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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 12.07.2023

Akute infektiöse Diarrhoe

Verfasst von: Christoph Lübbert und Martin Grimm
Diarrhoe (Durchfall) ist die Abgabe von flüssigem Stuhl in einer Frequenz von mehr als dreimal täglich. Während bei akuter Diarrhoe meist eine infektiöse Genese vorliegt, werden chronische Diarrhoen mehrheitlich durch lokale Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts, vaskuläre und funktionelle Störungen oder Stoffwechselstörungen und eher selten durch Krankheitserreger hervorgerufen. Die infektiöse Diarrhoe gilt weltweit als eine der häufigsten Erkrankungen und eine der fünf häufigsten Todesursachen. Hauptsymptom infektiöser Darmerkrankungen ist die Diarrhoe, meist begleitet von Bauchschmerzen und abdominellen Krämpfen. Je nach klinischem Verlauf treten Symptome des Flüssigkeitsverlusts, der Exsikkose oder der Erregerinvasion in den Vordergrund. Die Diagnostik besteht aus einer gründlichen Anamnese und klinischer Untersuchung. Erst bei schweren bzw. längeren Verläufen oder bei Patienten mit Vorerkrankungen sind Laboruntersuchungen indiziert. Eine abgestufte Stuhluntersuchung mit mikrobiologischer bzw. virologischer Erregerdiagnostik steht dann im Vordergrund. Die Therapie besteht in erster Linie in einer oralen Rehydratationsbehandlung. Bei Erbrechen kann eine antiemetische Therapie und bei krampfartigen abdominellen Beschwerden eine spasmolytische und analgetische Therapie indiziert sein. Die erregergerichtete Therapie von schweren infektiös bedingten Durchfallerkrankungen erfolgt in den meisten Fällen antibiotisch.

Einleitung und Definition

Der Gastrointestinaltrakt ist mit einer Schleimhautfläche von 250 bis 400 m² die größte Kontaktfläche zwischen Körper und exogen zugeführten Stoffen. Dabei kommt es unvermeidlich zum Aufeinandertreffen mit potenziell pathogenen Erregern bzw. Toxinen. Aufgrund des niedrigen pH-Wertes im Magen sowie des Einflusses von Galle und Pankreasenzymen sind Infektionen des oberen GI-Trakts trotz der exponierten Stellung vergleichsweise selten. Geringere Säurekonzentrationen im Dünn- und Dickdarm ermöglichen das Überleben sowohl einer physiologischen Mikrobiota („Darmflora“) als auch pathogener Erreger. Aufgrund der deutlich längeren Passagezeit ist die physiologische Bakteriendichte im Kolon (1012 koloniebildende Einheiten [KBE] pro Gramm Feuchtmasse) um ein Vielfaches höher als im Jejunum (104 KBE pro Gramm Feuchtmasse) und im Ileum (106 KBE pro Gramm Feuchtmasse).
Erregerassoziierte Milieuveränderungen im mittleren und unteren Gastrointestinaltrakt können Stuhlgangveränderungen auslösen. Dabei kann es sich um verstärkte Gasbildung, die zu Meteorismus führt, als auch um Obstipation handeln. Die weitaus häufigste pathologische Stuhlveränderung sind jedoch Durchfälle. Häufig werden diese Veränderungen von krampfartigen Abdominalschmerzen begleitet.
Die Variabilität des individuellen Stuhlgangverhaltens – sowohl bis zu maximal drei Stuhlgänge am Tag als auch bis zu minimal drei pro Woche sind als normal zu betrachten – hat zu folgender Definition der Diarrhoe geführt: Als Durchfall (Diarrhoe, abgeleitet aus dem altgriechischen Wort diárrhoia, zusammengesetzt aus den Wortbestandteilen diá [= durch] und rhéō [= fließen]) wird die Abgabe von flüssigem Stuhl in einer Frequenz von mehr als dreimal täglich definiert. Eine weniger praxistaugliche wissenschaftliche Definition von Diarrhoe bei Erwachsenen führt ein Stuhlgewicht von über 250 g pro Tag an, bei zu häufiger Frequenz und zu hohem Wasseranteil.
Klinisch hat sich die Unterscheidung in akute und chronische Diarrhoe etabliert. Bei akuter Diarrhoe mit einer Symptomatik bis zu zwei Wochen ist in den allermeisten Fällen von einer infektiösen Genese auszugehen. Chronische Diarrhoen mit einer Symptomdauer von mehr als vier Wochen werden mehrheitlich durch lokale Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts, vaskuläre und funktionelle Störungen, Stoffwechselstörungen etc. und sehr viel seltener durch Krankheitserreger hervorgerufen. Als persistierende Diarrhoe wird eine entsprechende Symptomatik mit einer Dauer von 2–4 Wochen bezeichnet.
Infektiöse Diarrhoen zählen zu den häufigsten Erkrankungen weltweit und sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO eine der fünf häufigsten Todesursachen. Ursächlich kommen virale, bakterielle und parasitäre Erreger vor. Sind Magen und Dünndarm von einer Entzündung betroffen, entsteht eine Gastroenteritis. Ist nur der Dünndarm befallen, wird von einer Enteritis gesprochen, bei alleinigem Dickdarmbefall von einer Kolitis. Die Kombination aus Dünndarm- und Dickdarmbefall wird als Enterokolitis bezeichnet.

