Skip to main content
Die Intensivmedizin
Info
Publiziert am: 24.02.2023

Kardiopulmonale Reanimation

Verfasst von: Holger Herff, Udo Wagner und Volker Wenzel
Die Therapie des Kreislaufstillstands besteht aus kardiopulmonaler Reanimation (CPR) in verschiedenen Stufen. Zu den Basismaßnahmen („basic life support“; BLS) gehören Beatmung sowie Thoraxkompressionen und sofern verfügbar Defibrillation. Die erweiterten Wiederbelebungsmaßnahmen („advanced cardiac life support“; ALS) bestehen aus Sicherung des Atemweges, Vasopressoren, und Defibrillation. Die Leitlinien zur CPR sind zuletzt 2021 überarbeitet worden.
Ziel der CPR Leitlinien ist es, nur klinisch bewiesene Interventionen zu empfehlen. Die erwähnten Studienergebnisse können online in den jeweiligen Kapiteln der Leitlinien eingesehen werden, die an dieser Stelle als Ausgangspunkt umfangreicherer Literaturrecherche empfohlen sein sollen.
Insgesamt haben sich mit den Leitlinien 2021 keine umfangreichen Änderungen ergeben; die für eine signifikante Änderung der Leitlinien erforderlichen klinischen Studien sind einfach extrem schwer durchführbar und extrem aufwändig. Es sind eher neue Schwerpunkte der neuen Reanimationsleitlinien, die unter dem Stichwort „Big Five“ subsumiert werden: Es sind dies die Stärkung der Laienreanimation durch verbesserte Ausbildung, zweitens die Telefonreanimation durch Anweisungen des Leitstellenpersonals und drittens bessere Ersthelfersysteme. Punkt vier ist der weitere Ausbau professioneller CPR Versorgung mit erweiterten Reanimationsmaßnahmen und Punkt fünf der Ausbau spezieller Cardiac Arrest Zentren, in denen rund um die Uhr alle notwendigen diagnostischen und therapeutischen Kapazitäten zur Behandlung nach Widerherstellung eines Spontankreislaufes vorgehalten werden. Neben diesen perspektivischen Weiterentwicklungen bleibt festzustellen, dass die hochwertige Basis CPR nach wie vor das Rückgrat jeglicher weiterer Maßnahmen darstellt und eine elementare Kernkompetenz in der intensivmedizinischen Versorgung ist.

Ursachen des Kreislaufstillstands

Die wichtigsten respiratorischen und kardiozirkulatorischen Ursachen eines Kreislaufstillstands sind in Tab. 1 zusammengefasst.
Tab. 1
Ursachen eines Atem- und Kreislaufstillstands
Respiratorische Ursachen
Kardiozirkulatorische Ursachen
Erniedrigter O2-Partialdruck der Umgebungsluft
koronare Herzerkrankungen (bis über 80 %)
Störungen der Atemregulation
(Opioidkrise USA)
Erkrankungen des Reizleitungssystems
Verlegung der Atemwege
Angeborene Herzfehler/ Gefäßanomalien
Störungen der Atemmechanik
Hypertrophe Kardiomyophatien
Störungen des alveolären Gasaustauschs
Pulmonale Embolie
Folge: Ateminsuffizienz, Atemstillstand, Kreislaufstillstand
Folge: Kreislaufinsuffizienz, Kreislaufstillstand, Atemstillstand

Vorzeichen eines Kreislaufstillstandes

Zunehmend gerät in den letzten Jahren ins Bewusstsein, dass eine Vielzahl der Patienten mit plötzlichem Kreislaufstillstand schon in den Tagen vor dem Ereignis erste Anzeichen zeigten. Bei außerklinischen Kreislaufstillständen handelt es sich häufig um Symptome einer kardiovaskulären Erkrankung, die schon wenige Tage zuvor auftreten können, die aber von den Patienten häufig falsch gedeutet werden. Aufklärung und Diagnostik dieser Patienten würde den Rahmen dieses Kapitels sprengen und fallen vom Fachgebiet eher in die kardiologische/hausärztliche Tätigkeit. Insbesondere empfehlen die Leitlinien die sorgfältige Synkopen Abklärung. Es sei auch darauf verwiesen, dass mindestens ein Drittel der Patienten zuvor über akute Brustschmerzen klagen, so dass die Bedeutung von Aufklärungskampagnen über kardiale Symptome des akuten Koronarsyndroms und rechtzeitiges Aufsuchen professioneller Hilfe sicher in ihrer Bedeutung für den plötzlichen Herztod nicht hoch genug eingeschätzt werden können. Aber auch innerklinische Kreislaufstillstände zeigen häufig Vorzeichen; eine frühzeitige Detektion kann die Überlebenschance verbessern (Chan et al. 2010). Allgemein wird daher, dass jede „physiologische Verschlechterung“ möglichst frühzeitig erkannt werden soll. Dazu soll jedes Mitglied des Behandlungsteams explizit geschult, ermächtigt und ermuntert werden. Das frühzeitige Hinzuziehen entsprechend geschulter medizinischer Notfallteams, die ggf. neben klassischen Reanimationsteams implementiert werden, kann in solchen Situationen helfen einen innerklinischen Kreislaufstillstand noch abzuwenden. Die Alarmierungsschwelle solcher Teams sollte entsprechend niederschwellig angesetzt werden.

Formen des Kreislaufstillstands

Die Formen des Kreislaufstillstandes im EKG werden im Hinblick auf ihre spezifische Therapie in defibrillierbare Formen, zu denen Kammerflimmern und ventrikuläre Tachykardie gehören, und in nicht defibrillierbare Formen eingeteilt, zu denen die pulslose elektrische Aktivität und die Asystolie gehören.
Kammerflimmern ist die häufigste Ursache des plötzlichen Herztodes und im EKG durch einen oszillierenden Erregungsablauf ohne abgrenzbare Kammerkomplexe charakterisiert.
Die pulslose ventrikuläre Tachykardie ist durch breite, monoforme Kammerkomplexe (Frequenz >150/min) ohne einen tastbaren Puls gekennzeichnet und gehört ebenso wie das Kammerflimmern zur Gruppe der Arrhythmien, bei der die Notwendigkeit eines schnellen Defibrillationsversuches besteht.
Die pulslose elektrische Aktivität ist eine organisierte elektrische Aktivität des Herzens ohne gleichzeitige mechanische Kontraktion und palpablen Puls.
Bei der Asystolie lassen sich weder elektrische noch mechanische Aktivitäten des Herzens nachweisen, was im EKG mit einer Nulllinie korreliert. Diese Nulllinie ist meist leicht wellenförmig. Bei einer völlig geraden Nulllinie sollten unbedingt die Elektroden überprüft werden, da es sich um einen Ableitungsfehler handeln kann.
Cave
Bei der Ableitung des EKG ist darauf zu achten, dass die Amplitudenverstärkung für die Darstellung der EKG-Kurve auf dem Oszilloskop maximal eingestellt ist, da sonst fälschlich eine Nulllinie sichtbar wird, die als Asystolie fehlinterpretiert werden kann.

Diagnose des Kreislaufstillstands

Symptome des akuten Kreislaufstillstands sind ein fehlender Puls, Bewusstlosigkeit sowie Atemstillstand oder Schnappatmung. In mehreren Studien konnte eindrücklich belegt werden, dass selbst professionelle Retter teilweise Schwierigkeiten haben, das Fehlen oder Vorhandensein eines Pulses mit hinreichender Sicherheit festzustellen. Allgemein wird angenommen, dass die Folgen durch Unterlassung einer Reanimation bei tatsächlichem Kreislaufstillstand deutlich kritischer sind als etwaige Schäden nach unnötiger CPR. Entsprechend niederschwellig ist die Indikation zum Beginn der Reanimationsmaßnahmen angesetzt.
Im Rahmen der Leitlinien 2021 wird daher explizit darauf verwiesen, bei allen Patienten, die nicht auf Ansprache reagieren und keine normale Atmung haben, mit einer Reanimation zu beginnen. Schnappatmung wird als Zeichen des Kreislaufstillstandes gewertet. Zu Beginn des Kreislaufstillstandes können noch krampfartige Bewegungen auftreten, reagiert die Person im Anschluss nicht, soll mit CPR begonnen werden.

