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Die Urologie
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Publiziert am: 02.02.2022

Retroperitoneale Fibrose (Morbus Ormond)

Verfasst von: Alexander Sascha Brandt, Daniel Goedde, Lars Kamper, Patrick Haage, Stephan Störkel und Stephan Roth
Bei der retroperitonealen Fibrose (RPF) handelt es sich um eine seltene chronisch entzündlich-fibrosierende Erkrankung des hinteren Bauchraumes. Sie ist gekennzeichnet durch die gutartige Vermehrung von retroperitonealem Weichteilgewebe. In ihrer typischen Lokalisation breitet sich die Fibrose symmetrisch um die Aorta aus, beginnt unterhalb der Nierenstielgefäße und reicht bis unterhalb der Aortenbifurkation. Bei ihrer Ausbreitung erreicht die Fibrose meist als erstes Organ die Ureteren, so dass eine obstruktive Uropathie mit konsekutiver Hydronephrose die häufigste Komplikation dieser Erkrankung ist.

Einleitung

Bei der retroperitonealen Fibrose (RPF) handelt es sich um eine seltene chronisch entzündlich-fibrosierende Erkrankung des hinteren Bauchraumes. Sie ist gekennzeichnet durch die gutartige Vermehrung von retroperitonealem Weichteilgewebe. In ihrer typischen Lokalisation breitet sich die Fibrose symmetrisch um die Aorta aus, beginnt unterhalb der Nierenstielgefäße und reicht bis unterhalb der Aortenbifurkation (Abb. 1). Bei ihrer Ausbreitung erreicht die Fibrose meist als erstes Organ die Ureteren, so dass eine obstruktive Uropathie mit konsekutiver Hydronephrose die häufigste Komplikation dieser Erkrankung ist.
Obwohl die Anzahl der Forschungsartikel zum Thema Retroperitoneale Fibrose in den letzten Jahren stetig angestiegen ist, zeigen sich nur wenige neue relevante Erkenntnisse über dieses seltene Krankheitsbild.

Epidemiologie

Die Erstbeschreibung der retropertionealen Fibrose erfolgte im Jahr 1905 durch Albarran. Als eigenständige Erkrankung gilt sie jedoch erst seit 1948, als J.K. Ormond zwei Fälle der Erkrankung veröffentlichte. Seit diesem Zeitpunkt wird die Erkrankung auch als Morbus Ormond bezeichnet.
Grundsätzlich erfolgt eine Einteilung in eine primäre/idiopathische und sekundäre Form der retroperitonealen Fibrose, wobei eine definitive Zuordnung in der Klinik nicht immer möglich ist. In mehr als 2/3 der Fälle kann keine definitive Ursache gefunden werden, so dass von einer idiopathischen Fibrose ausgegangen wird (Vaglio et al. 2006b). In der Literatur diskutierte Ursachen für die sekundäre Form einer RPF sind in Tab. 1 aufgeführt, wobei ein kausaler Zusammenhang lediglich für Methysergid bewiesen wurde. In epidemiologischen Studien konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass die Exposition gegenüber Asbest das Risiko an RPF zu erkranken deutlich erhöht (Uibu et al. 2004). Zudem zeigten mehrere klinische Studien, dass über 75 % der Erkrankten teilweise starke Raucher sind (Brandt et al. 2011).
Tab. 1
Beschriebene Ursachen für die sekundäre Form der retroperitonealen Fibrose
Medikamente
Methysergid, Pergolid, Bromocriptin, Ergotamin, Methyldopa, Hydralazin, ASS, Phenacetin,β -Blocker
Infektionen
Entzündliche Erkrankungen
Ileitis terminalis, Colitis ulcerosa, Divertikulitis, Appendizitis
Malignome
Carcinoid, Lymphome, Sarkome, Kolon-, Prostata-, Mammakarzinom
z. B. bei Seminom, Kolon-, Pankreaskarzinom
Operationen
z. B. nach Lymphadenektomie, Kolektomie
Trauma
 
Chemotherapie
 
andere
Histiozytose, M. Erdheim-Chester, Amyloidose, Extravasation von bariumhaltigen Kontrastmittel
Die Inzidenz der idiopathischen retroperitonealen Fibrose liegt bei 0–1/100.000 Einwohner pro Jahr. Die Prävalenz wird auf ca. 1,38/100.000 Einwohner geschätzt. Männer sind ca. 2–3 mal häufiger von der Erkrankung betroffen als Frauen. Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. Auch wenn die Erkrankung in jedem Lebensalter auftreten kann, ist die RPF bei Kindern extrem selten (Burkhard Soares et al. 2007).

Ätiologie und Pathologie

Die Ätiologie und Pathogenese der primären retroperitonealen Fibrose ist bisher ungeklärt. Es bestehen jedoch zwei hauptsächliche Theorien zur Entstehung:
Die führende Theorie von Mitchinson und Parums geht von einer auto-allergischen Reaktion auf eine Arteriosklerose aus. Sie rechnet die retroperitoneale Fibrose zu den Erkrankungsbildern der chronischen Periaortitis, zu denen ebenfalls das inflammatorische Aortenaneurysma zählt. Diese Erkrankungsformen sind gekennzeichnet durch eine vermehrte Arteriosklerose mit Ausdünnung der Media, so dass ein Austreten von Antigenen in den Perivasalraum möglich wird. Mitchinson und Parums vermuten, dass durch Austreten von oxidiertem LDL (oxLDL) und Ceroid in den Paravasalraum diese durch Makrophagen T- und B-Zellen präsentiert werden, was zu einer lokalen Entzündungsreaktion der Aortenwand mit anschließender Fibrosierung führt. Gestützt wird diese Theorie durch die Tatsache, dass bei Patienten mit chronischer Periaortitis vermehrt aktivierte T- und B-Lymphozyten in der Media und Adventitia, hohe Konzentrationen von Interleukin in der Aortenwand und vermehrt Antikörper gegen oxLDL im Serum gefunden werden (Vaglio und Buzio 2005).
Die zweite Theorie geht davon aus, dass es sich bei der retroperitonealen Fibrose um eine lokale Manifestation einer systemischen Autoimmunerkrankung handelt (Vaglio et al. 2006a; Martorana et al. 2006). Diese Hypothese wird gestützt durch das Auftreten von systemischen Symptomen, erhöhte Konzentrationen von Akute-Phase Proteinen und Auto-Antikörpern sowie die in der Literatur beschriebene vermehrte Vergesellschaftung der RPF mit anderen Autoimmunerkrankungen (Tab. 2). Aktuell konnte diese Theorie durch eine ausgedehnte genetische Analyse bei Patienten mit RPF gestützt werden (Martorana et al. 2018).
Tab. 2
Beschriebene assoziierte Erkrankungen zur retroperitonealen Fibrose
Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse: Hashimoto-Thyreoiditis, Riedel Thyreoiditis, M. Graves
Vaskulitiden: Wegener-Granulomatose, Polyarteriitis nodosa, mikroskopische Polyangiits, Hepatitis-C-Virus-verbundene Kryoglobulinämie
M. Raynaud
Glomerulonephritiden: ANCA-positive rapid-progressive Glomerulonephritis, membranöse Nephropathie
Sklerosierende Cholangitis
Sklerosierende Pankreatitis
Uveitis
Konstriktive Perikarditis
Vena-cava-superior-Syndrom
Pseudotumoren der Orbita/Sinustumoren
Weitere diskutierte Ursachen sind Vaskulitiden der großen Gefäße, Antikörper gegen Fibroblasten sowie eine multifaktorielle Genese der Erkrankung.
Da bei Patienten mit retroperitonealer Fibrose IgG4-positive Plasmazellen in der Histologie sowie erhöhte Serumlevel von IgG4 gefunden wurden, gewinnt in den letzten Jahren die Theorie, dass die retroperitoneale Fibrose zu den IgG4-assoziierten Erkrankungen zu zählen ist, zunehmende Bedeutung. Zu den IgG4-assoziierten Erkrankungen zählen verschiedene Krankheitsbilder unklarer Ätiologie, die mit ähnlichen pathologischen, laborchemischen und klinischen Befunden einhergehen. Zu den pathologischen Befunden zählen ein tumorähnliches Wachstum der betroffenen Organe, eine Infiltration von lymphoplasmatischen Zellen, die mit IgG4-positiven Plasmazellen angereichert sind, und ein unterschiedlicher Grad von Fibrose. Darüber hinaus wird im Serum der Patienten in ca. 60–70 % eine erhöhte Konzentration der IgG4-Subklasse gefunden. Die bisher häufigste Manifestation der IgG4-assoziierten Erkrankungen ist die Typ-1 Autoimmun-Pankreatitis. Gemeinsam ist allen IgG4-assoziierten Erkrankungen ein gutes therapeutisches Ansprechen auf Glucokortikoide (Zen et al. 2009).
Die Bedeutung von IgG4 in Bezug auf die retroperitonealen Fibrose ist bisher noch nicht ausreichend geklärt, jedoch präferieren einige Autoren eine Unterscheidung in IgG4-assozierte und Nicht-IgG4-assoziierte Fibrose (Khosroshahi et al. 2013).
Hinsichtlich einer genetischen Prädisposition konnte ein häufigeres Vorkommen von HLA-DRB1*03, das ebenfalls mit Diabetes mellitus Typ I, Lupus erythematodes und Myasthenia gravis assoziiert ist, bei Patienten mit RPF nachgewiesen werden (Martorana et al. 2006). Bei Patienten, die parallel an einer ankylosierenden Spondylitis leiden, ist in 50 % der Fälle HLA-B27 nachweisbar.