Pathophysiologie

Eine Vielzahl von Pathomechanismen ist zu berücksichtigen:
Nahrungsmittelintoxikation
Bei der so genannten Nahrungsmittelintoxikation handelt es sich um keine klassische infektiöse Diarrhoe. Vielmehr werden die von Bakterien gebildeten Toxine vor Aufnahme in den Gastrointestinaltrakt schon in der verdorbenen Nahrung gebildet. Die Schleimhautschädigung erfolgt nicht durch den Erreger, sondern ausschließlich durch das aufgenommene Toxin; die Erreger selbst können bei Ingestion schon abgestorben sein. Typisch für diese Erkrankungen sind kurze Inkubationszeiten von wenigen Stunden (meist 1–6 h) sowie ebenfalls nur kurze Krankheitsverläufe (in der Regel < 24 h) mit gastroenteritischen Beschwerden in Form von Erbrechen und wässriger Diarrhoe bei gleichzeitig auftretenden krampfartigen Oberbauchschmerzen. Betroffen sind hauptsächlich der obere Gastrointestinaltrakt mit Magen und Duodenum sowie das proximale Jejunum. Typische Auslöser einer Nahrungsmittelintoxikation sind Staphylococcus aureus und Bacillus cereus. Auch Clostridium perfringens kann durch Bildung eines Enterotoxins eine Nahrungsmittelintoxikation auslösen.
Akute erregerbedingte Diarrhoe
Der akuten erregerbedingten Diarrhoe liegt meist eine aktive Flüssigkeitssekretion aus den Enterozyten zugrunde, bedingt z. B. durch Einwirkung von Toxinen, die entweder zytotoxisch wirken und durch Zellnekrosen zu lokalen Entzündungsreaktionen und damit Diarrhoe führen oder als Enterotoxine direkt auf verschiedene Membrantransportproteine Einfluss nehmen und auf diesem Weg die Elektrolyt- und Wassersekretion beeinflussen. Im Gegensatz zur Nahrungsmittelintoxikation sind bei diesem Pathomechanismus hauptsächlich Ileum und Kolon betroffen.
Typische enterotoxische Pathogene sind Salmonella enteritidis, enterotoxinbildende Escherichia coli (ETEC) und Vibrio cholerae. Vibrio cholerae und ETEC als klassische Lehrbuchbeispiele aktivieren über Toxine massiv eine Adenylatcyclase in den Enterozyten. Die dadurch erhöhte Konzentration des „second messenger“ c-AMP führt zur Hochregulation der Aktivität bestimmter Membrankanäle mit dadurch vermehrter Elektrolytsekretion, bei der insbesondere Chloridionen aktiv in das Darmlumen sezerniert werden; Wasser und andere Ionen werden passiv mittransportiert. Folgerichtig wird von einer sekretorischen Diarrhoe gesprochen. Klinisch resultieren massive, wässrige Durchfälle. Bei der Cholera kann das Stuhlvolumen unter Umständen bis zu mehr als 20 l täglich ausmachen. Entzündungsreaktionen treten bei dieser Form nur in geringem Maße auf, sodass im Stuhl i. d. R. keine Leukozyten nachweisbar sind.
Zytotoxinbildner oder Erreger, die durch Invasion tiefere Schleimhautschichten schädigen, lösen eine stärkere lokale Entzündungsreaktion aus. Nekrotische Enterozyten wie einwandernde Entzündungszellen stören die physiologische Schleimhautfunktion und führen zu verstärkter Flüssigkeitssekretion und reduzierter Flüssigkeitsresorption. Durch systemische Entzündungsreaktionen kann sich hohes Fieber mit Schüttelfrost entwickeln. Zudem sind im Stuhl Leukozyten und meist auch Erythrozyten nachweisbar. Schwere dysenterische Verläufe sind möglich. Typische Erregerätiologien sind Salmonellen, Shigellen, Campylobacter, Clostridioides difficile und Entamoeba histolytica.
Der Mechanismus der akuten wässrigen Diarrhoe durch virale Erreger wie z. B. Rotaviren, Noroviren (früher Norwalk-Viren) oder fakultativ invasive Protozoen, insbesondere Lamblien, scheint hingegen auf einem direkten, erregerverursachten Schleimhautschaden zu beruhen. Virale Erreger haben kurze Inkubationszeiten von wenigen Stunden bis Tagen; bei Protozoen können erste Symptome zum Teil erst Wochen nach der Infektion auftreten.
Dem Dickdarm zuzuordnende Durchfälle beruhen auf mangelnder Rückresorption von Wasser, sodass der Stuhlgang nur unzureichend eingedickt wird. C. difficile nimmt unter den genannten Erregern eine Sonderstellung ein. Die Infektion und Erkrankung mit diesem Erreger ist in der Regel mit einer Veränderung der physiologischen Darmflora durch Antibiotikatherapie oder anderen unter Bedingungen einer Langzeithospitalisation auftretenden Faktoren assoziiert. Der protektive Effekt einer physiologischen mikrobiellen Besiedelung des unteren Gastrointestinaltraktes, auch als Kolonisationsresistenz beschrieben, wird dabei in erster Linie durch antimikrobiell wirksame Substanzen gestört, sodass der Weg für eine Überwucherung mit toxinbildenden C.-difficile-Stämmen gebahnt ist. Die Kolonisationsresistenz ist sowohl bei älteren Menschen als auch bei Neugeborenen schlechter ausgeprägt. Ein fehlender epithelialer Toxinrezeptor im Darm wird als mögliche Ursache für die ausbleibende Symptomatik bei Kindern unter zwei Jahren, die bis zu 80 % mit C. difficile kolonisiert sind, angenommen.
Bei jeder nicht sofort spontan abklingenden infektiösen Diarrhoe ist infolge der gestörten Enterozytenfunktion auch die Nährstoffresorption eingeschränkt. Im Darmlumen verbleibende Mono- und Oligosaccharide (z. B. Laktose) sind osmotisch wirksam und binden Flüssigkeit im Darmlumen, die als osmotische Komponente zur Diarrhoe beiträgt. Eine osmotische Diarrhoe kann die Symptomatik auch nach bereits überstandener Infektion noch einige Tage erhalten, wenn die Dichte der Membranproteine noch nicht ausreichend hoch ist, alle Nährstoffe zu resorbieren.

