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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 20.05.2023

Arthrose des Kniegelenkes – Konservative Therapie

Nichtpharmakologische Maßnahmen, pharmakologische Therapie, Ernährung/Nahrungsergänzung
Verfasst von: Ulrich Grün und Henning Madry
Die Arthrose ist eine chronisch progrediente Erkrankung. Während in der Vergangenheit die konservative Behandlung oft nur als Interimstherapie bis zum endoprothetischen Gelenkersatz gesehen wurde, treten heute langfristige individuelle und multimodale Therapieansätze in den Vordergrund. Hierbei umfasst die Basistherapie Gewichtskontrolle, Patientenschulung und Mobilisation. Ergänzend kommen physikalische Therapie und orthopädische Hilfsmittel zum Einsatz. Die pharmakologische Therapie zielt auf Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung mit systemischen und lokalen Behandlungsoptionen. Vorrangig kommen nichtsteroidale Antiphlogistika zur kurzzeitigen Anwendung. Intraartikuläre Injektionen ergänzen den symptomatischen Therapieansatz. Da bis dato keine Medikamente zugelassen sind, die eine Degeneration des Gelenkknorpels verhindern bzw. diesen regenerieren können, wecken neue Therapieverfahren wie plättchenreiches Plasma, autologe Stammzellen oder monoklonale Antikörper große Erwartungen. Vor dem Hintergrund ihrer teilweise nicht ausreichend belegten Wirksamkeit sind diese Verfahren jedoch weiterhin zurückhaltend zu bewerten.

Konservative Behandlung

Die Arthrose ist eine schwere Erkrankung und eine der Hauptursachen für eine verminderte Lebensqualität und chronische Behinderung bei Erwachsenen (Hunter und Bierma-Zeinstra 2019). Ihre Inzidenz nimmt aufgrund einer alternden Bevölkerung und der Adipositas-Epidemie weiter zu, insbesondere in wirtschaftlich stärker entwickelten Ländern (Diseases und Injuries 2020), was die bedeutende und ständig wachsende klinische, epidemiologische, gesundheitspolitische und sozioökonomische Priorität der Arthrose unterstreicht. Zudem haben Patienten mit symptomatischer, radiologisch gesicherter Gonarthrose ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Hierbei stellen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie koronare Herzkrankheit und Herzinsuffizienz die häufigsten Todesursachen dar, wobei das Herztod-Risiko bei vorliegender Gonarthrose um fast 20 % höher ist, wie eine schwedische Studie an ~34.700 Patienten mit Gon- oder Coxarthrose über einen neun- bis elfjährigen Beobachtungszeitraum ergab (Turkiewicz et al. 2019). Eine kombinierte Analyse von Einzeldaten aus 9 ausgewählten Kohortenstudien unter Verwendung individueller Daten von 34.485 älteren Erwachsenen zeigte, dass die Ganggeschwindigkeit in allen Studien mit dem Überleben assoziiert ist, wobei die Überlebensrate über den gesamten Bereich der Ganggeschwindigkeiten mit signifikanten Schritten pro 0,1 m/s erhöht war (Studenski et al. 2011). Darüber hinaus ist die Fähigkeit, frei aufrecht zu gehen und sich zu bewegen, auch für alle Präventions- und Rehabilitationsprogramme bei allen anderen Krankheiten, einschließlich neurodegenerativer, kardiovaskulärer, Infektionskrankheiten oder Krebs, unerlässlich. Diese Daten zeigen eindrücklich, dass Arthrose nicht nur eine Erkrankung darstellt, die mit den Kardinalsymptomen Schmerz und Funktionsverlust einhergeht, sondern auch ein erhöhtes Risiko an reduzierter Lebenserwartung bedingt. Die Bedeutung der konservativen Behandlung der Arthrose mit dem übergeordneten Ziel der Wiederherstellung, Aufrechterhaltung oder Steigerung des körperlichen Aktivitätsniveaus reicht daher weit über den Stütz- und Bewegungsapparat des Patienten hinaus.
Vor dem Hintergrund der komplexen Ätiologie der Arthrose gewinnen multimodale Therapiekonzepte zunehmend an Bedeutung und sollen eine individuell angepasste Behandlung ermöglichen. Ziele sind der Erhalt der Mobilität und die Schmerzreduktion. Basismaßnahmen beinhalten Gewichtsreduktion, körperliche Aktivität und mobilisierende Beübung sowie Aufklärung und Patientenschulung (Edukation). Ergänzende Therapieoptionen umfassen Verhaltenstherapie, physikalische Behandlungen, Manualtherapie, Orthesen und Gehhilfen sowie die medikamentöse Behandlung. Da der klinische Verlauf variabel, progredient und zeitlich oft nicht vorherzusagen ist, ist die Sichtweise einer konservativen Therapie als reine und zeitlich begrenzte Überbrückungsmaßnahme bis zur endoprothetischen Versorgung nicht mehr als zeitgemäß zu rechtfertigen. Diese Sichtweise gilt insbesondere für jüngere Arthrose-Patienten. Es erscheint ebenfalls sinnvoll, zu betonen, dass der arthrotische Knieschmerz per se ein veränderbares Symptom ist, welches in seiner Intensität nicht linear zur strukturellen arthrotischen Gelenkzerstörung ist, sondern durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird (Caneiro et al. 2020).
Der Placebo-Effekt ist ein wichtiger Aspekt in der konservativen Arthrosebehandlung. Eine aktuelle Übersichtsarbeit gibt an, daß bis zu 75 % an Schmerzreduktion, 71 % an funktioneller Verbesserung und 83 % an Verbesserung der Beweglichkeit auf einen Placebo- oder kontextuellen Effekt („contextual effect“) zurückzuführen sind (Zhang 2019). Ein Kontexteffekt ist ein Aspekt der kognitiven Psychologie, der den Einfluss von Umweltfaktoren auf die Wahrnehmung eines Reizes beschreibt (Zou et al. 2016). So hat beispielsweise eine intraartikuläre Injektion einen Placebo-Effekt von 47 %, während eine arthroskopische oder Nadel-Gelenk-Lavage einen 91 %igen Placebo-Effekt hat (Kaptchuk 1998). Zhou und Ko-Autoren bemerken, dass der Großteil (75 %) des Gesamtbehandlungseffekts in randomisiert kontrollierten Arthrosestudien eher auf Kontexteffekte als auf den spezifischen Effekt der Behandlungen zurückzuführen ist. Aus diesem Grund ist die beobachtete Schmerzlinderung nach Verwendung von intraartikulärer Kochsalzlösung als „Placebo“ in einer klinischen Vergleichsgruppe potenziell problematisch (Altman et al. 2016).
Das weite Feld der konservativen Therapien umfasst nichtpharmakologische und pharmakologische Therapien (Abb. 1). Grundsätzlich sollten alle konservativen Therapieoptionen ausgeschöpft werden, bevor operative Maßnahmen zur Anwendung kommen. Evidenzbasierte Empfehlungen werden regelmäßig von der Osteoarthritis Research Society International (OARSI) (Bannuru et al. 2019; McAlindon et al. 2014; Arden et al. 2021) sowie der American Academy of Orthopaedic Surgeons (AAOS), vom American College of Rheumatology (ACR), der European League Against Rheumatism (EULAR) und der European Society for Clinical and Economic Aspects of Osteoporosis, Osteoarthritis and Musculoskeletal Diseases (ESCEO) publiziert (Katz et al. 2021). Aktuell liegen auch AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.)-S2k-Leitlinien zur konservativen Therapie der Gonarthrose und Indikation der Knieendoprothese vor (Steinmeyer et al. 2018). Auf die für das Kniegelenk speziellen Behandlungsformen wie Krankengymnastik bzw. Physiotherapie (inklusive Extensionstherapie), Sporttherapie und Medizinische Trainingstherapie, Thermotherapie, Massage, Balneotherapie, Elektrotherapie und Ultraschalltherapie wird im Folgenden detailliert eingegangen.

