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Hauterkrankungen des weiblichen Genitales

Verfasst von: Sigrid Karrer
Die Beurteilung des weiblichen Genitales weist zum Teil die gleichen Probleme auf, die im Kapitel über die Hauterkrankungen des männlichen Genitales besprochen werden. Häufige Erkrankungen der Haut wie Psoriasis, atopisches Ekzem oder seborrhoisches Ekzem können sich überwiegend oder sogar ausschließlich am Genitale manifestieren. Die Haut im Genitalbereich ist dünner, mechanisch weniger belastbar und empfänglicher für Infektionserreger als die Haut in anderen Regionen. Histologisch zeigt die äußere Genitalhaut eine dünne Epidermis, eine perinukleäre Vakuolisierung der Keratinozyten im Stratum granulosum, zahlreiche Melanozyten und schmale Reteleisten. Bis auf die Innenseite der Labia minora und das Vestibulum vaginae, die von nichtverhornendem Plattenepithel bedeckt sind, ist das äußere Genitale von einem verhornenden Plattenepithel bedeckt. Die Dermis weist ein lockeres und gefäßreiches Bindegewebe auf. Die dünne Epidermis und gute Gefäßversorgung der Genitalhaut führen dabei zu einer verstärkten Permeation und Resorption von extern aufgebrachten Substanzen, wie beispielsweise Glukokortikoiden.

Einführung

Die Beurteilung des weiblichen Genitales weist zum Teil die gleichen Probleme auf, die im Kapitel über die Erkrankungen des männlichen Genitales besprochen werden (Kap. Hauterkrankungen des männlichen Genitales). Häufige Erkrankungen der Haut wie Psoriasis, atopisches Ekzem oder seborrhoisches Ekzem können sich überwiegend oder sogar ausschließlich am Genitale manifestieren. Die Haut im Genitalbereich ist dünner, mechanisch weniger belastbar und empfänglicher für Infektionserreger als die Haut in anderen Regionen. Histologisch zeigt die äußere Genitalhaut eine dünne Epidermis, eine perinukleäre Vakuolisierung der Keratinozyten im Stratum granulosum, zahlreiche Melanozyten und schmale Reteleisten. Bis auf die Innenseite der Labia minora und das Vestibulum vaginae, die von nichtverhornendem Plattenepithel bedeckt sind, ist das äußere Genitale von einem verhornenden Plattenepithel bedeckt. Die Dermis weist ein lockeres und gefäßreiches Bindegewebe auf. Die dünne Epidermis und gute Gefäßversorgung der Genitalhaut führen dabei zu einer verstärkten Permeation und Resorption von extern aufgebrachten Substanzen, zum Beispiel Glukokortikoiden.
Die Vulva bezeichnet alle sichtbaren äußeren Organe des weiblichen Genitale und besteht aus den Labia majora und minora, dem Mons pubis, der Klitoris, dem Vestibulum vaginae und den Vestibulumdrüsen. Der Mons pubis und die Labia majora stellen die äußere Begrenzung der Vulva dar. An der Außenseite haben die Labia majora die Struktur normaler Haut, allerdings mit reichlich Fettgewebe und einem lockeren Bindegewebe, welches durchsetzt ist von glatten Muskelfasern. Dies erklärt die rasch auftretenden ödematösen Schwellungszustände bei entzündlichen Reaktionen. Anhangsgebilde in Form von Haartalgdrüseneinheiten und ekkrinen Schweißdrüsen finden sich an der Außenseite, während an der Innenseite lediglich freie Talgdrüsen vorkommen. Letztere werden auch an den Labia minora in großer Zahl beobachtet. Sie können die Patientinnen bei genauer Betrachtung veranlassen, einen Arzt aufzusuchen. Apokrine Schweißdrüsen finden sich in sehr dichter Verteilung, besonders am Mons pubis und den großen Schamlippen. Dies erklärt auch das Vorkommen von extramammärem Morbus Paget in diesen Zonen. Die Bartholin-Drüsen (Bartholin 1677) münden rechts und links im unteren Drittel der Innenseiten der kleinen Schamlippen und befeuchten das Vestibulum vaginae. Sie können bei Gonorrhö oder anderen bakteriellen Infektionen wie mit Staphylococcus aureus miterkranken und abszedieren. Die Skene-Drüsen (1880) sind sekretbildende paraurethral gelegene Drüsen, die sich ebenfalls entzünden können. Die Labien enthalten zudem modifizierte, brustdrüsenähnliche apokrine Drüsen (van der Putte-Drüsen), aus denen sich gutartige Tumoren und selten Karzinome entwickeln können (Kap. Tumoren der Hautadnexe). Die Vaginalschleimhaut ist von einem mehrschichtigen, unverhornten Plattenepithel bedeckt, ist drüsenlos und hat einen sauren pH-Wert (3,8–4,4) an ihrer Oberfläche.
Die physiologischen Besonderheiten der Vulva sind dadurch charakterisiert, dass am Introitus vaginae Schleimhäute vorhanden sind, die Sekrete absondern. Der Übergang einer physiologischen Sekretion in den pathologischen Zustand des Fluors ist fließend. In jedem Fall kann es durch Austritt von Sekreten nach außen, durch Scheuern von Kleidungsstücken und Juckreiz rasch zu entzündlichen Veränderungen kommen, die die Charakteristika einer Intertrigo aufweisen.

Physiologische Normvarianten

Heterotope Talgdrüsen

Synonyme
Freie Talgdrüsen, ektopische Talgdrüsen, Fordyce-Drüsen
Ektopische Talgdrüsen, die nicht an Haarfollikel gebunden sind, kommen an den Labia minora und an der Innenseite der Labia majora häufig vor, ebenso wie an den Lippen, der Mundschleimhaut und am männlichen Genitale. Bei Dehnung der Schleimhaut sind sie gut sichtbar als etwa 1 mm große, oft gruppierte, gelbe Papeln. Sie besitzen keinen Krankheitswert und sind das Äquivalent des Fordyce-Zustandes im Mund (Kap. Erkrankungen der Lippen und der Mundhöhle).

Hirsuties papillaris vulvae

Synonyme
Vestibuläre Papillen, Pseudokondylome der Vulva
Ähnlich den Papillae coronae glandis handelt es sich um etwa 1 mm große dermal-epidermale Papillen mit verstärkter Verhornung, die keinen Krankheitswert haben. Sie finden sich distal des Hymenalrings und können einen ein- oder mehrreihigen fimbrienartigen Saum bilden (Abb. 1). Bei weniger ausgeprägtem Befund können sie mit spitzen Kondylomen verwechselt werden. Im Gegensatz zu Kondylomen kommt es nach Auftragen von 5 %iger Essigsäure nicht zur Weißverfärbung.
Therapie
Eine Therapie ist nicht erforderlich.

Vulvovaginitis

Eine Vaginitis ist gekennzeichnet durch vaginalen Ausfluss und häufig auch vaginalen Geruch (Tab. 1). Bei der Vulvovaginitis kommt es zusätzlich zu Juckreiz und Reizung an der Vulva. Die Vulvovaginitis ist meist die Folge einer Vaginitis mit sekundärer Irritation, die verursachenden Faktoren sind somit die gleichen (Tab. 2).
Tab. 1
Diagnostische Leitlinien bei Fluor vaginalis
Krankheit
Fluor
Untersuchungsort
Diagnostische Leitlinien
Farbe
Konsistenz
Physiologisch
Gräulich-weiß
Dickflüssig
 