Epidemiologie

Die infektiöse Diarrhoe gilt weltweit als eine der häufigsten Erkrankungen und eine der fünf häufigsten Todesursachen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO wird von rund 500 Mio. Durchfallepisoden ausgegangen; 5–10 Mio. Todesfälle jährlich werden direkt oder indirekt der Diarrhoe zugeordnet. Betroffen sind hauptsächlich Kleinkinder in Entwicklungsländern. Ursache hierfür sind hauptsächlich unzureichende Versorgung mit intravenöser Flüssigkeitssubstitution und mangelnde Hygiene.
In Deutschland ist die Situation aufgrund der deutlich besseren Hygienesituation eine andere. Im Jahr 2019 wurden bundesweit mehr als 220.000 Nachweise meldepflichtiger Durchfallerkrankungen an das Robert Koch-Institut gemeldet. Dies jedoch entspricht nicht den tatsächlichen Erkrankungszahlen, die vermutlich mindestens zehn- bis zwanzigfach höher liegen, da eine akute infektiöse Diarrhoe häufig innerhalb weniger Tage von selbst ausheilt und viele Patienten hinsichtlich der Durchfallursache nicht systematisch untersucht werden. Schätzungen zufolge müssen ca. 50 % der akut Erkrankten aufgrund dieses Leidens die täglichen Aktivitäten einschränken. Etwa ein Zehntel der Betroffenen sucht einen Arzt auf. Einer von 400 Erkrankten wird stationär im Krankenhaus aufgenommen und Todesfälle ereignen sich bei 3 von 100.000 Erkrankten. Betroffen sind davon hauptsächlich ältere Menschen und Kleinkinder.
Bedingt durch die Änderungen von Lebens- und Ernährungsgewohnheiten hat sich das Ursachenspektrum in den letzten 30–40 Jahren erheblich verändert und verbreitert. So sind in dieser Zeit über zehn neue Erreger von Nahrungsmittelinfektionen entdeckt worden, darunter Campylobacter, Cryptosporidium parvum, Cyclospora cayetanensis und Noroviren. Hingegen hat die Bedeutung von Salmonellen kontinuierlich abgenommen (Tab. 1).
Tab. 1
Statistik meldepflichtiger infektiöser Darmkrankheiten des Robert Koch-Instituts für 2019
Erreger
Gemeldete Fallzahl 2019 in Deutschland
Norovirus-Erkrankung
78.665
Campylobacter-Enteritis
61.526
Rotavirus-Erkrankung
36.874
Salmonellose
13.693
EHEC (außer HUS)
1877
Giardiasis
3296
Clostridioides-difficile-Erkrankung (schwere Verlaufsform)
2262
Yersiniose
2168
1974
Shigellose
627
EHEC enterohämorrhagische E. coli, HUS hämolytisch-urämisches Syndrom

Klinik

Hauptsymptom infektiöser Darmerkrankungen ist die Diarrhoe, meist begleitet von Bauchschmerzen und abdominellen Krämpfen. Nicht invasive Enteritis-Erreger führen meist zu wässrigen Durchfällen mit hoher Stuhlfrequenz. Fieber als Zeichen einer systemischen Entzündungsreaktion tritt dabei nur selten auf. Invasive Erreger mit Mukosazerstörung und Darmwandinvasion führen häufig zu mukösen Stuhlabgängen mit mehr oder minder häufigen Blutbeimengungen (Dysenterie). Aufgrund auftretender Bakteriämien bzw. Toxinämien ist das Auftreten systemischer Entzündungsreaktionen mit Fieber und Schüttelfrost möglich.
Während bei einer primären Manifestation im oberen Gastrointestinaltrakt (Magen, Duodenum, Jejunum) – wie bei viralen Erregern und Nahrungsmittelintoxikationen üblich – typischerweise Erbrechen und krampfartige Oberbauchschmerzen auftreten, führen infektiöse Diarrhoen des Kolons häufig zu mit Tenesmen verbundenen Unterbauchschmerzen. Je nach klinischem Verlauf treten Symptome des Flüssigkeitsverlusts, der Exsikkose oder der Erregerinvasion in den Vordergrund.
Erste Anzeichen der Exsikkose sind vermehrtes Durstgefühl, verminderte Produktion eines meist konzentrierten Urins und trockene Lippen und Schleimhäute. Eine verlängerte Rekapillarisierungszeit (Nagelbettprobe) ist nachweisbar. Weiterer Flüssigkeitsverlust führt zu Tachykardie, Hypotonie und Kreislaufzentralisierung mit kühlen Extremitäten und Hautmarmorierung. Eine schwere Exsikkose lässt sich an stehenden Hautfalten und Vigilanzminderung erkennen. Hiervon betroffen sind zum einen Kleinkinder, bei denen das relative Flüssigkeitsvolumen im Darm einen großen Anteil am Gesamtkörpergewicht hat, sodass schon geringe Flüssigkeitsverluste große Volumenverschiebungen aus dem Gefäßsystem und Gewebe zur Folge haben. Unbehandelt können in der Folge Kreislaufprobleme bis hin zum Volumenmangelschock, Nierenversagen oder Krampfanfälle auftreten. Zum anderen kommen häufig hochbetagte Patienten mit schwerer Exsikkose zur Vorstellung. Aufgrund einer eingeschränkten Reserve durch eine grundsätzlich geringe Flüssigkeitsaufnahme sind auch bei solchen Patienten schon relativ geringe Flüssigkeitsverluste über den Darm ausreichend, um dringend therapiebedürftige Krankheitszustände auszulösen.

