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Pädiatrie
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Publiziert am: 13.04.2019

Krankheiten des Rachens und Halses bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Friedrich Bootz
Die akute Tonsillitis ist die häufigste Erkrankung des Rachens, meist verursacht durch Streptokokken. Als Komplikation kann ein parapharyngealer Abszess entstehen, der durch eine Abszesstonsillektomie behandelt werden muss. Eine Tonsillenhyperplasie kann zu einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom führen und sollte durch eine Tonsillotomie behandelt werden. Eine einseitige Tonsillenhyperplasie ist verdächtig auf ein malignes Lymphom. Adenoide Vegetationen sind bei Kleinkindern häufig und können zu einer chronischen Nasenatmungsbehinderung und Sero-/Mukotympanon führen. Eine Adenotomie ist in diesen Fällen angezeigt. Das juvenile Nasenrachenfibrom ist der häufigste benigne Tumor bei männlichen Heranwachsenden. Maligne Tumore des Rachens sind sehr selten (Rhabdomyosarkom, Nasopharynxkarzinom u. a.). Im Halsbereich können branchiogene Zysten und Fisteln, Hämangiome und Lymphangiome auftreten, die meist operativ entfernt werden. Bei Kindern kommt es häufig zu einer Lymphadenitis colli, die jedoch gegenüber malignen Lymphomen (Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphome) und Sarkomen (Rhabdomyosarkome) abgegrenzt werden müssen. Neben primär im Halsbereich entstandenen Malignomen können auch Metastasen anderer Primärtumoren (z. B. Schilddrüse) auftreten. Bei Verletzungen des Halses müssen neben großen Blutgefäßen, Pharynx, Ösophagus, Larynx und Trachea auch die entsprechende Nerven (Nn. accessorius, recurrens u. a.) berücksichtigt werden.

Entzündliche Krankheiten des Rachens

Pharyngitis

Die akute Rachenschleimhautentzündung kann im Rahmen einer allgemeinen fieberhaften Infektion der oberen Luftwege entstehen, oft mit nachfolgender bakterieller Sekundärinfektion, vor allem mit Streptokokken, Haemophilus influenzae und Pneumokokken. Die Symptome sind Brennen und Kratzen im Hals, wobei nicht selten die eigentliche Ursache in einer Infektion der Nasennebenhöhlen zu suchen ist.
Die Pharynxschleimhaut ist gerötet und zum Teil sehr trocken mit hochroten Solitärfollikeln (Abb. 1), die regionären Lymphknoten sind geschwollen.
Die Therapie ist dieselbe wie bei allgemeinen Infektionen der oberen Atemwege (Kap. „Krankheiten der Nase und Nasennebenhöhlen bei Kindern und Jugendlichen“, Abschn. „Nasenhaupthöhle“), hilfreich sind auch lokal wirkende Desinfizienzien. Stets sind die Nasenhaupt- und die Nebenhöhlen einschließlich der Nasenatmung zu untersuchen und gegebenenfalls in die Behandlung mit einzubeziehen. Bei schwerer bakterieller Infektion ist eine antibiotische Behandlung mit Amoxicillin oder Cephalosporinen angezeigt.

Retropharyngealabszess

Eine Abszedierung der retropharyngealen Lymphknoten nach Entzündungen im Nasopharynx kann bei Kindern im 1. und 2. Lebensjahr zu einem durch Staphylokokken oder Streptokokken verursachten Retropharyngealabszess führen. Differenzialdiagnostisch muss bei älteren Kindern ein heute sehr selten auftretender kalter Senkungsabszess im Rahmen einer Tuberkulose der Halswirbelsäule ausgeschlossen werden.
Charakteristische Zeichen sind starke Schluckbeschwerden, eine behinderte Atmung und eine auffallend steife Kopfhaltung bei subfebrilen Temperaturen. Bei der Inspektion sieht man die Rachenhinterwand vorgewölbt. Die Palpation ergibt eine Fluktuation. In der Computertomografie ist eine Abdrängung der hinteren Pharynxwand von der Halswirbelsäule zu erkennen. Im weiteren Verlauf kann sich der Abszess in das Mediastinum absenken.
Die Therapie besteht in der transzervikalen Abszessinzision und Drainage begleitet von einer intravenös Antibiotikagabe.

