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Epizoonosen

Verfasst von: Michael Binder
Zahlreiche Hauterkrankungen werden durch Gliederfüßer (Arthropoden) verursacht. Etwa 80 % aller rezenten Tierarten werden den Arthropoden zugeordnet. Sie sind morphologisch durch ihre bilaterale Symmetrie, die Segmentierung und gelenkige Beine charakterisiert. Aus medizinischer Sicht besonders bedeutsame Klassen sind die Insekten (Insecta) und Spinnentiere (Arachnida). Die Morphologie der Epizoonosen ist vielfältig. Es kann sich dabei um auf und in der Haut lebende permanente Ektoparasiten handeln oder um Parasiten, die den Menschen zufällig, möglicherweise auch als Fehlwirt, befallen. Unter den Epizoonosen werden aber auch Schädigungen durch tierische Toxine verstanden, die als individuelle oder soziale Abwehrwaffen von Insekten wie Hautflüglern, Käfern und Schmetterlingsraupen, von Spinnen, Skorpionen sowie Hundert- bzw. Tausendfüßern eingesetzt werden. Manche Parasiten infestieren den Menschen, indem sie ihre Eier in oder auf die Haut legen, während sich die Larven im Gewebe entwickeln.

Einführung

Epizoonosen sind durch Arthropoden hervorgerufene Hauterkrankungen. Arthropoden sind im Tierreich der größte Stamm (Phylum), dem etwa 80 % aller bekannten Tierarten angehören. Sie sind morphologisch durch ihre bilaterale Symmetrie, die Segmentierung und die gelenkigen Beine charakterisiert.
Verschiedene medizinisch bedeutsame Klassen gehören den Arthropoden an, allen voran die Insekten (Insecta) und die Spinnentiere (Arachnida) mit den Milben und Zecken (Acari), den Spinnen (Araneae) und den Skorpionen (Scorpiones). Dagegen sind Krebse (Crustacea), Hundertfüßer (Chilopoda) und Tausendfüßer (Diplopoda) von untergeordneter medizinischer Bedeutung.
Die Verursacher und die Formen der Epizoonosen sind vielfältig. Es kann sich dabei um auf und in der Haut lebende permanente Ektoparasiten handeln oder um Parasiten, die den Menschen zufällig, möglicherweise auch als Fehlwirt, befallen. Dabei wird der Mensch nur zu einer kurz dauernden Blutmahlzeit aufgesucht. Wenn die Stichreaktion auftritt, ist der Parasit bereits nicht mehr auffindbar (temporär akzidentelle Ektoparasiten). Unter den Epizoonosen werden aber auch Schädigungen durch tierische Toxine verstanden, die als individuelle oder soziale Abwehrwaffen von Insekten wie Hautflüglern (Hymenoptera), Käfern (Coleoptera) und Schmetterlingsraupen (Lepidoptera), von Spinnen (Araneae), Skorpionen (Scorpiones) sowie Hundertfüßern (Chilopoda) und Tausendfüßern (Diplopoda) eingesetzt werden. Die permanenten Ektoparasiten zeigen eine hohe Adaptation an den Menschen und ein sehr schmales Wirtsspektrum. Die Parasiten sind auf oder im menschlichen Integument nachweisbar. Aus der Klasse der Insekten sind dies nur die Läuse mit der Kopflaus, Kleiderlaus und Filzlaus, aus der Klasse der Arachnida die Milbenspezies Sarcoptes scabiei varietas hominis (Krätzemilbe) und Demodex folliculorum und brevis (Haarbalg- und Talgdrüsenmilben). Eine Zwischenstellung nimmt die Bettwanze ein, die zwar in enger Vergesellschaftung mit dem Menschen in dessen Wohnung lebt, ihn aber nur zu regelmäßigen Blutmahlzeiten aufsucht.
Andere Parasiten infestieren den Menschen, indem sie ihre Eier in oder auf die Haut legen. Die Larven (Maden) entwickeln sich im Gewebe (furunkulöse Dermatomyiasis).
Die Erreger temporär akzidenteller Parasitosen haben ein sehr breites Wirtsspektrum, können auf verschiedensten Wirten parasitieren und treffen beim Menschen oft auf einen Fehlwirt, sie sterben nach der Blutmahlzeit ab.
Sowohl permanente als auch eine große Zahl temporär akzidenteller parasitärer Insekten und Milben wie die Pelzmilben, Raubmilben, Herbstmilben, Käfermilben und Zecken schädigen den Menschen durch den Stich ihrer stechend-saugenden Mundgliedmaßen, der zu juckenden, schmerzhaften Reaktionen Anlass gibt. Zoologisch korrekt ist immer von einem Insektenstich, Milbenstich oder auch Zeckenstich zu sprechen und nicht von einem Biss. Stiche und Bisse werden in der Verteidigung als soziale oder individuelle Verteidigungswaffe eingesetzt. So besitzen gewisse Ameisenarten einen Giftstachel wie die übrigen Hymenopterengattungen (Bienen und Wespen), während andere Ameisenarten mit beißenden Mundwerkzeugen eine Verletzung setzen können, die mit Ameisensäure bespritzt wird. Die Stichreaktion durch den Giftstachel der Skorpione ist bekannt, Hundertfüßer beißen mit Mandibeln, an deren Basis eine Giftdrüse sitzt, ähnlich wie bei den meisten Spinnen. Käferarten und Tausendfüßer scheiden Kontaktgifte wie Cantharidin aus.
Epizoonosen sind im gemäßigten Klima viel seltener als in den Tropen. Auch sind die hygienischen Verhältnisse entscheidend; mangelhafte Körperpflege und enger Wohnraum begünstigen Parasiten. Allerdings haben weltweiter Reiseverkehr und verstärkte Promiskuität, vielleicht auch immunologisch-epidemiologische Gründe in den letzten Jahren wieder eine Zunahme von Epizoonosen auch in Mitteleuropa bewirkt. Sie dürfen in der Abklärung von Pruritus differenzialdiagnostisch keinesfalls übersehen werden.

Insekten (Insecta)

