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Pädiatrie
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Publiziert am: 06.11.2019

Grundlagen der Neonatologie

Verfasst von: Christian P. Speer
In den meisten westlichen Ländern hat die neonatale Mortalität (Anzahl der in den ersten 28 Lebenstagen verstorbenen Früh- und Neugeborenen pro 1000 Lebendgeborene) während der letzten Dekaden kontinuierlich abgenommen. In Deutschland hat sich die neonatale Sterblichkeit in den letzten 25 Jahren mehr als halbiert: Sie liegt bei weniger als 3 pro 1000 Lebendgeborenen. Die meisten dieser Kinder versterben innerhalb der ersten Lebenstage. Die häufigsten Ursachen der neonatalen Sterblichkeit sind die Frühgeburtlichkeit und nicht mit Leben vereinbare schwere Fehlbildungen.

Grundlagen und Definitionen

In den meisten westlichen Ländern hat die neonatale Mortalität (Anzahl der in den ersten 28 Lebenstagen verstorbenen Früh- und Neugeborenen pro 1000 Lebendgeborene) während der letzten Dekaden kontinuierlich abgenommen. In Deutschland hat sich die neonatale Sterblichkeit in den letzten 25 Jahren mehr als halbiert: Sie liegt bei weniger als 3 pro 1000 Lebendgeborenen. Die meisten dieser Kinder versterben innerhalb der ersten Lebenstage. Die häufigsten Ursachen der neonatalen Sterblichkeit sind die Frühgeburtlichkeit und nicht mit Leben vereinbare schwere Fehlbildungen. Die für die Neonatalmedizin wesentlichen Definitionen sind in der folgenden Übersicht zusammengefasst.
Definitionen der Neonatalmedizin
  • Gestationsalter: Schwangerschaftsdauer vom 1. Tag der letzten normalen Regelblutung der Mutter bis zur Geburt des Kindes; normal ca. 280 Tage
  • Frühgeborenes: Gestationsalter <260 Tage, <37. vollendete SSW
  • Reifes Neugeborenes: Gestationsalter 260–293 Tage, vollendete 37. bis Ende der 41. SSW
  • Übertragenes Neugeborenes: Gestationsalter >293 Tage, 42. SSW und mehr
  • Hypotrophes Neugeborenes: Geburtsgewicht <10. Perzentile bezogen auf das Gestationsalter des Kindes (SGA: small for gestational age)
  • Eutrophes Neugeborenes: Geburtsgewicht 10.–90. Perzentile bezogen auf das Gestationsalter des Kindes (AGA: appropriate for gestational age)
  • Hypertrophes Neugeborenes: Geburtsgewicht >90. Perzentile bezogen auf das Gestationsalter des Kindes (LGA: large for gestational age)
  • Zwei weitere, in der internationalen Literatur häufig verwendete Definitionen berücksichtigen das Gestationsalter nicht:
    • Untergewichtiges Neugeborenes: Geburtsgewicht <2500 g (LBW: low birth weight infant)
    • Sehr untergewichtiges Neugeborenes: Geburtsgewicht <1500 g (VLBW: very low birth weight infant)

Postnatale Bestimmung des Reifezustandes (Gestationsalter)

Nach der Geburt lassen bestimmte körperliche (somatische) und auch neurologische Zeichen Rückschlüsse auf die Reife des Kindes zu. Dazu sind verschiedene Reife-Scores entwickelt worden. Da die neurologischen Reife-Scores für eine Beurteilung schwerkranker und beatmeter Neugeborener ungeeignet sind, erlauben die leicht zu beurteilenden somatischen Reifezeichen eine gewisse Bestimmung des Reifealters.