Pathologie

Das typische makroskopische Erscheinungsbild der retroperitonealen Fibrose besteht in einer weißen, harten Plaque, die typischerweise die Aorta, die Vena cava, die Iliakalgefäße und die Ureteren umgibt. Bei der histologischen Aufarbeitung des Gewebes unterscheidet man drei unterschiedliche Fibrosegrade.
Im Frühstadium (Grad I) findet sich wenig fibrosiertes, stark vaskularisiertes, chronisch entzündliches Bindegewebe, infiltriert mit mononuklearen Zellen und durchsetzt von Fibroblasten und Kollagenfasern (Abb. 2a). Das entzündliche Infiltrat besteht aus Lymphozyten (CD 20+ B-Zellen, CD4+ T-Zellen), Makrophagen (ausgefüllt mit phagozytierten Lipiden und Ceroid), Plasmazellen, Histiozyten und eosinophilen Granulozyten. Neutrophile Granulozyten finden sich in der Regel nicht. Immunhistochemisch sind meist Antikörper gegen oxLDL und Ceroid sowie oftmals Plasmazellen mit IgG4 nachweisbar.
Im weiteren Verlauf (Grad II) zeigt die RPF wie ein gutartiger Tumor ein appositionales Wachstum mit entsprechender Organverdrängung. Dieses Stadium ist gekennzeichnet durch einen bereits „ausgebrannten“ Kern, der von einem Bereich der akut fortschreitenden Erkrankung mit Anzeichen des Frühstadiums umgeben ist (Abb. 2b).
Im Spätstadium (Grad III) oder in den nicht mehr aktiven Kernbereichen der Plaques zeigt sich eine deutliche Sklerosierung, möglicherweise Verkalkungen und nur noch vereinzelt oder keine weiteren Entzündungszellen (Abb. 2c).

Symptomatik

Grundsätzlich zeigen die primäre/idiopathische und die sekundäre Form der retroperitonealen Fibrose gleiche Symptome. Zu unterscheiden sind Allgemeinsymptome bzw. systemische und unspezifische Symptome von lokalen Symptomen, die direkt durch den Entzündungsprozess bzw. die verdrängende Wirkung der fibrotischen Plaques verursacht werden. Meist gehen die Allgemeinsymptome der lokalen Symptomatik voraus, weshalb eine Diagnosestellung der Erkrankung im Frühstadium meist schwierig ist. Tab. 3 gibt eine Übersicht über die hauptsächlich angegebenen Symptome bei Patienten mit retroperitonealer Fibrose (Brandt et al. 2011).
Tab. 3
Symptomatik zu Beginn und im Verlauf der Erkrankung an einem Kollektiv von 204 Patienten (Brandt et al. 2011)
Zu Beginn der Erkrankung*
Im weiteren Verlauf der Erkrankung#
Symptom
Anzahl [n,(%)]
Symptom
Anzahl[%]
114 (66,3)
Hydronephrose
195 (95,6)
Flankenschmerzen
114 (66,3)
bilateral
114 (55,9)
Oberbauchschmerzen
43 (25)
unilateral rechts
45 (22,1)
Unterbauchschmerzen
47 (27,3)
unilateral links
36 (17,6)
Beinschmerzen
35 (20,4)
Schrumpfnieren
46 (22,5)
Müdigkeit/Abgeschlagenheit
91 (52,9)
unilateral
42 (20,6)
Übelkeit und Erbrechen
55 (32,0)
bilateral
4 (2,0)
34 (19,8)
Vaskuläre Komplikationen
56 (27,5)
Nachtschweiß
48 (27,9)
Beinödeme
34 (16,6)
Gewichtsverlust
63 (36,6)
Thrombose
10 (4,9)
  
intestinale Ischämie
7 (3,4)
  
Nierenhiluskompression
5 (2,5)
  
Darmkompression mit Ileus
4 (2,0)
*bei 172 Patienten
# bei 204 Patienten
Unspezifische Schmerzen werden in über 90 % der Fälle angegeben. Diese sind meist im Rücken und in den Flanken lokalisiert, können jedoch auch in den Ober- und Unterbauch sowie in die Beine einstrahlen. Die Schmerzen werden meist als dumpf, konstant und bewegungs- und druckunabhängig beschrieben. Nichtsteroidale Antirheumatika wie Acetylsalicylsäure wirken meist besser auf die Schmerzen als Opiate, was an der entzündlichen Komponente der Erkrankung liegen könnte (Scheel und Feeley 2009).
Viele Patienten berichten über eine deutliche Abgeschlagenheit und erhöhte Ermüdbarkeit. Als weitere unspezifische Symptome können Fieber, Nachtschweiß, Übelkeit und Erbrechen, Hodenschmerzen sowie eine Gewichtsabnahme auftreten. In der körperlichen Untersuchung können ein reduzierter Allgemeinzustand, ein kachektischer Ernährungszustand, ein palpabler Tumor, palpable Lymphknotenvergrößerungen, ein druck- oder klopfschmerzhaftes Nierenlager oder Abdomen, Skrotalschwellung, Beinödeme und Zeichen einer Niereninsuffizienz auffallen.
In den späteren Stadien ist die Symptomatik meist geprägt von den betroffenen Organsystemen. Da die Ureteren meist als erstes Organsystem betroffen sind, ist die Ureterkompression mit konsekutiver Hydronephrose die am häufigsten beobachtete Komplikation der retroperitonealen Fibrose. In ca. 25 % der Fälle zeigt sich bereits bei Diagnosestellung oder im weiteren Verlauf der Erkrankung eine einseitige Nierenatrophie mit Ausbildung einer Schrumpfniere. In ca. 1–2 % bildet sich eine bilaterale Atrophie mit terminaler Niereninsuffizienz aus.
In ca. 20 % der Fälle treten Gefäßkomplikationen im Spätstadium auf. Durch die Obstruktion der Vena cava oder häufiger der Iliakalvenen können Beinödeme auftreten. Durch die venöse Stauung können darüber hinaus Thrombosen in den Beinvenen entstehen. Seltener sind Komplikationen durch die Kompression von arteriellen Blutgefäßen, die im Bereich der Beine zu einer Claudicatio und noch seltener im Bereich der Mesenterialarterien zu einer intestinalen Ischämie führen können. Bei Beteiligung der Nierenarterien kann es zur Ausbildung von Schrumpfnieren und ebenfalls zu einem sekundären Hypertonus kommen.
Als weitere Symptome bzw. Komplikationen in Spätstadien des Morbus Ormond sind z. B. Kompressionen von Darmanteilen mit konsekutiven Ileuszuständen und eine Kompression der Gallengänge beschrieben (Brandt et al. 2011).