Nichtpharmakologische Therapie

Basistherapie

Die Basistherapie (Abb. 2) besteht laut internationalen und AWMF-S2k-Leitlinien aus den drei Komponenten (1) Aufklärung und Beratung, (2) Gewichtskontrolle und Gewichtsreduktion bei Übergewicht sowie (3) selbstständige körperliche Aktivität und krankengymnastische Beübung (Holm et al. 2020). Als ergänzenden Therapien werden die physikalische Therapie sowie orthopädische Hilfsmittel bezeichnet.
Aufklärung und Beratung
Patienteninformationen sollen den Patienten in die Lage versetzen, das Krankheitsbild Gonarthrose bzw. die Symptome zu verstehen und einzuordnen. Dem Patienten muss verständlich dargelegt werden, dass es sich bei der Arthrose um eine komplexe und progredient verlaufende Erkrankung handelt, die nach wie vor nicht heilbar ist, obwohl durch verschiedene Medien eine große Erwartungshaltung betreffs neuer Therapieverfahren geschürt wird. Entscheidend ist, den Patienten so zu motivieren, dass er sich aktiv an der Behandlung beteiligt und auch die Behandlungsverantwortung übernimmt, was wiederum eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung voraussetzt. Die Patientenaufklärung sollte Informationen über Ursachen, Risikofaktoren und Krankheitsmechanismen der Gonarthrose, über die herausragende Bedeutung von körperlicher Aktivität und negative Folgen von Inaktivität und über wirksame Behandlungen und Bewältigungsstrategien beinhalten (Skou und Roos 2019). So kann der Patient in die Lage versetzt werden, mit den Arthroseschmerzen umzugehen, bewegungsinduzierte Schmerzphasen zu verstehen und idealerweise zu lebenslanger aktiver Bewegung im Rahmen der Grenzen seiner Erkrankung motiviert werden. Individuelle Behandlungsziele sollten mit den Patienten gemeinsam besprochen werden, Bewältigungsstrategien aufgezeigt werden. Zusätzlich sollten arthrosekranke Patienten ermuntert werden, sich in Selbsthilfegruppen zusammenzuschließen und die von unterstützenden Organisationen angebotenen Möglichkeiten zu nutzen.
Sportberatung
Eine individuelle Beratung unter Berücksichtigung der Wünsche des Patienten, seiner Konstitution und Fitness ist erforderlich. Grundsätzlich sind „high-impact“-Sportarten auch bei Gelenkgesunden mit einer höheren Druckbelastung des Gelenkknorpels und einem höheren Verletzungsrisiko verbunden und sollten daher nicht empfohlen werden. Zu diesen Sportarten gehören u. a. Jogging, Ski alpin, Fußball, Tennis, Squash, Volleyball und Handball. Die sogenannten „low-impact“-Sportarten wie insbesondere Radfahren, aber auch (Rücken-)Schwimmen, Gehen („nordic walking“), Skilanglauf und Aerobic sind als gelenkschonend anzusehen und können speziell empfohlen werden.
Gewichtskontrolle und Gewichtsreduktion bei Übergewicht
Der Einfluss des Köpergewichts und damit der mechanischen Gelenkbelastung auf die Arthrose des Kniegelenks ist wissenschaftlich in mehreren Studien belegt (Lohmander et al. 2009; Chapple et al. 2011). So besteht bei Übergewicht ein 2,5-fach erhöhtes Arthroserisiko. Die Ursachen der Schmerzreduktion unter Gewichtsverlust sind noch nicht vollständig bekannt. Zum einen führt die Gewichtsreduktion zu einer direkten Abnahme der mechanischen Gelenkbelastung, zum anderen sind aber auch metabolische Faktoren bekannt wie proinflammatorische Mediatoren aus dem Fettgewebe, sog. Adipokine, die an der inflammatorischen Phase der Arthrose direkt beteiligt sind (Collins et al. 2021). Eine Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Patienten ist daher zwingend anzustreben. Die zentrale Bedeutung des Körpergewichtes zeigt eine Kohortenstudie an 250 asymptomatischen Erwachsenen ohne bekannte Gonarthrose. Bei MR-tomographisch gesicherter Innenmeniskusläsionen war pro 1 % Gewichtszunahme ein um 0,2 % erhöhter Verlust des medialen Knorpelvolumens und eine ~12 %ige Zunahme der Schmerzen nach 2 Jahren zu verzeichnen. Bei Probanden ohne Meniskusschaden hatte eine Gewichtsveränderung keinen Effekt (Teichtahl et al. 2014). Während verschiedene Richtlinien eine Gewichtsreduktion um 5–10 % des Körpergewichts empfehlen, sind die positiven Effekte (Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung) größer, wenn als definitives Ziel das Normalgewicht erreicht wird. Daher sollte laut der OARSI ein Körpermasseindex (Body Mass Index; BMI) von weniger als 25,0 kg/m2 [entspricht laut Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) dem Normalgewicht] angestrebt werden (Bannuru et al. 2019; McAlindon et al. 2014).
Selbständige körperliche Aktivität und krankengymnastische Beübung
Körperliche Aktivität im Rahmen der Tätigkeiten des täglichen Lebens und die krankengymnastische (hier als Synonym für physiotherapeutische) Beübung werden in der Basistherapie grundsätzlich empfohlen (Fransen et al. 2015a). Eine allgemeine körperliche Bewegung und das Aufrechterhaltung eines angemessenen Maßes an körperlicher Aktivität bieten generell wichtige Vorteile, die über die alleinige konservative Therapie der Gonarthrose hinausgehen, da sie auch viele ggf. vorhandene Komorbiditäten vorteilhaft beeinflussen (Bowden et al. 2020). Im Vordergrund der Therapie stehen hier Kraft-, Ausdauer- und Bewegungstraining, die als gelenkschonende Sportarten wie Fahrradfahren, Schwimmen oder Nordic Walking durchgeführt werden können. In zahlreichen randomisiert-kontrollierten Studien konnte ein positiver Effekt auf die Gelenkschmerzen und Funktion bei Patienten mit Gonarthrose mit zumindest mittelfristiger Dauer (2–6 Monate) beobachtet werden (Fransen et al. 2015b). Die Bewegungstherapie kann eine wirksame Schmerzlinderung erreichen, die mit der pharmakologischen Therapie vergleichbar ist, aber ohne deren potenziellen Nebenwirkungen auskommt. Empfohlen wird eine individuell angepasste physiotherapeutische Beübung, die mindestens 12 Anwendungen bei 2 Anwendungen pro Woche beinhaltet (Skou und Roos 2019). Die zugrundeliegenden Mechanismen bleiben weitgehend unklar. Vermutet werden antiinflammatorische Effekte, aber auch Veränderungen der individuellen Schmerzwahrnehmung auf physischer und psychischer Ebene.
Der Beübung der kniegelenkübergreifenden Muskulatur kommt eine herausragende Rolle zu. Die Ziele der krankengymnastischen Beübung sind die Verbesserung der Beweglichkeit durch Bekämpfung von Kontrakturen, Verbesserung der Koordination und muskulärer Balance, propriozeptive und gelenkstabilisierende Übungen sowie Durchblutungsförderung. Hier können neben Dehnprogrammen auch manualtherapeutische Beübungen und Extensionsbehandlungen angewendet werden. Ihr Ziel ist, die muskuläre Führung des Gelenks zu stabilisieren und Muskelatrophien zu vermeiden. Während die Krankengymnastik bereits in der Basistherapie einen festen Stellenwert einnimmt, ist die Traktionsbehandlung eine sinnvolle Therapieergänzung, da sie nachweislich zu einer Schmerzlinderung und damit Verbesserung der Lebensqualität beiträgt. Diese vorteilhaften Effekte haben diverse klinische Studien bestätigt.
Physiotherapeutische Übungen werden zumeist an Land durchgeführt, da sie den wasserbasierten Übungen aufgrund der vorhandenen Schwerkraft und somit normaler Gelenkbelastung als überlegen gelten (Bowden et al. 2020). Die isometrische Beübung der gelenkübergreifenden Muskulatur kann jedoch auch als Hydrotherapie (z. B. Aquajogging, Schwimmen, Wassergymnastik) erfolgen und sinnvoll sein. Da das Kniegelenk nur minimal belastet wird, sind generell Übungen auf Wasserbasis eine sinnvolle Alternative, wenn der Patient beispielsweise wegen massiven Schmerzen oder schwerer Adipositas dazu nicht in der Lage ist. Ein weiterer Therapieansatz beinhaltet die Verbesserung der bei Arthrosepatienten reduzierten Propriozeption. Geh- und Haltungsschulungen sind sinnvoll. Ein allgemeines Übungs- und Eigenprogramm sollte Trainingseinheiten zur Verbesserung der Kontraktionsgeschwindigkeit, der Ausdauer sowie der isometrischen und isotonischen Kraft und zur Wahrnehmung der Gelenkposition beinhalten. Hierbei führen besonders Ausdauer- und Schnellkraftübungen zu langanhaltenden funktionellen Verbesserungen.
Eine aktuelle randomisiert-klinische Studie an 377 Teilnehmern mit Gonarthrose (Durchschnittsalter 65 Jahre) fand keinen statistisch signifikanten Unterschied im WOMAC-Schmerzbewertungssystem nach 1,5 Jahren zwischen Krafttraining hoher Intensität im Vergleich zu Krafttraining mit geringer Intensität oder Aufmerksamkeitskontrolle bei Erwachsenen mit Kniearthrose (Messier et al. 2021). Spezielle Übungen für einzelne Muskelgruppen sind hilfreich (beispielsweise die Mobilisierung des Tractus iliotibiatis, der mit Fasern in das laterale Retinakulum einstrahlt, sowie Übungen zum Training des M. vastus medialis obliquus bei Retropatellararthrose mit lateralisierter und/oder verkippter Patella. Beim Gerätetraining im Rahmen der Medizinischen Trainingstherapie (MTT), oder auch Muskelaufbautraining, wird an Krafttrainingsgeräten die Muskulatur trainiert.