Permanente parasitäre Insekten

Pedikulose

Synonyme
Pediculosis, Läusebefall
Erreger
Permanente Ektoparasiten ausschließlich des Menschen sind drei Arten der Familie der Tierläuse (Anoplura):
  • Kopflaus: Pediculus humanus capitis (Abb. 1)
  • Kleiderlaus: Pediculus humanus corporis
  • Filzlaus: Phthirus pubis
Läuse besitzen drei kräftige, mit Krallen versehene Beinpaare. Die befruchteten Weibchen kleben mit einem wasserunlöslichen Kitt aus genitalen Anhangsdrüsen ihre 80–100 Eier, die etwa 0,8 mm langen ovalen Nissen, an die Kopf- oder Schamhaare (Kopf-, Filzläuse) oder in die Säume der Wäsche (Kleiderläuse). Die Läuselarven schlüpfen nach etwa 8 Tagen, durchlaufen drei Häutungen und sind nach 2–3 Wochen geschlechtsreif. Läuse sind obligat hämatophag, das heißt, sie benötigen für die Eiablage eine Blutmahlzeit. Sie stechen alle paar Stunden und saugen Blut. Läuse können bis zu 1 Woche hungern.
Pediculosis capitis
Epidemiologie
Epidemiologische Untersuchungen zur Prävalenz zeigen beträchtliche Schwankungsbreiten. Weltweit werden mehr als 100 Mio. Infestationen pro Jahr vermutet. In den USA schätzt man jährlich 6–12 Mio. Infestationen mit Kopfläusen. Bei Schuleingangsuntersuchungen in Deutschland (2007) wurde eine Inzidenz von etwa 6 % geschätzt.
Ätiopathogenese
Die Kopflaus (Pediculus humanus capitis) ist 2,5–4 mm lang. Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt von Mensch zu Mensch. Kinder und Individuen mit langen Haaren werden deshalb bevorzugt befallen. Leben in engen Wohnverhältnissen wirkt begünstigend. Nicht selten kommt es zur Entwicklung kleiner Endemien in Kindergärten oder Schulen.
Klinik
Hauptsitz ist das Kapillitium (Bart- und Schamhaare sind nur selten befallen) (Abb. 2). Am behaarten Kopf ist besonders die Retroaurikularregion betroffen. Kopfläuse nehmen alle 2–3 h durch Stich Blut auf. Die reaktiven Hauterscheinungen werden erst nach Stunden oder mehreren Tagen bemerkt. Es entwickeln sich hochrote, stark juckende urtikarielle Papeln als Reaktion auf den Läusespeichel. Im Nacken entsteht oft das typische stark zerkratzte Läuseekzem, das häufig bakteriell sekundärinfiziert wird (Abb. 3). Die eitrige Sekretion führt zu starker Verkrustung und Verklebung der Haare. Die Sekundärinfektion bedingt eine schmerzhafte Lymphadenitis okzipital und am Hals, die zur Abszedierung neigt.
Differenzialdiagnose
Kopfekzem, Impetigo contagiosa, Tinea amiantacea, Psoriasis capillitii, seborrhoisches Ekzem der Kopfhaut, weiße Piedra sind zu unterscheiden.
Diagnostisches Vorgehen
Erheblicher Juckreiz kann bereits durch wenige Läuse hervorgerufen werden. Findet man keine Läuse, sucht man nach Nissen. Diese schuppenartig an den Haaren klebenden, ovalen, 0,8 mm langen Eier stecken in einer Chitinhülle. Sie sitzen zunächst nahe dem Haarboden und bewegen sich durch das Wachstum der Haare zur Haarspitze. Der Deckel auf der Nisse fehlt dann, die Eihüllen sind leer. Nissen lassen sich im Gegensatz zu Kopfschuppen nicht vom Haar abstreifen, sie sind fest angeklebt. Prädilektionsstellen sind die Haarpartien hinter den Ohren. Bei Verdacht werden die Haare hinter den Ohren seitlich hochgehoben und die Nissen gesucht. Die Läuse selbst findet man wegen ihrer ausgeprägten Lichtscheu nur schwerlich. Juckreiz des behaarten Kopfs, Kopf- und Nackenekzem mit Impetiginisation müssen den Arzt an Kopfläuse denken lassen. Zur möglichst sicheren Erkennung einer aktiven Lausinfestation ist nasses Auskämmen des Haares die Methode der Wahl und führt zu einer signifikant besseren Identifizierung von mobilen Lausstadien (90 % Erkennungsrate versus 29 % bei rein visueller Inspektion).
Therapie
Nicht nur die Läuse, sondern auch die Embryonen in den Nissen müssen abgetötet werden. Zur Verfügung stehen die synthetischen Pyrethroide Allethrin (in Kombination mit Piperonylbutoxyd) und Permethrin sowie die insektiziden Inhaltsstoffe des aus Chrysanthemum cinerariaefolium gewonnenen Pyrethrums. Lindan (γ-Hexachlorocyclohexan) wurde im Jahr 2008 EU-weit vom Markt genommen.
Seit 2007 ist Dimeticon (Polydimethylsiloxan, PDMS) als Medizinprodukt zur Lokaltherapie gegen Kopfläuse zugelassen; die 4 %ige Lösung ist ein Silikonderivat. Seine Wirkungsweise ist physikalisch, indem die Substanz die Parasiten mit einem dünnen Film überzieht, die Stigmata verschließt und somit zum Tod führt. Im Gegensatz zu den chemischen Insektiziden wirkt Dimeticon sehr rasch, kann in allen Altersgruppen und auch bei Schwangeren und Stillenden eingesetzt werden. Aufgrund der physikalischen Wirkungsweise ist die Entwicklung von Resistenzen nicht zu befürchten. Die hohe klinische Wirksamkeit von >95 % Eradikation ist inzwischen in randomisierten Studien belegt.
Pyrethroide und Pyrethrum sind in verschiedenen Applikationsformen als Arzneimittel zugelassen. Diese Substanzen blockieren als Neurotoxine die Natriumkanäle und führen so zu einer Überstimulierung des Nervensystems der Parasiten. Die Toxizität bei Menschen und Säugetieren ist deutlich geringer, die Anwendung und Verträglichkeit als allgemein sicher anerkannt. Vorsicht ist bei Patienten mit bestehender Allergie gegen Chrysanthemen und Ragweed gegeben. Hier wurde in einigen Fallberichten über Asthmaanfälle und allergische Kontaktdermatitis berichtet.
Kontraindikationen für die Anwendung von Insektiziden sind Schwangerschaft und Stillzeit sowie aufgrund von anekdotischen Berichten das Vorliegen eines multiplen chemischen Sensitivitätssyndroms (MCS). Durchaus erwähnenswert ist die hohe Toxizität von Permethrin besonders auf Katzen.
Aus zahlreichen Ländern werden zunehmend Resistenzen gegenüber Kopflausbehandlungen mit Insektiziden berichtet. Der molekulare Mechanismus ist der Resistenz gegen Pyrethrin und Pyrethroide ist inzwischen aufgeklärt und beruht auf einer Punktmutation im Bereich der α-Untereinheit der neuronalen Natriumkanäle.
Weitere Empfehlungen
