtigung der Tiefensensibilität. Dies betrifft bei zervikalen Tumoren meist die Feinmotorik einer Hand, bevor auch die unteren Extremitäten im Sinne einer Gangataxie einbezogen sind.
Lähmungen
Lähmungen sind in den seltensten Fällen Frühsymptom eines spinalen Tumors. Bei Tumoren im Bereich von Hals- und Brustwirbelsäule treten sie als spastische Tetra- bzw. Paraparese in Erscheinung, während Tumoren in der Lendenwirbelsäule unterhalb des Konus zu schlaffen Paresen führen. In der Halswirbelsäule kommt es üblicherweise erst zu Lähmungen in den Armen und Händen, bevor auch solche der Beine auftreten. Ob zunächst rumpfnahe oder distale Muskelgruppen betroffen werden, hängt dabei von der Lokalisation des Tumors ab.
Sphinkterstörungen
Bei den Sphinkterstörungen ist generell zu beobachten, dass sich Störungen der Blasenfunktion deutlich früher bemerkbar machen als solche der Darmkontrolle. Außer bei Tumoren im Konus- oder Kaudabereich stellen sie wie auch die motorischen Störungen eher ein Spätsymptom dar. Im Zweifel, ob eine Blasenfunktionsstörung als neurogen einzustufen ist, sollten betroffene Patienten einem Neurourologen zur urodynamischen Diagnostik vorgestellt werden. Dies ist besonders bei Tumoren in Verbindung mit einem Tethered-Cord-Syndrom von Bedeutung.
Hydrozephalus
Seltene Folge eines intraduralen spinalen Tumors ist der Hydrozephalus. Als wahrscheinlichste Ursache kann eine gestörte Liquorresorption gelten. Ein Teil des Liquors wird entlang der spinalen Nervenwurzeln in die extraduralen Lymphgefäße geleitet. Durch einen Tumor können diese Resorptionswege blockiert sein (Zavala et al. 1988).
Diagnostik
Radiologische Diagnostik
Wenn klinische Untersuchung und Anamneseerhebung Anlass zu spinaler Bildgebung geben, wird üblicherweise eine MRT vorgenommen. Sie ist in der Diagnostik spinaler Tumoren wie auch anderer Erkrankungen des Rückenmarks allen anderen radiologischen Verfahren deutlich überlegen. Dennoch gibt es Pathologien, deren Diagnostik auch mit Röntgennativaufnahmen oder einer Computertomografie möglich ist. So zeigen beispielsweise viele spinale Metastasen sehr früh in der AP-Aufnahme des betroffenen Segmentes eine Destruktion eines oder beider Pedikel. Fehlbildungen von Wirbelkörpern oder Wirbelbögen können auf einen dysraphischen Tumor hindeuten. Skoliosen und Aufweitungen des Spinalkanals mit knöchernen Arosionen können bei Kindern auf einen intraduralen Tumor hindeuten. Demgegenüber sind Sinterungen von Wirbelkörpern bzw. pathologische Frakturen in der Röntgen- oder CT-Diagnostik meist ein Hinweis auf einen malignen Tumor – am häufigsten eine Metastase.
Die radiologische Diagnostik dient zwei Zielen: dem Nachweis der Pathologie und der Planung der operativen Behandlung. Sie soll daher nicht nur den Tumor nachweisen, sondern die exakte Höhenlokalisation ermöglichen und die Lage in Bezug zum Rückenmark, der Dura und den knöchernen Strukturen klären. Dazu bedarf es neben der sagittalen Darstellung insbesondere auch technisch einwandfreier axialer Aufnahmen v. a. in T2-Wichtung. Während der Tumornachweis in aller Regel durch die Gabe von Kontrastmittel (Gadolinium) möglich ist, lassen sich die genauen Lagebeziehungen intraduraler Tumoren meist am besten in den axialen T2-Aufnahmen darstellen.
Die Hälfte der intramedullären Tumoren wird von einer Syringomyelie begleitet. Die Syringomyelie bedarf generell keiner gesonderten operativen Maßnahme, sofern der Prozess, der sie ausgelöst hat, behandelt werden kann. Auf intramedulläre Tumoren angewendet heißt das, dass nur der solide Tumor operativ angegangen werden muss. Am einfachsten kann die Unterscheidung zwischen Tumor und Syrinx durch Gabe von Gadolinium erfolgen. Fast alle Tumoren, die mit einer Syrinx vergesellschaftet sind, reichern Kontrastmittel an. Auch sehr kleine intramedulläre Tumoren können extrem große Zysten verursachen. Dies gilt v. a. für Angioblastome.
Schwieriger wird die exakte Bestimmung der Ausdehnung eines intramedullären Tumors, wenn dieser kein, nur sehr wenig oder unregelmäßig Kontrastmittel aufnimmt und keine begleitende Syrinx vorliegt. Am aussagekräftigsten ist dann eine sorgfältige Darstellung im T2-Bild in axialer und sagittaler Schichtführung. Rein zystische intramedulläre Tumoren sind extrem selten und von einer Syrinx nur durch die Morphologie und ggf. die Kontrastmittelanreicherung der Zystenwand zu unterscheiden.
Bei der Klärung der Frage, ob ein Tumor intra- oder extradural liegt, sollte der Epiduralraum ober- und unterhalb des Tumors dargestellt werden. Je nachdem, ob dieser Raum mit seinem Fettanteil komprimiert wird oder nicht, kann auf die entsprechende intra- oder extradurale Lage des Tumors geschlossen werden, selbst wenn auf Höhe des Tumors die Dura nicht mehr erkennbar ist. Bei extraduralen Tumoren ist hingegen zu klären, ob es sich um einen rein im Knochen lokalisierten Tumor handelt, ob es auch eine Weichteilkomponente gibt oder ob knöcherne Strukturen vollkommen unbeteiligt sind. Dies erfordert in aller Regel eine Kombination aus MRT und CT.
Ein besonderes neuroradiologisches Problem ist der Nachweis einer intraduralen, extramedullären Zyste. Dabei kann es sich um eine Zyste aus dem dysraphischen Formenkreis (neurenterische Zysten, Dermoidzysten) oder um eine Arachnoidalzyste handeln. Speziell bei Arachnoidalzysten kann die Zystenwand so dünn sein, dass sie sich aufgrund der Pulsation mit dem Liquor in üblichen Kernspinverfahren nicht nachweisen lässt. Allenfalls indirekte Zeichen einer extramedullären Raumforderung wie eine Verlagerung oder gar Kompression des Myelons können dann Verdachtsmomente liefern. Die eleganteste Nachweismethode ist in solchen Fällen die Darstellung des Liquorflusses im EKG-getriggerten Untersuchungsmodus im Phasenkontrast (Abb. 1). Aufgrund der unterschiedlichen Flussphänomene im Subarachnoidalraum und in der Zyste kann diese so indirekt nachweisbar werden (Klekamp 2017a).
Differenzialdiagnostik
Während der Nachweis extramedullärer Tumoren in aller Regel eindeutig ausfällt, gilt dies nicht in gleichem Maße für intramedulläre Tumoren oder maligne Knochentumoren (Tab. 5). Die Differenzialdiagnostik intramedullärer Tumoren wird dadurch erschwert, dass zum einen nicht alle Tumoren Gadolinium anreichern und es zum anderen auch entzündliche und demyelinisierende Erkrankungen gibt, die Kontrastmittel aufnehmen können (Waziri et al. 2007). Für intramedulläre Tumoren ist charakteristisch, dass sie üblicherweise langsam wachsen und bereits einen eindeutig raumfordernden Effekt auf das Rückenmark ausüben, wenn sie mit vergleichsweise geringen neurologischen Beschwerden auffällig werden. Somit sind an der Diagnose eines intramedullären Tumors immer dann Zweifel angebracht, wenn bei kurzer Anamnese von nur wenigen Wochen bereits gravierende neurologische Störungen vorliegen und der Befund im Rückenmark kaum raumfordernde Wirkung zeigt.
Tab. 5
Differenzialdiagnose spinaler Tumoren
Intramedulläre Tumoren
Entzündungen
 
