Einleitung
Das Thema medikamententoxische Kardiomyopathien hat in den letzten 10 Jahren aus 2 Gründen an Bedeutung gewonnen. Erstens nimmt aufgrund der verbesserten Therapie kindlicher Malignome die Zahl von Spätüberlebenden einer Anthrazyklin
therapie und damit von Spätwirkungen dieses bekannten Kardiotoxins zu. Zweitens steigt seit der Zulassung von Trastuzumab (Herceptin) im Jahr 1998 die Zahl der sogenannten „targeted therapies“ mit potenziellen toxischen Wirkungen auf das Herz dramatisch an. Die europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) definiert Kardiomyopathien als strukturelle oder funktionelle Erkrankungen der Herzmuskulatur in Abwesenheit von
koronarer Herzerkrankung, Bluthochdruck, Veränderungen der Herzklappen oder angeborenen Herzerkrankungen. Etwa 50 % dieser Kardiomyopathien sind angeborene Formen (
dilatative Kardiomyopathie: 36/100.000, hereditärer Anteil 35 %;
hypertrophe Kardiomyopathie: 200/100.000, hereditärer Anteil 50 %). Die andere Hälfte setzt sich aus erworbenen Formen zusammen (Richard et al.
2006). Wichtige Ursachen für erworbene Kardiomyopathien sind neben viralen und bakteriellen Infektionen, Speichererkrankungen, maligne Infiltrationen und Beteiligung bei autoimmunologischen Erkrankungen vor allem medikamentös/toxische Schädigungen des Herzens. Dafür verantwortlich sind am häufigsten Anthrazykline, Tyrosinkinase
-Inhibitoren, monoklonale
Antikörper,
Ethanol,
Kokain,
Amphetamine, anabole Hormone
,
Wachstumshormone oder Schwermetalle
. Die Erkrankung kann innerhalb von Tagen/Wochen nach Expositionsbeginn oder erst nach Monaten/Jahren eintreten.
Pathophysiologie
Entsprechend der Vielfalt schädigender Substanzen ist auch die Pathophysiologie der medikamententoxischen Kardiotoxizität vielschichtig und nur in Einzelfällen wirklich geklärt. Kardiomyozyten sind als postmitotische Zellen im Vergleich beispielsweise zu Knochenmarks- oder Darm(stamm)zellen relativ resistent gegenüber Störungen der Zellproliferation. Aus demselben Grund ist aber der Verlust von Kardiomyozyten praktisch irreversibel und schränkt die kontraktile Reserve des Herzens ein. Dies muss sich akut nicht bemerkbar machen, führt aber zur klinischen Manifestation, wenn die kontraktile Reserve beispielsweise aufgrund von Bluthochdruck gebraucht wird. Die Tatsache, dass Kardiomyozyten postmitotische Zellen sind, weist auch darauf hin, dass das Herz effiziente Mechanismen braucht, seine Proteine regelmäßig auszutauschen. Dies könnte erklären, warum Störungen des Ubiquitin-Proteasom-Wegs (UPS) und der Autophagie ursächlich für medikamententoxische Kardiomyopathien sein können. Auf der anderen Seite sind Herzmuskelzellen aufgrund des dauerhaft hohen Energiebedarfs in extremer Weise abhängig von einer adäquaten Blutzufuhr und einem funktionierenden oxidativen Metabolismus in den in hoher Dichte vorhandenen Mitochondrien.
