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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 16.10.2020

Urogenitale Infektionen/Sexuell übertragbare Infektionen

Verfasst von: Lea Marie Bartsch
Sexuell übertragbare Infektionen werden definiert als Infektionen, deren Übertragung hauptsächlich sexuell erfolgt. Der Hauptmanifestationsort der Infektionen ist urogenital, kann aber bei einzelnen Infektionen auch andere Regionen beinhalten oder disseminiert verlaufen. Leitsymptome sind genitale Ulzerationen, urethraler oder vaginaler Ausfluss und unspezifische Schmerzen. Häufig verlaufen die Infektionen asymptomatisch. Einzelne Infektionen können spezifische Komplikationen haben. Das Risiko für eine sexuell übertragbare Infektion ist in einigen Bevölkerungsgruppen besonders ausgeprägt. Dazu zählen Jugendliche und junge Erwachsene, Männer, die Sex mit Männern haben, HIV-positive Personen und Menschen, die illegale Drogen konsumieren. Ein Screening auf sexuell übertragbare Infektionen gibt es nur für einzelne Infektionen in bestimmten Risikogruppen. Die Therapie richten sich nach dem speziellen Erreger. Eine Therapie der Sexualpartner ist in den meisten Fällen erforderlich.

Einleitung

Es gibt eine Vielzahl von Infektionserkrankungen, die zu den sexuell übertragbaren Infektionen (sexuell transmitted infection, STI) gehören. Das Risiko für eine STI ist in einigen Bevölkerungsgruppen besonders ausgeprägt. Dazu zählen Jugendliche und junge Erwachsene, Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), HIV-positive Personen und Menschen, die illegale Drogen konsumieren.
Eine Vielzahl der Infektionen verläuft asymptomatisch, so dass ein Screening in den Risikogruppen diskutiert wird. Ein generelles STI Screening ist bislang in Deutschland nicht vorgesehen. Die Leitlinien sind im Moment in der Überarbeitung, so dass eine Änderung der Empfehlungen bald möglich ist. Bei Verdacht auf eine STI ist die genaue Anamnese von besonderer Bedeutung, um bei einem möglichen Risikokontakt eine gezielte Diagnostik auf einzelne Erreger durchzuführen. Besonders um unspezifische Symptome und untypische Manifestationsorte zu erfassen ist eine detaillierte Sexualanamnese notwendig. Besonders wichtig ist dabei, dass auch Ko-Infektionen mit multiplen STIs diagnostisch erfasst werden.
Die Prävention vor STIs ist möglich und sinnvoll. Eine wichtige Präventionsmaßnahme ist vor allem die Aufklärung über mögliche Übertragungswege und Symptome der Erkrankungen. Diese sollte frühzeitig in der Schule bereits bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen begonnen werden. Ein zweiter wichtiger Faktor ist die Aufklärung und Schulung von medizinischem Personal, um eine gezielte Anamnese und Diagnostik durchzuführen. Zu den weiteren wesentlichen Präventionsmaßnahmen gehören Impfungen, die Verwendung von Latexkondomen, Screening Methoden, eine effektive Behandlung inklusive der Nachkontrolle von STIs und die Behandlung der Sexualpartner.
Als Manifestationsorgane einer STI treten neben dem weiblichen und männlichen Genitaltrakt der Gastrointestinaltrakt, der Oropharynx und die Haut in Erscheinung. Dabei sind die Symptome häufig unspezifisch und nicht direkt einer speziellen STI zuzuordnen. Für ein Screening spricht, dass es auch bei asymptomatischen Infektionen zu schweren Krankheitsverläufen mit Komplikationen kommen kann, besonders gefährdet sind dabei Schwangere. Dazu zählen neben den spezifischen Komplikationen der einzelnen Infektionen, die infektiöse Sterilität, ektope Schwangerschaften, Frühgeburten, Aborte, chronische Entzündungsreaktionen und ein insgesamt erhöhtes Infektionsrisiko für eine HIV Infektion.
Erreger von STIs können Bakterien, Viren, Pilze, Protozoen oder auch Arthropoden sein. Eine Darstellung der häufigsten Erreger von sexuell übertragbaren Infektionen erfolgt in den folgenden Abschnitten.

Chlamydia trachomatis

Chlamydia trachomatis (C. trachomatis) ist ein obligat intrazelluläres Bakterium. C. trachomatis wird eingeteilt in unterschiedliche Serotypen. Bei den STIs spielen vor allem die Serovare D-K und L1–L3 eine Rolle.

Epidemiologie

Weltweit gehört die Infektion mit C. trachomatis zu den häufigsten STIs. In Deutschland ist mit Ausnahme von Sachsen die Infektion nicht meldepflichtig. Durch die Meldungen in Sachsen ist eine Steigerung der Inzidenz zu verzeichnen. Allgemein ist die Inzidenz bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen am höchsten. Insgesamt wird in Deutschland von einer Neuinfektionsrate von 300.000 Einwohnern/Jahr ausgegangen (Robert Koch-Institut Epidemiologisches Bulletin 2013 Nr. 46).

Übertragung

Die Übertragung erfolgt mittels Geschlechtsverkehres, Schmierinfektion sowie perinatal.

