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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 09.07.2015

SIADH und Hyponatriämie

Verfasst von: Johannes Hensen
Das Syndrom der inappropiaten („inadäquaten“) Sekretion von Antidiuretischem Hormon (SIADH) kann man allgemein als eine Störung der Osmoregulation definieren, die mit einer Wasserintoleranz einhergeht und zu einer euvolämen Hyponatriämie führt. Ursächlich ist eine relativ (in Bezug auf die aktuelle Natriumkonzentration i.S.) vermehrte Sekretion von Antidiuretischem Hormon (ADH, =Vasopressin) oder seltener eine vermehrte Wirkung von ADH am renalen Sammelrohr. Dadurch wird die Verdünnung des Urins unter 100 mosmol/kg und die Ausscheidung freien Wassers gestört, was schon bei „normaler“ Flüssigkeitsaufnahme eine euvoläme Hyponatriämie induzieren kann.

Definition

Das Syndrom der inappropriaten („inadäquaten“) Sekretion von Antidiuretischem Hormon (SIADH) kann man allgemein als eine Störung der Osmoregulation definieren, die mit einer Wasserintoleranz einhergeht und zu einer euvolämen Hyponatriämie führt. Ursächlich ist eine relativ (in Bezug auf die aktuelle Natriumkonzentration i.S.) vermehrte Sekretion von Antidiuretischem Hormon (ADH, =Vasopressin) oder seltener eine vermehrte Wirkung von ADH am renalen Sammelrohr. Dadurch wird die Verdünnung des Urins unter 100 mosmol/kg und die Ausscheidung freien Wassers gestört, was schon bei „normaler“ Flüssigkeitsaufnahme eine euvoläme Hyponatriämie induzieren kann.
Die historische Definition des SIADH wurde ursprünglich von den Erstbeschreibern Schwartz und Bartter als Ausschlussdiagnose formuliert (Bartter und Schwartz 1967), die alle Formen der euvolämen Hyponatriämie einschloss, die durch Flüssigkeitsrestriktion behandelt werden können.
Die euvoläme Hyponatriämie ist abzugrenzen von anderen Formen der Wasserintoleranz, insbesondere von der hypovolämen und von der hypervolämen Hyponatriämie bei Patienten mit Ödemen und Aszites, die bei dekompensierter Leberzirrhose, Herzinsuffizienz oder beim nephrotischen Syndrom vorkommt.