Krankheiten des lymphatischen Rachenrings

Der lymphatische Rachenring (Waldeyer-Ring) nimmt innerhalb des Immunsystems eine Sonderstellung ein. Dies gilt insbesondere für die Gaumentonsillen. Einerseits üben sie an der Eintrittspforte des Organismus eine unmittelbare örtliche Schutzfunktion aus, andererseits sind sie ein wichtiges Bindeglied zum gesamten Lymphsystem des Menschen.
Die hohe Zahl antikörperbildender Zellen in den Gaumentonsillen legt die Vermutung nahe, dass diesem Organ innerhalb der lokalen Schleimhautimmunität eine übergeordnete Funktion zukommt. Dennoch scheint die Gaumentonsille im Stadium der chronischen Tonsillitis für die örtliche Infektionsabwehr entbehrlich zu sein, da tonsillektomierte Kinder nicht vermehrt infektanfällig sind.
Fluoreszenzmikroskopisch lassen sich sämtliche Immunglobuline (Ig) im menschlichen Tonsillengewebe nachweisen, insbesondere IgA, M, D und E. Um ihrer komplexen immunologischen Aufgabe gerecht werden zu können, zeigt die Gaumentonsille bestimmte histomorphologische Eigenheiten. Die Oberfläche des immunologisch so wichtigen Epithels ist durch die Kryptenbildung in den Fossulae (diese sog. Zerklüftung wird häufig als pathologischer Befund fehlinterpretiert) erheblich vergrößert (etwa 200–300 cm2 Gesamtoberfläche) und begünstigt durch die schwammartige Auflockerung des Epithels im Kryptenfundus den unmittelbaren Kontakt zwischen Antigen und immunkompetenten Zellen. Die Tonsillenoberfläche ist beim Kind insgesamt größer als beim Erwachsenen.
Der lymphatische Rachenring nimmt in den ersten Lebensjahren rasch an Größe und Gewicht zu. Zwischen dem 6. und 8. Lebensjahr erreicht er sein Maximum. Die kindliche „Tonsillenphase“ entspricht einer immunologischen Lernphase des Organismus.
Es erscheint verständlich, dass ein solches immunologisch aktives und den Antigenen exponiertes Organ von Entzündungen befallen wird. Dennoch sollte nicht jede Form der Tonsillitis als eine klassische Infektionskrankheit angesehen werden. Sie dürfte teilweise einen Vorgang der Immunisierung darstellen, aus der der Organismus mit einer zum Teil verbesserten Antikörperausstattung hervorgeht. Die Hyperplasie der Gaumentonsille ist kein pathologischer Befund, sondern ein typisches Erscheinungsbild des Kindesalters.
Die Rachenmandel ähnelt in ihrem Aufbau am meisten der Gaumenmandel. Bezüglich der immunologischen Vorgänge in der Rachenmandel bestehen ebenfalls keine wesentlichen Unterschiede zu den Gaumenmandeln. Für die Hyperplasie der Rachenmandel, wie sie häufig im Kindesalter beobachtet wird, gilt im Wesentlichen dasselbe wie für die Gaumenmandeln, d. h. sie wird u. a. als Reaktion auf Infektionen angesehen. Sie ist als solche nicht krankhaft, kann aber durch Verlegung des Nasenrachenraums zu verschiedenen Störungen führen, insbesondere bei zusätzlichen Infektionen. Die Rachenmandel beginnt sich in der Pubertät zurückzubilden und schwindet dann vollständig, mitunter persistieren kleine Reste.

Akute Tonsillitis

Eine Tonsillitis oder Angina verläuft klinisch mit einem charakteristischen Erscheinungsbild. Eine Zuordnung zu bestimmten Erregern (Tab. 1) ist nur teilweise möglich. Je nach Ausmaß der entzündlichen Veränderungen des lymphatischen Gewebes lässt sich die Angina catarrhalis (simplex) von der Angina lacunaris unterscheiden. Während die Angina catarrhalis sich durch eine entzündliche Schwellung und Rötung der Tonsillen auszeichnet, ist für die lakunäre Form zusätzlich das Auftreten eines zell- und fibrinhaltigen Exsudats, das auf die Tonsillen beschränkt ist, typisch (Abb. 2). Zur Therapie der entzündlichen Erkrankungen der Gaumenmandeln siehe auch S2k-Leitlinie 017/024 AWMF.
Tab. 1
Akute Entzündungen der Gaumenmandeln
Krankheit
Erreger
Therapie
Angina catarrhalis (simplex) und Angina lacunaris
Hämolysierende Streptokokken, Staphylokokken, Viren, Pneumokokken, Klebsiella pneumoniae (Friedländer-Bazillen)
Penicillin, Cephalosporine, Analgetika, Antipyretika
Angina Plaut- Vincenti
Fusobacterium Plaut-Vincenti und Borrelia Vincenti
Penicillin, evtl. Cephalosporine
Antitoxisches Serum, Penicillin V
Hämolysierende Streptokokken der Lancefield-Gruppe A (seltener C- oder D-Gruppe)
Penicillin V, evtl. Cephalosporine, z. B. Cefixim
Herpangina
Coxsackie-A-Virus
Symptomatisch; Penicillin V bei bakterieller Superinfektion, evtl. Cephalosporine
Soorangina
Candida albicans
Nystatin lokal, Mundpflege
„Monozytenangina“ bei infektiöser Mononukleose
Symptomatisch; evtl. Erythromycin, kein Ampicillin und Amoxicillin (Exanthemgefahr)
Spezifische Angina bei Lues
Penicillin V
Spezifische Angina bei Tbc
Mycobacterium tuberculosis
Tuberkulostatika
„Angina agranulocytica“ bei Leukämie, Agranulozytose
 
