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Angiotensin-konvertierendes Enzym

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
Angiotensin-konvertierendes Enzym
Synonym(e)
ACE; EC 3.4.15.1; Angiotensin Converting Enzyme
Englischer Begriff
Angiotensin I-converting enzyme; ACE
Definition
Mit höchster Aktivität im Endothel der Lungenkapillaren vorkommende Dipeptidyl-Carboxypeptidase, die die Spaltung des Dekapeptids Angiotensin I zum vasokontriktorisch sehr aktiven Oktapeptid Angiotensin II katalysiert und dadurch eine zentrale Rolle in der Blutdruckregulation einnimmt.
Molmasse
130–160 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
ACE ist ein sowohl Zellmembran-gebundenes als auch in freier Form vorkommendes Einzelkettenglykoprotein mit einem Kohlenhydratanteil von ca. 25 % und einer Molmasse von 130–160 kDa. Es ist hoch glykosyliert mit bis zu 20 Sialinsäureresten. Als Metallopeptidase enthält es Zink im aktiven Zentrum und wird in seiner katalytischen Aktivität durch metallbindende Agenzien (z. B. EDTA) inhibiert. Die Klonierung des ACE-Gens gelang im Jahr 1988. Es wurde ein Insertions (I)- sowie ein Deletions (D)-Polymorphismus in einem Fragment von ca. 250 Basenpaaren im Intron 16 des ACE-Gens identifiziert. Drei ACE-Genotypen werden unterschieden: I/I, I/D und D/D. Die ACE-Aktivität des Genotyps D/D ist doppelt so hoch wie die des Genotyps I/I. Es kommt mit 3 Genotypen (Angiotensin-konvertierendes-Enzym-Genmutation) vor, die höchste spezifische Aktivität weist die Niere mit etwa 5-mal höherer Aktivität als die Lunge auf. ACE ist weiterhin nachweisbar im Gehirn (z. B. Plexus chorioideus), Plazenta, Nebenniere, Retina und Testis. In löslicher Form ist ACE außer im Blut in Lymphflüssigkeit, Amnionflüssigkeit, Liquor, Seminalplasma und Augenflüssigkeit nachweisbar. In der Lunge befindet sich das Enzym an der luminalen Oberfläche der Kapillarendothelzellen, wo es auch seine katalytische Aktivität entfaltet hinsichtlich der Generierung von zirkulierendem Angiotensin II. ACE ist eine Dipeptidyl-Carboxypeptidase, die das durch Renin aus Angiotensinogen freigesetzte, funktionell inaktive Angiotensin I durch Abspaltung eines Dipeptids in das funktionell sehr aktive, kurzlebige Angiotensin II umwandelt (Abb. 1). Angiotensin II ist ein potenter Vasokonstriktor und Stimulator der Aldosteronsekretion und damit ein entscheidender Regulator des Blutdrucks. Die proteolytische Aktivität von ACE richtet sich auch auf die Inaktivierung von Bradykinin (Verbindung zum Kallikrein-Kinin-System), Substanz P, LH-RH (Gonadotropin-Releasing-Hormon) Enkephalin und Neurotensin.
Funktion – Pathophysiologie
Durch die zentrale Funktion von ACE im Renin-Aldosteron-Mechanismus spielt das Enzym in der Regulation des Blutdruckes und in der Pathogenese der Hypertonie eine wichtige Rolle. Sie ist Ziel antihypertensiver Therapie durch ACE-Inhibitoren (z. B. Captopril). Klinisch relevant sind Erhöhungen der ACE im Serum bei Sarkoidose, vermutlich durch erhöhte Expression in den Lymphknoten des betroffenen Lungengewebes.
Die drei Genotypen (I/I, I/D, D/D) der ACE haben unterschiedliche Wertigkeit für die Ausbildung eines ischämischen Herzinfarktes. Patienten mit dem D-Allel neigen signifikant häufiger zu koronaren Herzerkrankungen als die mit anderen ACE-Genotypen.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, Heparinplasma, (Liquor cerebrospinalis).