Diagnostik

Anamnese und klinische Untersuchung

Erste Hinweise auf die Art des verursachenden Erregers können aus einer gezielten Anamnese gewonnen werden. Dabei ist im Speziellen nach Ernährungsauffälligkeiten in der näheren Vergangenheit zu fragen. Viele bakterielle Erreger werden über unzureichend erhitzte oder verdorbene Nahrungsmittel übertragen. Besonderer Wert ist hier auf Geflügelfleisch (Campylobacter), rohe Eier oder Fisch (Salmonellen) zu legen. Relevant sind zudem die Anzahl der Betroffenen und mögliche Übertragungswege in einer Gemeinschaftseinrichtung. Noroviren als häufigste Erreger nosokomialer Gastroenteritiden werden primär über Aerosolbildung bei Erbrechen und fäkal-orale Schmierinfektionen übertragen. Sollten große Teile einer Gemeinschaftseinrichtung binnen weniger Tage an Erbrechen und wässriger Diarrhoe erkranken, ist eine virale Gastroenteritis hochwahrscheinlich. Lässt sich die Erkrankung auf ein bestimmtes Nahrungsmittel zurückführen und erkranken alle Betroffenen sehr rasch mit ähnlich kurzen Inkubationszeiten, sind Nahrungsmittelintoxikationen durch enterotoxinbildende Erreger anzunehmen. Weiter kann die Reiseanamnese Hinweise auf die Erregerätiologie geben. Giardia lamblia und Entamoeba histolytica sind unerwünschte „Reisemitbringsel“ bei Tropenreisenden. Häufigster bakterieller Erreger (je nach Region bis zu 50–70 %) bei Fernreisenden sind ETEC. Von zunehmender Bedeutung ist auch die Medikamentenanamnese. C.-difficile-Infektionen als Folge einer vorangegangenen Antibiotikatherapie treten zunehmend nicht nur nosokomial auf, sondern können auch im ambulanten Bereich bei sonst weitgehend Gesunden zu erheblichen Pathologien führen.
Die Diagnose einer Gastroenteritis, Enteritis, Enterokolitis bzw. Kolitis wird klinisch gestellt. Neben der körperlichen Untersuchung inklusive der Kontrolle von Blutdruckwerten und Herzfrequenz, bei der insbesondere auf Symptome einer Exsikkose geachtet werden muss, kann eine Stuhlinspektion die Diagnose untermauern. Die Bestimmung von Laborparametern wie Blutbild, Serumelektrolytwerten und Retentionsparametern kann helfen, das Ausmaß des Wasser- und Salzverlustes abzuschätzen. Im Verlauf sind hierzu aber Gewichtskontrollen am aussagekräftigsten. Ein großer Teil der infektiösen Diarrhoen verläuft selbstlimitierend und heilt häufig binnen weniger Tage, seltener binnen weniger Wochen ohne spezifische Therapie aus. Die primäre Diagnostik gilt deshalb nicht der Erregersuche, sondern dem Volumenstatus bzw. der Kreislaufsituation des Patienten (Abb. 1 und 2).

Labordiagnostik

Bei sonst gesunden Erwachsenen mit kurzen Diarrhoe-Episoden sind Blutuntersuchungen nicht zwingend notwendig. Erst bei schweren bzw. längeren Verläufen oder bei Patienten mit Vorerkrankungen wie Nieren- oder Herzinsuffizienz sind Bestimmungen der Serumelektrolyte, des Säure-Basen-Haushalts und des Laktats sowie der Nierenretentionswerte indiziert. Während Gastroenteritiden mit Erbrechen häufig zu Hypokaliämien führen, sind Kolitiden eher mit Hyponatriämien vergesellschaftet. Metabolische Azidosen können durch eine eingeschränkte Nierenfunktion bei Exsikkose verursacht werden. Laktatazidosen entstehen durch eine verminderte periphere Gewebeperfusion bei Kreislaufzentralisation; sie können allerdings differenzialdiagnostisch relevant auch durch Darmischämien bei Angina abdominalis verursacht werden.
Wie bei jeder infektiösen Erkrankung kommen auch bei infektiös bedingten Diarrhoen Blutbildveränderungen vor. Zum Teil lassen sich schon nach kurzer Zeit erhebliche Leukozytosen nachweisen; zudem können reaktive Thrombozytosen ebenso wie parainfektiöse Thrombozytopenien vorkommen. Bei sonst unauffälliger Klinik kommt diesen Werten jedoch nur geringe Bedeutung zu. Spezifische Diagnostik und Kontrollen sind notwendig bei Hämolysezeichen und Verdacht auf EHEC-Infektion mit möglichem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS).