Pathophysiologie

Patienten mit SIADH können freies Wasser nicht ausreichend ausscheiden und weisen somit ein erhöhtes Gesamtwasser auf. Auf der venösen Seite des Gefäßbaums sind diese allerdings euvoläm und periphere Ödeme lassen sich nicht nachweisen. Auf der arteriellen Seite des Gefäßbaums besteht hingegen eine leicht vermehrte effektive Gefäßfüllung, das effektive arterielle Blutvolumen ist leicht erhöht, ebenso wie der renale Plasmafluss und die glomeruläre Filtration, was eine verstärkte Natriurese zur Folge hat.
Bei SIADH entwickelt sich nur dann eine euvoläme Hyponatriämie, wenn die Flüssigkeitsaufnahme die Ausscheidung von freiem Wasser übersteigt. Entscheidend für das Ausmaß der Hyponatriämie sind die Zufuhr und Ausscheidung von Wasser und nicht primär die Zufuhr oder Ausscheidung von Kochsalz. Das wird deutlich, wenn man sich die Regulation der Osmolalität i.S., die im Wesentlichen von der Natriumkonzentration bestimmt wird, vor Augen hält. Zerebrale Osmorezeptoren messen die Natriumkonzentration bzw. die Tonizität, die effektive Osmolalität im Serum. Ein Anstieg der Tonizität führt zur Freisetzung von ADH, das eine vermehrte Rückresorption von freiem Wasser und damit einen Anstieg der Urinosmolalität bewirkt. Gleichzeitig induzieren die Osmorezeptoren ein vermehrtes Durstgefühl. Nach Trinken kommt es zu einer Verdünnung des Blutes und damit zu einem Absinken der Natriumkonzentration. Die duale Regulation macht es möglich, dass bei einem Ausfall der ADH-Sekretion, z. B. bei einem Diabetes insipidus, die Natriumkonzentration noch normal über Durst und Trinken gehalten werden kann. Nur wenn gleichzeitig Durstgefühl und osmotisch-stimulierte ADH-Sekretion ausfallen, kommt es zu einer schweren Hypernatriämie (Diabetes insipidus hypersalaemicus) (Abb. 1).
Pathophysiologisch kommt das SIADH in diesem Regelkreis durch eine nichtosmotisch induzierte (nichtadäquate) ADH-Stimulation zustande, welche die osmotisch bedingte (adäquate) ADH-Sekretion überfährt. Diese nichtosmotischen Reize werden z. B. über intrathorakale Volumen- und Barorezeptoren vermittelt, da ADH als „Vasopressin“ auch eine sehr potente Rolle in der Volumen- und Blutdruckregulation spielt. Gerade im Krankenhaus treten weitere vielfältige Reize für eine ADH-Freisetzung in Aktion. Dazu gehören neben Psychopharmaka und anderen Medikamenten Schmerzen, Stress, Hypoglykämie, Übelkeit, Erbrechen, Operationen, Atemwegserkrankungen etc.
Auch eine sekundäre Nebenniereninsuffizienz (ACTH-Mangel) führt zu einer Enthemmung der ADH-Sekretion und bewirkt eine euvoläme Hyponatriämie. Diese durch Substitution mit Kortisol behebbare Störung wurde früher, ebenso wie die euvoläme Hyponatriämie bei schwerer Hypothyreose, als Ursache des SIADH per definitionem ausgeschlossen, da die primäre Behandlung nicht in einer Wasserrestriktion liegt. Die endokrinologische Diagnostik bei Hyponatriämie sollte eine sekundäre Nebenniereninsuffizienz ausschließen. Fehlende Axillar- und Schambehaarung bei Frauen sind ein klinischer Hinweis auf dieses Krankheitsbild. Serumkortisolkonzentrationen im unteren und mittleren „Normbereich“ schließen eine partielle sekundäre Nebenniereninsuffizienz als Ursache der euvolämen Hyponatriämie nicht aus. Zum Ausschluss ist ein Kortisolbasalwert von >180 μg/l oder >500 mmol/l oder ein durch ACTH- oder CRH-stimuliertes Kortisol von mehr als 180 μg/l erforderlich (Literatur bei Hensen 2012).
Sehr wechselhaft können die Natriumkonzentrationen in den ersten 14 Tagen nach Operation im Bereich der Sella turcica (Hensen et al. 1999) sein. Es kann sich z. B. mit oder ohne vorhergehender Polyurie bei Diabetes insipidus ein verzögertes SIADH mit akuter Hyponatriämie etwa 7–10 Tage nach dem Eingriff entwickeln.
Des Weiteren unterliegen auch das Durstgefühl und das Trinken vermehrten nichtosmotischen Einflüssen wie Volumenmangel, sozialen Einflüssen und gut gemeinten Ratschlägen („viel trinken bei Erkältung“). Nicht zuletzt bestimmt auch die Nahrungsaufnahme die Fähigkeit der Niere, freies Wasser auszuscheiden. Die Niere benötigt mindestens die Aufnahme von 50 mosmol Soluta, um 1 l Wasser mit maximaler Urinverdünnung (50 mosm/kg) auszuscheiden. Mangelernährung und hohe Flüssigkeitszufuhr können über diesen Mechanismus eine Hyponatriämie begünstigen (Stichwort: „Tee und Zwieback“, Bierpotomanie). Die Hyponatriämie bei primärer Polydipsie, die meist psychogen oder habituell ist, selten organisch, ist durch die Anamnese in der Regel gut diagnostizierbar.

Epidemiologie

Die chronische Hyponatriämie wird bei Krankenhausaufnahme bei mehr als 10 % der Patienten festgestellt, etwa 2,5 % der Patienten haben eine Hyponatriämie unter 130 mmol/l. In etwa ein Drittel der Fälle liegt eine euvoläme Hyponatriämie vor, ein weiteres Drittel ist hypovoläm.
Die Hyponatriämie ist mit einer erhöhten Mortalität assoziiert, besonders bei Patienten mit kardiovaskulären und onkologischen Erkrankungen sowie bei Patienten, die sich einem orthopädischen Eingriff unterziehen müssen. Es ist allerdings nicht bekannt, ob die Hyponatriämie selbst dazu beiträgt oder ob diese nur ein „Biomarker“ für die Schwere einer Krankheit darstellt. Neben schlechter klinischer Prognose sowie einer signifikanten Morbidität und Mortalität ist auch die Verweildauer im Krankenhaus bei Hyponatriämie verlängert.