Normaler pH, geruchlos, nicht-irritierend
Bakterielle Vaginose
Weißlich-klar
Dünnflüssig, wässrig
Vaginalwand
pH > 5,5, fischartiger Geruch, stärker unter Zugabe von KOH
Chlamydia-trachomatis-Infektion
Gelblich-weiß, mukopurulent
Flüssig
Urethra, Zervix, Rektum
Direkter Nachweis von Chlamydia trachomatis, Kultur
Weißlich, magermilch-farben
Dünnflüssig bis flockig
Vaginalwand
Nativpräparat oder Gramfärbung und Kultur, Stuhlkultur
Gelblich, purulent
Flüssig
Urethra, Bartholin-Drüsen, Zervix, Rektum, Blut
Methylenblau oder Gramfärbung, Kultur
Trichomoniase
Weißlich
Dünnflüssig, schaumig
Hinteres Scheidengewölbe, Ektozervix
Nativpräparat im abgeblendeten Hellfeld, Dunkelfeld oder bei Phasenkontrast
Tab. 2
Ursachen für Vulvovaginitis
Kategorie
Erkrankung
Infektionen
Häufig
Bakterielle Vaginose (Gardnerella vaginalis) (in 40–50 %)
Candida albicans (20–25 %)
Trichomonas vaginalis (15–20 %)
Weniger häufig
Escherichia coli (bei Kindern)
Neisseria gonorrhoeae (mit Zervizitis)
Chlamydien (mit Zervizitis, Urethritis)
Gram-negative Erreger
Fusospirillen
Treponema pallidum (Primäraffekt der Syphilis)
Andere Viren
Oxyuren
Mycobacterium tuberculosis
Dermatophyten
Andere Ursachen
Physiologische Ursachen
Vulvaatrophie
Diabetes mellitus (prädisponiert zur Candida-Infektion)
Immundefizienz (prädisponiert zur Candida-Infektion)
Exzessive oder mangelhafte Hygiene
Kontaktallergien
Fremdkörper
Artefakte
Zervikale oder vaginale Tumoren
Zervikale oder vaginale Adenome nach Diethylstilbestrol
Psychosomatisch
Epidemiologie
Die Vulvovaginitis ist außerordentlich häufig bei erwachsenen Frauen und selten bei präpubertären Mädchen. Fast jede Frau erlebt mindestens eine Episode im Verlauf ihres Lebens, für viele ist sie ein chronisches Problem. Sie wird vielfach nicht entsprechend gewertet, da die Übergänge zwischen physiologischer Sekretion und infektiös oder nichtinfektiös bedingter Vaginitis fließend sind.
Ätiopathogenese
Die Primärerkrankung ist meist eine Vaginitis, deren Ursachen sehr unterschiedlich sein können. In westlichen Ländern ist die häufigste Ursache eine bakterielle Vaginitis (40–50 % der Fälle), 20–25 % der Fälle sind auf eine Kandidose zurückzuführen und 15–20 % auf eine Trichomoniasis. An eine Syphilis, Gonorrhoe und Infektion mit Chlamydia trachomatis ist ebenfalls zu denken. Auch Gram-positive (Streptokokken, Staphylokokken), seltener Gram-negative (Escherichia coli) Keime werden im Vaginalsekret bei unspezifischer Vaginitis und Fluor nicht selten nachgewiesen.
Akute Verläufe sind meist infektiöser Ursache, chronische Verläufe weisen auf eine durch chronischen Fluor bedingte Erkrankung hin. Bei schwangeren oder immunsupprimierten Frauen sowie unter einer Antibiotikatherapie spielt vor allem die Kandidose eine größere Rolle. Bei älteren Frauen sind Adipositas und Diabetes mellitus häufige Kofaktoren. Frauen mit atopischer Diathese und Typ-I-Allergien leiden ebenfalls häufiger an einer Vaginalkandidose. Häufigster Erreger ist Candida albicans, in weniger als 10 % der Fälle non-albicans Arten, wie Candida glabrata.
In chronischen oder therapieresistenten Fällen sollte ein zugrunde liegender Tumor des Endometriums, der Zervix oder der Vagina ausgeschlossen werden.
Da zahlreiche topische Externa wie Anästhetika oder Antibiotika zur Behandlung einer Vulvovaginitis eingesetzt werden, können sekundäre allergische Kontakdermatitiden die Ursache für persistierende Beschwerden sein.
Bei präpubertären Mädchen ist die Vagina weniger resistent gegenüber Infektionen, sodass Bakterien wie Neisseria gonorrhoeae eine primäre Vaginitis verursachen können. Zudem können Madenwürmer oder Fremdkörper eine Vaginitis verursachen. Als Ursachen kommen auch mangelnde Genitalhygiene oder irritierende Schaumbäder in Betracht.
Cave: Eine Vaginitis bei jungen Mädchen sollte immer den Verdacht auf Kindesmissbrauch lenken. Weitere Verdachtsmomente sind genitale Warzen, Gonorrhoe, genitaler Herpes simplex und anale Verletzungen.
Klinik
Man findet entzündliche Rötung, manchmal auch Schwellung der vaginalen Schleimhäute mit entsprechender Sekretion. Die Art des Ausflusses – fischartig, schaumig oder käseartig – gibt oft wertvolle Hinweise auf die Genese (Tab. 1). Hinzu kommen eine diffuse entzündliche Rötung und Schwellung der inneren Kontaktflächen der Labia majora, der Labia minora und des Introitus vaginae. Erosionen, eitrige Sekretion und häufig perigenitale Intertrigo mit Juckreiz und Schmerzen bis hin zur Dyspareunie vervollständigen das von Fall zu Fall unterschiedlich stark ausgeprägte Krankheitsbild. Auf mögliche sekundäre Veränderungen, wie HPV- oder Herpes-simplex-Virusinfektionen sollte geachtet werden. Auch am äußeren weiblichen Genitale sind ulzeröse oder gangränöse entzündliche Vorgänge möglich: Vulvitis ulcerosa, Vulvitis gangraenosa, analog der Ulzeration und Gangrän an Glans und präputial beim Mann. Ulzerationen können auf eine schwere Infektion oder aber auf eine Immundefizienz der Patientin hinweisen.
Die bakterielle Vaginose stellt die häufigste Ursache für vaginalen Fluor bei Frauen im gebärfähigen Alter dar. Diese Dysbakteriose der Scheidenflora macht sich durch weißlich-klaren, dünnflüssigen Fluor bemerkbar, der oft übel riechend ist. Entzündungszeichen bestehen nicht. Die Zusammensetzung der Vaginalflora ist bei der bakteriellen Vaginose verändert: Während die Besiedelung mit Laktobazillen vermindert ist, findet sich eine Vermehrung der Gardnerella vaginalis Stämme und Atopobium vaginae. Die Hauptkriterien für die Diagnose einer bakteriellen Vaginose sind
  • ein erhöhter pH-Wert von über 4,5,
  • ein typischer Fischgeruch des Vaginalsekrets, der sich durch Zugabe von 10%iger Kalilauge verstärkt, und
  • der mikroskopische Nachweis von mehr als 20 % Schlüsselzellen im Nativpräparat (mit Bakterien beladene vaginale Epithelzellen).
Bei schwangeren Frauen mit bakterieller Vaginose ist das Risiko einer Frühgeburt um das 2- bis 4-Fache erhöht. Eine antibiotische Therapie in den letzten Wochen der Schwangerschaft kann das Risiko frühzeitiger Wehen vermindern.
An die Möglichkeit einer aszendierenden zervikalen Infektion mit der Folge der Entzündung der Tuben oder Adnexe sollte gedacht werden. Diese wird als aszendierende Adnexitis (pelvic inflammatory disease) bezeichnet. Am häufigsten sind die Erreger Neisseria gonorrhoeae, Chlamydia trachomatis und gemischte aerob-anaerobe Infektionen. Eine nicht erkannte aszendierende Adnexitis kann schwerwiegende Konsequenzen haben, wie Chronifizierung der Erkrankung, chronische Beckenschmerzen, Infertilität oder Eileiterschwangerschaft. Bei entsprechendem Verdacht sollte mit einem Gynäkologen zusammengearbeitet werden.
Bei der Vulvovaginalkandidose berichten die Patientinnen meist über prämenstruellen Juckreiz, Rötung und Brennen des Introitus und der Vagina, Dysurie und Dyspareunie. Der Fluor ist anfangs dünnflüssig bis flockig oder kann fehlen. Bei Befall der Vulva zeigen sich zudem vesikulöse, pustulöse, ekzematöse oder follikuläre Hautveränderungen. Infektionen mit Candida glabrata sind öfter asymptomatisch.
Bei etwa 5–10 % der Frauen mit vaginalem Fluor liegt keine Infektion vor, es handelt sich lediglich um eine ausgeprägte physiologische Sekretion von Schleim und abgeschilfertem vaginalem Epithel. Der Ausfluss ist geruchlos und von dicker, grauweißer Konsistenz. Der vaginale pH-Wert liegt im Normbereich.
Cave: Beachte bei Vulvovaginitis:
  • Immer Ausschluss einer assoziierten Syphilis
  • Möglichkeit einer aszendierenden Adnexitis (pelvic inflammatory disease) bedenken
  • Ist beim Partner eine ähnliche Erkrankung bekannt?
Diagnostisches Vorgehen
Zur Diagnose sollten körperliche Untersuchung, mikroskopische Untersuchung des Vaginalsekrets im Hinblick auf Schlüsselzellen, Hyphen, Bakterien, Pilze oder Entzündungszellen, Messung des pH-Werts, Lues-Serologie, Pilzkultur mit Erregerdifferenzierung, Untersuchung auf Chlamydien und Kultur zum Ausschluss einer Infektion mit Neisseria gonorrhoeae oder anderer bakterieller Infektionen erfolgen. Die Diagnose einer vulvovaginalen Kandidose erfolgt durch Nachweis von Hefepilzen im Nativpräparat aus Vaginalflüssigkeit, bei rezidivierendem oder kompliziertem Verlauf sollte eine Artbestimmung mittels Hefepilzkultur erfolgen.
Epikutantest bei Verdacht auf eine Kontaktallergie
Eine exakte Diagnose sollte unbedingt angestrebt werden, um eine spezifische Therapie zu ermöglichen. Die Anamnese sollte die Frage nach den angewandten Pflegeprodukten oder Intimkosmetika, der sexuellen Aktivität und nach Problemen mit dem Partner beinhalten. Bei der körperlichen Untersuchung sollte auf lokalisierte Läsionen, Fremdkörper oder eine Lymphadenopathie geachtet werden. Auch ein Papanicolaou-Abstrich sollte durchgeführt werden. Gegebenenfalls ist der Partner zu untersuchen.
Therapie
Die zugrunde liegenden Ursachen werden behandelt.
Bakterielle Vaginose
Hier und bei den folgenden Erregern gelten in der Schwangerschaft besondere Empfehlungen.
Topisch
Clindamycin-Vaginalcreme oder Metronidazol-Vaginalzäpfchen oder -Vaginalcreme für 7 Tage.
Systemisch
Metronidazol 500 mg oral 2-mal täglich für 7 Tage oder als orale Einmalbehandlung mit 2 g Metronidazol oder mit 2-mal 2 g im Abstand von 48 h. Alternativ Clindamycin 300 mg 2-mal täglich über 7 Tage. Nach der Therapie mit Clindamycin Wiederaufbau der Keimflora mit einem Lactobacillus-Präparat. Eine routinemäßige Mitbehandlung des Partners wird nicht empfohlen.
Schwangerschaft
Nach dem ersten Trimenon sind Metronidazol 500 mg oral 2-mal täglich für 7 Tage oder Clindamycin 300 mg oral 2-mal täglich über 7 Tage indiziert. Alternativ kommen topische Therapie mit Clindamycin-Vaginalcreme für 7 Tage oder lokale intravaginale Behandlung mit 500–1000 mg Metronidazol über 7 Tage infrage. Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Therapie der bakteriellen Vaginose in der Schwangerschaft zur Prophylaxe einer Frühgeburt bei Hochrisikopatientinnen (Zustand nach Frühgeburt) nur dann effektiv ist, wenn sie systemisch erfolgt.
Chlamydien
Therapie der ersten Wahl ist Doxycyclin 100 mg 2-mal täglich über 7 Tage. Alternativ können Azithromycin 1,5 g als Einzeldosis oder Erythromycin 500 mg 4-mal täglich über 14 Tage eingesetzt werden.
Schwangerschaft
Eine Chlamydien-Infektion in der Schwangerschaft ist assoziiert mit Spontanaborten und Frühgeburten sowie einer Konjunktivitis oder Pneumonie des Neugeborenen. Eine Behandlung mit Azithromycin 1,5 g als Einmaldosis oder mit Erythromycin 500 mg 4-mal täglich über 7 Tage oder 500 mg 2-mal täglich über 14 Tage oder mit Amoxicillin 3-mal 500 mg oral für 7 Tage sollte daher durchgeführt werden. Eine Untersuchung und Mitbehandlung der Sexualpartner sollte veranlasst werden.
Kandidose
Auch hier sind Empfehlungen für die Schwangerschaft zu beachten.
Topisch
Vaginale Zubereitungsformen (Vaginaltabletten, Ovula, Vaginalcremes) von Polyenen (Nystatin), Imidazolen (zum Beispiel Clotrimazol, Econazol-Nitrat, Miconazol-Nitrat) oder Ciclopiroxolamin zeigen bei akuten Fällen ähnliche Wirksamkeit. Die Behandlungsdauer liegt je nach Präparat zwischen 1 und 7 Tagen. Candida krusei ist gegen Fluconazol und Itraconazol resistent, zur Therapie können lokal Clotrimazol oder Ciclopiroxolamin eingesetzt werden.
Systemisch
Fluconazol 150 mg oral als Einzeldosis oder Itraconazol 200 mg 2-mal täglich für 1 Tag. Candida glabrata ist gegen die üblichen Dosen dieser Antibiotika nicht ausreichend empfindlich, daher empfiehlt sich eine 2- bis 3-wöchige Therapie mit 800 mg Fluconazol täglich. Bei chronisch rezidivierender Vulvovaginalkandidose werden nach einer Initialtherapie mit Fluconazol 3-mal 200 mg oral über eine Woche intermittierende Erhaltungstherapien über Monate mit 150 mg Fluconazol einmal alle 1–4 Wochen empfohlen. Asymptomatische Sexualpartner müssen nicht mitbehandelt werden.
Schwangerschaft
Bei Schwangeren wird die prophylaktische Behandlung einer asymptomatischen Candida-Kolonisation in den letzten Wochen der Schwangerschaft empfohlen, um das Risiko von Mundsoor und Windeldermatitis beim Neugeborenen zu senken. Imidazole wie Clotrimazol führen in der Schwangerschaft zu besseren Heilungsergebnissen als Polyene. Systemisch können Triazole wie Fluconazol in der gesamten Schwangerschaft in den üblichen Dosen eingesetzt werden.
Gonorrhoe
Standardtherapie wie in Kap. Gonorrhoe und andere Formen der Urethritis beschrieben, Lues-Serologie und Partneruntersuchung.
Trichomoniase
Metronidazol 2 g als Einzeldosis oder 500 mg 2-mal täglich für 7 Tage; in der Schwangerschaft Metronidazol 2 g oral als Einzeldosis. Metronidazol scheint die perinatale Morbidität nicht zu vermindern. Potenzielle Risiken und Vorteile der Therapie müssen sorgfältig abgewogen werden, vor allem im ersten Trimester der Schwangerschaft, wenn Metronidazol nicht empfohlen wird. Die Sexualpartner der Patientinnen sollten mitbehandelt werden.
Topische Therapie
Zahlreiche infektiöse Erkrankungen können topisch behandelt werden. Bei ulzeröser oder nässender Vulvovaginitis werden feuchte Umschläge mit physiologischer Kochsalzlösung angewendet. An der äußeren Haut wird möglichst frühzeitig auf Trockenbehandlung übergegangen. Irritierende Substanzen und Kontaktallergene sollten vermieden werden. Fettende Salben sind wegen des Okklusiveffekts weniger geeignet.