Die wichtigsten Kardiotoxine sind die
Anthrazykline/
Anthraquinone, z. B. Doxorubicin. Sie haben ein akutes und verzögertes kardiotoxisches Potenzial. Trotz tausender Studien ist der Schädigungsmechanismus bis heute nicht klar. Seit Langem weiß man, dass Anthrazykline Komplexe mit
Eisen bilden, die zur Bildung schädigender Sauerstoffradikale und dadurch zum Zelltod führen. Für die Bedeutung dieses Mechanismus spricht, dass die einzige wirksame und für die Anwendung am Menschen zugelassene Prophylaxe einer Kardiotoxizität, Dexrazoxan, freies Eisen
abfängt und damit die Bildung der toxischen Anthrazyklin-Eisen-Komplexe verhindern kann. Andererseits hat der Eisenchelator
Desferoxamin keine protektive Wirkung gegenüber der Doxorubicin-Herzschädigung. Eine Erklärung für dieses scheinbare Paradox könnte sein, dass Dexrazoxan im Gegensatz zu Desferoxamin in die Mitochondrien
gelangt, die mit großer Wahrscheinlichkeit die zentralen Orte der Anthrazyklin-Eisen-Schädigung sind. Alternativ wurde kürzlich postuliert, dass die in Kardiomyozyten exprimierte Topoisomerase
II-beta eine zentrale Rolle in der Anthrazyklin-Kardiotoxizität spielt, weil Knockout-Mäuse gegenüber Doxorubicin geschützt waren und keine
Herzinsuffizienz entwickelten (Zhang et al.
2012). Mechanistisch könnte eine Hemmung der durch Topoisomerase II-beta vermittelten Mitochondrien-Biosynthese eine Rolle spielen.
Eine weitere Form von potenziell lebensbedrohlichen Schädigungen des Herzens wird durch den
Antimetaboliten
5-Fluoruracil hervorgerufen. Berichte über Ischämiezeichen im
EKG legen einen primär vaskulären Angriffspunkt nahe, z. B. über Schädigung des Endothels oder einen direkten durch Proteinkinase
C vermittelten Vasospasmus. Ähnliche akute Formen mit Remission nach Expositionsende wurden für Cyclophosphamid beschrieben. Auch der Proteasom-Inhibitor Bortezomib zur Therapie des multiplen Myeloms ist mit Kardiomyopathien assoziiert worden (
Herzinsuffizienz bei 2 % der behandelten Patienten). Der Mechanismus ist unklar und angesichts der vielfältigen Konsequenzen einer Hemmung des Protein-Turnovers wahrscheinlich komplex.
Ein neues Kapitel der Kardiotoxizität von Antitumor-Substanzen ist aufgeschlagen worden, als in einer großen klinischen Studie gezeigt wurde, dass der
monoklonale Antikörper Trastuzumab bei Patientinnen mit
Mammakarzinom die Kardiotoxizität von Doxorubicin von etwa 3 auf 16 % erhöhte (Suter et al.
2004). Trastuzumab ist gegen den bei vielen Mammakarzinomen hochexprimierten ErbB2-Rezeptor
(HER2) gerichtet und gilt als Paradebeispiel einer sogenannten zielgerichteten Therapie. Tatsächlich aber exprimieren auch normale Herzmuskelzellen ErbB2, und genetische
Deletion dieses Rezeptors führt bei Mäusen zu embryonaler Letalität aufgrund schwerer Herzschäden. Folgeuntersuchungen zeigten, dass das Herz diesen Rezeptor und seinen
Liganden Neuregulin ebenso wie andere aus der
Tumorbiologie bekannte Wachstumswege vor allem dann braucht, wenn es unter vermehrter Belastung steht. Diese Beobachtungen führten zur Formulierung eines neuen Paradigmas – das Herz benötigt dieselben Signalwege, die der Tumor für Zellproliferation braucht, zum Schutz gegen Zelluntergang unter Belastung, z. B. Doxorubicin. Diese Theorie könnte gut erklären, warum viele der neuen Anti-Tumor-Substanzen inklusive der Tyrosinkinase
-Inhibitoren (TKI) kardiotoxisch wirken. Im Einzelnen ist der Mechanismus aber nicht geklärt und wahrscheinlich uneinheitlich. Diskutiert werden Veränderungen der Autophagieaktivität
und Inhibition von protektiven Signalkaskaden. Beispiele sind:
-
Phosphoinositid-3-Kinase-/Akt- oder „mammalian target of rapamycin“ (mTOR)-Signalweg
-
RAS-, RAF-1-, BRAF-, MEK1-/2- oder ERK1-/2-Signalweg
-
Calcineurin-/NFAT-Signalweg
-
Januskinase-/STAT-Signalweg (Eschenhagen et al.
2011).