Basismaßnahmen („Basic Life Support“, BLS)

Allen anderen vorangestellt und erste empfohlene Maßnahme im Rahmen des BLS beim Erwachsenen ist der initiale Hilferuf. Aufgrund der Häufigkeit kardialer Ereignisse und der hohen statistischen Wahrscheinlichkeit, dass schnellstmöglich ein Defibrillator am Notfallort zur Terminierung eines Kammerflimmerns benötigt wird, empfehlen die Leitlinien die Rettungskette schnellstmöglich und vor Beginn mit den Basismaßnahmen in Gang zu setzen

Thoraxkompression

Entscheidende medizinische Maßnahme bei jeder CPR ist die „qualitativ hochwertige Herzdruckmassage“, weshalb diese hier vorangestellt werden sollen. Bei der CPR wird der Thorax des Patienten mit einer Frequenz von mindestens 100–120/min mindestens 5 cm (jedoch nicht mehr als 6 cm) in der Mitte der Brust (entspricht der unteren Hälfte des Sternums) komprimiert. Durch die intrathorakalen Druckschwankungen und die Kompression des Herzens wird so ein vorwärts gerichteter Blutfluss erzeugt. Um einen besseren venösen Rückstrom zu ermöglichen, muss der Thorax nach jeder Herzdruckmassage vollständig entlastet werden. Der Patient soll schnellstmöglich auf einer festen Unterlage gelagert werden.
Koronardurchblutung
Eine entscheidende hämodynamische Variable zur Wiederherstellung spontaner Herzaktionen ist der koronare Perfusionsdruck. Selbst bei optimaler Reanimationstechnik beträgt das Herzzeitvolumen maximal etwa 30 % des normalen Herzzeitvolumens unter Spontanzirkulation und die Hirndurchblutung höchstens 20 % der normalen Ruhedurchblutung (Delguercio et al. 1965).

Effektivitätskontrolle

Die Effektivitätskontrolle einer erfolgreichen Reanimation ist schwierig. So kann sich eine wirksame CPR in einer Verengung der Pupillen sowie einer besseren Durchblutung der Haut und der Schleimhäute manifestieren. Da der koronare Perfusionsdruck in den meisten Fällen während der CPR nicht gemessen werden kann, kann bei intubierten Patienten die endexspiratorische CO2-Konzentration als indirekter Indikator der Perfusion während der CPR herangezogen werden. Erfolgreich reanimierte Patienten weisen in der Regel während der CPR eine etwa 3-mal höhere endexspiratorische CO2-Konzentration (>10 mmHg) auf, als erfolglos reanimierte Patienten.
Ein plötzlicher Anstieg der endexpiratorischen CO2-Konzentration kann Hinweis für die Rückkehr des Spontankreislaufs („return of spontaneous circulation“; ROSC) sein (Pokorna et al. 2010).

Komplikationen der externen Herzdruckmassage

Am häufigsten kommt es bei Reanimationen zu Frakturen an Sternum und Rippen, während Organverletzungen von Leber, Milz, Herz oder Lunge und ein Pneumothorax bei richtiger Technik selten sind. Ursachen dieser Verletzungen sind in den meisten Fällen eine zu aggressive Thoraxkompression und ein falsch gewählter Kompressionspunkt.
Oft beginnen Ersthelfer nicht mit Reanimationsmaßnahmen, weil sie Angst haben, bei Patienten ohne Kreislaufstillstand ernsthafte Verletzungen hervorzurufen, auch wenn dies nur sehr selten geschieht.

Freimachen und Freihalten der Atemwege

Zum Freimachen der Atemwege bei bewusstlosen Patienten wird durch eine Hand auf der Stirn des Patienten dessen Kopf nackenwärts vorsichtig überstreckt und das Kinn mit den Fingerspitzen der anderen Hand angehoben.
Alternativ kann von professionellen Helfern auch der Unterkiefer vorgeschoben werden (Esmarch- Handgriff). Führt auch dies nicht zum gewünschten Erfolg, so muss die Mundhöhle inspiziert und ggf. ausgeräumt (z. B. mit einer Magill-Zange) sowie abgesaugt werden.
Professionelle Helfer können einen Atemstillstand beurteilen durch
  • sehen (nach Bewegungen des Brustkorbs),
  • hören (nach Atemgeräuschen),
  • fühlen (nach einem Luftstrom).
Cave
Bei Verdacht auf ein Trauma der Halswirbelsäule sollte der Kopf weder überstreckt noch anteflektiert werden (Gefahr der Rückenmarkschädigung)! In diesem Fall sollte nur der Unterkiefer nach vorn geschoben werden, um den Luftweg freizumachen. Es muss aber bedacht werden, dass ein freier Luftweg und die Wiedererlangung der Atmung Priorität vor einer vermuteten Wirbelsäulenverletzung haben.

Fremdkörperaspiration

Ist der Patient bei Bewusstsein, kann bei einer schweren Atemwegsverlegung versucht werden, den Fremdkörper durch bis zu 5 Schläge zwischen die Schulterblätter zu entfernen. Kompressionen des Oberbauchs („Heimlich-Manöver“) werden zurückhaltender oder nur im Wechsel mit den Schlägen zwischen die Schulterblätter empfohlen. Ist der Patient bewusstlos, sollte von professionellen Helfern versucht werden, den Fremdkörper mit einer Magill-Zange direkt zu fassen. Kann der Fremdkörper beim bewusstlosen Patienten nicht entfernt werden, soll mit Reanimationsmaßnahmen begonnen werden, da durch Thoraxkompressionen im Vergleich zu Oberbauchkompressionen höhere Atemwegsdrücke erzeugt werden können, die zur Dislokation des Bolus beitragen können.

Beatmung

Mund-zu-Mund-/Mund-zu-Nase-Beatmung

Stehen keine Hilfsmittel zur Verfügung, ist die Mund-zu-Mund/-Nase-Beatmung nach wie vor Methode der Wahl beim Kreislaufstillstand.
Mund-zu-Mund-/Mund-zu-Nase-Beatmung
Die 2-malige Beatmung folgt den initialen 30 Thoraxkompressionen, die Inspirationsdauer (Insufflationsdauer) sollte 1 s betragen.
Bei ungeschütztem Atemweg wird über 1 s beatmet. Zeichen einer effektiven Ventilation sind das Heben und Senken des Thorax und das fühlbare Entweichen von Luft aus Mund oder Nase bei der Exspiration. Ist nach der 1. Beatmung keine normale Thoraxbewegung zu erkennen, ist der Mundraum des Patienten zu inspizieren und ggf. dessen Kopfposition zu variieren. Sollte eine Beatmung nicht adäquat möglich sein oder sonstige Gründe gegen eine Mund-zu-Mund/Mund-zu-Nase Beatmung sprechen, wie z. B. Eigenschutz, sollten ausschließlich Thoraxkompressionen durchgeführt werden.
Cave
Eine Hyperventilation (hohe Beatmungsfrequenz oder zu hohes Tidalvolumen) ist nicht nur unnötig, sondern schädlich, weil dadurch der intrathorakale Druck ansteigt und nachfolgend der venöse Rückstrom zum Herzen und die Koronarperfusion verringert werden. Entsprechend kann die Überlebensrate sinken.

Beatmungsbeutel-Masken-System

Wie bei der Atemspende ohne Hilfsmittel wird hierfür der Kopf überstreckt und die Beatmungsmaske mit dem sog. C- Griff (Daumen und Zeigefinger, beim Rechtshänder in der Regel der linken Hand) fest auf die Mund-Nasen-Partie aufgesetzt und Gas über die Kompression des Beatmungsbeutel in die Lungen der Patienten insuffliert. Außerdem besteht die Möglichkeit, zusätzlich Sauerstoff direkt in den Beatmungsbeutel einzuleiten; hierbei lassen sich inspiratorische O2-Konzentrationen bis etwa 50 % erzielen, bei Einleitung der O2-Zufuhr über einen Reservoirbeutel bis zu 80–90 %. Da während eines Atem- und/oder Kreislaufstillstands die Zufuhr einer möglichst hohen inspiratorischen Sauerstoffkonzentration sinnvoll ist, sollte ein Reservoirbeutel verwendet werden.
Cave
Der sog. Sellick- Handgriff (Krikoiddruck) während der Atemspende oder Intubation, bei dem durch Ausübung von Druck auf den Ringknorpel der Ösophagus komprimiert und dadurch eine Mageninsufflation verhindert werden soll, wird routinemäßig nicht mehr empfohlen. Die Effektivität des Sellick-Handgriffs ist nie bewiesen worden. Studien an narkotisierten Patienten kamen zu dem Ergebnis, dass durch den Krikoiddruck bei vielen Patienten die Beatmung sogar erschwert wurde und der Ösophagus nicht komprimiert wird, sondern nur nach lateral verschoben wird und dementsprechend offen ist und durchgängig bleibt.