Andere Vulvaerkrankungen

Aphthen (Lipschütz 1913)

Synonym
Ulcus vulvae acutum
Ätiopathogenese
Von Lipschütz wurde fälschlicherweise Bacillus crassus (entspricht dem Döderlein-Bakterium, das zur normalen Flora gehört) ursächlich angeschuldigt. Nach heutigem Stand handelt es sich wahrscheinlich um akut auftretende, primäre genitale Aphthen ohne identifizierbare Ätiologie. Meist sind Mädchen und junge Frauen bis zum 25. Lebensjahr betroffen. In manchen Fällen wurde Ulcus vulvae acutum als Symptom eines Morbus Behçet (Kap. Erkrankungen der Lippen und der Mundhöhle) interpretiert; als infektiöse Erreger werden Herpes-simplex-Virus, Epstein-Barr-Virus, Cytomegalie-Virus, Mumps-Virus und Mycoplasma fermentans vermutet.
Klinik
Die genitalen Läsionen ähneln den oralen Aphthen (Abb. 2). Sie sind meist äußerst schmerzhaft und können mit Fieber, Krankheitsgefühl und Lymphadenopathie einhergehen. Die Hautveränderungen reichen von winzigen miliaren Läsionen bis hin zu großen, zerklüfteten nekrotischen Ulzerationen. Durch Reibung und Mazeration können genitale Läsionen schnell ulzerieren und können sogar die Labia minora perforieren. Größere Läsionen heilen unter Narben ab.
Differenzialdiagnose
Bei genitalen Ulzerationen sollten virale (Herpes-simplex-Virus Typ 1 und 2) und bakterielle Infektionen ausgeschlossen werden, da deren Nachweis wesentlichen Einfluss auf die Therapie hat. Gelegentlich sind genitale Ulzera im Verlauf von bakteriellen Infektionen wie Syphilis, viralen Infektionen wie Epstein-Barr-Virus, Hand-Fuß-Mund-Krankheit oder Mykoplasmen-Infektionen beobachtet worden. In einer Studie an 13 pubertären Mädchen mit nichtsexuell übertragenen akuten genitalen Ulzera konnte in einem Drittel der Fälle Epstein-Barr Virus als Auslöser identifiziert werden. Nach weiteren möglichen Manifestationen eines Morbus Behçet (orale Aphthen) oder einer entzündlichen Darmerkrankung sollte gefahndet werden (Kap. Erkrankungen der Lippen und der Mundhöhle). Persistieren einzelne Veränderungen, sollten ulzerierte Tumoren oder eine Langerhans-Zell-Erkrankung bioptisch ausgeschlossen werden (Tab. 3).
Tab. 3
Differenzialdiagnosen akuter genitaler Ulzera
Kategorie
Erkrankung
Sexuell übertragene Infektionen
Herpes-simplex-Virus (Typ 1 und 2)
Syphilis (Treponema pallidum)
Lymphogranuloma venereum (Chlamydia trachomatis)
Ulcus molle (Haemophilus ducreyi)
Granuloma inguinale (Klebsiella granulomatis)
Nichtsexuell übertragene Infektionen
Herpes-simplex-Virus (Typ 1 und 2)
Varizella Zoster Virus
Epstein-Barr-Virus
Zytomegalie-Virus
Paratyphus
Tuberkulose (Mycobacterium tuberculosis)
Aktinomykose (Actinomyces israelii)
Botryomycosis (Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli, Streptococcus spp, Proteus)
Candidose (Candida albicans, Candidas spp)
Amöbiasis (Entamoeba histolytica)
Schistosomiasis (Schistosoma haematobium)
Systemische Erkrankungen
Zyklische Neutropenie
MAGIC-Syndrom (mouth and genital ulcers with inflamed cartilage)
Autoimmun-Progesteron-Dermatitis
Graft-versus-host Erkrankung
Morbus Reiter
Arzneimittelreaktionen
Nichtsteroidale Antirheumatika
Cotrimoxazol
Foscarnet
Malignome
Plattenepithelkarzinom
Langerhans-Zell-Erkrankung
Leukämie
Metastasen
Dermatosen
Pyoderma gangraenosum
Hidradenitis suppurativa/acne inversa
Bullöses Pemphigoid
Vernarbendes Pemphigoid
Pemphigus vulgaris
Pemphigus vegentans
Lineare IgA-Dermatose
Erythema exsudativum multiforme
Morbus Hailey-Hailey
Morbus Darier
Physikalisch
Trauma
Artefakt
Radiodermatitis
Idiopathisch
Vulväre Aphthose
Histopathologie
Eine Biopsie dient bestenfalls dazu, eine Herpes-simplex-Virus-Infektion nachzuweisen oder einen ulzerierten Tumor oder eine Langerhans-Zell-Histiozytose auszuschließen.
Verlauf
Bis zur Abheilung der Ulzera dauert es meist 2–3 Wochen. Bis zu ein Drittel der Patientinnen erlebt innerhalb eines Jahres ein Rezidiv.
Therapie
Genitale Aphthen werden wie orale Aphthen behandelt, mit einem wichtigen Unterschied: die applizierten Medikamente verbleiben länger am Applikationsort. Für leichte Verläufe werden desinfizierende Lösungen oder feuchte Umschläge angewandt. Anschließend können topische Glukokortikoide als Gel oder Creme oder polidocanolhaltige Cremes appliziert werden. Auch lidocainhaltige lokale Anästhetika oder Verätzung mit einem Silbernitrat-Stift können versucht werden. Ulzerationen werden nach den Regeln der Wundbehandlung versorgt.
Systemisch
Es wird antiphlogistisch und schmerzstillend behandelt. Bei schweren Verläufen sind eine kurzfristige Therapie mit Glukokortikoiden (20–60 mg Prednisolonäquivalent täglich) für 7–10 Tage und gegebenenfalls der Einsatz von Breitbandantibiotika erforderlich.

Blasenbildende Erkrankungen

Blasenbildende Autoimmunkrankheiten (Kap. Bullöse Autoimmundermatosen) können auch an der Vulva vorkommen. In seltenen Fällen treten Erosionen oder Blasen auf, häufiger stellen sich die Patientinnen mit Juckreiz, Schmerzen, Krusten oder sekundären Infektionen vor. Das bullöse Pemphigoid betrifft bei etwa der Hälfte der Patienten auch die Genitalregion, mit prallen Blasen, die auf urtikariellen Plaques oder auf normaler Haut entstehen. Der Pemphigus vegetans befällt nicht selten die Vulva, auch beim Pemphigus vulgaris kann dies der Fall sein. Da die Blasen in dieser Region sehr rasch platzen, finden sich meist scharf begrenzte Erosionen. Die lineare IgA-Dermatose in etwa 50 % kommt im Genitale, bei Kindern sogar in 80 % der Fälle vor. Hierbei zeigen sich anuläre erythematöse Plaques mit peripheren Blasen. Die Epidermolysis bullosa betrifft in 50 % der Fälle die Schleimhäute und zeigt im Genitalbereich schmerzhafte Erosionen, die oft unter Narbenbildung abheilen. Der Herpes gestationis kann ebenfalls an der Vulva auftreten, selten auch die Dermatitis herpetiformis. Das Lymphangioma circumscriptum entsteht durch Dilatation oberflächlicher dermaler Lymphgefäße und geht mit kleinen, aggregierten, froschleichartigen, oft stark nässenden Bläschen und Papeln einher. Es kann bei Kindern aufgrund einer Malformation dermaler Lymphgefäße auftreten oder häufiger als Folge einer Strahlentherapie gynäkologischer Tumoren oder einer Verletzung.
Morbus Darier sowie Morbus Hailey-Hailey führen typischerweise zu Erscheinungen an der Vulva. Die papulöse akantholytische Dyskeratose der Vulva kann eine Variante einer dieser Erkrankungen sein. Die Patientinnen stellen sich dabei mit asymptomatischen oder juckenden Papeln an Vulva und Oberschenkeln vor. Histologisch zeigen sich Hyper- und Parakeratose, Akantholyse und Dyskeratosen. Eine leere Familienanamnese und das Fehlen von Symptomen an anderen Körperstellen helfen bei der Abgrenzung der papulösen akantholytischen Dyskeratose vom Morbus Darier oder dem Morbus Hailey-Hailey.
Eine fixe toxische Arzneimittelreaktion kann sich als akute, rezidivierende oder chronische erosive Vulvitis manifestieren, die sich schnell zurückbildet, wenn das auslösende Medikament abgesetzt wird. Schließlich können auch das Erythema exsudativum multiforme, Stevens-Johnson-Syndrom sowie die toxische epidermale Nekrolyse zu ausgedehnten Blasen und Erosionen an der Vulva führen.