Diagnostik

Laborchemische Diagnostik

Es gibt bisher keine eindeutig für eine retroperitoneale Fibrose beweisende Laborkonstellation. Aufgrund des inflammatorischen Charakters der Erkrankung wird immer wieder die Bedeutung der für die Erkrankung typischen Erhöhung der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und des C-reaktiven Proteins diskutiert (Magrey et al. 2009). Deutliche Erhöhungen der BSG zwischen 30 und 130 mm/h (Normwert: 10 mm/h) werden in unterschiedlichen Studien in 80–100 % des Patientenkollektives gefunden (Heidenreich et al. 2000). Eine effektive medikamentöse Therapie geht in der Regel mit einer Normalisierung dieser Laborparameter einher, wohingegen ein Rezidiv nicht immer durch einen Anstieg von BSG und CRP zu erkennen ist. Zudem ist das CRP bei Patienten, die oftmals eine Harnableitung mittels DJ-Katheter haben und somit öfter Harnwegsinfektionen aufweisen, ausgesprochen unspezifisch und sollte in der Verlaufskontrolle nicht überbewertet werden.
In der Laborchemie findet sich häufig bei Diagnosestellung der Erkrankung eine leichte Anämie, die durch den chronischen Entzündungsprozess und/oder eine Beteiligung der Nieren verursacht sein kann. Eine leichte Leukozytose besteht in ca. 50 % der Fälle. Eine Erhöhung der Retentionsparameter bei Nieren- oder Harnleiterbeteiligung finden sich in ca. 60–90 % der Patienten. Weitere sekundär durch die Erkrankung veränderte Laborparameter wie eine Erhöhung der Leberenzyme und des Bilirubins bei Beteiligung der Gallengänge sollten ebenfalls erkannt werden.
Die initiale Labordiagnostik bei Patienten mit retroperitonealer Fibrose sollte neben einem Differenzial-Blutbild, den Entzündungsparametern (BSG, CRP), den Nierenretentionswerten (Kreatinin, Harnstoff), den Leberenzymen immer eine Bestimmung von Autoantikörpern, Rheumafaktoren und Schilddrüsenwerte beinhalten, um mögliche assoziierte Begleiterkrankungen erkennen zu können (Tab. 4). Die Anzahl von assoziierten Erkrankungen ist möglicherweise überschätzt, da in der Literatur eine Vielzahl von Fallberichten der RPF mit einer anderen seltenen Erkrankung bestehen, jedoch ließen sich in einigen Serien antinukleäre Antikörper (ANA) in bis zu 60 % der Patienten nachweisen. Auch positive Rheumafaktoren, Antikörper gegen Doppelstrang-DNA, glatte Muskulatur oder Anti-neutrophile-zytoplasmatische Antikörper (ANCA) wurden beschrieben. Eine Abklärung der Schilddrüse sollte in jedem Fall bei der Diagnosestellung durchgeführt werden, da Erkrankungen der Schilddrüse (Hashimoto-Thyreoiditis, Riedel Thyreoiditis) am häufigsten beobachtet wurden (Brandt et al. 2011).
Tab. 4
Labordiagnostik bei Patienten mit retroperitonealer Fibrose
Basisdiagnostik
Verlaufskontrolle
Einfaches Blutbild
Serum-Elektrolyte (Na, K, Ca)
Serum-Elektrolyte (Na, K, Ca)
Retentionsparameter (Kreatinin, Harnstoff)
Retentionsparameter (Kreatinin, Harnstoff)
Entzündungsparameter (BSG, CRP)
Entzündungsparameter (BSG, CRP)
Blutgerinnung und Fibrinogen
Blutgerinnung und Fibrinogen
Leberenzyme, Bilirubin und LDH
Leberenzyme je nach Therapie
Fettwerte (Trigylzeride, Cholesterin)
 
Glucose und Laktat
 
Lipase und Amylase
 
Schilddrüsenwerte
 
Antikörper (IgG, IgA, IgG4) plus Immunelektrophorese
 
Autoantikörper (ANA, ANCA, ds-DNA)
 
Rheumafaktoren
 
Infektionskrankheiten (HIV, Hepatitis)
 
PSA, AFP und Beta-HCG bei Männern
 
Im Rahmen der IgG4-assoziierten Erkrankungen sollten, wenn möglich, eine Bestimmung des Gesamt-IgG und der IgG4-Subklasse erfolgen. Darüber hinaus führen wir bei Erstkontakt auch einmalig eine Immunelektrophorese durch. Patienten mit erhöhtem Serum-IgG4 haben vermutlich eine erhöhte entzündliche Komponente, so dass sie erfolgreicher auf eine Kortisontherapie ansprechen. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass IgG4 als Serummarker für die Erkrankung nicht fungieren kann (Pelkmans et al. 2017).
In wie weit andere Biomarker die Diagnose einer retroperitonealen Fibrose durch eine Blutabnahme sichern können und ob diese für die Verlaufskontrolle einer medikamentösen Therapie geeignet sind, lässt sich bisher noch nicht abschließend klären. Es gibt jedoch erste Hinweise darauf, dass es wahrscheinlich nicht einen Serummarker geben wird, vielleicht jedoch ein Serummarkerprofil aus verschiedenen Werten, das für eine Verlaufskontrolle sinnvoll erscheint. Insbesondere Fibrinogen und Osteopontin stehen im Fokus der aktuellen Untersuchungen (Binder et al. 2012).