• Viral (Rabies, Coxsackie, ECHO, HIV, HTLV, VZV)
• Neurolues
• Pilzerkrankungen
Demyelinisierende Erkrankungen
 
• Akute transversale Myelitis
• Neuromyelitis-optica-Spektrumerkrankung
Vaskuläre Erkrankungen
 
• Thrombose
• Infarkt
• Hämatomyelie
Bestrahlungsschäden
 
Paraneoplastische Myelopathie
Extramedulläre Tumoren
Subduralhämatom
Bandscheibenvorfall
Extradurale Tumoren
Entzündungen
 
• Epiduraler Abszess
Bandscheibenvorfall
Osteoporotische Fraktur
Bestrahlungsschäden
In der Differenzialdiagnostik intramedullärer Tumoren hat die Liquordiagnostik ihren Stellenwert. In Zweifelsfällen empfiehlt es sich, die Bildgebung nach einigen Wochen einer Behandlung mit Kortikoiden zu wiederholen. Ein Tumor wird seine Morphologie und sein Kontrastmittelverhalten im Kernspin in so kurzer Zeit nicht ändern. Bei demyelinisierenden oder entzündlichen Herden hingegen ändert sich in der Regel in einem solchen Zeitraum nicht nur das radiologische Bild, sondern oft auch die neurologische Symptomatik (Klekamp und Samii 2007; Klekamp 2015b).
Bei malignen Knochentumoren – insbesondere Metastasen – kann die Differenzialdiagnose zu eitrigen Entzündungen schwierig sein. In beiden Fällen können sowohl der Knochen mit Zeichen der Destruktion beteiligt sein als auch eine Weichteilkomponente vorliegen. Auch das Kontrastmittelverhalten kann bei beiden Pathologien identisch sein. Für eine entzündliche Pathologie spricht allerdings in der Regel, dass der Schwerpunkt der Signalveränderungen meist vom Bandscheibenfach ausgeht, während bei Vorliegen eines Tumors die Bandscheibe üblicherweise weitgehend unbeteiligt bleibt. Auch die Unterscheidung von Sinterungen oder Frakturen eines Wirbelkörpers durch eine Metastase von solchen im Rahmen einer Osteoporose kann schwierig sein. Hier spricht dann ggf. eine begleitende Weichteilraumforderung für das Vorliegen eines Tumors. In Zweifelsfall bleibt zur Klärung nur die Probebiopsie, die üblicherweise CT-gesteuert erfolgen kann.
Neurophysiologie
Neurophysiologische Untersuchungen spielen in der Diagnostik spinaler Tumoren keine bedeutende Rolle. Der Hauptnutzen neurophysiologischer Verfahren liegt im intraoperativen Monitoring. Hier kommen speziell die SEP- und MEP-Messungen sowie die D-Welle zum Einsatz (Klekamp 2013).
Therapie
Chirurgie
Die weit überwiegende Mehrheit der intraduralen Tumoren ist gutartig, Somit entfallen Strahlen- oder Chemotherapien für die Mehrzahl dieser Tumoren als Therapieoption der ersten Wahl. Die Therapie spinaler Tumoren ist daher mit wenigen Ausnahmen eine Domäne der Chirurgie. Die operative Entfernung extramedullärer Tumoren zählt zu den erfolgreichsten Eingriffen in der Neurochirurgie überhaupt, da der Tumor meist mit geringer operativer Morbidität kurativ entfernt werden kann und auch bereits bestehende neurologische Störungen zurückgebildet werden können. Dies gilt selbst für Patienten im fortgeschrittenen Alter. Ausnahmen bilden hier lediglich Rezidivtumoren, deren operative Behandlung deutlich schwieriger und mit erhöhter Morbidität behaftet ist. Der operative Zugang kann mittels exakter präoperativer Bildgebung und intraoperativem Ultraschall adaptiert werden. Je nach Lage und Größe kann eine interlaminäre Fensterung, eine Hemilaminektomie oder eine Laminotomie mit Wiedereinsetzen der Wirbelbögen als Zugang genutzt werden. Laminektomien sind als operativer Zugang hingegen als obsolet zu betrachten, da sie im Langzeitverlauf zu kyphotischen Fehlstellungen prädisponieren.
Bei der Behandlung intramedullärer Tumoren ist heutzutage eine funktionserhaltende Tumorentfernung in Abteilungen mit entsprechender Erfahrung Standard. Eine Entfernung der Tumormasse ist durch erfahrene Operateure immer möglich (Klekamp 2013). Biopsien bieten hingegen keinen Gewinn: die Diagnoseunsicherheit ist aufgrund der kleinen Gewebeproben sehr hoch und die Morbidität für den Patienten nicht unerheblich. Hat die Biopsie die Tumordiagnose bestätigt, ist ein zweiter Eingriff zur Tumorentfernung unabhängig von der Histologie erforderlich. War die Biopsie hingegen negativ, hat der Patient womöglich unnötigerweise bleibende neurologische Störungen erlitten.
Die Kernspintomografie erlaubt eine frühzeitige Diagnose, sodass zunehmend Patienten zur operativen Behandlung kommen, die noch keine gravierenden neurologischen Ausfälle haben. Die Studien der letzten 30 Jahre zu den Behandlungsergebnissen belegen ausnahmslos, dass intramedulläre Tumoren frühzeitig operiert werden sollten. Die Morbidität dieser Chirurgie steigt erheblich, wenn erst bei fortgeschrittener Neurologie gehandelt wird (Klekamp 2013; Fischer und Brotchi 1996). Einfluss auf die Behandlungsergebnisse hat auch die Lage des Tumors. So ist die Morbidität für Tumoren im Halsmark signifikant geringer als für Tumoren des Brustmarks oder der Konusregion. Schließlich muss darauf hingewiesen werden, dass die operativen Ergebnisse mehr als bei anderen spinalen Pathologien von der Erfahrung des Operateurs abhängen. Daher sollten diese Eingriffe nur von Neurochirurgen vorgenommen werden, die sich diesen Tumoren regelmäßig widmen (Klekamp 2013).
Bei den extraduralen Tumoren sind die Weichteilprozesse ähnlich den intraduralen, extramedullären Tumoren einzuschätzen. Bei den knöchernen Tumoren ist neben der Raumforderung und der Kompression neuraler Strukturen auch die Berücksichtigung der Stabilität der Wirbelsäule bei der operativen Behandlung wichtig. Bestes Beispiel ist die Behandlung spinaler Metastasen. Während früher nur eine Entlastungslaminektomie erfolgte, die nur kurzfristig einen klinischen Benefit brachte und im Vergleich zur alleinigen Bestrahlung keinesfalls besser abschnitt, hat sich dies mit den modernen operativen Verfahren und der Weiterentwicklung stabilisierender Techniken gewandelt. Problematisch bleibt insbesondere die Behandlung primärer maligner Knochentumoren. Eine potenziell kurative, onkologische Resektion in toto im Gesunden ist funktionserhaltend nur im Sakrum unterhalb S2 z. B. bei Chordomen möglich. In allen anderen Fällen sind Kompromisse erforderlich, um Dura und Rückenmark zu erhalten. Auch für die primären Knochentumoren gilt, dass ihre operative Behandlung Zentren mit entsprechender Erfahrung vorbehalten sein sollte (Liljenqvist et al. 2008).
Strahlentherapie
Die Strahlentherapie hat speziell als adjuvante Therapie maligner Tumoren nach operativer Behandlung einen wichtigen Stellenwert. Zur Behandlung gutartiger intramedullärer Tumoren – allein oder adjuvant nach Teilentfernung – ist sie hingegen sehr umstritten und sollte als primäre Behandlungsform nicht mehr angewendet werden (Klekamp und Samii 2007). Auch für die primäre Behandlung gutartiger extramedullärer Tumoren hat sie keinen Stellenwert. Die Strahlentherapie als primäre Behandlungsmethode wird v. a. bei spinalen Metastasen genutzt, wenn Patienten aufgrund des Allgemeinzustandes oder bei multiplen Metastasen nicht operativ behandelbar sind. Bei der Behandlung solitärer Metastasen mit neurologischer Symptomatik sind hingegen die Ergebnisse einer primären Operation mit anschließender Nachbestrahlung und ggf. Chemotherapie besser als die der alleinigen Strahlentherapie (Ibrahim et al. 2008).
Adjuvante Strahlentherapien bei gutartigen Tumoren kommen in erster Linie bei ausgedehnten, inkomplett entfernten Ependymomen des Filum terminale in Betracht (Klekamp 2015a). Bei einer Nachbestrahlung inkomplett entfernter intramedullärer Ependymome oder Astrozytome ist zu bedenken, dass man mit dieser Entscheidung für den weiteren Verlauf die Möglichkeit einer operativen Behandlung praktisch aus der Hand gibt.
Chemotherapie
Während der primären Chemotherapie bei einer Reihe maligner Knochentumoren wie beispielsweise dem Ewing-Sarkom oder Plasmozytom eine wichtige Bedeutung zukommt, kann sie als adjuvante Therapie maligner primärer Tumoren oder spinaler Metastasen ebenfalls sinnvoll sein. Eine positive Wirkung der Chemotherapie bei der Behandlung maligner intramedullärer Tumoren ist hingegen bisher nicht eindeutig erwiesen. Da es kaum ausreichende Fallzahlen mit intramedullären malignen Tumoren gibt, werden üblicherweise Studienergebnisse für intrakranielle maligne Gliome auch für die intramedullären Formen angewendet. Allerdings muss hier auf das unterschiedliche Verhalten der Tumoren hingewiesen werden: Während ein intrakranielles Glioblastom in aller Regel lokal rezidiviert, zeigen maligne intramedulläre Gliome in der Mehrzahl neben dem Lokalrezidiv auch eine subarachnoidale Aussaat mit Tumorabsiedelungen in anderen spinalen Höhen sowie intrakraniell (Abb. 2). Ob daher die Ergebnisse für intrakranielle Gliome auch auf die intramedullären angewendet werden können, erscheint fragwürdig.
Schmerztherapie
Einer längerfristigen Schmerztherapie bedürfen in erster Linie Patienten mit neuropathischen Schmerzen, die durch den Tumor ausgelöst sein können oder im Langzeitverlauf nach operativer Behandlung auftreten. Von allen spinalen Tumoren zeigen sich chronische Schmerzsyndrome am häufigsten bei intramedullären Tumoren. Die genauen pathophysiologischen Vorgänge, die zu einem solchen Schmerzsyndrom führen, sind nicht bekannt. Man beobachtet zwar beispielsweise einen neuropathischen Schmerz vor einer operativen Behandlung häufiger bei Tumoren, die mit einer Syringomyelie vergesellschaftet sind. Aber es gibt auch Tumoren mit einer Syringomyelie, die keine Schmerzen auslösen bzw. Tumoren ohne Syrinx, die dennoch ausgesprochen hartnäckige Schmerzen verursachen. Nach operativer Entfernung trat bei ca. 30 % der Patienten ein neuropathisches Schmerzsyndrom unterschiedlichen Ausmaßes auf, das sich innerhalb weniger Monate nach der Operation einstellte und dann unverändert verblieb. Der zeitliche Ablauf lässt vermuten, dass Abheilungsvorgänge und Narbenbildungen im Rückenmark eine Rolle spielen könnten. Möglichkeiten, eine solche Entwicklung zu verhindern, sind bisher nicht bekannt. Die medikamentöse Behandlung erfordert in der Regel eine Kombination aus Pregabalin oder Gabapentin mit Amitriptylin. Opiate sind in den meisten Fällen nicht wirksam. Auch die Verfahren der Rückenmarkstimulation haben bisher nur eingeschränkt Wirksamkeit gezeigt (Klekamp 2013).

