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Ausscheidungsstörungen in Kindheit und Jugend

Verfasst von: Alexander von Gontard
Ausscheidungsstörungen sind häufige Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Drei große Gruppen können unterschieden werden, die Enuresis nocturna, die funktionelle Harninkontinenz tags und die Enkopresis oder Stuhlinkontinenz. Ca. 10 % der 7-jährigen Kinder sind vom Einnässen nachts und 6 % tags betroffen; weitere 1–3 % koten ein. Inzwischen können viele verschiedene Subgruppen unterschieden werden, die sich nach Ätiologie, Pathogenese, Symptomatik und vor allem Therapie unterscheiden. Eine genaue Diagnose ist Voraussetzung für eine wirksame Therapie. Die Grundbehandlung ist immer symptomorientiert, konservativ und nichtinvasiv und wird als Standardurotherapie bezeichnet. Sie kann sinnvoll durch die spezielle Urotherapie und Pharmakotherapie ergänzt werden. Komorbide Störungen müssen erfasst und behandelt werden. 20–50 % aller Kinder sind von komorbiden psychischen Störungen betroffen. Für therapieresistente Ausscheidungsstörungen stehen Schulungsprogramme zur Verfügung. Die leitliniengerechte Behandlung von Ausscheidungsstörungen ist wirksam, sollte früh begonnen werden und kann überwiegend ambulant durchgeführt werden.

Einleitung

Ausscheidungsstörungen sind bei Kindern und Jugendlichen häufig. Sie sind mit einem hohen Leidensdruck und komorbiden psychischen Störungen verbunden. Drei übergeordnete Gruppen können unterschieden werden, die Enuresis nocturna, die funktionelle (nichtorganische) Harninkontinenz tags und die Enkopresis (synonym: Stuhlinkontinenz). Inzwischen können viele verschiedene Subtypen von Ausscheidungsstörungen differenziert werden. Die exakte Diagnose ist Voraussetzung für eine wirksame Therapie, die in fast allen Fällen ambulant durchgeführt werden kann. Das Ziel dieses Kapitels ist es, einen aktuellen Überblick über die verschiedenen Formen der Ausscheidungsstörungen zu vermitteln und dabei neue Entwicklungen aufzuzeigen. Ein Schwerpunkt bildet dabei die Klassifikation der Ausscheidungsstörungen basierend auf den Kriterien der International Children’s Continence Society (ICCS) (Austin et al. 2016) für die Enuresis und die funktionelle Harninkontinenz, sowie der Rome-IV Klassifikation für die funktionelle Obstipation und Stuhlinkontinenz (Hyams et al. 2016).
In den ICD- und DSM-Klassifikationssystemen wird die Enuresis als übergeordneter Begriff für Ausscheidungsstörungen mit wiederholtem, willkürlichem und unwillkürlichem Harnabgang nachts und tags nach Ausschluss organischer Ursachen verwendet. Dabei wird von einem Mindestalter von 5 Jahren ausgegangen. Die Kriterien in beiden Klassifikationssystemen sind sich ähnlich, dennoch bestehen in einigen Punkten wichtige Unterschiede: Während im DSM-5 unterstrichen wird, dass das Alter der gleichwertigen Entwicklungsstufe entspricht, darf nach ICD-10 die Enuresis auch ab einem geistigen Intelligenzalter von 4 Jahren diagnostiziert werden. Die Auftretenshäufigkeit und Dauer ist im DSM-5 mit zweimalig pro Woche über einen Zeitraum von mindestens 3 aufeinanderfolgenden Monaten angegeben. Alternativ kann ein bedeutsames Leiden oder eine Beeinträchtigung auch zu einer Diagnosestellung führen. Im ICD-10 und ICD-11 lassen sich dazu keine Angaben finden. Weitere Details zu ICD-10-Forschungskriterien, organischen Ausschlusskriterien und Abgrenzung von Subtypen können Tab. 1 entnommen werden.
Tab. 1
Vergleich der Klassifikation der Enuresis gemäß DSM-5, ICD-10 und ICD-11 (Abdruck erfolgt mit Genehmigung vom Hogrefe Verlag Göttingen aus dem DSM-5, ©2013 American Psychiatric Association, dt. Version ©2018 Hogrefe Verlag)
 
DSM-5
ICD-10 (klinische Kriterien)
ICD-11
Name
Enuresis
Enuresis F98.0
Enuresis 6C00
Definition
Wiederholter willkürlicher oder unwillkürlicher Harnabgang in das Bett oder die Kleidung
Unwillkürlicher Harnabgang (nach ICD-Forschung: auch willkürlich)
Wiederholter, unwillkürlicher und willkürlicher Harnabgang
Alter
Das chronologische Alter beträgt mindestens 5 Jahre (oder eine gleichwertige Entwicklungsstufe)
Chronologisches Alter 5 Jahre, geistiges Intelligenzalter 4 Jahre
Entwicklungsalter: 5 Jahre
Häufigkeit
Das Verhalten ist klinisch bedeutsam, entweder aufgrund der Häufigkeit, die mindestens zweimal pro Woche über 3 aufeinanderfolgende Monate beträgt, oder weil es in klinisch bedeutsamer Weise mit Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen (beruflichen) oder anderen wichtigen Funktionsbereichen einhergeht.
zweimal/Monat < 7 Jahre; einmal/Monat > 7 Jahre
Nicht angegeben
Dauer
Über 3 aufeinanderfolgende Monate
Nicht angegeben (ICD-Forschung: 3 Monate)
Nicht angegeben
Ausschlusskriterien
Das Verhalten ist nicht Folge der physiologischen Wirkung einer Substanz (z. B. eines Diuretikums, eines Antipsychotikums) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors (z. B. Diabetes, Spina bifida, Epilepsie).
Epilepsie, neurologische Inkontinenz, strukturelle Veränderungen des Harntraktes, medizinische Erkrankungen; andere psychische Störungen, die die ICD-10-Kriterien erfüllen; Enuresis Hauptdiagnose (bei Komorbidität mit anderen emotionalen Störungen): nur wenn mehrfach wöchentliches Einnässen, zeitliche Kovarianz der Symptomatik; Diagnose Enkopresis: wenn Enuresis und Enkopresis zusammen auftreten
Erkrankungen des zentralen Nervensystems, muskuloskelettale Erkrankungen, kongenitale oder erworbene Anomalien des Urogenitaltrakts
Subtypen
Bestimme, ob:
Enuresis nocturna: Entleeren von Urin nur während des nächtlichen Schlafs
Enuresis diurna: Entleeren von Urin während des Wachzustandes
Enuresis nocturna und diurna: Eine Kombination der beiden oben genannten Subtypen
Enuresis nocturna, Enuresis diurna, Enuresis nocturna et diurna
Enuresis nocturna, Enuresis diurna, Enuresis nocturna und diurna
Primär
Nicht angegeben
Verlängerung der normalen infantilen Inkontinenz
Vorhanden seit Geburt
Sekundär
Nicht angegeben
Nach einer Periode bereits erworbener Blasenkontrolle
Nach einer Periode des Erwerbs der Blasenkontrolle
DSM-5 Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorder 5th edition (APA 2013; Falkai und Wittchen 2015). ICD-10 International Classification of Diseases 10th edition (WHO 1992, 1993). ICD-11 International Classification of Diseases 11th edition (WHO 2019)
Die dargestellten Kriterien sind nicht ohne Kritik zu sehen: So ist der Harnabgang als unwillkürlich und willkürlich definiert, obwohl das Einnässen fast immer unwillkürlich erfolgt. Zudem wird das Mindestalter mit 5 Jahren bzw. mit einem Entwicklungsalter von 4 Jahren festgelegt, obwohl Ausscheidungsstörungen auch bei Kindern mit Intelligenzminderung, d. h. auch mit einem Entwicklungsalter von unter 4 Jahren, gut diagnostiziert und behandelt werden können (von Gontard 2013a). Die Häufigkeitsangaben und Dauer des Einnässens zu einer Diagnosestellung sind nicht einheitlich gefasst, die organischen Ausschlussdiagnosen nicht relevant und Subtypen sind nicht adäquat abgegrenzt. Zuletzt werden komorbide psychische Störungen bei der Diagnosestellung nach der ICD-10 ausgeschlossen. Zusammengefasst entsprechen die bisherigen Klassifikationen der Ausscheidungsstörungen nach ICD-10, ICD-11 und DSM-5 nicht dem aktuellen Forschungsstand (von Gontard 2013b und 2014). Von daher ist es sehr zu begrüßen, dass internationale, interdisziplinäre Klassifikationssysteme entwickelt wurden, die auf der aktuellen Forschung beruhen. Für die Enuresis ist dabei das Klassifikationssystem der International Children’s Continence Society (ICCS) (Austin et al. 2016) anzuführen, das von den AWMF-Leitlinien übernommen wurde. Die ICCS-Klassifikation unterscheidet zwischen der Enuresis nocturna und der nichtorganischen (funktionellen) Harninkontinenz. Im Folgenden werden diese zwei distinkten Störungsbilder nach ICCS mit ihrer Klassifikation, Prävalenz und Ätiologie vorgestellt und darauf aufbauend Implikationen für eine Behandlung abgeleitet. Im letzten Abschnitt des vorliegenden Kapitels wird auf die Enkopresis eingegangen.