Ödeme der Vulva

Sie können differenzialdiagnostische Schwierigkeiten bereiten. Eine akute Schwellung kann durch ein Angioödem hervorgerufen werden, manchmal auch durch ein Trauma oder durch eine Hypersensitivität gegenüber Sperma oder Latex getriggert sein. Morbus Crohn kann zu einem Ödem der Vulva führen, ebenso die Hidradenitis suppurativa/Acne inversa, selten auch eine Sarkoidose und ein Melkersson-Rosenthal-Syndrom. Akute Infektionen wie Herpes simplex können initial Schwellungen hervorrufen, noch bevor Bläschen auftreten. Ein Lymphödem kann mit rezidivierendem Erysipel, primärer Syphilis (Oedema indurativum), Lymphogranuloma venereum, Granuloma inguinale, Filariose oder anderen Infektionen assoziiert sein.

Senile Vulvaatrophie

Synonym
Senile Genitalatrophie
Definition
Es handelt sich um eine langsam progrediente, meist symptomarme atrophische Metamorphose des äußeren Genitales nach der Menopause oder bei Patientinnen nach Ovarektomie ohne hormonelle Substitution, also um eine physiologische Rückbildung des äußeren Genitales im Alter. Als Ursache wird ein lokaler Östrogenmangel angenommen.
Die senile Vulvaatrophie ist eine physiologische Rückbildung des äußeren Genitales im Alter. Nur ein Bruchteil der Frauen sucht ärztlichen Rat.
Epidemiologie
Obwohl nur etwa 15 % der geriatrischen Patientinnen mit derartigen Veränderungen beim Arzt vorstellig werden, sind wahrscheinlich nahezu 100 % davon betroffen.
Klinik
Regressive Veränderungen, welche Labia minora, Klitoris und inneren Aspekt der Labia majora betreffen, führen zu einer zunehmenden Einschrumpfung mit Verlust des subkutanen Fettgewebes. Die Schleimhäute, auch der Vagina, werden trocken, Sklerose oder Leukoplakien fehlen. Es können sich diskrete labiale Adhäsionen bilden. Manchmal kommt es zum vaginalen Ausfluss, bekannt als atrophische Vaginitis. Am Mons pubis findet sich eine diffuse Alopezie. Durch die Trockenheit der Haut besteht oft leichter Juckreiz.
Differenzialdiagnose
Man sollte sich der normalen Atrophie der Vulva bewusst sein, um die Vulva-Dystrophien abgrenzen zu können.
Histopathologie
Es finden sich altersatrophische Veränderungen mit Verdünnung des Epithels und schlaffer Atrophie des Bindegewebes, aber keine Veränderungen, die auf Lichen sclerosus et atrophicus hinweisen.
Therapie
Sie erfolgt in Zusammenarbeit mit einem Gynäkologen. Zweckmäßig sind äußerlich pflegende Cremes und östrogenhaltige Externa.

Lichen sclerosus et atrophicus vulvae

Er ist eine chronische, lichenoide, zur Sklerosierung der Haut führende Erkrankung unbekannter Ursache. Die Altersgipfel liegen in der Kindheit und nach der Menopause. Da der Lichen sclerosus et atrophicus in Kap. Sklerodermie ausführlich besprochen wird, soll hier nur auf die gynäkologischen Aspekte nochmals eingegangen werden.
Klinik
Etwa 60–80 % der Patientinnen mit Lichen sclerosus et atrophicus weisen anogenitale Hautveränderungen auf. Sie bestehen aus porzellanartigen, weißlich-atrophischen Herden oder weißlichen Hyperkeratosen an der Vulva oder perianal (Abb. 3). Auch Purpura und Ekchymosen oder Fissuren sind typisch. Die Trockenheit und der Juckreiz führen nicht selten zu einer sekundären Lichenifikation und irreversiblen Vernarbungen. Es kann zur Atrophie der Vulva mit Adhäsionen, Schrumpfung und Verhärtungen am Introitus mit Dyspareunie kommen. Eine perianale Beteiligung mit Erythemen, Hautatrophie oder Sklerose mit Erosionen und Fissuren bis hin zur analen Stenose mit Defäkationsproblemen sind möglich.
Die Hautveränderungen verursachen Juckreiz, Brennen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sowie anale und genitale Blutungen aufgrund von Fissuren.
Bei etwa 20–30 % der Frauen mit Lichen sclerosus et atrophicus findet sich eine Assoziation mit Autoimmunerkrankungen, am häufigsten mit Schilddrüsenerkrankungen, aber auch mit Alopecia areata, Vitiligo, entzündlichen Darmerkrankungen, rheumatoider Arthritis oder Morphea.
Bei neugeborenen Mädchen findet sich manchmal ein hautfarbener Zapfen, allerdings nur anterior in der Mittellinie vor dem Anus. Dabei handelt es sich um eine perianale pyramidale Protrusion (McCann et al. 1989). Diese harmlosen Hautgebilde, die als Variante des Lichen sclerosus et atrophicus interpretiert werden, dürfen nicht als Kindesmisshandlung fehlgedeutet werden. Differenzialdiagnostisch sind sie von Fibromen (Akrochordon) abzugrenzen.
Differenzialdiagnose
Alle Formen vulvärer Dystrophie, senile Vulvaatrophie, Vitiligo (diese ist meist schärfer begrenzt bei normaler Hauttextur ohne Atrophie) sowie blasenbildende Autoimmunerkrankungen und eine Candida Infektion kommen differenzialdiagnostisch infrage.
Der Lichen ruber kann dem Lichen sclerosus et atrophicus aufgrund zahlreicher überlappender Symptome sehr ähnlich sein. Da der Lichen ruber häufig mit Veränderungen der Mundschleimhaut und manchmal auch der freien Haut einhergeht, kann dies, neben einer Hautbiopsie, zur Differenzierung beider Erkrankungen beitragen. Eine Beteiligung der Vaginalschleimhaut spricht ebenfalls für einen Lichen ruber.
Eine inverse Psoriasis, Ekzeme, Morphea und eine Plasmazellvulvitis Zoon, eine vulväre intrapotheliale Neoplasie (VIN) oder ein invasives Plattenepithelkarzinom sind weitere mögliche Differenzialdiagnosen.
Histopathologie
Die Epidermis ist atrophisch mit Orthohyperkeratose und Basalzelldegeneration. In der Dermis findet sich initial ein lichenoides Infiltrat und eine ausgeprägte Hyalinisierung der oberen Dermis. Durch eine Biopsie sollte neben einer Bestätigung der Diagnose auch eine prämaligne oder maligne Veränderung ausgeschlossen werden.
Cave: Bei Entwicklung von indurierten Plaques oder Knoten sowie von nicht heilenden Ulzerationen muss zum Ausschluss eines Plattenepithelkarzinoms eine Hautbiopsie entnommen werden.
Verlauf
Regelmäßige Kontrollen in 6- bis 12-monatigen Abständen sind erforderlich, da es auf genitalem Lichen sclerosus et atrophicus in etwa 5 % der Fälle zur Karzinomentwicklung kommen kann. Für die maligne Transformation spielen wahrscheinlich p53-Onkogene, die chronische Entzündung und ein oxidativer DNA-Schaden eine ursächliche Rolle. Patientinnen mit einem unzureichend behandelten Lichen sclerosus et atrophicus haben ein höheres Entartungs- und Vernarbungsrisiko als Patientinnen, die frühzeitig und langfristig mit Glukokortikoiden behandelt werden. Bei erwachsenen Frauen heilt die Erkrankung nur selten komplett ab. Im Kindesalter heilt der Lichen sclerosus et atrophicus bei etwa 25 % der Mädchen in der Pubertät spontan ab, häufig ist jedoch die Krankheitsaktivität in der Pubertät nur geringer mit Rezidivieren der Beschwerden im Erwachsenenalter.
Therapie
Topisch
Hochpotente Glukokortikoide, wie Clobetasolpropionat, sind gut wirksam, wenngleich sie die Atrophie verstärken können. Daher sind insbesondere bei Kindern weniger atrophogene, Glukokortikoide, wie Mometasonfuroat, zu bevorzugen. Initial wird eine – bis 2-mal tägliche Behandlung mit einer Glukokortikoidsalbe über 3 Monate empfohlen. Darunter kommt es bei 75–90 % der Patientinnen zu einer weitgehenden Unterdrückung der Symptome. Danach ist eine individuell abgestimmte Dauerbehandlung mit Glukokortikoidsalben etwa 1- bis 2-mal wöchentlich zur Symptomkontrolle und zur Verhinderung von irreversiblen Narben notwendig.
Therapie der zweiten Wahl ist die Off-label-Anwendung von topischen Calcineurin-Inhibitoren (Tacrolimus, Pimecrolimus), diese sind jedoch weniger wirksam als die topischen Glukokortikoide. Calcineurin-Inhibitoren eignen sich auch für eine ein- bis zweimal wöchentliche proaktive Erhaltungstherapie. Effekte einer Langzeittherapie mit Calcineurin-Inhibitoren hinsichtlich der Entwicklung von Malignomen sind jedoch nicht untersucht.
Allgemeinmaßnahmen beinhalten eine tägliche Hautpflege mit Emollientia (fette Salben), das Tragen von Seidenunterwäsche (lindert Beschwerden besser als Baumwollunterwäsche) und Vermeidung mechanischer Irritation (durch eng anliegende Kleidung, raues oder feuchtes Toilettenpapier, harten Fahrradsattel).
Die intraläsionale Injektion einer Glukokortikoidkristallsuspension (Triamcinolonacetonid 1:3–1:5 mit Lokalanästhetikum verdünnt) hat sich bei therapieresistenten Verläufen mit starkem Juckreiz als gut wirksam erwiesen.
Systemisch
In schweren therapieresistenten Fällen sind Etretinat (0,5–1 mg/kg KG/Tag über 14–18 Wochen, danach Fortsetzung mit einer niedrigeren Erhaltungsdosis), Ciclosporin (3–4 mg/kg KG/Tag für 3 Monate) sowie Methotrexat (10–15 mg/Woche für 6–8 Monate) beschrieben.
Physikalisch
Die PUVA-Bad-Photochemotherapie und eine Phototherapie mit UVA1 führen bei manchen Patientinnen zu einem Rückgang der Sklerose und des Juckreizes.