Fehler und Gefahren bei der Beatmung: Magenbeatmung

Die Atemmechanik eines Patienten mit Atem- und/oder Kreislaufstillstand ist durch eine progressive Abnahme der pulmonalen Compliance und des Ösophagusverschlussdrucks charakterisiert.
Das Risiko der Mageninsufflation steigt mit zunehmenden Beatmungsvolumina und hohem inspiratorischem Gasfluss. Bei einem ungeschützten Atemweg führt ein Tidalvolumen von 1 l zu einer signifikant stärkeren Magenblähung als ein Tidalvolumen von 500 ml. Mit jeder Insufflation in den Magen verringert sich durch den nachfolgenden Zwerchfellhochstand die Lungencompliance. Hierdurch nehmen das Tidalvolumen ab und der Anteil des bei der nächsten Insufflation in den Magen applizierten Volumens zu. Es entsteht ein Circulus vitiosus aus sinkenden Tidal- und steigenden Magenvolumina; zudem nimmt die Gefahr von Regurgitation und Aspiration zu. Um den Beatmungsspitzendruck und damit das Risiko einer Magenbeatmung zu senken, kann das Tidalvolumen bei der Maskenbeatmung mit Sauerstoff (FIO2 > 0,4) auf 6–8 ml/kg KG (etwa 500–600 ml) gesenkt werden.

Automatische Externe Defibrillation

In den letzten Jahren sind an vielen öffentlichen Stellen automatisierte Defibrillatoren (AED) aufgestellt worden, dazu gehören in vielen Krankenhäusern auch periphere Bettenstationen. In solch einem Setting ist es daher immer sinnvoll nach einem solchen Gerät Ausschau zu halten/zu fragen. Der frühzeitige Einsatz kann einen defibrillierbaren Rhythmus gegebenenfalls frühzeitig wieder in einen Sinusrhythmus überführen, was die Überlebenschancen dramatisch erhöhen können. Die individuelle Anwendung ist zumeist auf dem Gerät/den Elektroden graphisch beschrieben und sollte jedem medizinisch erfahrenen Helfer möglich sein. Bis zum Eintreffen des AED werden Thoraxkompressionen durchgeführt, nach Anbringen des AED erfolgt schnellstmöglich eine Rhythmusanalyse durchgeführt und defibrilliert, Danach wird umgehend die Herzdruckmassage fortgesetzt. Eine eingehendere Darstellung der Defibrillation erfolgt in diesem Kapitel unter der Rubrik Advance Life Support (ALS s.u.)

Erweiterte Maßnahmen („Advanced Life Support“, ALS)

Einen Überblick über die erweiterten Maßnahmen am Erwachsenen gibt Abb. 1. Die Beschreibung der einzelnen Elemente erfolgt im Text.

Präkordialer Schlag

Der präkordiale Schlag wurde als Erstmaßnahme überhaupt nur dann angewandt, wenn der Eintritt des defibrillierbaren Kreislaufstillstands unmittelbar beobachtet wurde und nicht sofort ein Defibrillator verfügbar war. Ein kurzer, kräftiger Faustschlag aus etwa 20 cm Entfernung auf die untere Hälfte des Sternums vermag unter diesen Voraussetzungen zur Kardioversion eines defibrillierbaren Herzrhythmus führen. Weder die Autoren noch die Leitlinien des Jahres 2021 empfehlen den präkordialen Schlag.
Cave
Der präkordiale Schlag ist nicht ungefährlich, da er sowohl Bradykardien als auch Kammertachykardien in Kammerflimmern umwandeln kann. Er darf daher nur von medizinischem Personal durchgeführt werden, das in dieser Technik ausgebildet ist. Der präkordiale Schlag darf die EKG-Diagnostik und eine eventuelle Defibrillation nicht verzögern.

Defibrillation

Die Defibrillation soll möglichst viele Myokardzellen („kritische Myokardmasse“) gleichzeitig depolarisieren, d. h. eine kurz andauernde Asystolie erzeugen und es damit dem physiologischen Schrittmacherzentrum des Herzens ermöglichen, seine normale Aktivität wieder aufzunehmen. Voraussetzung ist, dass hierfür noch genügend Vorräte an energiereichen Phosphaten im Myokard zur Verfügung stehen. Bei der Defibrillation wird von einem Kondensator ein Stromimpuls abgegeben; die Stromabgabe erfolgt, unabhängig von der jeweiligen elektrischen Phase des Herzzyklus, wenn der Bediener den Entladungsknopf drückt. Seit dem Jahr 2015 beziehen sich alle Leitlinien ausschließlich auf biphasische Geräte, bei denen sich während des Schocks die Stromflussrichtung umgekehrt.
Viele Erwachsene mit plötzlichem Kreislaufstillstand zeigen im EKG ein Kammerflimmern. Da die Wahrscheinlichkeit des Überlebens bis zur Entlassung aus der Klinik ohne Defibrillation bei diesen Patienten schnell sinkt, wird eine frühe Defibrillation dringend empfohlen. Während der Defibrillator geholt wird, wird schon mit hochwertiger Basis CPR begonnen eine künstliche Verzögerung der Defibrillation zur vorherigen CPR zeigt kein Benefit (Olasveengen et al. 2020). Sobald die Elektroden angebracht sind, wird eine Rhythmusanalyse mit möglichst minimaler Unterbrechung der Thoraxkompressionen durchgeführt. Geräte mit Rhythmusanalyse unter laufenden Thoraxkompressionen werden derzeit noch als experimentell eingestuft. Zur möglichst kurzfristigen Unterbrechung der Thoraxkompressionen kann der Kondensator des Defibrillators schon vor der Analyse geladen werden, so dass die gesamte Pause der Unterbrechung der Thoraxkompressionen für Analyse und Defibrillation unter fünf Sekunden liegen sollte. Von einer Defibrillation während der ununterbrochenen Durchführung der Thoraxkompressionen mit isolierenden Gummihandschuhen („hands on defibrillation“) wird aus Gründen des Eigenschutzes explizit abgeraten. Nach der Defibrillation werden die Thoraxkompressionen sofort für zwei Minuten fortgesetzt, bis die nächste Rhythmusanalyse ansteht.

Schockabgabe

Seit den CPR-Leitlinien 2010 wird die „Einschockstrategie“ mit biphasischen Defibrillatoren empfohlen, was auch 2021 erneut betont wird. Biphasische Geräte entfalten mit dem Einzelschock bereits ihre maximale Wirkung, und unnötige Schocks verursachen u. a. thermische Schäden am Myokard. Außerdem werden durch weniger Schockabgaben die Phasen ohne Thoraxkompressionen reduziert. Nur bei unmittelbar erfolgter Beobachtung des defibrillierbaren Kreislaufstillstandes am Monitor und sofortiger Verfügbarkeit des Defibrillators beispielsweise im Herzkatheterlabor werden noch Serien bis zu drei hintereinander folgenden Defibrillationen empfohlen.
Energiemenge
Bei geradlinig biphasischen Geräten sollte der erste Schock idealerweise mit einer Ausgangsenergie von mindestens 150 J abgegeben werden. Bei gepulsten biphasischen Geräten soll bei Erwachsenen eine Energiemenge von mindestens 120–150 J gewählt werden. Gerätehersteller sollten die wirksame Energiestufe auf der Vorderseite von biphasischen Geräten angeben. Ist die wirksame Energiestufe nicht bekannt, sollte der erste Schock bei Erwachsenen gemäß der Leitlinien 2021 schon mit der maximalen Energiemenge des Defibrillators durchgeführt werden. Bei refraktärem oder wiederkehrenden Kammerflimmern sollte für alle weiteren Schocks entweder die gleiche oder, falls das Gerät dies ermöglicht, eine höhere Energiestufe gewählt werden. Auch eine duale sequenzielle Defibrillation wird explizit nicht außerhalb von Studien empfohlen.
Cave
Bei der Defibrillation ist jeder Körper- oder Metallkontakt mit dem Patienten zu vermeiden. Offene Sauerstoffquellen sollten möglichst entfernt und mindestens ein Meter weit entfernt abgelegt werden; geschlossene Beatmungssystem wie nach endotrachealer Intubation verbleiben am Patienten.

Elektrodenplatzierung

Die Leitlinien des Jahres 2021 empfehlen eine Elektrodenplatzierung, die eine möglichst große Menge an Myozyten dem Stromdurchfluss aussetzt. Zur Beendigung einer ventrikulären Rhythmusstörung resultiert daraus eine Bevorzugung der anteroseptalen Elektrodenposition. Welche Elektrode dabei wo platziert wird ist nicht relevant. Eine anteroposteriore Platzierung wird eher für eine Beendigung eines Vorhofflimmerns im Rahmen der Kardioversion empfohlen, kann aber auch zur Defibrillation bei Therapierefraktärem Kammerflimmern erwogen werden. Alternativen sind noch die biaxilläre Elektrodenplatzierung oder die apikal-rechts dorsale Platzierung sein. Von implantierten elektronischen Geräten wie Schrittmacher/ Kardioverter-Defibrillatoren soll ein Mindestabstand von 8 cm gewahrt werden. Letztere können bei Interferenz durch Auflegen eines Magneten ausgeschaltet werden. In jedem Fall ist nach erfolgreicher Defibrillation eine Kontrolle solcher Geräte zwingend.