Enuresis nocturna

Klassifikation der Enuresis nocturna gemäß ICCS-Kriterien

Die ICCS unterscheidet zunächst zwischen einer kontinuierlichen Harninkontinenz, die sehr selten und fast immer organisch bedingt ist, und einer häufigen intermittierenden Harninkontinenz, die überwiegend funktionell verursacht wird (Austin et al. 2016). Im Weiteren befasst sich dieses Kapitel ausschließlich mit den intermittierenden Formen, bei denen der Harnabgang zeitlich mit dazwischenliegenden trocknen Intervallen begrenzt ist. Enuresis nocturna bezeichnet deskriptiv jedes intermittierende Einnässen im Schlaf, einschließlich dem Mittagsschlaf.
Ein weiteres Kriterium der ICCS ist der Ausschluss organischer Ursachen (Austin et al. 2016). Welche Diagnosegruppen dabei besonders in Betracht zu ziehen sind, ist in Abschn. 2.4 zur Differenzialdiagnostik nachzulesen. Ferner muss das chronologische Mindestalter für alle Kinder 5 Jahre betragen, d. h. auch für Kinder mit geistiger Behinderung, deren geistiger Entwicklungsstand nicht einem Alter von 5 Jahren entspricht. Die Dauer des Einnässens beträgt mindestens 3 Monate, bei einem Auftreten von mindestens einmal pro Monat. Nässt ein Kind seltener ein, handelt es sich um ein Symptom, aber nicht um eine Störung. Ein häufiges Einnässen bezeichnet eine Frequenz von mindestens vier Episoden pro Woche.
Speziell bei der Enuresis nocturna können, abhängig von dem längsten trockenen Intervall und begleitenden Blasenfunktionssymptomen, vier verschiedene Subtypen unterschieden werden (Tab. 2). Ist ein Kind noch nie länger als 6 Monate am Stück trocken gewesen, handelt es sich um eine primäre Enuresis nocturna. Ist ein Rückfall nach einem trockenen Intervall von mehr als 6 Monaten aufgetreten, bezeichnet man dies als sekundäre Enuresis nocturna. Finden sich Symptome einer Blasen- oder Darmdysfunktion tagsüber wie Drang, Miktionsaufschub, Dyskoordination, Obstipation oder Einkoten, wird der Begriff nicht monosymptomatische Enuresis nocturna verwendet. Nässt ein Kind nur im Schlaf ein, ohne die oben genannten Dysfunktionszeichen, handelt es sich um eine monosymptomatische Enuresis nocturna.
Tab. 2
Übersicht über Formen des nächtlichen Einnässens nach ICCS
 
Längstes trockenes Intervall < 6 Monate
Längstes trockenes Intervall > 6 Monate
Allgemein
Primäre Enuresis nocturna (PEN)
Sekundäre Enuresis nocturna (SEN)
Keine Blasenfunktionsstörungen tagsüber
Primäre monosymptomatische Enuresis nocturna (PMEN)
Sekundäre monosymptomatische Enuresis nocturna (SMEN)
Mit Blasenfunktionsstörungen tagsüber
Primäre nicht monosymptomatische Enuresis nocturna (PNMEN)
Sekundäre nicht monosymptomatische Enuresis nocturna (SNMEN)

Prävalenz und Verlauf

Die Häufigkeitsangaben zur Enuresis nocturna variieren nach Alter der Kinder und der jeweils verwendeten diagnostischen Kriterien. Die Prävalenz ist abhängig von der definierten Einnässfrequenz: Während insgesamt 15,5 % aller Kinder im Alter von 7,5 Jahren nachts einnässen (Jungen: 20,2 %, Mädchen: 10,5 %), sind es bei einer Häufigkeit von mindestens zwei Einnässepisoden pro Woche 2,6 % (Jungen: 3,6 %, Mädchen: 1,6 %) (Butler et al. 2005). Insgesamt beträgt im Alter von 7 Jahren die Prävalenz der Enuresis nocturna ca. 10 %. Jungen sind etwa zweimal häufiger betroffen als Mädchen. Ungefähr 25 % der Kinder zeigen eine sekundäre Enuresis nocturna (Wright 2015). Die monosymptomatische Enuresis nocturna tritt in ca. 2/3 der Fälle auf (Butler et al. 2006). Im Alter von 10 Jahren nässen noch etwa 5,5 % der Kinder nachts ein, jedoch sinkt die Prävalenz im Alter von 16–17 Jahren auf 0,5–1,0 % (Kuwertz-Bröking und von Gontard 2021). Die Spontanremissionsrate liegt bei etwa 15 % pro Jahr.
Der Verlauf der Enuresis nocturna ist von allen Ausscheidungsstörungen am günstigen. Dennoch gibt es eine Gruppe von besonders schwer betroffenen Jugendlichen mit hohen Raten von psychischen Störungen und sozialen Beeinträchtigungen und persistierender Symptomatik: Ca. 1–2 % der Jugendlichen nässen nachts weiterhin ein (von Gontard et al. 2017). Eine Nykturie (nächtlicher Toilettengang mit Wasserlassen) kann als Restsymptom bestehen bleiben (Gossaert et al. 2014).

Ätiologie

Pathogenetisch handelt es sich bei der Enuresis nocturna um eine genetisch bedingte zentralnervöse Reifungsstörung mit Arousal-Defiziten, mit einem Inhibitionsdefizit des Miktionsreflexes im Schlaf und mit einer Polyurie (Überschreiten der altersüblichen Urinmenge) nachts. Diese wichtigen, pathogenetischen Komponenten der Enuresis nocturna werden im Folgenden näher erläutert.

Genetik der Enuresis

Die Enuresis nocturna kommt familiär gehäuft vor. In einer großen, bevölkerungsbezogenen englischen Studie mit über 8000 Kindern war das familiäre Risiko für ein Kind einzunässen, 3,63-fach höher, wenn die Mutter von einer Enuresis nocturna betroffen war und 1,85-fach höher, wenn der Vater eine Enuresis nocturna hatte (von Gontard et al. 2011b). Während bei einigen Familien ein autosomal-dominanter Erbgang mit reduzierter Penetranz diskutiert wird, handelt es sich bei den meisten eher um eine multifaktoriell-polygene Vererbung. In molekulargenetischen Kopplungsanalysen konnten Kopplungen zu Genregionen auf den Chromosomen 12, 13 und 22 nachgewiesen werden (von Gontard et al. 2001). In genomweiten Assoziationsstudien wurden Loci auf Chromosomen 6 und 20 identifiziert (Jorgensen et al. 2021).

Neurobiologie der Enuresis nocturna

Vor allem der Hirnstamm mit dem pontinen Miktionszentrum und dem Locus coeruleus spielen in der Pathogenese der Enuresis nocturna eine besondere Rolle. Elektrophysiologische Untersuchungen, einschließlich frühe evozierte akustische Potenziale (Freitag et al. 2006), späte visuelle evozierte Potenziale (Equit et al. 2014), Präpuls-Inhibition des Blinkreflexes (Baeyens et al. 2007) sowie bildgebende Verfahren (Lei et al. 2012) weisen auf die neurobiologische Genese der Enuresis nocturna hin.

Erweckbarkeit und Schlaf bei der Enuresis nocturna

Eine Überlegung zur Ätiologie bezieht sich auf die Schwere der Erweckbarkeit der Kinder. Hierzu konnte in experimentellen Studien nachgewiesen werden, dass Kinder mit einer Enuresis nocturna vor allem im ersten Nachtdrittel schwer erweckbar sind (Wolfish et al. 1997). Allerdings kann das Einnässen in allen Schlafphasen auftreten, selten jedoch in den REM-Phasen (Neveus et al. 1999).

Polyurie

Weiterhin stellte Rittig (1989) erstmals fest, dass Kinder mit einer primären Enuresis nocturna eine deutlich größere nächtliche Harnausscheidung durch die Niere aufweisen als nichtbetroffene Kinder. Dies scheint bedingt durch eine geringere zirkadiane Sekretion des antidiuretischen Hormons während der Nacht. Die Polyurie betrifft eine Subgruppe von Kindern mit Enuresis nocturna und bildet sich oft bis zum Jugendalter zurück.

Funktionsstörungen der Blase

Funktionsstörungen der Blase spielen vor allem bei der nicht monosymptomatischen Enuresis nocturna eine Rolle (Franco et al. 2013). Bei Kindern mit nicht monosymptomatischer Enuresis nocturna mit einer Drangsymptomatik, d. h. einer überaktiven Blase, findet sich ein geringeres funktionelles Blasenvolumen (Franco et al. 2013). Auch Miktionsaufschub und Dyskoordination können bei Kindern mit einer nicht monosymptomatischen Enuresis nocturna vorkommen.

Diagnostik und Differenzialdiagnostik

Die Standarddiagnostik ist klinisch orientiert, nichtinvasiv und kann in den meisten Settings ambulant erfolgen. Sie ist allgemein für alle Formen von Ausscheidungsstörungen anwendbar und wird daher an dieser Stelle exemplarisch auch für die funktionelle Harninkontinenz als auch die Enkopresis dargestellt.
Diagnostik
A.
Standarddiagnostik (Basisdiagnostik)
  • Anamnese
  • Fragebogen
  • Miktionsprotokoll
  • Dokumentation von Einnässen, Darmentleerung, Stuhlschmieren, Einkoten (2–4 Wochen, Strichliste)
  • Körperliche Untersuchung
  • Ultraschall (Nieren und Harnwege, Blasenwanddicke, Weite des Enddarms, Restharn nach Miktion)
  • Urinstatus (Streifentest)
  • Kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik (Screening mit Verhaltensfragebögen)
 
B.
Erweiterte Diagnostik (bei Indikation)
  • Urinbakteriologie
  • Uroflowmetrie (gegebenenfalls mit Elektromyografie)
  • Weitergehende kinderurologische, kindergastroenterologische, kinder- und jugendpsychiatrische und kindernephrologische Diagnostik
 