Symptomatisch
Neben einer einfachen Kontaktinfektion kann eine vorausgegangene Virusinfektion durch eine Epithelschädigung eine bakterielle Infektion begünstigen. Ferner stellt eine chronische Tonsillitis die Grundlage rezidivierender akuter Anginen dar.
Klinische Symptome
Die infektiösen Allgemeinerscheinungen mit akutem Fieberanstieg, manchmal mit Schüttelfrost, Tachykardie, Kopfschmerzen und Gliederschmerzen, bei kleinen Kindern auch Leibschmerzen und Obstipation (aber auch Durchfall), können alarmierend sein und gegenüber den Beschwerden von Seiten der Angina, d. h. Halsschmerzen und Schluckbeschwerden, in den Vordergrund treten. Dies gilt besonders für Kleinkinder. Die Kieferwinkellymphknoten sind geschwollen und druckschmerzhaft.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch sind die Anginaformen einiger Infektionskrankheiten abzugrenzen. Zu denken ist vor allem an die äußerst selten zu beobachtende Diphtherie in ihrer mehr lokalisierten und in ihrer toxischen Verlaufsform, an Scharlach als charakteristische Allgemeinerkrankung durch Streptokokken mit besonders ausgeprägter Angina und an die infektiöse Mononukleose (Abb. 3), die einer Angina lacunaris täuschend ähnlich sein kann. Klinisch wegweisend sind jedoch die massive schmerzhafte Schwellung der Halslymphknoten und der stark reduzierte Allgemeinzustand (Cave! Hepatosplenomegalie). Die im Kindesalter seltene Angina Plaut-Vincenti ist durch einen meist einseitig am oberen Tonsillenpol lokalisierten ulzerösen Defekt gekennzeichnet. Der Verlauf ist in der Regel unkompliziert.
Bezüglich der Therapie ist es wichtig, eine bakteriell verursachte von einer viral bedingten Tonsillitis zu unterscheiden. Dies ist klinisch nur sehr bedingt möglich. Ein gleichzeitiges Auftreten von Rhinitis und Konjunktivitis spricht für eine Virusinfektion, eine neutrophile Leukozytose mit Linksverschiebung eher für eine bakterielle Infektion.
Komplikationen
Der Peritonsillarabszess (Abb. 4) stellt die häufigste lokale Komplikation einer Tonsillitis dar. Da sich dieser Abszess in der Regel auf der Basis einer chronischen Tonsillitis entwickelt, erkrankt das Kind daran seltener als der Erwachsene. Die Symptome sind starke Schluckbeschwerden, Kieferklemme und unterschiedlich stark ausgeprägte Lymphadenitis colli. Als Erreger kommen vor allem A-Streptokokken, aber auch Staphylokokken, Pneumokokken und Haemophilus influenzae in Betracht. Die Therapie besteht in der sofortigen Inzision des Abszesses oder einer Abszesstonsillektomie und in der antibiotischen Behandlung (siehe unten).
Wegen der Gefahr einer über den Zungengrund zum Larynx absinkenden Entzündung (Tonsillitis lingualis) ist bei jedem peritonsillären Abszess der Kehlkopf auf ein Larynxödem hin zu kontrollieren. Des Weiteren kann sich ein Peritonsillarabszess zum Parapharyngealabszess entwickeln und sich in seltenen Fällen bis ins Mediastinum ausbreiten.
Als weitere Komplikation kann sich eine tonsillogene Sepsis entweder lymphogen oder über eine phlegmonöse Ausbreitung sowie hämatogen im Bereich der V. jugularis interna entwickeln. Dabei kann es zu einer Thrombosierung der V. jugularis interna kommen, die zu einer Verhärtung im Bereich des M. sternocleidomastoideus und zu einer Schiefstellung des Halses führt. Eine Heparinisierung und hoch dosierte antibiotische Behandlung ist in diesen Fällen zwingend notwendig.
Mögliche Folgekrankheiten der akuten Tonsillitis sind: rheumatisches Fieber, Glomerulonephritis und Herdnephritis sowie Pustulosis palmaris et plantaris, die jedoch heutzutage aufgrund der rechtzeitigen antibiotischen Therapie nur noch sehr selten zu beobachten sind.
Therapie
Bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion, vor allem wenn sie durch Streptokokken verursacht sind, sollte mindestens 10 Tage in ausreichender Dosierung mit Penicillin V behandelt werden. Bei einer bestehenden Überempfindlichkeit gegen Penicillin und Cephalosporine sollte auf Erythromycin zurückgegriffen werden. Bei rezidivierenden Anginen (mehr als 3-mal pro Jahr) ist die Tonsillektomie im beschwerdefreien Intervall ratsam.
Da sich in den letzten Jahren zunehmend Berichte über Therapieversager mit Penicillin V häufen, werden nun wegen ihrer guten Aktivität gegen A-Streptokokken und ihrer hohen Betalaktamase-Stabilität vermehrt die neuen Oralcephalosporine, wie beispielsweise Cefixim (z. B. Cephoral, Suprax), empfohlen.