Untersuchung des Neugeborenen

Die erste Untersuchung des reifen Neugeborenen erfolgt unmittelbar nach der Geburt (U1), das Kind wird gewogen und die Körperlänge sowie der Kopfumfang gemessen. Eine weitere ausführliche Untersuchung wird im Rahmen des Vorsorgeuntersuchungsprogramms (3.–10. Lebenstag) durch einen Pädiater durchgeführt (Kap. „Krankheitsfrüherkennungsuntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen“). Zur optimalen Beurteilung sollte sich das Neugeborene unbedingt in einem ruhigen und entspannten Zustand befinden. Wesentliche Auffälligkeiten, die im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung registriert werden müssen, sind in der folgenden Übersicht zusammengefasst. Die Haut der Früh- und Neugeborenen ist meist mit einem weißlichen cremigen Material, der Vernix caseosa bedeckt. Diese Vernix besteht aus hochmolekularen Fettsäuren, Estern, Epithelzellen und Lanugohaaren. Sie schützt die fetale Haut außerordentlich effektiv vor Alterationen durch das Fruchtwasser. Bei reifen Neugeborenen ist die Vernix caseosa häufig nur noch in den Hautfalten nachweisbar. Übertragene Neugeborene weisen als Ausdruck einer mangelnden Protektion durch die Vernix mehr oder weniger ausgeprägte Hautveränderungen auf („Waschfrauenhände“, pergamentartige Haut etc.).
Wesentliche Auffälligkeiten und Befunde, die bei der Untersuchung Früh- und Neugeborener registriert werden müssen
  • Haut: Blässe, Zyanose, Plethora, Übertragungszeichen, Ikterus, kongenitale Nävi, z. B. Naevus simplex (Augenlider, Stirn, Nacken, Storchenbiss), Naevus flammaeus, Mongolenflecke (dunkelblau-schwärzliche Flecke an distalen Rückenpartien, überwiegend bei Asiaten, Menschen mit dunkler Hautfarbe), kapilläres oder kavernöses Hämangiom, Erythema toxicum neonatorum u. a.
  • Hirnschädel: Makrozephalus, Mikrozephalus, Fontanellen (Größe, Füllung, weit offene kleine Fontanelle: Hypothyreose?), Nähte (prämature Synostose), Kephalhämatom, Caput succedaneum, Frakturen, Hautmarken durch Elektroden, Vakuumextraktionen oder Forzeps, Fehlbildungen (z. B. Enzephalozele) u. a.
  • Gesicht: Dysmorphiezeichen, Hyperteleorismus, Lidachse, Epikanthus, präaurikuläre Anhängsel, tiefsitzende Ohren, Spaltbildungen (Lippen-Kiefer-Gaumenspalte), Zähne, weißliche epidermale Zysten (Epstein-Perlen) am harten Gaumen (transitorisch, harmlos), Makroglossie, Retrogenie (Pierre-Robin-Sequenz) u. a.
  • Augen: Kolobom, Megalokornea (u. a. Verdacht auf kongenitales Glaukom), Mikrokornea, konjunktivale Blutung (häufig harmloser Befund), auffälliger Pupillenreflex, Leukokorie (Katarakt, okulärer Tumor) u. a.
  • Hals: Struma, nuchales zystisches Hygrom, Flügelfell (Turner-Syndrom), Schiefhals, Hämatom des M. sternocleidomastoideus, Klavikulafraktur u. a.
  • Thorax:
    • Herz: Herztöne, -frequenz (normal 110–160/min, Lage des Herzens)
    • Lunge: Atemgeräusch, -frequenz etc.
    • Fehlbildungen des knöchernen Thorax, vergrößerte Brustdrüsen, Milchsekretion („Hexenmilch“)
  • Abdomen: Größe und Konsistenz von Leber, Milz, Resistenzen, Nierenvergrößerung; Zustand des Nabels (fällt innerhalb von 5–10 Tagen ab) und der Bauchdecke, Analöffnung (Analatresie, -dystopie), Leistenhernie, Femoralispulse
  • Genitale:
  • Wirbelsäule: Spina bifida, Fehlstellungen, Dermalsinus, behaarter Nävus u. a.
  • Extremitäten: Arme (z. B. Radiusaplasie), Hände, Finger (z. B. Spalthand, Hexadaktylie, Vierfingerfurche), Beine, Füße (Fehlstellungen, z. B. Klumpfuß), Zehen (z. B. Syndaktylie), instabile Hüfte, Hüftgelenksluxation (Ortolani-Phänomen)
  • Muskeltonus und Bewegungsmuster: Beugehaltung der Arme und Beine, Zurückfedern der Extremitäten nach passivem Strecken, Kopfhaltung beim Aufsetzen des Neugeborenen, Symmetrie der spontanen Körperbewegungen und Bewegungsautomatismen bzw. Neugeborenenreflexe (Moro-Reflex, Saugreflex, Schreitreflex u. a.; Kap. „Wachstum und Entwicklung im Säuglingsalter“)
Bei allen Neugeborenen soll im Alter von 36–72 Lebensstunden ein Screening auf verschiedene Stoffwechselerkrankungen und hormonelle Erkrankungen durchgeführt werden, u. a. auf Hypothyreose (Inzidenz 1:4000 Lebendgeborene, TSH-Bestimmung), Phenylketonurie (Inzidenz 1:7000, Phenylalaninbestimmung) und Galaktosämie (Inzidenz 1:50.000, Galaktosebestimmung). Weitere Screeninguntersuchungen zum Ausschluss anderer Stoffwechselkrankheiten, Kap. „Neugeborenenscreening“ zusammengefasst. Eine Vitamin-K-Prophylaxe erfolgt am 1., 5. und 28. Lebenstag (jeweils 2 mg Vitamin K oral).