Begrenzte Endemien in Familien, Kindergärten oder Schulen sind nicht selten. Eine vorsorgliche Behandlung von Kontaktpersonen wird von Experten nicht grundsätzlich empfohlen. Auf jeden Fall sollten unter Verdacht einer Infestation stehende Personen sorgfältig untersucht werden (Nasskämmen). Wahrscheinlich sind Rezidive durch Reinfektionen häufiger als wirkliche Therapieversager aufgrund von Resistenzen.
Zur möglichst vollständigen Eradikation empfiehlt das Robert Koch-Institut folgendes Vorgehen (2008):
  • Tag 1: Behandlung mit einem Insektizid – im Anschluss nass kämmen
  • Tag 5: Nass kämmen – zur Reduktion inzwischen frisch geschlüpfter Larven
  • Tag 8, 9 oder 10: Erneute Behandlung mit einem Insektizid – zur Abtötung spät geschlüpfter Larven
  • Tag 13: Nass kämmen
  • Tag 17: Abschließende Kontrolle durch nasses Kämmen
Obsolet, ungeprüft oder sogar schädigend sind heißes Föhnen der Kopfhaut, die Anwendung von ätherischen Ölen oder zum Beispiel Mayonnaise.
Schulen und Kindergärten verlangen oft die „Nissenfreiheit“ zur Wiederzulassung des Besuchs dieser Einrichtungen. Die Sinnhaftigkeit dieser Regelungen kann nach Durchführung einer effizienten Therapie durchaus diskutiert werden. Zur Diagnose aber auch Entfernung von verbliebenen Nissen eignen sich spezielle Laus- und Nissenkämme.
Kleidung, Bettzeug und insbesondere Mützen, Kämme oder Bürsten sind bei zumindest 60 °C zu waschen. Als Alternative bietet sich die Lagerung der Kleidung in abgeschlossenen Plastiksäcken für mindestens 3 Tage bei Raumtemperatur an. Nur 2 Tage bei −10 °C sind zur sicheren Abtötung notwendig. Adulte Kopfläuse müssen mehrfach täglich Blut saugen, ohne Wirt sterben sie innerhalb von 48–55 h ab (Takano-Lee et al. 2005).
Pediculosis corporis
Ätiopathogenese
Die Kleiderlaus (Pediculus humanus corporis) ist mit 3–4,5 mm Länge etwas größer als die Kopflaus; ferner sind die Hinterleibsegmente nicht so scharf eingekerbt (Abb. 4). Sie kommen unter geordneten sozialen Verhältnissen nur selten vor, sind aber bei Menschen ohne festen Wohnsitz häufiger und in Kriegs- und Elendszeiten verbreitet, nicht selten gleichzeitig mit Kopfläusen und Filzläusen. Die Tiere sitzen nicht am Körper, sondern in der getragenen Kleidung. Die Nissen werden rosenkranzartig an die inneren Säume der Kleider geklebt. Kleiderläuse vermehren sich sehr rasch.
Klinik
Der Stich bleibt zunächst unbemerkt, das Speichelsekret führt zu Rötung, Quaddeln und Knötchen mit sehr starkem Juckreiz. Die Haut ist bald übersät von strichförmigen Kratzeffekten, die oft sekundär impetiginisiert werden, lichenifiziert und auch hyperpigmentiert (Hämosiderin und Melanin). Die so entstandene Vagantenhaut (Cutis vagantium) weist außerdem zahlreiche helle Närbchen mit umgebender Depigmentierung auf (Abb. 5). Insgesamt ist dieses Bild recht charakteristisch.
Kleiderläuse übertragen Rickettsiosen wie Fleckfieber (Rickettsia prowazekii), Wolhynisches Fieber (Rickettsia quintana) sowie das Rückfallfieber (Borrelia recurrentis).
Kleiderläuse übertragen Rickettsiosen.
Differenzialdiagnose
Dermatitis herpetiformis, Ekzeme, Alterspruritus, diabetischer Pruritus, unspezifische Hautveränderungen bei Morbus Hodgkin sind abzugrenzen.
Diagnostisches Vorgehen
Der Befall wird durch den Nachweis von Kleiderläusen und Nissen in den Innennähten der Unterwäsche diagnostiziert.
Therapie
Die Wäsche wird ausgekocht oder durch spezielle Unternehmen entwest. Notfalls können Kontaktinsektizide in Sprayform verwendet werden. Kleiderläuse sterben bei 50 °C innerhalb weniger Minuten ab.
Phthiriasis
Ätiopathogenese
Die Filzlaus (Phthirus pubis) ist mit 1,5–2 mm Länge kleiner als die Kopf- und die Kleiderlaus und von breiter, trapezoider Gestalt (Abb. 6). Das 2. und 3. Beinpaar enden in ausgeprägten Klauen, mit denen sich die Laus in der Nähe des Haarbodens am Haar festhält. Filzläuse bewegen sich im Gegensatz zu den übrigen Läusearten kaum, sie sind daher schwerer zu erkennen. Auch vermehren sie sich nur langsam. Die Nissen sind leichter zu finden. Die Übertragung erfolgt bei engem körperlichem Kontakt, meist beim Geschlechtsverkehr, aber auch von den Eltern auf die Kinder, dann auf deren Wimpern. Ausbreitung über die Kleidung, Bettwäsche oder Handtücher kann vorkommen. Außerhalb des Körpers überleben Filzläuse nur kurz.
Klinik
Gebiete mit apokrinen Schweißdrüsen sind Lieblingssitz dieser Läuseart, wie die genitoanale Schambehaarung (Abb. 7), die Achselhaare, aber auch starke Behaarung von Brust und Bauch. Selten findet man Filzläuse bei Kleinkindern im Kapillitium, bei Kindern befallen sie fast ausschließlich Augenbrauen und Wimpern (Abb. 8). Der Juckreiz bei Phthiriasis ist nur mäßig und nachts meist stärker ausgeprägt. Kratzeffekte fehlen gewöhnlich. Als Folge der Filzlausstiche entstehen verwaschene, stahlblaue oder schieferfarbene, linsen- bis fingernagelgroße Flecken, die Maculae coeruleae (tâches bleuâtres). Sie entstehen aus kleinen Hämorrhagien mit intrakutanen Einlagerungen von Hämoglobinabbauprodukten unter dem Einfluss von Läusespeichel.
Diagnostisches Vorgehen
Die Maculae coeruleae in typischer Lokalisation, besonders am Unterbauch oder Oberschenkelansatz, sind wichtige diagnostische Hinweise. Beweisend ist der Nachweis der Läuse oder ihrer Nissen. Immer wenn über Juckreiz am Genitale oder den Axillen geklagt wird, muss eine Phthiriasis in Betracht gezogen werden. Die Filzläuse sind als kleine braune Punkte an den Haarbasen erkennbar. Alle paar Minuten kann eine zuckende Bewegung beobachtet werden.
Therapie
Sie erfolgt nach dem gleichen Schema wie bei Kopfläusen, wobei die Präparate Allethrin/Piperonylbutoxid und Pyrethrumextrakte infrage kommen. Bei stärkerer Körperbehaarung muss diese neben Scham- und Achselhaaren mitbehandelt werden. Wichtig sind die Untersuchung und Behandlung der Kontaktpersonen.
Die Behandlung des Befalls der Augenbrauen und Wimpern von Kleinkindern ist schwierig, da die genannten Präparate eine toxisch-irritative Konjunktivitis bewirken. Läuse und Nissen können aber einzeln mit einer Pinzette aus den Wimpern entfernt werden. Zur örtlichen Behandlung empfohlen werden in der Literatur auf anekdotischem Niveau einfaches weißes Vaselin (Rp. Vaselinum alb.), 0,5 % Malathion oder 4 % Pilocarpin-Gel.