Chronische Tonsillitis

Definition
Der Begriff chronische Tonsillitis beinhaltet eine Reihe von Merkmalen, die sich aus klinischen Daten, wie Anamnese, Rezidivhäufigkeit einer Angina, makroskopischem Bild der Tonsillen, Folgekrankheiten sowie aus histomorphologisch erfassbaren Zeichen summieren. Die Diskrepanz zwischen den klinischen Fakten und dem morphologisch Sichtbaren und die daraus resultierenden unterschiedlichen Meinungen zur Diagnosesicherung und zur Art der Behandlung führen immer wieder zu divergierenden Auffassungen über dieses Krankheitsbild.
Diagnose
Die Größe der Tonsille allein ist kein Gradmesser für chronisch-entzündliche Veränderungen in der Tonsille. Sie kann auch bei klinisch unauffälligen Mandeln durch eine konstitutionell bedingte Hyperplasie des lymphatischen Gewebes bedingt sein. Entscheidend für die Diagnose einer chronischen Tonsillitis sind die Anamnese (Zahl der Rezidivanginen pro Jahr), die subjektiven Beschwerden des Patienten, die teils verhärtete Konsistenz und erschwerte Luxierbarkeit der Tonsille aus ihrer Loge, das entzündlich-rötliche Aussehen des peritonsillären Gewebes und fortlaufend bestehende vergrößerte Halslymphknoten (speziell im Trigonum caroticum). Bei Druck mit dem Spatel gegen die paratonsilläre Region lässt sich in der Regel Detritus aus den Tonsillenkrypten auspressen. Die eingeschränkte Luxierbarkeit der Gaumenmandel ist insofern ein wesentliches Kriterium für eine chronische Tonsillitis, als paratonsilläre Entzündungen von kapselnahen Kryptenanteilen zu entzündlichen Veränderungen führen, die auf das peritonsilläre Gewebe übergreifen und damit hier zu Verwachsungen und Vernarbungen führen.
Therapie
Eine absolute Indikation zur Tonsillektomie gibt es, außer bei der lebensbedrohlichen Form der Abszedierung, nicht. Eine relative Indikation zur Tonsillektomie besteht bei den anerkannten Folgekrankheiten (Abschn. 2.1, siehe „Komplikationen“) und bei der obstruktiven Schlafatmung mit Apnoephasen aufgrund einer extremen Tonsillenhyperplasie. Hauptsächlich wird sich die Indikation zu diesem Eingriff auf die Anamnese (rezidivierende Anginen) und dann erst auf den Lokalbefund einer chronischen Tonsillitis stützen. Die akute beidseitige Vergrößerung der Tonsille bei Mononukleose kann in sehr seltenen Fällen einer dadurch entstandenen erheblichen Dyspnoe eine einseitige Tosillektomie erforderlich machen.
Die Hauptkomplikation der Tonsillektomie ist die Nachblutung (2–6 %); sie kann in seltenen Fällen zu einem letalen Ausgang führen. Bei Kindern unter 4–5 Jahren sollte eine Teilentfernung der Mandel (Tonsillotomie) vorgenommen werden und nur in Ausnahmefällen eine Tonsillektomie. Zur besseren Überwachung sollte der Eingriff stationär durchgeführt werden. Eine relative Kontraindikation ergibt sich bei Patienten mit einer Blutungsneigung, wobei jedoch mit entsprechenden vorbereitenden Maßnahmen die Gefahr einer Nachblutung erheblich reduziert werden kann. Bei Kindern mit einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte sollte von der Tonsillektomie und der Adenotomie wegen der Gefahr einer Verschlechterung der Rhinophonia aperta Abstand genommen werden, solange keine suffiziente Gaumenplastik geschaffen ist.
Bei Kindern unter 4 Jahren kann bei einer chronisch-hyperplastischen Tonsillitis auch in Ausnahmefällen eine einseitige Tonsillektomie durchgeführt werden. Die Tonsillotomie, bei der nur der Anteil der Tonsille, der über den vorderen und hinteren Gaumenbogen ragt, entfernt wird, kann in manchen Fällen bei chronisch-hyperplastischer Tonsillitis durchgeführt werden. Der Vorteil liegt in der geringeren Blutungswahrscheinlichkeit. Das zurückgelassene lymphatische Gewebe kann jedoch Anlass zu rezidivierenden Entzündungen geben.

Differenzialdiagnose Tonsillitis

Es gibt keinen sicheren Einzelparameter zur Differenzialdiagnose zwischen viraler und bakterieller Tonsillitis. Hierzu wurden verschiedene Klassifikationssysteme entwickelt, die das Vorliegen oder Fehlen verschiedener anamnestischer Angaben und klinischer Symptome in einem Gesamtpunktwert zusammenfassen. Nach Altersstratifizierung für jüngere Patienten zur Einschätzung des Risikos einer GABHS(Gruppe A β-hämolysierende Streptokokken)-Tonsillitis hat sich der McIsaac-Score für Patienten im Alter von 3–14 Jahren bewährt. In den entsprechenden nationalen und internationalen Leitlinien wird der (McIsaac-Score) zur klinischen Einschätzung der Wahrscheinlichkeit einer GABHS-Tonsillitis empfohlen (Tab. 2).
Tab. 2
McIsaac-Score (modifizierter Centor-Score). (Aus S2K-Leitlinie 2015)
Symptom
Punkte
Körpertemperatur (in der Anamnese) >38 °C
1
Kein Husten
1
Zervikale Lymphknotenschwellung
1
Tonsillenschwellung oder -exsudat
1
Alter
1
- 3–14 Lebensjahre
1
- 15–44 Lebensjahre
0
- ≥45 Lebensjahre
−1
McIsaac-Score (modifizierter Centor-Score): Punktsumme
Wahrscheinlichkeit eines GABHS-Nachweises im Rachenabstrich
−1 oder 0
1 %
1
10 %
2
~17 %
3
~35 %
4 oder 5
~50 %
GABHS Gruppe A β-hämolysierende Streptokokken