Klinik

Eine akute Hyponatriämie kann zu einem Hirnödem und zu schweren Symptomen führen. Wesentlich häufiger ist eine chronische Hyponatriämie, die sich langsam über Tage entwickelt. Diese zeigt in der Regel eine mildere Symptomatik, weil sich ein Hirnödem entweder gar nicht erst entwickelt oder sich im Rahmen der Volumenregulation wieder zurückgebildet hatte. Die Volumenadaptation des Gehirns bei einem hyponatriämen Hirnödem nimmt 48 h oder mehr in Anspruch, weshalb nach dieser Zeit eine Hyponatriämie bereits als „chronisch“ bezeichnet wird. Mischbilder sind nicht selten. Die wesentlichen Symptome der Hyponatriämie sind in Abb. 2 aufgeführt.

Diagnostik

Zur Unterscheidung der 3 Formen der Hyponatriämie liefern Anamnese und die körperliche Untersuchung wichtige Hinweise, z. B. ein orthostatischer Blutdruckabfall, der Hautturgor und die Venenfüllung. Fehlende Axillar- und Schambehaarung und blasse Haut sind ein klinischer Hinweis auf eine sekundäre (=hypophysäre) Nebenniereninsuffizienz.
Die vollständigen Kriterien für die Diagnose eines SIADH nach Schwartz und Bartter (Bartter und Schwartz 1967) sind in der Tab. 1 zusammengefasst.
Tab. 1
Kriterien für die Diagnose eines SIADH. (Nach Bartter und Schwartz 1967)
Hauptkriterien (klassisch)
Weitere Kriterien
Hyponatriämie (Plasma Natrium <135 mmol/l)
herabgesetzte Plasmaosmolalität (<275 mosmol/kg)
Urinosmolalität >100 mosmol/kg bei vorhandener Hypoosmolalität
Klinische Euvolämie
- keine klinischen Zeichen eines Volumenmangels (z . B. kein orthostatischer Blutdruckabfalla, keine Tachykardie, kein herabgesetzter Hauturgor, keine trockenen Schleimhäute
- keine klinischen Zeichen einer Expansion von extrazellulärer Flüssigkeit (z. B. keine peripheren Ödeme, kein Aszites)
Urinnatrium >30 mmol/l bei normaler Salzaufnahmeb
Normale Schilddrüsen- und Nebennierenfunktion (durch klinische und endokrinologische Untersuchungen gesichert)
Keine Diuretika (insbesondere Hydrochlorothiazid) 1 Woche vor Evaluation)
Plasmaharnsäure <4 mg/dl (<0,2 mmol/l),
Plasmaharnstoff <21,4 mg/dl (<3,6 mmol/l))
Plasmakreatinin niedrig oder niedrig-normal
Fraktionelle Natriumexkretion >1c, Fraktionelle Harnstoffexkretion >55), Fraktionelle Harnsäureexkretion >12 %)
Fehlender Ausgleich der Hyponatriämie nach 0,9 %iger Kochsalzlösung
Besserung der Hyponatriämie unter Wasserrestriktion
aOrthostatischer Blutdruckabfall: Abfall des systolischen Blutdruckes von ≥20 mmHg und Anstieg der Herzfrequenz von ≥20/min nach Wechsel der Position vom Liegen zum Stehen
bObwohl die Urinnatriumexkretion bei Patienten mit SIADH allgemein erhöht ist, ist dies kein Kriterium für den Ausschluss oder die Sicherung der Diagnose, da ein erhöhtes Serumnatrium auch unter Diuretikatherapie oder bei Morbus Addison vorkommt. Auf der anderen Seite können Patienten mit SIADH auch ein niedrigeres Urinnatrium haben, wenn sie unter Wasserrestriktion hypovoläm werden oder unter Salzrestriktion gleichzeitig einen Natriummangel entwickeln
cFraktionelle Natriumexkretion = (Urinnatrium/Serumnatrium)/(Urinkreatinin/Plasmakreatinin) ∙ 100. Die fraktionelle Harnstoff- und Harnsäureexkretion wird analog kalkuliert
BUN (mg/dl) ∙ 2,14 = Harnstoff (mg/dl)
Harnstoff (mg/dl) ∙ 0,467 = BUN (mg/dl)