Sicherung der Atemwege

Ein Endotrachealtubus bietet einen sicheren Schutz vor Aspiration und ermöglicht neben einer suffizienten Beatmung ohne Unterbrechung der CPR auch das Absaugen von bereits in die Lunge eingedrungenem Aspirat und stellt somit für den erfahrenen Anwender die bewährteste Atemwegssicherung während der CPR dar.
Die Leitlinien des Jahres 2021 verweisen explizit darauf, dass die endotracheale Intubation nur von im klinischen Notfallatemwegsmanagement sehr erfahrenen Helfern ausgeführt werden soll. Sie beschreiben ein sequenzielles Modell, dass im Wesentlichen die Erfahrung der Helfer berücksichtigen soll. Leider zeigte sich, dass in klinischen Studien der mutmaßliche Benefit der Intubation durch häufige Komplikationen bei der Durchführung verloren gingen. Entsprechend wird die Intubation nur noch Helfern empfohlen, die eine erwartbare Chance haben in zwei Intubationsversuchen mit über 95 % Wahrscheinlichkeit den Tubus in der Trachea zu platzieren. Weniger erfahrenen Helfern wird gleich die Verwendung supraglottischer Atemwegshilfen empfohlen. Sollte auch dazu die Erfahrung fehlen, sollte mittels Maske-Beutel eine Beatmung fortgesetzt werden, bis erfahreneres Personal zur Verfügung steht. Gelingt ein Intubationsversuch nicht ohne längere Unterbrechung der CPR, sollte die Maskenbeatmung auch von Erfahreneren fortgesetzt und ggf. supraglottische Atemwegshilfen als Alternative eingesetzt werden. Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse, die die routinemäßige Verwendung eines bestimmten Vorgehens während der Reanimation unterstützen. Jeder Anwender muss die Auswahl der Airway-Management-Strategie individuell den jeweiligen Umständen und seinen eigenen klinischen Erfahrungen anpassen.
Die Verwendung sowohl der direkten als auch der Videolaryngoskopie gemäß lokalem Standard wird empfohlen. Wegen der Gefahr einer versehentlichen Intubation des Ösophagus soll die endotracheale Tubuslage neben der Auskultation (unsicher) zusätzlich durch Kapnographie überprüft werden. Ein niedriges endtidales CO2 ist allerdings bei der CPR nicht zwangsläufig durch eine Fehlintubation bedingt, sondern kann auch Folge einer vollkommen unzureichenden Lungenperfusion mit entsprechend ausbleibendem Gasaustausch sein. Nach erfolgreich gesichertem Atemweg wird mit einer Frequenz von 10/min ohne Unterbrechung der Thoraxkompressionen beatmet.

Pharmakotherapie

Zugangswege für die Medikamentenzufuhr

Intravenöser i.v. Zugang
Muss bei einem Patienten mit Kreislaufstillstand ein venöser Zugang geschaffen werden, so wird in der Regel eine Venenverweilkanüle am Handrücken, Unterarm oder in der Ellenbeuge angelegt; auch die V. jugularis externa ist häufig gut zugänglich.
Der beste Gefäßzugang ist die größte Vene, die ohne Unterbrechung der CPR-Maßnahmen punktiert werden kann.
Der periphervenösen Applikation von Medikamenten muss eine Bolusgabe von mindestens 20 ml Flüssigkeit und ein Anheben der betreffenden Extremität für etwa 10–20 s folgen, um das Einschwemmen des Medikamentes in die zentrale Zirkulation sicherzustellen.
Cave
Die Anlage eines zentralen Venenkatheters, während der CPR wird nicht empfohlen, da hierdurch, auch bei optimaler Beherrschung der Technik, wertvolle Zeit verloren geht und die Thoraxkompression während der Katheterisierung unterbrochen werden muss.
Ein bereits sicher liegender zentraler Venenkatheter sollte hingegen während der CPR in jedem Fall für die Medikamentenzufuhr benutzt werden.
Intraossärer i.o. Zugang
Die i.o.-Infusion ist eine einfache und schnelle Methode, um Notfallmedikamente, Flüssigkeiten und sogar Kontrastmittel zu applizieren. Außerdem ist der intraossäre Zugang komplikationsarm und kann selbst nach minimalem Trainingsaufwand in weniger als 30 s angelegt werden. Wegen der einfachen Handhabung (v. a. durch batteriebetriebene Geräte) hat sich die intraossäre Applikationsmethode v. a. beim Kindernotfall durchgesetzt und ist nun auch als sichere und effektive Methode für Erwachsene validiert.
Zugangswege bei kardiopulmonaler Reanimation
Zugangsweg der 1. Wahl ist der intravenöse Zugang.
Spätestens nach 2 min oder nach 3 fehlgeschlagenen Venenpunktionsversuchen sollte als Weg der 2. Wahl auf die intraossäre Methode zurückgegriffen werden.
Die endotracheale Applikation wird aufgrund stark schwankender und oft zu niedriger Plasmaspiegel der applizierten CPR-Medikamente nicht mehr empfohlen.