Nach den AWMF-Leitlinien (Kuwertz-Bröking und von Gontard 2021) steht die Anamnese an erster Stelle. Beginnend mit der aktuellen Symptomatik und dem bisherigen Verlauf wird auch eine umfassende Entwicklungs- und Familienanamnese erhoben. Fragebögen, wie der validierte „Anamnesefragebogen: Enuresis/Harninkontinenz“ können die anamnestischen Angaben sinnvoll ergänzen (Niemczyk et al. 2018b; von Gontard 2018). Eine aktuelle Übersicht über weitere Fragebögen und andere Instrumente finden sich bei Chase und Kollegen (2018). Ein Miktionsprotokoll soll in jedem Fall erhoben werden. Über 48 Stunden werden dabei Trink- und Miktionsvolumen, sowie assoziierte Symptome erfasst und dokumentiert. Das Miktionsprotokoll ist entscheidend zur Diagnostik der jeweiligen Subtypen. Eine Dokumentation des Ausscheidungsverhaltens sollte zumindest über 2 Wochen (besser: 4 Wochen) erfolgen. Eine komplette pädiatrische und neurologische körperliche Untersuchung ist unbedingt erforderlich. Dabei ist die Inspektion der Wirbelsäule, das Abtasten des Abdomens sowie die Inspektion des Genital- und Analbereichs und der unteren Extremitäten von besonderer Bedeutung. Eine Ultraschalluntersuchung der Nieren und ableitenden Harnwege sollte immer durchgeführt werden. Dabei sind drei funktionelle Parameter von besonderer Bedeutung: 1. die Blasenwanddicke, 2. der Resturin nach Miktion und 3. der Rektumdurchmesser. Rektale Untersuchungen sind in den meisten Fällen nicht mehr notwendig (Burgers et al. 2013a). Ein Urinstatus mit einem Streifentest ist üblicherweise ausreichend. Eine Übersicht sinnvoller Parameter und Normwerte zur Einordnung der Befunde findet sich in Tab. 3.
Tab. 3
Normwerte für die Basisdiagnostik bei Enuresis (mod. nach den AWMF-Leitlinien aus Kuwertz-Bröking und von Gontard 2021)
Parameter
Kriterium
Miktionsfrequenz
Vermindert: ≤ 3 oder weniger Miktionen/Tag; vermehrt: ≥ 8 oder mehr Miktionen/Tag
Restharn (mehrfache Bestimmung bis 5 Minuten nach Miktion erforderlich)
Kinder ≤ 6 Jahre alt: > 20 mlKinder ≥ 7 Jahre alt: > 10 ml
Blasenkapazität (in ml) (zu erwartendes Miktionsvolumen)
(Alter des Kindes [J] + 1) × 30 (ml) (anwendbar bis 12. Lebensjahr)
Nächtliche Polyurie
Nächtliche Urinausscheidung > 130 % der für das Alter zu erwartenden Blasenkapazität
Blasenwanddicke
Bei gefüllter Harnblase: < 3mm; bei leerer Harnblase: < 5 mm
Rektumdurchmesser
Hinweis für mögliche Obstipation bei mehr als 30–35 mm + Impressionen der gefüllten Blase durch Stuhlmassen im Rektum
Polyurie
Urinmenge > 4 ml/kg/h oder > 1200 ml/m2/Tag
ml Mililiter; kg Kilogramm; mm Milimeter
Im kinder- und jugendpsychiatrischen Setting wird eine umfangreiche Diagnostik mit Anamnese, psychopathologischem Befund, Fragebögen sowie bei vorliegender Indikation auch eine psychologische Testung empfohlen. In anderen medizinischen Settings, wie Pädiatrie und Urologie, wird ein Screening mit einem Breitband-Verhaltensfragebogen empfohlen.
Jede weitergehende Diagnostik ist routinemäßig nicht notwendig. Sie erfordert eine spezielle Indikation.
Um eine organische Ursache der Enuresis nocturna auszuschließen, ist eine gründliche Differenzialdiagnostik durchzuführen. Die wichtigen organischen Ursachen sind dabei neurogen, wie die Spina bifida occulta und das Tethered-Cord-Syndrom, oder strukturell, wie die Hypospadie, Urethralklappen und andere Fehlbildungen des Urogenitalsystems. Andere medizinische Ursachen umfassen Harnwegsinfekte, vesikoureterale Refluxe (unphysiologischer Rückfluss von Harn aus der Blase über die Harnleiter in das Nierenbecken) und selten Diabetes mellitus bzw. insipidus. Organische Ursachen sind bei der Enuresis nocturna insgesamt selten.

Komorbidät

Körperliche Störungen

Obstipation und Stuhlinkontinenz sind die häufigsten assoziierten gastrointestinalen Störungen. Die Funktionen von Darm und Blase sind so häufig miteinander verknüpft, dass die ICCS hierfür den Begriff Bladder and Bowel Dysfunction (BBD) vorgeschlagen hat (Austin et al. 2016). Etwa ein Drittel der Kinder mit einer funktionellen Obstipation nässen tags oder nachts ein, sowie 1/5 der Kinder mit einer nichtretentiven Stuhlinkontinenz, allerdings mit einer großen Spanne von 10–60 % in verschiedenen Studien (Burgers et al. 2013b). Neben lokalen Einwirkungen des erweiterten Rektums auf die Blase und der Aktivierung des Beckenbodens bei der Stuhl- und Urinretention, sind eine gemeinsame Sensibilisierung des Gastrointestinal- und Urogenitaltrakts sowie gemeinsame Netzwerke des zentralen Nervensystems für diese häufige Komorbidität verantwortlich (Malykhina et al. 2017).
Die wichtigsten komorbiden nephrologischen Störungen sind Harnwegsinfekte und vesikoureterale Refluxe. Eine Harnwegsinfektion geht mit den typischen Symptomen Pollakisurie (häufiges Wasserlassen mit kleiner Urinmenge), Brennen beim Wasserlassen und imperativer Harndrang einher und kann zu einem Einnässen führen. Es muss die asymptomatische Bakteriurie von manifesten Harnwegsinfektionen unterschieden werden, die antibiotisch behandelt werden müssen. Vesikoureterale Refluxe erhöhen ebenfalls das Risiko für Harnwegsinfektionen und können zu Nierenparenchymschädigungen führen. Ferner treten Ausscheidungsstörungen häufiger bei Kindern mit Teilleistungsstörungen der Motorik (von Gontard et al. 2006), sowie der Sprache und des Sprechens (Essen und Peckham 1976) auf.

Psychische Störungen

Unter den Kindern mit Enuresis nocturna weisen 20–30 % mindestens eine komorbide psychische Störung auf. In einer großen, populationsbasierten britischen Studie (ALSPAC) wurden im Alter von 7,5 Jahren folgende klinisch relevante komorbide Störungen für die Enuresis nocturna erfasst: Trennungsängste, soziale Ängste, spezifische Phobien, generalisierte Angststörung, depressive Störung, Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem Verhalten, Störung des Sozialverhaltens und ADHS (Joinson et al. 2007). In Abb. 1 sind die Häufigkeitsverteilungen dieser psychischen Komorbiditäten im Vergleich zur funktionelle Harninkontinenz (Abschn. 3) und Enkopresis (Abschn. 4) dargestellt. Die Komorbiditätsrate für psychische Störungen ist bei der sekundären und bei der nicht monosymptomatischen Enuresis nocturna höher (Butler et al. 2006). Ein Rückfall nach bestehendem Trockensein kann durch belastende Lebensereignisse wie Trennung der Eltern, Geburt eines Geschwisterkindes, Umzug oder auch durch komorbide psychische Störungen ausgelöst werden (Järvelin et al. 1990). Die häufigste und spezifischste Komorbidität bildet die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) (von Gontard und Equit 2015; von Gontard et al. 2011c).
Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen (Niemczyk et al. 2018b) und Intelligenzminderung (von Gontard 2013b) haben deutlich erhöhte Raten von Ausscheidungsstörungen – abhängig vom Grad der kognitiven Behinderung und den jeweiligen genetischen Syndromen. Bisher liegen Daten über Ausscheidungsstörungen beim Down-, Angelman-, Williams- und vielen anderen Syndromen vor (Niemczyk et al. 2018a; von Gontard et al. 2016a; Wagner et al. 2016). In seltenen Fällen ist die Enuresis nocturna assoziiert mit Schlafstörungen, Parasomnien oder auch dem Schlafapnoe-Syndrom.

Therapie der Enuresis nocturna

Allgemeine Hinweise zur Therapie der Enuresis nocturna

Falls mehrere Ausscheidungsstörungen vorliegen, ist folgende Reihenfolge zu beachten: Zuerst werden Stuhlinkontinenz und Obstipation (Abschn. 4) behandelt, anschließend erfolgt die Therapie der Harninkontinenz tags. Am Ende steht die Therapie der Enuresis nocturna. Falls eine nicht monosymptomatische Enuresis nocturna vorliegt, müssen die Blasendysfunktionssymptome zuerst behandelt werden (Franco et al. 2013; Neveus et al. 2010; Kuwertz-Bröking und von Gontard 2021). Studien konnten zeigen, dass die Behandlung der Obstipation und Stuhlinkontinenz zu einer Reduktion der Harninkontinenz tags, zum Teil auch der Enuresis nocturna führt (Borch et al. 2013).

Standardurotherapie bei der Enuresis nocturna

Zunächst wird bei der Enuresis nocturna mit der Standardurotherapie begonnen, wie sie von Nieuwhof-Leppink et al. (2021) genau beschrieben wurde.
Elemente der Standardurotherapie
  • Aufklärung, Information, Entmystifizierung
    • Physiologie der Harnblase
    • Beschreibung der normalen Blasenfunktion als Reifungsprozess
    • Charakterisierung der Blasenfunktionsstörung (Pathophysiologie)
    • Berücksichtigung von Komorbiditäten
    • Mögliche Therapiekonzepte
  • Anleitung zu einem optimalen Miktionsverhalten, z. B.
    • Absprache von Regeln bei Miktion
    • Miktion rechtzeitig, entspannt und mit Zeit
    • Miktion nach der Uhr
    • Förderung von Wahrnehmungsübungen für die Blase
  • Anleitung zur regelmäßigen Darmentleerung
  • Instruktionen zu Trink- und Ernährungsverhalten
  • Anwendung von Protokollsystemen
    • „Sonne-Wolken-Kalender“
    • Toiletten- und Miktionspläne
    • Kalendersysteme
  • Unterstützung und Begleitung
    • Regelmäßige Kontakte
    • Förderung der Motivation
    • Ansprechbarkeit des therapeutischen Teams
Die Standardurotherapie hat sich nach einer neuen Metaanalyse als wirksam bei Ausscheidungsstörungen erwiesen (Schäfer et al. 2018) und umfasst folgende Elemente: Information und Entmystifizierung, Instruktionen zum optimalen Blasen- und Darmentleerungsverhalten, Instruktionen zum Trink- und Ernährungsverhalten, Dokumentation von Symptomatik und Miktionsverhalten und regelmäßige Betreuung und Unterstützung (Austin et al. 2016; Kuwertz-Bröking und von Gontard 2021). Über 4 Wochen werden nasse und trockene Nächte in einem Kalender dokumentiert. Allein diese Dokumentation der Einnässhäufigkeit (z. B. Sonne-Wolken-Kalender) führte nach einer Untersuchung von Devlin und O’Cathain (1990) bei 19 % der in die Studie einbezogenen Kindern zu einem Sistieren der Enuresis nocturna. Eine Dauer der Kalenderführung von 4 Wochen ist meistens ausreichend. Bei fast ausschließlich nassen Nächten kann die Kalenderführung nach 2 Wochen beendet, bei deutlicher Verbesserung natürlich auch länger als 4 Wochen weitergeführt werden. Gemäß den Empfehlungen der ICCS und einem Cochrane-Review sollten diese einfachen urotherapeutischen Interventionen zuerst angeboten werden (Neveus et al. 2010).