Biochemische Diagnostik

Das Basislabor bei euvolämer Hyponatriämie zeigt Serumkreatinin und -harnsäure aufgrund der guten arteriellen Nierenperfusion niedrig-normal oder sogar erniedrigt. Die fraktionelle Exkretion von Harnsäure ist entsprechend bei SIADH im Gegensatz zum Nicht-SIADH deutlich erhöht (Fenske et al. 2008). Zur rechnerischen Ermittlung der Plasmaosmolalität werden die Konzentrationen von Glucose und Harnstoff benötigt. Die Bestimmung der Plasmaosmolalität selbst findet ihre Indikation bei intensivmedizinischer Behandlung und Verdacht auf Vergiftung mit unbekannten niedermolekularen Stoffen.
Die Bestimmung der Lipide und Gesamteiweiß i.S. helfen zum Ausschluss einer Pseudohyponatriämie, wobei diese messtechnisch bedingte Erniedrigung der Natriumkonzentration bei Hyperproteinämie und Hyperlipidämie durch Bestimmung der Natriumkonzentration mit direkter Potentiometrie (ionenselektive Elektrode, keine Verdünnungsschritte), wie heute üblich, nur noch wenig ins Gewicht fällt.
Hilfreich in der DD der Hyponatriämie ist die Bestimmung der Natriumkonzentration in einem Spontanurin. Eine Konzentration von 30 mmol/l oder mehr weist auf eine erhöhte Natriurese hin, wie sie bei unbehandeltem SIADH regelhaft auftritt.
Die Bestimmung von ADH i.Pl., die technisch schwierig ist, hat sich in der DD der Hyponatriämie als wenig hilfreich erwiesen, da ADH bei jeder Form der Hyponatriämie inadäquat erhöht ist und eine große Überlappung zwischen den verschiedenen Formen existiert. Etwas besser scheint das stabile, mit ADH cozernierte Copeptin (das C-terminale Bruchstück des Preprovasopressins) zu sein, das jedoch für klinische Zwecke heute noch nicht rasch genug verfügbar ist. Copeptin ist bei primärer Polydipsie, wie zu erwarten, charakteristisch erniedrigt und bei onkogenem SIADH häufig deutlich erhöht. Möglicherweise wird es in der DD der Hyponatriämie in Kombination mit weiteren Parametern (z. B. Urinnatrium) einmal für klinische Zwecke diagnostisch hilfreich sein, rasche Verfügbarkeit vorausgesetzt.

Genetische Diagnostik

Extrem selten ist das im Kindesalter auftretende familiäre nephrogene Syndrom der inappropriaten Antidiurese (NSIAD) mit niedriger ADH- bzw. Copeptinkonzentration i.S. Als Ursache wurde eine aktivierende Mutation des Vasopressin V2-Rezeptor-Gens beschrieben.

Lokalisationsdiagnostik und bildgebende Verfahren

Zur differenzialdiagnostischen Abklärung eines persistierenden SIADH ist das CT-Thorax am besten geeignet, kleine Bronchialkarzinome im Frühstadium zu erfassen.