Medikamente bei der kardiopulmonalen Reanimation

Sauerstoff
Eine frühestmögliche Beatmung mit hoher O2-Konzentration, ob über Maske oder Tubus, kann das Ausmaß der Hypoxie während laufender CPR vermindern. Nach Rückkehr eines Spontankreislaufs gibt es Daten, die einen schlechteren Outcome belegt bei Verwendung hoher inspiratorischer Sauerstoffkonzentrationen gezeigt haben (Kilgannon et al. 2010). Daher sollte, sofern eine zuverlässige Bestimmung der O2-Konzentration im Körper möglich ist (Pulsoxymetrie oder arterielle Blutgasanalyse), die FiO2 so angepasst werden, dass eine SaO2 von 94–98 % erreicht wird.
Adrenalin
Adrenalin wird seit über 100 Jahren bei der CPR verwendet. Erst in den letzten Jahren (u. a. PARAMEDIC2 Studie) konnte aber eine positive Korrelation mit der Langzeitüberlebensrate gezeigt werden (White et al. 2010). Allerdings zeigte sich auch hier keine Verbesserung des neurologischen Outcomes. (3) Hochdosiertes Adrenalin hat in keiner Studie einen Benefit gezeigt. Entsprechend wird Folgendes empfohlen:
Applikation von Adrenalin
Während der CPR wird alle 3–5 min 1 mg Adrenalin injiziert.
Dabei wird bei Kreislaufstillstand mit einem nicht defibrillierbaren Rhythmus 1 mg Adrenalin schnellstmöglich gegeben, sobald ein i.v.- oder i.o.-Zugang geschaffen wurde.
Bei defibrillierbaren Herzrhythmen soll 1 mg Adrenalin nach dem 3. Defibrillationsversuch appliziert werden (dabei erfüllt eine initiale Serie von drei Defibrillationsversuchen (zwei per definitionem frustran) bei beobachtetem Kreislaufstillstand ebenfalls die Indikation zur Adrenalingabe).
Eine hohe Adrenalinapplikation von >1 mg kann nach Wiederherstellung eines Spontankreislaufs eine myokardiale Ischämie oder ventrikuläre Rhythmusstörungen auslösen. Hat sich ein Spontankreislauf eingestellt und ist weiteres Adrenalin notwendig, muss titriert werden, um einen adäquaten Blutdruck zu erreichen. Dosen von 50–100 μg reichen für die meisten hypotensiven Patienten aus. Generell wird in den Leitlinien zur Stabilisierung dieser Patienten Noradrenalin und Dobutamin erwähnt, eine eingehende Diskussion der Kreislaufstabilisierung des instabilen Patienten mittels differenzierter Katecholamintherapie bleibt in diesem Rahmen anderen Kapiteln dieses Buches überlassen.
Vasopressin
Vasopressin steigerte in tierexperimentellen CPR-Untersuchungen den myokardialen und den zerebralen Blutfluss, das zerebrale Sauerstoffangebot sowie die neurologische Regenerationsrate nach erfolgreicher CPR. In Vergleichen zwischen Vasopressin und Adrenalin konnte sowohl bei innerklinischem als auch bei außerklinischem Kreislaufstillstand kein Überlebensvorteil im Vergleich mit der Standard-Adrenalin-Therapie nachgewiesen werden (Mentzelopoulos et al. 2012). Wenn 20 IU Vasopressin mit 1 mg Adrenalin pro ACLS-Zyklus und einmalig 40 mg Methylprednisolon bei der CPR injiziert wurden, konnte die Klinikentlassung mit guter neurologischer Leistung signifikant gesteigert werden (Mentzelopoulos et al. 2013).
Ab einem bestimmten Zeitpunkt bestimmt wahrscheinlich die bei CPR Beginn vorliegende Ischämie weitaus mehr den Ausgang einer kardialen Reanimation als die Qualität jeglicher ärztlichen Therapie. Benötigt ein CPR-Patient überhaupt einen Vasopressor, spricht dies für eine ausgeprägte Ischämie dieser Patienten was sich in der hohen Mortalität dieser Patienten widerspiegelt (Nolan et al. 2012). Dies macht jedoch Vasopressorstudien sehr schwierig und führt entsprechend häufig nicht zu einem positiven Studienergebnis, wie es für Vasopressin auch gilt. Letztlich empfehlen die europäischen Leitlinien aufgrund des fehlenden Nachweises eines Vorteils die Verwendung von Vasopressin nicht. Nichtdestotrotz zeigte sich aber auch keine Unterlegenheit von Vasopressin gegenüber Adrenalin. Amerikanisch-pragmatische empfehlen daher die Leitlinien der American Heart Association, einer der bedeutendsten und ältesten Gesellschaft zur Erstellung von CPR Leitlinien, dass bei einer erfolglosen CPR die Applikation von 40 IU Vasopressin erwogen werden kann, wenn mit Adrenalin kein Spontankreislauf erreicht wird (Empfehlungsgrad 2b).
Antiarrhythmika
Die Datenlage für einen Nutzen beim Kreislaufstillstand ist sehr begrenzt. Kein während der CPR verwendetes Antiarrhythmikum wies bei der Erstellung der Leitlinien 2021 eine verbesserte Klinikentlassungsrate gegenüber Placebo auf. Allerdings konnte sowohl mit der Gabe von Amiodaron als auch Lidocain im therapierefraktären Kammerflimmern eine verbesserte Krankenhausaufnahmerate erzielt werden; in der Subgruppe der Patienten mit beobachteten Kreislaufstillstand zeigte sich sogar ein Überlebensvorteil für beide Substanzen. Daher wird der Einsatz von Amiodaron nach 3 erfolglosen Defibrillationen weiter empfohlen. Lidocain kann als Alternative erwogen werden.
Applikation von Antiarrhythmika
nach erfolglosem 3. Defibrillationsversuch, wenn VF/VT weiter bestehen, 300 mg Amiodaron (oder 100 mg Lidocain) i.v./i.o. bei Persistieren (weitere fünf Defibrillationen) oder Wiederauftreten von Kammerflimmern kann ein weiterer Bolus von 150 mg Amiodaron oder 50 mg Lidocain erwogen werden.
Kalzium
Da es keine klinischen Daten gibt, die einen positiven Effekt von Kalzium bei der CPR zeigen, sollte eine Injektion nur bei eindeutiger Indikation erfolgen. Dazu gehört eine Hyperkaliämie, Hypokalzämie oder Überdosis eines Kalziumkanalblockers.
Als Anfangsdosis werden 10 ml 10 %iges Kalziumchlorid gegeben, die, wenn nötig, wiederholt werden kann. Kalzium und Natriumbikarbonat dürfen nicht gleichzeitig infundiert werden, da die Gefahr von Ausfällung besteht.
Magnesium
Bei ventrikulärer oder supraventrikulärer Tachykardie mit Hypomagnesämie, „torsades de pointes“ oder Digoxintoxizität können 2 g Magnesiumlösung 50 % über 1–2 min appliziert werden. Eine Wiederholung ist nach 10–15 min möglich. Der Benefit einer Routineinjektion von Magnesium ist bei der CPR nicht erwiesen.
Atropin
Mehrere neue Studien konnten keinen Vorteil von Atropin bei Kreislaufstillständen zeigen. Es gibt daher keine wissenschaftliche Evidenz für eine Applikation von Atropin im Rahmen der CPR. Bei herztransplantierten Patienten kann sogar eine Asystolie ausgelöst werden.
Natriumbikarbonat
Bei einem Kreislaufstillstand kommt es zu einer kombinierten respiratorischen und metabolischen Azidose. Vorteile durch Pufferung mit Natriumbikarbonat konnten bisher in klinischen Studien nicht gezeigt werden. Daher wird die routinemäßige Infusion von Natriumbikarbonat bei der CPR oder bei Wiedereinsetzen eines Spontankreislaufs, die vor 20 Jahren sicher noch eine weitverbreitete Therapie war, nicht empfohlen; eine Erwähnung in den Leitlinien 2021 erfolgt im Kapitel ALS nicht mehr. Bei lebensbedrohlicher Hyperkaliämie und Kreislaufstillstand mit Hyperkaliämie findet der Einsatz von Natriumbikarbonat in den Unterkapiteln eine entsprechende Erwägung und kann erwogen werden. Bei diesen Indikationen kann Natriumbikarbonat in einer Dosierung von 50 mmol (50 ml einer 8,4 %igen Lösung) intravenös infundiert werden.
Kortikosteroide
Die Gabe von Kortikosteroiden unter Reanimation wird nicht empfohlen.
Thrombolyse
Große Studien zur Thrombolyse bei der CPR konnte keinen Überlebensvorteil dieser Maßnahme zeigen, aber auch keine wesentlichen Komplikationen. Daher wird eine routinemäßige Thrombolyse nicht empfohlen. Bei Verdacht auf eine akute Pulmonalembolie oder einen ST-Streckenhebungsinfarkt mit zu langem Zeitintervall bis zur perkutanen koronaren Intervention (PCI) kann diese Maßnahme erwogen werden. Nach einer Thrombolyse bei CPR mit Pulmonalembolie sollte mindestens 60–90 min weiter reanimiert werden, bevor die Reanimation beendet wird.
Flüssigkeiten
Zur Induktion einer Hypothermie nach einer Reanimation wurde noch vor einigen Jahren größere Mengen kalter Flüssigkeit gegeben, was zu erhöhten Raten an Lungenödemen und Re-Arrests führte. Ohne dass dies letztlich klinisch untersucht wurde, empfehlen die Leitlinien 2021 als Expertenkonsens eine zurückhaltende Flüssigkeitsgabe.

Koordination der Maßnahmen

Entscheidendes Moment einer erfolgreichen CPR Therapie ist die koordinierte Anwendung und Abstimmung der einzelnen Maßnahmen aufeinander. Auch bei den erweiterten CPR-Maßnahmen (Abb. 1) ist die möglichst ununterbrochene und effiziente Durchführung der Basis- CPR unerlässlich und entscheidende Erfolgsdeterminante. Beim Kreislaufstillstand wird nach der Diagnose sofort mit der Basis-CPR im Verhältnis 30 Thoraxkompressionen zu 2 Beatmungen begonnen. Nach der schnellstmöglichen EKG-Analyse erfolgt, bei einem defibrillationspflichtigen EKG Bild, eine einmalige biphasische Defibrillation. Ohne Abwarten einer EKG-Änderung wird die Basis-CPR fortgesetzt und erst nach 2 min erneut das EKG analysiert. Falls erforderlich, wird dann erneut einmalig defibrilliert; erst nach weiteren 2 min erfolgen, sofern nötig, eine 3. Defibrillation und die Vasopressorinjektion. Sollte ein nicht defibrillationspflichtiges EKG Bild vorliegen, sollte Adrenalin schnellstmöglich appliziert werden, sofern ein geeigneter Zugangsweg etabliert ist. Die EKG-Analysen und ggf. weitere Defibrillationen werden in 2-minütigem Abstand fortgesetzt sowie Adrenalin (1 mg) alle 3–5 min appliziert. Gegebenenfalls kann die Applikation weiterer Medikamente wie z. B. Amiodaron indiziert sein. Die Basis-CPR wird erst eingestellt, wenn ein ausreichender Spontankreislauf wieder hergestellt worden ist.
Intubation und Anlage eines venösen Zugangs sind unverzüglich nach der ersten EKG-Analyse anzustreben, dürfen jedoch die effiziente Basis-CPR nur im geringstmöglichen Umfang beeinträchtigen. Keinesfalls darf z. B. eine schwierige Intubation die Basis-CPR längere Zeit unterbrechen.
Bei der Durchführung der CPR-Maßnahmen sollten auch immer potenziell therapierbare Ursachen eines Kreislaufstillstandes bedacht werden, die im Algorithmus als vier Hs und HITS bezeichnet werden (Abb. 1, rechts unten; Darstellung s.u.).
Point Of Care Ultraschall (POCUS)
Eine zunehmende Bedeutung bei der CPR hat der Point of Care Ultraschall. Zweifelsfrei ist dessen Nutzen zum Beispiel bei der Detektion von z. B. Spannungspneumothoraces oder Herzbeuteltamponaden. Allerdings erfordert dieser eine ausreichende Expertise des Anwenders und ist sehr Untersucherabhängig. Zudem zeigen sich beispielsweise nicht selten eine Überinterpretation der Rechtskardialen Befunde im Sinne einer Überfüllung des rechten Ventrikels schon nach wenigen Minuten CPR, die gegebenenfalls als Folge einer Lungenembolie fehlinterpretiert werden könnte. Zudem erfordert ein transthorakaler Ultraschall eine kurze Unterbrechung der Thoraxkompressionen, so dass die Untersuchung bestenfalls möglichst parallel zur Rhythmusanalyse erfolgen sollte, um die Unterbrechung der Thoraxkompressionen bestmöglich zu minimieren. Letztlich fehlt dem Verfahren auch noch die Evidenz, so dass es beispielsweise keinesfalls als alleiniges Kriterium zum Abbruch von CPR Bemühungen aufgrund fehlender kardialer Kontraktilität herangezogen werden sollte.