Apparative Verhaltenstherapie (AVT) der Enuresis nocturna

Sollten diese einfachen Maßnahmen nicht zum Erfolg führen, ist eine apparative Verhaltenstherapie (AVT) mit einem Klingelgerät mit Abstand das Mittel der 1. Wahl. Alle Klingelgeräte bestehen aus einem Feuchtigkeitsfühler und einem Klingel-/Vibrationsapparat, der ausgelöst wird, wenn ein elektrischer Stromkreis durch Feuchtigkeit (d. h. durch Urin) geschlossen wird. Es gibt tragbare Geräte, die am Körper appliziert werden. Moderne Geräte können ohne Aufwand an Schlafanzug (Klingel in der Nähe des Ohres) und Unterhose (Feuchtigkeitsfühler in der Nähe des Genitals) angeschlossen werden. Bei speziellen Situationen (z. B. schlafende Geschwister im gleichen Zimmer, weite Entfernung zum elterlichen Schlafzimmer) stehen Funkgeräte zur Verfügung. Bei diesen ist ein Funksensor in eine Einlage eingeführt und kann per Klingel über Funk aktiviert werden. Alle oben genannten Geräte können mit einer Windel eingesetzt werden. Alternativ gibt es Bettgeräte mit einem Feuchtigkeitssensor unter dem Bettlaken (Stoff mit eingenähten Drähten oder Aluminiumfolie), bei denen die Klingel neben dem Bett steht. Alle Geräte sind gleich wirksam und die Auswahl sollte Kindern und Eltern überlassen werden.
Bei der AVT handelt es sich nicht um eine klassische Konditionierung, da der konditionierte Stimulus (Klingel/Vibration) zu spät (d. h. nicht vor, sondern nach dem Einnässen) ausgelöst wird, um eine konditionierte Reaktion (Trockenbleiben) zu induzieren. Stattdessen stellt die traditionelle AVT eine operante Konditionierung mit unangenehmen Konsequenzen (nächtliches Aufstehen, auf die Toilette gehen) und positiven Auswirkungen (zunehmendes Trockenwerden, Lob) dar.
Die Wirkungsweise der AVT ist nicht geklärt. Studien konnten zeigen, dass die Blasenkapazität sowohl tags als auch nachts unter einer AVT zunimmt (Taneli et al. 2004). Ferner werden zwei Drittel der erfolgreich behandelten Kinder mit AVT trocken, indem sie durchschlafen (d. h. die Blasenentleerungsreflexe werden im Schlaf inhibiert), während ein Drittel durch die Blasenfüllung wach wird (Bonde et al. 1994; Ikeda et al. 2006).
Die AVT ist bei entsprechenden Voraussetzungen wirksam. Dazu zählen vor allem die Motivation des Kindes und die Bereitschaft und realen Möglichkeiten der Eltern für diese Therapie. Kontraindikationen sind enge Wohnverhältnisse, belastende Berufstätigkeit der Eltern und die Versorgung jüngerer Geschwister. Es ist erforderlich, die Geräte zu erklären und zu demonstrieren. Wichtige Instruktionen umfassen beispielsweise abends vor dem Schlafengehen auf die Toilette zu gehen und das Gerät anzulegen. Bei erfolgtem Klingeln müssen jüngere Kinder zeitnah geweckt werden, während ältere selbstständig aufstehen können. Tsuji und Kollegen (2018) konnten zeigen, dass der Behandlungserfolg unabhängig davon, ob das Kind geweckt wird oder selbst aufwacht, gleichermaßen gut ist. Die Kinder müssen komplett wach sein, auf die Toilette gehen und den restlichen Urin ausscheiden. Gerät, Unterhose und gegebenenfalls Windeln werden wieder angelegt. Beim erneuten Klingeln erfolgt die gleiche Prozedur. Der Verlauf wird von den Eltern in einem Plan dokumentiert. Es ist wichtig, dass die AVT konsequent jede Nacht (bis auf nicht vermeidbare Ausnahmen) und lange genug (maximal bis 20 Wochen) eingesetzt wird (Kosilov et al. 2018). Die AVT wird bis zu dem Erreichen von 14 konsekutiv trockenen Nächten fortgesetzt. Bei einem Rückfall wird die AVT erneut begonnen. Manchmal kann es sinnvoll sein eine Pause einzulegen. Manche Kinder benötigen mehrere AVT-Versuche (Apos et al. 2018). Regelmäßige Wiedervorstellungen alle 4 Wochen zur Verlaufskontrolle werden empfohlen. Wichtige Zwischenschritte sind Nykturie (nächtlicher Harndrang), die Abnahme der nassen Nächte, eine geringere Einnässmenge, spontanes Aufwachen des Kindes und Wasserlassen auf der Toilette.
Ca. 70 % der Kinder werden nach dieser Behandlung trocken. Davon bleibt ein Anteil von 50 % langfristig trocken (von Gontard 2018). Die AVT wird deshalb in allen Leitlinien, einschließlich den deutschen AWMF-Leitlinien, der Cochrane Metaanalyse, wie auch der NICE-Guideline als Mittel der 1. Wahl empfohlen (Glazener et al. 2005; NICE 2010; Kuwertz-Bröking und von Gontard 2021). Eine australische Studie an fast 3000 Kindern liefert viele wichtige klinische Einzelheiten (Apos et al. 2018). 76 % der Kinder wurden trocken (14 konsekutive trockene Nächte), die mittlere Behandlungsdauer betrug 9 Wochen. Darm- und Blasensymptome (d. h. nicht monosymptomatische Enuresis nocturna) führten zu einem schlechteren Therapieerfolg. Manche Kinder benötigten 2–3 Behandlungen, eine sehr kleine Gruppe sogar mehr als 3. Dagegen waren Kinder mit einer sekundären Enuresis nocturna erfolgreicher. Möglicherweise waren sie motivierter nach einem Rückfall.
Komplexe, kombinierte Behandlungsprogramme sind z. B. das Dry-Bed-Training von Azrin und Kollegen (1974) oder das Full-Spectrum Home-Training (Houts et al. 1983). Bei diesen Programmen handelt es sich um sehr aufwendige Vorgehensweisen, die eine hohe Motivation von Kind und Eltern verlangen und hohe Abbruchraten aufweisen. Da sie nicht wirksamer sind als die AVT alleine, wird das Dry-Bed-Training zurzeit vor allem bei therapieresistenten Jugendlichen eingesetzt (Hofmeester et al. 2016). Auch die Kombination von AVT mit einem Code-Wort-Training, bei dem das Kind ein Wort in der Nacht genannt wird, das es am nächsten Morgen wiedergeben soll, führt zwar zu häufigerem Aufwachen, aber nicht zu einem besseren Behandlungserfolg (Caldwell et al. 2016a). Um die Wirkung der AVT zu verstärken, ist deshalb in der Praxis das einfach durchzuführende Arousal-Training zu empfehlen (van Londen et al. 1993). Dabei erhält das Kind ein Token, wenn es 3 Minuten nach dem Klingeln auf der Toilette war und mitarbeitet. Ältere Kinder erhalten zwei Token bei guter Mitarbeit, müssen aber eines bei nicht ausreichender Kooperation zurückgeben. Die folgende Übersicht stellt weitere spezielle urotherapeutische Maßnahmen dar.
Elemente der speziellen Urotherapie
  • Apparative Verhaltenstherapie (Alarmtherapie)
  • Beckenbodentraining
  • Biofeedbacktraining
  • Elektrostimulation (beispielsweise transdermale elektrische Neurostimulation)
  • Sauberer intermittierender Einmalkatheterismus

Pharmakotherapie der Enuresis nocturna

Mittel der 2. Wahl ist eine Pharmakotherapie mit Desmopressin (Kuwertz-Bröking und von Gontard 2021). Beide Verfahren – AVT und Desmopressin – werden von der ICCS als evidenzbasierte wirksame Therapien beschrieben (Neveus et al. 2010). Bei Desmopressin handelt es sich um eine synthetische Form des antidiuretischen Hormons Vasopressin (ADH). Die Desmopressin-Therapie ist bei Kindern und Familien bei erfolgloser AVT, ungünstigen räumlichen und familiären Bedingungen, fehlender Motivation, hohem Leidensdruck und ausdrücklichem Wunsch von Eltern und Kind indiziert. Kritische Situationen (Klassenfahrten, Urlaubsreisen) können kurzfristig überbrückt werden. Desmopressin ist gut verträglich und hat wenige Nebenwirkungen, wie leichte Kopf- und Bauchschmerzen. Laborchemische Veränderungen fanden sich auch im Langzeitverlauf nicht (Hjälmas und Bengtsson 1993).
Wegen der seltenen, aber schwerwiegenden Nebenwirkung einer Hyponatriämie und Wasserintoxikation, sollte nach Medikamenteneinnahme abends eine Trinkmenge von 250 ml nicht überschritten werden (NICE 2010).
Etwa 70 % der Kinder sprechen rasch auf die Behandlung an: 30 % der Kinder sind volle, 40 % partielle Responder und 30 % Nonresponder (Neveus et al. 2010). Falls sich nach 4 Wochen kein Erfolg einstellt, sollte das Medikament absetzt werden. Falls erfolgreich, kann Desmopressin maximal 3 Monate abends täglich genommen werden. Nach dieser Zeit sollte die Behandlung beendet oder schrittweise reduziert werden. Die Therapie mit Desmopressin ist im Langzeitverlauf ungünstiger als die AVT, da es bei vielen Kindern zu einem Rückfall kommt. Nur 18–38 % der Kinder bleiben bei dieser Therapieform langfristig nach Absetzen trocken. Diese Rate ist in den Vergleich mit einer Spontanremission von 15 % pro Jahr zu setzten (van Kerrebroeck 2002). Nach der ICCS wird die Behandlung mit Desmopressin in dieser Form daher als ein nichtkuratives Verfahren bezeichnet (Neveus et al. 2010).
Desmopressin-Präparate sollen etwa 30–60 Minuten vor dem Zubettgehen eingenommen werden. Die Therapie wird begonnen mit der einmaligen abendlichen Gabe von 0,2 mg einer Desmopressin-Tablette oder einer -Schmelztablette mit einer Dosis von 120 μg. Eine Dosiserhöhung der Tablette auf 0,4 mg oder der Schmelztablette auf 240 μg bei unzureichendem Therapieeffekt nach 2 Wochen wird empfohlen. Bei Ansprechen der Therapie ist eine ca. 3-monatige Fortsetzung der geringsten wirksamen Dosis zu empfehlen. Falls es nach Absetzen zu einem Rückfall kommt, ist die Desmopressin-Gabe wieder für 3 Monate aufzunehmen mit erneut folgendem Absetzversuch.
Sollte eine der beiden ersten Behandlungsverfahren versagen, empfiehlt die ICCS ein pragmatisches Vorgehen: Bei fehlendem Erfolg der einen Methode wird auf die jeweils andere gewechselt, d. h. von AVT auf Desmopressin und umgekehrt (Neveus et al. 2010). Dieses Vorgehen hat sich in einer randomisiert-kontrollierten Cross-Over-Studie als effektiv erwiesen (Kwak et al. 2010).
Wegen kardialer Nebenwirkungen wird Imipramin bei Therapieresistenz als Mittel der 3. Wahl eingesetzt (Gepertz und Neveus 2004). Man beginnt mit einer abendlichen Dosis von 10–25 mg abends. Nur im individuellen Bedarfsfall kann unter enger Überwachung langsam bis zu einer maximalen Enddosis von 3 mg/kg/Tag in 3 Dosen gesteigert werden. Trizyklische Antidepressiva sind zwar wirksam, haben aber auch eine hohe Rückfallquote nach dem Absetzen (Caldwell et al. 2016b). Wegen des Risikos kardialer Nebenwirkungen sollten internistisch-pädiatrische Untersuchungen, Laborkontrollen und die Ableitung eines EKG vor und während der Imipramin-Gabe durchgeführt werden (Riddle et al. 1993).
Auch andere Antidepressiva wie Reboxetin, ein selektiver Noradrenalinwiederaufnahmehemmer, haben in einer Dosierung von 4 mg/Tag eine antienuretische Wirkung (Lundmark und Neveus 2009). Bei der Kombination von therapieresistenter Enuresis nocturna und ADHS kann Atomoxetin, ebenfalls ein selektiver Noradrenalinwiederaufnahmehemmer, wirksam sein (Ohtomo 2017).