Klinik

Bei einer Infektion mit dem Serovar D-K sind die Symptome je nach Geschlecht unterschiedlich.
Bei Frauen kommt es zu einer häufig asymptomatischen Infektion mit begleitender Zervizitis, Urethritis oder Salpingitis. Eine Reinfektion und Chronifizierung ist häufig, genaue Zahlen existieren aufgrund der erschwerten Diagnostik nicht. Die klinischen Manifestationen bei symptomatischen Infektionen sind sehr unspezifisch und können mit Dysurie, Pollakisurie, Dyspareunie und allgemeinem Schmerzempfinden einhergehen. Eine schwerwiegende Komplikation ist eine chronische Entzündungsreaktion des kleinen Beckens (PID, pelvic inflammatory disease) und eine infolge dessen auftretende infektiöse Sterilität.
Selten kann eine Entzündung der Leberkapsel, das Fitz-Hugh-Curtis Syndrom auftreten. Es kommt typischerweise zu keiner Erhöhung der Leberwerte, die Patienten klagen über abdominelle Schmerzen. Eine Infektion während der Schwangerschaft kann zu Frühgeburten führen.
Bei Männern verläuft die Infektion meist symptomatisch. Es kann zu einer Urethritis und als Komplikation bei aufsteigender Infektion zu einer Prostatitis und einer Epididymitis kommen. Eine Proktitis tritt vor allem bei MSM auf. Bei Befall des Oropharynx kann die Primärinfektion mit einer Pharyngitis einhergehen
Bei ca. 1 % der akut Infizierten kommt es nach einer Latenzphase zum klinischen Bild einer reaktiven Arthritis. Die Arthritis ist meist selbstlimitierend und betrifft die kleineren Gelenke. Es kommt zu keiner Gelenkdestruktion. Die Arthritis kann im Symptomkomplex mit Urethritis und Konjunktivitis als sogenannte Reiter Trias auftreten.
Bei einer perinatalen Übertragung kann beim Neugeborenen eine Konjunktivitis oder eine interstitielle Pneumonie hervorrufen werden. Besonders gefährdet sind Frühgeborene.
Das Serovar L1–L3 kann sich als Lymphgranuloma venerum (LGV), das heißt als ein Genitalulkus oder als anorektales Syndrom manifestieren. Das LGV tritt meist solitär auf, ist nicht schmerzhaft und führt zu einer lokalen Lymphknotenschwellung. Differenzialdiagnostisch kommt eine maligne Lymphknotenschwellung in Betracht und sollte ausgeschlossen werden. Das LGV kommt weltweit vor, in Deutschland tritt es allerdings sporadisch auf. Seit 2004 ist allerdings eine Häufung unter MSM insbesondere in Großstädten zu verzeichnen, über 50 % der LGV traten bei HIV-positiven Männern auf (von Krosigk et al. 2004).

Diagnostik

Der Erregernachweis erfolgt durch einen Nukleinsäureamplifikationstest (NAAT) aus einem urethralem, analem oder konjunktivalem Abstrich oder aus dem Erststrahlurin. Bei rezidivierenden Infektionen wird der NAAT auch zur Therapiekontrolle eingesetzt. Die Chlamydien- Serologie ist nicht zur Akutdiagnostik geeignet, zeigt jedoch spezielle Antikörper- Bandenmuster bei Frauen mit Komplikationen.

Therapie

Für die Therapie sind die geeigneten Antibiotika vor allem Doxycyclin, Makrolidantibiotika und Chinolone. Aufgrund der hohe Übertragungswahrscheinlichkeit und der Häufigkeit von Reinfektionen sollte immer eine Mitbehandlung der Sexualpartner erfolgen. Eine Therapiekontrolle sollte frühestens 8 Wochen nach der Therapie erfolgen. Eine Übersicht der Therapie ist in der Tab. 1 dargestellt.
Tab. 1
Übersicht der C. trachomatis Therapie
Infektion
Klinische Manifestation
Standardtherapie
Alternativtherapie
C. trachomatis
Serovar D-K
Nicht-Schwangere
Pharyngitis, Zervizitis, Urethritis
Doxycyclin 100 mg: 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 7 Tage
Azithromycin 1,5 g: 1-0-0 (p.o.)
Therapiedauer: 1 Tag
C. trachomatis
Serovar D-K
Nicht-Schwangere
PID, leichte Form
Ceftriaxon 1 g 1-0-0
(i.v. oder i.m.)
Therapiedauer: 1 Tag
plus
Doxycyclin 100 mg 1-0-1
(p.o.)
Therapiedauer: 14 Tage
Moxifloxacin 400 mg 1-0-0
(p.o.)
Therapiedauer: 14 Tage
C. trachomatis
Serovar D-K
Nicht-Schwangere
PID, schwere Form
Ceftriaxon 2 g: 1-0-0
(i.v.)
Therapiedauer: 7–14 Tage
plus
Doxycyclin 100 mg 1-0-1
(p.o.)
Therapiedauer: 14 Tage
plus
Metronidazol 500 mg 1-0-1
(p.o. oder i.v.)
Therapiedauer: 7–14 Tage
Piperacillin/Tazobactam
4,0 g/0,5 g alle 8 h i.v.
Therapiedauer: 7–14 Tage
plus
Doxycyclin 100 mg 1-0-1
(p.o.)
Therapiedauer: 14 Tage
C. trachomatis
Serovar D-K
Schwangere/ Stillzeit
Pharyngitis, Zervizitis, Urethritis
Azithromycin 1,5 g: 1-0-0
(p.o.)
Therapiedauer: 1 Tag
Erythromycin 500 mg 1-1-1-1
(p.o.)
Therapiedauer 7 Tage
Erythromycin 500 mg 1-0-1-0
(p.o.)
Therapiedauer 14 Tage
C. trachomatis
Serovar D-K
Kinder
Pharyngitis, Zervizitis, Urethritis
< 45 kg:
Erythromycin 10 mg/kg KG: 1-1-1-1 (p.o.)
Therapiedauer: 14 Tage
> 45 kg:
Azithromycin 1,5 g: 1-0-0
(p.o.)
Therapiedauer: 1 Tag
 