Stuhlinspektion und Stuhluntersuchung

Von erheblicher Bedeutung ist die Konsistenz des Stuhls. Wässrige Stühle ohne Blut- oder Schleimbeimengungen sind meist Folge einer viral bedingten Gastroenteritis. Alternativ kommen Nahrungsmittelintoxikationen oder Bakterien mit sekretionsfördernden Enterotoxinen (in erster Linie ETEC) sowie darmwandadhäsive Erreger (Giardia lamblia, Cryptosporidium parvum, EPEC) infrage. Schleimig-blutige Diarrhoen sprechen eher für invasive Erreger wie Shigellen, Campylobacter oder Salmonellen.
Der mikroskopische Nachweis von Leukozyten im Stuhl weist auf das Vorhandensein darminvasiver Erreger hin. Die mikroskopische Zellzahlbestimmung im Stuhl ist jedoch relativ unzuverlässig, sodass zum Nachweis intraluminaler Leukozyten auch Biomarker wie das fäkale Calprotectin bestimmt werden. Calprotectin stellt mit 60 % das dominierende Protein im Zytosol von neutrophilen Granulozyten dar. Geringere Konzentrationen finden sich auch in Monozyten. Nach Zellaktivierung wird Calprotectin freigesetzt und kann im Stuhl sehr hohe Werte erreichen. Das Ausmaß der Mukosaschädigung korreliert mit der Höhe des Calprotectinwertes.

Mikrobiologische Erregerdiagnostik

Eine mikrobiologische bzw. virologische Erregerdiagnostik ist zwingend indiziert bei Patienten aus Gemeinschaftseinrichtungen (Seniorenheimen, Kindertagesstätten) sowie Mitarbeitern aus Lebensmittel verarbeitenden Betrieben. Auch bei schweren Verläufen und Patienten mit Vorerkrankungen (angeborene, erworbene oder iatrogene Immunsuppression) kann eine Erregerdiagnostik für eine spezifische Therapie notwendig sein. Der Erregernachweis im Stuhl wird mittels Mikroskopie (Protozoen), Anlage von bakteriellen Stuhlkulturen und ggf. Antigennachweisen oder speziellen PCR-Tests (insbesondere für Noro- und Rotaviren) geführt. Auch hier sollte ökonomisch vorgegangen werden. So ist bei hospitalisierten Patienten eine Infektion mit Campylobacter, Salmonellen, Shigellen oder darmpathogenen E. coli eher unwahrscheinlich, während C.-difficile-assoziierte Erkrankungen häufig vorkommen. In Ausbruchssituationen kommt der genauen Ermittlung der Erregerätiologie eine besondere Bedeutung zu.
Eine Stuhluntersuchung auf jeden potenziellen Erreger ist medizinisch und ökonomisch nicht sinnvoll, zumal die überwiegende Zahl der Erkrankungen selbstlimitierend verläuft. Zu berücksichtigen ist auch, dass die diagnostische Ausbeute konventioneller Stuhlkulturen bei akuten infektiösen Durchfallerkrankungen überschaubar ist: Der tatsächliche Erregernachweis ist mit nur etwa 5–10 % der Fälle gering, wenn vorher keine Patientenselektion durch klinische Risikostratifizierung erfolgt.
Wichtig ist eine möglichst schnelle Durchführung der Erregerdiagnostik. Idealerweise sollte die Stuhlprobe in einem speziellen Probengefäß innerhalb von 6 bis 12 h (max. 24 h) in das Labor transportiert werden, um ein „Überwuchern“ durch Begleitflora zu vermeiden. Auch sterben manche Erreger ohne entsprechende Konservierung schon nach kurzer Zeit ab und Toxine werden deaktiviert. Dies ist beispielsweise bei Shigellen, Campylobacter und C.-difficile-Toxinen der Fall. Eine Menge von zwei bis drei Löffeln Stuhl gilt als ausreichend, wobei die Proben möglichst von verschiedenen Stellen der Fäzes genommen werden sollten. Entscheidet man sich für eine Erregerdiagnostik, ist in der Regel eine Stuhlprobe ausreichend. Das in der Praxis bislang vielerorts übliche Vorgehen, drei aufeinanderfolgende Stuhlproben zu untersuchen, ist nicht evidenzbasiert. Bei Abnahme von drei Stuhlkulturen ist der diagnostische Mehrgewinn der zweiten Probe fraglich, bei der dritten Probe ist er in der klinischen Praxis eigentlich nicht mehr gegeben. In einer US-amerikanischen Studie mit fast 60.000 Stuhlproben zeigte sich nur bei 6,4 % der Stuhlproben ein pathologischer Befund, der in 99 % der Fälle in der ersten oder zweiten Probe erhoben wurde. Nur bei Verdacht auf eine intestinale Parasitose ist weiterhin die Abnahme von drei konsekutiven Stuhlproben notwendig, da abhängig vom Erreger eine diskontinuierliche Ausscheidung vorliegen kann.
Bei gut selektierten Patienten kann die Untersuchung einer einzelnen Stuhlprobe mittels speziellem Multiplex-Polymerase-Kettenreaktion (PCR)-Assay auf mehr als 20 pathogene Erreger („Gastroenteritis-Panel“) einen diagnostischen Mehrgewinn ermöglichen (hohe Sensitivität, mäßige Spezifität; jedoch keine Resistenztestung). Dabei können sowohl Bakterien und ihre Toxine, Viren und Parasiten aus einer Stuhlprobe identifiziert werden.