Differenzialdiagnostik

Differenzialdiagnostisch müssen zunächst die beiden anderen Formen der Hyponatriämie abgegrenzt werden. Im Gegensatz zur euvolämen Hyponatriämie ist bei der hypovolämen und der hypervolämen Hypernatriämie das „effektive arterielle Blutvolumen“ vermindert.
Der typische Patient mit hypovolämer Hyponatriämie hat vorwiegend Salz durch Erbrechen, Diarrhö, Blutung, Aldosteronmangel (z. B. bei Morbus Addison) oder durch eine Diuretikatherapie verloren. Ein Patient mit hypervolämer Hyponatriämie mit venösen Ödemen und Aszites leidet meist an einer dekompensierten Herzinsuffizienz oder an Leberzirrhose.
Pathophysiologisch und laborchemisch in der Mitte zwischen hypovolämer und euvolämer Hyponatriämie können Patienten mit Thiaziddiuretika induzierter Hyponatriämie stehen.
Das zerebrale Salzverlustsyndrom wird regelmäßig in neurochirurgischen Kliniken diagnostiziert. Im Gegensatz zu Patienten mit SIADH sind Patienten mit zerebralem Salzverlustsyndrom klinisch hypovoläm und bessern sich nach isotoner Kochsalzlösung. Ähnlich wie beim SIADH kann die Serumharnsäure niedrig normal sein, was nicht zur hypovolämen Situation der Patienten passt. Pathogenetisch diskutiert werden ein erniedrigter „sympathetic outflow“ zum proximalen renalen Tubulus sowie zirkulierende natriuretische Faktoren wie BNP.
Parallel zur Differenzialdiagnostik der Hyponatriämie sollten die Ursachen der Hyponatriämie abgeklärt werden. Tabelle 2 fasst die häufigen Ursachen der euvolämen Hyponatriämie zusammen.
Tab. 2
Häufige Ursachen der euvolämen Hyponatriämie (SIADH). Die sekundäre Nebenniereninsuffizienz (auch partiell!) induziert eine euvoläme Hyponatriämie, die mit erhöhtem ADH einhergeht, aber nach klassischen Kriterien kein SIADH ist. Auch Hydrochlorothiazid und Xipamid können eine euvoläme Hyponatriämie auslösen, ebenso wie eine ausgeprägte (primäre) Hypothyreose
Tumoren
Lungenerkrankungen
ZNS-Erkrankungen
Medikamente
Andere
Karzinome
- Lunge (besonders kleinzelliges Bronchialkarzinom)
- Oropharynx GIT
- Tumore (Ösophagus, Pankreas)
- Urogenitaltrakt
Infektionen
Asthma
Überdruckbeatmung (PEEP)
Infektionen
Blutungen
- SAB
- Kopftrauma
Hirntumore
Andere
- Guillain-Barre-Syndrom
- SLE
- Senile Atrophie
Stimulation der Vasopressinausschüttung oder Wirkverstärkung, z. B.
- Chlorpropamid SSRIs - Carbamazepin
Cytostatika, z. B. - Vincristin, - Cyclophosphamid, etc.)
Nichtsteroidale Antirheumatika
Vasopressin und -analoga*
- Desmopressin
- Oxytocin
- Vasopressin
Idiopathisch
Transitorisch
- Nausea
- Marathon
- Narkose
- Postoperativ
Chronische Entzündung
- (IL-6)
Hereditär
- „gain-of-function“ -- Mutation des V2-Rezeptors
Interphase
- nach Hypophysen-OP
Sek. NN-Insuff*. Hypothyreose*
HCT*
GIT Gastrointestinaltrakt; AIDS Erworbenes Immundefizienzsyndrom; ZNS Zentrales Nervensystem; COPD Chronisch obstruktive Lungenerkrankung; SAB Subarachnoidalblutung; SSRIs Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer; PEEP Positiver Endexspiratorischer Druck; SLE Systemischer Lupus Erythematodes

Therapie

Es wird dringend empfohlen, die Schwere der Symptomatik der Hyponatriämie als Richtschnur für das therapeutische Vorgehen zu wählen und nicht die Ausprägung der Laborbefunde. Ob eine Hyponatriämie akut oder chronisch ist, wird häufig nicht genau festzustellen sein. Deshalb ist es aus klinischen Gründen wesentlich einfacher und sicherer, die Behandlung an der Schwere der Symptomatik auszurichten.