Probenstabilität
Die Aktivität ist stabil bis zu 30 Tagen bei 2–8 °C, bis zu 6 Monaten bei −20 °C. ACE-Inhibitoren (Captopril, Elanopril) müssen 4 Wochen vorher abgesetzt werden.
Präanalytik
EDTA als Antikoagulans blockiert die ACE-Aktivität (Metallopeptidase!).
Analytik
Neben Enzym- (Enzymimmunoassay) oder Radioimmunoassays zur Bestimmung der immunreaktiven Konzentration stehen Aktivitätsbestimmungen im UV- oder sichtbaren Wellenlängenbereich zur Verfügung. Die Aktivitätsbestimmung erfolgt mit synthetischen Substraten wie Hippuryl-L-Histidyl-L-Leucin, Furylacroloyl-Phenylalanylglyzylglyzin, Hippuryl-L-Histidyl-L-Leucin und 4-Aminoantipyrin. Die freigesetzte Hippursäure wird photometrisch bei 228, 340 bzw. 505 nm gemessen. Die Bestimmung kann auch mit einem radioaktiv markierten Substrat durchgeführt werden.
Referenzbereich – Erwachsene
Methodenabhängig. Jugendliche unter 18 Jahren haben signifikant höhere Aktivitäten als Erwachsene. Die immunreaktive ACE-Konzentration ist normalerweise sehr gering, in der Größenordnung von 0,4 mg/L (3 × 10−9 mol/L).
Unter den drei Genotypen hat der D/D-Genotyp die relativ höchste ACE-Konzentration.
Indikation
Diagnose und Verlaufskontrolle der Sarkoidose (Serum) und Neurosarkoidose (Liquor).
Interpretation
Außer bei Sarkoidose treten erhöhte Serumaktivitäten bei Lepra, Hyperthyreose, Morbus Gaucher, Silikose, Berylliose und Asbestose, diabetischer Retinopathie, akuter Hepatitis und Leberzirrhose, rheumatoider Arthritis, Tuberkulose und Pneumokoniosen auf.
Erniedrigungen sind vorhanden bei ARDS („adult respiratory distress syndrome“), Hypothyreose und fortgeschrittenem Bronchialkarzinom. In der folgenden Tabelle ist die differenzialdiagnostische Bewertung der ACE-Konzentrationen (Aktivitäten) zusammengestellt:
Konzentration von Angiotensin-konvertierendem Enzym
Erhöht
Erniedrigt
Morbus Gaucher (Lipidspeicherkrankheit)
Diabetes mellitus mit Retinopathie
Silikose, Asbestose
Schwangerschaft ab 7. Monat
Frühgeborene mit Respiratory-distress-Syndrom
Alkoholabusus
Akute und chronische Lungenschädigung
Hypothyreose
Chronisch lymphatische Leukämie
Non-Hodgkin-Lymphom
Bronchialkarzinom
Therapie mit ACE-Hemmern (Blutdrucksenkung, z. B. Captopril, Elanopril)
Diagnostische Wertigkeit
Etwa 80–90 % der Patienten mit aktiver Sarkoidose weisen erhöhte ACE-Aktivitäten im Serum auf. Besonders hohe Aktivitäten sind bei röntgenologisch nachgewiesener Vergrößerung hilärer Lymphknoten und Lungeninfiltraten festzustellen. Die Sensitivität wird mit 63 %, die Spezifität mit 93 %, der positive und negative prädiktive Wert mit 93 % bzw. 74 % für die Lungensarkoidose angegeben. Unter der Therapie mit Glukokortikoiden tritt ein Abfall der ACE-Aktivität ein.
Literatur
Bunting PS, Szalai JP, Katic M (1987) Diagnostic aspects of angiotensin converting enzyme in pulmonary sarcoidosis. Clin Biochem 20:213–219CrossRefPubMed