Spezieller Teil

Intramedulläre Tumoren

Eine Artdiagnose bzw. präoperative Aussage über die Resezierbarkeit lässt sich anhand der Kernspinmorphologie bestenfalls näherungsweise treffen. Daher sollte man die Indikation für oder gegen eine Operation nicht von der Kernspinmorphologie abhängig machen. Die Operation sollte prinzipiell dem Ziel der vollständigen Entfernung dienen und entsprechend angelegt werden. Biopsien bieten keinen zusätzlichen Nutzen und sind in den allermeisten Fällen nicht indiziert (Klekamp und Samii 2007).
Einige Hinweise zur radiologischen Differenzialdiagnose sollen daher nur kurz gestreift werden. Das klassische intramedulläre Ependymom nimmt relativ homogen Kontrastmittel auf, ist zum Myelon scharf begrenzt, liegt im Axialbild zentral im Mark und wird sehr häufig von einer Syrinx begleitet (Abb. 3). Das Signalverhalten kann von diesem typischen Muster jedoch in jeder Form abweichen (Miyazawa et al. 2000) und sich im Verlauf in seltenen Fällen auch verändern. Intramedulläre Ependymome werden hauptsächlich bei Erwachsenen angetroffen.
Demgegenüber zeigt das Astrozytom meist eine geringere und ungleichmäßigere Kontrastmittelanreicherung, ist unschärfer zum Mark begrenzt und seltener mit einer Syrinx verbunden (Abb. 4). Im Axialbild ist eine dezentrale Lage des Tumors häufig. Auch eine exophytische Komponente spricht eher für ein Astrozytom. Das Astrozytom ist der häufigste intramedulläre Tumor im Kindesalter.
Bei einem im MRT gut abgegrenzten Tumor kommt bei jungen Patienten zusätzlich das Gangliogliom differenzialdiagnostisch in Betracht. Kavernome sind anhand der inhomogenen Signalstruktur und des meist zu beobachtenden Hämosiderinrings relativ eindeutig zu diagnostizieren. Strittig ist bei Kavernomen die Frage der Wahl des idealen operativen Zeitpunkts nach einer klinisch symptomatischen Blutung. Das in Abb. 5 gezeigte Beispiel demonstriert eindrucksvoll die Vorteile einer Operation im Intervall.
Angioblastome reichern kräftig Kontrastmittel an und stehen meist in enger Beziehung zur dorsalen Wurzeleintrittszone oder seltener der ventralen Wurzelaustrittszone. Sie sind fast immer mit einer Syrinx vergesellschaftet. Insbesondere ein sehr kleiner solider Tumor mit großer begleitender Zyste ist für ein Angioblastom klassisch (Abb. 6).
Operative Therapie
Der typische operative Zugang entspricht einem osteoplastischen Zugang in der Mittellinie, die entnommenen Bögen werden nach Entfernung des Tumors wiedereingesetzt. Vor Eröffnung der Dura kann der Tumor mit dem Ultraschall genau lokalisiert werden. Die Entfernung eines intramedullären Tumors setzt eine operative Öffnung des Rückenmarks voraus, die üblicherweise von dorsal erfolgt. Zwangsläufig resultieren daraus sensible Störungen, die permanent verbleiben und insbesondere bei Beteiligung der Tiefensensibilität oft eine längere Rehabilitation erfordern.
Prinzipiell bieten sich drei Möglichkeiten der Eröffnung des Myelons an, die abhängig von Lage und Ausdehnung des Tumors gewählt werden können: dorsal exakt in der Mittellinie entlang eines Septums, das zwischen den Hinterstrangbahnen verläuft, oder durch die dorsale Wurzeleintrittszone oder bei exophytisch wachsenden Tumoren direkt durch den Tumor selber. Mit Ausnahme der Angioblastome, die in toto entfernt werden müssen, besteht die übliche Vorgehensweise zunächst in der Freilegung des Tumors über die gesamte Länge und dann in seiner Enukleation, bevor der Rest des Tumors am Ende vom Rückenmark gelöst wird. Bei Kavernomen wird die umgebende Gliose, die sich um die begleitenden Blutungen gebildet hat, zur Schonung des Rückenmarks belassen. Abschließend wird das Rückenmark mit Pianähten wieder verschlossen, um postoperative Adhäsionen zwischen Mark und Dura zu minimieren. Eine postoperative Nachbestrahlung ist ausschließlich bei Patienten zu empfehlen, deren Tumoren mit Grad III oder IV nach WHO klassifiziert werden (Fischer und Brotchi 1996; Klekamp und Samii 2007).
Ergebnisse und Prognose
Bei 234 operierten intramedullären Tumoren ergaben sich erhebliche Unterschiede für die Rate vollständig entfernter Tumoren abhängig von der Histologie und der Erfahrung des Operateurs. Bei Ependymomen lag der Anteil der komplett entfernten Tumoren bei 87 %, bei Kavernomen bei 94 % und bei Angioblastomen bei 94 %. Benigne Astrozytome wurden seltener (25 %) vollständig entfernt. Bei malignen Gliomen war in 10 % eine vollständige Entfernung möglich.
Untersucht man das Resektionsergebnis, das für die vollständig entfernbaren Tumorarten (Ependymome, Angioblastome, Kavernome) erzielt wurde, in Abhängigkeit von der Erfahrung des Operateurs, dann lagen die Quoten für komplette Entfernungen zwischen 61,3 % und 88,8 % (Klekamp 2013). Der gleiche Trend ließ sich für Astrozytome zeigen. Der Anteil vollständig entfernter Astrozytome Grad I und II stieg mit gewachsener Erfahrung an und lag zuletzt bei 38 %.
Das unmittelbare postoperative klinische Ergebnis des Patienten hängt vom präoperativen neurologischen Status, der Lokalisation des Tumors und der Erfahrung des Operateurs ab (Klekamp 2013). Diese Faktoren wirken sich unabhängig von der Histologie oder dem Ausmaß der Tumorentfernung aus. Einzelne neurologische Symptome lassen sich durch die Entfernung eines Tumors kaum bessern. Im Regelfall wird bei gutem Verlauf der neurologische Status des Patienten erhalten. Daraus lässt sich klar ableiten, dass die intramedullären Tumoren frühzeitig operiert werden müssen (Klekamp und Samii 2007; Fischer und Brotchi 1996).
Das gilt umso mehr, als auch die operative Morbidität sehr vom präoperativen Zustand abhängt und mit zunehmenden Funktionseinbußen das operative Risiko deutlich ansteigt. Bei Patienten, die präoperativ noch frei gehfähig waren, wurde eine unmittelbare postoperative klinische Verschlechterung, die sich nicht wieder zurückbildete – d. h. eine permanente Operationsmorbidität – in 14,4 % der Fälle beobachtet. Bei Patienten, die nur noch mit großen Einschränkungen mobil waren oder bereits im Rollstuhl saßen, erhöhte sich diese Rate auf 34,0 % bzw. 21,2 %. Einen ähnlichen Einfluss hatte die Erfahrung des Operateurs. So konnte über den gesamten, in der Datenbank erfassten Zeitraum ein kontinuierlicher Rückgang der Operationsmorbidität von 27,9 % bei Eingriffen vor 1990 auf 10 % seit 2000 ebenso festgestellt werden wie eine Abhängigkeit von der Erfahrung individueller Operateure, die zwischen 30 % und 7,2 % schwankte. Einen großen Einfluss hatte zudem die Lokalisation des Tumors. Die Morbidität betrug für zervikale Tumoren 9,3 % im Vergleich zu 24,8 % für thorakale und 22,6 % für Konus-Tumoren (Klekamp 2013).
Neben der permanenten Operationsmorbidität von insgesamt 19,5 % wurde bei weiteren 41,5 % der Patienten zusätzlich eine vorübergehende klinische Verschlechterung des Zustandes beobachtet, die sich im Rahmen einer Rehabilitationsbehandlung dann wieder zurückbildete. Dies betraf einen Zeitraum, der in 90 % der Fälle innerhalb von 5 Monaten lag und nur in Einzelfällen eine deutlich längere Nachbehandlung notwendig machte. Die größten Schwierigkeiten im Rehabilitationsverlauf machten die Störungen der Tiefensensibilität mit der Folge von Koordinationsstörungen, die mit zunehmendem Alter der Patienten immer schwerer zu kompensieren waren.
Intramedulläre Tumoren sind chirurgisch frühzeitig mit dem Ziel der vollständigen Entfernung zu behandeln. Die permanente operative Morbidität steigt deutlich mit dem Ausmaß der bereits präoperativ bestehenden Neurologie an. Bei über der Hälfte der Patienten verschlechtert sich der klinische Zustand zunächst durch den Eingriff. Bei etwa drei Viertel dieser Patienten erholt sich die Funktion dann aber wieder mit Ausnahme sensibler Störungen, die meist dauerhaft verbleiben.
Die Rate der Tumorrezidive variiert abhängig von Histologie, WHO-Grad und Resektionsergebnis (Klekamp 2013; Klekamp und Samii 2007). Damit ist das Ausmaß der Resektion der einzige therapeutische Einflussfaktor (Tab. 6). Die vergleichsweise hohen Rezidivraten trotz vollständiger Entfernung sind bei Angioblastomen dem hohen Anteil von Patienten mit Von-Hippel-Lindau-Syndrom geschuldet (Abschn. 2.4).
Tab. 6
Behandlungsergebnisse intramedullärer Tumoren
Histologie
Vollständig entfernt (%)
Rezidivfreiheit
5 Jahre (%)
Rezidivfreiheit
10 Jahre (%)
87
Vollständig
96
Vollständig
96
  
Partiell
74
Partiell
74
Astrozytome
   
 
WHO Grad I + II
25
Vollständig
85
Vollständig
85
Partiell
64
Partiell
64
 
WHO Grad III + IV
10
25
17
Angioblastome
94
70
70
94
100
100
Hamartome
(Lipome, Dermoide)
27
45
30
Die Ergebnisse bei malignen intramedullären Tumoren waren ausgesprochen frustrierend, da nicht nur die Rezidivhäufigkeit trotz Nachbestrahlung bei 75 % innerhalb von 5 Jahren lag, sondern oft eine Aussaat über den Subarachnoidalraum beobachtet wurde (Abb. 2). Einzige Ausnahme waren Tumoren, die trotz relativ langer Anamnese mit Grad III eingestuft worden waren. Diese zeigten in einzelnen Fällen eine dauerhafte Rezidivfreiheit, sodass die histologische Beurteilung als Grad-III-Tumor nicht immer das weitere biologische Verhalten widerspiegelt.