C. trachomatis
Serovar L1-L3
Lymphgranuloma vernerum oder Proktitis
Doxycyclin 100 mg 1-0-1
(p.o.)
Therapiedauer: 21 Tage
Azithromycin 1,5 g: 1-0-0 (p.o.)
Therapie: an Tag 1, Tag 8 und Tag 15
Erythromycin 500 mg 1-1-1-1
(p.o.)
Therapiedauer: 21 Tage

Prävention

Ein Screening wird für Frauen unter 25 Jahren und für Schwangere angeboten. Eine Expositionsprophylaxe ist durch Latexkondome möglich. Bei Neugeborenen von Müttern mit positivem Screening erfolgt eine prophylaktische lokal konjunktivale Therapie mit Erythromycin und Tertrazyklinsalbe. Eine prophylaktische systemische Therapie der Neugeborenen wird nicht empfohlen.

Neisseria gonorrhoeae

Neisseria gonorrhoae (N. gonorrhoae) gehört zu den gramnegativen Diplokokken und kann die Erkrankung Gonorrhö (Tripper) verursachen. Der Mensch ist der einzig bekannte Wirt. Die Bakterien sind sehr empfindlich gegenüber Umwelteinflüssen.

Epidemiologie

Infektionen mit N. gonorrhoeae sind die zweithäufigste STI, die weltweite Prävalenz wird von der WHO auf 106 Millionen Infektionen geschätzt. Aufgrund der fehlenden Meldepflichtig ist die exakte Inzidenz in Deutschland unbekannt. Bis zum Jahre 2000 wurden jährlich ungefähr 4000 Fälle in Deutschland gemeldet. Die höchste Infektionsrate liegt bei jungen Erwachsenen (Robert Koch-Institut Epidemiologisches Bulletin 2013 Nr. 46).

Pathophysiologie/Übertragung

Die Übertragung erfolgt durch direkten Schleimhautkontakt während des Geschlechtsverkehrs oder im Rahmen des Geburtsvorganges.

Klinik

Ähnlich wie bei C. trachomatis ist die Klinik geschlechterspezifisch unterschiedlich.
Beim Mann kommt es häufig zu einer Dysurie mit eitrigem Ausfluss. Die Infektion kann aszendieren und zu einer Epididymitis, Prostatitis und zu einer Entzündung der Vesicula seminalis führen. Als Komplikationen können eine Harnröhrenstriktur und Sterilität in Folge der Epididymitis auftreten. Eine Sterilität tritt insbesondere bei rezidivierenden Infektionen auf.
Bei Frauen verläuft die Infektion bei 70 % der Infizierten klinisch inapparent. Bei symptomatischen Infektionen tritt vaginaler Ausfluss, eine Dysurie auf und es kann zu Entzündungen der Bartholin-Drüse kommen. In der Schwangerschaft besteht die Gefahr der Frühgeburtlichkeit. Bei Neugeborenen kann sich eine Infektion als Konjunktivitis oder Pharyngitis manifestieren.
Aufsteigende Infektionen können bei beiden Geschlechtern zu chronischen Entzündungen des kleinen Beckens führen, diese birgt insbesondere bei Frauen die Gefahr der Sterilität.
Extragenitale Manifestationsorte können der Enddarm, der Pharynx und die Konjunktiven sein. Eine Proktitis tritt dabei hauptsächlich bei MSM auf und erhöht das Risiko einer HIV Infektion. Eine disseminierte Infektion tritt bei etwa 0,5 bis 3 % der Infizierten auf. Symptome sind eine Polyarthritis, Polysynovitis und eine Dermatitis. In den seltensten Fällen ist eine Manifestation als Endokarditis, Meningitis oder Osteomyelitis beschrieben.

Diagnostik

Der Erregernachweis erfolgt mittels Mikroskopie und NAAT von urethralen oder vaginalem Abstrichmaterial. Für eine kulturelle Anzucht und Resistenzbestimmung sollten spezifische Entnahmesets verwendet werden und ein zügiger Transport erfolgen.