Radiologische Diagnostik

Die zentrale Rolle in der Diagnostik und Verlaufskontrolle der retroperitonealen Fibrose stellen die bildgebenden Verfahren dar.
Der Sonografie kommt dabei nur eine untergeordnete Rolle zu. Ihre Hauptfunktion liegt in der Beurteilung von Komplikationen wie einer Harnstauungsniere oder einer tiefen Beinvenenthrombose in der Akutsituation und im weiteren Verlauf der Erkrankung. Dennoch lässt sich mit der Sonografie bereits beim Erstkontakt der Verdacht auf eine RPF stellen. Der typische sonografische Befund zeigt dabei einen echoarmen retroperitonealen oder para-aortalen Weichteilsaum (Abb. 3). Eine genaue Beurteilung der Ausdehnung vor allem nach iliakal und präsakral ist im Ultraschall allerdings nur eingeschränkt möglich.
Die intravenöse Ausscheidungsurographie (IVP, AUG) oder die retrograde Pyelografie zeigen meist die für eine retroperitoneale Fibrose typische Trias aus
  • Hydronephrose
  • extrinsische Ureterkompression
  • und Medialisierung der Ureteren (Abb. 4).
Das IVP ist jedoch für einen Morbus Ormond ebenfalls nicht beweisend, da eine Hydronephrose und eine extrinsische Ureterkompression multiple Ursachen haben können, und eine Medialisierung der Harnleiter in bis zu 30 % der Normalbefunde gefunden wird.
Den Goldstandard in der Diagnostik und Verlaufskontrolle sowohl bei Patienten mit idiopathischer oder sekundärer RPF bildet die die radiologische Schnittbildgebung mittels Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) (Caiafa et al. 2013).
Die retroperitoneale Fibrose ist klassischerweise ventral der Aortenbifurkation lokalisiert und erstreckt sich nach kranial bis zu den Nierenarterien und nach kaudal bis in die Aortenbifurkation (Abb. 1). Eine Ausdehnung lateral des Musculus psoas und eine Verdrängung der Aorta von der Wirbelsäule sind bei der idiopathischen RPF sehr selten und werden häufiger bei maligner Ursache beobachtet. Atypische Lokalisationen beinhalten mesenteriale, mediastinale, rein iliakale, perirenale, perivesikale, periureterale oder präsakrale Manifestationen (Abb. 5).
Bei der Darstellung der RPF weisen sowohl die CT- als auch die MRT-Untersuchung verschiedene Vor- und Nachteile auf, so dass in den meisten Fällen eine Kombination beider Verfahren bei der Initialdiagnostik und in der weiteren Verlaufsbeobachtung sinnvoll ist.
Die Computertomografie erlaubt eine umfassende Beurteilung der Morphologie und Ausdehnung der RPF, sowie die einfache Identifikation von beteiligten, bzw. angrenzenden Organen und Gefäßstrukturen. Computertomografisch stellt sich die RPF als eine im Vergleich zur Rumpfmuskulatur isodense retroperitoneale Raumforderung dar (Abb. 6). Der Vorteil der CT liegt in der hohen Ortsauflösung bei gleichzeitig großem Untersuchungsfeld. In der CT-Untersuchung ist dabei eine bessere Beurteilung von Lymphadenopathien möglich Der Nachteil liegt in der erhöhten Strahlenbelastung. Weiterhin ist bei eingeschränkter Nierenfunktion oder erhöhten Retentionsparametern aufgrund der Harnstauung die Gabe von iodhaltigem Kontrastmittel kontraindiziert, was die Beurteilbarkeit deutlich erschwert.
Magnetresonanztomografisch stellt sich das fibröse Gewebe in der T1-Wichtung als hypointenser, paraaortaler Weichteilsaum mit deutlicher Kontrastmittelaufnahme (Abb. 7a) und in der T2-Wichtung mit intermediärer Signalgebung dar (Abb. 7b). Vorteile der MRT liegen in der fehlenden Strahlenexposition, besonders bei wiederholten Verlaufskontrollen. Zusätzlich erlaubt der hohe Weichteilkontrast eine bessere Abgrenzung des fibrösen Gewebes vom umgebenden retroperitonealen Bindegewebe. Als Nachteil ist das geringere Untersuchungsfeld zu sehen, was insbesondere bei der Primärdiagnostik notwendig ist.
In den letzten Jahren hat die Aktivitätsbestimmung des fibrotischen Gewebes eine zunehmende Bedeutung in der Therapieplanung und der Verlaufsbeobachtung erlangt.
Im FDG-PET zeigt sich eine erhöhte FDG-Aufnahme in der aktiven Fibrose, so dass mit hoher Sicherheit zwischen einer aktiven Fibrose und einem ausgebrannten Stadium unterschieden werden kann. Insbesondere in Kombination mit der Computertomografie im PET/CT sind so die Identifikation einer geeigneten Biopsielokalisation und der Ausschluss einer multifokalen Erkrankung möglich. Darüber hinaus konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass das Ansprechen auf eine medikamentöse Therapie sinnvoll mittels FDG-PET kontrolliert werden kann (Treglia et al. 2013). Eine weitere Bedeutung kommt dem PET bei der Detektion von Rezidiverkrankungen, insbesondere in der Frühphase zu (Moriconi et al. 2019).
Neben der PET-Untersuchung zeigt die MR-tomografische Aktivitätsbestimmung mittels dynamischer kontrastverstärkter MRT (Dynamic Enhancement Analysis), die erstmals von Burn vorgestellt und von Kamper und Brandt et al. an größeren Kollektiven untersucht wurde, vielversprechende Ergebnisse zur Beurteilung eines möglichen Ansprechens einer medikamentösen Therapie (Burn et al. 2002; Kamper et al. 2011; Binder et al. 2012).

Histologische Sicherung

Die Frage, ob eine histologische Sicherung zur Diagnosestellung einer retroperitonealen Fibrose und vor Einleitung einer medikamentösen Therapie zwingend notwendig ist, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Nach Expertenmeinung kann bei typischem Befund im CT oder MRT auf eine Histologiegewinnung verzichtet werden. Eine histologische Sicherung ist jedoch zwingend erforderlich, wenn:
  • eine atypische Lokalisation vorliegt (Abb. 5),
  • klinische, laborchemische oder radiologische Untersuchungen Hinweise auf eine maligne Erkrankung zeigen,
  • eine limitierte Erfahrung mit dem Krankheitsbild der retroperitonealen Fibrose besteht
  • und/oder wenn es unter medikamentöser Therapie zu keiner Reduktion der Fibrose kommt.
Falls eine histologische Sicherung notwendig wird, so ist im CT eine diagnostische Punktion zur schonenden Histologiegewinnung möglich. Allerdings ist aufgrund der vergleichsweise kleinen Stichprobe bei der Punktion die diagnostische Aussage einer offen-chirurgischen oder laparoskopische Biopsie deutlich verlässlicher.

Differenzialdiagnosen

Therapie

Die Therapie der retroperitonealen Fibrose stützt sich auf mehrere Säulen. Dabei ist zu Beginn eine Differenzierung in idiopathische und sekundäre Form der Fibrose notwendig, da im Falle einer sekundären RPF vor Beginn einer weiteren Therapie die vermutete Ursache der Erkrankung umgehend eingestellt werden muss, um einen Therapieerfolg zu gewährleisten (Heidenreich et al. 2000).
Bei Patienten, die eine Hydronephrose aufweisen, sollte vor Komplettierung der Diagnostik und Einleitung der Therapie der Abfluss der Niere mittels DJ-Schiene oder Nephrostomie gewährleistet werden.
Es gibt bisher keine standardisierten Therapieverfahren zur Behandlung der Fibrose. Während früher ein operativer Ansatz zur Befreiung der Ureteren die primäre Therapieoption war, wird heute in den meisten Fällen zunächst ein medikamentöser Therapieversuch nach Sicherung des Harnabflusses unternommen (Swartz 2009). Vor Einleitung der Therapie sollte dem Patienten klar sein, dass es sich um eine chronisch-rezidivierende Erkrankung handelt und dies für ihn auch eine längere Therapiezeit und eine lebenslange Überwachung bedeutet.
Dabei ist das Therapieverfahren individuell mit dem Patienten nach unterschiedlichen Gesichtspunkten abzustimmen. Zu diesen Gesichtspunkten zählen:
  • Vor- und Begleiterkrankungen des Patienten (z. B. Diabetes mellitus, Adipositas, Thrombosen, Allergien, Tumorerkrankungen),
  • Vorbehandlungen wie Voroperationen und Bestrahlung,
  • Nierenfunktion insgesamt und bezogen auf die betroffene(n) Niere(n),
  • Verträglichkeit bzw. Akzeptanz der DJ-Schienen bzw. Nephrostomien,
  • Einstellung bezüglich langer medikamentöser Therapie und komplexen chirurgischen Eingriffen,
  • Sicherheitsgedanke des Patienten bezüglich der histologischen Sicherung,
  • Vorstellungen des Patienten über die Therapiedauer,
  • und insbesondere, welche Therapieziele für den Patienten vorrangig sind.
Die Therapieziele in der Behandlung der retroperitonealen Fibrose sind:
  • eine Verringerung der Symptomatik
  • eine Verhinderung der Progression der Fibrose
  • eine Verringerung der Fibrose mit Entlastung der obstruierten Strukturen (insbesondere Ureter)
  • und die Verhinderung von Rezidiven.
Die Verringerung der Symptomatik und hier insbesondere der Allgemeinsymptome sowie eine Verhinderung der Progression treten meist in den ersten Wochen nach Einleitung einer medikamentösen Therapie ein. Dennoch gibt es einen nicht unerheblichen Anteil an Patienten, die trotz einer medikamentösen, meist immunsuppressiven Therapie persistierend an Symptomen wie Abgeschlagenheit, Schwäche oder starken Schmerzen leiden. In diesen Fällen sollte ein multimodales Therapiekonzept ggf. in Verbindung mit Schmerz-, Physio-, und Ergotherapeuten erwogen werden, da der Leidensdruck dieser Patienten ausgesprochen hoch ist. Darüber hinaus ist eine psychologische Betreuung durchaus sinnvoll. Neben schulmedizinischen Ansätzen sollten den Patienten bei persistierenden Beschwerden ebenfalls alternative Therapieoptionen wie z. B. Akupunktur oder Bewegungstherapie empfohlen werden.
Eine Verringerung der Fibrose mit Entlastung der betroffenen Nachbarstrukturen kann sowohl chirurgisch als auch medikamentös erfolgen. Durch die medikamentöse Therapie kann in den meisten Fällen eine Regression der Fibrose ausgelöst werden. Die Erfolgsrate der medikamentösen Therapie ist in der Literatur in ca. 70–100 % der Fälle beschrieben, weshalb heute meist primär eine medikamentöse Therapie vorgezogen wird (Swartz 2009). Dass durch die Regression jedoch Nachbarstrukturen und insbesondere die Ureteren wieder so freigegeben werden, dass sie Ihre Funktion wieder ohne Einschränkung aufnehmen können, ist nicht immer gewährleistet. Eine erfolgreiche Entfernung von DJ-Harnleiterschienen nach medikamentöser Therapie wird lediglich in 50–90 % beschrieben. Eine primäre operative Behandlung der Fibrose mit Behandlung von Ureterkompressionen sollte gewählt werden, falls atypische Befunde vorliegen, bei der eine Histologiegewinnung mit einer operativen Sanierung der ureteralen Obstruktion einfach kombiniert werden kann, oder Patienten die Harnableitung nicht vertragen. Von einer kompletten Resektion aller retroperitonealen Fibroseanteile sollte aufgrund der hohen Komplikationsrate insbesondere durch die Entfernung von retroperitonealen Gefäß- und Nervenstrukturen Abstand genommen werden.
Eine Verhinderung von Rezidiven ist nur durch eine medikamentöse Therapie möglich. Die Anzahl der Rezidive nach medikamentöser Therapie wird in der Literatur zwischen 5–30 % angegeben (Vaglio 2009). Dabei sind sowohl die Ursache für die Rezidive als auch die Möglichkeit der Rezidivprophylaxe bisher nicht ausreichend verstanden. Insbesondere die Fragen, welche Patienten eine erhöhte Wahrscheinlichkeit eines Rezidives haben, ob eine prophylaktische Therapie diese Rezidive verhindern kann und wie diese Rezidivprophylaxe aussehen kann, sind bisher noch nicht geklärt.