Extramedulläre intradurale Tumoren und extradurale Weichteiltumoren

Operative Therapie
Einige extramedulläre Tumoren können zwischen Dura und Arachnoidea gelagert sein (Abb. 7). In einem solchen Fall kann die Arachnoidea als Schutzschicht zum Myelon erhalten werden. Damit können Verletzungen kleiner Blutgefäße an der Rückenmarkoberfläche und auch arachnoidale Vernarbungen durch den Eingriff praktisch ausgeschlossen werden (Souweidane und Benjamin 1994). Analog dem Vorgehen bei intramedullären Tumoren wird auch bei den extramedullären Formen zunächst die Kapsel inzidiert und der Prozess enukleiert. Erst danach wird die Kapsel vom Rückenmark gelöst und die Ausgangsstelle des Tumors versorgt. Bei einem dorsal gelegenen Meningeom kann die Duraansatzstelle zusammen mit dem Tumor entfernt und der Defekt dann mit einer Duraplastik gedeckt werden. Bei lateral oder ventral ansetzenden Meningeomen wird entweder das innere Durablatt mit dem Tellermesser reseziert oder die Ansatzstelle mit bipolarer Koagulation versorgt. Je nach Lage des Tumors und der Ansatzstelle kann mit Durchtrennung und Hochnaht der Ligg. denticulata, die zwischen dorsalen und ventralen Wurzeln verlaufen, das Rückenmark um die Längsachse mobilisiert und so ein besserer Zugang zu anterolateralen Anteilen des Duralsacks gewonnen werden. Extreme Vorsicht ist geboten bei en plaque wachsenden Meningeomen, die die Pia mater infiltrieren und auch von dort Gefäße rekrutieren können, und bei Rezidivtumoren mit umgebenden arachnodialen Vernarbungen durch den Ersteingriff. Hier war eine radikale Entfernung oft nicht möglich (Klekamp und Samii 2007).
Bei Neurinomen (Schwannomen) wird der Versuch unternommen, die Nervenwurzel, von der der Tumor ausgeht, zu erhalten (Abb. 8). Lediglich die mit dem Tumor verbundenen Faszikel werden dann entfernt. Dies gilt v. a. für Neurinome, die entlang der Wurzel auch extradural wachsen. In vielen Fällen hat der Tumor allerdings bereits die gesamte Wurzel destruiert. Dann kann je nach Ergebnis einer intraoperativen Stimulation ohne Risiko die tumortragende Wurzel mitreseziert werden (Ausnahme: Neurofibromatose, Abschn. 2.4) (Cervoni et al. 1995; Klekamp und Samii 2007).
Bei sehr gefäßreichen Tumoren wie den Angioblastomen sollte der Versuch gemacht werden, diese in toto zu entfernen. Lässt die Größe des Tumors dies nicht zu, ist die vorherige Embolisation durch interventionelle Neuroradiologen zu empfehlen.
Im Bereich der Cauda equina werden zur Präparation von extramedullären Tumoren kleine Hirnwatten verwendet, um die am Tumor unbeteiligten Wurzeln von seiner Oberfläche zu mobilisieren und abzudrängen. Bei Ependymomen des Filum terminale ist darauf zu achten, dass kein freies Tumorgewebe in den Subarachnoidalraum gelangt, da andernfalls das Risiko einer subarachnoidalen Aussaat besteht. Daher versucht man üblicherweise, diese Tumoren zusammen mit dem Filum terminale in toto zu entfernen (Abb. 9). Ependymome können in Einzelfällen eine enorme Größe erreichen, den gesamten Lumbalkanal ausfüllen und Kaudafasern infiltrieren. Funktionserhaltendes Operieren bedeutete in solchen Fällen Verzicht auf Radikalität, sodass eine lokale Nachbestrahlung empfohlen wird (Kucia et al. 2011; Klekamp 2015a).
Bei Dermoidzysten ist es von Bedeutung, dass der Zysteninhalt nicht in den Subarachnoidalraum gelangt, um eine aseptische Meningitis mit der Folge schwerer arachnoidaler Narbenbildungen zu verhindern (Abb. 10). Für die Vermeidung eines Rezidivs ist die Resektion der gesamten Zystenwand erforderlich. Allerdings wird dies zum Myelon hin teilweise sehr durch Verwachsungen erschwert, wenn es sich um voroperierte Dermoide handelt oder es zu spontanen Zystenrupturen gekommen war, sodass in solchen Fällen ein Teil der Zystenwand am Myelon belassen werden muss.
Anders als bei den übrigen dysraphischen Zysten (neurenterische und neuroepitheliale Zysten), die ebenfalls vollständig entfernt werden müssen, genügt bei Arachnoidalzysten eine großzügige Fensterung der Zystenwand, ohne dass eine Freilegung der gesamten Zyste über sämtliche spinalen Segmente notwendig ist (Abb. 1).
Bei der Versorgung von Lipomen wird keine vollständige Entfernung angestrebt, da es sich um Raumforderungen ohne proliferierende Tumorzellen handelt. Das Lipom, das immer fest adhärent mit dem Rückenmark verbunden ist, wird nur so weit verkleinert, dass Rückenmark und Lipom bequem im Duralsack Platz haben (Abb. 11). Um eine postoperative Fixierung des Rückenmarks oder Lipoms mit der Dura zu verhindern, wird bei einer Teilentfernung die Kapsel des Lipoms erhalten und am Ende verschlossen. Außerdem wird bei Lipomen im Bereich des Konus das Filum terminale durchtrennt, um das in der Regel begleitende Tethered Cord ebenfalls zu versorgen (Klekamp 2011).
Ergebnisse und Prognose
Anhand radiologischer Nachuntersuchungen konnte gezeigt werden, dass 78 % der extramedullären Tumoren vollständig und 18 % zum überwiegenden Teil entfernt werden konnten. Bei 4 % der Patienten erfolgte eine Dekompression mit oder ohne Biopsie. Letzteres betraf v. a. Lipome. Bei Meningiomen und Neurinomen lag die Rate der vollständig entfernten Tumoren bei 98 % bzw. 89 %, bei Ependymomen bei 83 %. Partielle Entfernungen erfolgten v. a. bei Zweiteingriffen. Hier haben arachnoidale Vernarbungen durch die Erstoperation eine genaue Differenzierung zwischen Tumor, Nervenwurzeln und Arachnoidea oft nicht mehr erlaubt (Klekamp und Samii 2007). Dies gilt besonders für Rezidivoperationen im Bereich der Cauda equina, die in Bezug auf die Operationsmorbidität besonders riskant sind. Eine vollständige Entfernung wurde bei Arachnoidalzysten und Lipomen hingegen nicht angestrebt.
Für alle extramedullären Tumoren wie auch für die intramedullären Formen ergab sich eine klare Korrelation zwischen Ausmaß der Tumorentfernung und der Rezidivhäufigkeit (Tab. 7).
Tab. 7
Behandlungsergebnisse extramedullärer Tumoren
Histologie
Vollständig entfernt (%)
Rezidivfreiheit
5 Jahre (%)
Rezidivfreiheit
10 Jahre (%)
Meningiome
98
Vollständig
84
Vollständig
77
 
Partiell
21
Partiell
21
89
Vollständig
93
Vollständig
93
 
Partiell
31
Partiell
20
Ependymome des Filum terminale
83
87
82
77
77
Hamartome
(Lipome, Dermoide etc.)
37
72
66
Diese Zahlen weisen darauf hin, dass eine als vollständig eingeschätzte Entfernung eines extramedullären Tumors nicht als Garantie einer Heilung angesehen werden kann (Klekamp und Samii 2007). Im Übrigen spielt es für die Rezidivhäufigkeit kaum eine Rolle, ob bei Meningiomen die Ansatzstelle mitreseziert oder lediglich koaguliert worden war. Gleiches gilt für Neurinome entsprechend der Frage, ob die tumortragende Wurzel mitreseziert wurde oder erhalten werden konnte.