Therapie

Ein Problem stellt die zunehmende Resistenzentwicklungen dar. Nach den Daten des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) ist neben der Resistenz gegenüber Penicillinen eine zunehmende Resistenz gegenüber Fluorchinolen zu verzeichnen. Um eine Resistenzentwicklung gegenüber Cephalosporinen zu verhindern wird aktuell eine Kombinationstherapie mit Azithromycin empfohlen. Die Übersicht der Therapie ist in Tab. 2 dargestellt. Eine Therapiekontrolle wird generell empfohlen, diese sollte 2 Wochen nach Therapieende erfolgen. Bei Therapieversagen sollte vor erneuter Therapie in jedem Fall eine Kultur mit Resistenzbestimmung erfolgen.
Tab. 2
Übersicht der N. gonorrhoae Therapie
Klinische Manifestation
Standardtherapie
Alternativtherapie
Urethra, Zervix, Rektum
Ceftriaxon 1 g: 1-0-0, (i.m./i.v.)
Therapiedauer: 1 Tag
oder
Cefixim 800 mg: 1-0-0 (p.o.)
Therapiedauer: 1 Tag
plus
Azithromycin 1.5 g: 1-0-0 (p.o.)
Therapiedauer: 1 Tag
Bei nachgewiesener Empfindlichkeit (Therapiedauer jeweils 1 Tag)
Cefixim 400 mg: 1-0-0 (p.o.)
oder
Ciprofloxacin 500 mg: 1-0-0 (p.o.)
oder
Ofloxacin 400 mg: 1-0-0 (p.o.)
oder
Azithromycin 1,5 g: 1-0-0 (p.o.)
Epididymitis,
Orchitis
Ceftriaxon 1 g: 1-0-0, (i.m./i.v.)
Therapiedauer: 1 Tag
plus
Azithromycin 1.5 g: 1-0-0 (p.o.)
Therapiedauer: 1 Tag
plus
Doxycyclin 100 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 10–14 Tage
Bei nachgewiesener Empfindlichkeit
Ciprofloxacin 500 mg: 1-0-0 (p.o.)
Therapiedauer: 1 Tag
plus
Azithromycin 1.5 g: 1-0-0 (p.o.)
Therapiedauer: 1 Tag
plus
Doxycyclin 100 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 10–14 Tage
PID
Ceftriaxon 1 g: 1-0-0, (i.m./i.v.), Therapiedauer: 1 Tag
plus
Azithromycin 1.5 g: 1-0-0 (p.o.), Therapiedauer: 1 Tag
gefolgt von
Levofloxacin 500 mg: 1-0-1 (p.o.), Therapiedauer 10–14 Tage
plus
Metronidazol 400 mg: 1-1-1 (p.o.), Therapiedauer 10–14 Tage
Disseminierte Infektion
Ceftriaxon 1 g: 1-0-0, (i.v.), Therapiedauer: 7 Tage,
Oralisierung nach Antibiogramm nach klinischer Besserung: bei nachgewiesener Empfindlichkeit:
Cefixim 400 mg: 1-0-1 (p.o.), Therapiedauer: 7 Tage
oder
Ciprofloxacin 500 mg: 1-0-1 (p.o.), Therapiedauer: 7 Tage
oder
Levofloxacin 500 mg: 1-0-1 (p.o.), Therapiedauer: 7 Tage

Prävention

Generelle Screeningmaßnahmen wie bei Chlamydien sind bisher nicht vorgesehen. Für MSM und Personen mit häufig wechselnden Sexualpartnern wird allerdings von Fachorganisationen ein Screening empfohlen. Beim Nachweis einer N. gonorrhoae Infektion sollte ein umfassendes Screening auf andere STIs erfolgen. Besonders häufig wird eine Koinfektion mit C. trachomatis gefunden.
Bei einer N. gonorrhoae Infektion der Mutter wird bei Neugeborenen eine Prophylaxe mit Erythromycin oder Tetrazyklin Augensalbe empfohlen.

Treponema pallidum

Der Erreger der Syphilis ist das zu den Spirochäten zählende Treponema pallidum. Der Mensch ist der einzige Wirt.

Epidemiologie

Die WHO geht von einer weltweiten Prävalenz von etwa 18 Millionen infizierten Personen aus.
In Deutschland ist ein Infektionsnachweis nichtnamentlich meldepflichtig. Nach den Daten des RKI wurden im Jahr 2017 7467 Fälle gemeldet (RKI Epidemiologisches Bulletin 46/2018). Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Anstieg um 4,2 %. Der Anstieg der Infektionen bei Männern fällt in diesem Jahr geringer aus, als bei Frauen. Allgemein ist seit 2010 ein Anstieg der Neuinfektionen zu verzeichnen. Der Anteil an betroffenen Männern ist um das 14-fache höher (17,3 pro 100.000 Einwohner), als bei Frauen (1,2 pro 100.000 Einwohner). Die höchste Inzidenz besteht bei Männern zwischen dem 30 und 39. Lebensjahr. 83,5 % der Neuinfektionen 2017 traten bei MSM auf.

Übertragung

Die Übertragung erfolgt durch direkten Schleimhautkontakt während des Geschlechtsverkehrs oder diaplazentar. Neben Geschlechtsverkehr ist bei Läsionen eine Übertragung über oralen Kontakt möglich. Eine Infektion über Bluttransfusionen oder kontaminierte Injektionsnadeln ist selten.