Reanimation in besonderen Situationen

Dieser Abschnitt stellt ein eigenes ausführliches Kapitel der aktuellen CPR Leitlinien dar. Kernbestandteil sind die oben dargestellten 4 Hs und 4 Hits als potenziell reversible Ursachen einer CPR, die gezielt behandelt werden und daher bedacht werden sollten. Eine komplette Darstellung dieses Abschnittes der CPR Leitlinien sprengt den Rahmen dieses Kapitels. Daher sollen die wichtigsten Punkte hier in engster Anlehnung an die Leitlinien kurz diskutiert werden:
Hypoxie
Allgemeine Maßnahmen sind eine Öffnung des Atemweges und eine adäquate Ventilation, als Basisbestandteil jedweder CPR. In Situationen, in denen von einer Hypoxie als wahrscheinlicher Ursache des Kreislaufstillstandes ausgegangen werden kann, wobei einem Ertrinkungsopfer empfehlen die Leitlinien 2021 eine Vorschaltung von fünf Beatmungen vor Beginn der Thoraxkompressionen, um eine ausreichende pulmonale Oxygenierung zu erzielen.
Hpovolämie
Als Hauptursache werden in den Leitlinien 2021 das Trauma angeführt. Letztlich wird auf einen ausreichenden Flüssigkeitsbolus im Sinne einer Schocktherapie verwiesen.
Hypo/Hyperkaliaämie
Diese Elektrolytstörungen sollen bestmöglich in der Point of Care Analyse nachgewiesen werden. Elektrolytentgleisungen im Sinne einer Hypokaliäme können durch Kaliumgabe ausgeglichen werden (Höchstinfusionsmenge der Präparate und klinischen Bedarf beachten). Im Falle einer Hyperkaliämie empfehlen die Leitlinien ein sequenzielles Vorgehen: Zuerst empfehlen sie zur Verminderung der Wirkung der Hyperkaliämie auf das Herz, 10 ml Kalziumchlorid 10 % i.v. durch schnelle Bolus Injektion zu applizieren. Dies kann wiederholt werden, wenn der Kreislaufstillstand therapierefraktär ist oder länger anhält. Zudem empfehlen sie K+ nach intrazellulär zu verschieben, indem rasch 10 Einheiten lösliches Insulin und 25 g Glukose i.v. appliziert werden. (Blutzuckermonitoring und Gabe einer 10 %igen Glukoseinfusion, um eine Hypoglykämie zu vermeiden.) Durch rasche Gabe von 50 mmol Natriumbikarbonat i.v. (50 ml 8,4 %ige Lösung kann Kalium zudem nach intrazellulär verschoben werden). Bei therapierefraktärem hyperkaliämischen Kreislaufstillstand kann letztlich eine Notfalldialyse unter CPR erwogen werden (ERC 2021).
Hypothermie
Eine akzidentielle Hypothermie ergibt sich häufig schon aus der Auffindesituation; eine Temperaturmessung kann beweisend sein. Präklinischer Wärmeerhalt, Triage, schneller Transport in ein Krankenhaus und Wiedererwärmung werden als „Schlüsselinterventionen“ bezeichnet. Die Thoraxkompressions- und Beatmungsrate soll wie bei der Reanimation normothermer Patienten sein. Therapierefraktäres Kammerflimmern (VF) soll nach drei Defibrillationsversuchen erst wieder bei einer Kerntemperatur >30 °C defibrilliert werden. Bei einer Kerntemperatur <30 °C soll kein Adrenalin gegeben werden. Bei einer Kerntemperatur >30 °C sollen die Verabreichungsintervalle für Adrenalin auf 6–10 min verlängert werden. Bei akzidentieller Hypothermie soll, wenn irgend möglich, der Transport in eine Klinik mit extrakorporaler Erwärmungsmöglichkeit durchgeführt werden. Zur Prognoseeinschätzung raten die Leitlinien 2021 von einfacher Orientierung am Kaliumspiegel im Serum ab, sondern empfehlen validierte Score Systeme (HOPE- oder ICE- Score Bradley et al. 2018).
Herzbeuteltamponade
Die Diagnose der Herzbeuteltamponade kann im Point of Care Ultraschall gestellt werden. Eine ultraschallgezielte Perikardiozentese ist unmittelbar durchzuführen.
Intoxikation
Insgesamt handelt es sich um schwierig zu entdeckende Situationen (Umgebungsanamnese) und allgemein eine seltene Ursache für einen Kreislaufstillstand. Es gilt im besonderen Maße Eigenschutz zu beachten. Sollten Antidota zur Verfügung stehen, können sie angewendet werden. Allgemein hilft die frühzeitige Kontaktaufnahme zu den entsprechenden Vergiftungszentralen.
Thrombose (Kardial/Lungenarterienembolie)
Der koronare Verschluss im Sinne eines akuten Koronarsyndroms ist sicher die führende Ursache des Kreislaufstillstandes. Eine kausale Therapie, während der CPR ist letztlich zumindest präklinisch kaum möglich. Bei persistierender Wiederherstellung eines Spontankreislaufes empfehlen die Leitlinien eine umgehende Verlegung in ein Zentrum mit der Option der koronaren Intervention.
Die Lungenarterienembolie kann mittels Thrombolyse kausal therapiert werden. Hinweise können Anamnese (Immobilisation, Malignom, etc.) und ggf. die Situation vor dem Kreislaufstillstand geben. Der Kreislaufstillstand manifestiert sich üblicherweise als PEA. Niedrige endtidale CO2-Werte (unter 13 mmHg) obwohl per se unspezifisch können ein weiterer Hinweis sein. Die Leitlinien empfehlen: Erwägen Sie eine von qualifiziertem Personal durchgeführte Notfallechokardiographie als zusätzliches Diagnosewerkzeug. Verabreichen Sie Trombolytika bei Kreislaufstillstand, wenn eine Lungenarterienembolie die vermutete Ursache für einen Kreislaufstillstand ist. Wenn Trombolytika verabreicht wurden, sollen Sie die CPR-Versuche mindestens 60–90 min lang fortsetzen, bevor Sie die Wiederbelebungsversuche beenden.“ Dies dient dem Ziel eine ausreichende Einwirkzeit der Trombolytika auf den Thrombus zu erreichen.
Spannungspneumothorax
Auch hierbei handelt es sich um einen klinischen Verdacht, der mittels Ultraschalles oder Röntgen bestätigt werden kann. Bei begründetem Verdacht muss eine umgehende Entlastung erfolgen.
Schwangerschaft
Jenseits der 20. Schwangerschaftswoche, oder wenn der Uterus vier Zentimeter über dem Bauchnabel zu tasten ist, empfehlen die Leitlinien eine Linksverschiebung des Uterus und ggf. eine Linksseitenlage sofern darunter eine suffiziente CPR durchzuführen ist, um einem aortocavalen Uteruskompressionsyndroms vorzubeugen. Sollte ein sofortiger Spontankreislauf innerhalb von vier Minuten nicht herzustellen sein, wird ein Notfall-Kaiserschnitt mit dem Ziel den Fötus innerhalb von 5min nach dem Kollaps zu entbinden empfohlen (ERC 2021).