Extradurale Tumoren

Im Bereich der extraduralen Tumoren sind Weichteiltumoren – in erster Linie Neurinome und durale Divertikel – von den Tumoren der knöchernen Wirbelsäule zu unterscheiden. In der letzteren Gruppe überwiegen die Metastasen und Plasmozytome gegenüber den primären Knochentumoren, die in der hier dargestellten Serie v. a. durch Chordome, Chondrosarkome und osteogene Sarkome repräsentiert wurden. Bei den extradural gelegenen Prozessen war insbesondere bei vom Knochen ausgehenden Tumoren der Anteil maligner Neoplasien mit 84 % wesentlich höher als bei allen anderen spinalen Tumorlokalisationen. Der Anteil der Patienten, die präoperativ nicht mehr gehfähig oder bereits inkontinent waren, war gerade in dieser Gruppe am größten. Dies beruht v. a. auf dem rascheren Tumorwachstum bei malignen Formen, tumorbedingten Instabilitäten und pathologischen Frakturen: Der neurologische Befund korreliert speziell bei knöchernen Tumoren nicht nur mit dem Tumorwachstum wie bei extra- oder intramedullären Lokalisationen.
Operative Therapie
Die chirurgische Behandlung der Weichteiltumoren wird analog dem Vorgehen der intraduralen, extramedullären Tumoren vorgenommen. Bei den duralen Divertikeln handelt es sich um mit Liquor gefüllte, extradurale, zystische Formationen, deren Kommunikation mit dem Subarachnoidalraum radiologisch oder intraoperativ lokalisiert und dann verschlossen werden muss. Diese Kommunikation kann direkt in der Dura an einer Wurzelabgangsstelle analog einem Gefäßaneurysma oder im Wurzelverlauf am Übergang zur peripheren Nervenscheide bei sog. Tarlov-Zysten lokalisiert sein (Abb. 12). Eine Resektion des Divertikels ist nach dem Verschluss der Verbindung zum Subarachnoidalraum nicht mehr erforderlich (Klekamp 2017b).
Für die operative Behandlung knöcherner Tumoren ist eine exakte präoperative Planung entscheidend, da der operative Zugang sowohl die Entfernung des Prozesses ermöglichen soll als auch biomechanische Gesichtspunkte berücksichtigen muss inkl. der Option für Rekonstruktionen und Stabilisierungen. Daher empfiehlt sich die kombinierte radiologische Untersuchung mit Nativaufnahmen, CT und MRT. Die Nativaufnahme kann bereits eine knöcherne Destruktion eines Teils oder einen Kollaps des gesamten Wirbelkörpers zeigen. Die CT-Aufnahme im Knochenfenster gibt einen genaueren Aufschluss über die knöcherne Destruktion bei einem malignen Prozess oder zeigt durch einen umgebenden Sklerosesaum, dass ein benigner Tumor den Knochen langsam verdrängt hat. Das MRT kann in der T2-Wichtung die Beteiligung von Bandscheiben und weiteren Wirbelkörpern sowie die Weichteilausdehnung des Tumors zeigen. T1-Bilder ohne und mit Gadolinium sind insbesondere gut geeignet, den intraspinalen Tumoranteil sichtbar zu machen.
Bei neuem Auftreten eines heftigen lokalen Schmerzes im Bereich der Wirbelsäule sollte an die Möglichkeit eines knöchernen Tumors gedacht und neben der klinisch neurologischen Untersuchung eine Nativröntgenaufnahme des betreffenden Bereichs in 2 Ebenen veranlasst werden, sofern eine Bildgebung mit CT oder MRT zeitnah nicht möglich ist.
Bei knöchernen Tumoren der Wirbelsäule mit oder ohne Kompression neuraler Strukturen sind folgende Fragen zu klären:
  • Handelt es sich um einen solitären Tumor?
  • Deuten die radiologischen Befunde auf einen benignen oder malignen Prozess hin?
  • Ist von einer Instabilität der Wirbelsäule auszugehen?
Der wichtigste Aspekt ist hier die Identifizierung primärer, maligner und semimaligner Knochentumoren wie osteogene Sarkome, Ewing-Sarkome, Chordome, Chondrosarkome und Riesenzelltumoren. Neben den radiologischen Charakteristiken dieser Tumoren sollte v. a. ein relativ niedriges Alter eines Patienten im Zweifelsfall bei einem solitären Tumor Anlass geben, durch eine Biopsie die Diagnose zu klären (Liljenqvist und Schaser 2017) (Abb. 13 und 14).
Bei primären malignen Knochentumoren bietet nur die onkologische Resektion en bloc und im Gesunden ggf. in Verbindung mit prä- oder postoperativer Chemotherapie und Bestrahlung eine realistische Überlebenschance für den Patienten. Derartige Eingriffe sollten erfahrenen Wirbelsäulenchirurgen überantwortet werden. Alternativ erlaubt die intratumorale Verkleinerung maligner Tumoren der Wirbelsäule zwar eine funktionserhaltende Resektion, ist jedoch immer verbunden mit dem Risiko einer lokalen Tumoraussaat, bedeutet Verzicht auf Radikalität und damit einhergehend deutlich schlechtere Überlebensraten (Liljenqvist et al. 2008). Aber auch eine En-bloc-Resektion garantiert keine kurative Therapie: Eine kürzlich publizierte Studie beobachtete z. B. nach En-bloc-Resektionen von Chordomen lokale Rezidivraten von 8,7 % und eine Überlebensrate von 84,4 % jeweils für 5 Jahre (Sciubba et al. 2016). Für hochmaligne Tumoren wie die osteogenen Sarkome sind die Ergebnisse nach 5 Jahren noch schlechter mit lokalen Rezidivraten von 57 % und einer Überlebensrate von 60 % (Liljenqvist und Schaser 2017).