Adenoide Vegetationen

Bei einem Großteil der Kinder unter 4–6 Jahren ist die Rachenmandel hyperplastisch (Abb. 5). Durch zusätzliche chronisch-rezidivierende Entzündungen kann sie noch weiter an Volumen zunehmen, was zur Behinderung der Nasenatmung und zur Möglichkeit einer fortgeleiteten Infektion über die Tube zum Mittelohr führt. Eine unbemerkte Angina retronasalis kann bei kleinen Kindern die Ursache für unklares Fieber sein. In diesen Fällen sind die zervikalen und nuchalen Lymphknoten zum Teil erheblich vergrößert. Das klassische Symptom für eine zu große Rachenmandel ist die Mundatmung aufgrund der mechanischen Verlegung des Nasenrachenraumes (Facies adenoidea).
Therapie
Die Indikation zur Adenotomie stellt sich aus rezidivierenden Erkrankungen des Mittelohrs und aus Infektionen des Nasen- bzw. Nasennebenhöhlenbereichs. Eine relative Kontraindikation ergibt sich bei Kindern mit Gaumenspalten, submukösen Spalten und bei Kindern mit einem Blutungsübel. Vor einer kieferorthopädischen Regulierung sollte eine hyperplastische Rachenmandel grundsätzlich entfernt werden, um eine freie Nasenatmung speziell nachts zu sichern.

Tonsillen und Rachen bei Virusinfektionen

Akute Infektionen des Respirationstrakts machen etwa zwei Drittel der Gesamtmorbidität der Bevölkerung aus. Nur etwa 3 % dieser Krankheiten haben eine bakterielle Genese, die weitaus überwiegende Zahl ist virusbedingt. Die meisten dieser Virusinfektionen zeigen eine entzündliche Beteiligung der Konjunktiven sowie katarrhalische Erscheinungen der oberen Luftwege mit Rhinitis, Pharyngitis (Abb. 1) und Bronchitis.
Therapie
Bei allen im Folgenden beschriebenen Virusinfektionen ist die Behandlung rein symptomatisch, außer bei der Superinfektion, die den Einsatz von Antibiotika, wie z. B. Penicillin V oder Oralcephalosporinen, wie beispielsweise z. B. Cefixim (Abschn. 2.1, siehe „Therapie“) erfordert.
Klinische Symptome und Verlauf Influenzaviren
Kennzeichen der Infektion mit Influenzaviren sind die Rötung der Gaumenmandeln und teilweise hämorrhagische Schleimhautveränderungen des Rachens. Eine Beteiligung der Halslymphknoten ist erst bei einer bakteriellen Superinfektion zu beobachten.
Adenoviren
Die Erreger der Febris pharyngoconjunctivalis epidemica sind im Kindesalter überwiegend die Typen 1, 2 und 5. Die katarrhalischen Entzündungen der Konjunktiven und des Rachens mit diffuser Rötung der Tonsillenregion stehen im Vordergrund. Abwischbare Beläge an den Tonsillen sind die extreme Ausnahme. Häufig bestehen druckschmerzhafte Schwellungen der regionalen Halslymphknoten. Eine Beteiligung des Mittelohrs und des Bronchialsystems ist möglich.
Coxsackie- und ECHO-Viren
Neben verschiedenen anderen Manifestationen verursachen die Infektionen mit Coxsackie- und ECHO(enteric cytopathogenic human orphan)-Viren auch eine katarrhalische Schleimhautentzündung des Rachens, oft verknüpft mit einem Enanthem. Für manche Coxsackie-A-Viren, aber wahrscheinlich auch für einige Coxsackie-B- und ECHO-Viren ist die Herpangina typisch (Abb. 6).
Epstein-Barr-Virus (EBV)
Typisch für die EBV-Infektion sind zusammenhängende weiße Beläge auf den Tonsillen. Außerdem findet sich dabei oft eine Angina retronasalis durch starke Mitbeteiligung der Rachenmandel. Wenn wegen der Superinfektion der schweren Anginaform ein Antibiotikum verabreicht werden muss, dann nur Erythromycin und kein Ampicillin oder Amoxicillin (Exanthemgefahr!). Bei massiver Tonsillenhyperplasie kann in Ausnahmefällen eine Tonsillektomie erforderlich sein.
Herpesviren
Zur Gingivostomatitis herpetica (Kap. „Herpesvirus-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen“). Beim Herpes simplex pharyngis findet man stecknadelkopfgroße, in der Mitte gerötete Bläschen auf den Tonsillen, der Rachenschleimhaut, den Gaumenbögen und im Hypopharynx.
Die Angina herpetica unterscheidet sich von der Herpangina durch Coxsackie-A-Virus bei klinisch ähnlicher Verlaufsform dadurch, dass hier die Effloreszenzen auf den Tonsillen (und nicht auf den Gaumenbögen wie bei der Herpangina) in Form von linsengroßen, fest haftenden, milchig-weißen Bläschen erscheinen, die bei entsprechender Anordnung sehr rasch konfluieren.

Lymphatischer Rachenring und Rachen bei Hämopathien

Die im Verlauf von aplastischen und hypoplastischen Myelopathien sowie bei den verschiedenen Formen der Leukämie auftretenden Veränderungen im Bereich des Rachenrings sind in der Mehrzahl ulzerierende nekrotisierende Prozesse, deren Bild von der akuten Kryptentonsillitis bis zur ulzeromembranösen und gangränösen Form reicht. Entsprechendes gilt für die Situation einer durch hoch dosierte zytostatische Behandlung erzeugten Immuninsuffizienz.