Therapie mit 3% Kochsalzlösung bei der schwer symptomatischen Hyponatriämie

Unzweifelhaft erfordern schwere zerebrale Symptome wie Stupor, Koma, Krampfanfall oder Atemstörungen bei Verdacht auf Einklemmung bei der akuten Hyponatriämie mit Hirnödem ein rasches Vorgehen. Bewährt hat sich die Gabe von hypertoner Kochsalzlösung. 3-%ige Kochsalzlösung kann sowohl über einen zentralen Zugang als auch über einen großvolumigen peripheren Zugang gegeben werden. Als Richtschnur gilt, dass 1 ml/kg KG das Serumnatrium um etwa 1 mmol/l ansteigen lässt. Zusätzlich kann bei Volumenüberladung Furosemid gegeben werden, das auch die Ausscheidung von freiem Wasser fördert. Wichtig ist, dass hypertone Kochsalzlösung nur begrenzt gegeben und sofort beendet wird, wenn sich die schwere Symptomatik des Patienten gebessert hat, und um eine zu schnelle Anhebung von Natrium und damit u. U. die Entwicklung einer pontinen Myelinolyse zu vermeiden. Für die klinische Anwendung empfiehlt sich die Herstellung von 3%iger Kochsalzlösung über die Apotheke in 150 ml- oder 200 ml Beuteln. Bei einem normalgewichtigen Erwachsenen wird die Kurzinfusion eines Beutels das Serumnatrium um etwa 3 mmol/l anheben. 3%ige Kochsalzlösung ist bei schwerer Symptomatik auch auf neurochirurgischen Intensivstationen sowohl bei SIADH als auch bei CSWS gleichermaßen geeignet (Spasovski et al. 2014).
Auch bei mittelschwerer Symptomatik der Hyponatriämie, z. B. mit Verwirrtheit und Erbrechen, kann eine vorsichtige symptomlimitierte Infusion (oder die Gabe mittels Perfusor) von 3%iger Kochsalzlösung sinnvoll sein.
Die Empfehlungen für die maximale Korrekturrate (Limit) einer (chronischen) Hyponatriämie liegen bei etwa 10–12 mmol/l/24 h oder maximal 18 mmol/l/48 h.

Desmopressin und Glucose 5 % bei drohender Überkorrektur einer Hyponatriämie auf der Intensivstation

Ein Problem in der Behandlung der Hyponatriämie kann entstehen, wenn unter der Therapie aufgrund einer spontan einsetzenden Polyurie, z. B. bei Wegfall des Stimulus für ADH, eine Überkorrektur droht. In diesem Fall muss unter Umständen mit Zufuhr von freiem Wasser (Glucose 5 %) und mit Desmopressin (DDAVP) gegengesteuert werden. Bei den besonders zu einer osmotischen Demyelinisierung neigenden Patienten mit hochgradiger Hyponatriämie, z. B. Alkoholiker mit einer kombinierten Hyponatriämie und Hypokaliämie, kann im Einzelfall die limitierte und kontrollierte parallele Infusion von 3%ige Kochsalzlösung, Kalium und Desmopressin sinnvoll sein.

Therapie der mild- oder moderat symptomatischen Hyponatriämie

Bei Patienten mit milder Hyponatriämiesymptomatik kann davon ausgegangen werden, dass das Hirnvolumen normal und die Hyponatriämie „chronisch“ ist, d. h. länger als 48 h besteht. Vor allem wenn die Ausgangsnatriumkonzentration sehr niedrig ist, besteht die Gefahr einer osmotischen Demyelinisierung unter Einsatz von hypertoner Kochsalzlösung, die deshalb bei chronischer, mild symptomatischer Hyponatriämie nicht verwendet werden darf.
Bei mild- oder moderat-symptomatischer Hyponatriämie sollte ein abgestuftes Therapiekonzept auf der Basis der Klassifikation der Hyponatriämie (hypovoläm, hypervoläm und euvoläm) gewählt werden.
Bei einer hypovolämen Hyponatriämie, die häufig mit prärenaler kompensierter Niereninsuffizienz verbunden ist, wird die Gabe von physiologischer Kochsalzlösung oder Ringerlösung empfohlen, parallel zur Behebung von möglichen Ursachen. Steigt die Natriumkonzentration wider Erwarten nicht an, muss die Diagnose überdacht werden, evtl. liegt doch ein SIADH vor, welches typischerweise auf physiologische Kochsalzlösung mit einem Abfall von Serumnatrium reagiert.
Bei euvolämer Hyponatriämie und klassischem SIADH mit milder Symptomatik ist die Trinkmengenbegrenzung die primäre Therapie der Wahl. Das gilt auch für die Verdünnungshyponatriämie bei hypervolämer Hyponatriämie. Die Trinkmenge sollte auf 500 ml/Tag unterhalb der täglichen mittleren Urinausscheidung begrenzt werden. Die Trinkmengenbegrenzung ist jedoch insbesondere bei geringer Urinproduktion nicht für jeden Patienten tolerierbar.