Die größte Gruppe der knöchernen Tumoren der Wirbelsäule bilden die Metastasen. Sie sind Ausdruck eines systemischen und keines lokal begrenzten Leidens. Daher bietet diesen Patienten eine onkologische Resektion selbst einer solitären Metastase keinen Vorteil bezüglich der zu erwartenden Überlebenszeit. Hier ist zunächst die Entscheidung zu treffen, ob überhaupt operativ behandelt werden muss oder ob eine Strahlentherapie primär zum Zuge kommen sollte. In Zeiten, in denen lediglich eine Laminektomie zur Entlastung des Rückenmarks erfolgte, auch wenn meist die Metastase ventral im Wirbelkörper lag, bot die operative Behandlung mit anschließender Bestrahlung gegenüber einer alleinigen Strahlentherapie keine Vorteile. Die Behandlung durch Laminektomien hat die chirurgische Therapie spinaler Metastasen bis in die 1990er-Jahre regelrecht diskreditiert. Erst die erweiterten operativen Möglichkeiten mit Ausräumung auch der ventralen Tumoranteile, die Entwicklung immer besserer Techniken zum Wirbelkörperersatz und der verbesserten Implantate zur Wirbelsäulenstabilisierung erlauben jetzt, eine operative Behandlung individuell auf einen Patienten zuzuschneiden. Von einer operativen Maximalversorgung mit kompletter Spondylektomie, Wirbelkörperersatz und Stabilisierung (Yao et al. 2003) bis hin zu einer rein palliativen perkutanen Vertebroplastie eines befallenen Wirbelkörpers (Akbar et al. 2012) steht dem Chirurgen alles zur Verfügung. Letzteres ist allerdings wegen der Gefahr, bei Injektion von Knochenzement Tumorzellen zu disseminieren, nicht unumstritten. Bei der Planung der Therapie spinaler Metastasen sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:
  • Die Behandlung dient dem Erhalt und der Verbesserung von Lebensqualität durch Bewahrung von Mobilität und Linderung von Schmerzen (Ibrahim et al. 2008).
  • Auch eine erfolgreiche Behandlung spinaler Metastasen wirkt sich nicht lebensverlängernd aus. Umgekehrt kann jedoch eine den Patienten zu sehr belastende Therapie die Überlebenszeit sehr wohl verkürzen.
Daher wurde versucht, durch präoperative Scores zu bestimmen, welche Patienten in welcher Form zu behandeln seien. Die bekanntesten sind die von Tokuhashi et al. (2005) und Tomita et al. (2001). Neben Parametern für die Tumorausdehnung in der Wirbelsäule gehen in diese Scores auch der Allgemeinzustand des Patienten, die Tumorhistologie, die Zahl von Metastasen in anderen Organen und die neurologische Symptomatik ein.
Patienten mit Wirbelmetastasen ohne neurologische Symptomatik und ohne Hinweise einer Instabilität sollten primär strahlentherapeutisch behandelt werden. Genauso unumstritten ist die Operationsindikation bei tumorbedingter Instabilität (Abb. 15) oder gar einer pathologischen Fraktur. Umstritten bleibt die Therapie neurologisch symptomatischer Metastasen ohne Zeichen einer Instabilität. Je besser der Allgemeinzustand des Patienten, je weniger betroffene Wirbelkörper, je weniger Anzeichen weiterer Metastasen in anderen Organen und je prognostisch günstiger die Tumorhistologie, desto eher bietet die individuell zugeschnittene, operative Behandlung gefolgt von einer Nachbestrahlung gegenüber der reinen Strahlentherapie Vorteile in Bezug auf Erhalt neurologischer Funktionen (Ibrahim et al. 2008; Bilsky et al. 2009; Meyer und Pitzen 2017). Dabei haben der Allgemeinzustand des Patienten und die Tumorhistologie den größten prognostischen Aussagewert (Klekamp und Samii 2007).
Bei stark vaskularisierten Metastasen von Nieren- oder Schilddrüsenkarzinomen kann eine En-bloc-Resektion sinnvoll sein, um den Blutverlust zu begrenzen, da man bewusst eine intratumorale Resektion vermeidet. Alternativ bietet sich bei diesen Metastasen eine präoperative Embolisation an, bevor eine intratumorale Entfernung erfolgen kann.
Bei den Plasmozytomen sind solitäre Formen vom sog. multiplen Myelom mit osteolytischen Knochenläsionen zu unterscheiden. Das radiologische Bild ist in der Wirbelsäule von dem einer Metastase praktisch nicht zu unterscheiden. Sofern mehrere Osteolysen in anderen Teilen des Skeletts vorliegen, kann durch die Elektrophorese die Diagnose eines multiplen Myeloms auch ohne histologische Sicherung gestellt werden. Diese Patienten werden primär durch Onkologen mit Chemotherapie und Strahlentherapie behandelt. Eine operative Behandlung ist nur bei Auftreten einer Instabilität der Wirbelsäule sinnvoll. Solitäre Plasmozytome hingegen lassen sich nur mittels einer Biopsie nachweisen. Meist erfolgt eine operative Behandlung unter der Annahme einer solitären Metastase eines bisher unbekannten Primärtumors analog dem beschriebenen Vorgehen für Metastasen.
Benigne Knochentumoren können ebenfalls durch intratumorale Resektion behandelt werden. Zu beachten ist bei stark vaskularisierten Prozessen wie Osteoblastomen oder aneurysmatischen Knochenzysten eine präoperative Embolisation (Abb. 16).
Je nach Ausmaß der Resektion eines Knochentumors werden anschließend rekonstruktive Maßnahmen nötig. Eine Vielzahl von Varianten ist in der Vergangenheit sowohl für ventrale als auch für dorsale Versorgungen zu diesem Zweck entwickelt worden (Sundaresan et al. 1996; Weller und Rossitch 1995). Für alle malignen Tumoren gilt, dass generell zusätzlich zur operativen die adjuvante Therapie mit Chemo- und Strahlentherapie angeschlossen werden muss. Allgemeinzustand des Patienten und das Ansprechen auf die adjuvante Therapie sind die entscheidenden Faktoren, die die Überlebenszeit des Patienten bestimmen (Meyer und Pitzen 2017; Liljenqvist und Schaser 2017).
Ergebnisse und Prognose
Bei extraduralen Tumoren muss in der Analyse der Ergebnisse zwischen benignen und malignen Tumoren unterschieden werden. Bei den benignen Tumoren waren für alle präoperativen Symptome, mit Ausnahme der Dysästhesien, postoperativ signifikante Besserungen zu beobachten. Tumorrezidive waren auf Patienten mit unvollständiger Tumorentfernung oder Neurofibromatose Typ II begrenzt (Tab. 8).
Tab. 8
Behandlungsergebnisse extraduraler Tumoren
Histologie
Vollständig entfernt (%)
Rezidivfreiheit
5 Jahre (%)
Rezidivfreiheit
10 Jahre (%)
Rezidivfreiheit
1 Jahr (%)
Überlebenszeit
1 Jahr (%)
Überlebenszeit
5 Jahre (%)
78
Vollständig
100
Vollständig
89
 