Ergänzenden Therapien

Physikalische Therapie
Die physikalische Therapie hat einen herausragenden Stellenwert innerhalb der ergänzenden Therapien (Madry und Kohn 2004). Sie umfasst alle medizinische Behandlungsformen, die natürliche Reaktionen auf äußere Reizsetzungen nutzen.
Thermotherapie
Die physiologischen Wirkungen der Wärmtherapie sind nicht komplett geklärt. Eine Hypothese ist die lokale Verbesserung der Perfusion mit damit einhergehender Muskelentspannung. Die Datenlage ist jedoch minimal, somit ist eine Einschätzung der Evidenz nicht möglich. Aufgrund der einfachen Applikation und Verfügbarkeit wird die Wärmetherapie zwar in einigen Behandlungsrichtlinien empfohlen, ist aber auch mit dem Risiko von Nebenwirkungen wie Verbrennungen bei unsachgemäßer Eigenanwendung insbesondere bei Patienten mit gestörtem Temperaturempfinden verbunden. Kältetherapie zielt auf einen abschwellenden Effekt und damit auf eine Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung. Aufgrund der inkonsistenten Datenlage sind die Empfehlungen in den Behandlungsrichtlinien widersprüchlich (Dantas et al. 2019). Wärmetherapie ist im entzündlichen Intervall nicht sinnvoll.
Balneotherapie
Die Balneotherapie stellt eine sinnvolle Ergänzung zur landbasierten krankengymnastischen Beübung dar. Sie umfasst hauptsächlich Schwimmen und Wasseraerobic. Durch Reduktion der Schwerkraft profitieren besonders Patienten mit Belastungsschmerzen, Übergewicht und schwacher muskulärer Konstitution. Da durch mehrere Studien eine signifikante Verbesserung der Funktion und Schmerzen gezeigt wurde, wird die Balneotherapie in den meisten Behandlungsrichtlinien empfohlen.
Massage
Der Massagetherapie wird eine schmerzlindernde und funktionsverbessernde Wirkung zugesprochen, jedoch kann diese aufgrund der qualitativ reduzierten und heterogenen Datenlage nicht bewiesen werden (Nelson und Churilla 2017). Die Anwendung von Massagen wird daher nicht in allen Leitlinien empfohlen.
Elektrotherapie, Ultraschalltherapie und transkutane elektrische Nervenstimulation
Durch hochfrequente Ströme, die über Hautelektroden appliziert werden, soll die Aktivität peripherer Nerven beeinflusst werden. Nach der zugrundeliegenden GATE-CONTROL-Theorie wird durch die Stimulation von A-beta Nervenfasern die nozizeptiven Signaltransmission auf Rückenmarksebene blockiert und so die nozizeptive Wahrnehmung im Gehirn verringert. Der Effekt wird als kurzwirksam (Stunden nach Applikation) beschrieben. Belege für eine Schmerzreduktion bei Gonarthrose unter transkutaner elektrischer Nervenstimulation (TENS) wurde in wenigen Studien festgestellt. Die Anwendung der TENS zur kurzfristigen Schmerzreduktion wird von mehreren Fachgesellschaften, wie der AWMF (Steinmeyer et al. 2018), vom Royal Australian College of General Practitioners (RACGP) sowie dem National Institute for Health and Care Excellence (Nice) des Vereinigten Königreiches empfohlen (Katz et al. 2021). Die ACR spricht dagegen aufgrund der geringen Datenlage keine Empfehlung aus.
Die neuromuskuläre elektrische Stimulation (NMES) wird dagegen nicht zur Muskelkräftigung empfohlen, da die Datenlage bezüglich Schmerzreduktion, Funktionsverbesserung und Steigerung der Muskelkraft inkonklusiv ist.
Lasertherapie
Die schmerzlindernden Effekte der Lasertherapie wurde in wenigen Studien untersucht, hier scheint es eine schwache Evidenz für einen schmerzlindernden Effekt in Verbindung mit Bewegungstherapie zu geben.
Magnetfeldtherapie
Studien zur Magnetfeldtherapie bezüglich Schmerzreduktion, Funktionsverbesserung und Lebensqualität konnten keine konsistenten Daten liefern, sodass eine Therapieempfehlung nicht ausgesprochen werden kann. Dagegen konnte ein positiver Effekt von Impulsschall bei der Ultraschalltherapie auf Schmerz und Funktion gezeigt werden, wobei eine kontinuierliche Ultraschalltherapie lediglich schmerzlindernde Effekte zeigte. Auch die Stoßwellentherapie konnte zu einer Verbesserung der Beweglichkeit und zu einer Schmerzreduktion beitragen.
Andere elektrophysikalische Therapien
Weitere elektrophysikalische Therapien stehen in Form von Mikrowellen, kontinuierlichen Kurzwellen und Interferenzströmen zur Verfügung. In wenigen Studien konnten positive Effekte auf Schmerz, Funktion und Muskelkraft nachgewiesen werden, sodass eine ergänzende Anwendung zwar empfohlen wird, der langfristige Effekt jedoch kritisch hinterfragt werden sollte. Die Infrarottherapie hat nach gegenwärtiger Datenlage keine signifikanten Effekte hinsichtlich Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung.
Naturheilverfahren
Geist-Körper-Übungen wie Yoga und Tai Chi werden mittlerweile auch in einigen Leitlinien für die Anwendung bei Patienten mit Gonarthrose empfohlen (Bowden et al. 2020). Einen positiven Effekt der Akkupunktur hinsichtlich Schmerzreduktion bei akuten Beschwerden konnte in mehreren Studien belegt werden (Vickers et al. 2012). Für die Anwendungen oraler und topischer Phytotherapeutika, der Homöpathie und Blutegel gibt es nach aktueller Studienlage keine wissenschaftlich belegbare Evidenz.
Orthopädietechnische Hilfsmittel
Obwohl Bandagen keine biomechanischen Änderungen in der Gelenkführung bewirken, sind durch die Verbesserung der Propriozeption eine bessere muskuläre Gelenkführung und damit eine Verringerung der Instabilität möglich. Pufferabsätze fangen Druckspitzen auf den Gelenkknorpel ab. Weiterhin können durch den komprimierenden Effekt von Bandagen die Ergussbildung und Schwellneigung reduziert werden. Zudem verringert die Verwendung von Gehstöcken die Belastung der Gelenke. Insbesondere ein Fritz- oder Krückstock sowie eine Unterarmgehstütze, gehalten auf der kontralateralen Seite des von der Arthrose betroffenen Kniegelenks, können den Belastungsschmerz lindern. Liegt eine Sturzneigung aufgrund von Muskelschwäche und Schmerz bzw. gleichzeitigem Vorhandensein anderer Erkrankungen vor, ist die Verwendung eines Rollators angezeigt. Hilfsmittel zur häuslichen Versorgung der Patienten wie Sitzkissen, Toilettenstühle, Krankenbett, Greifzangen o. ä. können bei Gonarthrose Erleichterung verschaffen.
Patienten mit einer isolierten medialen Gonarthrose profitieren bei varischer Achsfehlstellung des Knies von lateralen Schuhranderhöhungen, die in der Standphase zu einer Verlagerung der mechanischen Beinachse führen soll. Spezielle Orthesen können auch in der Schwungphase des Beines bei unikompartimentaler Arthrose zu Entlastung führen. Diese achskorrigierenden Orthesen („unloader braces“) mit regulierbarem Valgus- oder Varus-Stressmoment werden mittlerweile häufiger angewendet. In biomechanischen Studien konnte gezeigt werden, dass valgisierende Orthesen das Knieadduktionsmoment reduzieren und somit zu einer Entlastung des medialen Gelenkkompartimentes beitragen können. Dennoch ist die Datenlage bezüglich der Verlangsamung des Krankheitsverlaufs und damit eines längerfristigen Effektes begrenzt (Briggs et al. 2012; Muller-Rath et al. 2011). Achskorrigierende Orthesen können individuell eingestellt werden und finden besonders bei Patienten Anwendung, die eine Umstellungsosteotomie oder den Gelenkersatz herauszögern möchten oder bei denen Kontraindikationen für Operationen bestehen. Eine Metaanalyse belegt eine geringe Effektstärke im Vergleich zur Kontrollgruppe, reduzierter Compliance sowie Komplikationen wie schlechter Sitz, Schwellungen und Hautreizungen (Moyer et al. 2015) Wenn Orthesen zur Anwendung kommen, muss daher sichergestellt sein, das diese korrekt angepasst sind und die Patienten in den sachgemäßen Gebrauch instruiert sind. Nicht indiziert sind achskorrigierende Orthesen bei schwerer Valgusdeformität, da es zum Reiben der Orthese gegen das kontralaterale gesunde Kniegelenk kommen kann.