Temporär akzidentelle parasitäre Insekten

Cimikose

Synonym
Cimicosis
Ätiopathogenese
Bei den Wanzen sind nur Arten der Familie Cimicidae hämatophage Ektoparasiten. Andere Arten stechen den Menschen zur Verteidigung oder bei temporär akzidentellem Kontakt (Tierwanzen).
Wichtig ist die Bettwanze (Cimex lectularius). Das Weibchen ist 5 mm lang und 3 mm breit, das Männchen kleiner. Die mit kurzen Borsten besetzten Wanzen sind nüchtern stark abgeplattet und von gelblich-transparenter Farbe; vollgesogen haben sie eine dunkelrote Farbe und sind aufgetrieben. Wanzen stinken, da Drüsen in der Nähe des dritten Beinpaars ein widerlich riechendes Sekret absondern. Das Weibchen legt täglich 2–3 Eier, die sich in 1–2 Monaten über fünf Larven- beziehungsweise Nymphenstadien zum Adulttier entwickeln. Die lichtscheuen Bettwanzen verkriechen sich tagsüber in dunkle Ritzen von Wänden, Möbeln, Fußböden, hinter Bilder, in elektrischen Schaltern und Wandlampen. Hier nisten sie. Sie stellen sich in verwahrlosten Räumen ein und waren früher schwer zu beseitigen. Die modernen Insektizide haben dies geändert.
Der Mensch wird nachts aufgesucht, zunächst unbemerkt. In wenigen Minuten ist die Nahrungsaufnahme beendet. Bettwanzen saugen etwa einmal pro Woche Blut, können aber auch monatelang hungern. Das durch den Stich eingebrachte Speicheldrüsensekret erzeugt Juckreiz und führt zu Hautveränderungen, die zunächst meistens erheblich, nach Gewöhnung geringfügig sind oder sogar fehlen.
Klinik
Erstmals gestochene Menschen weisen an allen von der Nachtkleidung freigelassenen Körperteilen, so an Händen, Armen und Gesicht, vielfach gruppierte Quaddeln auf (Abb. 9). Ein Lidödem kann vorkommen. Die Stichreaktion ist aber stark vom Sensibilisierungsgrad des Wirts abhängig. So findet man im Zentrum der Quaddel beim wenig Sensibilisierten einen feinen hämorrhagischen Punkt, während die Stichreaktion beim hoch Sensibilisierten massiv hämorrhagisch verändert sein kann und angeschwollen mehrere Zentimeter groß erscheint. Besonders an den abhängigen Körperpartien können auch Bläschen und Blasen auftreten. Umwandlung in stark juckende, mehrere Tage bestehende Papeln kommt vor. Allmählich tritt eine Gewöhnung an die Wanzenstiche ein. Heftige Reaktionen bleiben dann aus. Schließlich bemerkt man nichts mehr von der Anwesenheit der Wanzen. Blutflecke und Wanzenkot in der Bettwäsche können Hinweise sein.
Differenzialdiagnose
Zu differenzieren sind Urticaria acuta, Prurigo simplex subacuta, Erythema exsudativum multiforme, Stiche anderer Insekten (Pulicosis).
Therapie
Die Hauterscheinungen behandelt man mit Lotio zinci (eventuell mit Zusatz von 2–4 % Polidocanol zur Juckreizdämpfung), Mentholspiritus (1 %), gegebenenfalls mit Glukokortikoidtinktur oder -creme. Der Wert der örtlichen Therapie mit Antihistaminika ist umstritten. Bei starkem Juckreiz können Antihistaminika innerlich eingesetzt werden. Wichtig ist die Vernichtung der Wanzen in den betroffenen Räumen durch Insektizide. Schlafen bei Licht kann präventiv wirksam sein.

Tropische Wanzen

Während Cimex lectularius in gemäßigten und subtropischen Zonen vorkommt, leben Cimex hemipterus oder Cimex rotundus in feucht-tropischem Klima. Erwähnt seien die geflügelten Raubwanzen, die vorwiegend in Südamerika vorkommen. Sie übertragen die gefürchtete, durch Trypanosoma cruzi hervorgerufene Chagas-Krankheit, welche nach langjähriger Infektion zu Megaorganen und lebensbedrohlichen Komplikationen führen kann (zum Beispiel Chagas-Karditis).

Flöhe (Siphonaptera)

Sie sind lateral stark abgeflachte, flügellose Insekten mit zahlreichen Arten, die ein breites Wirtsspektrum aufweisen. Die Wirte können Säuger oder Vögel sein: Menschenfloh (Pulex irritans), Hundefloh (Ctenocephalides canis), Katzenfloh (Ctenocephalides felis), Rattenfloh (Xenopsylla cheopis) oder Hühnerfloh (Ceratophyllus gallinae). Der Mensch wird heute meistens von Hunde- oder Katzenflöhen befallen. Es besteht eine ausgeprägte selektive Attraktivität des Wirts.
Pulikulose
Synonym
Pulicosis
Ätiopathogenese
Der Menschenfloh (Pulex irritans) ist 2–4 mm lang und vermag mit dem hintersten seiner drei Beinpaare, den Sprungbeinen, etwa 50 cm hoch und 60 cm weit zu springen. Wegen seiner Lichtscheu verkriecht er sich hinter Fußbodenleisten, in Möbelritzen und unter Teppichen. Früher war der Menschenfloh sehr häufig, heute ist er dank der Wohnungshygiene bei uns selten. Das Weibchen legt bis zu 500 Eier, aus denen sich über drei Larvenstadien und die Puppe, je nach Mikroklima in 3–6 Wochen, die Erwachsenenform, die Imago, entwickelt. Das Puppenstadium kann in unbewohnten Räumen bis zu 1 Jahr andauern; dann wird das Schlüpfen der Flöhe durch Bewegungen von möglichen Wirten im Raum ausgelöst. Die Lebensdauer von Menschenflöhen betrug in Gefangenschaft fast 1,5 Jahre, andere Arten lebten sogar 5,5 Jahre. Ein Floh kann mehrmals am Tag stechen und Blut saugen, er kann aber auch monatelang hungern. Nach dem Einstich der Mundwerkzeuge wird ein hyperämisierendes Sekret ausgeschieden, das gerinnungshemmende Substanzen enthält und damit die Nahrungsaufnahme erleichtert. Dieses Sekret bedingt aber auch die Stichreaktion.
Klinik
Flohstiche finden sich meist multipel in linearer oder unregelmäßig gruppierter Anordnung an bedeckten Körperstellen (Abb. 10). Die Multiplizität der Stichreaktionen entspricht den vielen versuchten Stichen des einzelnen infestierenden Flohs. Man findet erythematöse Quaddeln, die zentral den punktförmigen hämorrhagischen Einstich erkennen lassen, am besten unter Glasspateldruck (Purpura pulicosa) (Abb. 11). Seltener sind große Blasen, Letztere besonders an den unteren Extremitäten. Kinder können stark zerstochen sein und ein Exanthem aufweisen, das vom Strophulus infantum nicht zu unterscheiden ist. Gegenüber ähnlichen Exanthemen anderer Genese ist der zentrale Blutpunkt in fast jeder frischen Effloreszenz diagnostisch entscheidend.
Der tropische Rattenfloh kann den Erreger der Pest vom Nagetierreservoir auf den Menschen übertragen. In subtropischen Gebieten ist der Floh auch Überträger des Rattenfleck-Fiebers (Rickettsia mooseri). Der nordische Rattenfloh kann Ratten- und Zwergbandwürmer übertragen.
Differenzialdiagnose
Abzugrenzen sind akute Urtikaria, Strophulus infantum, Prurigo simplex acuta, Varizellen, andere Insektenstiche.
Therapie
Die Stiche und Hautveränderungen werden lokal behandelt, gegebenenfalls können systemisch Antihistaminika wie bei Wanzenstichen eingesetzt werden. Die Flöhe selbst werden durch die Insektizide abgetötet. Wichtig ist auch die Behandlung von Hunden und Katzen sowie ihrer Lagerstätten.
Insekten abweisende Einreibungen mit Repellents, vorzugsweise mit dem Wirkstoff DEET (N,N-diethyl-m-toluamide) oder Icaridin (Hydroxyaethyl-isobutyl-piperidine carboxylat), werden prophylaktisch empfohlen.
Tungiasis
(Staden 1556)
Der Sandfloh (Tunga penetrans), ein im tropischen Amerika und Afrika verbreiteter Parasit von Hunden und Katzen sowie anderen Säugetieren, ist nur etwa 1,5 mm lang. Die gesamte Entwicklung wird auf der Erdoberfläche (Sand, Staub) durchlaufen, nur das begattete Weibchen bohrt sich in die Haut der Pfoten beziehungsweise Füße ein.
Klinik
Beim Menschen werden die Fußsohlen, vor allem auch die Interdigitalräume und Subungualregionen der Zehen betroffen. Innerhalb von 7–14 Tagen erreicht der Parasit Erbsengröße. Das Hinterteil mit Atem- und Geschlechtsöffnungen und dem riesig angeschwollenen Uterus ragt aus der Haut hervor (Abb. 12). Nach Ausstoßung von bis zu 300 Eiern stirbt das Weibchen ab. Juckreiz, Sekundärinfektionen und Schmerzen sind die Folge. Pusteln, furunkuloide Abszesse, schmierige Ulzeration mit Lymphangitis und Gangrän komplizieren das Bild.
Differenzialdiagnose
An Tetanus und Gasbrand ist zu denken.
Therapie
Den Sandfloh entfernt man mit einer Nadel oder einer feinen Pinzette. Mit Äther, Terpentinöl oder Petroleum getränkte Tupfer töten den Sandfloh ab. Gelegentlich ist eine Exzision oder eine Stanzbiopsie notwendig. Bei eitriger Sekundärinfektion ist die systemische antibiotische Therapie indiziert. Bei schwerem Befall und multiplen Läsionen wurde in kleineren Untersuchungen die Wirksamkeit von topischen Ivermectin, Metrifonat oder Thiabendazol demonstriert. Auf jeden Fall ist eine Tetanusprophylaxe zu bedenken. Schuhwerk vermeidet den Sandflohbefall der Fußsohlen. Als pflanzliches Repellens konnte Zanzarin in einer interventionellen Studie die Infestation signifikant reduzieren.