Therapiemonitoring

Es gibt kein einheitliches Schema zum Therapiemonitoring einer medikamentösen Therapie der RPF. Einige Autoren empfehlen ein Kontroll-CT 6–8 Wochen nach Beginn der Therapie (Vaglio et al. 2011). In vielen Fällen ist eine Kontrolle jedoch erst nach 3 Monaten sinnvoll, um eine entsprechende Regredienz der Fibrose beurteilen zu können.
Die Entscheidung, wann ein Wechsel bzw. eine Intensivierung der Medikation und wann eine operative Sanierung der Harnleiterstenosen erfolgen soll, muss individuell mit dem Patienten besprochen werden. Ein Beispiel für eine Therapiestrategie ist in Tab. 5 angegeben.
Tab. 5
Beispielhafter Therapiealgorithmus
Basisdiagnostik vor Beginn der Therapie
• Ausführliche Anamnese Körperliche Untersuchung
• Umfassende Labordiagnostik
• CT oder MRT Abdomen (fakultativ mit Dynamic Enhancement Analysis)
• Retrograde Pyelografie mit DJ-Anlage oder Wechsel
• FDG-PET/CT
• Nierenszintigrafie
• Ggf. histologische Sicherung
• Entscheidung medikamentöses Therapieregime
Monatliche Kontrolle durch Fach- oder Hausarzt
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Blutbild- und Serumkreatininkontrolle
• Ggf. weitere Laborkontrollen je nach Medikament
• Sonografie der Nieren
1. Klinische Kontrolle nach 3 Monaten
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Einfache Labordiagnostik + Fibrinogen, BSG, CRP
• MRT Abdomen (fakultativ mit Dynamic Enhancement Analysis)
• FDG-PET/CT
• DJ-Wechsel
• ggf. histologische Sicherung, falls keine Regredienz des Befundes
2. Klinische Kontrolle nach 6 Monaten
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Einfache Labordiagnostik + Fibrinogen, BSG, CRP
• MRT Abdomen (fakultativ mit Dynamic Enhancement Analysis)
• DJ-Auslassversuch mit IVP- und Szintigrafiekontrolle
• falls nicht erfolgreich erneute DJ-Einlage
• Entscheidung Fortführung med. Therapie, Wechsel oder Intensivierung mittels Kombinationstherapie
3. Klinische Kontrolle nach 12 Monaten
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Ausführliche Labordiagnostik
• CT oder MRT Abdomen (fakultativ mit Dynamic Enhancement Analysis)
• DJ-Auslassversuch mit IVP- und Szintigrafiekontrolle
• falls nicht erfolgreich Entscheidung operative Sanierung oder Fortsetzung Medikation für weitere 6 Monate
4. Klinische Kontrolle nach 18 Monaten
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Einfache Labordiagnostik + Fibrinogen, BSG, CRP
• MRT Abdomen (fakultativ mit Dynamic Enhancement Analysis)
• DJ-Auslassversuch mit IVP- und Szintigrafiekontrolle
• falls nicht erfolgreich Entscheidung operative Sanierung oder ständige DJ-Versorgung

Medikamentöse Therapie

Für die medikamentöse Behandlung der retroperitonealen Fibrose sind eine Vielzahl von unterschiedlichen Therapieansätzen mit Kortison, unterschiedlichen Immunsuppressiva und Tamoxifen entweder als Mono- oder Kombinationstherapie beschrieben worden (Tab. 6). Neuere Fallberichte berichten darüber hinaus über eine erfolgreiche Behandlung von kortisonresistenten Fibrosen mit dem monoklonalen Antikörper Infliximab, der gegen den Tumornekrosefaktor α (TNFα) gerichtet ist (Catanoso et al. 2012).
Tab. 6
Unterschiedliche medikamentöse Therapieschemata zur Behandlung der retroperitonealen Fibrose
Medikament
Untersuchungsgruppe
Dosierung
Prednisolon
„Wuppertaler Kortisonschema“
Brandt et al. 2013
1 mg/kg/KG/2d für 10 Wochen
40 mg/d für 2 Wochen
20 mg/d für 2 Wochen
10 mg/d für 2 Wochen
5 mg/d Erhaltungsdosis für 1 Jahr
 
Vaglio et al. 2011
1 mg/kg/KG/d für 1 Monat (max. 80 mg)
0,5 mg/kg/KG/d für 1 Monat
0,25 mg/kg/KG/d für 2 Monate
0,2 mg/kg/KG für 1 Monat
0,15 mg/kg/KG für 1 Monat
7,5 mg/d für 1 Monat
5 mg/d für 1/2 Monat
2,5 mg/d für 1/2 Monat
 
Marcolongo et al. 2004
1–1,5 mg/kg/KG/d für 3 Wochen
Reduktion innerhalb 6 Monate
 
Ilie et al. 2006
40 mg/d für 4–8 Wochen
Reduktion um 5 mg/Woche
Erhaltungsdosis von 5 mg
 
van Bommel et al. 2007
60 mg/d für 6 Wochen
Reduktion innerhalb von 3 Monaten
Erhaltungsdosis von 10 mg
 
Kardar et al. 2002
60 mg/2d für 12 Wochen
40 mg/d für 2 Wochen
20 mg/d für 2 Wochen
10 mg/d für 2 Wochen
5 mg/d Erhaltungsdosis für 2 Jahre
 