Funktionelle Harninkontinenz tags

Klassifikation der funktionellen Harninkontinenz tags nach ICCS-Kriterien

Im DSM-5, ICD-10 und ICD-11 ist das Einnässen tagsüber mit dem Einnässen nachts unter Enuresis zusammengefasst (Abschn. 1). Nach der ICCS wird der Begriff nichtorganische (auch: funktionelle) Harninkontinenz für das intermittierende Einnässen tags im Wachzustand verwendet. Der Begriff Enuresis diurna ist dagegen veraltet und sollte vermieden werden. Ansonsten gelten auch alle weiteren Kriterien (Alter, Dauer, Häufigkeit, Ausschluss organischer Ursachen) zur Diagnose der Harninkontinenz, die bei der Enuresis nocturna beschrieben wurden (Abschn. 2.1). Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über die Diagnosekriterien nach ICCS.
Kriterien für die Enuresis nocturna und die Harninkontinenz tags nach ICCS
  • Ausschluss organischer Ursachen (neurogen, strukturell und durch andere medizinische Ursachen)
  • Chronologisches Mindestalter von 5 Jahren
  • Dauer mindestens 3 Monate
  • Frequenz mindestens eine Episode pro Monat
    ≥ 4 Episoden/Woche: häufiges Einnässen
    < 4 Episoden/Woche: seltenes Einnässen
< 1 Episode/Monat: Symptom, aber keine Störung
Insgesamt ist die Diagnose der funktionellen Harninkontinenz tags um einiges komplexer als die der Enuresis nocturna. Es können drei häufige und mehrere seltene Subformen unterschieden werden. Falls ein Kind im Schlaf und tagsüber einnässt, erhält es eine Diagnose für die Subform der Enuresis nocturna und eine für Harninkontinenz tags.
Zu den drei häufigsten Subformen der funktionellen Harninkontinenz tags zählen die Dranginkontinenz (oder überaktive Blase), die Harninkontinenz bei Miktionsaufschub und die Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination. Bei der Dranginkontinenz kommt es zu starken Drangsymptomen, einer erhöhten Miktionsfrequenz von über siebenmal am Tag (Pollakisurie) mit geringen Urinmengen. Betroffene Kinder führen Haltemanöver durch, indem sie z. B. in die Hocke gehen, die Oberschenkel zusammenpressen und hüpfen. Harnwegsinfekte, Entzündungen im Genitalbereich und Einkoten sind häufig. Typisch bei der Harninkontinenz bei Miktionsaufschub sind die seltenen Toilettengänge von vier oder weniger pro Tag. Es handelt sich ein habituelles Hinauszögern der Miktion in bestimmten Situationen, wie in der Schule oder beim Spielen, in denen auch Haltemanöver eingesetzt werden. Die Miktionsvolumina sind groß, oft verhalten sich die Kinder oppositionell und provokativ (von Gontard et al. 2016b). Bei der Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination handelt es sich um eine Störung der Blasenentleerung (Chase et al. 2010). Statt sich zu entspannen kontrahiert sich der externe Sphinkter während der Miktion. Pressen zu Beginn der Miktion, ein unterbrochener Harnfluss und Resturinmengen sind dabei typisch.
Nach der ICCS können weitere sechs seltene Formen der Harninkontinenz tags differenziert werden: die Stressinkontinenz, die Lachinkontinenz, die unteraktive Blase, der vaginale Reflux und die funktionelle Obstruktion (Austin et al. 2016). Einen Überblick der Klassifikationsmerkmale dieser selten vorkommenden Störungen gibt Tab. 4. Die zuvor genannten drei häufigen, in der Praxis besonders relevanten Formen der funktionellen Harninkontinenz tags werden im Weiteren ausführlich behandelt.
Tab. 4
Formen der funktionellen Harninkontinenz tags mit den wichtigsten Leitsymptomen nach ICCS (Austin et al. 2016)
 
Form der Harninkontinenz
Wichtigste Leitsymptome
Häufige Formen
Überaktive Blase/Dranginkontinenz
Drangsymptome, erhöhte Miktionsfrequenz > 7-mal/Tag, kleine Urinvolumina
Harninkontinenz bei Miktionsaufschub
Seltene Miktionen < 4-mal/Tag, habitueller Aufschub der Miktionen, große Miktionsvolumina
Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination
Pressen zu Beginn der Miktion, unterbrochener Harnfluss
Seltene Formen
Stressinkontinenz
Einnässen bei Husten, Niesen, erhöhtem intraabdominalem Druck, kleine Volumina
Lachinkontinenz
Einnässen bei Lachen, große Volumina, komplette Entleerung
Unteraktive Blase
Unterbrochener Harnfluss, Entleerung nur mit Pressen
Vaginaler Reflux (besser: Influx)
Einnässen nur 5–10 Minuten nach Miktion aufgrund des Influxes von Urin bei Miktion in die Vagina
Funktionelle Obstruktion
Behinderung und Verminderung des Harnflusses
Erhöhte diurnale Miktionsfrequenz
Benigne, zeitliche begrenzte Störung mit Drangsymptomen und erhöhter Miktionsfrequenz

Prävalenz und Verlauf

Nach neuen Studien beträgt die Prävalenz für die Harninkontinenz tags ca. 6 % (Wright 2015). Mädchen sind häufiger betroffen, vor allem mit der Subform der Dranginkontinenz. Die Häufigkeit der Harninkontinenz tags nimmt mit steigendem Alter mit einer spontanen Remissionsrate von 15 % pro Jahr ab (Schäfer et al. 2018). Es zeigte sich, dass die Prävalenz mit steigendem Alter geringer wird.1 Zusätzlich lassen sich verschiedene Verlaufsformen identifizieren: Kinder mit persistierendem Einnässen, mit Rückfällen oder einer graduellen spontanen Remission (Heron et al. 2008). Die Dranginkontinenz und die Harninkontinenz bei Miktionsaufschub sind die häufigsten Formen der funktionellen Harninkontinenz. Die Prävalenz der Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination ist nicht bekannt, aber bis zu 7–10 % von Mädchen im Schulalter könnten betroffen sein (nicht immer mit Inkontinenz assoziiert). Der Jungenanteil liegt bei 0–29 % in verschiedenen Studien (Fernandez-Ibieta und Ayuro-Gonzales 2016).
Im Verlauf nässen 1–2 % der Jugendlichen weiterhin tags ein und sind oft besonders schwer betroffen (von Gontard et al. 2017). Zudem kann beispielsweise die Stressinkontinenz neu auftreten. Risikofaktoren hierfür sind Adipositas und bestimmte Sportarten. Das Risiko für eine Harninkontinenz besteht auch im Erwachsenenalter weiter, wenn eine Enuresis nocturna oder Harninkontinenz im Kindesalter vorgelegen hatte (von Gontard und Neveus 2006). Insgesamt hat die Dranginkontinenz die günstigste Prognose. Die Behandlung der Harninkontinenz bei Miktionsaufschub wird durch die Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellen Verhalten eingeschränkt (von Gontard et al. 2016b). Biofeedbacktraining bei Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination ist langfristig effektiv (Chase et al. 2010).

Ätiologie

Bei der Dranginkontinenz treten während der Füllungsphase der Blase spontane Kontraktionen auf, die nicht genügend vom zentralen Nervensystem unterdrückt werden (Franco 2007). Diese zeigen sich klinisch als Drang, welcher mit Haltemanövern unterdrückt wird. Durch die Aktivierung der Beckenbodenmuskulatur kann sich ein Miktionsaufschub entwickeln. Bei der Dranginkontinenz handelt es sich um eine Entwicklungsstörung mit Persistenz kindlicher Ausscheidungsmuster (Jansson et al. 2000), bei der eine deutliche genetische Disposition vorliegt (Eiberg et al. 2001).
Bei der Harninkontinenz mit Miktionsaufschub handelt es sich um eine habituelle Zurückhaltung von Urin und einem Hinauszögern der Miktion, d. h. es handelt sich um ein erlerntes Verhalten. Sie kann sich aus einer Dranginkontinenz entwickeln, indem übermäßig Haltemanöver eingesetzt werden. Andererseits kann sie auch ohne Vorläufer neu auftreten (von Gontard et al. 2016a).
Bei der Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination kommt es zu paradoxen, ungeregelten Kontraktionen des Sphinkter externus während der Miktion bei fehlender Relaxation (Chase et al. 2010). Die Ätiologie ist nicht geklärt. Sie ist vermutlich eine erworbene Störung, die sich aus der Dranginkontinenz und dem Miktionsaufschub entwickelt, aber auch ohne Vorläufer entstehen kann (Glassberg et al. 2016). Die Miktionszeit ist verlängert, es kommt zu ausgeprägten Kontraktionen des Beckenbodens sowie zu einer fraktionierten Miktion.