Zweiflügler (Diptera)

Zu diesen gehören die Mücken (Nematocera) und die Fliegen (Brachycera). Medizinisch bedeutsame Mücken sind die verschiedenen Stechmückenfamilien (Culicidae) und die für die Übertragung der Leishmaniase wichtigen Schmetterlingsmücken (Psychodidae). Seltener sind die Stiche durch Kriebelmücken (Simuliidae) und Gnitzen (Ceratopogonidae). Die letzteren beiden Familien können in der Nähe fließender Gewässer zur Plage werden.
Zu den Fliegen (Brachycera) gehören die Bremsen (Tabanidae), die Echten Fliegen (Muscidae) mit den Stechfliegen (Stomoxys calcitrans) und den Lausfliegen (Hippoboscidae). Einige Vertreter von Fliegenfamilien legen ihre Eier in oder auf die intakte Haut oder auf Wunden und geben so zum Madenbefall (Myiasis) Anlass.

Stechmücken (Nematocera)

Klinik
Die Ausprägung der Stichreaktion durch Stechmücken hängt von der Sensibilisierung des Wirts ab, die sich im Laufe des Jahres und auch im Laufe des Lebens ändern kann (Abb. 13). Anergie kann den Stich unbeantwortet lassen, eine verzögert eintretende papulöse Stichreaktion, die über Tage persistieren kann, zeigt die beginnende Sensibilisierung an, während kombinierte initial urtikarielle Sofortreaktionen, gefolgt von einer verzögerten papulösen Reaktion, die fortgeschrittene Sensibilisierung anzeigen, bis diese nur noch eine urtikarielle Sofortreaktion auslösen lässt oder aber zur sekundären Toleranz führt. Als Komplikation kommt die Impetiginisation von Kratzeffekten vor. Gelegentlich entwickeln sich auch bis zu pflaumengroße pralle Blasen (Abb. 14), meist an zyanotischen Unterschenkeln. Diese Culicosis bullosa wurde früher in Unkenntnis der Ursache als Pemphigus hystericus bezeichnet. Allerdings können Stichreaktionen durch alle möglichen anderen Insektenarten am Unterschenkel bullös verlaufen. Selten sind über die gewöhnliche Stichreaktion hinausgehende örtliche oder allgemeine allergische Reaktionen.
In den Tropen haben verschiedene Stechmücken hohe medizinische Bedeutung als Überträger von gefürchteten Krankheiten. So übertragen Arten der Gattung Anopheles die Malaria und Filariosen, andere Stechmücken unter anderem Gelbfieber, Dengue-Fieber, Pappataci-Fieber, Schlafkrankheit und wichtige Tierseuchen. Schmetterlingsmücken (Psychodidae) übertragen die Leishmaniase.
Therapie
Wie bei Wanzenstichen werden auch hier Repellenzien zur Vorbeugung eingesetzt.

Fliegen (Brachycera) und Bremsen (Tabanidae)

Sie gehören zu den häufigsten und am besten bekannten stechenden Brachyceraarten unserer Breiten. Die Blutmahlzeit dauert ungestört mehrere Minuten. Bremsen stechen nach dem Aufsetzen sofort zu, der Einstich ist manchmal als feiner stechender Schmerz spürbar. Die Stichreaktion tritt obligat auf, eine individuelle Reaktionsbereitschaft besteht nicht. Nach dem Stich entsteht eine urtikarielle Quaddel von etwa 1 cm Durchmesser, die während 15 min noch zunimmt und nach 1 h vollständig verschwindet. Bremsen können Bacillus anthracis und Francisella tularensis übertragen.
Echte Fliegen (Muscidae)
Die gewöhnliche Stubenfliege (Musca domestica) verfügt über keinen Stechapparat, sie lebt nicht parasitär. Dagegen benötigt die Gattung Stomoxys (Stechfliegen) obligat eine Blutmahlzeit für die Eiablage. Häufigste Stichstelle ist die untere Extremität, was den Vertretern dieser Gattung auch den Trivialnamen Wadenstecher eingetragen hat. Die äußere Ähnlichkeit mit der Stubenfliege ist markant.
Klinik
Der Stich erfolgt sofort nach Aufsetzen auf der Haut, auch durch Kleiderstoffe hindurch. Er ist schmerzhaft, ebenso die sich rasch, in wenigen Minuten, entwickelnde urtikarielle Stichreaktion, die je nach individueller Reaktionsbereitschaft von einer papulös verzögerten Reaktion gefolgt sein kann.
Therapie
Es wird symptomatisch behandelt. Repellenzien werden zur Vorbeugung eingesetzt.
Lausfliegen (Hippoboscidae)
Einige Arten dieser wenig bekannten Insektenfamilie leben parasitär auf Vögeln und Säugern. Sie werfen die Flügel ab, wenn sie einen Wirt gefunden haben. Der Mensch kann temporär akzidentell parasitiert werden. Primärwirte sind Pferde, Schafe und Rotwild.