Pharmakologische Therapie

Die pharmakologische Behandlung kann in systemische (z. B. Analgetika und nichtsteroidale Antirheumatika), und lokale Therapeutika (Topika, intraartikuläre Injektionen) eingeteilt werden (Abb. 3). Ihr primäres Ziel bei der Therapie der Gonarthrose ist die Schmerzreduktion. Steht ein entzündlicher Schub im Vordergrund, ist die Entzündungshemmung und damit die Funktionsverbesserung das sekundäre Ziel. Gegenwärtig stehen keine zugelassenen Medikamente zur Verfügung, die den Abbau der Knorpelsubstanz aufhalten oder neue Knorpelsubstanz aufbauen (regenerieren) können. Daher bleibt die medikamentöse Therapie ein symptomatischer (allenfalls antiinflammatorischer) Therapieansatz. Es gilt der Grundsatz, dass die medikamentöse Therapie die oben genannten Basistherapien nicht ersetzen kann, sondern ausschließlich als Ergänzung gesehen werden muss. Die pharmakologische Therapie zielt somit primär auf eine Schmerzreduktion und damit eine Funktionsverbesserung (McDougall 2019). Sie ist nicht als Dauertherapie geeignet und sollte situativ angepasst werden. Ein Behandlungsalgorithmus zur pharmakologischen Therapie bei Gonarthrose wurde 2018 in der AWMF S2k-Leitlininie vorgeschlagen (Abb. 4).