Beendigung der Reanimationsmaßnahmen

Die Diagnose des definitiven Hirntodes kann während der CPR nicht gestellt werden. Die Chancen, doch noch erfolgreich zu reanimieren, sind in der Regel dann gering, wenn auch nach 60 min dauernder CPR eine spontane elektrische Aktivität nicht zu erreichen ist, lediglich eine elektrische Aktivität mit verlangsamten Kammerkomplexen resultiert oder anhaltendes Kammerflimmern mit ständigen Amplitudenverlusten besteht. In diesen Fällen kann – mit bestimmten Einschränkungen – von einem definitiven Herztod ausgegangen werden. Die Vorhersage nicht erfolgreicher CPR-Versuche ist sehr komplex und daher sehr fehleranfällig. Deshalb kann keine allgemein gültige Entscheidungslinie gegeben werden. Das Einstellen der CPR ist eine individuelle Entscheidung des behandelnden Arztes, die aufgrund des initialen EKG-Rhythmus, ggf. der Durchführung von Laien-CPR, Eintreffzeiten der Rettungskräfte, dem Reanimationsverlauf und auch der Berücksichtigung der bisherigen Lebensqualität im Sinne des Patientenwunsches getroffen werden sollte. Ein Transport in die Zielklinik im mitteleuropäischen Notarztsystem ist unter laufender CPR – außer bei unterkühlten Patienten – medizinisch meist sinnlos. Abgesehen von seltenen, speziellen pathologischen Umständen (z. B. Hypothermie, Medikamentenintoxikation) gibt es auch im Krankenhaus keine speziellen Maßnahmen, mit denen ein vor Ort erfolglos reanimierter Patient in der Klinik erfolgreich wiederbelebt werden könnte. Eine rezente ECMO CPR Studie hat dies bestätigt (Suverein et al. 2023)

Postreanimationsphase

Unmittelbare Maßnahmen

In jedem Fall ist nach erfolgreicher Reanimation eine Intensivtherapie notwendig. Die Postreanimationsbehandlung hat einen wesentlichen Einfluss auf das neurologische Langzeitergebnis nach einem Kreislaufstillstand.
Die komplexen pathophysiologischen Vorgänge nach einem Kreislaufstillstand werden als „Post- Cardiac- Arrest- Syndrom“ zusammengefasst (Nolan et al. 2008). In der ersten Phase sind Patienten durch Hypotension, Herzrhythmusstörungen und ein vermindertes Herzzeitvolumen gefährdet. Das Ziel muss daher die intensivmedizinische Stabilisierung von Sauerstoffversorgung, Kreislauf und Metabolismus sein. Erste Maßnahmen sind auf der ventilatorischen Seite, sofern noch nicht erfolgt, eine adäquate Sicherung der Atemweg und eine Beatmung mit dem Zeil einer Aufrechterhaltung der spO2 von 94–98 %, und einer Normokapnie. Bezüglich der Kreislaufsituation muss, sofern noch nicht erfolgt, ein sicherer intravenöser Zugang etabliert werden; die Anlage einer arteriellen Kanüle ist zu empfehlen. Ein adäquater mittlerer arterieller Druck beträgt über 65 mmHg. Möglichst schnell ist außerdem ein 12 Kanal EKG zu schreiben, um die Patienten bei einer ST Hebung schnellstmöglich einer koronaren Intervention zuzuführen. Auch bei fehlender ST Hebung aber klinischem Verdacht auf eine koronare Genese des Kreislaufstillstandes ist eine solche Untersuchung zu überlegen. Eine Sedierung in den ersten 24 h nach einer CPR ist zwar nicht evidenzbasiert, bei der Durchführung einer therapeutischen Hypothermie jedoch zwingend notwendig. Diese sollte mit möglichst kurzwirksamen Substanzen durchgeführt werden, um rasch keinen Sedativa Überhang mehr zu haben. Insbesondere sollte die Sedierung bei der therapeutischen Hypothermie ausreichend tief sein, um Kältezittern zu unterdrücken. In therapierefraktären Situationen können dazu auch Muskelrelaxanzien erwogen werden. Kommt es in der Postreanimationsphase zu Krampfanfällen, sind diese effektiv und nachhaltig zu therapieren; Levetiracetam oder Natriumvalproat werden als Mittel der ersten Wahl empfohlen. Eine EEG-Kontrolle wird bei Krampfanfällen frühzeitig empfohlen. Der Blutzuckerspiegel sollte bei Patienten nach wiederhergestelltem Kreislauf auf Werte ≤10 mmol/l eingestellt werden, wobei Hypoglykämien zu verhindern sind (Padkin 2009). Zudem werden eine Stressulcus-Prophylaxe und eine Thromboseprophylaxe empfohlen. Eine generelle Antibiotikaprophylaxe wird nicht empfohlen.

Target Temperature Management oder therapeutische Hypothermie

Der Einsatz des Target Temperature Management zur Neuroprotektion hat sich nach erfolgreicher CPR seit den frühen 2000er-Jahren zu einem Standardverfahren entwickelt (Zeiner et al. 2000). So führt die strenge Kontrolle oder sogar Reduktion der Körpertemperatur über eine generelle Verlangsamung des Stoffwechsels der Hirnzellen nicht nur zu einer Herabsetzung des Glukose- und Sauerstoffverbrauchs, sondern auch zu einer verminderten Bildung freier Radikale. Außerdem hemmt eine milde Hypothermie direkt die Aktivität apoptoseinduzierender Proteasen (Caspasen) und stabilisiert die Mitochondrienfunktion.
Die Patienten sollten gemäß den Leitlinien unabhängig von dem initialen EKG Bild für mindestens 24 h auf eine konstante Körpertemperatur von 32–36 °C gehalten werden. Ein Nachweis der Überlegenheit einer milden therapeutischen Hypothermie konnte im Rahmen der in diesem Zusammenhang bekanntesten TTM Studie nicht erbracht werden (Nielsen et al. 2013). Ein Fieber ist für mindestens 72 h nach erfolgreicher CPR zu vermeiden; die Wiedererwärmung sollte langsam erfolgen. Aufgrund fehlender evidenzbasierter Daten können bei therapeutischer Hypothermie 0,25–0,5 °C Erwärmung pro Stunde angesetzt werden; überschießende Temperatursteigerungen sind in jedem Fall zu vermeiden. Im Rahmen der Leitlinien 2015 ist eine deutliche Tendenz zu einem 36 Grad Ziel festzustellen, wobei es dabei in einer Registerstudie sogar zu einem fraglichen Anstieg der Mortalität gekommen sein soll. Letztlich ist die optimale TTM Temperatur auch nach 20 Jahren weiter nicht eindeutig bestimmt und Gegenstand weiterer aktueller Studien (Dankiewicz et al. 2019).
Zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur können verschiedene Maßnahmen wie externe Kühlung, Einsatz entsprechender Kühlkatheter oder sogar extrakorporale Kühlverfahren zum Einsatz kommen. Die Infusion größerer Mengen kalter Infusionslösungen wird aufgrund erhöhter Rate von Lungenödemen nicht mehr empfohlen (Kim et al. 2014).
Der Einsatz von therapeutischer Hypothermie kann mit Komplikationen verbunden sein, deren Ausmaß vom Grad der Hypothermie und der klinischen Überwachung der Patienten abhängt. So kann es zu Shivering mit gesteigertem Metabolismus, erhöhtem systemischem Gefäßwiderstand, Arrhythmien, Elektrolytstörungen, vermehrter Diurese, gestörter Insulinregulation, Störungen der Blutgerinnung und erhöhten Infektionsraten kommen. Eine intensivmedizinische Überwachung mit strikter Kontrolle des Wasser- und Elektrolythaushaltes sowie des Blutzuckerspiegels sollte durchgeführt werden.

Prognosestellung nach CPR

Einer besonders sorgfältigen Abwägung obliegt die neurologische Prognosestellung nach initial erfolgreicher CPR, sofern die Patienten nicht selbstständig erwachen. Jede Fehldiagnose in einem solchen Setting mit der Folge einer Therapiezieländerung hätte katastrophale Folgen. Allein eine falsch pessimistische Prognose könnte die Gefahr einer „selbsterfüllenden Prophezeihungsverzerrung“ nach sich ziehen. Im Sinne einer möglichst hohen Spezifität steht daher die zeitliche Rückstellung der entsprechenden Diagnostik: so soll nach therapeutischer Hypothermie frühestens nach 72 Stunden und definitivem Ausschluss eines Sedativaüberhangs eine Evaluation erfolgen. Allgemein ungünstige Prognosefaktoren in dieser Phase sind sofern mindestens zwei davon auftreten: fehlende Pupillen- oder Kornealreflexe, beidseitig fehlende N20 Welle in somatisch evozierten Potentialen, hochgradig malignes EEG bei >24 h, NSE >60 myg/l bei 48 oder 72 Stunden, ein Status Myoklonus oder diffuse und ausgedehnte anoxische Schädigungen im CT/MRT des Gehirns. Letztlich handelt es sich bei der Prognosestellung um ein multimodales Vorgehen im Rahmen einer intensivneurologischen Beurteilung und gehört in entsprechend fachärztlich versierte Hände. Bei vorhandenem Rehabilitationspotential ist dies durch Initiierung der entsprechenden Rehabilitationsmaßnahmen zu forcieren.