Differenzialdiagnose

Diarrhoe ist ein sehr unspezifisches Symptom der gastrointestinalen Dysregulation. Differenzialdiagnostisch sind daher zahlreiche Krankheitsbilder zu berücksichtigen.
Akute Durchfälle können erste Episoden chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sein. Ebenso können funktionelle oder vaskulär bedingte Darmerkrankungen mit Stuhlveränderungen einhergehen. Bei der Diagnostik primär auszuschließen sind Erkrankungen, die eine sofortige chirurgische oder interventionelle Therapie erfordern. Dazu zählen akute Appendizitis, akute Cholezystitis und Angina abdominalis bzw. Mesenterialinfarkt. Kardiale Erkrankungen können in Form vegetativer Begleitsymptomatik Diarrhoe auslösen.
Häufige Ursachen nicht infektiöser Diarrhoen sind Genussmittel wie Alkohol, Nikotin und Koffein, die bei übermäßigem Konsum akut zu Peristaltiksteigerungen führen können, die sich als Diarrhoe bemerkbar machen können.

Therapie

Die Therapie bei Diarrhoe besteht in erster Linie in einer oralen Rehydratation mit zucker- und salzhaltiger Flüssigkeit, z. B. mittels gesüßtem Tee in Kombination mit Salzgebäck (alternativ kommen mit Zucker und Salz angereicherte Fruchtsaftverdünnungen in Betracht, bei starker Dehydratation z. B. Einsatz von Reisschleimsuppe), oder durch Anrühren einer speziellen Rehydratationslösung. Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) existiert hierfür ein spezielles Rezept (so genannte „oral replacement solution“, ORS), das bezogen auf 1000 ml abgekochtes Wasser definierte Mengen Natriumchlorid (2,6 g), Natriumcitrat (2,9 g), Kaliumchlorid (1,5 g) und Glukose (13,5 g) mit einer Gesamtosmolarität von 245 mOsm/l substituiert. Auf dem deutschen Arzneimittelmarkt gibt es entsprechende fertige Produkte, z. B. Oralpädon® oder Elotrans®. Eine orale Rehydratation ist der intravenösen Flüssigkeitssubstitution in jedem Fall vorzuziehen. Bei Erbrechen kann zusätzlich eine antiemetische Therapie (z. B. mit Metoclopramid) erforderlich sein. Sind Durchfallepisoden von krampfartigen abdominellen Beschwerden begleitet, bietet sich aufgrund der spasmolytischen Komponente eine Analgesie mit Metamizol an. Bei der ebenfalls wirksamen Therapie mit N-Butylscopolamin treten häufig unangenehme, jedoch reversible, anticholinerge Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Herzrasen und Mydriasis auf (Abb. 3).
In schweren Fällen (Dehydrierungsgrad von > 10 % des Körpergewichts, Kreislaufschock oder vorhandene Bewusstseinsstörung) oder bei fortbestehend schwerem Erbrechen muss die Rehydratation stationär mittels intravenöser Infusionsbehandlung erfolgen. Hier eignen sich bevorzugt Vollelektrolytlösungen. Bei schwerer Exsikkose sind engmaschige Elektrolytkontrollen notwendig, weil Elektrolytverschiebungen vom Intra- in den Extrazellularraum durch Exsikkose und Azidose Über- oder Unterversorgung vortäuschen können, die schon nach geringen Flüssigkeitsgaben in die andere Richtung umschlagen. Bei einer Azidose werden Wasserstoffionen aus dem Extrazellularraum in die Zellen verschoben; im Gegenzug erhöht sich die Kaliumkonzentration im Blut. Kaliumionen werden aber gleichzeitig über Stuhl, Urin und Erbrochenes ausgeschieden. Die primär im Blut gemessene Hyperkaliämie wird zur möglicherweise substitutionspflichtigen Hypokaliämie, wenn die Azidose durch Flüssigkeit ausgeglichen wird und die Kaliumionen zurück in die Zelle transportiert werden.
Eine Therapie mit Motilitätshemmern wie Loperamid wird grundsätzlich nicht empfohlen. Es besteht das Risiko der übermäßigen Erregervermehrung bzw. Toxinanreicherung im Darm mit protrahiertem oder komplikationsreicherem Krankheitsverlauf. Zudem führt die Motilitätshemmung nicht automatisch zu einer verminderten Sekretion, sodass es trotz verminderten Stuhlgangs zu erheblicher Exsikkose kommen kann. Eine vorübergehende symptomatische Therapie mit Loperamid ist bei unblutigen Diarrhoen ohne Fieber möglich. Die Einnahme soll dann auf maximal zwei Tage beschränkt bleiben. Eine anderes Therapieprinzip ist die Gabe antisekretorischer Substanzen: Racecadotril und sein Metabolit Tiorphan vermindern die intestinale Sekretion und wirken antidiarrhoisch durch Hemmung der neutralen Endopeptidase (NEP). Diese membranständige Metalloendopeptidase ist auch als Enkephalinase bekannt. Sie spaltet verschiedene Substrate einschließlich der Neurotransmitter Substanz P, Neurotensin und Neuropeptid Y. Racecadotril führt im Gegensatz zu Loperamid zu keiner Änderung der Darmtransitgeschwindigkeit: Die orozökale Transitzeit sowie die Kolontransitzeit entsprechen nahezu der bei Placebo-Gabe. Dies erklärt vermutlich, weshalb es im Tierversuch zwar nach Gabe von Loperamid, nicht aber unter Racecadotril zu einer erhöhten Erregerbelastung des Dünndarms kam. Außerdem tritt die nach Loperamidtherapie häufig zu beobachtende überschießende Obstipation unter Racecadotril sehr viel seltener auf. Bei insgesamt günstigerem Nebenwirkungsprofil besserte Racecadotril in den bislang verfügbaren Studien den Verlauf einer Diarrhoe ähnlich wirksam wie Loperamid.