Lichen ruber

Der Lichen ruber (Kap. Papulöse und lichenoide Erkrankungen) ist eine T-Zell mediierte vermittelte Autoimmunerkrankung, welche die Haut und die Schleimhäute betreffen kann. Eine vulvovaginale Beteiligung findet sich bei etwa 25–65 % der Patientinnen mit Lichen ruber an der Mundschleimhaut und kann auch vergesellschaftet sein mit Lichen ruber an der freien Haut, Lichen planopilaris oder frontal fibrosierender Alopezie. Vor allem Frauen im Alter zwischen 30 und 60 Jahren sind von einem vulvovaginalen Lichen ruber betroffen.
Klinik
Zu den möglichen Symptomen gehören Schmerzen, Juckreiz, Brennen, Dysurie sowie Dyspareunie und postkoitale Blutungen. Klinisch können drei Varianten unterschieden werden:
  • Beim klassischen, papulösen Lichen ruber finden sich rosafarbene bis livide, keratotische Papeln oder Plaques mit typischer Wickham Zeichnung. Postinflammatorische Hyperpigmentierungen sind häufig.
  • Beim seltenen hypertrophen Lichen ruber zeigen sich stark juckende, teils weißlich hyperkeratotische Plaques an den großen Labien, dem Perineum und perianal. Diese Veränderungen können ein Vulvakarzinom nachahmen.
  • Am häufigsten ist der erosive Lichen ruber mit symmetrischen Erosionen an der Innenseite der kleinen Labien, dem Vestibulum und der Vagina. Im Randbereich der Erosionen kann eine Wickham Zeichnung erkennbar sein. Die Vaginalschleimhaut ist in bis zu 70 % mitbetroffen, Hämorrhagien und Vernarbungen können im Verlauf zu Synechien, Stenose des Introitus und vaginaler Obliteration führen.
Der erosive Typ ist in aller Regel mit Mundschleimhautveränderungen assoziiert, diese können allerdings diskret sein und sich in asymptomatischen gingivalen Erythemen äußern.
Diagnostisches Vorgehen
Eine Probebiopsie dient bei unklarer Klinik auch dem Ausschluss anderer erosiver oder hyperkeratotischer genitaler Hauterkrankungen (Lichen sclerosus et atrophicus, vulväre intraepitheliale Neoplasie (VIN), Vulvakarzinom, blasenbildende Autoimmunerkrankungen).
Therapie
Topisch
Therapie der ersten Wahl sind hochpotente topische Glukokortikoide, auch in Form von Suppositorien zur intravaginalen Anwendung. Eine längerfristige Erhaltungstherapie kann notwendig sein, entweder mit schwächer wirksamen Glukokortikoiden oder mit potenten Glukokortikoiden in reduzierter Anwendungshäufigkeit. In Fallberichten ist auch eine Wirksamkeit von topischen Calcineurin-Inhibitoren beschrieben (off-label use).
Systemisch
In schweren therapieresistenten Fällen können systemisch Methotrexat, Cyclosporin, Glukokortikoide, Retinoide, Mycophenolatmofetil, Dapson oder Hydroxychloroquin versucht werden. Die Evidenzlage für diese Therapien ist allerdings gering.
Bei ausgeprägten Synechien kommen auch chirurgische Interventionen infrage.
Verlauf
Der Verlauf ist meist chronisch, die Gefahr der malignen Entartung ist jedoch im Gegensatz zum genitalen Lichen sclerosus et atrophicus gering.

Vulvaekzem

Dieses mit starkem Juckreiz einhergehende chronische Krankheitsbild hat viele mögliche Ursachen. Es kann durch vaginalen Fluor, kumulativ-toxische Irritation infolge zu intensiver hygienischer Maßnahmen (kumulativ-irritatives Vulvaekzem) oder Kontaktallergie (allergisches Vulvaekzem) zustande kommen. Gegebenenfalls ist eine Epikutantestung nach sorgfältiger Anamneseerhebung (Intimkosmetika, Desinfektionsmittel, Reinigungsmittel, Kontrazeptiva, Kondomkomponenten) notwendig.
In den meisten Fällen stellt es aber eine Sonderform des atopischen Ekzems (atopisches Vulvaekzem) dar (Kap. Atopisches Ekzem). In diesem Fall sind Anamnese und allgemeiner Hautbefund häufig typisch für Atopie oder die Minimalvarianten eines atopischen Ekzems, obwohl auch nur das Genitale betroffen sein kann ohne jegliche Ekzeme an anderer Lokalisation. Gewöhnlich beginnt das atopische Vulvaekzem , als lokalisierte Form auch als Lichen simplex chronicus bezeichnet, spontan nach Schwitzen mit Juckreiz oder bei geringem Fluor. Es entwickelt sich meist symmetrisch zunehmend Juckreiz mit Rötung und entzündlicher Infiltration der Vulva, auch der angrenzenden Oberschenkelinnenseiten, meist zur gesunden Haut scharf abgegrenzt. Differenzialdiagnostisch ist an eine Tinea zu denken. Nicht selten sind die Anal- und Perianalregion mitbetroffen. Das Ausmaß des Juckreizes korreliert nicht unbedingt mit dem Ausmaß der sichtbaren Hautveränderungen.
Sekundär kann es zu einer stärkeren Lichenifikation und durch den anhaltenden Juckreiz-Kratz- oder Juckreiz-Reibe-Zyklus zu weiterer Lichenifikation mit typischer entzündlicher Vergröberung der Hautoberfläche und Hautfalten kommen, selten zur elefantiasischen Vergrößerung der großen Labien durch zusätzliches Lymphödem (lichenification géante). In solchen Fällen ist auch auf rezidivierende Erysipele oder Herpes-simplex-Virus-Infektionen zu achten. Man muss zwischen einer störenden, aber harmlosen Lichenifikation und einen fokal hyperkeratotischen Plaque, der ein Carcinoma in situ darstellen kann, unterscheiden.
Bei Patienten mit Psoriasis der Vulva finden sich meist auch andere Hautmanifestationen der Psoriasis, selten ist allein die Vulva betroffen. Plaques an der Vulva schuppen in der Regel nicht und sind lachsrot und scharf begrenzt. Juckreiz und Brennen sind häufige Symptome. Da die Psoriasis nur verhornendes Epithel betrifft, sind das Vestibulum und die Vagina nicht betroffen. Eine Psoriasis der Vulva kann mit einer Vulva-Kandidose einhergehen.
Das seborrhoische Ekzem manifestiert sich an der Vulva als juckende, orange-rosa gefärbte, fein schuppende Läsionen vor allem am Mons pubis und genitokrural, wo sich vermehrt Talgdrüsen finden. Selten ist nur die Vulva betroffen. Die Veränderungen treten vor allem im Winter auf.
Differenzialdiagnose
Lichen ruber, Lichen sclerosus et atrophicus, Morbus Darier oder Morbus Hailey-Hailey kommen in Betracht. Abgrenzung von ekzemartigen Zuständen wie extramammärem Morbus Paget oder vulvärer intraepithelialer Neoplasie (ViN) ist erforderlich. In Zweifelsfällen sollte eine Biopsie entnommen werden.
Histopathologie
Beim Ekzem ist die Epidermis hyperkeratotisch und akanthotisch, jedoch ohne Atypien. Spongiose und Parakeratose können vorhanden sein. In der Dermis findet sich ein perivaskuläres Infiltrat mit Exozytose. Die Hautbiopsie dient vor allem dazu, spezifische entzündliche Hauterkrankungen zu diagnostizieren oder maligne Veränderungen auszuschließen.
Therapie
Topisch
Analog zum chronischen Ekzem werden kurzfristig potente topische Glukokortikoide in Kombination mit Hautpflegesalben gegeben. Irritanzien und gegebenenfalls Kontaktallergene sind zu meiden. Intraläsionale Glukokortikoidkristallsuspensionen sind manchmal nötig, um den starken Juckreiz zu lindern. Beim atopischen Ekzem sind die topischen Calcineurin-Inhibitoren Tacrolimus und Pimecrolimus ebenfalls gut wirksam, können aber vorübergehend an der Haut brennen. Bei Psoriasis kann neben topischen Glukokortikoiden auch Calcipotriol-Salbe eingesetzt werden, die jedoch lokal irritierend wirken kann.
Weitere Empfehlungen
Der Juckreiz-Kratz- oder Juckreiz-Reibe-Zyklus ist zu durchbrechen, um eine weitere Lichenifikation und Chronifizierung zu vermeiden. Um nächtliche Kratzattacken zu reduzieren, können Antihistaminika der ersten Generation oder trizyklische Antidepressiva sinnvoll sein. Tagsüber können nichtsedierende Antihistaminika oder selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer versucht werden. Provokationsfaktoren wie Hitze oder Schwitzen sind zu reduzieren. Es sollte lockere, luftige Kleidung getragen werden, um Okklusiveffekte zu vermeiden. Eine Gewichtsabnahme bei adipösen Patientinnen hilft ebenfalls, die Reibung zu reduzieren. Es wird auf geeignete Reinigungsprozeduren hingewiesen (Wasserreinigung mit Badeölzusatz).