Ebenfalls von Bedeutung ist wahrscheinlich die Homöostase der kardialen Mikrovaskularisierung. Während man früher annahm, dass Endothelzellen und Gefäße im Herzen relativ statisch sind, weiß man heute aus Versuchen an Mäusen, dass die kardiale Expression eines Antagonisten des „vascular endothelial growth factor“ (VEGF) in relativ kurzer Zeit zu einer Rarifizierung des kardialen Gefäßbetts und kontraktilen Störungen führt (May et al.
2008). Dies könnte erklären, warum monoklonale
Antikörper gegen VEGF (Bevacizumab) das Risiko für eine
Herzinsuffizienz 4-fach erhöhen. Dazu kommt, dass VEGF-Antagonisten relativ häufig eine
arterielle Hypertonie und vermehrte Thromboseneigung verursachen. Dies gilt auch für die Multi-TKI Sunitinib und Sorafenib, die unterhalb des Rezeptors ebenfalls in die Signalkaskade von VEGF eingreifen. Die Tatsache, dass sie darüber hinaus bis zu 50 weitere
Kinasen mit ähnlicher
Affinität hemmen, erklärt ihr besonders hohes kardiotoxisches Potenzial. Imatinib, das ein deutlich schmaleres Wirkspektrum hat (Tab.
1), ist auch mit Fällen von Kardiomyopathie assoziiert worden, allerdings seltener.
Tab. 1
Darstellung der Häufigkeit einer medikamententoxischen Kardiomyopathie unter der Therapie mit typischen kardiotoxischen Arzneimitteln laut Fachinformation
Doxorubicin | Mitochondrien Topoisomerase II | Kleinzelliges Bronchialkarzinom Fortgeschrittenes Weichteilsarkom Akute myeloblastische Leukämie Wilms-Tumor | 1–2 %, unter 300mg/m2
5–25 %, ≥ 550mg/m 2 (Lipshultz et al. 2010; Lipshultz et al. 2013) |
Liposomales Doxorubicin | Siehe oben | Metastasiertes Mammakarzinom | Kumulative Dosis x 0,67 = Doxorubicin-Äquivalent-Dosis (Ewer und Ewer 2010) |
Daunorubicin | Siehe oben | Akute lymphoblastische bzw. lymphatische Leukämie | Kumulative Dosis x 0,83 = Doxorubicin-Äquivalent-Dosis (s. Kommentar oben) |
Epirubicin | Siehe oben | Mammakarzinom Fortgeschrittenes Ovarialkarzinom Kleinzelliges Bronchialkarzinom Fortgeschrittenes Weichteilsarkom Urothelkarzinom | Kumulative Dosis x 0,67 = Doxorubicin-Äquivalent-Dosis (s. Kommentar oben; Ewer und Ewer 2010) |
Idarubicin | Siehe oben | Akute myeloische Leukämie | Kumulative Dosis x 5 = Doxorubicin-Äquivalent-Dosis (s. Kommentar oben) |
Mitoxantron | Siehe oben | Fortgeschrittenes und/oder metastasiertes Mammakarzinom Intermediäre und hochmaligne Non-Hodgkin Lymphome (NHL) Akute myeloische Leukämie | Kumulative Dosis x 4 = Doxorubicin-Äquivalent-Dosis (s. Kommentar oben; Ewer und Ewer 2010) |
Sunitinib | Multi-TKI | Pankreatische neuroendokrine Tumoren | Häufig |
Sorafenib | Multi-TKI | Leberzellkarzinom Nierenzellkarzinom | Häufig |
Imatinib | BCR-ABL-Kinase c-Kit | Chronisch myeloische Leukämie Dermatofibrosarcoma protuberans Gastrointestinale Stromatumoren | Gelegentlich |
Trastuzumab | HER2-Rezeptor | Mammakarzinom Metastasiertes Magenkarzinom | Häufig |
Bevacizumab | VEGF | Metastasiertes kolorektales Karzinom Metastasiertem Mammakarzinom metastasiertes oder rezidivierendes nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom Metastasiertes Nierenzellkarzinom Fortgeschrittenes epitheliales Ovarialkarzinom, Eileiterkarzinom oder primäres Peritonealkarzinom | Häufig |
Bortezomib | Proteasom | Multiples Myelom | Gelegentlich |
5-Fluoruracil | Anti-Metabolit | Fortgeschrittenes kolorektales Karzinom Fortgeschrittenes Magenkarzinom Fortgeschrittenes und/oder metastasiertes Mammakarzinom Plattenepithelkarzinome des Kopf-Hals-Bereichs Fortgeschrittenes Ösophaguskarzinom | Gelegentlich |
Cyclophosphamid | Alkylanzien | Akute lymphatische Leukämie Hodgkin-/Non-Hodgkin-Lymphome Chronisch lymphatische Leukämie Plasmozytom Mammakarzinom Fortgeschrittenes Ovarialkarzinom Kleinzelliges Bronchialkarzinom Ewing-Sarkom Neuroblastom Rhabdomyosarkom Osteosarkom | Keine Angaben |
Neben Medikamenten spielen
Alkohol,
Kokain,
Amphetamine und verwandte
Drogen eine zahlenmäßig wichtige Rolle als Kardiotoxine.