Klinik

Die Erkrankung kann unbehandelt drei Stadien durchlaufen.
Primärstadium: An der Eintrittsstelle des Erregers kommt es nach einer Inkubationszeit von 3–90 Tagen zu der Entwicklung eines typischerweise schmerzlosen Ulcus, dem sogenannten Ulcus durum. Die Läsionen treten häufig genital auf, können aber je nach Infektionsweg auch extragenital das heißt oral oder anorektal auftreten. Die Läsionen sind hochansteckend. Zusätzlich kommt es zu einer regionalen Lymphknotenschwellung. Auch ohne Therapie heilen die Läsionen meist in 3–6 Wochen ab.
Sekundärstadium: Nach einer Inkubationszeit von 2–12 Wochen kann es nach einer hämatogenen Verbreitung der Erreger zu einer Infektion unterschiedlicher Organe kommen. Dies tritt bei etwa 25 % der Patienten auf. Klinisch können unspezifische Allgemeinsymptome wie Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber und Abgeschlagenheit auftreten. Typischerweise kann es zur Hautmanifestation dem Roseola syphilitica, einem stammbetonten fein-makulösen nicht juckenden Exanthem, kommen. Zusätzlich kann ein plantares und palmares Exanthem auftreten, eine Beteiligung der Kopf- und Mundschleimhaut ist ebenfalls beschrieben. Des Weiteren kann eine ödematöse Tonsillitis, die Angina specifica auftreten. Eine lang anhaltende generalisierte Lymphadenopathie tritt häufig begleitend auf. In einigen Fällen, insbesondere bei Immunsuppression, kommt es zu einer Meningitis. Zusätzlich kann es zu einer Hepatitis, Serositis, Osteitis oder gastrointestinalen Ulzerationen kommen. Eine renale Beteiligung ist ebenfalls möglich.
Tertiärstadium: Das Tertiärstadium kann zeitlich sehr variabel nach der Erstinfektion auftreten. Die Inkubationszeit beträgt bis zu 30 Jahren. Typischerweise kommt es als Zeichen einer chronischen Entzündungsreaktion zu der Ausbildung von Granulomen in unterschiedlichen Organen. Das Erscheinungsbild kann sich sehr unterschiedlich manifestieren. Als Hautmanifestation können Syphilome in Form von braunroten Knötchen auftreten. Bei 10 % der unbehandelten Patienten kann es zu einer Aortitis und der Entwicklung eines Aneurysma dissecans sowie zur Aortensklerose kommen. Typischerweise führt die unbehandelte Infektion zu einer Beteiligung des zentralen Nervensystems, der sogenannten Neurosyphilis (siehe Infektionen des zentralen Nervensystems). Diese kann asymptomatisch oder als aseptische Meningitis verlaufen. Des Weiteren kann es zu einer Enzephalitis kommen. Eine zerebrale Infektion kann sich ebenfalls als Dementia paralytica im Sinne einer Demenz, eines hirnorganischen Psychosyndroms, begleitet von Halluzinationen, Sprachstörungen manifestieren. Es kann zu einer irreversiblen Degeneration der Hinterstränge des Rückenmarks kommen, der Tabes dorsalis. Klinisch äußert sich diese Manifestation mit einer Blasenentleerungsstörung, Gangataxie, Schmerzen, Impotenz, Sensibilitätsstörungen, Areflexie sowie Störungen des Temperatur- und Vibrationsempfindens. Das Auftreten von zerebralen chronischen Entzündungsherden kann je nach betroffenen Arealen zu fokal neurologischen Ausfällen führen.
Neben der symptomatischen Syphilis ist eine latente asymptomatische Infektion möglich.
Bei Neugeborenen kann sich die Infektion als Lues connata manifestieren. Die Infektion ist in 50–70 % der Fälle klinisch inapparent. Eine klinische Manifestation kann sich im Verlauf entwickeln und mit unspezifischen Symptomen wie Hepatosplenomegalie, Hauteffloreszenzen, Ikterus, Hydrops, generalisierter Lymphknotenschwellung und einer Trinkschwäche einhergehen. Eine Spätmanifestation der Lues connata kann sich ab dem 2. Lebensjahr an unterschiedlichen Organen zeigen. Zumeist sind das ZNS, die Augen, die Ohren, die Zähne, die Knochen, die Haut- und die Schleimhäute beteiligt.

Diagnostik

Der direkte Erregernachweis kann durch dunkelfeldmikroskopische Untersuchung oder einer PCR aus Sekret des Primäraffektes gelingen, dies sind keine Routineverfahren. Typischerweise wird die Diagnostik über einen mehrstufigen indirekten Erregernachweis durchgeführt. Der Treponema pallidum-Partikelagglutinationstest (TPPA-Test) dient dabei zunächst als Suchtest. Ab einem Titer von 1:80 gilt der Test als positiv. Antikörper werden in der Regel 2–3 Wochen nach der Infektion detektiert. Im Folgenden kann der Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorptionstest (FTA-Abs-Test) als indirekter Immunfluoreszenztest mit einer Differenzierung von IgM und IgG Antikörpern als Bestätigungstest für den TPPA-Test eingesetzt werden. Zum Aktivitätsnachweis dient der Veneral-Disease-Research-Laboratory-Test. Dieser detektiert ein Antigen (Cardiolipin), das Bestandteil der mitochondrialen Membran ist und unspezifisch auf einen gewebedestruierenden Prozess hinweist. Der Titer dient als wichtiger Marker für die Entzündungsaktivität der Infektion und kann als Indikation für einen Behandlungsstart und als Verlaufskontrolle der Therapie dienen. Der IgM-Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorptionstest kann zusätzlich spezifisch IgM Antikörper nachweisen und gibt bei einem positiven Befund einen Hinweis für eine frisch zurückliegende Infektion. Bei HIV-positiven Patienten oder auch gerade erfolgter Therapie kann der Nachweis noch längere Zeit positiv bleiben. Besteht der Verdacht auf eine Neurolues sollte eine Lumbalpunktion zum Nachweis der intrathekalen Antikörperproduktion und eines entzündlichen Liquor Syndroms erfolgen.