Infektionen mit humanen Papillomviren

Sie sind häufig und stellen ein ernst zu nehmendes Problem dar (Kap. Humane Papillomviren). Sichtbare anogenitale Warzen werden in 90 % der Fälle durch die HPV-Typen 6 und 11 mit niedrigem Entartungsrisiko verursacht. Hoch-Risiko-HPV-Typen (16 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59 und wahrscheinlich weitere) sind verantwortlich für über 95 % der Zervixkarzinome. Sie können gelegentlich auch sichtbare Warzen verursachen.
Grundsätzlich sollte jeder Versuch unternommen werden, junge Frauen vor genitalen Warzen zu bewahren. Dies ist der beste Weg, um das Risiko eines Zervixkarzinoms zu reduzieren. Eine prophylaktische quadrivalente Impfung gegen HPV (HPV-6, -11, -16 und -18) hat sich als wirksam in der Prävention HPV-assoziierter anogenitaler Erkrankungen bei jungen Frauen erwiesen. Seit 2016 ist auch eine nonavalente HPV-Impfung gegen HPV 1, 11, 16, 18, 31, 33, 45 52 und 58 zugelassen. Therapeutisch zeigt die HPV-Impfung jedoch keine Wirkung. In der Regel sollte bei allen Patientinnen mit genitalen Warzen ein Zervixkarzinom ausgeschlossen werden. Studien haben gezeigt, dass eine HPV-Typisierung kosteneffektiv ist, da Nachsorgeuntersuchungen bei Patientinnen mit HPV-Typen mit niedrigem Entartungsrisiko deutlich weniger intensiv sein müssen.
Differenzialdiagnose
Dermale Nävi, pendulierende Fibrome, seborrhoische Keratosen, Condylomata lata bei Sekundärstadium der Syphilis sowie eine vulväre intraepitheliale Neoplasie sind abzugrenzen. Hirsuties papillaris vulvae werden nicht selten mit spitzen Kondylomen verwechselt.
Therapie
Die in Kap. Humane Papillomviren besprochenen Therapien können angewandt werden.

Vulväre intraepitheliale Neoplasie

Die vulväre intraepitheliale Neoplasie (VIN) stellt die häufigste präinvasive Erkrankung der Vulva dar. Sie ist definiert durch zelluläre Atypien des Plattenepithels mit Störung des geweblichen Aufbaus. In Abhängigkeit vom Ausmaß der epidermalen Durchsetzung durch neoplastische Zellen wird zwischen VIN 1 (milde Dysplasie), VIN 2 (mäßige Dysplasie) und VIN 3 (schwere Dysplasie und Carcinoma in situ) unterschieden (Tab. 4). Durch die Bezeichnung VIN werden die bislang in der Dermatologie üblicherweise verwendeten Termini Morbus Bowen, Erythroplasie Queyrat und bowenoide Papulose ersetzt, die unter den schweren intraepithelialen Neoplasien VIN-Grad 3 subsummiert sind.
Tab. 4
Einteilung der vulvären intraepithelialen Neoplasien (VIN)
Klassifikation nach
Begriffe je nach Schweregrad
WHO 2003
VIN 1
Geringgradige Dysplasie
VIN 2
Mäßiggradige Dysplasie
VIN 3
Hochgradige Dysplasie (hierzu gehören: Carcinoma in situ, bowenoide Papulose, Morbus Bowen, Erythroplasie Queyrat)
ISSVDa 2005
HPV-assoziierte Läsionen
Klassische VIN
Differenzierte VIN
WHO 2014
Niedriggradige intraepitheliale Läsionen (low-grade squamous intraepithelial lesion: LSIL)
Hochgradige intraepitheliale Läsionen (high-grade squamous intraepithelial lesion: HSIL)
Differenzierte VIN (dVIN)
ISSVDa 2015
Niedriggradige intraepitheliale Läsionen (flache Kondylome, HPV Effekt)
Hochgradige intraepitheliale Läsionen (klassische VIN)
Intraepitheliale Neoplasie, differenzierter Typ
a ISSVD International Society for the Study of Vulva-Vaginal Disease
Epidemiologie
Die Inzidenzrate hat in den letzten Jahren vor allem bei Frauen unter 50 Jahren stark zugenommen, sie liegt bei etwa 7 von 100.000 Frauen. Als Grund für den Anstieg der VIN-Fälle wird die steigende Inzidenz von HPV-Infektionen angenommen.
Ätiopathogenese
Die häufigste Form ist mit 90 % die undifferenzierte, klassische VIN, die durch den Nachweis von Hoch-Risiko-HPV und einem Auftreten bei jungen Frauen charakterisiert ist. Dabei finden sich in den VIN-Läsionen vor allem die onkogenen HPV-Typen 16, 31 und 33. Die seltenere Form stellt die differenzierte VIN (2–10 % der Fälle) dar, die bei postmenopausalen Frauen auftritt und nicht mit einer HPV-Infektion assoziiert ist. Pathogenetisch stehen hier p53-Mutationen im Vordergrund. Diese Patientinnen haben anamnestisch häufig einen Lichen sclerosus et atrophicus der Vulva oder andere chronisch-entzündliche Vulvaerkrankungen.
Klinik
Die VIN findet sich insbesondere bei postmenopausalen Frauen häufig multifokal und ist meist lokalisiert an den großen Labien, gefolgt von der Klitoris, den kleinen Labien, dem Perineum, der Periurethralregion, den Bartholin-Drüsen und auch der Perianalregion (Abb. 4). Klinisch zeigen sich flache rote Maculae, pigmentierte Papeln, warzige Veränderungen oder leukoplakieartige Areale. Die meisten Patientinnen sind beschwerdefrei. Als häufigstes Symptom kommt es zu Pruritus, seltener zu perinealen Schmerzen, Brennen, Dysurie oder Dyspareunie.
Verlauf
Eine unbehandelte VIN kann persistieren, sich zurückbilden oder in ein invasives Karzinom übergehen. Die Progressionsrate der hochgradigen VIN zum invasiven Vulvakarzinom wird auf etwa 10 % geschätzt. Bei älteren Frauen mit VIN 3 ist die Progressionsrate zum invasiven Vulvakarzinom deutlich höher und liegt bei 30 %. Trotz Behandlung kommt es bei etwa 4–6 % der Patientinnen zur Entwicklung eines Vulvakarzinoms. Das mit der klassischen VIN assoziierte invasive Karzinom ist meist ein nichtverhornendes Plattenepithelkarzinom. Das mit der differenzierten VIN assoziierte invasive Karzinom ist meist ein verhornendes Plattenepithelkarzinom.
Diagnostisches Vorgehen
Die Diagnostik erfolgt meist durch den Gynäkologen im Rahmen der Krebsfrüherkennungsuntersuchung. Suspekte Läsionen müssen histologisch abgeklärt werden.
Therapie
VIN-2- und -3-Läsionen sollten befundadaptiert durch sanierende Operation oder Laservaporisation, zum Beispiel mit dem CO2-Laser, im Gesunden entfernt werden. Vor der Lasertherapie muss bioptisch ein invasives Karzinom ausgeschlossen werden.
Als alternative Therapie im off-label-use für In-situ-Läsionen ist auch Imiquimod beschrieben, gefolgt von engmaschigen Nachsorgeuntersuchungen. Patienten mit Hochrisiko-Läsionen müssen regelmäßig überwacht werden, um kein Zervixkarzinom zu übersehen.
Prophylaxe
Seit 2006 stehen prophylaktische Impfstoffe zur Krebsprävention zur Verfügung. Ein seit 2006 zugelassener tetravalenter Impfstoff richtet sich gegen die HPV-Typen 6, 11, 16 und 18 (Gardasil), ein 2007 zugelassener bivalenter Impfstoff gegen HPV-16 und -18 (Cervarix) und ein seit April 2016 zugelassener nonavalenter Impfstoff gegen HPV-1, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58 (Gardasil 9). Die Impfungen sind ab dem 9. Lebensjahr zugelassen und sollten möglichst vor dem ersten Geschlechtsverkehr abgeschlossen sein. Man geht davon aus, dass etwa 85 % der VIN-3-Läsionen und 40 % der Vulvakarzinome HPV-positiv sind und zum Teil durch eine flächendeckende frühzeitige Impfung (Primärprävention) verhindert werden können. Mit dem tetravalenten und nonavalenten Impfstoff können zudem etwa 90 % der Genitalwarzen verhindert werden. Eine therapeutische Wirkung besteht nicht.

Extramammärer Morbus Paget

Eine weitere Ursache für persistierende erosive Flecken oder Plaques im Genitalbereich, die oft als Dermatitis missgedeutet werden, ist der extramammäre oder vulväre Morbus Paget . Seine Häufigkeit liegt bei weniger als 1 % aller vulvären Präkanzerosen, die Patientinnen sind meist älter als 50 Jahre. Gemäß der WHO-Klassifikation stellt er eine obligate Präkanzerose dar, die von pluripotenten Stammzellen der interfollikulären Epidermis beziehungsweise der follikulo-apokrinen Einheiten der Schweißdrüsen der Vulva ausgeht. Meistens handelt es sich um eine primäre Erkrankung der Vulva, in bis zu 20 % der Fälle handelt es sich aber um eine intraepidermale Ausbreitung eines lokoregionären Karzinoms, das von der Harnblase, dem Rektum, der Cervix uteri oder von Karzinomen der Adnexe ausgeht. Daher sollte die Diagnose eines extramammären Morbus Paget von einer umfassenden Untersuchung auf zugrunde liegende Malignome begleitet sein. In 3–20 % der Fälle liegt bereits eine dermale Invasion im Sinne eines Pagetkarzinoms vor. Die histologische Angabe der Tumordicke ist wichtig, da die Rate an Lymphknotenmetastasen und damit die Prognose der Erkrankung von der Invasionstiefe abhängt. Der extramammäre Morbus Paget der Frau tritt am häufigsten an der Vulva auf, seltener perianal, am Perineum oder am Mons pubis. Aufgrund einer hohen Rezidivrate von bis zu 30 % nach Operation, die entweder mit weitem Sicherheitsabstand oder mikrografisch kontrolliert durchgeführt werden sollte, ist eine Langzeitnachsorge indiziert. Als Alternative zur Operation bei ausgedehnten oder multifokalen Tumoren wurde auch die topische Anwendung von Imiquimod beschrieben.