Myiase

Synonym
Myiasis, Madenbefall
Ätiopathogenese
Vertreter der Familie Oestridae (Dassel- und Biesfliegen) legen ihre Eier in den Nasen-Rachen-Raum von Schafen, Pferden, Rotwild und anderen größeren Säugern ab, wo sich die Larven entwickeln und unter Umständen zu schwerwiegenden Verletzungen des Wirtstiers führen.
Rinderbiesfliegen kleben die Eier an die Fellhaare des Wirts, die geschlüpften Larven bohren sich in die Haut ein. Viehzüchter fürchten diese Arten wegen der dermalen Schädigung, welche die spätere Lederqualität verschlechtert. Bei Menschen sind selten Infestationen mit Biesfliegen und Dasselfliegen mitgeteilt worden, ebenso ist die Beobachtung einer Larva migrans durch Larven der Pferdemagenbremse (Gasterophilus equi) in den letzten 50 Jahren nicht mehr berichtet worden.
Tropische Fliegenarten (Cordylobia- und Oestrusarten) sind Ursache der furunkulösen Dermatomyiasis, einer nicht seltenen Erkrankung bei Tropenrückkehrern. Die Eier werden auf die Haut oder die Kleider abgelegt. Die sofort schlüpfenden Larven bohren sich in die Haut ein und verursachen eine furunkulöse Entzündung (Abb. 15), aus der die Larve nach etwa 8 Tagen zur Verpuppung wieder austritt.
Die Ophthalmomyiasis, der Augenbefall durch Fliegenlarven, ist in unseren Breiten sehr selten. Am häufigsten wird die Wundmyiasis gesehen. Zerfallende Tumoren und chronische Wunden (Ulcera cruris) werden von verschiedenen einheimischen Fliegenarten wie Calliphoriden oder auch der Stubenfliege zur Eiablage genutzt. Normalerweise legen diese Fliegenarten ihre Eier auf zerfallendes organisches Material. Das im Fliegenlarvenspeichel vorhandene Chymotrypsin I kann vom humanen α1-Antichymotrypsin nicht inhibiert werden. Zum Débridement chronischer Wunden werden gezüchtete Maden genutzt (Biochirurgie).

Nichtparasitäre Insekten

Hautflügler (Hymenoptera)

Zu ihnen gehören Bienen und Hummeln (Apidae), Wespen und Hornissen (Vespidae) sowie Ameisen (Formicidae). Die Stiche von Bienen, Hummeln und Wespen sind sehr schmerzhaft, Allgemeinsymptome einer Intoxikation sind aber erst bei einer extrem großen Zahl gleichzeitiger Stiche zu erwarten. Gefährlich werden Hymenopterenstiche nur über die Möglichkeit der Sensibilisierung, welche die Reexposition zu einem tödlichen Ereignis werden lassen kann.
Der Bienenstachel besitzt Widerhaken, er wird zusammen mit dem autonom sich kontrahierenden, weiterpumpenden Giftapparat nach dem Stich ausgerissen. Wespen und Hummeln können mehrfach stechen (Kap. „Erkrankungen durch Bienen- und Wespenstiche“).
Klinik
Die Stiche von Bienen und Wespen führen zu erheblichen ödematösen Schwellungen und Rötungen, die sich erst nach Tagen zurückbilden. Es handelt sich dabei um eine toxische Reaktion durch das aus zahlreichen Einzelkomponenten bestehende Insektengift. Stiche in Augennähe erzeugen ein Lidödem, Stiche in die Lippen eine rüsselartige Anschwellung. Gefährlich sind Stiche innerhalb der Mundhöhle, weil sie Zungenschwellung und Glottisödem mit Erstickungsgefahr nach sich ziehen. Eine Häufung von Stichen kann zur generalisierten Urtikaria und zu toxischen Allgemeinreaktionen bis zum tödlichen Kreislaufversagen führen. Wiederholte Stiche können bei Disponierten zu einer Allergie (Typ-I-Reaktion) gegen das betreffende Gift führen. In diesem Fall können auch die kleinsten Giftmengen nach einer Reaktionszeit von gewöhnlich 5–20 min maximale Reaktionen wie generalisierte Urtikaria, Schockfragmente oder das Vollbild eines anaphylaktischen Schocks auslösen.
Ameisen (Formicidae) verfügen entweder über Mandibeln mit Giftdrüsen (Formicinae) oder über einen Stachel und Giftdrüsen (Pomerinae und Myrmicinae). Die Stichreaktionen der Ameisen sind juckend und brennend, in unseren Breiten jedoch harmlos, Sensibilisierung ist sehr selten.
Therapie
Ein im Einstich verbleibender Stachel ist zu entfernen.
Die topische Therapie erfolgt wie bei Wanzenstichen, Repellenzien werden zur Vorbeugung eingesetzt. Bei Insektengiftallergie, die mit dem RAST und gegebenenfalls durch den unter Vorsichtsmaßnahmen durchgeführten Prick-Test nachgewiesen werden kann, sollte ein Notfallset (EpiPen) mitgeführt werden. Eine Hyposensibilisierungstherapie ist empfehlenswert.

Schmetterlingsraupen (Lepidoptera)

Die Raupen mancher Schmetterlinge, so jene der Prozessionsspinner (Thaumetopoeidae), besitzen feine Härchen (Brennhaare, Setae) mit für die Haut toxischen Substanzen. Im Wald oder unter Bäumen fallen diese Haare auf die Haut. Die Härchen dringen wie feine Nadeln ein und entleeren ihre Toxine. Es kommt zu einer stark juckenden Aussaat von hellroten Erythemen und urtikariellen Papeln. In Bläschen können eingedrungene Haare nachgewiesen werden. Diese können auch mit einem transparenten Klebestreifen aufgenommen und auf diesem mikroskopisch sichtbar gemacht werden. In Mitteleuropa ist der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) besonders bekannt.
Man erkennt die Raupendermatitis oder Erukismus an der herdförmigen Anordnung der Erscheinungen, ihrem Sitz an frei getragenen Körperpartien, vor allem am Nacken und auch aufgrund der anamnestischen Angaben. Bei Einatmung sind Irritationen der Mund- und Nasenschleimhaut, aber auch Asthmaanfälle beschrieben.

Käfer (Coleoptera)

Sie bilden eine der größten Ordnungen innerhalb der Klasse der Insekten. Vertreter einiger Familien wie der Ölkäfer (Meloidae) und Kurzflügler (Staphylinidae) produzieren blaseninduzierende Toxine. Der bekannteste Vertreter aus der Familie der Meloidae ist die Spanische Fliege (Lytta vesicatoria). In Südeuropa kommen in den Sommermonaten kleine Epidemien vor, in tropischen Ländern macht der Tourist manchmal Bekanntschaft mit Kurzflüglern aus der Familie der Staphylinidae (Paederinae). Wenn diese Käfer von der Haut weggewischt oder gar auf ihr zerdrückt werden, treten bizarr geformte Blasen auf, die meist unter Hyperpigmentierung abheilen. Die Unterschiede zwischen dem Cantharidin der Meloidae und dem Pederin der Staphylinidae sind chemischer Natur, in der Wirkungsweise sind sie aber sehr ähnlich.
Von Interesse sind auch die Vertreter der Familie der Laufkäfer (Carabidae). Hierzu gehören Brachinus crepitans und Brachinus explodens, die über eine Explosionskammer verfügen, in der sie Hydrochinon und Wasserstoffperoxid reagieren lassen. Das Resultat ist ein etwa 100 °C heißer Tropfen, der unter hörbarem Knall ausgeschleudert wird. Die Tiere können mehrmals hintereinander von dieser überraschenden Waffe Gebrauch machen.