Partiell
15
Partiell
Metastasen
Gruppe A
47
  
60
69
35
Metastasen
Gruppe B
32
46
22
Plasmozytome
21
80
91
62
Chordome
52
42
86
78
Bei malignen Tumoren konnten postoperative Verbesserungen nur für Paresen und Schmerzen nachgewiesen werden. Hier war also für ein gutes funktionelles postoperatives Ergebnis die frühzeitige Intervention entscheidend (Klekamp und Samii 2007). So wird kaum ein präoperativ gehunfähiger Patient mit einer spinalen Metastase postoperativ wieder frei gehfähig. Die operative Intervention muss einsetzen, bevor der Patient im Rollstuhl sitzt!
Die Langzeitverläufe (Tab. 8) zeigten bei spinalen Metastasen eine lokale Rezidivrate von 55 % innerhalb von einem Jahr. Ob der Tumor partiell oder vollständig entfernt worden war, war diesbezüglich unerheblich (60 % Rezidive ein Jahr nach partieller, 51 % nach vollständiger Entfernung). Die entscheidenden Einflussfaktoren auf die Prognose eines Patienten mit spinaler Metastasierung waren der präoperative Allgemeinzustand und die Tumorhistologie. Die besten Ergebnisse ergaben sich für Patienten mit Karzinomen der Gruppe A (Schilddrüse, Niere, Mamma und Prostata) mit 40 % Rezidiven nach einem Jahr, während Karzinome der Gruppe B (Lunge, Gastrointestinaltrakt, unbekannter Primärtumor) die schlechteste Prognose hatten mit 54 % Rezidiven nach einem Jahr (Klekamp und Samii 2007). Ähnlich verhielt es sich mit den Überlebensraten. Das Ausmaß der Resektion einer Metastase hat dabei keinen Einfluss auf die Überlebenszeit. 54 % aller operierten Patienten mit spinalen Metastasen überlebten für ein Jahr. Bei Patienten mit Metastasen der Gruppe A lag diese Quote bei 69 % im Vergleich zu 22 % der Patienten mit Metastasen der Gruppe B. Präoperativ noch gehfähige Patienten in gutem Allgemeinzustand hatten unabhängig von der Histologie eine Überlebensrate für ein Jahr von 63 % gegenüber 45 % für Patienten, die sich präoperativ nicht mehr allein versorgen konnten (Klekamp und Samii 2007).

Behandlung von Patienten mit Systemerkrankungen

Hier sind v. a. das Hippel-Lindau-Syndrom und die Neurofibromatose Typ 2 zu nennen. Auf alle Einzelheiten dieser Syndrome einzugehen, würde den Rahmen dieses Kapitels bei Weitem sprengen. Daher sollen nur einige prinzipielle Punkte kurz erwähnt werden.
Da eine Systemerkrankung vorliegt, muss nicht nur mit multiplen Tumoren gerechnet werden, sondern auch mit einer extrem hohen Rezidivgefahr (Conti et al. 2004; Klekamp und Samii 2007). Daran schließt sich auch ein erheblich höheres Risiko operativer Morbidität an, da diese Patienten häufig mehrfach operiert werden müssen oder bereits mehrere Operationen hinter sich haben. Daher sollte die Indikation zu einer Operation nur gestellt werden, wenn ein progredientes Wachstum eines bestimmten Tumors nachgewiesen werden kann und diesem Symptome zugeschrieben werden können. Der Eingriff sollte sich dann auch nur auf diesen Tumor konzentrieren. Zu diesem Zweck sind regelmäßige kernspintomografische Untersuchungen der gesamten Neuraxis in etwa 6-monatigen Abständen für Patienten mit Systemerkrankungen zwingend erforderlich.
Bei Patienten mit Von-Hippel-Lindau-Syndrom (VHL) können neben den Angioblastomen im Zentralnervensystem (Van Velthoven et al. 2003) extraspinale und extrakranielle Manifestationen die Behandlung erheblich komplizieren. Insbesondere müssen regelmäßig Untersuchungen zum Ausschluss von Nierenkarzinomen und katecholaminproduzierenden Tumoren sowie Augenuntersuchungen durchgeführt werden (Nakashima et al. 1999).
Patienten mit einer Neurofibromatose Typ 1 (NF1) leiden im Bereich des Spinalkanals in erster Linie an Neurofibromen (79 %) und seltener an Astrozytomen (14 %) oder Meningeomen (7 %). Die Prognose dieser Patienten bezüglich spinaler Tumoren unterschied sich nicht wesentlich von den Patienten ohne Neurofibromatose.
Anders verhält es sich bei der Neurofibromatose Typ 2 (NF2), die häufig mit multiplen spinalen Tumoren einhergeht, die sowohl intramedullär als auch extramedullär liegen können (Pulst et al. 1991) (Abb. 17). 69 % der operierten Tumoren in dieser Gruppe waren Neurinome, seltener wurden Meningeome (20 %), Ependymome (9 %) oder Astrozytome (2 %) entfernt. Gelegentlich handelte es sich bei extramedullären Prozessen um Konglomerattumoren mit Anteilen mehrerer Neurinome oder Meningeome in einem großen Tumorpaket. Mehr noch als bei Patienten mit multiplen Angioblastomen ist gerade bei Patienten mit NF2 das funktionserhaltende Operieren mit Schwierigkeiten verbunden, da z. B. die tumortragenden Nervenwurzeln oft langstreckig infiltriert, aber noch von funktioneller Bedeutung sein können. Tumoröse Veränderungen lassen sich häufig in multiplen Nervenwurzeln auf beiden Seiten nachweisen, sodass eine radikale Entfernung keinen Sinn macht, wenn dies nur durch Opfern einer Wurzel geschehen kann – das nächste Neurinom an der benachbarten Wurzel kann in kurzer Zeit den nächsten Eingriff notwendig machen. Daher sind gewissermaßen scheibchenweise mit jeder Operation erzeugte neurologische Einbußen um der Radikalität willen für solche Patienten unakzeptabel. Funktionserhalt ist das entscheidende Kriterium und nicht die Radikalität der Tumorentfernung. Darauf müssen Indikationsstellung und operatives Vorgehen abgestimmt sein.
Ein weiterer Punkt, der in die Überlegungen zur Indikationsstellung eingehen sollte, ist die Tatsache, dass gerade ein klinischer Verlauf mit häufig erforderlichen spinalen Operationen für eine relativ aggressive Form der NF2 spricht und mit einer nicht zu vernachlässigenden Letalität verbunden ist: 22 % der NF2-Patienten mit operierten spinalen Tumoren waren innerhalb von 5 Jahren an weiteren Tumoraffektionen verstorben (Klekamp und Samii 2007).