Systemische Therapeutika

Analgetika
Die Wirkstoffgruppe der Analgetika umfasst Nichtopioid- und Opioid-Analgetika. Nichtopioid-Analgetika werden in nichtsaure antipyretische Analgetika (z. B. Paracetamol oder Metamizol) und saure nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR oder NSAIDS: non-steroidal anti-inflammatory drugs; z. B. Diclofenac oder Ibuprofen) unterteilt. NSAR haben im Vergleich zu den anderen Substanzen einen ausgeprägten antiphlogistischen Effekt und sind daher für die zeitlich begrenzte Therapie der Gonarthrose im akuten Entzündungsschub besonders geeignet. Eine Sonderform der Nichtopioid-Analgetika sind die selektiven Inhibitoren des Cyclooxygenase-Enzyms 2 (COX-2) (z. B. Celecoxib oder Etoricoxib).
Die medikamentöse analgetische Therapie der Arthrose sollte zunächst mit NSAR in topischer oder systemischer Applikation erfolgen. Nicht zuletzt im Hinblick auf die sogenannte Opioid-Epidemie sollten Opioide grundsätzlich nicht primär und nur absolut zeitlich begrenzt bei starken Schmerzen als schwach wirksame Opioide zur Anwendung kommen (Petzke et al. 2020).
Nichtopioid-Analgetika
Nichtsaure antipyretische Analgetika
Das Anilinderivat Paracetamol (Acetaminophen) ist ein Analgetikum mit antipyretischer und sehr schwach ausgeprägter antiphlogistischer Wirkung. In aktuellen Studien konnte bei Patienten mit Gonarthrose und Coxarthrose keine klinisch signifikante Schmerzlinderung durch Paracetamol nachgewiesen werden. Weiterhin hat Paracetamol ein erhebliches hepatotoxisches Potenzial. Da Paracetamol außerdem häufiger Bestandteil freiverkäuflicher Kombinationspräparate ist (Erkältungspräparate), besteht ein nicht zu unterschätzendes Risiko einer Überdosierung. Vor diesem Hintergrund und der nur geringen und somit wenig kausalen antiphlogistischen Potenz, wird die Anwendung von Paracetamol von den führenden Fachgesellschaften zur Therapie der Gonarthrose nicht mehr empfohlen (OARSI, AMWF) (Steinmeyer et al. 2018).
Metamizol
Metamizol (Novaminsulfon) ist ein Pyrazolonderivat und das nichtsaure Nichtopioid-Analgetikum mit der höchsten schmerzlindernden und antipyretischen Wirkung. Diese beruht auf einer nichtselektiven Inhibition von COX-1 und COX-2. Zu den allgemeinen Nebenwirkungen gehören Exantheme, gastrointestinale Beschwerden, hypotensive Dysregulation, Dyspnoe und Nierenfunktionsstörungen. Die Agranulozytose ist dagegen eine schwere Komplikation der Einnahme von Metamizol, die mit einer Mortalität bis zu 10 % bei fortgesetzter Verabreichung beschrieben wird.
Nichtsteroidale Antirheumatika
Die systemische Applikation von NSAR wird von den führenden Fachgesellschaften (AWMF, EULAR, OARSI) empfohlen, insbesondere in entzündlichen Stadien. Ihre wichtigsten Vertreter sind Arylpropionsäurederivate (z. B. Ibuprofen oder Naproxen), Arylessigsäurederivate (z. B. Diclofenac), Indolessigsäurederivate (z. B. Indometacin) und Oxicame (z. B. Piroxicam). NSAR greifen in die Arachidonsäurekaskade ein. Dies geschieht über die nichtselektive Hemmung der COX-1 und COX-2, welche enzymatisch die Umwandlung von Arachidonsäure in Prostanoide (Prostaglandine, Thromboxane, Prostacycline) katalysieren und über den Cyclooxygenase- oder Lipoxygenaseweg die Biosynthese der Prostaglandine und Leukotriene hemmen. NSAR inhibieren katabole Prozesse im Gelenk, welche durch den mechanischen Abrieb von Knorpelfragmenten und deren Interaktion mit der Synovialmembran unterhalten werden. Placebokontrollierte Studien belegen die Wirksamkeit von NSAR hinsichtlich Schmerzreduktion, Funktionsverbesserung und subjektivem Befinden der Patienten. Zwischen den einzelnen NSAR sind kaum Unterschiede hinsichtlich ihrer Wirkung erkennbar. Obwohl ihnen neben ihrer analgetischen Wirksamkeit eine antientzündliche Schutzwirkung auf den Knorpel zugeschrieben wird, liegen bislang keine Studien vor, die derartige chondroprotektive Eigenschaften von NSAR hinreichend belegen. Mit den erwünschten antiphlogistischen und analgetischen Wirkungen der NSAR sind auch deren Neben- und Wechselwirkungen verknüpft, weil Prostaglandine als Mediatoren in fast allen Zellen bzw. Geweben synthetisiert werden und dort vielfältige physiologische Funktionen wahrnehmen.
NSAR besitzen ein erhebliches Potenzial gastrointestinaler, kardiovaskulärer und renaler Nebenwirkungen. Dieses Risiko steigt mit dem Lebensalter des Patienten, Vorerkrankungen und der Dosis (Lebensalter > 60 Jahre, positive Ulkusanamnese, Kortikoideinnahme, Antikoagulation, kardiovaskuläre-, renale Erkrankungen, schwere Systemerkrankungen, Diabetes mellitus, Stress, Alkoholabusus). Das Risiko einer gastrointestinalen Blutung ist für Ibuprofen und Diclofenac geringer als für Piroxicam. Liegen gastrointestinale Probleme vor, sollten daher NSAR immer zusammen mit einem gastroprotektiven Medikament eingenommen werden. Die Hemmer der H+-K+-ATPase (Protonenpumpenhemmer; z. B. Omeprazol oder Pantoprazol) besitzen die stärkste gastroprotektive Wirksamkeit aller Ulkusmedikamente. Bei positiver Blutungsanamnese im oberen Gastrointestinaltrakt wird die Kombination eines COX-2-Hemmers mit einem Protonenpumpenhemmer empfohlen. Selbst in kardioprotektiver Dosis ist die Kombination von Acetylsalizylsäure (ASS) mit einem NSAR ausreichend, um das Risiko einer Blutung aus dem oberen Gastrointestinaltrakt signifikant zu erhöhen. Kann ASS daher nicht pausiert werden, sind hier selektive COX-2 Inhibitoren vorzuziehen. Es ist zu beachten, dass Ibuprofen die antithrombotische Wirkung von ASS aufhebt und dass NSAR die blutdrucksenkende Wirkung von ACE-Hemmern und Diuretika aufheben. Alle NSAR können ein bestehendes Asthma bronchiale verschlechtern. Die Gefahr einer Wirkungsverstärkung von oralen Antikoagulanzien (die eine enges therapeutisches Fenster haben) durch gleichzeitig verordnete NSAR ist zu beachten. Grundsätzlich sollte immer die geringste wirksame Einzeldosis verabreicht werden. Die kombinierte Gabe verschiedener NSAR ist zu vermeiden.
Selektive COX-2 Inhibitoren
Diese Wirkstoffgruppe der Coxibe wurde nach der Entdeckung von zwei Formen des Cyclooxygenase-Enzyms (COX-1 und COX-2) mit unterschiedlichen physiologischen Aufgaben entwickelt. Da die gastroprotektiven Prostanide (Prostaglandin E2 und Prostacyclin bzw. Prostaglandin I2) insbesondere durch die konstitutive COX-1-Isoform gebildet werden und somit COX-1 bzw. unselektive Inhibitoren diesen physiologischen Effekt hemmen, erhoffte man sich durch die Entwicklung selektiver COX-2 Inhibitoren eine Ausschaltung dieses Nebenwirkungspotenzials. Die aktuell in Deutschland zugelassenen Coxibe sind Celecoxib, Etoricoxib und Parecoxib.