Therapie

Die Therapie ist abhängig vom Stadium der Infektion. Im Primärstadium erfolgt die Therapie mit
Benzathin-Benzylpenicillin i.m. Als Alternative bei Penicillinallergie kann Doxycyclin oder Ceftriaxon verwendet werden. Eine Neurolues sollte intravenös mit Penicillin oder Ceftriaxon behandelt werden. Die Therapie ist in der Tab. 3 dargestellt.
Tab. 3
Übersicht der Therapie der Syphilis
Klinische Manifestation
Standardtherapie
Alternativtherapie
Frühsyphilis
Benzathin-Benzylpenicillin 2,4 Mio. I.E. 1-0-0 (i.m.)
Therapiedauer: 1 Tag
Bei Penicillinallergie:
Doxycyclin 100 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 14 Tage
KI: Schwangeren, Stillzeit und Kinder
Ceftriaxon 2 g: 1-0-0, (i.v.)
Therapiedauer: 10 Tag
Bei Penicillinanllergie:
Erythromycin 500 mg: 1-1-1-1 (p.o.)
Therapiedauer: 14 Tage
Spätsyphilis
Benzathin-Benzylpenicillin 2,4 Mio. I.E. 1-0-0 (i.m.)
Therapie: an Tag 1, 8 und 15
Bei Penicillinallergie:
Doxycyclin 100 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 28 Tage
KI: Schwangeren, Stillzeit und Kinder
Ceftriaxon 2 g: 1-0-0, (i.v.)
Therapiedauer: 14 Tag
Bei Penicillinanllergie:
Erythromycin 500 mg: 1-1-1-1 (p.o.)
Therapiedauer: 28 Tage
Neurosyphilis
Penicillin G 6 Million I.E.1-1-1-1 (i.v.)
Therapiedauer: 10–14 Tage
Ceftriaxon 2 g: 1-0-0, (i.v.), initial 4 g
Therapiedauer: 14 Tag
oder:
Doxycyclin 100 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 28 Tage
Lues connata
Penicillin G 200.000–250.000 IE/kgKG/d
1. Lebenswoche in 2 Einzeldosen
2.-4. Lebenswoche in 3 Einzeldosen
5. Lebenswoche in 4 Einzeldosen
Therapiedauer: 14 Tage
Therapieunterbrechungen > 24 h ➔ Wiederholung der kompletten Therapie
Eine Besonderheit stellt die Lues connata dar, hier sollte die Therapie, ab einem positiven IgM Test im kindlichen Blut oder einem Cardiolipin-Antikörper-Titer des Kindes der 4-fach höher als der mütterliche Wert ist, erfolgen.
Eine Komplikation der Therapie ist die unmittelbar nach Beginn auftretende Jarisch-Herzheimer-Reaktion. Diese tritt meist innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Therapiestart auf, verläuft akut und meist selbstlimitierend. Klinisch präsentiert sich der Patient mit Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Exanthemen und Fieber. Es können Vigilanz Änderungen, Schlaganfälle sowie Nieren- und Leberfunktionsstörungen auftreten. Die Reaktion wird durch eine überschießende inflammatorische Reaktion auf die Erregertoxine hervorgerufen. Bei schweren Verläufen sollten nicht steroidale Antiphlogistika und Steroide gegeben werden.

Prävention

Die Verwendung von Latexkondomen schützt effektiv vor einer Syphilis Infektion. Insbesondere die Primärläsion ist hochkontagiös. Eine orale Übertragung ist durch Kontaktvermeidung mit der Läsion herzustellen. Eine Kontrolle des Therapieerfolges sollte ebenfalls durchgeführt werden. Eine Mitbehandlung des Sexualpartners sollte bei Symptomen und einer positivem Erregernachweis nach den beschriebenen Kriterien erfolgen. Ein Screening auf Syphilis sollte durchgeführt werden bei Personen mit einem Partner, der mit Syphilis infiziert war oder ist, bei MSM, bei HIV infizierte Personen, Schwangeren, Personen mit nach einem Risikokontakt, Prostituierte oder symptomatische Personen. Bei Kontakt zu erregerhaltigen Sekreten kann eine Postexpositionsprophylaxe mit Benzathin-Penicillin erwogen werden.
Die beste Prophylaxe der Lues connata ist das rechtzeitige Erkennen und die adäquate Therapie der Schwangeren.

Mycoplasmen und Ureaplasmen

Mykoplasmen und Ureaplasmen sind fakultativ intrazelluläre Bakterien. Sie sind sehr empfindlich gegenüber Umwelteinflüssen. Sie spielen eine Rolle bei Infektionen in unterschiedlichen Organsystemen und sollten nach Ausschluss der anderen STIs differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden. Die Erreger Mycoplasma hominis und Ureaplasma urealyticum können zu Infektionen im Genitalbereich führen.

Übertragung

Die Übertragung erfolgt durch sexuellen Kontakt oder durch Schmierinfektion.

Klinik

Bei der Frau kann die Infektion zu einer Salpingitis oder Zervizitis führen. Beim Mann werden eine Urethritis und eine Prostatitis hervorgerufen. Bei beiden Geschlechtern kann es in seltenen Fällen zu einer Pyelonephritis kommen.

Diagnostik

Ein direkter kultureller Erregernachweis aus einem Urethralabstrich oder dem Erststrahlurin ist möglich. Ein generelles Screening wird nicht empfohlen.

Therapie

Die Erstlinien Therapie für Ureaplasmen sind Doxycyclin oder Chinolone. Mycoplasmen sind primär resistent gegenüber Makroliden. Eine Therapiekontrolle sollte nach 4–6 Wochen erfolgen (Tab. 4).
Tab. 4
Übersicht der Therapie von Ureaplasma urealytycum und Mycoplasma hominis
Infektion
Standardtherapie
Alternativtherapie
Ureaplasma urealyticum
Doxycyclin 100 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 7 Tage
Clarithromycin 500 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 7 Tage
oder:
Azithromycin 1,5 g: 1-0-0 (p.o.), Therapiedauer: 1 Tag
Mycoplasma hominis
Azithromycin 500 mg 1-0-0 (p.o.)
Therapiedauer: 2–5 Tage
Moxifloxacin 400 mg 1-0-0 (p.o.)
Therapiedauer 7–10 Tage

Haemophilus ducreyi

Haemophilus ducreyi gehört zu den gramnegativen Bakterien. Eine Infektion ist in Deutschland relativ selten und in tropischen Ländern verbreitet. Die Erkrankung ist in Deutschland meldepflichtig.

Übertragung

Die Übertragung erfolgt sexuell bei bestehenden Läsionen.

Klinik

Nach einer Inkubationszeit von 2–5 Tagen kommt es zu der Ausbildung von Genitalulzerationen, dem sogenannten Ulcus molle. Im Gegensatz zum Ulcus durum, ist das Ulcus molle sehr schmerzhaft. Die Ulzerationen können multipel auftreten und gehen mit einer meist schmerzhaften lokalen Lymphadenopathie einher.