Die erregergerichtete Therapie von schweren infektiös bedingten Durchfallerkrankungen erfolgt in den meisten Fällen antibiotisch und setzt eine differenzierte mikrobiologische Stuhluntersuchung voraus. Antibiotikaresistenzen – gerade bei Krankheitsimport aus dem Ausland (z. B. Indien) – sind in zunehmendem Maße zu berücksichtigen. Eine Übersicht über entsprechende Therapien und Indikationen ist aus Tab. 2 ersichtlich.
Tab. 2
Wichtige Erregersteckbriefe und Therapieprinzipen bei akuter infektiöser Diarrhoe. (Nach Lübbert und Weis 2013)
Erreger
Inkubationszeit
Klinische Symptomatik
Krankheitsdauer
Therapie*
Viren
Noroviren
Ca. 1 Tag
Erbrechen, Durchfall, Myalgien, Kopfschmerzen, selten Fieber
1–2 Tage
Symptomatisch
Astroviren
Wässrige Durchfälle
2–3 Tage
Symptomatisch
Rotaviren
Wässrige Durchfälle, Erbrechen, selten Fieber
5–7 Tage
Symptomatisch
Durchfall, Erbrechen, selten Fieber
Bis zu 12 Tage
Symptomatisch
Bakterien
1–3 Tage
Gastroenteritis (75 %), Fieber (50 %), Bakteriämie (5–10 %), blutige Diarrhoe (gelegentlich); Komplikation: reaktive Arthritis
1–3 Wochen
Bei invasiver Erkrankung: Ciprofloxacin, Azithromycin
1–3 Tage
Fieber, starke Bauchschmerzen, zunächst wässrige, später blutig-schleimige Diarrhoe; Komplikation: reaktive Arthritis
3 Tage bis 1 Woche (selten bis zu 4 Wochen)
Ciprofloxacin, Azithromycin
Yersinien
1–3 Tage
Fieber, Bauchschmerzen, Durchfälle; Komplikation: reaktive Arthritis
1–3 Wochen
Bei hochakuten Verläufen: Ciprofloxacin, Doxycyclin
Campylobacter
1–3 Tage
Starke Bauchschmerzen, wässrige Durchfälle (gelegentlich blutig); Komplikation: reaktive Arthritis
Bis 1 Woche
Bei schweren Verläufen: Azithromycin, Ciprofloxacin, eventuell Rifaximin
Enterotoxinbildende/enteropathogene E. coli (ETEC, EPEC)
1–2 Tage
Wässrige Durchfälle, in schweren Fällen choleraartig (Reiswasserstühle)
3–7 Tage
Bei schweren Verläufen: Ciprofloxacin, Azithromycin, Rifaximin
Enteroinvasive/enterohämorrhagische E. coli (EIEC, EHEC)
1–14 Tage
Wässrige oder blutige Diarrhoe, Erbrechen, Fieber, Bauchschmerzen, hämolytisch-urämisches Syndrom (EHEC)
3–7 Tage
Keine Antibiotikatherapie, bei generalisierter extraintestinaler Infektion evtl. Meropenem
Listeria monocytogenes
1–6 Tage
Wässrige Durchfälle, Erbrechen, Fieber, Myalgien, abdominale Krämpfe; Komplikationen (Immunkompromittierte): Sepsis, Meningitis, Enzephalitis
Bis zu 7 Tage
Nur bei invasiver Erkrankung: Ampicillin (in Kombination mit Gentamicin)
Bakterielle Toxine von Staphylococcus aureus
Stunden
Übelkeit, Erbrechen, wässrige Durchfälle
1–2 Tage
Keine Antibiotikatherapie
Bakterielle Toxine von Bacillus cereus
Stunden
Übelkeit, Erbrechen, wässrige Durchfälle
1–2 Tage
Keine Antibiotikatherapie
Bakterielle Toxine von Clostridium perfringens
Stunden
Übelkeit, Erbrechen, wässrige Durchfälle, Bauchkrämpfe, Dehydratation
1–2 Tage
Keine Antibiotikatherapie
Vibrio cholerae
1–3 Tage
Reiswasserähnliche Stühle und Erbrechen, massive Exsikkose
Individuell sehr unterschiedlich
Ciprofloxacin, Azithromycin
Clostridioides difficile
Unterschiedlich
Meist in direktem zeitlichem Zusammenhang mit vorangegangener Antibiotikagabe:
Individuell sehr unterschiedlich, unter Umständen über Monate
Vancomycin (oral), Fidaxomicin
– Wässrige, selbstlimitierende Durchfälle
– Pseudomembranöse Kolitis, potenziell lebensbedrohlich
Protozoen
Cryptosporidium parvum
3–12 Tage
Wässrige Durchfälle, Bauchschmerzen, leichtes Fieber
Bei Immunkompetenten selbstlimitierend
Symptomatisch, bei HIV-Patienten antiretrovirale Therapie indiziert
Entamoeba histolytica
11–21 Tage, manchmal länger
Amöbiasis (Amöbenruhr), blutige Durchfälle, Erbrechen, Fieber, Bauchschmerzen; häufigste extraintestinale Manifestation: Amöbenleberabszess
Unbehandelt bis mehrere Monate
Metronidazol (bei invasiver Infektion), Paromomycin (zur intraluminalen Zystensanierung)
Giardia lamblia
7–10 Tage
Giardiasis/Lambliasis
Unbehandelt bis mehrere Monate oder sogar Jahre, fast immer Übergang in chronische Diarrhoe
Metronidazol, Tinidazol
*Cave: Antibiotikaresistenzen sind zu beachten
Diarrhoe und Exsikkose verändern die Resorption im Darm und infolgedessen den enterohepatischen Kreislauf. Dies kann zu erheblichen Konzentrationsschwankungen diverser Medikamente führen. Insbesondere sind hier orale Antikoagulanzien, Antiepileptika und Hormonpräparate zu nennen. Je nach Medikament sind Kontrollen der Blutgerinnung oder Medikamentenspiegel zu bedenken.