Tumoren des Naso- und Oropharynx

Juveniles Nasenrachenfibrom

Dieser auch Angiofibrom genannte Tumor kommt ausschließlich bei männlichen Jugendlichen in der Pubertät vor. Feingeweblich handelt es sich um einen äußerst gefäßreichen, gutartigen Tumor, der jedoch lokal expansiv wächst, riesige Ausmaße annehmen und zur Destruktion der angrenzenden Nasennebenhöhlen und der Schädelbasis führen kann (Abb. 7). Die Wachstumstendenz dieser Geschwülste lässt in der Regel nach Abschluss der Pubertät nach. Der Grund hierfür ist ebenso wie die Ätiologie unbekannt. Die operative Tumorentfernung ist die Therapie der Wahl, wobei eine präoperative Embolisation der zuführenden Blutgefäße vor allem bei größeren Tumoren in Erwägung gezogen werden kann. Bei sehr ausgedehnten, nicht mehr resektablen Tumoren kann eine Strahlentherapie in Frage kommen. Die Hormontherapie wird heutzutage nicht mehr durchgeführt.

Zungengrundstruma

Die klinischen Symptome der Zungengrundstruma (Kap. „Krankheiten der Mundhöhle, der Zunge, des Mundbodens und der Kopfspeicheldrüsen bei Kindern und Jugendlichen“) äußern sich vorwiegend in einer Dysphagie, Dyspnoe, Dysfonie und rezidivierenden Blutungen. Die Diagnostik beinhaltet neben Sonografie und MRT die Schilddrüsenszintigrafie. Die symptomatische Zungengrundstruma wird reseziert, wobei zu berücksichtigen ist, dass kein orthotopes Schilddrüsengewebe vorhanden sein kann.

Lymphangiome und Hämangiome

Hämangiome können von der Mundhöhle in den Oropharynx übergehen und zu erheblichen funktionellen Beeinträchtigungen führen. Kommt es zu keiner spontanen Rückbildung oder gar zu einer Größenprogredienz, so ist eine operative Therapie angezeigt. In manchen Fällen führt eine präoperative Embolisation zu einer Verbesserung der operativen Bedingungen.
Lymphangiome sind seltener als Hämangiome, es kommt zu keiner spontanen Rückbildung. Im Oropharynx können sie ebenso wie im Mundbereich zu einer erheblichen funktionellen Beeinträchtigung der Nahrungsaufnahme, der Atmung und der Stimme führen. Die Therapie des Lymphangioms ist operativ, wobei in vielen Fällen aus funktionellen Gründen nur eine Reduktion des Tumors möglich ist.

Maligne Geschwülste

Für den Nasenrachenraum sind beim Kind als seltene Tumoren die malignen Lymphome sowie das Rhabdomyosarkom zu erwähnen. Das Nasopharynxkarzinom ist extrem selten. Bei den Tumoren des Oropharynx ist bei Kindern ebenfalls in erster Linie an die malignen Lymphome der Tonsillen zu denken.

Maligne Lymphome

Maligne Lymphome können sich als einseitige Tonsillenhyperplasie manifestieren. Zur histologischen Diagnosesicherung ist eine Gewebeprobe aus der Tonsille oder eine Tonsillektomie notwendig.

Krankheiten des Halses

Fehlbildungen

Hämangiome und Lymphangiome

Kleine Hämangiome werden aufgrund der zu erwartenden spontanen Rückbildung primär nicht operativ behandelt, wogegen größere Hämangiome meist eines operativen Eingriffes bedürfen, da sie zu erheblichen funktionellen Störungen führen können. Auch Lymphangiome können eine sehr große Ausdehnung im Halsbereich unter Verdrängung wichtiger anatomischer Strukturen einnehmen und von dort aus bis weit ins Mediastinum ziehen. Eine operative Behandlung ist in solchen Fällen oft schwierig und kann nur eine Teilentfernung des Lymphangioms zur Dekompression beinhalten.

Fisteln und Zysten

Die Persistenz des 2. Kiemenbogens durch fehlende Obliteration führt zu einer lateralen Halszyste oder lateralen Halsfistel. Es kann auch eine Kombination aus Zyste und Fistel auftreten. Die Zysten liegen typischerweise am Vorderrand des M. sternocleidomastoideus (Abb. 8). Die Fistelgänge können durch die Bifurkation der A. carotis bis an den unteren Tonsillenpol ziehen. In vielen Fällen manifestieren sich laterale Halszysten erst im Erwachsenenalter. Die Diagnose ist sonografisch und durch den klinischen Befund zu stellen. Die Therapie besteht in der Exstirpation der Zyste bzw. des Fistelgangs.
Bei ausbleibender Atrophie des Ductus thyreoglossus, der beim Deszensus der Schilddrüse entsteht, kann es aus epithelialen Ganganteilen zu einer Zyste oder einem Fistelgang im medialen Halsbereich kommen (mediane Halszyste und -fistel; Abb. 9). Die Zyste manifestiert sich meist auf Höhe des Zungenbeins und oft auch erst im heranwachsenden Alter. Die Diagnose wird mithilfe der Sonografie und aufgrund des typischen klinischen Erscheinungsbildes gestellt.
Die Therapie besteht in einer Exstirpation der Zyste bzw. der Fistel, wobei zusätzlich der Zungenbeinkörper, durch den der epitheliale Gang zieht, entfernt werden muss.