Diagnostik

Der Erregernachweis kann über einen mikroskopischen und kulturellen Direktnachweis erfolgen.

Therapie

Die Standardtherapie ist die einmalige Gabe von Azithromycin. Alternativ kann unter anderem Ceftriaxon verwendet werden (siehe Tab. 5). Eine Mitbehandlung des Sexualpartners ist erforderlich.
Tab. 5
Therapie von Haemophilus ducreyi
Infektion
Standardtherapie
Alternativtherapie
Haemophilus ducreyi
Azithromycin 1,5 g: 1-0-0 (p.o.), Therapiedauer: 1 Tag
Ceftriaxon 250 mg 1-0-0 (i.m).
Therapiedauer: 1 Tag
oder
Ciprofloxacin 500 mg 1-0-1. (p.o.)
Therapiedauer: 3 Tage
oder
Erythromycin 500 mg 1-1-1 (p.o.)
Therapiedauer: 7 Tage

Klebsiella granulomatis

Klebsiella granulomatis gehört zu den gramnegativen Stäbchen Bakterien. Eine Infektion ist in Deutschland relativ selten. Wie bei Haemophilus ducreyi ist die Infektion in tropischen Ländern häufiger.
Die Übertragung erfolgt bei offenen Läsionen während des Geschlechtsverkehrs. Die Infektion führt zu nicht schmerzhaften Ulzerationen im genito-anal Bereich, dem Granuloma inguinale. Eine Lymphknotenschwellung ist eher untypisch.
Die Diagnose erfolgt durch einen direkten Erregernachweis mittels Mikroskopie oder Erregeranzucht auf Spezialnährböden.
Die Therapieoptionen werden in Tab. 6 dargestellt. Reaktivierungen sind häufig. Eine Mitbehandlung des Sexualpartners ist notwendig.
Tab. 6
Therapie einer Klebsiella granulomatis Infektion
Infektion
Standardtherapie
Alternativtherapie
Klebsiella granulomatis
Cotrimoxazol 960 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 21 Tage
Doxycyclin 100 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 21 Tage
oder
Azithromycin 1 g: 1-0-0 (p.o.)
Tag: 1, 8 und 15
oder
Ciprofloxacin 500 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 21 Tage

Hepatitis

Infektionen mit Hepatitis- Viren zählen ebenfalls zu den sexuell übertragbaren Infektionen. Dabei spielt der Infektionsweg insbesondere bei einer Hepatitis B Infektion, aber auch bei Hepatitis C und D eine Rolle. Virale Hepatitiden werden in den Kapiteln Hepatitis B, C und D sowie in dem Kapitel Einführung in die Hepatologie behandelt.

Humane Immundefizienz Viren

Humanes Papillomavirus

Herpes simplex Virus 1 und 2

Herpes simplex Virus-1 und 2 (HSV-1 und HSV-2) gehört zu der Familie der Herpesviren und sind DNA Viren mit einer Hülle. Während bei HSV-1 die Durchseuchungsrate sehr hoch ist (> 90 %) ist die Prävalenz von HSV-2 niedriger (ungefähr 20 %).

Pathophysiologie/Übertragung

Die Übertragung erfolgt über direkten Schleimhautkontakt während des Geschlechtsverkehrs oder während der Geburt. Nach einer Primärinfektion wird das Virus einige Wochen über Stuhl und Genitalsekret ausgeschieden. Nach Primärinfektion verbleiben die Viren in den Lumbosakralganglien in einem Latenzstadium. Die Infektion kann durch unterschiedliche Reize reaktivieren. Zu den auslösenden Faktoren zählen unter anderen ein supprimierten Immunsystem, Stresssituationen, die Menstruation oder auch mechanischer Reizungen.

Klinik

Herpes genitalis wird hauptsächlich durch HSV-2 in seltenen Fällen durch HSV-1 ausgelöst.
Typischerweise kommt es zur Ausbildung von uniformen gruppierten Bläschen, die im Verlauf verkrusten. Die Primärinfektion kann mit einer regionalen Lymphadenopathie und Fieber einhergehen oder komplett symptomlos verlaufen. Bis zur kompletten Abheilung dauert es ungefähr 2–3 Wochen. Zusätzlich treten Schmerzen, Spannungsgefühl und ein Pruritus auf. Eine regionale Lymphknotenschwellung ist möglich. Ein akuter Herpes genitalis begünstigt die Infektion von anderen STI, insbesondere HIV.
Insbesondere bei immunsupprimierten Patienten kann es zu einer Urethritis, Vulvovaginitis und Proktitis kommen. Die Infektion kann in seltenen Fällen eine Meningitis oder Enzephalitis auslösen. Generalisierte Infektionen bei ausgeprägter Immunsuppression gehen mit einer hohen Letalität einher. Bei einer perinatalen Infektion besteht die Gefahr einer Herpesenzephalitis und einer Keratoconjunctivitis herpetica.

Diagnostik

Der Direktnachweis kann mittels PCR erfolgen und ist insbesondere bei immunsupprimierten Patienten und generalisierten Infektionen sinnvoll. Ein serologischer Nachweis zur Detektion der IgM und IgG Antikörper ist zur Differenzierung zwischen Primärinfektion und Reaktivierung möglich, spielt in der Akutdiagnostik aber eine untergeordnete Rolle. Bei Verdacht auf eine Enzephalitis sollte eine Lumbalpunktion zum Nachweis einer intrathekalen Antikörpersynthese, eines direkten Erregernachweises und eines entzündlichen Liquorsyndroms erfolgen.