Medikamentöse Therapie bei chronischer euvolämer Hyponatriämie

Bis vor einigen Jahren wurde bei Versagen der Trinkmengenbegrenzung gelegentlich Demeclocyclin oder Harnstoff (30 g/Tag, z. B. Orangensaft) eingesetzt. Beide Medikamente sind in der Lage, die Ausscheidung von freiem Wasser zu fördern, mit allerdings nicht immer konsistentem Erfolg. Am ehesten zeigte sich Harnstoff, welches eine osmotische Harnstoffdiurese auslöst, bei euvolämer Hyponatriämie wirksam und einsetzbar, auch auf der Intensivstation (Decaux et al. 2010).

ADH-Rezeptorantagonisten

In Europa ist seit September 2009 in oraler Form Tolvaptan zugelassen. Dabei handelt es sich um einen Vasopressin-V2-Rezeptorantagonisten, der nur die antidiuretische Aktivität, nicht die blutdrucksteigernde Aktivität von Vasopressin antagonisiert und dosisabhängig, konsistent und reversibel eine Aquarese auslösen kann. Diese Substanzklasse der Vaptane wird auch als Aquaretika, im Gegensatz zu den Saluretika, welche primär die Natriumausscheidung erhöhen, bezeichnet (Hensen 2015). Die erhöhte Urinausscheidung, die durch Tolvaptan bewirkt werden kann, ist qualitativ dem Furosemid äquivalent, ohne dass es zu einer Ausscheidung von Elektrolyten wie Natrium und Kalium kommt. In Europa wurde, anders als in den USA, Tolvaptan nur für die Behandlung der euvolämen Hyponatriämie (SIADH) zugelassen, nicht für die Behandlung der hypervolämen Hyponatriämie bei Leberzirrhose und Herzinsuffizienz. Das in den USA auf Intensivstationen verfügbare Conivaptan zur intravenösenen Gabe ist in Europa nicht zugelassen.
Tolvaptan zeigte sich in der SALT-Studie an Patienten mit SIADH und chronischer mild bis moderater Symptomatik geeignet, die mittlere Natriumkonzentration zügig (signifikant nach 8 h), konsistent und für die Dauer der Therapie anzuheben, normal zu halten und die Symptomatik zu verbessern.

Therapiebeginn mit Tolvaptan

Tolvaptan ist aktuell (Juli 2015) in preisgleichen oralen Dosierungen von 15 und 30 mg verfügbar. Empfohlen wird vom Hersteller ein Therapiebeginn im Krankenhaus mit einer Dosis von 15 mg Tolvaptan pro Tag und freier Flüssigkeitszufuhr. Letzteres soll eine unerwünschte, zu schnelle Korrektur der chronischen Hyponatriämie verhindern. Unter dieser Therapie (15 mg) scheiden Patienten mit SIADH initial durchschnittlich etwa 3 l freies Wasser aus, in einzelnen Fällen jedoch mehr. Bei Patienten mit ausgeprägter Hyponatriämie bei euvolämer Hyponatriämie (SIADH), die empfindlich auf Vaptane ansprechen, kann eine niedrigere initiale Tolvaptandosis (zB. 7,5 mg) sinnvoll sein. Auch hier sollte eine Trinkmengenbeschränkung in der Dosisfindungsphase zunächst aufgehoben werden. Tolvaptan kann geteilt (keine Bruchkerbe) und zermörsert über eine nasogastrale Sonde verabreicht werden.
Es wird als Vorsichtsmaßnahme zur Vermeidung eines zu schnellen Anstiegs von Natrium i.S. bei Therapiebeginn dringend empfohlen, nach der Erstgabe von Tolvaptan (7,5 oder 15 mg) die Urinausscheidung und das Gewicht zu überwachen und etwa 6 h nach Einnahme Serumnatrium erstmals zu kontrollieren. Bei zu starker Negativbilanz und einem Anstieg von Serumnatrium über 6 mmol/l in den ersten 6 h, welcher einen zu schnellen Anstieg über die Grenzwerte erwarten lässt, wird die zusätzliche Gabe von freiem Wasser, z. B. 1 l Tee in der nächsten Stunde oder 1 l Glucose 5 % per infusionem empfohlen. Auf diese Art und Weise lässt sich eine Überkorrektur auch bei einer ausgeprägten Hyponatriämie mit großer Sicherheit vermeiden. Eine in sehr hohen Dosen (bis 120 mg/Tag) selten auftretende Erhöhung der Transaminasen bei Patienten mit polyzystischer Nierenerkrankung (PKD) ist bislang bei Patienten mit SIADH nicht beobachtet geworden.
Die Differenzialtherapie der euvolämen Hyponatriämie mit Flüssigkeitsrestriktion, Vaptan (in Einzelfällen auch Harnstoff) und hypertoner Kochsalzlösung ist in Abb. 3 zusammengefasst.