Fry et al. 2008
40 mg/d für 3 Monate
Reduktion je nach Ansprechen
 
Heidenreich et al. 2000
1 mg/kg/KG für 4 Wochen
20 mg/d für 4 Wochen
10 mg/d Erhaltungsdosis
Tamoxifen- Monotherapie
van Bommel et al. 2006
van Bommel et al. 2013
Brandt et al. 2013
20 mg-0-20 mg
Azathioprin*
Marcolongo et al. 2004
2,5 mg/kg/KG/d für 6 Monate
1,5 mg/kg/KG/d für 6 Monate
 
Heidenreich et al. 2000
2 mg/kg/KG/d ab dem 3. Monat
Mycophenolat-Mofetil (MMF, Cellcept®)*
Swartz et al. 2008
Scheel et al. 2007
Adler et al. 2008
1 g-0-1 g
Methotrexat*
Alberici et al. 2013
15–20 mg/Woche für 12 Monate
Tamoxifen*
Vaglio et al. 2011
0,5 mg/kg/KG/d (max. 40 mg)
nach Initialisierung mit Prednisolon
1 mg/kg/KG/d für 1 Monat (max. 80 mg)
Colchicin*
Vega et al. 2009
1 mg/d
Cyclophosphamid
Marcolongo et al. 2004*
Warnatz et al. 2005
6 i.v. Anwendungen
(mittlere kumulative Dosis 5,9 g)
Cyclosporin*
Marzano et al. 2001
5 mg/kg/KG/d bis zur therapeutischen Serumdosis von 200 ng/ml
* als Kombinationstherapie mit Glucokortikoiden
Aufgrund der Kombination von inflammatorischen und immunologischen Aspekten der Erkrankung besteht der klassische Therapieansatz in der Anwendung von Kortison. Der Steroidmedikation wird dabei eine Abdichtung der Kapillaren, eine Auflösung lymphoider Zellansammlungen, eine Erhöhung der glomerulären Filtrationsrate, eine Verzögerung von Hypersensibilitätsreaktionen und eine Hemmung der Fibroblastenaktivität und Kollagenbildung zugeschrieben. Aufgrund der unzureichenden Studienlage mit meist nur geringen Fallzahlen ist jedoch die optimale Dosis und Dauer der Kortisontherapie noch nicht gefunden. Die meisten Autoren beginnen mit einer Kortisonstoßtherapie von 1 mg/kg/KG, die über mehrere Wochen bzw. Monate auf eine Erhaltungstherapie von 5–10 mg reduziert wird.
Der Nachteil der Kortisontherapie besteht in seinem hohen Nebenwirkungspotenzial. Aus diesem Grund verwenden einige Autoren bereits zu Beginn eine Kombinationstherapie aus Prednisolon und unterschiedlichen Immunsuppressiva, um die Kortisonwirkung zu verstärken und die Therapie mit geringeren initialen Dosen von Kortison beginnen zu können. In einigen Fällen wird auch eine Verwendung von Kortison komplett verzichtet und eine Monotherapie lediglich mit einem Immunsuppressivum durchgeführt. Insbesondere die Verwendung von Mycophenolat-Mofetil (MMF, Cellcept®) erfreut sich als Kombination bereits zu Beginn der medikamentösen Therapie einer wachsenden Beliebtheit, da sie in einigen Studien eine ausgesprochen gute Verträglichkeit bei sehr gutem Therapieansprechen gezeigt hat. Ob eine solche Kombinationstherapie der Monotherapie mit Prednisolon überlegen ist, konnte jedoch bis heute nicht bewiesen werden.
Andere Autoren wenden die Kombinationstherapie erst dann an, wenn durch eine Prednisolon-Monotherapie kein weiterer Rückgang der Fibrose in der Bildgebung zu erkennen ist (Scheel et al. 2012; Swartz 2009). In diesem Stadium wird die Fibrose auch als kortisonresistent bezeichnet. In der Literatur ist eine weitere Reduktion der Fibrose bei Stillstand nach initialer Kortisonmonotherapie für eine Kombination mit den Immunsuppressiva Azathioprin, Methotrexat, Mycophenolat-Mofetil, Cyclophosphamid und Cyclosporin beschrieben. Bisher gibt es jedoch keine vergleichenden Studien, so dass in der klinischen Praxis die Kombination versucht werden sollte, für die die größte klinische Expertise besteht.
Eine weitere Bedeutung der Immunsuppressiva könnte in der Behandlung der rezidivierenden Fibrose als Rezidivprophylaxe liegen. Diesbezüglich gibt es jedoch noch keine Studienergebnisse.
Aufgrund seiner anti-inflammatorischen und anti-fibroblastischen Eigenschaften wurde zunächst in mehreren Fallberichten die Verwendung von Tamoxifen beschrieben, das ebenfalls erfolgreich in der Behandlung von Desmoid-Tumoren und von Patienten mit Morbus Dupuytren eingesetzt wurde. Im Jahr 2006 veröffentlichte van Bommel die erste Serie von 19 Patienten, die mit Tamoxifen-Monotherapie behandelt wurden (van Bommel et al. 2006). Die Sicherheit und Effektivität der Therapie insbesondere im Langzeitverlauf konnte er 2012 an einer Erweiterung seiner Serie zeigen (van Bommel et al. 2013).
In der bisher einzigen prospektiv-randomisierte Studie aus dem Jahre 2011 verglichen Vaglio et al. die Behandlungsergebnisse nach einem Initialisierungsmonat mit Kortisonstoßtherapie (1 mg/kg/KG/d) bei der Verwendung von Prednisolon- oder Tamoxifen-Monotherapie. Sie fanden dabei nach 8 Monaten eine statistisch signifikante Überlegenheit von Prednisolon bezüglich der Ansprechrate. Insbesondere zeigte sich eine signifikant erhöhte Anzahl von erneuter Progression der Fibrose unter Therapie mit Tamoxifen. Die Patienten, die mit Kortison behandelt wurden, zeigten jedoch eine deutlich erhöhte Nebenwirkungsrate insbesondere von Cushing-Syndromen, Gewichtszunahmen und Hyperlipidämien. Vaglio et al. folgerten aus ihrer Studie, dass die Therapie mit Prednisolon der Behandlung mit Tamoxifen vorzuziehen ist und eine Anwendung von Tamoxifen deshalb nur in Ausnahmefällen z. B. bei einem ausgeprägten Diabetes mellitus erfolgen sollte (Vaglio et al. 2011).
Aus unseren eigenen klinischen Erfahrungen und Behandlungsergebnissen in der Behandlung von Patienten mit Morbus Ormond halten wir Tamoxifen dennoch für eine sinnvolle Alternative für Patienten, die aufgrund ihrer Vor- und Begleiterkrankungen keine Kortisontherapie erhalten sollten oder eine Kortisontherapie ablehnen. Patienten sollten jedoch über eine mögliche Zunahme der Fibrose unter der Tamoxifentherapie mit einem notwendigen Wechsel auf eine Kortisontherapie aufgeklärt werden.
Es gibt bisher keine Empfehlungen bezüglich der notwendigen Länge einer medikamentösen Therapie. Während einige Autoren die Dauer der Therapie vom Ausmaß der Erkrankung und dem Ansprechen auf eine medikamentöse Therapie abhängig machen, gibt es Hinweise darauf, dass ein zu frühes Abbrechen der Medikation zu einer erhöhten Rate an Frührezidiven führen kann. Aus diesem Grund empfehlen wir in unserer Klinik, die medikamentöse Therapie für mindestens 1 Jahr durchzuführen.
Darüber hinaus existieren nahezu keine prognostischen Faktoren, ob eine medikamentöse Therapie Erfolg versprechend ist. In einer retrospektiven Studie konnte gezeigt werden, dass weder die Blutsenkgeschwindigkeit (BSG) noch das C-reaktive Protein (CRP) Hinweise auf das Ansprechen einer medikamentösen Therapie mit Kortison geben konnten (Magrey et al. 2009; Pelkmans et al. 2012).
In neueren Studien zeigt sich, dass ggf. die Aktivität der Fibrose als Marker verwendet werden kann, um zu bestimmen, wie lange eine medikamentöse Therapie sinnvoll ist. So konnten Ansprechraten einer weiteren medikamentösen Therapie sowohl durch Aktivitätsbestimmungen im FDG-PET (Moroni et al. 2012) als auch durch dynamische Kontrastmitteluntersuchungen im MRT (Kamper et al. 2011; Brandt et al. 2013) mit hoher Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden.