Diagnostik und Differenzialdiagnostik

Bei der Diagnostik der Harninkontinenz tags kann analog der Standarddiagnostik der Enuresis nocturna vorgegangen werden (Abschn. 2.4). Gleiches gilt hinsichtlich der Differenzialdiagnostik der funktionellen Harninkontinenz. Allerdings treten organische Ursachen bei der Harninkontinenz tags häufiger auf als bei der Enuresis nocturna.

Komorbidät

Körperliche Störungen

Bezüglich der körperlichen Komorbiditäten kann für die Harninkontinenz auf den entsprechenden Abschnitt bei der Enuresis nocturna (Abschn. 2.5.1) verwiesen werden. Hinzuzufügen ist, dass bei einer Harninkontinenz, vor allem mit Resturinbildung, das Risiko für einen Harnwegsinfektion erhöht ist.

Psychische Störungen

Bei der Harninkontinenz tags lassen sich bei 20–40 % der Betroffenen klinisch relevante psychische Störungen finden (von Gontard et al. 2011a). Die Ergebnisse bezüglich komorbider psychischer Störungen der ALSPAC-Studie sind in Abb. 1 aufgeführt (Joinson et al. 2006b). Bezüglich der Komorbiditäten mit Autismus-Spektrum-Störungen, Intelligenzminderung, Behinderungsbildern und Schlafstörungen gilt das, was für die Enuresis nocturna beschrieben wurde. Speziell für die Harninkontinenz gilt, dass die Rate umso höher ist, je niedriger die Gesamtintelligenz liegt. Dabei können syndromspezifische Faktoren wie zerebrale Anfälle z. B. beim Angelman-Syndrom (Wagner et al. 2016) eine Rolle spielen.
Die Harninkontinenz mit Miktionsaufschub kann ein Teilaspekt einer komorbiden Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem Verhalten sein (Kuhn et al. 2009). Auch familiäre Interaktionsauffälligkeiten sind häufig (von Gontard et al. 2016b). Bei der Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination ist die Rate von komorbiden, klinisch relevanten Verhaltenssymptomen niedriger (26,7 %) als bei der Dranginkontinenz (40,3 %) oder dem Miktionsaufschub (50,0 %). So liegt eine komorbide psychische Symptomatik selten, aber dafür zum Teil mit schwerer Ausprägung vor (von Gontard et al. 2015).

Therapie der funktionellen Harninkontinenz

Allgemeine Prinzipien der Therapie der funktionellen Harninkontinenz

Bei Kindern, die tags einnässen, ist die Standardurotherapie Mittel der 1. Wahl (Chang et al. 2017; Abschn. 2.6.2). Allgemeine Hinweise zum Trink- und Miktionsverhalten haben eine besondere Bedeutung. Unter keinen Umständen soll dagegen die Retention von Urin trainiert werden, da sich dadurch das Risiko für eine Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination erhöht. Darüber erfordern die spezifischen Formen der Harninkontinenz tags jeweils ein gesondertes Vorgehen. Bei Therapieresistenz haben sich Schulungsprogramme sehr bewährt (Equit et al. 2013, 2015; Konsensusgruppe Kontinenzschulung 2017). Im Folgenden werden spezifische Ansätze für die Subformen der Harninkontinenz tags erläutert.

Therapie der Dranginkontinenz

Bei der Dranginkontinenz ist zunächst das erste Therapieziel, dass die Kinder den Harndrang wahrnehmen, bei voller Blase ohne Haltemanöver oder Retentionsmaßnahmen die Toilette aufsuchen und die Blase vollständig entleeren. Der therapeutische Hauptfokus liegt somit auf einem kognitiven Wahrnehmungstraining. Dadurch wird die zentrale Inhibition der Detrusorkontraktionen verstärkt. Der Therapieverlauf wird von den Kindern in einem Plan mit nassen Episoden und trockenen Toilettengängen dokumentiert. Zusätzlich können verhaltenstherapeutische Verstärkerpläne zur Motivationssteigerung hilfreich sein.
Bei etwa einem Drittel der Kinder reichen diese einfachen urotherapeutischen Maßnahmen aus. Bei den restlichen zwei Dritteln sollte die Urotherapie entweder mit einer Pharmakotherapie mit Anticholinergika oder mit einer Elektrostimulation kombiniert werden. Kindern und Eltern werden diese beiden Optionen erläutert, sodass sie sich entscheiden können, welches der Verfahren zur Anwendung kommen sollte.
Nach den AWMF-Leitlinien ist bei einer Pharmakotherapie das Medikament Propiverin wegen der geringeren Nebenwirkungsrate Mittel der 1. Wahl. Die Dosierung beträgt 0,4–0,8 mg/kg KG/Tag in 2 Dosen (maximale Dosis 15 mg/Tag) (Kuwertz-Bröking und von Gontard 2021). Mittel der 2. Wahl ist Oxybutinin, welches eine spasmolytische, anticholinerge und lokalanalgetische Wirkung hat. Die Effektivität wurde in verschiedenen Untersuchungen nachgewiesen. Es empfiehlt sich Oxybutinin in einer maximalen Tagesdosis bis 15 mg bzw. 0,1–0,3 mg/kg KG/Tag zu verabreichen (in 3 Gaben verteilt pro Tag). Die Nebenwirkungen sind reversibel, dosisabhängig und umfassen trockener Mund, Akkomodationsstörungen, Tachykardie, Flush, Obstipation, Resturinbildung und Aufmerksamkeitsprobleme. Als weitere Alternative kommen Trospium (zugelassen bei Kindern über 12 Jahre) sowie Tolterodin und Solifenacin (zugelassen bei Erwachsenen) in Frage.
Die sakrale transdermale elektrische Neurostimulation (TENS) ist in mehreren Studien bei Kindern mit therapieresistenter überaktiver Blase angewendet worden und hat sich als eine wirksame Behandlungsmethode für die Dranginkontinenz erwiesen (Barroso et al. 2011). Die TENS wird mit transkutanen Klebeelektroden beispielsweise 30 Minuten täglich zu Hause durchgeführt. Einzelheiten finden sich bei von Gontard (2018). Der Wirkmechanismus besteht in einer Aktivierung von höheren Zentren des Zentralnervensystems, die bei der Blasenkontrolle beteiligt sind. Die TENS sollte im Rahmen einer Urotherapie begleitet werden. In manchen Zentren wird die TENS bei der Dranginkontinenz inzwischen vor der Pharmakotherapie angeboten. Bei fehlendem Ansprechen auf die eine Methode wird ein Wechsel auf die jeweils andere Methode empfohlen. Weitere zukünftige Indikationen für die TENS könnten in der Behandlung der Obstipation und der Enuresis nocturna liegen. Für eine gesicherte Indikation reichen die derzeitigen Daten jedoch noch nicht aus.

Therapie der Harninkontinenz bei Miktionsaufschub

Das Kind soll lernen, die Blase häufiger und zu bestimmten Zeiten, die sich am Tagesrhythmus orientieren, in Ruhe und entspannt zu entleeren. Als Ziel werden 7 Miktionen am Tag vereinbart. Im Rahmen der urotherapeutischen Behandlung wird gemeinsam mit Kind und Familie abgesprochen, dass z. B. die Eltern ihr Kind regelmäßig zur Toilette schicken sollen. Es können auch regelmäßige Zeitpunkte vereinbart werden, an denen die Kinder ihre Blase entleeren. Der Einsatz programmierbarer Uhren oder Handys, die die Kinder an die Miktion erinnern sollen, hat sich bewährt. Bei all diesen Maßnahmen sollen Protokolle, Verstärkerpläne und Belohnungssysteme eingesetzt werden. Eine Pharmakotherapie ist nicht indiziert. Eine Obstipation, Harnwegsinfektionen und kinderpsychiatrische Komorbiditäten, vor allem Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem Verhalten, sind bei diesen Kindern häufig nachweisbar und müssen in die Therapie mit einbezogen werden (von Gontard et al. 2016b).

Therapie der Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination

Hier werden zusätzlich zu der Standardurotherapie spezifische Biofeedbackmethoden mit Erfolg eingesetzt (Chase et al. 2010; Schäfer et al. 2018). Das Biofeedbacktraining geschieht unter Zuhilfenahme der Uroflowmetrie (optisch) und des perianalen Beckenboden-EMG (optisch und akustisch). Bei der Verwendung von EMG-Biofeedbacksystemen vermitteln diese Signale dem Kind unmittelbar, ob die Beckenbodenmuskulatur angespannt oder entspannt ist. Die Miktion kann auch durch regelmäßig aufgezeichnete Uroflowmetriekurven visualisiert und verbessert werden. EMG-Biofeedbackprogramme können mit Anweisung und Begleitung auch im häuslichen Rahmen durchgeführt werden. Bezüglich Einzelheiten sei auf von Gontard (2018) verwiesen. Eine Pharmakotherapie ist nach der ICCS nicht zu empfehlen (Chase et al. 2010). In einer Studie wurden 56 Kindern mit Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination mit Biofeedback und Urotherapie über 18 Wochen behandelt: 27 waren komplett und 14 teilweise geheilt (Noordhoff et al. 2018). In einer retrospektiven Analyse an 61 Kindern hatten 65,5 % einen signifikanten Therapieerfolg (Alyami et al. 2019). In einer Metaanalyse zeigte sich das Biofeedback sogar bei 80 % der Kinder als wirksam (Desantis et al. 2011).