Rofecoxib (Handelsname VIOXX), die einzige Substanz dieser Klasse, welche cytochrom-P-450-unabhängig metabolisiert wird, musste aufgrund einer assoziierten gesteigerten Gerinnungsneigung mit erhöhter Gefahr für das Auftreten von Myokardischämien vom Markt genommen werden. Derzeit zugelassene COX-2-Inhibitoren sind im Vergleich zu Placebo bei Patienten mit Arthrose effektiv. Zu beachten sind jedoch ihre relativ hohen Therapiekosten im Vergleich zu konventionellen NSAR. Ein endoskopisch nachgewiesenes niedrigeres Risiko für die Entstehung gastrointestinaler Ulzera ist der Hauptgrund für den therapeutischen Einsatz der Coxibe. Da auch die in Deutschland zugelassenen Vertreter dieser Wirkstoffklasse jedoch das kardiovaskuläre Risiko der Behandelten erhöhen, dürfen sie bei Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen nur mit äußerster Vorsicht eingesetzt werden. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA schätzt das kardiovaskuläre Risiko von COX-2-Hemmern gleich dem von Diclofenac ein und empfiehlt keine Anwendung bei Herz-Kreislauferkrankungen (Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Apoplex) und eine strenge Indikationsstellung bei kardiovaskulären Risikofaktoren (Nikotinabusus, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie, arterieller Hypertonie). Die renalen Nebenwirkungen der COX-2-Inhibitoren sind mit denen von konventionellen NSAR vergleichbar, da die COX-2 als konstitutives Enzym auch in der Niere vorkommt und unter anderem durch COX-2 gebildetes Prostacyclin an der Regulation ihrer Perfusion beteiligt ist. Jedoch treten laut einigen Studien bei Coxiben wie z. B. Parecoxib häufiger Nierenstörungen als bei klassischen NSAR auf, weshalb diese mit Vorsicht bei Patienten mit Herzinsuffizienz, arterieller Hypertonie und Niereninsuffizienz anzuwenden sind.
Opioid-Analgetika
Opioide sind eine chemisch heterogene Wirkstoffgruppe. Sie entfalten ihre Eigenschaften durch Wechselwirkung mit verschiedenen peripheren und zentralnervösen Opioidrezeptoren. Entsprechend der komplexen Wirkmuster am Rezeptor unterscheidet man die am häufigsten eingesetzten reinen Agonisten (z. B. Morphin, Tramadol, Tilidin, Piritramid) von Partialagonisten, gemischten Agonisten/Antagonisten und reinen Antagonisten (z. B. Naloxon). Opioid-Analgetika können anhand ihrer relativen Wirkstärke (im Vergleich zu Morphin als Referenzwirkstoff) in schwach und stark wirksame Präparate unterteilt werden. Ihre Rolle als Monotherapie bei Patienten mit Kontraindikationen für COX-2-Inhibitoren und konventionellen nichtselektiven NSAR bzw. als Ergänzung zu diesen Präparaten im Rahmen der Eskalation der analgetischen Therapie geht immer mehr zurück. Opioide werden derzeit durch die OARSI nicht und durch die ACR bzw. AWMF nur noch im Ausnahmefall, kurzzeitig und in Form von Tramadol empfohlen. Damit findet das traditionelle WHO-Stufenschema nur noch auf den Stufen 1 und 2 Anwendung. Des Weiteren sind Opiate den NSAID bezüglich des therapeutischen Effektes nicht überlegen, eine bessere gastrointestinale Verträglichkeit wird hier durch ein erhebliches v. a. zentralnervöses Nebenwirkungsprofil erkauft. So werden starke Opiate im Gegensatz zu Tramadol in den Leitlinien des ACR und der OARSI ausdrücklich nicht empfohlen (Bannuru et al. 2019; Kolasinski et al. 2020).
Gemäß einer Empfehlung der US-amerikanischen Federal Drug Administration (FDA) ist besonders Tramadol in der Arthrosetherapie zu empfehlen. Tramadol ist ein schwacher Opioidrezeptoragonist, der ca. 1/6000 der Rezeptoraffinität von Morphin und etwa 10 % dessen analgetischer Wirkung besitzt. Im Gegensatz zum Morphin sind Atemdepression, Harnverhalt oder Obstipation nach Anwendung von Tramadol weniger stark ausgeprägt. Häufigere Nebenwirkungen sind Übelkeit und Sedierung. Die analgetische Wirkung bei Gonarthrosepatienten ist mit der von Ibuprofen oder Metamizol vergleichbar. Patienten, die Tramadol nicht tolerieren, können mit einem Kombinationspräparat aus Tilidin und Naloxon behandelt werden. Durch den Zusatz des peripheren Opioidantagonisten Naloxon weist dieses schwach wirksame Kombinationspräparat (Wirkstärke etwa 10–20 % von Morphin) weniger gastrointestinale Nebenwirkungen und eine schwächere atemdepressive Wirkung als Tramadol auf. Wichtig ist, zu beachten, dass die antagonistische Wirkung von Naloxon jedoch die Wirkung weiterer Opioide hemmt und bei Opiatabhängigen auch bei oraler Gabe schwerste Entzugserscheinungen auslösen kann.
Bei vielen Präparaten dieser Stoffklasse ist der Sättigungseffekt („ceiling-Effekt“) zu beachten: Eine über die empfohlene Tageshöchstdosis hinausgehende Dosissteigerung führt nicht zu einer Zunahme der Wirkung, wohl aber zu einer Verstärkung der Nebenwirkungen. Die häufigsten Nebenwirkungen der starken Opioide umfassen Abhängigkeit, Atemdepression, psychotrope Effekte wie Sedierung, Dysphorie oder Halluzinationen sowie gastrointestinale Komplikationen wie Obstipation, Übelkeit und Erbrechen. Überdosierung kann lebensbedrohliche Intoxikationen verursachen, plötzliches Absetzen zu schwerer Entzugssymptomatik führen. Der Einsatz von Opiaten bei der Therapie der Arthrose bleibt somit ein umstrittenes Thema(Petzke et al. 2020). Opioide sind keinesfalls eine Standardtherapie.
Symptomatic slow acting drugs in osteoarthritis (SYSADOA)
Mehrere Substanzen (Glukosamin, Chondroitinsulfat, Diacerein, Oxaceprol) wurden mit der Idee propagiert, den Knorpelstoffwechsel zu unterstützen und damit die Progression der Arthrose zu beeinflussen. Die Wertigkeit dieser sogenannten chondroprotektiven Substanzen ist jedoch nach wie vor nicht gesichert: Sie können zwar die klinischen Symptome reduzieren, ihre Wirksamkeit zur Modifizierung des Arthroseverlaufs ist aber trotz klinischer Studien auf Basis hochauflösender MRT nicht bewiesen (McAlindon et al. 2014).
Glukosamin
Glukosaminsulfat ist ein Hauptbestandteil der Glykosaminoglykane, welche sich zu Proteoglykanen zusammensetzen und etwa 5–10 % der Nassmasse des hyalinen Gelenkknorpels bilden. Weil Glukosamin aus Krustentieren gewonnen wird, ist bei Patienten mit Fischallergien Vorsicht geboten. Glukosamin wirkt oral schwach antiphlogistisch. Die übliche Tagesdosis beträgt 700–1500 mg. Wenngleich einige klinische Studien eine Beschwerdelinderung durch Glukosamin angeben, haben placebokontrollierte Untersuchungen keinen chondroprotektiven (strukturmodifizierenden) Effekt für diese Substanz (alleine und in Kombination mit Chondroitinsulfat) nachgewiesen. Eine Anwendung kann mit der Intention einer Beschwerdelinderung bei Patienten mit Kontraindikationen gegen NSAID erwogen werden. Bei fehlendem Therapieeffekt sollte die Gabe spätestens nach drei Monaten beendet werden (Steinmeyer et al. 2018).
Chondroitinsulfat
Die Effekte von Chondroitinsulfat (ebenfalls Bestandteil der hyalinen Knorpelmatrix) bezüglich Schmerzreduktion, Funktionsverbesserung und Knorpelerhalt sind weiterhin unklar. Während bei Gonarthrosepatienten nach zwei Jahren eine Symptomverbesserung und Reduktion der radiologischen Gelenkspaltverschmälerung beschrieben wurde, ergaben andere Untersuchungen mit Evidenzgrad I keine Unterschiede zur Placebogruppe. Die GAIT-Studie (Glucosamine/Chondroitin Arthritis Intervention Trial) zeigte, dass sowohl Glucosamin als auch Chondroitin (allein oder in Kombination) nicht besser als das Placebo die Gelenkschmerzen oder das Fortschreiten der Arthrose verminderten (Sawitzke et al. 2008). Bemerkenswert war die gute Placebo-Wirkung: Bei 60 % aller Patienten waren die Schmerzen reduziert.
Diacerein
Diacerein ist in Deutschland bislang nicht zugelassen. Das orale Medikament inhibiert als Anthrachinonderivat das proinflammatorische Zytokin Interleukin-1 (IL-1β). Eine therapeutische Beeinflussung des arthrotischen Knorpelabbaus erscheint unwahrscheinlich, wenngleich innerhalb der ersten 6 Monate unter Therapie ein geringer symptomatischer Effekt nachgewiesen werden konnte (Evidenzgrad I). Diacerein kann gastrointestinale Nebenwirkungen (Diarrhoe) verursachen.
Nahrungsergänzungsmittel und pflanzliche Heilmittel
Verschiedene Nahrungsergänzungsmittel und pflanzliche Heilmittel werden zur Behandlung der (Gon-)Arthrose propagiert. Die Datenlage bezüglich ihrer Wirksamkeit erlaubt jedoch keine evidenz-basierte Empfehlung für den Einsatz dieser Präparate.

