Die antibiotische Therapie der
bakteriellen Meningitis wird von den epidemiologischen Gegebenheiten, insbesondere dem Alter des Patienten, den zugrunde liegenden Vorerkrankungen (
Pneumonie, paranasale Infektionen, Otitis, Mastoiditis, Zustand nach neurochirurgischer Intervention, Zustand nach
Schädel-Hirn-Trauma mit oder ohne Rhinoliquorrhö, Zustand nach
Lumbalpunktion etc.) und der regionalen Resistenzsituation der jeweiligen Erreger bestimmt (Van de Beek et al.
2016). Tab.
4 zeigt die wahrscheinlichsten Erreger in den einzelnen Altersgruppen und gibt das antibiotische Regime, das sofort nach der Diagnose einer eitrigen Meningitis verabreicht werden soll, an. Aufgrund der weiterhin guten Empfindlichkeit von Penicillin G gegenüber Pneumo- und
Meningokokken könnte in weiten Teilen Mitteleuropas der „durchschnittliche“ erwachsene Patient mit einer eitrigen Meningitis nach wie vor mit Penicillin G behandelt werden. Die generelle initiale empirische antibiotische Therapie ist heute jedoch ein Cephalosporin der Gruppe 3a. Wegen der zunehmenden Resistenzen von
Pneumokokken gegen Cephalosporine in Teilen Europas, in den USA und in tropischen Ländern ist bei entsprechender Expositionsanamnese eine zusätzliche Therapie mit
Vancomycin erforderlich. Nach Vorliegen des Ergebnisses der Gramfärbung des Liquors, der Kulturergebnisse (Liquor, Blut, Rachenspülflüssigkeit) und vor allem des
Antibiogramms muss eine Adjustierung des antibiotischen Regimes vorgenommen werden.
Tab. 4
Empirische Therapie der akuten bakteriellen Meningitis
0–6 Jahre | Ampicillin + Cephalosporin der 3. Generation | Ampicillin oder Penicillin + Aminoglykosid |
6–18 Jahre | Ampicillin + Cephalosporin der 3. Generation | Cephalosporin der 4. Generation, Meropenem, Moxifloxacin |
18–50 Jahre | Cephalosporin der 3.Generation + Vancomycin oder Rifampicin | Meropenem, Moxifloxacin |
>50 Jahre | Ampicillin + Cephalosporin der 3. Generation | Meropenem, Moxifloxacin, Linezolid |
Anbehandelte Meningitis | Cephalosporin der 3. Generation | Meropenem, Moxifloxacin |
Nosokomiale Meningitis nach neurochirugischen Eingriffen | Cephalosporin der 3. Generation oder Meropenem + Vancomycin oder Linezolid | Vancomycin oder Fosfomycin + Rifampicin + Moxifloxacin |
Höheres Lebensalter, eine immunkompromittierende Grunderkrankung oder die klinischen Zeichen einer Rhombenzephalitis erfordern wegen einer möglichen Infektion mit Listerien die zusätzliche Therapie mit Ampicillin, da Listerien gegen Cephalosporine nicht sensibel sind (Thønnings et al.
2016)
Hier bietet sich die Kombination mit Ampicillin an.
Etwa 7 % der Patienten mit
Allergien gegen Penicillin weisen eine Kreuzallergie gegen Cephalosporine der 3. Generation auf. Im Falle einer Allergie bzw. von Resistenzen sind moderne Peneme therapeutische Alternativen. Imipenem allerdings ist bei
bakterieller Meningitis aufgrund seines relativ hohen Nebenwirkungspotenzials (bis zu 30 % zerebrale Krampfanfälle) nur als letzte Reserve (evtl. bei analgosedierten Patienten) angezeigt. Andere moderne Peneme (z. B. Meropenem) sind vom Nebenwirkungsprofil günstiger einzustufen und in der Wirksamkeit dem Imipenem gleichwertig (Schmutzhard et al.