Enkopresis

Klassifikation der Enkopresis

Nach ICD-10, ICD-11 und DSM-5 wird die Enkopresis als wiederholtes, willkürliches oder unwillkürliches Absetzen von Stuhl an nicht dafür vorgesehenen Stellen über einer Dauer von 3 Monaten (nach der ICD-10 sogar 6 Monate), eine Frequenz von einmal pro Monat und einem Mindestalter von 4 Jahren (oder entsprechend dem Entwicklungsalter) nach Ausschluss organischer Ursachen definiert. Bei der DSM-5-Klassifikation wird zwischen der Enkopresis mit und ohne Obstipation unterschieden. Da die DSM- und ICD-Klassifikationen nicht dem aktuellen Forschungsstand entsprechen, wurde für die Enkopresis (synonym gebräuchlich: Stuhlinkontinenz) die weltweit etablierte Rome-IV-Klassifikation (Benninga et al. 2016; Hyams et al. 2016) entwickelt.
Nach der Rome-IV-Klassifikation der pädiatrischen Gastroenterologie können zwei Hauptgruppen unterschieden werden: die funktionelle Obstipation und die nichtretentive Stuhlinkontinenz (Hyams et al. 2016). Ein Alter von 4 Jahren wird vorausgesetzt, die Dauer der Symptomatik muss mindestens 1 Monat betragen. Organische Ursachen müssen ausgeschlossen werden. Der neutrale Begriff Stuhlinkontinenz wird statt der Bezeichnung Enkopresis bevorzugt.

Funktionelle Obstipation nach Rome-IV

Die funktionelle Obstipation ist nach Rome-IV die übergeordnete Störung, die mit und ohne Einkoten einhergehen kann (Hyams et al. 2016). Die Rome-IV Klassifikation wurde auch von den AWMF-Leitlinien zur funktionellen Obstipation und nichtretentiven Stuhlinkontinenz übernommen (Claßen und von Gontard 2022).
Diagnosekriterien nach Rome-IV
Funktionelle Obstipation
Zwei oder mehr der folgenden Kriterien bei Kindern mit einem Entwicklungsalter von mindestens 4 Jahren bei einer Dauer von mindestens einem Monat:
  • Zwei oder weniger Defäkationen in die Toilette pro Woche
  • Mindestens eine Einkotepisode pro Woche
  • In der Anamnese Zurückhalten von Stuhl oder exzessive willkürliche Stuhlretention
  • In der Anamnese schmerzhafter oder harter Stuhlgang; große Stuhlmassen im Rektum
  • In der Anamnese große Stuhldurchmesser, die die Toilette verstopfen können
  • In der Anamnese große Stuhldurchmesser, die die Toilette verstopfen können
  • Kein Nachweis von medizinischen Erkrankungen, die die Obstipation erklären könnten (nach angemessenen medizinischen Untersuchungen)
Nichtretentive Stuhlinkontinenz
  • Alle der Kriterien müssen bei einem Kind mit einem Entwicklungsalter von mindestens 4 Jahren erfüllt sein bei einer Dauer von mindestens einem Monat:
  • Mindestens einmal im Monat Defäkation an Stellen, die für den sozialen Kontext unangemessen sind
  • Kein Nachweis von Stuhlretention
  • Kein Nachweis von medizinischen Erkrankungen, die die Stuhlinkontinenz erklären würden (nach angemessenen medizinischen Untersuchungen)
Die funktionelle Obstipation kann schon Säuglinge betreffen, für die eigene Rome-IV-Kriterien formuliert wurden (Benninga et al. 2016). Die erforderliche Symptomatik für eine Diagnose bei älteren Kindern (ab 4 Jahren) wird genau beschrieben. Sie beruht auf einer lang andauernden, chronischen Stuhlretention. Auch bei der funktionellen Obstipation ist eine Stuhlinkontinenz möglich, aber nicht obligat. Zusätzlich finden sich bei der funktionellen Obstipation ein seltener Stuhlgang, eine Stuhlretention, Bauchschmerzen, Schmerzen bei der Defäkation und ein reduzierter Appetit (Benninga et al. 2004). Skybala (Kotballen) sind bei der abdominellen Palpation tastbar, die Kolon-Transitzeit ist verlängert, die analrektale Sensibilität ist reduziert und bei der Ultraschalluntersuchung können ein erweitertes Rektum sowie retrovesikale Impressionen festgestellt werden (Benninga et al. 2004; Joensson et al. 2008).

Nichtretentive Stuhlinkontinenz nach Rome-IV

Bei dieser Diagnose (Abschn. 4.1.1) handelt es sich um ein Einkoten ohne Zeichen einer Obstipation. Bei der nichtretentiven Stuhlinkontinenz fehlen die typischen Symptome der Obstipation, d. h. die Kinder halten keinen Stuhl zurück. Sie setzen täglich kleine Mengen Stuhl normaler Konsistenz auf der Toilette ab, koten seltener ein, haben guten Appetit und zeigen keine Skybala sowie Schmerzen. Zudem besteht eine unauffällige Kolon-Transitzeit und Sensibilität.

Klassifikation weiterer Störungen der Stuhlfunktion

Die Rome-IV-Kriterien haben sich in der Praxis bewährt und sind in der Forschung inzwischen obligat. Nicht berücksichtigt sind folgende weitere Formen der Stuhlinkontinenz:
  • Das Toilettenverweigerungssyndrom, bei dem Kinder die Toilette zum Wasserlassen verwenden, aber bei der Defäkation auf eine Windel bestehen (Wagner et al. 2017). Diese Störung kann bei manchen Kindern Vorläuferproblematik einer Stuhlinkontinenz mit Obstipation sein (von Gontard 2024; Niemczyk et al. 2014).
  • Die Toilettenphobie, bei der in Form einer isolierten Phobie eine Angst vor der Toilette besteht und das Urinieren und Stuhlabsetzen verweigert wird. Die Kinder haben beispielsweise Angst, in die Toilette zu fallen oder vor Ungeheuern in der Toilette (Wagner et al. 2017).
  • Die Slow-Transit-Constipation, bei der es sich um eine genetisch bedingte Verzögerung der Darmpassage handelt. Die betroffenen Kinder haben seit früher Kindheit eine schwere Obstipation, die allerdings durch weiche Stühle gekennzeichnet ist (Shin et al. 2002).

Prävalenz der Stuhlinkontinenz und Obstipation

1–3 % aller Kinder sind von einer Stuhlinkontinenz betroffen. Der Verlauf ist oft persistierend mit einer nur geringen spontanen Remissionsrate. Es konnten verschiedene Verlaufsformen identifiziert werden: solche mit persistierendem Verlauf, solche mit Rückfällen und solche mit einer Rückbildung (Heron et al. 2008). Die Prävalenz ist abhängig von der Frequenz des Einkotens: 5,4 % der 7-Jährigen koteten insgesamt ein, davon 1,4 % einmal oder häufiger pro Woche (Joinson et al. 2006a). Jungen sind drei- bis viermal häufiger betroffen als Mädchen (Bellman 1966). Die Mehrzahl der Kinder kotet tagsüber und sehr selten nachts ein. Die Obstipation tritt häufiger auf als die Stuhlinkontinenz an sich. Nach einer Metaanalyse lag die Prävalenz der Obstipation bei 9 % weltweit, wobei unterschiedliche Definitionen zugrunde lagen (van den Berg et al. 2006). Eine neue Metaanalyse kam ebenfalls zu einer Prävalenz der Obstipation von 8,6 % bei Jungen und 8,9 % bei Mädchen (Koppen et al. 2018). Die Prävalenz der Stuhlinkontinenz betrug in einer populationsbasierten Studie insgesamt 2 % bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10–16 Jahren, wovon bei 1/5 eine nichtretentive Stuhlinkontinenz und bei 4/5 auch eine Obstipation vorlag (Rajindrajiith et al. 2010). Die Gesamtprävalenz der nichtretentiven Stuhlinkontinenz liegt nach einer Metaanalyse zwischen 0,0 % und 1,8 % (im Mittel bei 0,4 %) (Koppen et al. 2018). Durch Selektionseffekte wird die nichtretentive Stuhlinkontinenz häufiger in kinderpsychiatrischen Settings vorgestellt. In einer Serie von 368 Kindern mit Stuhlinkontinenz hatten 62,8 % zusätzlich eine Obstipation und 37,2 % eine nichtretentive Stuhlinkontinenz (von Gontard et al. 2015).
Stuhlinkontinenz und Obstipation können sich ins Jugendalter fortsetzen. Bei der nichtretentive Stuhlinkontinenz koteten 49 % der 12-Jährigen und 15 % der 18-Jährigen noch ein (Bongers et al. 2007). Bei der Obstipation waren nach 10–12 Jahren noch 46 % obstipiert, 25 % koteten ein und 56 % litten unter Bauchschmerzen (Michaud et al. 2009). In einer Katamnese hatten 25–30 % der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 16–27 Jahren noch eine Obstipation (Bongers et al. 2010).

Ätiologie der Obstipation und der nichtretentiven Stuhlinkontinenz

Die Ätiologie der Obstipation ist weitgehend geklärt. Für Obstipation besteht eine genetische Disposition: In einer Zwillingsstudie von Bakwin und Davidson (1971) fand sich eine viermal größere Konkordanzrate bei eineiigen (70 %) im Vergleich zu zweieiigen Zwillingen (18 %). Bei lediglich 5 % aller Kinder mit chronischer Obstipation liegen organische Ursachen vor: anatomische (z. B. Analfissuren), Innervationsstörungen (z. B. Morbus Hirschsprung), Stoffwechselstörungen sowie hormonelle, neurogene und pharmakologische Ursachen. Dies bedeutet, dass 95 % aller chronisch obstipierten Kinder eine rein funktionelle Störung haben. Somatische Faktoren, wie Schmerzen und anale Rhagaden (glatte, tiefe Hauteinrisse), Nahrungsumstellung, intensives Toilettentraining oder auch psychische Faktoren (emotionale Traumata oder belastende Lebensereignisse) können zu einer akuten Obstipation führen. Es folgt dann im weiteren Verlauf eine weitere Stuhlretention, um Schmerzen beim Stuhlabsetzen zu vermeiden. Hierbei wird der Schließmuskel des Darms paradox angespannt. Die Vermeidung der Stuhlentleerung führt schließlich zu einer Akkumulation von harten Stuhlmassen mit Entwicklung eines Megakolons (massive Erweiterung des Dickdarms), einer reduzierten Sensibilität und Peristaltik und letztendlich zum Einkoten, da zwischen den alten Stuhlmassen frischer, teilweise flüssiger Stuhl austritt. Innerfamiliäre Konflikte können die Folge sein (Cox et al. 1998). Sekundär können dann Verleugnung der Symptomatik, sozialer Rückzug und Verhaltensprobleme resultieren.
Die Ätiologie der nichtretentiven Stuhlinkontinenz ist dagegen nicht geklärt (Bongers et al. 2007). Der Anteil der organischen Ursachen liegt hier bei 1 %. Es handelt sich um eine vermutlich überwiegend umweltvermittelte Ätiologie. Die Rate von psychischen Störungen und Symptomen war in manchen Studien höher als bei der Obstipation (von Gontard et al. 2015), während dieser Befund in anderen Studien nicht erhoben wurde (Benninga et al. 2004, 2016).