Operative Therapie

Die Domäne der operativen Therapie liegt in der Befreiung von obstruktiv geschädigten Organsystemen, um deren Funktion wiederherzustellen. Insbesondere die Wiederherstellung des Harnabflusses aus den Nieren in die Blase stellt die häufigste operative Intervention bei Patienten mit retroperitonealer Fibrose dar.
Da die RPF jedoch auch mit einem Bauchaortenaneurysma und mit venösen und arteriellen Gefäßverschlüssen vergesellschaftet sein kann, gibt es Situationen, die eine endovaskuläre oder gefäßchirurgische Intervention notwendig machen. Darüber hinaus können bei ausgeprägten Befunden viszeralchirurgische Interventionen zur Beseitigung eines mechanischen Ileus notwendig werden.
Für die Beseitigung einer obstruktiven Uropathie stehen diverse operative Verfahren zur Verfügung (Tab. 5). Dabei kann auch eine Kombination der Operationstechniken zur Anwendung kommen (Abb. 8). In seltenen Fällen kann eine autologe Nierentransplantation zur Verlegung der betroffenen Niere aus dem fibrotisch veränderten Gewebe indiziert sein. Bei bis zu 25 % der Patienten besteht eine funktionslose Niere, so dass eine operative Entfernung der Niere diskutiert werden sollte (Brandt et al. 2011). Bei Patienten, die aufgrund ihrer Komorbidität für keine großen operativen Interventionen in Frage kommen, kann eine ständige DJ-Versorgung notwendig sein. Alternativ besteht in diesen Fällen die Möglichkeit, einen künstlichen pyelo-vesikalen Bypasses (Detour©) zu verwenden (Tab. 7).
Tab. 7
Operative Verfahren zur Behandlung der Ureterobstruktion
Ureterolyse mit und ohne Harnleiterverlegung und Omentum-Wrapping
Harnleiterresektion mit End-zu-End-Anastomose
Ureterozystoneostomie nach Psoas Hitch
Boari-Plastik
Partieller oder kompletter Ureterersatz durch Darmsegmente
Einpflanzung eines künstlichen pyelo-vesikalen Bypasses (Detour©)
Autologe Nierentransplantation
Für die operative Planung sind das Ausmaß und die Lokalisation der ureteralen Kompression entscheidend. Darüber hinaus ist eine Bestimmung der Nierenfunktion mittels Nierenszintigrafie obligat. Die endgültige Entscheidung, welche Art der Uretersanierung durchgeführt werden sollte, kann in vielen Fällen erst intraoperativ entschieden werden, so dass die Patienten über verschiedene Operationsverfahren aufgeklärt sein sollten.
Ureterolyse
Die Lösung des Harnleiters aus der Fibrose mit anschließender Verlagerung aus dem fibrotisch veränderten Bereich zur Verhinderung einer erneuten Kompression stellt den Goldstandard in der operativen Sanierung von Harnleiterstenosen durch die retroperitoneale Fibrose dar (Stifelman et al. 2008). Bezüglich der Harnleiterfreilegung sind multiple Operationstechniken als einfache Ureterolyse oder mit Lateralisierung oder Intraperitonealisierung beschrieben worden. Darüber hinaus besteht in spezialisierten Zentren die Möglichkeit der laparoskopischen und Roboter-assistierten Ureterolyse, die nach aktueller Studienlage mit einer verringerten Quote von Bluttransfusionen und einem kürzeren stationären Aufenthalt einhergehen (Duchene et al. 2007; Mufarrij und Stifelman 2006).
Da die einfache Ureterolyse mit einer hohen Rezidivrate vergesellschaftet ist, sollte nach aktuellem Stand immer eine Verlagerung des Ureters erfolgen. Bei der Lateralisierung des Ureters geben einige Autoren zu bedenken, dass dies zu einem Ureterkinking führen könnte, so dass die spätere Anlage einer Harnleiterschiene schwierig oder sogar unmöglich wäre. Bei der Intraperitonealisierung des Harnleiters ist zu beachten, dass das Peritoneum nicht so dicht verschlossen wird, dass der Ureter bei Ein- und Austritt erneut komprimiert wird.
Durch die Einbettung des Ureters in Omentumfett (Omentum Wrapping) wird eine zusätzliche Barriere zum Schutz vor einer erneuten Kompression geschaffen. Zusätzlich ist durch das umliegende gefäßreiche Gewebe eine bessere Revaskularisierung des Ureters möglich. Aus den oben genannten Gründen führen wir eine Ureterolyse wenn möglich immer mit einer Intraperitonealisierung plus Omentum Wrapping durch.
Die entscheidende Frage bei der operativen Versorgung ist, ob das betroffene Harnleiterstück nach Ureterolyse wieder eine vollständige Funktion mit ausreichender Peristaltik aufnehmen kann. Ist dies nicht der Fall, so ist in vielen Fällen eine DJ-Harnleiterschienenversorgung auch postoperativ weiter notwendig. Im Zweifelsfall sollte aus diesem Grund das betroffene Harnleiterstück reseziert werden. Bei kurzen Strikturen kann dann im Einzelfall eine End-zu-End-Anastomose der beiden Harnleiterstücke möglich sein.
Harnleiterresektion und Harnleiterersatz
Ist der Harnleiter über eine längere Strecke nicht zu mobilisieren oder denudiert, so muss ein geeignetes Verfahren zum Harnleiterersatz gefunden werden. Bei distalen Harnleiterstenosen bietet sich eine Ureterozystoneostomie in der Technik nach Psoas Hitch an. Mit diesem Verfahren können Ureterdefekte von ca. 5–6 cm überbrückt werden. Durch eine Boari-Plastik oder eine Kombination beider Verfahren kann ein Ureterstück bis zu einer Länge von ca. 15 cm ersetzt werden. Durch eine intraoperative Mobilisation der Niere mit anschließender Nephropexie kann diese Strecke noch zusätzlich verlängert werden, so dass in ausgesuchten Fällen sogar ein kompletter Ureterersatz möglich ist. Präoperativ sollte mittels Zystogramm eine kleinkapazitäre Blase ausgeschlossen werden, da eine ausreichende Kapazität und Mobilität der Blase erforderlich ist.
Bei langstreckigen Stenosen im mittleren oder proximalen Harnleiter muss unter Umständen der gesamte Ureter ersetzt werden. Seit den Veröffentlichungen von Goodwin et al. aus den 50er Jahren ist der Ureterersatz durch Darmsegmente eine akzeptiertes Verfahren zur operativen Harnleiterrekonstruktion, bei der oben genannte Techniken aufgrund der Größe des Defektes nicht eingesetzt werden können. Traditionell ist die Verwendung eines Ileumsegmentes als totaler Harnleiterersatz . Alternativ kann der Harnleiterersatz auch partiell oder total durch ein rekonfiguriertes Koloninterponat oder in der Technik nach Yang-Monti erfolgen. Relative Kontraindikationen für die Verwendung von Darmsegmenten stellen chronische Darmerkrankungen wie z. B. Morbus Crohn oder eine eingeschränkte Nierenfunktion dar.
Für die Verwendung eines Ileumsegmentes als totaler Harnleiterersatz wird ein Ileumsegment von 15–35 cm Länge mit einem Mindestabstand von 15–20 cm Länge von der Ileozökalklappe ausgeschaltet. Nach Wiederherstellung der Darmkontinuität wird das ausgeschaltete Segment, ggf. nach Verschmälerung (tailoring), isoperistaltisch nach Einlage einer Harnleiterschiene mit dem weit spatulierten Nierenbecken und der Blase jeweils End-zu-End-anastomosiert. Intraoperativ sollte neben einer Nephrostomie oder Gil-Vernet-Drainage zur Entlastung der proximalen Anastomose eine Niederdruckableitung mittels Blasenverweilkatheter angelegt werden.
Die Sicherheit dieses Verfahrens konnte in mehreren Serien für die offen operative und laparoskopische Anwendung verifiziert werden (Armatys et al. 2009). Alternativ kann der Harnleiterersatz auch durch ein Koloninterponat erfolgen, insbesondere bei beidseitigen Defekten, bei denen für eine Seite schon ein Ileuminterponat verwendet wurde.
Um die Komplikationen, die durch die Länge des ausgeschalteten Darmsegmentes beim Harnleiterersatz entstehen, zu minimieren, kann ein partieller oder kompletter Harnleiterersatz ebenfalls durch rekonfigurierte Darminterponate in der Technik nach Yang-Monti erfolgen. Bei dieser Operationstechnik, die detailliert von Ghoneim und Ali-el-Dein publiziert wurde, wird lediglich ein Darmsegment von 6–7 cm benötigt. Dieses wird ausgeschaltet und je nach benötigter Länge in 2–3 Teile weiter aufgeteilt. Die einzelnen Segmente werden longitudinal eröffnet und nach 90° Drehung miteinander verbunden, so dass eine längliche Platte von 16–18 cm Länge entsteht. Durch Tubularisierung der Darmplatte entsteht der Ureterersatz, der proximal mit Harnleiter oder Nierenbecken End-zu-End-anastomosiert und distal refluxiv oder anti-refluxiv in die Blase implantiert oder mit dem distalen Ureter verbunden werden kann. Durch Kombination mit dem Psoas Hitch-Verfahren kann zusätzliche Länge gewonnen werden (Abb. 9).