Ethanol kann bei Kardiomyozyten
eine
Apoptose induzieren und hat vor allem langfristig schädigende Wirkungen, deren Mechanismus aber nicht bekannt ist. Der Alkohol-Metabolit
Acetaldehyd hat eine kardiodepressive Wirkung (mitochondriale Dysfunktion, Störung der Kalziumhomöostase). Das Auftreten einer
alkoholischen Kardiomyopathie korreliert mit dem kumulativen Alkoholkonsum. Während geringe Dosen (Frauen 20g/d, Männer 30g/d) wahrscheinlich langfristig einen protektiven kardiovaskulären Effekt haben, treten bei höheren Dosen unerwünschte Wirkungen in den Vordergrund. Genaue Schwellenwerte liegen nicht vor, ein deutlich erhöhtes Risiko besteht bei einem Konsum von > 80g/d für mehrere Jahre.
Kokain und Amphetamin sowie Verwandte wie 3,4-Methylendioxymethylamphetamin (MDMA/
Ecstasy) oder Methylamphetamin
(
Crystal Meth) haben anders als Alkohol eine hohe akute kardiotoxische Wirkung, die plötzliche Herztodesfälle, Herzinfarkte, tödliche Rhythmusstörungen und schwer beherrschbare Kardiomyopathien einschließt. Ursächlich spielt die ausgeprägte Sympathikusaktivierung
durch diese indirekten Sympathomimetika eine zentrale Rolle. Kokain hemmt die Wiederaufnahme von Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt,
Amphetamine führen zur vermehrten Ausschüttung von Noradrenalin. Die (regional unterschiedlich) ausgeprägte Zunahme der Noradrenalinkonzentration führt zu Vasospasmen, Myokardischämien und Nekrosen ebenso wie ischämisch bedingten Rhythmusstörungen. Bei Kokain kommt die direkte Hemmung des schnellen Natriumeinstroms (Klasse-I-Antiarrhythmika oder Lokalanästhetika-Wirkung) am Kardiomyozyten hinzu. Dies kann wie alle Klasse-I-Antiarrhythmika proarrhythmisch und kardiodepressiv wirken. Für anabole Steroide,
Wachstumshormone und
Kobalt liegen ebenfalls Daten zur Induktion einer Kardiomyopathie vor, die Mechanismen sind nicht näher geklärt.
Epidemiologie, Alter und Gender
Man schätzt aktuell die Zahl der Langzeit-Überlebenden eines Kindheitsmalignoms in den USA auf 300.000 oder auf 1/640 in der Altersklasse von 20–39 Jahren. In dieser Gruppe ist gegenüber Geschwistern das 30-Jahres-Risiko für
Herzinsuffizienz 15-fach, für KHK
10-fach und für Schlaganfälle
9-fach erhöht. Die verzögerte Kardiotoxizität ist ein zunehmender Grund für
Herztransplantationen (Lipshultz et al.