Spinnentiere (Arachnida)

Hierzu gehören unter anderem die verschiedenen Ordnungen der Subklasse Acari (Milben und Zecken), die Ordnung der echten Spinnen (Araneae) und der Skorpione (Scorpiones). Chilopoden und Diplopoden (Hundert- und Tausendfüßer) dagegen werden unter dem systematischen Begriff der Myriapoda zusammengefasst, sie bilden eine eigene Klasse. Während Spinnen und Skorpione wegen ihrer Giftwaffen beachtet werden müssen, sind in der Ordnung der Acari parasitäre und nichtparasitäre Gattungen zu finden. Zu letzteren gehören die Vertreter der Familie der Hausstaubmilben (Pyroglyphidae). Als ubiquitäre Umweltantigene sind sie im Rahmen der Atopie von herausragender Bedeutung. Dagegen sind Vertreter der Vorratsmilben (Tyroglyphidae) bedeutsam als Auslöser von Inhalationsallergien bei beruflich Exponierten sowie als Ursache einer toxischen Reizdermatitis (Akarodermatitis).
Zu den parasitären Milbenordnungen zählen die Krätze- und Räudemilben (Sarcoptidae), die Pelzmilben (Cheyletiellidae), die Raubmilben (Dermanyssidae), die Herbstmilben (Trombiculidae), die Kornkäfermilben (Pyemotidae), die Haarbalgmilben (Demodicidae) und die beiden Zeckenfamilien Schild- (Ixodidae) und Lederzecken (Argasidae).

Permanente parasitäre Milben (Acari)