Lokale Therapeutika

Lokale Therapeutika beinhalten Topika wie NSAR oder Capsaicin sowie intraartikuläre Injektionen (Abb. 3).
Topische Applikation
Bei einem topischen Arzneimittel wird durch epikutane Applikation der in einer Trägersubstanz (z. B. Salben) bereitgestellte Wirkstoff aus seiner pharmazeutischen Präparation freigesetzt und verteilt sich lokal in den Geweben. Die topische Applikation von Wirkstoffen ist besonders bei der Gonarthrose sinnvoll, da die Gelenkstrukturen im Gegensatz beispielsweise zum Hüftgelenk relativ oberflächlich liegen. In der initialen Therapie oder für die Behandlung von Patienten mit Kontraindikationen zur systemischen pharmakologischen Therapie ist besonders die topische Anwendung von NSAR oder von Capsaicin zu empfehlen. Die Topika sollten 3- bis 4-mal täglich angewendet werden.
Nichtsteroidale Antirheumatika
Topisch verabreichte NSAR (z. B. Diclofenac, Ibuprofen, Indometacin) führen zu einer Schmerzreduktion in placebokontrollierten Studien, die mit der nach oraler Applikation vergleichbar ist. Aufgrund des niedrigeren gastrointestinalen Nebenwirkungsprofils ist die topische Anwendung insbesondere für Patienten > 75 Jahre empfehlenswert. Ein kardiovaskuläres Risiko besteht aber auch bei topischer Applikation. Durch die topische Applikation kann die Dosis systemischer NSAID reduziert werden. Die so verabreichten Wirkstoffe müssen jedoch die Epidermis passieren und von der geschädigten Struktur absorbiert werden, um eine lokale Hemmung des Cyclooxygenase-Enzyms zu erreichen. Wenngleich neuartige galenische Zusammensetzungen diesen Prozess erleichtern sollen, erreichen topische NSAR dennoch keine signifikanten Wirkstoffkonzentrationen in der Synovialflüssigkeit und am Gelenkknorpel. Ihre Verabreichung im Rahmen der Iontophorese steigert die Eindringtiefe. Dermatologische Nebenwirkungen wie Erytheme und Juckreiz sind zu beachten.
Eine Dauertherapie sollte auch bei topischer Applikation vermieden werden. Gegenwärtig empfehlen mehrere Fachgesellschaften die lokalen Anwendung von NSAR (AAOS, ACR, AWMF, OARSI) (Steinmeyer et al. 2018).
Capsaicin
Die Wirkung der Capsaicinoide beruht vorwiegend auf dem Alkaloid Capsaicin (spanischer Pfeffer; Hauptbestandteil eines Extrakts aus den Früchten verschiedener Paprikaarten), einem Vanillylamid der 8-Methylnon-6-ensäure. Initial verspürt der Patient einen kurzen brennenden Schmerz auf Basis der Freisetzung der Substanz P, eines schmerzvermittelnden Neurotransmitters afferenter Neuronen (Grassel et al. 2021). Anschließend bewirkt das Capsaicin eine Desensibilisierung sensorischer Nerven, sodass es zu keiner weiteren Schmerzauslösung kommen kann.
Intraartikuläre Injektionen
Bei entzündlichen Schüben der Gonarthrose mit intraartikulärem Erguss sowie bei Versagen nichtpharmakologischer und systemischer pharmakologischer Maßnahmen kann eine Injektionstherapie des betroffenen Kniegelenks sinnvoll sein, die zwingend unter hochsterilen Kautelen durchgeführt werden muss. Obwohl die Prävalenz einer Gelenkinfektion nach intraartikulärer Punktion zwischen 0,03–3,4 % liegt, erhöht eine intraartikuläre Injektion von Glukokortikoiden das Risiko einer Gelenkinfektion um den Faktor 20 (Schmidt und Bühler 2019).
Glukokortikoide
Glukokortikoide wie Kortison hemmen die Genexpression verschiedener Faktoren, z. B. von Interleukinen, TNF-α, Chemokinen, einigen Enzymen wie z. B. der induzierbaren NO-Synthase und Cyclooxygenase, von induzierbaren Phospholipasen sowie wichtigen Adhäsionsmolekülen. Für die therapeutisch genutzte antiphlogistische Wirkkomponente ist die Blockade der COX-2 Induktion entscheidend. Eine kompetitive Hemmung wie bei den NSAR liegt nicht vor. Diese Modulation der Genexpression erklärt den langsameren Wirkungseintritt. Glukokortikoide lindern effektiv den Arthroseschmerz und verbessern die Quadrizepsfunktion (Bannuru et al. 2019). Verfügbare Präparate unterscheiden sich hinsichtlich Kristallgröße und intraartikulärer Verweildauer. Kristallfreie galenische Formulierungen sollen Entzündungsreize durch Kristalle verhindern. Zum Vergleich mit den länger wirksamen Kristallsuspensionen fehlen jedoch randomisierte Studien.
Intraartikuläre Glukokortikoide sind indiziert im Rahmen eines entzündlichen Schubes der Arthrose beim Vorliegen von Kontraindikationen für eine systemische pharmakologische Therapie oder als ergänzende Maßnahme. Ihre Anwendung kann auch mit der vorhergehenden Aspiration eines Kniegelenkergusses kombiniert werden. Der Effekt einer intraartikulären Injektion von Glukokortikoiden hält oft über mehrere Wochen an und kann im vierwöchigen Abstand bis zu dreimal jährlich wiederholt werden. Eine einzige intraartikuläre Injektion von Glukokortikoiden kann allerdings bereits langfristig erfolgreich sein. Bei schmerzhaften, jedoch nichtentzündlichen Phasen der Gonarthrose sind intraartikuläre Glukokortikoide nicht angezeigt. Diabetes mellitus stellt eine relative Kontraindikation für die Glukokortikoidinjektion dar. Hier ist eine reduzierte Dosis zu applizieren und post injectionem eine engmaschige Blutzuckerkontrolle durchzuführen. Die Injektion kann ferner zur Reaktivierung einer Tuberkulose führen und ist bei entsprechender Anamnese nur unter Tuberkulostatika-Schutz durchzuführen. Die Indikation ist bei schwerer Osteoporose, Eng- und Weitwinkelglaukom sowie bei schwerer Colitis ulcerosa, Divertikulitis oder Enteroanastomosen streng zu stellen. Chronischer Gebrauch kann zu Schäden des Gelenkknorpels oder periartikulärer Strukturen führen (Mankin und Conger 1966). Die vor allem bei systemischer Langzeittherapie mit Glukokortikoiden auftretenden Nebenwirkungen wie Osteoporose und Osteonekrosen, Immunsuppression, prodiabetische Stoffwechsellage, Cushing-Syndrom oder Steigerung der ulzerogenen Wirkung von NSAR sind bei zurückhaltender intraartikulärer Applikation von untergeordneter Relevanz. Intraartikulär applizierte Corticosteroide sollten in niedriger, aber wirksamer Dosis und zeitlich begrenzt angewendet werden. Um das Risiko einer iatrogenen Gelenkinfektion zu minimieren, muss die Injektion unter streng aseptischen Bedingungen durchgeführt werden (Steinmeyer et al. 2018).
Hyaluronsäure
Hyaluronsäure ist ein großes Glykosaminoglykanpolymer, welches aus sich wiederholenden Disacchariden der Glukuronsäure und N-Acetylglukosamin besteht und als Grundgerüst für die Proteoglykane der extrazellulären Knorpelmatrix dient. Hyaluronsäure ist wesentlich für die viskoelastischen Eigenschaften der Synovia verantwortlich. Chondrozyten, Synoviozyten und Fibroblasten synthetisieren Hyaluronsäure. Die genaue pharmakologische Wirkweise der Substanz ist nicht bekannt und könnte auf der Hemmung von Entzündungsmediatoren, der Stimulierung der Matrixsynthese des hyalinen Gelenkknorpels, der Inhibierung der Knorpeldegeneration sowie einer nicht-pharmakologischen Abschirmung von Nozizeptoren durch das hochvernetzte Molekül basieren. Die Nozizeptoren sind dadurch weniger erregbar, ohne dass sich die durch die Entzündung entstandene Sensibilisierung verändert hat. Aufgrund der kurzen intraartikulären Halbwertzeit von wenigen Stunden ist ihre Verwendung als therapeutisches Mittel zur Verringerung der Reibungskräfte an Gelenkoberflächen umstritten. Es existieren verschiedene kommerzielle Präparate, die sich hinsichtlich Molekulargewichts (500–6000 kDa), biologischer Charakteristika oder Dosierung unterscheiden. Klinische Studien konnten jedoch keinen signifikanten Vorteil eines Produktes nachweisen. Da auf quervernetzten Polymeren basierende Präparate – im Gegensatz zu niedermolekularen Wirkstoffen – aufgrund des höheren Molekulargewichts eine höhere Viskosität aufweisen (die mit der physiologischen Gelenkflüssigkeit vergleichbar ist), vermutet man eine bessere Wirkung dieser Präparate, wenngleich dies in klinischen Studien bislang nicht belegt wurde.
Viskosupplementation mit Hyaluronsäurepräparaten kann erwogen werden bei Patienten < 65 Jahre mit radiologisch noch erhaltenem Gelenkspalt, die auf eine nichtpharmakologische und analgetische Therapie nicht reagieren bzw. dieser nicht zugeführt werden können, beispielsweise aufgrund von Kontraindikationen zur Anwendung von NSAR oder COX-2-Inhibitoren. Gängige Applikationsschemata beinhalten 3–5 intraartikuläre Injektionen in jeweils einwöchigen Abständen. Die Wirkung hält etwa 6–12 Monate und somit länger an als nach intraartikulären Glukokortikoidinjektionen. Aufgrund der möglichen tierischen Ausgangsstoffe (z. B. Hahnenkämme) sind Hyaluronsäurepräparate bei Hühnereiweißallergie kontraindiziert. Hyaluronsäure sollte nicht gleichzeitig mit anderen intraartikulär applizierbaren Arzneimitteln gegeben werden, da hierzu keine ausreichenden Erfahrungen vorliegen. Ein positiver Effekt von intraartikulär verabreichter Hyaluronsäure auf Schmerz, Gelenkfunktion und Patientenzufriedenheit bei der Arthrose wurde gezeigt. Dennoch konnte in vielen placebokontrollierten Untersuchungen kein signifikanter Effekt von Hyaluronsäure nachgewiesen werden. Zudem liegen zu wenige Daten hinsichtlich einer Hemmung des Voranschreitens der Arthrose vor. Eine einheitliche Empfehlung der Fachgesellschaften liegt nicht vor. Während das ACR und die OARSI die Anwendungen unter bestimmten Bedingungen befürworten (Kolasinski et al. 2020), spricht sich die AAOS dagegen aus. Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) empfiehlt die Hyaluronsäureinjektion bei Patienten, bei denen der Einsatz von NSAR nicht indiziert bzw. nicht ausreichend wirksam ist (Steinmeyer et al. 2018). Somit hat die intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure aufgrund des niedrigen Nebenwirkungsprofils jedoch einen Stellenwert als Ergänzung zu etablierten konservativen Maßnahmen. Sie sollte unter streng aseptischen Bedingungen erfolgen.