2010). Mit Abstand wichtigste Ursache ist die Behandlung mit
Doxorubicin. Die Häufigkeit einer verzögerten Doxorubicin-vermittelten Kardiomyopathie ist positiv assoziiert mit weiblichem Geschlecht, Gabe in frühem Lebensalter und hohen individuellen und kumulativen Dosen. Sie steigt mit der Länge des Beobachtungszeitraums, was für den o. g. Mechanismus spricht, dass eine einmal stattgefundene Schädigung, insbesondere der Verlust von Kardiomyozyten, irreversibel ist und mit steigendem Lebensalter, sinkender kontraktiler Reserve des Herzens und zunehmenden externen Schädigungen manifest wird. Die Datenlage zu den TKI und
Antikörpern ist aufgrund der kleineren Zahlen deutlich schlechter als bei Doxorubicin, sodass keine spezifischen Angaben zur Alters- und Geschlechtsabhängigkeit gemacht werden können. Ein wichtiger Unterschied zu den Anthrazyklinen
könnte aber die
Reversibilität sein. Die Schädigung bei Doxorubicin ist in der Regel mit Zelltod und Anstieg von Markern des Zelluntergangs (z. B.
Troponin I/T im
Serum) verbunden und irreversibel (Typ-I-Toxizität). Dagegen bleibt bei den „gezielten Therapien“ in der Regel ein Anstieg von Troponin I/T im Serum aus, der Schaden ist wahrscheinlich überwiegend reversibel (Typ-II-Toxizität).
Trotz der alarmierenden Zahlen bei den Langzeit-Überlebenden eines Kindheitsmalignoms bleibt die medikamententoxische Kardiomyopathie absolut gesehen relativ selten. Sie wird aufgrund des großen zeitlichen Abstands zwischen Tumortherapie, klinischer Manifestation und häufiger anderer Ursachen nicht immer als solche gedeutet. Dies mag erklären, warum viele Ärzte und insbesondere Onkologen das Problem eher unterschätzen. In der Kardiologie wird die medikamententoxische Kardiomyopathie zunehmend als wichtiges Problem erkannt (Eschenhagen et al.
2011). Eine naturgemäß
hohe Dunkelziffer besteht bei Kokain- und Amphetamin-induzierten Kardiomyopathien und plötzlichen Herztodesfällen. Es ist aber angesichts des weltweit zunehmenden Gebrauchs dieser Drogen
anzunehmen, dass die Bedeutung zunimmt.
Therapie
Die fortgeschrittenen Formen der medikamententoxischen Kardiomyopathie im Stadium der
Herzinsuffizienz werden stadiengerecht durch
Hemmung der neurohumoralen Überstimulation (
ACE-Hemmer, Beta-Blocker
, Aldosteronrezeptorantagonisten
) und
Kontrolle des Flüssigkeitshaushalts (Thiazide oder Schleifendiuretika) behandelt. Das Monitoring der kardialen Funktion vor, während und nach der Behandlung mit einem kardiotoxischen Wirkstoff ist wichtig, um kardiale Funktionsverschlechterungen frühzeitig zu erfassen.
Die einzige zur Prophylaxe einer Anthrazyklin-induzierten Kardiomyopathie zugelassene Substanz ist der
Eisenchelator Dexrazoxan. Sein Einsatz ist kürzlich von der EMA und der FDA eingeschränkt worden, weil in einer Studie eine Abschwächung der onkologischen Wirksamkeit der Anthrazykline und vermehrte Sekundärneoplasien nahegelegt worden war. Auf der anderen Seite gibt es neuere Studien und
Metaanalysen, die weder das eine noch das andere bestätigen und eine klare Protektion gegenüber den kardiotoxischen Nebenwirkungen von Doxorubicin
, besonders bei Mädchen belegen (Lipshultz et al.
2010). Diese neueren Daten legen trotz der EMA/FDA Empfehlungen den konsequenten Einsatz von Dexrazoxan nahe, insbesondere bei kumulativen Gesamtdosen von 300mg/m
2 und mehr. Weniger umstritten ist der Einsatz von liposomalen Formulierungen von Doxorubicin und Daunorubicin, deren kardiotoxisches Potenzial geringer ist. Allerdings sind Doxorubicin und liposomales Doxorubicin wegen eines unterschiedlichen onkologischen Zulassungsspektrums nicht gegeneinander austauschbar.