Krankheiten der Halslymphknoten

Lymphadenitis colli

Im Kindesalter kommt es häufig zu entzündlichen Halslymphknotenschwellungen, wobei der Anteil der unspezifischen Entzündung bei etwa 90 % liegt. Die akute Lymphadenitis colli mit Fieber und allgemeinen Krankheitserscheinungen wird durch virale (Ebstein-Barr-Virus) oder bakterielle Infekte durch Staphylokokken oder Streptokokken verursacht. Lymphknotenvergrößerung ohne systemische Erkrankung, z. B. Tuberkulose und Toxoplasmose, verursachen wenig lokale Beschwerden. Differenzialdiagnostisch muss in diesen Fällen auch an benigne oder maligne Tumoren gedacht werden. Lymphknotenerkrankungen als Mitbeteiligung systemischer Erkrankungen kommen z. B. bei Masern, Röteln, Mononukleose u. a. vor.

Erysipel

Beim Erysipel kommt es charakteristischerweise zu einer rasch sich ausbreitenden Rötung und Schwellung der Haut. Der Entzündungsprozess ist gegenüber der umgebenden Haut scharf abgegrenzt. Die Therapie besteht in der intravenösen Gabe von Penicillin und der lokalen Behandlung mit kühlenden Alkoholumschlägen.

Abszedierende Lymphadenitis

Die abszedierende Lymphadenitis entsteht in seltenen Fällen als Folge einer bakteriellen Angina, meist einseitig im Bereich des Kieferwinkels. Nur selten ist sie ausschließlich mit Antibiotika zu beherrschen, es muss vielmehr meist eine Inzision zur Abszessentlastung vorgenommen werden.

Aktinomykose

Die Aktinomykose, die ihren Ausgang von der Mundschleimhaut nimmt, kann sich von dort aus in den Hals ausbreiten, vor allem in den submandibulären Bereich. Die Infektion wird durch das Bakterium Aktinomyces israeli verursacht. Es kommt zu einer charakteristischen brettharten Schwellung im äußeren Halsbereich. Im weiteren Verlauf kann es zu einer Fistelbildung in der Haut kommen. Die Diagnose wird aufgrund der typischen klinischen Manifestation und einer Gewebeprobe bzw. eines Abstriches gestellt.
Die Therapie erfolgt mit Penicillin G, wobei in seltenen Fällen eine operative Entfernung des Entzündungsprozesses notwendig ist.

Toxoplasmose

Die postnatal erworbene Toxoplasmose führt zu einer generalisierten Lymphadenopathie, der allgemeine Krankheitserscheinungen wie Fieber und Muskelschmerzen vorausgehen. Die Lymphknotenschwellungen im Halsbereich können lange bestehen bleiben. Die Diagnostik wird durch den serologischen Nachweis von IgG-Antikörpern gesichert. Die Therapie erfolgt mit Pyrimethamin und Sulfadiazin.

Katzenkratzkrankheit

Bei der Katzenkratzkrankheit folgt die Lymphknotenschwellung des Halses oft erst Wochen nach dem Primäraffekt, der sich in Form einer Papel, die ein Bläschen, eine Pustel oder zentrale Nekrose tragen kann, manifestiert. Die Infektion durch Bartonella henselae oder Bartonella quintana wird durch den Kot von Katzenflöhen oder die befallene Katze selbst über Hautwunden übertragen. Die Lymphknotenerkrankung dauert bis zu 3 Monaten an und heilt in der Regel mit einer Fistelbildung ab. Die Diagnose wird durch eine PCR zum direkten Bartonella-henselae-DNA-Nachweis oder indirekt über den Antikörpernachweis im Blut gesichert. Die Therapie ist symptomatisch. Chirurgische Maßnahmen sind in der Regel nicht notwendig. Bei fehlender spontaner Ausheilung kann eine antibiotische Therapie, vorzugsweise mit Azithromycin vorgenommen werden. In seltenen Fällen kann die Entfernung der betroffenen Lymphknoten bei fehlender Regredienz empfohlen werden.

Spezifische Lymphadenitis

Die Tuberkulose zeigt nur geringe systemische Krankheitszeichen. Es kommt meist zu einer einseitigen Lymphknotenschwellung, hauptsächlich submandibulär und im vorderen Halsbereich. Die Diagnose wird anhand der Tuberkulinprobe und des Nachweises säurefester Stäbchen aus Hautulzerationen und zerfallenden Lymphknoten gestellt.
Die Therapie erfolgt mit Tuberkulostatika (Resampencin, Ethambutol, Cotremoxasol und Doxycyclin).
Bei der atypischen Mykobakteriose (Abb. 10) ist eine alleinige tuberkulostatische Therapie meist nicht erfolgversprechend. Mycobacterium avium und Mycobacterium intercellulare sind die am häufigsten verursachenden Keime. Die Therapie besteht in der Exzision aller betroffenen Lymphknoten. Eine tuberkulostatische Therapie kann im Anschluss in Erwägung gezogen werden.