Frühgeborene

Ungefähr 6,5 % aller Geburten erfolgen vor der vollendeten 37. SSW. Etwa 1,5 % dieser Kinder sind sehr unreife Frühgeborene (Geburtsgewicht <1500 g, Gestationsalter <32 vollendete Gestationswochen). Die Frühgeburtlichkeit trägt als wesentlicher Faktor zur perinatalen und neonatalen Sterblichkeit bei. Die Ursachen der Frühgeburtlichkeit lassen sich nur bei einem Teil der Patienten eruieren: vorzeitige Wehen, vorzeitiger Blasensprung, Amnioninfektionssyndrom, Mehrlingsschwangerschaften, akute Plazentalösung, mütterliche Krankheiten wie EPH-Gestose u. a. Mehrere epidemiologische Studien weisen auf eine Assoziation von intrauterinen Risikofaktoren, wie Chorioamnionitis und EPH-Gestose, auf die Integrität und Entwicklung von fetalen Organen hin. So konnte bei einer maternalen histologisch nachweisbaren Chorioamnionitis ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer bronchopulmonalen Dysplasie und zerebraler Schädigungen nachgewiesen werden. Als zugrunde liegender pathogenetischer Mechanismus wird eine intrauterine Zytokinexposition und Inflammationsreaktion des Feten vermutet, die zu einer primären Schädigung unreifer Organstrukturen führt. Die Überlebenschance Frühgeborener mit einem Geburtsgewicht von weniger als 1500 g hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Während in den frühen 1970er-Jahren nur 15–40 % dieser Risikopatienten die Neonatalperiode überlebten, ist heute der Anteil überlebender Frühgeborener auf mehr als 90 % angestiegen.
Die Spätprognose von Früh- und Neugeborenen ist allerdings immer noch Anlass zur Besorgnis. Zum Zeitpunkt der Einschulung weisen 6–12 % der Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht zwischen 500–1500 g schwere Behinderungen auf. Hier werden in unterschiedlichsten Follow-up-Studien Zerebralparesen bei 2–9 %, Sehbehinderung bei 2–18 % und Hörbehinderung bei 2–14 % der Fälle berichtet. Partielle Leistungsschwächen und Schulschwierigkeiten wurden bei mehr als einem Drittel der Patienten beobachtet.
Männliche Frühgeborene und Mehrlinge haben generell eine geringere Überlebenschance als weibliche Risikopatienten bzw. Einzelgeborene gleichen Gestationsalters. Die günstigere Prognose ist zu einem großen Teil auf die Verbesserung der Betreuung und des perinatalen Managements von Risikoschwangeren sowie die Fortschritte der neonatalen Intensivmedizin zurückzuführen.
Das Grundproblem sehr unreifer Frühgeborener bleibt jedoch bestehen: die Unreife von Organsystemen und -funktionen, die postnatal zu einer Reihe von akuten Krankheiten und chronischen pulmonalen und neurologischen Folgeschäden führen kann.
Akute und chronische Krankheiten sehr unreifer Frühgeborener
Für eine optimale Betreuung von Risikofrühgeborenen muss eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein. Risikoschwangere und Frühgeborene sollten nur in personell und technisch optimal ausgestatteten Perinatalzentren betreut werden. Ein In-utero-Transport eines gefährdeten Frühgeborenen ist mit ungleich geringeren Risiken verbunden, als eine postnatale Verlegung. Die Inzidenz von bleibenden Behinderungen ist – wie in vielen Studien belegt – bei einer Behandlung in Perinatalzentren deutlich geringer als in Kinderkliniken, die über eine geringere Erfahrung in der Behandlung der Patienten und/oder eine unzureichende personelle Ausstattung verfügen.
Bei einer drohenden Geburt vor der 34. Gestationswoche ist unter maximaler tokolytischer Therapie eine gegebenenfalls repetitive Lungenreifungsbehandlung mit Betamethason durchzuführen. Die Geburt dieser Risikopatienten sollte so atraumatisch wie möglich erfolgen. Eine primäre Sectio caesarea ist in jedem Fall bei Kindern mit Beckenendlage, drohender intrauteriner Asphyxie, Verdacht auf Amnioninfektionssyndrom sowie jeglicher Form relevanter Pathologie der Mutter und des Kindes indiziert. Durch eine schonende Spontangeburt scheint die Komplikationsrate insbesondere zerebraler Schädigungen nicht erhöht zu sein. Während einer mütterlichen Anästhesie muss eine intrauterine und postnatale Depression des Kindes unbedingt vermieden werden. Dies setzt eine enge Abstimmung von Anästhesieverfahren, chirurgischem Vorgehen und unmittelbar postnataler Versorgung der Frühgeborenen voraus. Nach der Erstversorgung der Frühgeborenen im Kreißsaal erfolgt die weitere zeit- und personalaufwendige Behandlung und Pflege der Kinder auf einer neonatologischen Intensivstation. Die therapeutischen Maßnahmen zielen auf eine Stabilisierung und Korrektur von postnatal einsetzenden Organstörungen ab. Da Frühgeborene nicht in der Lage sind, die Körpertemperatur selbstständig aufrecht zu erhalten, werden die Kinder in einem Inkubator gepflegt. Die Temperatur wird den Bedürfnissen der Patienten (thermoneutrale Temperatur, ausreichende Luftfeuchtigkeit) angepasst.
Zur Überwachung der Frühgeborenen werden EKG- und Atmungsmonitore sowie Pulsoximeter eingesetzt. In Abhängigkeit vom postnatalen Verlauf (maschinelle Beatmung, Sauerstofftherapie) erfolgen eine kontinuierliche transkutane Messung des O2- und CO2-Partialdrucks, eine kontinuierliche Pulsoximetrie bzw. Blutgasanalysen (Nabelarterienkatheter), Blutdruckmessungen u. a. Sehr kleine Frühgeborene werden häufig in den ersten Lebenstagen parenteral (zentrale Katheter) und/oder mithilfe einer Magensonde ernährt. Das Risiko, an einer nosokomialen Sepsis und lokalen nosokomialen Infektionen zu erkranken, ist hoch. In einigen Perinatalzentren erkranken bis zu 25 % der Hochrisikopatienten an einer Sepsis. Die psychische Bindung zwischen Mutter und Frühgeborenem bzw. zwischen Vater und Frühgeborenem soll auch bei beatmeten, aber respiratorisch und zirkulatorisch stabilen Kindern so früh wie möglich erfolgen. Die sog. Känguru-Methode wird von den meisten Frühgeborenen außerordentlich gut toleriert.