Diagnostik und Differenzialdiagnostik

Das diagnostische Vorgehen richtet sich nach den Standardempfehlungen für Ausscheidungsstörungen (Abschn. 2.4). In der Differenzialdiagnostik müssen vor allem Morbus Hirschsprung und andere gastroenterologische Erkrankungen berücksichtigt werden (von Gontard 2024). Dabei sollten Warnzeichen berücksichtigt werden, die auf eine mögliche organische Ursache hinweisen (Claßen und von Gontard 2022).

Komorbidität

Körperliche Störungen

Die bei der Enuresis nocturna (Abschn. 2.5.1) aufgeführten Komorbiditäten zu anderen Ausscheidungsstörungen und Teilleistungsstörungen gelten auch für die Stuhlinkontinenz.

Psychische Störungen

Im Alter von 7,5 Jahren hatten in der schon oben genannten populationsbezogenen ALSPAC-Studie Kinder mit Stuhlinkontinenz (Enkopresis) signifikant häufiger Trennungsängste (4,3 %), generalisierte Ängste (3,4 %), spezifische Phobien (4,3 %), soziale Phobien (1,7 %), Depressionen (2,6 %), ADHS (9,2 %), Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem Verhalten (11,9 %) und sogar Störung des Sozialverhaltens (1,8 %) als Kontrollen (Abb. 1, Abschn. 2.5.2). Psychische Auffälligkeiten waren häufiger bei Kindern mit hoher (≥1-mal/Woche; 1,4 %) als mit niedriger Einkotfrequenz (<1-mal/Woche; 5,4 %) (Joinson et al. 2006a). Analog zu der Enuresis nocturna und Harninkontinenz gibt es Komorbiditäten mit Autismus-Spektrum-Störungen (Niemczyk et al. 2018b) und Intelligenzminderung (von Gontard 2013b).

Therapie

Allgemeine Prinzipien der Therapie der Stuhlinkontinenz

Die Behandlung der Stuhlinkontinenz ist meistens in einem ambulanten Setting möglich. Bei Therapieresistenz können ambulante Schulungsprogramme deutliche Erfolge erzielen (Equit et al. 2013, 2015). Dabei hat sich ein gestuftes, multimodales Behandlungsregime bewährt, dass sich an der Urotherapie orientiert (von Gontard 2024). Informationsvermittlung, Beratung, Psychoedukation und stützende Begleitung sind besonders wichtig. Bei der Stuhlinkontinenz leiden viele Kinder unter Scham- und Schuldgefühlen, sowie mangelndem Selbstvertrauen und Motivation. Auch die Rate von komorbiden psychischen Störungen ist besonders hoch. Die aktive Mitarbeit der Eltern und Kinder ist besonders wichtig. Eine Steigerung der Trinkmenge ist oft notwendig, während eine allgemeine Diätumstellung meistens nicht erforderlich ist.
Darüber hinaus sind weitere verhaltenstherapeutische und pharmakologische Behandlungsansätze wichtig (von Gontard 2024). Dagegen sind Biofeedbackverfahren weder bei der nichtretentiven Stuhlinkontinenz Obstipation (Cox et al. 1998) noch (van Ginkel et al. 2000) effektiv. Ein alleiniges verhaltenstherapeutisches Vorgehen ist sogar effektiver als ein zusätzliches Biofeedbacktraining (Cox et al. 1998). Empfehlung der ICCS wurden für die funktionelle Obstipation (Burgers et al. 2013b) und für die nichtretentive Stuhlinkontinenz formuliert (Koppen et al. 2016). Die AWMF-Leitlinien wurden 2022 ver­ffentlicht (Claßen und von Gontard 2022). Bei Therapieresistenz sind spezifische Schulungsprogramme zu empfehlen (Hussong et al. 2020). Im Weiteren werden die spezifischen Vorgehensweisen für die funktionelle Obstipation sowie die Stuhlinkontinenz beschrieben.

Funktionelle Obstipation

Eine Pharmakotherapie ist nur bei der Obstipation indiziert. Dabei müssen die zurückgehaltenen Stuhlmassen zunächst entfernt werden (Desimpaktion). Dies kann sowohl oral mit dem Medikament Polyethylenglykol (PEG) oder rektal mit sorbithaltigen Klistieren erfolgen. Beide Verfahren sind ähnlich erfolgreich (Bekkali et al. 2009). Wegen einer höheren Akzeptanz wird die orale Desimpaktion bevorzugt. Dazu wird das osmotisch wirksame PEG (1,5 g/kg KG/Tag über 3–4 Tage, dann Reduktion der Dosis) verabreicht und ist bei dieser Indikation ab einem Alter von 5 Jahren zugelassen (von Gontard 2024). Auf genügende orale Flüssigkeit sollte bei osmotischen Laxanzien besonders geachtet werden. Bei schweren Fällen sind jedoch nach wie vor Klistiere notwendig.
Nach der Desimpaktion folgt die Erhaltungsphase mit Stuhltraining und einem oralen Laxanz. Die Erhaltungstherapie sollte lang genug (6–24 Monate) fortgesetzt werden, um eine Reakkumulation von Stuhlmassen zu vermeiden. Ziel ist die Verhinderung der Reakkumulierung von Stuhlmassen sowie die Normalisierung der Stuhlentleerung. Mittel der 1. Wahl ist analog zur Desimpaktion PEG. Es handelt sich dabei um ein langkettiges Polymer, das im Darm verbleibt, Wasser bindet, den Stuhl weicher macht und die Darmpassage beschleunigt. Auch ist es wirksamer als andere Abführmittel (Candy und Belsey 2009). Eine Dosis von 0,4 mg/kg KG/Tag in zwei Dosen wird zu Beginn empfohlen (Nurko et al. 2008). Die Dosierung wird dann der Stuhlkonsistenz angepasst, üblicherweise zwischen 0,2 mg bis 0,8 mg/kg KG/Tag. In dieser Indikation ist PEG sogar ab dem Alter von 6 Monaten zugelassen. Auf eine ausreichende Trinkmenge sollte wiederum geachtet werden. Laxanzien sollten immer in Kombination mit Toilettentraining erfolgen.
Die wichtigste Maßnahme ist ein Toilettentraining, d. h. ein regelmäßiges und entspanntes Toilettenverhalten. Dazu gehört das Sitzen auf der Toilette nach den Mahlzeiten (3-mal pro Tag). Die Kinder sollten eine Mindestzeit (etwa 5–10 Minuten) auf der Toilette verbringen. Die Toilettensitzungen sollten positiv gestaltet werden. Das Kind darf beispielsweise lesen, mit dem Tablet spielen oder sich sonst beschäftigen. Auf eine bequeme Sitzposition des Kindes ist zu achten, um so die Beckenbodenmuskulatur zu entlasten (z. B. Stühlchen zum Abstützen der Füße vor der Toilette). Auch eine ausreichende Beleuchtung und Wärme der Toilette ist wichtig. Das Ziel ist eine tageszeitliche Koordinierung der Defäkation. Dazu werden nach dem Essen die gastrokolischen Reflexe genutzt. Der Verlauf sollte von den Eltern in einem Plan dokumentiert werden. Auch hier können Verstärker- und Belohnungspläne eingesetzt werden, um die Mitarbeit zu verstärken.

Nichtretentive Stuhlinkontinenz

Bei der nichtretentiven Stuhlinkontinenz ist das Toilettentraining die alleinige Therapie. Laxanzien sind kontraindiziert (Benninga et al. 1994).

Fazit

Ziel dieses Kapitels war es, einen aktuellen Überblick über die Vielfalt der Ausscheidungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen zu vermitteln. Dazu wurden neueste Arbeiten zitiert. Für weitere Einzelheiten darf auch auf entsprechende Monografien verwiesen werden (Franco et al. 2015; von Gontard 2018, 2024; von Gontard und Neveus 2006). Diese wichtigen, häufigen Störungen wurden in der Vergangenheit von der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie vernachlässigt, obwohl die Komorbidität von psychischen Störungen deutlich erhöht ist. In den letzten Jahren hat sich eine deutliche Zunahme der Forschungsaktivität gezeigt, vor allem in den Nachbarfächern der Pädiatrie und Urologie. Die Diagnostik und Behandlung dieser Störungen ist inzwischen auf einem hohen Grad evidenzbasiert und führt bei vielen Kindern nicht nur zum Therapieerfolg, sondern auch zur Verminderung von Verhaltenssymptomen, wie auch zur Steigerung von Selbstwertgefühl und Lebensqualität. Fast alle Behandlungen können ambulant durchgeführt werden, stationäre und tagesklinische Therapien sind nur noch in Ausnahmefällen notwendig. Bei therapieresistenten Verläufen haben sich ambulante Schulungsprogramme bewährt. Es ist zu hoffen, dass diese Grundprinzipien der Diagnostik und Therapie in der Zukunft breit in der Praxis umgesetzt werden.
Fußnoten
1
In einer schwedischen Studie zeigen 2,5 % der 7-Jährigen, 0,5 % der 11- bis 13-Jährigen und 0,3 % der 15- bis 17-Jährigen mehr als einmal in der Woche eine Harninkontinenz tags (Hellström et al. 1990, 1995). Tagsüber nässen insgesamt 7,8 % der 5,5-Jährigen, 9,7 % der 6,6-Jährigen, 6,9 % der 7,7-Jährigen und 4,4 % der 9,7-Jährigen ein (Swithinbank et al. 2010).
 
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