Nachsorge

Da es sich bei der primären retroperitonealen Fibrose um eine chronisch-rezidivierende Erkrankung handelt, erscheint eine lebenslange Nachsorge sinnvoll. Als Risikofaktoren für das Auftreten eines Rezidivs sind lumbale Schmerzen und akute Niereninsuffizienz bei Auftreten der Erkrankung, Fortführen des Nikotinabusus und insbesondere positive antinukleäre Antikörper beschrieben (Moriconi et al. 2019; Raffiotta et al. 2019). Darüber hinaus scheint die initiale Höhe der Blutsenkungsgeschwindigkeit relevant (Zhao et al. 2019) Es gibt bisher aufgrund der unterschiedlichen Verläufe kein einheitliches Nachsorgeschema.
Nach Absetzen der medikamentösen Therapie sollte eine engmaschige Kontrolle mittels regelmäßiger Sonografie der Nieren und Bestimmung der Laborparameter Kreatinin, BSG und CRP erfolgen. In den ersten 5 Jahren nach erfolgreicher Behandlung der RPF sollten darüber hinaus bildgebende Kontrollen mit CT und MRT erfolgen. Ein mögliches Nachsorgeschema ist in Tab. 8 dargestellt.
Tab. 8
Beispielhafte Nachsorge nach Absetzen der medikamentösen Therapie
1. Nachsorge 1 Monat nach Absetzen der Therapie
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Ausführliche Labordiagnostik
• MRT Abdomen (fakultativ mit Dynamic Enhancement Analysis)
• FDG-PET/CT
• Nierenszintigrafie
Monatliche Kontrolle durch Fach- oder Hausarzt
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Sonografie der Nieren
• Blutbild- und Serumkreatininkontrolle
2. Nachsorge 6 Monate nach Absetzen der Therapie
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Einfache Labordiagnostik
• MRT Abdomen
3. Nachsorge 12 Monate nach Absetzen der Therapie
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Ausführliche Labordiagnostik
• MRT Abdomen
• FDG-PET/CT
• Nierenszintigrafie
4. Nachsorge 18 Monate nach Absetzen der Therapie
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Einfache Labordiagnostik
• MRT Abdomen
5. Nachsorge 24 Monate nach Absetzen der Therapie
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Einfache Labordiagnostik
• CT Abdomen
6. Nachsorge 36 Monate nach Absetzen der Therapie
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Einfache Labordiagnostik
• CT/MRT Abdomen
7. Nachsorge 60 Monate nach Absetzen der Therapie
• Symptom- und Nebenwirkungsabfrage
• Einfache Labordiagnostik
• CT/MRT Abdomen
Bei jedem erneuten Auftreten von Allgemeinsymptomen sollte darüber hinaus eine sofortige Kontrolle eingeleitet werden. In vielen Fällen ist bei Beginn der Symptomatik in der Bildgebung jedoch noch kein entsprechendes Korrelat der Erkrankung zu erkennen. In diesen Fällen kann ggf. durch ein FDG-PET eine mögliche erneute Aktivität der Erkrankung bereits frühzeitig dargestellt werden.

Zusammenfassung

Retroperitoneale Fibrose (Morbus Ormond)
  • Die retroperitoneale Fibrose (RPF) ist eine seltene, chronisch rezidivierende Erkrankung des hinteren Bauchraumes
  • Die klinische Unterscheidung in eine primäre und sekundäre RPF ist nicht immer möglich
  • In über 2/3 der Fälle besteht eine primäre retroperitoneale Fibrose
  • Ätiologie und Pathogenese der primären RPF sind bisher nicht geklärt
  • Die Bedeutung von IgG4 für die RPF ist bisher nicht ausreichend bekannt
  • Die Symptomatik zu Beginn der Erkrankung ist unspezifisch, was eine Diagnosestellung oftmals verzögert
  • Die Symptomatik im Spätstadium der Erkrankung ist geprägt von den betroffenen Organsystemen.
  • Die Beteiligung der Ureteren mit konsekutiver Hydronephrose ist die häufigste Komplikation der RPF
  • Eine laborchemische Konstellation, die für die RPF beweisend ist, existiert bisher nicht
  • Für die Verlaufskontrolle können BSG, CRP und Fibrinogen genutzt werden
  • Der Goldstandard in der Diagnostik und Verlaufskontrolle ist die Schnittbildgebung mittels CT und MRT
  • Durch Aktivitätsbestimmungen der Fibrose mittels FDG-PET oder Dynamic Enhancement Analysis können wichtige Informationen gewonnen werden
  • Eine histologische Sicherung sollte immer vorgenommen werden, wenn die Fibrose eine atypische Lokalisation aufweist, Hinweise auf ein Malignom vorliegen, es unter medikamentöser Therapie zu keiner Regression kommt oder eine begrenzte Erfahrung mit dem Krankheitsbild besteht
  • Die Therapieplanung und die Therapieziele sind ist individuell mit dem Patienten abzustimmen
  • Aktivitätsbestimmungen der Fibrose spielen eine zunehmende Rolle in der Therapieplanung
  • Eine medikamentöse Therapie geht in der Regel der operativen Sanierung voraus
  • Die medikamentöse Therapie der RPF erfolgt klassischerweise mit Kortison
  • Immunsuppressiva haben ihre Bedeutung in der Intensivierung der Therapie, der Vermeidung von hohen Kortisondosen und ggf. in der Rezidivprophylaxe
  • Die Monotherapie mit Tamoxifen kann eine Alternative in der medikamentösen Therapie der RPF darstellen
  • Chirurgische Verfahren finden in erster Linie zur Befreiung von obstruktiv geschädigten Organsystemen Anwendung
  • Die chirurgische Sanierung von Harnleiterstenosen kann mittels verschiedener Verfahren Ureterbefreiung, Ureterverlegung und Ureterersatz und in einer Kombination der Verfahren erfolgen
  • In individuellen Fällen kann eine Autotransplantation der Niere oder eine ständige Harnableitung notwendig sein
  • Patienten benötigen eine lebenslange Nachsorge
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