Physiologie der Perinatalzeit

Grundlagen

Die Geburt führt zu einer Reihe eingreifender Veränderungen für das Neugeborene: der Übergang vom intrauterinen zum extrauterinen Leben erfordert innerhalb von Minuten eine Anpassung von Atmung, Kreislauf und Temperaturregulation. In utero befördert das rechte Herz ca. 90 % des durch die Plazenta sauerstoffgesättigten Bluts über das offene Foramen ovale und den Ductus arteriosus in den linksseitigen Anteil des Kreislaufs. Es besteht ein physiologischer Rechts-Links-Shunt. Bedingt durch einen hohen intrapulmonalen Druck (Vasokonstriktion der Pulmonalarterien, Lungenflüssigkeit) fließt nur ca. 10 % des zirkulierenden Blutvolumens durch die flüssigkeitsgefüllte Lunge.

Pulmonale Adaptation

Von der 11. Gestationswoche an lassen sich intrauterin fetale Atembewegungen beobachten, gegen Ende der Schwangerschaft zeigen die Kinder mehr oder weniger regelmäßig 30–70 Atembewegungen/min. Diese „Atmungsübungen“ werden unter dem Einfluss verschiedener Regulationsfaktoren wenige Tage vor der Geburt zum größten Teil eingestellt. Die pulmonale Flüssigkeit, die das gesamte tracheobronchoalveoläre System ausfüllt, sowie der ständige Austausch der Lungenflüssigkeit mit dem Fruchtwasser sind entscheidend für die normale fetale Lungenentwicklung und insbesondere für die Ausbildung der Alveolen. Vermutlich entspricht der Flüssigkeitsgehalt dem Volumen der postnatalen funktionellen Residualkapazität (30–35 ml/kg KG). Bei fehlender Lungenflüssigkeit (Anhydramnion, Potter-Sequenz, vorzeitiger Blasensprung >2 Wochen in einer kritischen Phase der Lungenentwicklung und anderen Ursachen), entwickelt sich eine Lungenhypoplasie. Unmittelbar postnatal wird die intrapulmonale Flüssigkeit durch die Mechanik und das Druckprofil der ersten Atemzüge sowie ionensensitive epitheliale Kanäle im Wesentlichen über interstitielle Lymph- und Blutgefäße abtransportiert. Die meisten Neugeborenen bauen vermutlich bei geschlossener Glottis in der Expirationsphase des 1. Atemzugs einen hohen positiven intrathorakalen Druck auf, der zur Elimination der Lungenflüssigkeit führt. Einige Neugeborene entwickeln bereits vor dem 1. Atemzug einen hohen intrathorakalen Druck und pressen so die Lungenflüssigkeit in den Extraalveolarraum. Die Geburtsmechanik hat, anders als früher vermutet, nur einen geringen Einfluss auf die Ausbildung des intrathorakalen Gasvolumens.

Kardiozirkulatorische Adaptation

Mit Beginn der Atmung steigt der Sauerstoffgehalt des arteriellen und venösen Bluts an und der pulmonale Gefäßwiderstand sinkt. Die zunehmende Lungendurchblutung führt zu einer Volumenzunahme und einem Druckanstieg im linken Vorhof und Ventrikel: Folge ist der Schluss des Foramen ovale. Die hämodynamischen Veränderungen und der erhöhte Sauerstoffpartialdruck lösen ebenfalls den funktionellen Verschluss des Ductus arteriosus Botalli aus. Der permanente Verschluss (Thrombosierung, Fibrosierung) tritt häufig erst nach einigen Wochen ein. Mit intakter Lungenfunktion erfolgt die Sauerstoffversorgung des Organismus über das linke Herz und den großen Kreislauf. Die normale Atemfrequenz des Neugeborenen liegt bei durchschnittlich 40 Atemzügen/min (maximal 60/min), die Herzfrequenz bei 120/min (maximal 160/min).