Spätkomplikationen

Spätkomplikationen können zum einen in Form einer postoperativen Instabilität der Wirbelsäule und zum anderen als postoperative Myelopathie auftreten. Zur Vermeidung einer Instabilität soll sowohl die Freilegung beitragen, die Zwischenwirbelgelenke bei intradualen Tumoren immer erhalten kann, als auch das Wiedereinsetzen der Wirbelbögen. Ob Letzteres tatsächlich die Stabilität gewährleistet, ist zumindest bei Erwachsenen nicht erwiesen. Auch durch die Atrophie der Rückenmuskulatur und die veränderte Innervation der Rücken- bzw. Nackenmuskulatur durch den Tumor kann eine muskuläre Imbalance entstehen, die zur Ausbildung einer Fehlstellung bzw. Instabilität führen kann. Speziell Kinder sollten daher unbedingt orthopädisch nachbetreut werden.
Die Ausbildung einer postoperativen Myelopathie kann sich nach Operationen intraduraler Tumoren Monate bis Jahre nach dem Eingriff entwickeln und durch Schmerzen, Dysästhesien oder progrediente neurologische Ausfälle äußern, ohne dass ein Tumorrezidiv nachgewiesen werden kann (Klekamp 2013; Stein 1979). Progrediente neurologische Störungen traten nahezu ausschließlich bei Patienten mit einer narbigen Fixierung des Marks an der Dura auf. 20 % der Patienten boten nach Operation eines extramedullären Tumors radiologische Hinweise eines derartigen postoperativen Tetherings. Bei intramedullären Tumoren war dieser Prozentsatz mit 51 % zunächst noch wesentlich höher, konnte durch Pianähte aber deutlich auf 22 % gesenkt werden. Eine progrediente Myelopathie wurde jedoch nur bei 5 % der Patienten beobachtet. Verglichen mit jenen ohne eine solche Fixierung boten die Patienten mit einem postoperativen Tethering signifikant schlechtere postoperative Zustände in Bezug auf Schmerzen, Dysästhesien und Sphinkterstörungen.
Demgegenüber ist die Genese eines postoperativen Schmerzsyndroms, das bei 25 % der Patienten nach Operationen intramedullärer Tumoren beobachtet wurde, weitgehend ungeklärt. In erster Linie, aber nicht ausschließlich waren Patienten mit einer tumorassoziierten Syringomyelie betroffen (Klekamp 2013).

Zusammenfassung

Bei allen symptomatischen Patienten, bei denen eine intradurale Raumforderung nachgewiesen wird, sollte generell die Indikation zur Operation gestellt werden. Gleiches gilt für extradurale Tumoren ohne Hinweise auf knöcherne Destruktionen, d. h. für benigne Formen. Die postoperativen Ergebnisse und besonders die Operationsmorbidität sind bei frühzeitiger Operation deutlich besser. Ziel der Operation ist die radikale Tumorentfernung. Dies stellt langfristig am ehesten ein gutes funktionelles Ergebnis für den Patienten sicher.
Ausnahmen hiervon ergeben sich für Patienten mit Tumorrezidiven, infiltrativ wachsenden Tumoren oder Systemerkrankungen. Natürlich sollte auch bei diesen Patienten der Versuch einer vollständigen Tumorentfernung unternommen werden. Jedoch sollten die Indikationsstellung und operative Strategie primär daran orientiert werden, wie ein gutes funktionelles Ergebnis am besten gewährleistet werden kann.
Generell bedeutet eine intraoperativ als vollständig beurteilte Entfernung eines benignen Tumors keine sichere Rezidivfreiheit. Dies gilt besonders für Rezidiveingriffe als auch für infiltrativ wachsende Tumoren und erst recht für Patienten mit einer Systemerkrankung.
Vor allem Patienten mit intramedullären Tumoren erfahren mit dem Eingriff zunächst häufig eine Verschlechterung ihres neurologischen Zustandes, die einer Rehabilitationsbehandlung bedarf und sich in der Mehrzahl der Fälle wieder zurückbilden lässt. Während bei intramedullären Tumoren postoperative Funktionsverbesserungen die Ausnahme bilden, sind sie für extramedulläre Tumoren die Regel. Eine Strahlentherapie ist nur für Patienten mit malignen Tumoren unstrittig.
Bei extraduralen, malignen Tumoren ist der Allgemeinzustand des Patienten häufig bereits reduziert. Andererseits ist der notwendige operative Aufwand mit unter Umständen einer zusätzlichen Stabilisation höher als für die übrigen Patienten mit spinalen Tumoren. Die Indikationsstellung muss dies berücksichtigen, Kompromisslösungen sind hier oft unvermeidlich und sollten zusammen mit Onkologen und Strahlentherapeuten besprochen werden. Die langfristige Prognose orientiert sich v. a. am Allgemeinzustand des Patienten, der biologischen Aktivität des Tumors und seinem Ansprechen auf adjuvante Maßnahmen. Eine primär konservative, d. h. in der Regel eine strahlentherapeutische Behandlung sollte dann angeraten werden, wenn keine neurologischen Beschwerden vorliegen oder der Allgemeinzustand des Patienten eine Operation zu riskant erscheinen lässt. Primär operativ ist vorzugehen bei einer tumorbedingten Instabilität oder progredienten neurologischen Ausfällen trotz adjuvanter Therapie. Die Versorgung von Patienten mit einer solitären spinalen Metastase und neurologischen Störungen, jedoch ohne begleitende Instabilität wird von Strahlentherapeuten und Chirurgen hingegen nach wie vor kontrovers beurteilt, wenngleich neuere Studien zunehmend einen Vorteil für die chirurgische Behandlung solcher Patienten zeigen.
Speziell bei jüngeren Patienten mit einem solitären Knochentumor sollte an die Möglichkeit eines primären Knochentumors gedacht und im Zweifelsfall durch Biopsie die Diagnose geklärt werden, um dann gezielt ein Behandlungskonzept umzusetzen, das auch bei malignen Tumoren zunehmend längere Überlebenszeiten erreichen kann.

Facharztfragen

1.
Wie verläuft typischerweise die klinische Symptomatik eines spinalen Tumors?
 
2.
Welche Mechanismen können zu akuten neurologischen Verschlechterungen führen?
 
3.
Welche spinalen Tumoren bedürfen notfallmäßiger Diagnostik und Therapie?
 
4.
Nennen Sie die häufigsten intramedullären, extramedullären und extraduralen Tumoren.
 
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