Verlauf und Prognose

Bei idiopathischem SIADH kann die medikamentöse Therapie nach Normalisierung von Serumnatrium in der Regel schnell wieder beendet oder im Zweifel ausgeschlichen werden. In einigen Fällen kann eine chronische Therapie nötig werden (z. B. bei kleinzelligem Bronchialkarzinom) (Tab. 3). Bei längerer Therapiedauer wird statt eines plötzlichen Absetzens ein Ausschleichen unter Kontrolle von Serum-Natrium empfohlen.
Tab. 3
Klinischer Verlauf des SIADH und voraussichtliche Dauer der medikamentösen Behandlung (Vaptan) nach klinischer Erfahrung. (Modifiziert nach Verbalis et al. 2013)
Ätiologie des SIADH
Voraussichtliche Dauer des SIADH nach klinischer Erfahrung
Relatives Risiko des chronischen SIADH
Ektope ADH-Sekretion (kleinzelliges Lungenkarzinom, Tumore im Kopf-Hals-Bereich)
Unbestimmt
Arzneimittelinduziert, unter Fortsetzung der Medikation (Carbamazepin, SSRI)
Dauer der medikamentösen Therapie
Hirntumore
Unbestimmt
Idiopathisch (senil)
Unbestimmt
1–4 Wochen
1–2 Wochen
Entzündliche Läsionen im Gehirn
Abhängig vom Ansprechen auf die Therapie
Abhängig vom Ansprechen auf die Therapie
Abhängig vom Ansprechen auf die Therapie
Hirntrauma
2–7 Tage (unbestimmt)
Arzneimittelinduziert, mit Beendigung der verursachenden Therapie
Dauer der medikamentösen Therapie
2–5 Tage
Übelkeit, Schmerzen, längeres Training
Variiert je nach Ursache
Postoperative Hyponatriämie
2–3 Tage postoperativ
Literatur
Bartter FC, Schwartz WB (1967) „The syndrome of inappropriate secretion of antidiuretic hormone“. The American Journal of Medicine 42 (5) (Mai): 790–806
Decaux G, Caroline A, Fabrice GK, Alain S (2010) „Treatment of euvolemic hyponatremia in the intensive care unit by urea“. Critical Care (London, England) 14 (5) (Oktober 14): R184. doi:10.1186/cc9292
Fenske W, Stefan S, Ann-Cathrin K, Anne B, Daniela L, Sebastian W, Bruno A (2008) „Value of fractional uric acid excretion in differential diagnosis of hyponatremic patients on diuretics“. The Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism 93 (8) (August): 2991–2997. doi:10.1210/jc.2008-0330
Hensen J (2012) „[Hyponatremia: The water-intolerant patient]“. Medizinische Klinik, Intensivmedizin und Notfallmedizin 107 (6) (September): 440–447. doi:10.1007/s00063-012-0115-0
Hensen J, Henig A, Fahlbusch R, Meyer M, Boehnert M, Buchfelder M (1999) „Prevalence, predictors and patterns of postoperative polyuria and hyponatraemia in the immediate course after transsphenoidal surgery for pituitary adenomas“. Clinical Endocrinology 50 (4) (April): 431–439
Spasovski G, Vanholder R, Allolio B et al (2014) Clinical practice guideline on diagnosis and treatment of hyponatraemia. Eur J Endocrinol Eur Fed Endocr Soc 170:G1–47. doi:10.1530/EJE-13-1020
Verbalis JG. Endocrinol Nutr (2010) Managing hyponatremia in patients with syndrome of inappropriate antidiuretic hormone secretion 57(Suppl. 2): 30–40
Verbalis JG, Goldsmith SR, Greenberg A, Korzelius C, Schrier RW, Sterns RH, Thompson CJ (2013) Diagnosis, evaluation, and treatment of hyponatremia: expert panel recommendations. Am J Med 126:S1–S42PubMedCrossRef