Temperaturregulation

Unmittelbar nach der Geburt muss das in utero vor Wärmeverlusten geschützte Neugeborene zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur eigenständig Wärme produzieren. Dies gelingt durch eine sauerstoffabhängige Oxidation von Fettsäuren im sog. braunen Fettgewebe. Bedingt durch die große Körperoberfläche im Vergleich zum Gewicht sind alle Neugeborenen – insbesondere hypotrophe Neugeborene und Frühgeborene – bei postnatalen Wärmeverlusten dem Risiko ausgesetzt, eine Hypothermie zu entwickeln. Einen bedeutenden Anteil an den postnatalen Wärmeverlusten hat die Verdunstungskälte, die auf der Hautoberfläche des mit Fruchtwasser bedeckten Kindes entsteht. Als Folge der peripheren Vasokonstriktion nimmt die Sauerstoffversorgung der Gewebe ab, durch reaktive Wärmebildung steigt der Energieumsatz. Diese Veränderungen induzieren eine Zunahme des anaeroben Metabolismus mit einer konsekutiven metabolischen Azidose, die zu einer pulmonalen Vasokonstriktion und somit zu einer schlechteren Sauerstoffaufnahme in die Lunge führt. Aus dieser pathogenetischen Sequenz kann sich leicht ein Circulus vitiosus entwickeln (Abb. 1), der von einer Reihe schwerwiegender Komplikationen begleitet sein kann: Entwicklung von Hypoglykämien, Verminderung der postnatalen Surfactantsynthese, Surfactantinaktivierung, Lungenblutung und erhöhte Sterblichkeit.

Reanimation

Voraussetzungen einer Reanimation

Die meisten Neugeborenen durchlaufen eine unproblematische kardiorespiratorische Adaption. Bei ca. 10 % der Kinder sind allerdings mehr oder weniger intensive Reanimationsmaßnahmen erforderlich. Ungefähr zwei Drittel dieser Patienten können als Risikokollektiv bereits vor der Geburt identifiziert werden, bei einem Drittel der Neugeborenen tritt die Reanimationssituation völlig unerwartet auf. Diese Tatsache unterstreicht die Notwendigkeit, dass die essenziellen Wiederbelebungsmaßnahmen zu jeder Zeit differenziert und kompetent durch ein geschultes neonatologisches Reanimationsteam durchgeführt werden können. Weitere Voraussetzungen sind eine optimale Information über maternale und fetale Risiken sowie eine gezielte Vorbereitung auf die spezielle Reanimationssituation. Sind die personellen und apparativen Möglichkeiten in einer Geburtsklinik nicht vorhanden, um Schwangere mit erwartetem Frühgeborenen mit einem geschätzten Geburtsgewicht unter 1250 g oder mit einem Gestationsalter <29 + 0 SSW optimal zu versorgen, so muss die Schwangere – wenn immer medizinisch vertretbar – in ein Perinatalzentrum verlegt werden (Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses).
Der präpartale Transport von Schwangeren und damit von Risikofrüh- und Neugeborenen in ein Perinatalzentrum Level 1 ist bei folgenden Situationen obligat:
1.
Frühgeborene mit einem Gestationsalter <29,0 Wochen (geschätztes Gewicht <1250 g)
 
2.
Höhergradige Mehrlinge (>2) <33 Gestationswochen
 
3.
Alle pränatal diagnostizierten Erkrankungen, bei denen nach der Geburt eine unmittelbare Notfallversorgung erforderlich ist. Dies betrifft Erkrankungen der Mutter mit fetaler Gefährdung sowie angeborene Fehlbildungen.
 

Postnatale Beurteilung

Für die postnatale Beurteilung reifer Neugeborener hat sich das von der amerikanischen Anästhesistin Virginia Apgar im Jahr 1952 entwickelte Schema, der sog. Apgar-Score bewährt (Tab. 1). Der 5-Minuten-Apgar-Wert ist die beste verfügbare Methode, um die Vitalität Neugeborener und/oder den Effekt von Reanimationsmaßnahmen zu belegen. Frühgeborene lassen sich aufgrund des vom Gestationsalter abhängigen Muskeltonus und der Reflexerregbarkeit allerdings nicht adäquat beurteilen. Eine allzu schematische Erfassung der einzelnen Apgar-Kriterien bei der Erstversorgung eines deprimierten reifen Neugeborenen birgt die Gefahr, dass die Wiederbelebungsmaßnahmen nur verzögert einsetzen. Die Bestimmung des Säure-Basen-Status ist als ein fester Bestandteil und eine wesentliche Ergänzung der Zustandsbeurteilung des Kindes anzusehen. Diese nur mit einer zeitlichen Latenz verfügbare Diagnostik ist jedoch für die initialen therapeutischen Entscheidungen meist nicht relevant. Dagegen geben bereits 3 klinische Kriterien – nämlich Hautfarbe, Atmung und Herzfrequenz – ausreichende Informationen, um das akute Vorgehen zu planen und die Maßnahmen weder zu spät noch zu voreilig durchzuführen (Abb. 2).
Tab. 1
Apgar-Schema
Symptom
Apgarzahla
0
1
2
Hautfarbe
Blau oder weiß
Rosig
Atmung
Keine
Langsam, unregelmäßig
Gut
Herzaktion
Keine
<100
>100
Muskeltonus
Schlaff
Träge Flexion
Aktive Bewegung
Reflexe beim Absaugen
Keine
Grimassieren
Schreien
aBestimmung nach 1, 5 und 10 min

Durchführung der Reanimation

Die Versorgung von deprimierten Neugeborenen sollte in 3 Stufen erfolgen.