Vulvitis circumscripta chronica benigna plasmacellularis

Es handelt sich um eine seltene, gutartige, der Balanoposthitis circumscripta chronica benigna plasmacellularis (Zoon) entsprechende Erkrankung (Kap. Hauterkrankungen des männlichen Genitales). Sie ist bei Frauen deutlich seltener als bei Männern. Die Ursache ist unbekannt. Es wird angenommen, dass es sich möglicherweise nicht um eine spezifische Entität, sondern um eine unspezifische entzündliche Reaktion zum Beispiel auf chronische Irritation oder um einen unerkannten Lichen ruber handelt.
Klinik
Bei Frauen im mittleren bis höheren Lebensalter kommt es zu umschriebenen, glänzenden, bräunlich rötlichen oder auch purpurischen Maculae oder Plaques an den kleinen Labien, dem Introitus oder dem Vestibulum. Zu den häufigen Symptomen gehören Brennen, Schmerzen, Juckreiz und Dyspareunie.
Verlauf
Gutartig, aber chronisch.
Differenzialdiagnose
Insbesondere eine vulväre intraepitheliale Neoplasie (VIN) sollte histologisch ausgeschlossen werden. Lichen ruber, Kontaktekzeme und postinflammatorische Hyperpigmentierungen sind weitere Differenzialdiagnosen.
Diagnostisches Vorgehen
Die Diagnose gestaltet sich schwieriger als beim Mann. Aus diesem Grund sollte in jedem Fall eine histologische Untersuchung erfolgen, die ein dichtes, lichenoides Infiltrat aus Plasmazellen zeigt.
Histopathologie
Die Epidermis ist atrophisch abgeflacht mit fehlender Horn- und Granularzellschicht. Subepidermal finden sich dichte, bandförmige Entzündungsinfiltrate vorwiegend aus Plasmazellen (>50 %), denen aber auch Lymphozyten, eosinophile Granulozyten und neutrophile Granulozyten beigemengt sein können. Im oberen Korium zeigen sich dilatierte Gefäße, Erythrozytenextravasationen sowie Hämosiderinablagerungen.
Therapie
Hochpotente glukokortikoidhaltige Externa in Kombination mit Hautpflegesalben bringen häufig eine rasche Besserung. Bei vorherrschendem Brennen wurde erfolgreich Lidocain 5 % eingesetzt. Auch intraläsionale Glukokortikoide, topische Calcineurin-Inhibitoren sowie Imiquimod oder lokal destruktive Maßnahmen wie Laserablation, Kryochirurgie oder Elektrokoagulation sind versucht worden.

Melanotische Flecken

Synonym
Lentigo der Vulva
Melanotische Schleimhautflecken können sich auf den Lippen oder Genitalien entwickeln, sie sind am häufigsten bei Frauen anzutreffen und können eine beunruhigende Situation auslösen (Abb. 5). Die Läsionen sind üblicherweise ohne die Zuhilfenahme eines Spiegels oder anderer Hilfsmittel für die Patientin schlecht sichtbar. Sie werden normalerweise durch Gynäkologen im Rahmen von Routineuntersuchungen entdeckt, die manchmal an ein Melanom denken. Die häufigste Lokalisation sind die Labia minora bis hin zum Vestibulum. Typischerweise ist der Fleck braun bis dunkelbraun und von unregelmäßiger Begrenzung. Zahlreiche Läsionen können vorhanden sein. Die Dermatoskopie kann bei der Diagnosestellung helfen. Histologisch erkennt man vermehrt Melanin in der Basalmembranzone, aber keine Proliferation von Melanozyten.
Differenzialdiagnose
Melanotische Nävi gegenüber Melanomen korrekt differenzialdiagnostisch voneinander abzugrenzen, ist vor allem an den Labien oft schwierig. Nävi können unregelmäßig begrenzt sein (Abb. 6) und weisen histologisch häufig irreguläre Ansammlungen pigmentierter Nävuszellen im Bereich der Junktionszone auf. Melanome werden bei vielen Patienten zu spät entdeckt, was eine schlechte Prognose bedingt (Abb. 7).
Therapie
Bei klarer Diagnose sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Bei zweifelhafter Diagnose sollte eine Exzision oder bei größeren Läsionen eine Hautbiopsie zur Diagnosesicherung erfolgen. Kontrolluntersuchungen sind empfehlenswert.

Pruritus vulvae und Vulvodynie

Beim Pruritus vulvae handelt es sich um einen Juckreiz des äußeren Genitales, der Labia majora und des Perineums. Die Vulvodynie beschreibt hingegen chronischen Schmerz oder Brennen der Vulva. Oft findet sich eine Überlappung beider Symptomenkomplexe. In den letzten Jahren wurde versucht diese Veränderungen systematisch zu untersuchen, ohne dass es bisher zu einer einheitlichen Klassifizierung gekommen ist.

Pruritus vulvae

Ätiopathogenese
Es gibt zahlreiche mögliche Ursachen für einen Pruritus vulvae (Tab. 5). Man kann zwischen einem primären Pruritus bei klinisch weitgehend unauffälliger Haut und einem sekundären Pruritus durch eine spezifische Hauterkrankung mit klinisch sichtbaren Veränderungen unterscheiden. Da beide Formen des Pruritus mit Kratzen beantwortet werden, können auch beim primären Pruritus zum Zeitpunkt der klinischen Untersuchung Hautveränderungen wie Kratzexkoriationen oder Lichenifikation zu sehen sein, was die Unterscheidung beider Formen erschweren kann. Patientinnen mit primärem Pruritus oder Pruritus sine materia leiden nicht selten unter Depressionen oder anderen emotionalen Problemen. Der sekundäre Pruritus verursacht durch ein atopisches Ekzem oder andere Hauterkrankungen wurde zum Teil schon unter Vulvaekzem besprochen. Hier soll daher vor allem auf den sekundären Pruritus eingegangen werden.
Tab. 5
Ursachen für Vulvapruritus
Kategorie
Erkrankung
Dermatosen mit Juckreiz
Atopisches Ekzem, Lichen simplex chronicus
Kontaktekzem (allergisch oder toxisch)
Intertrigo
Morbus Darier
Morbus Hailey-Hailey
Bullöse Autoimmunerkrankungen
Atrophische Vulvovaginitis
Infektionen
Kandidose oder andere mykotische Infektionen
Bakterielle Vaginose
Herpes simplex
Mollusca contagiosa
Epizoonosen (Pediculosis pubis, Skabies, Madenwürmer)
Dermatophytie
Tumoren
Vulvakarzinom
Granularzell-Tumor
Anale Erkrankungen
Proktitis
Anale Fissuren
Fisteln
Entzündliche Darmerkrankung
Systemische Erkrankungen
Diabetes mellitus
Lebererkrankungen
Hyper- oder Hypothyreoidismus
Menopause oder andere Östrogenmangelzustände
Malignome (Polycythaemia vera, Morbus Hodgkin, Mycosis fungoides, Leukämie, solide Tumoren)
Systemische Infektionen (HIV, bakterielle, mykotische oder parasitäre Infektionen)
Apoplex
Andere
Exzessive Genitalhygiene
Psychische Erkrankungen
Klinik
Der Pruritus vulvae ist eine häufige und psychisch äußerst belastende polyätiologische Erkrankung. Er kann vorübergehend auftreten oder chronisch bestehen und vor allem nachts quälende Sensationen auslösen. Das gemeinsame Merkmal ist der Juckreiz-Kratz-Zyklus, der zu einer Schwellung und Rötung der Vulva führt und damit wiederum zu einer Verstärkung der Juckreizsymptomatik. Meist sind zum Zeitpunkt der Vorstellung beim Dermatologen die großen Labien im Sinne eines Lichen simplex chronicus geschwollen und lichenifiziert. Die Labia minora können verdickt und trocken sein. Wichtig ist es, nach Zeichen einer zugrunde liegenden Erkrankung zu suchen. Diese sind oft an anderen Körperstellen zu finden, zum Beispiel Beugenekzeme bei atopischem Ekzem oder Mundschleimhautveränderungen bei Lichen ruber.
Histopathologie
Die Hautbiopsie dient vor allem dazu, zugrunde liegende spezifische Hauterkrankungen zu diagnostizieren und kann den Patienten dahingehend beruhigen, dass es sich nicht um eine bösartige Erkrankung handelt. Meistens finden sich eine Hyperkeratose und Akanthose der Epidermis mit einem unspezifischen perivaskulären Entzündungsinfiltrat in der Dermis.
Therapie
Am wichtigsten ist es für die Patientin, dass ihr Problem ernst genommen wird. Eine genaue Anamnese ist zu erheben. Eine eingehende Untersuchung des gesamten Integuments und gegebenenfalls Laboruntersuchungen zum Ausschluss anderer assoziierter Hauterkrankungen sollten durchgeführt werden. Wird eine zugrunde liegende Erkrankung gefunden, sollte sie entsprechend behandelt werden. Falls nicht, sollten alle topischen Behandlungen zunächst pausiert werden. Zur Reinigung sollte nur Leitungswasser verwendet werden. Feuchte Umschläge oder Sitzbäder können hilfreich sein. Grundsätzlich ist alles zu vermeiden, was den Juckreiz verstärken kann. Auch mechanischer Reibung, beispielsweise durch eng anliegende Unterwäsche, Reinigungsmaßnahmen und Intimkosmetika sind besonders Beachtung zu schenken. Weniger stark fettende Externa (Milch, Creme oder Paste) werden besser vertragen als mazerierende, Intertrigo fördernde, fettende Externa.
Falls die Patientin bislang keine topischen Glukokortikoide verwendet hat, ist es einen Versuch wert, mit mittel- bis hochpotenten Glukokortikoid-Cremes oder Lotionen einmal täglich für 2 Wochen zu behandeln. Danach kann auf ein schwach wirksames Glukokortikoid für einen limitierten Zeitraum übergegangen werden oder auf eine intermittierende, proaktive Glukokortikoidbehandlung zur Verhinderung von Rückfällen. Viele Patientinnen haben bereits Behandlungsversuche mit topischen Glukokortikoiden hinter sich, was sich in Form von glukokortikoidinduzierten Erythemen oder Atrophie äußern kann. Ein plötzliches Absetzen der Glukokortikoide kann dann jeweils zu einem Rückfall des Juckreizes führen. Bei Therapierefraktärität können alternativ auch topische Calcineurin-Inhibitoren versucht werden.
Topische Anästhetika können ebenfalls hilfreich sein, aufgrund des Risikos einer Kontaktsensibilisierung sollten Caine vermieden werden und stattdessen Polidocanol eingesetzt werden, eventuell kombiniert mit topischen Glukokortikoiden.
Zusätzlich werden innerlich, falls notwendig, Antihistaminika bis zu 3-mal täglich oder Hydroxycin zur Nacht eingesetzt. Bei sekundärem Pruritus ist die Zusammenarbeit mit einem Psychiater sinnvoll, um psychische Ursachen des Pruritus oder eine larvierte Depression aufzudecken und zu behandeln.