Koordination der intensivmedizinischen Maßnahmen

Die oben dargestellte komplexe intensivmedizinische Behandlung stellt die aufnehmenden Kliniken vor einen hohen organisatorischen Aufwand. Entsprechend erscheint es plausibel, dass eine solche Therapie in entsprechend leistungsfähige Kliniken gehört. Ein Konzept, die Versorgung dieser Patienten auf einem bestmöglichen Niveau zu sichern, ist die Etablierung sogenannter „Cardiac Arrest Center“. Als Mindestanforderung müssen sie neben anderen über ein rund um die Uhr verfügbares Herzkatheterlabor, eine Notaufnahme, eine Intensivstation und bildgebende Verfahren wie Echokardiografie, CT und MRT verfügen. In diesem Zusammenhang geben die Leitlinien 2021 eine schwache Empfehlung aus, erwachsene Patienten in einem solchen Zentrum zu behandeln.

Zukunft

Seit der Wiederentdeckung der CPR Anfang der 1950er-Jahre sind mit extrem hohem Aufwand, verschiedene Medikamente, Kompressionstechniken und andere Reanimationsstrategien untersucht worden. Man muss aber anmerken, dass die heutigen Leitlinien nicht sehr stark von den Vorschlägen zur Optimierung der CPR abweichen, die Peter Safar in den 1950er-Jahren erstellt hat (Safar 1989).
Die Enttäuschungen über mangelnde Effizienz neuer CPR-Strategien konnten in vielen klinischen Studien gezeigt werden, wenn man als Zielgröße die Krankenhausentlassungsrate zugrunde legt. Die diesem Phänomen zugrunde liegenden Mechanismen sind wahrscheinlich eine Kombination aus einer letztendlich sekundär nicht zu überlebenden vorbestehenden Ischämiedauer und einer mangelhaften CPR-Qualität sein. In einer US-Studie hatten Überlebende eines Kreislaufstillstands eine vergleichbare Lebenserwartung wie nicht reanimierte, alters- und morbiditätsgematchte Patienten, was eine prinzipiell gute Prognose nach einer CPR bestätigt. Entscheidend waren aber hier die Details der CPR-Strategie: Nur ca. 1/4 der überlebenden CPR-Patienten benötigte eine Injektion von Adrenalin; alle anderen Patienten bekamen bereits bei der Durchführung der Basis-CPR-Maßnahmen wie Thoraxkompressionen und Beatmung einen Spontankreislauf. Dies deutet darauf hin, dass die „besten“ CPR-Patienten sehr schnell einen Spontankreislauf wiedererlangen. Benötigt ein Patient einen Vasopressor, so ist die Prognose wahrscheinlich deutlich schlechter. (Nolan et al. 2012)
In den letzten 15 Jahren wurden spezielle technische Hilfsmittel (weiter)entwickelt, die eine qualitativ hochwertig CPR garantieren und damit die Hämodynamik sowie das Outcome der Patienten verbessern sollten. Letztlich konnte keine Überlegenheit dieser automatisierten CPR Geräte gezeigt werden, so dass auch in den Leitlinien 2021 ihre Verwendung nur in ausgesuchten Situationen wie beispielsweise bei unzureichenden Zugangsmöglichkeiten zu den Patienten empfohlen werden. Anwendungsgebiete solcher Geräte könnten zudem die innerklinische CPR während der PCI, CT-Untersuchungen sein. Ebenso könnten sie präklinisch z. B. eine adäquate CPR während des Transports im Rettungswagen sicherstellen.
Eine derzeit intensiv propagierte Strategie mit möglichem Zukunftspotenzial ist die Etablierung einer extrakorporalen Kreislaufunterstützung (eCPR) mittels entsprechender venös-arterieller Pumpensysteme. Die Leitlinien empfehlen diese jedoch bei letztlich mangelnder Evidenz nur zur Verwendung bei ausgesuchten Patienten und in besonderen Situationen (z. B. hypothermer Arrest), wenn herkömmliche ALS Maßnahmen fehlschlagen. Hier wird die Zukunft zeigen, ob angesichts des beträchtlichen logistischen Aufwandes die eCPR eine breitere Verwendung finden wird.
Literatur
Bradley SM, Liu W, McNally B et al (2018) Temporal trends in the use of therapeutic hypothermia for out-of-hospital cardiac arrest. JAMA Netw Open 1(7):e184511. h
Chan PS, Jain R, Nallmothu BK et al (2010) Rapid response teams: a systematic review and meta-analysis. Arch Intern Med 170:18–26CrossRefPubMed
Dankiewicz J, Cronberg T, Lilja G et al (2019) Targeted hypothermia versus targeted Normthermia after out-of-hospital cardiac arrest (TTM2): a randomized clinical trial-rationale and design. Am Heart J 217:23–31CrossRefPubMed
Delguercio LR, Feins NR, Cohn JD et al (1965) Comparison of blood flow during external and internal cardiac massage in man. Circ 31(Suppl 1):171–180
ERC (2021) Reanimationsleitlinien. Notfall Rettungsmed 24:271–773
Kilgannon JH, Jones AE, Shapiro NI et al (2010) Association between arterial hyperoxia following resuscitation from cardiac arrest and in-hospital mortality. JAMA 303:2165–2171CrossRefPubMed
Kim F, Nichol G, Maynard C et al (2014) Effect of prehospital induction of mild hypothermia on survival and neurological status among adults with cardiac arrest: a randomized clinical trial. JAMA 3311:45–52CrossRef
Mentzelopoulos SD, Zakynthinos SG, Siempos I et al (2012) Vasopressin for cardiac arrest: meta-analysis of randomized controlled trials. Resuscitation 83:32–39CrossRefPubMed
Mentzelopoulos SD, Malachias S, Chamos C, Konstantopoulos D, Ntaidou T, Papastylianou A, Kolliantzaki I, Theodoridi M, Ischaki H, Makris D, Zakynthinos E, Zintzaras E, Sourlas S, Aloizos S, Zakynthinos SG (2013) Vasopressin, steroids, and epinephrine and neurologically favorable survival after in-hospital cardiac arrest: a randomized clinical trial. JAMA 310(3):270–279CrossRefPubMed
Nielsen N, Wetterslev J, Cronberg T et al (2013) Targeted temperature management at 33°C versus 36°C after cardiac arrest. N Engl J Med 369:2197–2206CrossRefPubMed
Nolan JP, Neumar RW, Adrie C et al (2008) Post-cardiac arrest syndrome: epidemiology, pathophysiology, treatment, and prognostication. A scientific statement from the International Liaison Committee on Resuscitation; the American Heart Association Emergency Cardiovascular Care Committee; the Council on Cardiovascular Surgery and Anesthesia; the Council on Cardiopulmonary, Perioperative, and Critical Care; the Council on Clinical Cardiology; the Council on Stroke. Resuscitation 79:350–379CrossRefPubMed
Nolan JP, Soar J, Wenzel V, Paal P (2012) Cardiopulmonary resuscitation and management of cardiac arrest. Nat Rev Cardiol 9(9):499–511CrossRefPubMed
Nolan JP et al (2020) Executive Summary: 2020 International consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care science with treatment recommendations. Circulation 142(16_suppl_1):S2–S27
Olasveengen TM, Mancini ME, Perkins GD et al (2020) Adult basic life support: 2020 international consensus on cardiopulmonary resuscitation and emergency cardiovascular care science with treatment recommendations. Circulation 142:S41–S91CrossRefPubMed
Padkin A (2009) Glucose control after cardiac arrest. Resuscitation 80:611–612CrossRefPubMed
Pokorna M, Necas E, Kratochvil J et al (2010) A sudden increase in partial pressure end-tidal carbon dioxide (PETCO2) at the moment of return of spontaneous circulation. J Emerg Med 38:614–621CrossRefPubMed
Safar P (1989) History of cardiopulmonary-cerebral resuscitation. In: Kaye WBN (Hrsg) Cardiopulmonary resuscitation. Churchill Livingston, New York, S 1–53
Suverein MM et al (2023) Extracorporeal CPR for cardiac arrest. N Engl J Med 388:299–309
White L, Rogers J, Bloomingdale M et al (2010) Dispatcher-assisted cardiopulmonary resuscitation: risks for patients not in cardiac arrest. Circulation 121:91–97CrossRefPubMed
Zeiner A, Holzer M, Sterz F et al (2000) Mild resuscitative hypothermia to improve neurological outcome after cardiac arrest. A clinical feasibility trials. Hypothermia after Cardiac Arrest (HACA) Study Group. Stroke 31:86–94CrossRefPubMed