Stufe 1: Basismaßnahmen

Die einfachen Basismaßnahmen der Reanimation beinhalten Abtrocknen, Stimulation und Absaugen des Neugeborenen. Während dieser Maßnahme ist eine schnelle Beurteilung zum Ausschluss schweren Fehlbildungen erforderlich. Nach dem Abtrocknen wird das Neugeborene in angewärmte, trockene Tücher gehüllt. Die Erstversorgung erfolgt unter einem Heizstrahler, Zugluft im Raum ist zu vermeiden! Bei sehr kleinen Frühgeborenen und extrem hypotrophen Neugeborenen ist ein zusätzlicher Wärmeschutz durch verschiedene Folien (u. a. Plastikfolien) oder Warmluftdecken erforderlich. Durch die taktile Stimulation u. a. von Rücken und Fußsohlen wird die Atmung des Kindes stimuliert. Die meisten Neugeborenen beginnen innerhalb von 10 s nach der Geburt spontan zu atmen. Allerdings ist damit zu rechnen, dass ca. 10 % der Neugeborenen nach 1 Lebensminute noch keine regelmäßige Atemtätigkeit aufweisen. Bei entsprechender Indikation, wie Verlegung der Atemwege durch Fruchtwasser, Blut oder Mekonium, sollten zuerst der Oropharynx und dann die Nasenwege des Neugeborenen mit einem ausreichend großlumigen Katheter (Ch 8–10) abgesaugt werden (Cave! Mund vor Nase! Erhöhte Aspirationsgefahr durch die Stimulation der Eigenatmung des Kindes nach nasalem Absaugen!). Es ist unbedingt darauf zu achten, dass beim Absaugen keine Bradykardien auftreten (Vagusstimulation). Der Sog am Absauggerät ist auf 200 mbar zu begrenzen, um Verletzungen der Schleimhaut zu vermeiden. Ein routinemäßiges Absaugen aller Neugeborenen ist nicht indiziert.