Vulvodynie

Ätiopathogenese
Das Beschwerdebild ist analog zu anderen Schmerzzuständen, wie Glossodynie oder Proktodynie, dem Dynie-Symptomkomplex zuzuordnen. Die Vulvodynie ist definiert durch chronische Schmerzen an der Vulva über einen Zeitraum von mehr als 3 Monaten ohne klar identifizierbare Ursache, mit potenziell assoziierten Faktoren. Zu diesen potenziell assoziierten Faktoren gehören Komorbiditäten und andere chronische Schmerzsyndrome (Fibromyalgie, Reizkolon, schmerzhaftes Blasensyndrom, orofaziale Schmerzen), (hormonelle Faktoren die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva), muskuloskelettale Faktoren (Überaktivität der Beckenbodenmuskulatur, myofasziale Schmerzen), neurologische Mechanismen (Neuroproliferation), eine genetische Prädisposition und psychosoziale Faktoren. So finden sich bei Patientinnen mit Vulvodynie häufig assoziierte Depressionen, Angststörungen, Traumatisierungen in der Kindheit oder posttraumatischer Stress. Die Assoziation mit diesen zahlreichen potenziell mitursächlichen Faktoren weist darauf hin, dass die Vulvodynie eine multifaktorielle Erkrankung darstellt mit der Notwendigkeit der multidisziplinären Zusammenarbeit.
Epidemiologie
Die Erkrankung ist außerordentlich häufig. Eine von 20 Frauen entwickelt jedes Jahr unerklärlichen, chronischen vulvovaginalen Schmerz. Die Lebenszeitinzidenz liegt in verschiedenen Studien bei 10–17 %. Die Vulvodynie tritt meistens nach dem 20. Lebensjahr auf, oft auch erst nach der Menopause, nur sehr selten findet sie sich schon bei präpubertären Mädchen.
Klinik
Man unterscheidet zwischen generalisierter und lokalisierter Vulvodynie (Vestibulodynie, Klitorodynie, Hemivulvodynie). Der Schmerz tritt vor allem auch während und nach dem Geschlechtsverkehr auf. Andere Faktoren, wie das Einbringen von Tampons, Radfahren, Sitzen oder das Tragen enger Kleidung können den Schmerz verstärken. Bei manchen Frauen tritt der Schmerz auch oder nur spontan ohne Provokationsfaktoren auf. Die Schmerzsensationen können intermittierend auftreten oder persistieren und konstant vorhanden sein, sofort nach Provokation oder verzögert auftreten. Der Schmerz konzentriert sich meist auf das Vestibulum vulvae, kann sich aber auch bis zur perianalen Region ausdehnen. Man sollte den Introitus und das Vestibulum gründlich und vorsichtig auf das Vorliegen von kleinen Erosionen, Ulzerationen oder erythematösen Plaques untersuchen. Bei der Vulvodynie findet man dabei keine pathologischen Veränderungen. Die Patientinnen empfinden einen hohen Leidensdruck und glauben vielfach, dass sie gegen verschiedene Arzneimittel oder Intimkosmetika allergisch sind. Aufgrund der schmerzhaft-brennenden Beschwerden entwickelt sich meist eine sexuelle Inaktivität, häufig liegen Probleme in der Partnerschaft vor. Viele Patientinnen verneinen vehement jegliche Andeutung, die Beschwerden hätten möglicherweise psychische Ursachen, obwohl sich durch Nachfragen oft eine emotionale Labilität, eine abhängige Persönlichkeit, ängstlich-depressive Verstimmung oder sexuelle Schuldgefühle aufdecken lassen.
Differenzialdiagnose
Zum Krankheitsbild der Vulvodynie abzugrenzen und auszuschließen sind Vulvaschmerzen, die durch eine spezifische Erkrankung ausgelöst werden (Tab. 6). Dazu gehören infektiöse (rezidivierende Candidainfektionen, Herpes), entzündliche (Lichen ruber, Lichen sclerosus et atrophicus), neoplastische (Morbus Paget, Vulvakarzinom), neurologische (postherpetische Neuralgien, Pudendusneuralgie infolge Nervenverletzung, Nervenkompression, Neurom), Traumabedingte, iatrogene (postoperativ, Chemotherapie, Strahlentherapie) und hormonelle Ursachen (postmenopausale vulvovaginale Atrophie).
Tab. 6
Ursachen für chronische genitale Schmerzzustände
Kategorie
Erkrankung
Infektionen
Herpes simplex
Zoster
Pilzerkrankungen
Fissuren im Rahmen von Infektionen
Dermatosen
Lichen ruber
Lichen simplex chronicus
Lichen sclerosus et atrophicus
Vernarbendes Pemphigoid
Pemphigus vulgaris
Atrophische Vaginitis
Maligne Tumoren
Neuropathien
Postherpetische Neuralgie
Pudendusneuralgie
Genitale Schmerzsyndrome
Vulvodynie
Diagnostisches Vorgehen
Eine ausführliche Anamnese sowie eine gründliche körperliche Untersuchung sind für die korrekte Einordnung einer Vulvodynie essenziell. Das Vorgehen richtet sich nach den geschilderten Beschwerden und dem klinischen Befund. Infektionen und andere Ursachen für Vulvaschmerzen sollten ausgeschlossen werden. Eine ausgeprägte Empfindlichkeit ausschließlich am Vestibulum vaginae zusammen mit einem Beschwerdemaximum während des Koitus wird als Vestibulodynie bezeichnet.
Verlauf
Er ist langwierig. Deshalb und wegen des hohen Leidensdrucks suchen die Patientinnen oft zahlreiche Ärzte (Dermatologen, Gynäkologen) auf, ohne eine Linderung der Beschwerden zu erfahren.
Therapie
Obwohl zahlreiche Therapieoptionen vorhanden sind, gibt es keine Therapie, die allen Patientinnen hilft, sodass ein individualisiertes und interdisziplinäres Vorgehen notwendig ist. Wichtig ist ein ausführliches aufklärendes Gespräch. Die Patientinnen sollten wissen, dass sie nicht an einer sexuell übertragbaren oder bösartigen Erkrankung leiden.
Topische Therapien sind wenig hilfreich und werden von den Patientinnen häufig abgelehnt. Topische Anästhetika mit Lidocain können versucht werden. Unnötige Irritanzien, wie Seifen, enganliegende Unterwäsche, irritierende Gleitmittel sollten gemieden werden.
Eine anxiolytische, antidepressive Therapie sollte bei Hinweisen auf eine Angststörung oder zugrunde liegende Depression in Zusammenarbeit mit einem Psychiater eingeleitet werden. Auch der erfolgreiche Einsatz des Antiepileptikums Gabapentin (beginnend mit 300 mg/Tag, Steigerung alle 5 Tage um 300 mg/Tag bis zu 3-mal täglich, Dosismaximum 900 mg 3-mal täglich) ist beschrieben worden.
In plazebokontrollierten Studien zeigte sich jeweils keine Überlegenheit der untersuchten Therapie (topisches Nifedipin, topisches Lidocain, orales Desipramin) gegenüber Plazebo, was die Notwendigkeit plazebokontrollierter Studien bei dieser Erkrankung deutlich macht.
Lokale Injektionen von Botulinumtoxin A zeigten in einigen Studien eine Verbesserung der Schmerz-Scores.
Da bei manchen Frauen eine Dysfunktion der Beckenbodenmuskulatur vorliegt, kann eine Physiotherapie des Beckenbodens hilfreich sein, um die Beckenbodenmuskulatur zu stärken, was auch die meist vorhandene Irritabilität der Muskulatur reduziert. Auch Relaxationstechniken, Weichteilmobilisation oder myofasziale Entlastung des Beckenbodens und der benachbarten Strukturen haben sich bewährt.
Bei Versagen aller Therapieversuche kann bei Frauen mit strikt lokalisierter Vestibulodynie eine Vestibulektomie in Betracht gezogen werden. Diese führt in der Hand eines erfahrenen Chirurgen meist zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik.
Kooperation mit einem Psychiater oder Psychotherapeuten ist dringend angeraten, sofern die Patientinnen dazu bereit sind.

Endometriose (Rokitansky 1860)

Epidemiologie
Die Endometriose ist häufig und tritt bei mindestens 25 % der unfruchtbaren Frauen auf. Die kutane Endometriose ist allerdings selten und findet sich bei weniger als 1 % der Patientinnen.
Ätiopathogenese
Das ektope Endometriumgewebe gelangt entweder durch reversen Fluss durch die Tuben während der Menstruation in die Bauchhöhle, oder während chirurgischer Eingriffe (im unteren Abdomen oder in der Beckenregion, Kaiserschnitt), wenn Schleimhaut des Uterus oder der Tuben mit diesen Stellen in Berührung kommt. Andere Theorien umfassen Metaplasie von Stammzellen (Erklärungsversuch für die extrem seltenen Fälle bei Männern) oder vaskuläre Disseminierung. Eine typische Hautlokalisation ist umbilikal durch Ausbreitung entlang der Nabelschnur, ansonsten in Narben nach intraabdominalen Eingriffen. Selten findet sich eine Endometriose auch an Vulva, Perineum oder den Labia majora.
Klinik
Drüsengewebe und Stroma des uterinen Endometriums werden in endophytisch wachsenden Gebilden nachgeahmt. Unterschieden wird zwischen Endometriosis genitalis interna, die in Ovarien, Ligamenten des Uterus und Eileitern innerhalb des kleinen Beckens auftritt, und Endometriosis extragenitalis, die außerhalb des kleinen Beckens lokalisiert ist. Unter Schokoladenzysten oder Endometriom versteht man mit Endometrium ausgekleidete Zysten, die mit altem Blut oder daraus hervorgegangenem teer- oder schokoladenfarbenem Inhalt gefüllt sind.
Kutane Manifestationen
Typischerweise finden sich weiche blaue, teilweise zystische Knötchen oder Knoten zwischen 5 mm und 3 cm Durchmesser, oft in der Nähe des Nabels, die während der Menstruationsblutung größer werden und bluten können. Die Endometriose verursacht unterschiedliche Symptome, gewöhnlich abhängig vom Monatszyklus: Dysmenorrhoe, zyklisch auftretende Unterleibschmerzen. In aller Regel besteht sekundäre Sterilität. Das Auftreten maligner Tumoren auf der Grundlage einer Endometriose ist möglich.
Differenzialdiagnose
Sie schließt nahezu alle schmerzhaften Tumoren ein, das charakteristische Merkmal der Endometriose ist jedoch die monatlich wechselnde Symptomatik, die diagnostisch wegweisend ist.
Histopathologie
Das betroffene Gewebe zeigt Drüsen- und Stromagewebe der Uterusschleimhaut.
Therapie
Kutane Veränderungen werden in der Regel chirurgisch entfernt.
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