Neue Konzepte in der pharmakologischen Therapie

Plättchenreiches Plasma
Thrombozyten enthalten eine Vielzahl von Mediatoren und Wachstumsfaktoren, denen regenerative und entzündungshemmende Eigenschaften zugeschrieben werden. Diese Eigenschaft wird zur Arthosebehandlung durch plättchenreiches Plasma (PRP) propagiert. Da verschiedene Produktionsverfahren dieses autologen Produkts existieren, ist davon auszugehen das die PRP-Präparate unterschiedliche individuelle Produkteigenschaften besitzen (Anzahl der Thrombozyten und Wachstumsfaktoren), was eine Vergleichbarkeit erschweren dürfte. Auch wenn in mehreren Studien signifikante Verbesserungen hinsichtlich Schmerz und Gelenkfunktion festgestellt wurden, kann trotz interessanter vorläufiger klinischer Daten aufgrund fehlender qualitativ hochwertiger klinischer Studien mit hohem Evidenzgrad keine allgemeine Empfehlung bezüglich der Anwendung autologer Blutderivate bei Arthrosepatienten ausgesprochen werden (Steinmeyer et al. 2018; Bennell et al. 2017).
Autologe Stammzellen
Mesenchymale Stammzellen (MSCs) können aus dem Knochenmark und Fettgewebe gewonnen werden. Anwendungen werden für die Gebiete Knorpelregeneration, Arthrose, Sehnenheilung, Pseudarthrosen und Sehnenerkrankungen vorgeschlagen. Auch wenn die bisherige Datenlage vermuten lässt, dass regenerative Vorgänge durch MSCs durchaus positiv beeinflusst werden, liegen lediglich Fallserien vor. Kontrollierte randomisierte Studien, die sowohl qualitativen Knorpelaufbau als auch Symptomverbesserung nachweisen, fehlen bislang.
Monoklonale Anti-Nervenwachstumsfaktor-Antikörper
Mehrere Studien zeigen die klinische Wirksamkeit hinsichtlich Schmerzlinderung nach Injektionen von monoklonalen Antikörpern gegen den Nervenwachstumsfaktor (NGF) auf (Sanga et al. 2017; Schnitzer et al. 2019). Allerdings zeigte sich unter Anti-NGF-Therapie teilweise eine schnellere Progression der Arthrose, die eine endoprothetische Versorgung erforderte, als Placebo. Ursächlich fanden sich in einigen Fällen Chondrolysen und osteonekrotische Knochenzerstörung, die nicht nur mit steigenden Dosen von Anti-NGF-Antikörpern, sondern auch mit einer gleichzeitigen NSAR-Therapie einhergingen (Hochberg 2015).
Neue strukturmodifizierende Medikamente
Drei Wirkstoffe, Fibroblastenwachstumsfaktor 18 (FGF-18) (Spifermin) (Hochberg et al. 2019), der selektive Cathepsin-K-Inhibitor MIV-711 (Conaghan et al. 2020) und der Modulator des Wnt-Signalweges SM04690 (Lorecivivint) (Yazici et al. 2021) scheinen das Fortschreiten von strukturellen arthrotischen Schäden in randomisiert-kontrollierten Studien zu verlangsamen. Sprifermin führt zu einer dosisabhängigen Verringerung des Verlusts der Gesamtknorpeldicke und sogar zur Zunahme der Knorpeldicke über bis zu fünf Jahre im Vergleich zu Placebo (Hochberg et al. 2019; Eckstein et al. 2021). Der Inhibitor MIV-711 von Cathepsin K, eine von Osteoklasten und Chondrozyten synthetisierte Endoprotease, die kollagene Knorpel- und Knochenmatrix abbaut, war bei Schmerzen nicht wirksamer als Placebo, reduzierte jedoch signifikant die Progression der arthrotischen Knochen- und Knorpelveränderungen nach 26 Wochen (Conaghan et al. 2020). Die klinische Bedeutung dieser strukturellen Veränderungen ist allerdings nicht vollständig klar, da trotz plausiblem Nachweis des Ausmaßes der Knorpelveränderung die nachgelagerten Symptome unverändert waren. Tatsächlich haben diese Studien zwar den herausragenden Nachweis einer positiven Strukturveränderung erbracht, für die Patienten zeigten sich aber keine signifikante Schmerzverbesserung oder verbesserte funktionelle Ergebnisse im klinischen Vergleich zu Placebo. Aktuelle Daten aus 2021 zu Lorecivivint hingegen belegen klinisch signifikante Verbesserungen von Schmerzen und Funktion im Vergleich zu Placebo bei Patienten mit Gonarthrose nach 24 Wochen (Yazici et al. 2021).
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