Stufe 2: Zusatzmaßnahmen bei insuffizienter Spontanatmung

Reichen die beschriebenen Basismaßnahmen nicht aus, eine Spontanatmung zu induzieren, so sind zur Vermeidung von Bradykardie und Hypoxie weitere Schritte erforderlich. Neugeborene mit fehlender Eigenatmung erhalten eine Atemhilfe. Eine manuelle Masken-Beutel-Beatmung wurde in vielen neonatologischen Zentren durch eine manuelle Beatmung ersetzt. Ziel dieses Blähmanövers ist, die intraalveoläre Lungenflüssigkeit in das pulmonale Lymph- und Gefäßsystem zu pressen und somit – in Analogie zur Atemtechnik Neugeborener – eine funktionelle Residualkapazität herzustellen. Sehr kleine Frühgeborene, die postpartal nicht schreien, sollten sofort eine Atmungsunterstützung erhalten, um eine hypoxisch bedingte Bradykardie und somit das Risiko von Fluktuationen des zerebralen Blutflusses zu vermeiden (Cave! Hirnblutung).
Besonders bei sehr kleinen Frühgeborenen mit unreifen Lungenstrukturen ist auf einen äußerst sensiblen Umgang mit jedweder Beatmungsform und -unterstützung zu achten. Durch inadäquat hohe Beatmungsvolumina und Beatmungsdrucke können folgenschwere Lungenverletzungen ausgelöst werden. Vor dem Hintergrund dieser Beobachtung ist eine dem Frühgeborenen individuell angemessene Beatmungsform zu wählen, die das Risiko der mechanischen Traumatisierung so gering wie möglich hält. Jüngste Untersuchungen belegen, dass durch eine unmittelbar nach der Geburt erfolgte Anlage eines binasalen CPAP-Systems (CPAP, continuous positive airway pressure, kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck) eine beträchtliche Anzahl sehr unreifer Frühgeborener bereits im Kreißsaal stabilisiert werden kann. Eine manuelle Maskenbeatmung sollte bei einer Reihe von Krankheiten des Neugeborenen gänzlich vermieden werden: Mekonium- und Blutaspiration, Zwerchfellhernie, schwerste postpartale Asphyxie. Diese Neugeborenen sollten primär intubiert werden.
Eine Stabilisierung oder Reanimation von reifen Neugeborenen erfolgt primär mit Raumluft, nur unter pulsoxymetrischer Überwachung sollte Sauerstoff angeboten werden. Aufgrund der aktuellen Datenlage empfehlen die meisten internationalen Fachgesellschaften eine primäre Reanimation von unreifen Frühgeborenen mit 30 % O2.
Wenn man bedenkt, dass der Sauerstoffpartialdruck im fetalen Blut ca. 25 mmHg beträgt, kann eine zu rasche postnatale Hyperoxygenierung des deprimierten Neugeborenen durchaus problematisch sein. Dieser Aspekt gilt besonders für Hochrisikofrühgeborene, die nicht nur einen Mangel an protektiven Antioxidanzien in allen Geweben aufweisen, sondern auch ernst zu nehmende Spuren einer Gewebsschädigung durch Sauerstoffradikale aufweisen. In dieser Hochrisikogruppe sollte eine Sauerstofftherapie nur unter Messung der Sauerstoffsättigung erfolgen und auf jeden Fall eine Hyperoxygenierung bereits während der Stabilisierungsphase vermieden werden (Cave! Retinopathia praematurorum).
Intubation
Bleibt ein Neugeborenes trotz Maskenbeatmung apnoeisch oder bradykard, so wird das Kind umgehend endotracheal intubiert. Die technischen Aspekte der Intubation sind an anderer Stelle beschrieben (Kap. „Kardiopulmonale Reanimation bei Kindern und Jugendlichen“). Für die Gruppe sehr kleiner Frühgeborener ist inzwischen eindeutig belegt, dass die Vermeidung von postpartaler Hypoxie zu einer Reduktion der Sterblichkeit und der Inzidenz des Atemnotsyndroms (RDS, respiratory distress syndrome) beiträgt. Dennoch ist von einer generellen Intubation dieser besonderen Patientengruppe abzuraten, da gerade bei sehr vitalen Frühgeborenen unter der Intubation transitorische hypoxämische Phasen und Alterationen der zerebralen Zirkulation nicht auszuschließen sind. Der frühzeitige Einsatz binasaler CPAP-Systeme unmittelbar nach der Geburt hat dazu beigetragen, dass auch sehr unreife Frühgeborene nachhaltig stabilisiert werden können. Bei Zeichen von Atemnot und zunehmendem Sauerstoffbedarf sollte das Frühgeborene zeitgerecht intubiert werden. Während der Intubation muss eine kontinuierliche Überwachung der Herzfrequenz des Kindes und der Sauerstoffsättigung (Pulsoxymeter) erfolgen. Bei einer Bradykardie ist der Intubationsversuch unverzüglich abzubrechen und das Kind mit erneuter Maskenbeatmung und adäquater Sauerstoffzufuhr zu stabilisieren. Die häufigsten Komplikationen im Verlauf der Intubation sind die Fehlpositionen des Tubus in den Ösophagus und eine einseitige selektive Intubation des rechten Hauptbronchus: Durch entsprechende Korrektur der Tubuslage sind diese Situationen leicht zu beheben. Ernsthafte Komplikationen stellen die Perforation des Ösophagus und Hypopharynx dar, tracheale Perforationen wurden durch Führungsstäbe von Endotrachealtuben beobachtet. Magenrupturen wurden nach Reanimation Neugeborener mit tracheoösophagealer Fistel beschrieben. Subglottische Stenosen können sich als chronische Komplikationen eines Intubationsschadens ausbilden.
Naloxon
Neugeborene, deren Mütter unter der Geburt Opiate erhalten haben, fallen häufig durch einen fehlenden Atemantrieb nach der Geburt auf. Durch die intravenöse Gabe des Opiatantagonisten Naloxon (z. B. Narcanti neonatal) kann die atemdepressive Wirkung diaplazentar übergetretener Morphinderivate aufgehoben werden (Dosierung 0,01 mg/kg KG). Da die Opiatanalgetika eine längere Halbwertzeit als Naloxon haben, muss mit symptomatischen Reboundeffekten beim Kind gerechnet werden. Sie machen wiederholte Gaben von Naloxon erforderlich. Kinder heroinabhängiger Mütter dürfen kein Naloxon erhalten, da schwerste akute Entzugserscheinungen ausgelöst werden können.

