Die tiefe Sedierung ist auf wenige, spezielle Indikationen beschränkt (siehe
4.1). Für eine Sedierungsdauer < 7 Tage und einem Patientenalter > 16 Jahren ist Propofol das empfohlene Sedativum zum Erreichen einer tiefen Bewusstlosigkeit. Es gilt im Vergleich zu
Benzodiazepinen als besser steuerbar. (Carson et al.
2006; Fong et al.
2007; Martin et al.
2010b) Limitiert ist die Anwendung durch die potenziell lebensbedrohliche Nebenwirkung eines Propofolinfusionssyndroms (PRIS). Dieses ist vor allem bei längerer Anwendung in hoher Dosis beschrieben und auf eine mitochondriale Dysfunktion zurückzuführen. Manifestationsort sind Herz- und Skelettmuskulatur und es geht mit einer Rhabdomyolyse,
Herzrhythmusstörungen und einer schweren metabolischen Azidose einher. Bei Anwendung von Propofol als kontinuierliches Sedativum ist die engmaschige Überwachung von Rhabdomyolyseparametern und des Säure-Basen-Haushalts dringendst empfohlen. Die Grünfärbung des
Urins unter Propofol gilt als gutartige und harmlose Nebenwirkung, die auf einen chromophoben Metaboliten zurückzuführen ist. Besonders bei alkalischem pH-Wert des Urins kann die Grünverfärbung auftreten. Bei einer länger andauernden Sedierung, muss ein individuelles Konzept festgelegt werden. Als Modulatoren am GABA-A Rezeptor kommen neben Propofol nur Benzodiazepine in Betracht. Hierbei ist Midazolam das im europäischen Raum am häufigsten verwendete Sedativum in der Intensivtherapie. (Martin et al.
2006) Benzodiazepine zeichnen sich durch eine große therapeutische Breite aus, haben allerdings einige schwerwiegende Nachteile, wie ein prodelirogenes Potenzial, eine potenzielle
Toleranz und eine unvorhersehbare Wirkdauer durch Akkumulation (Pandharipande et al.
2006). Daher bleibt insbesondere das im US-amerikanischen Raum verwendete, länger wirksame Benzodiazepin Lorazepam in Deutschland speziellen Anwendungsgebieten wie der
Therapie des Status epilepticus vorbehalten. Das in Deutschland zur Sedierung in der
Intensivmedizin zugelassene Lormetazepam hat die Vorteile der Zytochrom P450 unabhängigen Biotransformation (Doenicke et al.
1991). Es gibt aktuell noch keine randomisiert-kontrollierte Studie, die Lormetazepam als Sedativum im Rahmen der Intensivmedizin untersucht, allerdings Anwendungsbeobachtungen die nahelegen, dass es ein Benzodiazepin mit besserer Steuerbarkeit ohne ein Risiko für eine Übersedierung sein könnte.
Da eine tiefe Sedierung nur bedingt durch klinische Messinstrumente gesteuert werden kann, können apparative Verfahren zum Einsatz kommen. In der Regel kommen Verfahren aus dem anästhesiologischen Bereich zum Einsatz, die
EMG und EEG-Daten (in der Regel vereinfachte Ableitungen) messen und in einen „Narkosetiefenindex“ umrechnen. Eine Anwendung muss für den Individualfall abgewogen werden, da eine valide Funktion nicht zuletzt aufgrund von zahlreicher Einflussfaktoren nicht gewährleistet werden kann.