1995). Als weitere Alternative bietet sich das Fluorquinolon Moxifloxacin an, welches eine gute Liquorgängigkeit aufweist und in Fallberichten v. a. bei der
tuberkulösen Meningitis erfolgreich verwendet wurde. Prinzipiell sollte jedoch mit Alternativantibiotika zurückhaltend umgegangen werden (Baxter et al.
2016). Patienten mit Staphylokokken-Meningitis bzw. -Ventrikulitis – typischerweise nach Trauma oder neurochirurgischer Intervention – müssen mit hohen Dosen von Oxacillin behandelt werden. Bei Penicillinallergie oder im Fall einer Infektion mit methicillinresistenten
Staphylokokken wird mit Rifampicin oder
Vancomycin behandelt, wobei Vancomycin bei liegender Überlaufdränage auch intraventrikulär gegeben werden kann (Pfausler et al.
2003). Linezolid hat eine hohe Liquorgängikeit, stellt eine Alternative für Vancomycin dar, sollte jedoch ebenfalls wegen der zunehmend berichteten Resistenzen nicht routinemäßig eingesetzt werden. Eine Ventrikulitis bei Überlaufdrain bzw. bei ventrikuloatrialem oder ventrikuloperitonealem Shunt erfordert neben der antibiotischen Therapie die umgehende Entfernung des Plastikkatheters; gleichzeitig empfiehlt es sich, Rifampicin, aufgrund seiner sehr guten Liquorgängigkeit, zuzufügen (Beer et al.
2010). Rifampicin, Fosfomycin und Aminoglykoside dürfen wegen der bekannten raschen Resistenzentwicklung auch bei positivem
Antibiogramm nie als Monotherapie gegeben werden. Die Dauer der antibiotischen Therapie beim Erwachsenen beruht nach wie vor auf empirischen Daten. Nur bei Kindern gibt es randomisierte Studien über die Therapiedauer, eine kurz dauernde antibiotische Therapie wird generell nicht empfohlen (Karageorgopoulos et al.
2009). Eine unkomplizierte Haemophilus-influenzae-Typ-B- und Meningokokken-Meningitis wird 7–10 Tage, eine Streptococcus-pneumoniae-Meningitis 10–14 Tage behandelt, eine Meningitis mit gramnegativen Erregern oder Listerien erfordert eine antibiotische Therapie von mindestens 3 Wochen. Die immer wieder geäußerte Empfehlung einer kontinuierlichen Antibiotikagabe bei einer schweren bakteriellen Meningitis konnte in keiner Studie eine Überlegenheit gegenüber der Bolusgabe zeigen (Pelkonen et al.
2011). Tab.
5 zeigt die Dosierung der einzelnen, für die Meningitistherapie relevanten
Antibiotika beim erwachsenen Patienten.
Tab. 5
Dosierung, Verabreichung und Liquorgängigkeit der bei bakterieller Meningitis verwendeten Antibiotika
Penicillin G | 4-mal 10 Mio. E | i.v. | 5 |
Ampicillin | 4-mal 2 g | i.v. | 5–10 |
| Bei Listerienmeningitis | 4-mal 4 g | i.v. | |
Cefotaxim | 3-mal 2 g | i.v. | bis 16 |
Ceftriaxon | 1-mal 2 g | i.v. | 4–9 |
Chloramphenicol | 3-mal 1 g (maximale Gesamtdosis 25 g!) | i.v. | 40–90 |
Oxacillin | 3-mal 4 g | i.v | |
Meropenem | 3-mal 2 g | i.v. | |
Fosfomycin | 3-mal 8 g | i.v. | |
Rifampicin | 2-mal 600 mg | In infusione | |
Vancomycin | 4-mal 500 mg | i.v. | 10–30 |
Linezolid | 2-mal 600 mg | i.v | |
In Ausnahmefällen: Vancomycin (bei liegendem Überlaufdrain) | 20 mg | Intraventrikulär | |