Therapie

Therapie der ersten Wahl ist Aciclovir. Diese kann lokal oder bei ausgeprägten Schleimhautinfektionen oral erfolgen. Bei Immunsuppression oder Enzephalitis ist eine intravenöse Therapie erforderlich.
Bei Immunkompetenten sind Resistenzentwicklungen sehr selten, bei Immunsupprimierten mit wiederholter antiviraler Therapie liegt die Prävalenz einer Resistenz bei 4 bis 7 %. Bei Patienten mit allogener Stammzelltransplantation werden die höchsten Resistenzraten von 25–30 % beschrieben. Die häufigste Resistenz liegt gegen Aciclovir vor (Tab. 7).
Tab. 7
Therapie eines Herpes genitalis
Klinische Manifestation
Standardtherapie
Alternativtherapie
Primärinfektion
Aciclovir 400 mg 1-1-1 (p.o.)
Therapiedauer: 7–10 Tage
Famiclovir 250 mg 1-1-1 (p.o.)
Therapiedauer: 7–10 Tage
Reaktivierung
Aciclovir 800 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 5 Tage
plus
Lokal mit Aciclovir oder Foscarnet-Natrium
Famciclovir 125 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 5 Tage
oder
Valaciclovir: 500 mg 1-0-1
Therapiedauer: 3 Tage
Immunsuppression
2–3 fach höhere Dosierung, i.v., längere Therapiedauer.

Prävention

Eine Prävention mit der Verwendung von Kondomen bei bestehenden Läsionen oder sexuelle Karenz während der akuten Herpes Infektion ist möglich. Ein generelles Screening wird nicht empfohlen.

Phthirus pubis

Die Phthirus pubis auch genannt Filzläuse gehören zu den Anoplura. Sie sind 1,5–2 mm groß und besitzen stechend-saugende Mundwerkzeuge. Sie legen ihre Eier, die Nissen, in der Körperbehaarung bevorzugt im Genitalbereich ab, selten ist ein Wimpernbefall möglich. Eine weibliche Filzlaus lebt ungefähr 3 bis 4 Wochen und legt 3 Nissen pro Tag ab.

Übertragung

Die Infektion erfolgt durch engen körperlichen Kontakt. Eine Übertragung über Kleidung, Bettwäsche und Handtücher ist möglich, da die Filzlaus bis zu 24 h ohne Wirt überleben kann.

Klinik

Juckreiz und Exkoriationen in der befallenen Körperregion. Der Juckreiz ist insbesondere nachts stark ausgeprägt.

Diagnostik

Direktnachweis der Filzläuse durch eine Lupe.

Therapie

Permethrin oder Allethrinbehandlung. Gleichzeitige Behandlung aller Kontaktpersonen.

Prävention

Vermeidung des Intimkontaktes bis zur erfolgreichen Behandlung. Entfernung der Körperbehaarung. Waschen der Wäsche bei Temperaturen von 60 °C.

Trichomonas vaginalis

Der Erreger gehört zu den Protozoen. Eine Übertragung erfolgt durch direkten Schleimhautkontakt. Die Übertragung erfolgt über die Zystenform. Die Erkrankung ist nicht meldepflichtig. Die WHO geht von einer weltweiten Prävalenz von 250 Millionen infizierten Personen pro Jahr aus. Damit gehört die Infektion zu den häufigsten Erregern unter den STIs.
Beim Mann ist die Infektion meist asymptomatisch, eine Urethritis oder Prostatitis ist möglich. Bei der Frau tritt typischerweise eine Kolpitis mit übel riechendem schaumigem vaginalem Ausfluss auf. Weitere Symptome sind eine Dyspareunie, Dysurie und ein ausgeprägter Pruritus. Bei 70–85 % der infizierten Personen treten keine oder nur minimale Symptome auf.
Diagnostisch ist ein mikroskopischer Direktnachweis aus dem Vaginalsekret oder dem Erststrahlurin möglich, dieses Verfahren wird häufig verwendet, hat allerdings eine Sensitivität von 50 % bis 65 %.
Der Nachweis mittels NAAT ist ebenfalls möglich und hat eine wesentlich höhere Spezifität und Sensitivität (95–100 %).
Die Therapie erfolgt mit Metronidazol. Eine Mitbehandlung des Sexualpartners ist notwendig. Eine Kontrolltestung nach erfolgter Therapie wird empfohlen (Tab. 8).
Tab. 8
Therapie einer Trichomonas vaginalis Infektion
Erreger
Standardtherapie
Alternativtherapie
Trichomonas vaginalis
Metronidazol 2 g 1-0-0 (p.o.)
Therapiedauer: 1Tag
Therapieresistenz:
Metronidazol 4g 1-0-0 (p.o.)
Therapiedauer: 3–5 Tage
Rezidiv:
Metronidazol 500 mg 1-0-1 (p.o.)
Therapiedauer: 7d
Literatur
059/002 – S2k-Leitlinie (2014) Diagnostik und Therapie der Syphilis
059/005 – S2k-Leitlinie (2016) Infektionen mit Chlamydia trachomatis
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Krosigk A von, Meyer T, Jordan S, Graefe K, Plettenberg A, Stoehr A (2004) Dramatic increase in lymphogranuloma venereum among homosexual men in Hamburg. J Dtsch Dermatol Ges 2(8):676–680
Leitlinie (2013) Gonorrhoe bei Erwachsenen und Adoleszenten
Patricia Kissinger (2015) Trichomonas vaginalis: a review of epidemiologic, clinical and treatment issues. BMC Infect Dis 15:307
Robert Koch-Institut Epidemiologisches Bulletin (2013) Nr. 46
Robert Koch-Institut Epidemiologisches Bulletin (2018) Nr. 46
S1-Leitlinie 059/006 (2015) STI/STD – Beratung, Diagnostik und Therapie