Verlauf und Prognose

Der weitaus größte Teil infektiöser Durchfallerkrankungen heilt binnen weniger Tage komplikationslos und ohne Therapie aus. Schwere Verläufe mit Komplikationen und Hospitalisierungspflicht bzw. verlängerte Krankenhausaufenthalte treten in erster Linie bei immunsupprimierten Patienten, Kleinkindern und hochbetagten Menschen auf (Tab. 3).
Tab. 3
Mögliche Komplikationen bei akuter infektiöser Diarrhoe
Mögliche Komplikationen
Zu berücksichtigende Erregerätiologien
Starkes Erbrechen
Staphylokokkentoxin
Rotaviren
Noroviren
Blutiger Durchfall
EHEC, EIEC
Campylobacter
Salmonellose
Dehydratation
ETEC
Rotaviren
Salmonellose
Toxisches Megakolon, Darmperforation
Shigellenruhr
EHEC
Clostridioides difficile
Campylobacter
Yersinien
Salmonellen (selten)
Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS), thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP)
EHEC
Shigellen
Campylobacter (selten)
Systemische (metastatische) Infektion
Salmonellen
Yersinien
Campylobacter (selten)
Entamoeba histolytica
Reaktive Arthritis
Salmonellen
Yersinien
Campylobacter
Shigellen
Unabhängig von schweren Komplikationen ist C. difficile als häufigster bakterieller Erreger nosokomialer Infektionen für verlängerte Krankenhausaufenthalte verantwortlich. In manchen Fällen versagt die gegen C. difficile gerichtete antibiotische Therapie mit Vancomycin oder Fidaxomicin, sodass diese Patienten gerade bei Auftreten von schweren Rezidiven mit Entwicklung eines toxischen Megakolons hochgradig kolektomiegefährdet sind. Ein wichtiges Prinzip der Therapie von Patienten mit multiplen Rezidiven ist daher die Rekonstitution einer normalen Darmflora, indem Stuhl eines gesunden Spenders (z. B. eines Verwandten) über eine Sonde oder ein Endoskop in den Dickdarm eingebracht wird („Stuhltransplantation“, fäkaler Mikrobiomtransfer [FMT]). Eine Alternative stellt die orale Einnahme kryokonservierter Kapseln mit Spenderstuhl dar. Diese experimentelle Methode, die sich mit einer Heilungsrate von ca. 90 % bewährt hat, ist regulatorisch jedoch nur als individueller Heilversuch zugelassen und noch weit davon entfernt, als Routineverfahren in den Krankenhausalltag Einzug zu halten.
Die meisten Erreger werden im Verlauf der Erkrankung eliminiert bzw. in nur noch geringer Konzentration ausgeschieden. So genannte Dauerausscheider bei bakteriellen Erregern wie Salmonellen, Shigellen oder Campylobacter sind bei immunkompetenten Patienten selten; sie kommen bei chronisch Kranken, immunsupprimierten Patienten vor und können Ursache rezidivierender Erkrankungen und Infektionen sein. Die Überwachung von Dauerausscheidern ist Aufgabe der Gesundheitsämter, daher besteht Meldepflicht.
Selten kommen im Rahmen akuter infektiöser Diarrhoen extraintestinale Manifestationen vor. Typische Komplikation einer Salmonelleninfektion bei Immunsupprimierten ist die Salmonellensepsis. Reaktive Arthritiden können im Rahmen von Infektionen mit Salmonellen, Shigellen, Campylobacter und Yersinien auftreten. Die gewebsinvasive Infektion mit Entamoeba histolytica kann zu Leberabszessen (seltener in der Lunge oder in anderen Organsystemen) führen, die jedoch fast immer medikamentös-konservativ therapiert werden können.
Vorwiegend bei Kleinkindern kann sich durch die gesteigerte Beweglichkeit des entzündeten Darms eine Einstülpung des Darms in sich selbst (Intussuszeption, Synonym: Invagination) mit der Folge eines teilweisen oder sogar kompletten Ileus entwickeln.

Meldepflicht

Aufgrund der erheblichen epidemiologischen und ökonomischen Bedeutung sowie der Erkrankungsrisiken sind einige der genannten Erreger nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtig: Adenoviren, Astroviren, Campylobacter, C. difficile (schwere Verlaufsform), Cryptosporidium parvum, Entamoeba histolytica, darmpathogene E. coli inkl. EHEC, Giardia lamblia, Listeria monocytogenes, Noroviren, Rotaviren, Salmonellen, Shigellen, Typhus/Paratyphus, Vibrio cholerae, Yersinien.
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