Sarkoidose

Die Sarkoidose ist im Kindesalter sehr selten, es handelt sich um eine granulomatöse Entzündung unbekannter Ätiologie. Es kann zu einer zervikalen Lymphknotenvergrößerung, vor allem supraklavikulär kommen. Klinisch steht jedoch die Lungensarkoidose im Vordergrund. Die Therapie besteht in der Gabe von Kortikoiden über einen längeren Zeitraum.

Maligne Tumoren

Etwa ein Viertel aller malignen Tumoren im Kindesalter sind im Kopf-Hals-Bereich lokalisiert. Diese Tumoren unterscheiden sich wesentlich von denen im Erwachsenenalter. Es kommen hauptsächlich maligne Lymphome (Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphome) und Sarkome (Rhabdomyosarkome) vor. Neben primär im Halsbereich entstandenen Malignomen können auch Metastasen anderer Primärtumoren (z. B. der Schilddrüse) auftreten.
Es besteht in der Regel eine schmerzlose tumoröse Veränderung des Halses. Allgemeinsymptome wie Gewichtsverlust, Anorexie, Fieber, Abgeschlagenheit treten hauptsächlich bei malignen Lymphomen auf (B-Symptomatik). Bei 80 % der Kinder mit Morbus Hodgkin sind vergrößerte Lymphknoten im Halsbereich vorhanden und oft das erste Anzeichen dieser Erkrankung. Eine Lymphknotenbiopsie zur histologischen Untersuchung ist notwendig.
Bereits im Kindesalter können Schilddrüsenkarzinome auftreten, die sich oft primär durch eine Halslymphknotenmetastase manifestieren. Histologisch handelt es sich vorwiegend um differenzierte follikuläre oder papilläre Karzinome. In seltenen Fällen ist eine multiple endokrine Neoplasie (MEN 2A und MEN 2B) Ursache eines Schilddrüsenkarzinoms (C-Zell-Karzinom). In diesen Fällen können Ganglioneurome auf der Zunge zur Diagnose führen.
Das Rhabdomyosarkom ist der häufigste Weichteiltumor des Kindesalters mit einer Häufung im Kleinkindalter. Ein Drittel aller Rhabdomyosarkome entsteht im Kopf-Hals-Bereich, sie treten meist als schmerzlose Schwellungen auf. Es handelt sich um einen aggressiv wachsenden, malignen Tumor, meist von solider Konsistenz. Lymphogene Metastasen können in Lunge, Leber, Knochen oder Gehirn auftreten.
Das Neuroblastom ist eines der häufigsten bösartigen Weichteiltumoren des Kleinkindalters. Die primäre Manifestation im Halsbereich ist jedoch sehr selten, meist handelt es sich um Metastasen aus anderen Körperregionen. Durch sein Größenwachstum kann der Tumor zu Stridor und Schluckstörungen führen. Da der Tumor oft vom Halssympathikus ausgeht, lenkt in manchen Fällen ein Horner-Syndrom bereits auf die Diagnose. Im Urin ist oft Vanillinmandelsäure nachweisbar, ihre Bestimmung kann auch der Verlaufskontrolle dienen. Da bereits eine Metastasierung vor der Geburt vor allem in die Leber auftreten kann, müssen Fernmetastasen ausgeschlossen werden. Die initiale Therapie, verbunden mit der histologischen Diagnostik besteht in der Tumorexstirpation unter Schonung nervaler Strukturen.
Fibrosarkome, Hämangioendotheliom und Hämangioperizytome sind sehr seltene Tumoren des Kopf-Hals- Bereichs im Kindesalter.

Verletzungen

Schwere Verletzungen des Halses beziehen oft den Aerodigestivtrakt ein (Pharynx, Ösophagus, Larynx und Trachea). Seltener kommt es zu Verletzungen großer Blutgefäße, der Wirbelsäule einschließlich des Rückenmarks und peripherer Nerven.
Verletzungen des Aerodigestivtrakts können sich durch ein Hautemphysem, Hämoptoe, Heiserkeit, Dyspnoe und Dysphagie äußern. Durch die Überlagerung mit Symptomen anderer Verletzungen übersieht man diese leicht. Verletzungen großer Gefäße des Halses können zu einem erheblichen Blutverlust und Blutdruckabfall führen, sodass bei der primären Untersuchung die Blutung aus dem Hals als weniger dramatisch eingestuft wird. Beim Verdacht auf eine Wirbelsäulenverletzung sollte besondere Vorsicht bei der Untersuchung des Halses angewandt werden, um eine iatrogene Verletzung des Rückenmarks zu vermeiden. Bei offenen Verletzungen in der Region der Ohrspeicheldrüse kann es zu Verletzungen des N. facialis kommen, dessen Kontinuität durch eine Nervennaht wiederhergestellt werden muss. Auch bei der Verletzung anderer Nerven (N. accessorius, N. hypoglossus) wird eine primäre Nervennaht vorgenommen. Falls dies nicht spannungslos vorgenommen werden kann, setzt man ein Nerveninterponat, z. B. aus dem N. auricularis magnus oder dem N. suralis ein.
Bissverletzungen von Tieren werden ebenso wie im Gesichtsbereich primär operativ versorgt, da es sonst bei sekundärer Wundheilung zu ästhetisch störenden Narben kommen würde.
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