Stufe 3: Zusatzmaßnahmen bei insuffizienter Kreislauffunktion

Da Bradykardien bei Neugeborenen meist durch eine Hypoxie bedingt sind, lassen sich die meisten Kreislaufprobleme durch eine suffiziente Oxygenierung beheben. Besteht die Bradykardie trotz ausreichender Lungenbelüftung fort, so sind weitere Maßnahmen, wie extrathorakale Herzmassage, Adrenalingabe, Volumensubstitution und Azidosekorrektur angezeigt.
Herzmassage
Eine externe Herzmassage sollte bei allen Neugeborenen durchgeführt werden, bei denen die Herzfrequenz unter 60 Schlägen/min liegt und die nach Beginn der adäquaten Ventilation nicht mit einem Anstieg der Herzfrequenz reagieren. Bei einer der möglichen Techniken wird der Thorax des Kindes von beiden Seiten umfasst und am unteren Teil des Sternums um 1–2 cm mit einer Frequenz von 100/min komprimiert (Abb. 3). Diese Art der Herzmassage stellt die effektivste Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Kreislauffunktion dar. Sie setzt aber voraus, dass 2 in der Reanimation Neugeborener erfahrene Personen die kardiozirkulatorische und respiratorische Reanimation durchführen. Eine Einzelperson ist gezwungen, durch Sternumkompression mittels 2 Fingern eine wirksame Herzmassage und gleichzeitig eine effiziente Beatmung zu gewährleisten. Es wird momentan ein Verhältnis von 3 Herzkompressionen zu 1 Beatmung empfohlen. Trotz wirksamer Herzmassage muss die Ursache der Bradykardie rasch erkannt, und wenn möglich kausal behandelt werden.
Adrenalin
Bleibt der unter externer Herzmassage erwartete Anstieg der Herzfrequenz aus, so sollte unverzüglich Adrenalin über die katheterisierte Nabelvene, eine periphere Vene oder intraossär (0,01–0,03 mg/kg KG) appliziert werden. Ist kein Gefäßzugang möglich, so sollte Adrenalin (0,1–0,3 ml/kg KG in einer Verdünnung von 1:10.000) über den endotrachealen Tubus appliziert werden. Trotz einer geringen Lungendurchblutung, kann diese Maßnahme zu einem raschen Anstieg der Herzfrequenz oder sogar einem erstmaligen Nachweis der Herzaktion führen. Intrakardiale Injektionen sind obsolet. Die Wirkung von Adrenalin wird durch die bestehende Azidose eingeschränkt.
Natriumbikarbonat
Die Indikation für die Gabe von Natriumbikarbonat ist bei schwerer protrahierter metabolischer Azidose, z. B. nach intrauteriner Hypoxie und nach längerdauernden Reanimationsmaßnahmen, insbesondere bei schlechtem Ansprechen auf Adrenalin indiziert. Die Gabe von Natriumbikarbonat erfolgt intravenös in einer mindestens 1:1 verdünnten Lösung (Aqua dest.) und über einen längeren Zeitraum – über 15 min bei Neugeborenen und über Stunden bei Frühgeborenen – (Initialdosis: 1–3 mval NaHCO3/kg KG). Da Natriumbikarbonat 8,4 % hyperosmolar ist, besteht die Gefahr, dass Frühgeborene im Rahmen der Serumosmolalitätsspitzen und -schwankungen eine Hirnblutung entwickeln. Eine Bikarbonatbehandlung verbietet sich bei einer ausgeprägten respiratorischen Azidose.
Volumengabe
Bei anamnestischem und klinischem Verdacht auf einen akuten Blutverlust des Kindes sollte unverzüglich Volumen zugeführt werden. Für eine initiale Volumensubstitution bietet sich physiologische Kochsalzlösung (10–15 ml/kg KG) an. Als effektivste Maßnahme ist unter kritischer Indikationsstellung die Gabe von 0-Rh-neg.-/lysinfreiem Erythrozytenkonzentrat (10–15 ml/kg KG) anzusehen. Eine entsprechende Notfallkonserve, die ohne Kreuzprobe transfundiert werden kann, sollte heute für Risikosituationen unmittelbar nach der Geburt verfügbar sein. Bei hämorrhagischem Schock ist die Transfusion bis zu einer Stabilisierung des kindlichen Zustandes fortzuführen. In der folgenden Übersicht sind sämtliche Schritte der Reanimation zusammengefasst.
Schritte der Reanimation von Neugeborenen
  • Adäquate Wärmezufuhr; Abtrocknen und Zudecken des Neugeborenen
  • Luftwege freimachen (Mund vor Nase gezielt absaugen)
    • Auskultation (Stethoskop)
    • Anlage eines Pulsoximeters
    • Manuelle Masken-Beatmung mit 21 % O2, initiale „Blähmanöver“ (3–5 sec), danach assistierte Beatmung (Beatmungsfrequenz 40–60/min). Bei unzureichender Oxigenierung zusätzlich Sauerstoffzufuhr unter kontinuierlicher pulsoximetrischer Überwachung
Bei Apnoe und/oder Bradykardie (Herzfrequenz 60–80/min unter Beutel-Masken-Beatmung):
  • Endotracheale Intubation (Tubus: 3,0–3,5 mm)
  • Herzmassage (Beatmungsfrequenz: Herzmassage: 1:3)
  • Bei Bedarf Suprarenin 0,01–0,03 mg/kg KG i. v. oder intraossär bei fehlendem i. v.-Zugang, evtl. Suprarenin 0,01 mg/kg KG – 0,1 ml/kg KG der Verdünnung 1:10.000 über Endotrachealtubus
  • Evtl. Natriumbikarbonat 8,4 % (1:1 mit Aqua dest. verdünnt), 1–3 mmol/kg KG sehr langsam i. v. (per Infusionen)
  • Evtl. Nabelvenenkatheter, Volumenzufuhr: balanzierte isotonische Lösung, Blut 10–20 ml/kg KG
  • Besonderheiten der Reanimation Frühgeborener, Text
Weiterführende Literatur
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