Skabies

(Renucci 1835)
Synonym
Krätze
Ätiopathogenese
Die Krätzemilbe (Sarcoptes scabiei var hominis) ist hochspezifisch auf den Menschen adaptiert (Abb. 16). Eine Zucht der Milbe mit Generationenabfolge gelingt auf anderen Säugetieren nicht. Die weiblichen Milben sind 0,3–0,4 mm, die männlichen etwa halb so groß. Das begattete Weibchen legt täglich 2–3 Eier in einen subkornealen tunnelartigen Gang in der Epidermis. Es sitzt stets am Ende des Gangs im so genannten Milbenhügel, der als perlige Auftreibung erkennbar ist. Nach wenigen Wochen stirbt das Weibchen ab. Aus den Eiern entwickeln sich die sechsbeinigen Larven, aus denen wiederum die achtbeinigen Nymphen hervorgehen, die sich nach etwa 3 Wochen zu geschlechtsreifen Adulttieren häuten. Larven, Nymphen und Männchen leben auf der Haut in Mulden unter Hornschuppen. Die Männchen gehen nach der Kopulation zugrunde.
Übertragen werden begattete Weibchen bei engem körperlichem Kontakt, besonders in der Bettwärme, beim Geschlechtsverkehr, in Massenlagern, zwischen Kindern und unter engen Wohnverhältnissen. Die Übertragung durch Körperwäsche oder Bettwäsche ist selten. Nichtgebrauch und Auslüften von Wäsche für 4 Tage unterbrechen diese Infektionsmöglichkeit, da die Milben außerhalb der Haut nur 2–3 Tage überleben. Bis der intensive Juckreiz die erfolgte Übertragung anzeigt, vergehen 4 Wochen (3–6 Wochen) bei der Erstinfektion, dagegen nur 24 h bei einer Reinfektion. Die Inkubationszeit ist vom Sensibilisierungsgrad des Wirts abhängig.
Klinik
Typisches Symptom ist der starke generalisierte Juckreiz, besonders abends und in der Bettwärme. Diagnostisch entscheidende Hauterscheinungen sind die kommaartigen oder unregelmäßig gewundenen, wenige Millimeter, seltener Zentimeter langen Milbengänge. Am Ende des Gangs ist die Milbe mit bloßem Auge manchmal als dunkles Pünktchen gerade noch erkennbar, besser gelingt der optische Nachweis mit dem Dermatoskop. Prädilektionsstellen der Milbengänge sind die Interdigitalfalten der Hände und Füße (Abb. 17), die seitlichen Partien der proximalen Phalangen, das volare Handgelenk, bei Frauen und Kindern nicht selten die Handflächen, beim Säugling auch die Fußsohle. Die Areolae mammae und die vorderen Axillarfalten sind seltenere Lokalisationen, beim Mann ist fast immer der Penisschaft und nicht selten die Glans mitbetroffen (Abb. 18).
Das Sekundärexanthem wird als Ausdruck der Sensibilisierung auf Milbenbestandteile und Milbenkot aufgefasst. Es besteht aus feinen Papeln, die meist als Folge der Kratzeffekte bräunliche Krüstchen tragen. Prädilektionsstellen sind die Areale, in denen auch die Milbengänge nachzuweisen sind, zudem vor allem aber auch die seitlichen Stammpartien, die proximalen Extremitäten, die glutealen Kontaktflächen und die Gürtelregion. Der Rücken ist selten befallen. Die Interskapularregion sowie Kopf und Nacken bleiben meist frei. Lediglich bei Säuglingen sind auch Kopf und Gesicht betroffen. Ekzematisation und Impetiginisation mit Entwicklung von Papulovesikeln, Pusteln, Follikulitiden und ausgedehnten eitrigen Krusten führen sekundär zu einem bunten Bild.
Das klinische Bild hängt vom Immunitätsgrad des Patienten ab: Erstinfektionen bei Normergen verursachen zuerst geringe Hauterscheinungen und Beschwerden, wobei der Patient aber bereits ansteckungsfähig ist. Mit zunehmender Sensibilisierung verstärkt sich der Juckreiz. An den Milbengängen entwickeln sich entzündliche Papeln, zusätzlich kann ein pruriginöses, papulovesikulöses ekzematoides Exanthem entstehen. In diesem Stadium ist wegen der oft ausgedehnten Kratzeffekte Impetiginisation häufig. Auch eine Ekzematisation der Skabies durch zusätzliche Kontaktallergien bei der Anwendung juckreizstillender oder antibiotischer Puder und Salben ist nicht selten. Besonders bei Patienten aus guten sozialen Verhältnissen, die ihre Haut pflegen, findet man oft starke subjektive Beschwerden bei minimalen Hauterscheinungen, die diagnostisch Schwierigkeiten bereiten. An diese gepflegte Skabies muss man denken und gezielt nach Milbengängen suchen.
Diagnostisches Vorgehen
Man beobachtet zunächst sämtliche Prädilektionsorte, sucht dort nach Gängen und darin wiederum nach Milben. Lupe oder Dermatoskop sind hilfreich. Im Auflichtmikroskop bei 20- bis 40-facher Vergrößerung kann die Milbe sogar eindeutig identifiziert werden (Abb. 16). Zum mikroskopischen Milbennachweis geht man mit einer nicht zu spitzen Nadel, fast parallel zur Haut in den Milbengang ein, schiebt sie dort bis zu dem feinen Pünktchen vor, an dem sich die Milbe befindet. Der Gang wird in diesem Milbenhügel angeritzt und sein Grund mit der Nadel ausgewischt. Die feuchte Milbe bleibt als eben sichtbares Kügelchen an der Nadel haften. Als Instrument sind neben Injektionskanülen, feine Kosmetikmesserchen (Moncorps-Messer) sowie spitze Einwegskalpellklingen geeignet. Der Gang kann auch durch Auftupfen von Farbstoff mit einem Filzschreiber und Applikation eines Tropfens Alkohol dargestellt werden; durch Kapillarkraft zieht die Farbe in den Gang, der Überschuss wird abgewischt. Empfohlen wird ferner der Milbennachweis durch mehrmaliges Abziehen eines transparenten Klebestreifens von der Haut bis zur Eröffnung der Gänge. Mikroskopisch erkennt man die Milbe bei schwacher Vergrößerung besonders gut auch an ihren lebhaften Beinbewegungen. Manchmal findet man nur typische Eier und leere Eihüllen sowie die Skybala (Kotballen) (Abb. 16).
Nur durch den Nachweis der Milbe ist die Diagnose einer Skabies eindeutig gesichert. Hinweisend sind die Gänge, starker nächtlicher Juckreiz an den Prädilektionsstellen sowie Juckreiz bei Kontaktpersonen, beispielsweise mehreren Familienmitgliedern.
Nur durch den Nachweis der Milbe ist die Diagnose einer Skabies eindeutig gesichert.
Differenzialdiagnose
Alle pruriginösen und prurigoartigen Exantheme, Kontaktekzem, atopisches Ekzem, Impetigo, bullöses Pemphigoid, Morbus Duhring und kutane T-Zell-Lymphome müssen bedacht werden. Jedes Mamillenekzem ist nicht nur verdächtig auf ein intraduktales Mammakarzinom (Morbus Paget), sondern auch auf Skabies.
Topische Therapie
Als Mittel der ersten Wahl wird bei allen Skabiesformen nun 5 % Permethrin (ein synthetisches Pyrethroid) empfohlen. Permethrin wird im Stratum corneum, dem Habitat der Milben, gut angereichert und kann noch nach 2 Tagen nachgewiesen werden. Die systemische Resorption ist gering, jedoch kann die Resorption bei stark ausgeprägter Ekzematisierung gesteigert sein. Zur Therapie stehen mehrere handelsfertige Formulierungen zur Verfügung. Lindan ist seit 2008 im EU-Raum nicht mehr zugelassen.
Bei Kindern >3 Jahre und Erwachsenen sollte 5 % Permethrin einmalig auf den gesamten Körper vom Unterkiefer abwärts aufgetragen werden. Die Retroaurikulärregion sollte mitbehandelt werden. Nach 8–12 h wird die Substanz mit Wasser abgewaschen. Bei ausgeprägtem Befall sollte auch der Kopf unter Aussparung der Mund- und Augenregion in die Behandlung einbezogen werden. Bei Befall von Palmae oder Plantae wird eine Wiederholungsbehandlung nach einer Woche empfohlen. Bei Verdacht auf Therapieversagen empfiehlt sich eine Wiederholung nach 14 Tagen.
Als Arzneimittel der zweiten Wahl stehen Benzylbenzoat (Applikation an drei aufeinanderfolgenden Tagen, bei Erwachsenen 25 %ige Formulierung, bei Kindern ab 3 Jahren 10 %ige Formulierung; Abduschen erst am 4. Tag) und Crotamiton (Auftragung an drei bis fünf aufeinanderfolgenden Tagen) zur Verfügung und als dritte Wahl Allethrin (in der Kombination mit Piperonylbutoxid).
In Abwägung von Risiko und Nutzen ist 5 % Permethrin auch bei Schwangeren und Stillenden, Säuglingen und Kleinkindern bis zum Alter von 3 Jahren als Mittel der ersten Wahl empfohlen. Permethrin ist erst ab dem 3. Lebensmonat zur Anwendung zugelassen. Patientinnen sind insbesondere darauf hinzuweisen, dass Permethrin für die Anwendung während Schwangerschaft und Stillzeit nicht zugelassen ist. Aufgrund der ungünstigen Ratio von Oberfläche und Volumen ist besonders bei Säuglingen das Risiko einer relevanten systemischen Resorption gegeben. Daher wird allgemein empfohlen, Säuglinge für eine Behandlung stationär aufzunehmen, um auch die korrekte Applikation zu gewährleisten. Bei Neugeborenen und Kleinkindern ist oft auch der Kopf befallen. Die Auftragung erfolgt deshalb am gesamten Integument unter Freilassung der Mund- und Augenregion. Bei Stillenden wird empfohlen, den Mamillenbereich (sofern dieser nicht befallen ist) auszusparen und im Anschluss an die Behandlung eine dreitägige Stillpause einzulegen und die Milch in dieser Zeit zu verwerfen. Neben 5 % Permethrin ist während der Stillperiode auch 25 % Benzylbenzoat als Mittel der ersten Wahl empfohlen und unter strenger Indikationsstellung und ärztlicher Aufsicht für die Stillzeit zugelassen.
Systemische Therapie
Das makrozyklische Lakton Ivermectin ist in Deutschland seit April 2016 zur Therapie der Skabies zugelassen. Ivermectin oral erfreut sich zunehmender Beliebtheit und wird oftmals in Publikationen zur Therapie der Skabies erwähnt. Ivermectin wirkt besonders bei Wirbellosen als potentes Neurotoxin. In der Veterinärmedizin wird es zur Therapie von Infestationen verschiedener Nemathelminthen und Arthropoden eingesetzt. Seit 1987 wird es von der WHO zur großflächigen Kontrolle der Flussblindheit beim Menschen verwendet, da es die Mikrofilarien von Onchocerca volvulus abtötet. Zur Therapie scheint sich Ivermectin besonders gut zu eignen, da sich die Substanz im Stratum corneum anreichert. Die Dosierung einer Einmalgabe beträgt 200 μg/kg Körpergewicht. Bei Kindern >5 Jahre werden Dosierungen von 150 μ/kg Körpergewicht angegeben. Ivermectin ist nicht ovozid wirksam, deshalb sollte eine zweite Behandlung nach 14 Tagen erfolgen. In Studien wurde demonstriert, dass Ivermectin nach einer Einzelgabe zu einer Heilungsrate von etwa 70 % führte, nach zwei Behandlungen konnten 95 % geheilt werden.
Obwohl Ivermectin gut verträglich scheint, sind als Nebenwirkungen Schwindel, Gesichtsödeme, Pruritus und bei älteren Patienten der Verdacht auf eine erhöhte Mortalität beschrieben.
Bei Scabies crustosa liegt eine besonders hohe Dichte an Milben vor. Zur Verbesserung der therapeutischen Wirksamkeit sind vor Beginn der antiskabiösen Behandlung Ölbäder und/oder keratolytische Maßnahmen angezeigt (zum Beispiel Salicylvaseline für Palmae und Plantae).
Generell wird folgendes Vorgehen empfohlen:
  • Täglicher Wechsel und Waschen von Bett- und Körperwäsche (>50 °C ), Nichtbenutzung der Oberbekleidung für mindestens 4 Tage, möglichst chemische Reinigung derselben
  • Dusche oder Vollbad mit Detergens zur Entfettung der Haut
  • Gründliche Applikation des Wirkstoffs am gesamten Körper vom Unterkiefer abwärts, dabei Prädilektionsstellen wie Finger- und Zehenzwischenräume besonders beachten
  • Nach 8–12 h Reinigungsbad oder besser Dusche
  • Gleichzeitig Untersuchung und Behandlung aller Kontaktpersonen (diese Maßnahme dürfte die wichtigste Zusatzmaßnahme sein, die ein rezidivfreies Therapieresultat garantieren kann)
  • Nachbehandlung der meist gereizten beziehungsweise exsikkierten Haut durch blande Ölbäder oder Pflegesalben. Niedrig konzentrierte steroidhaltige Cremes je nach klinischem Bild (Impetiginisation, Ekzematisation)
Weitere Empfehlungen
Die Kontaktpersonen von Skabiespatienten sollten untersucht werden. Wegen der Latenzzeit von einigen Wochen sind zunächst unbemerkte kleine Endemien in der Familie, in Schulklassen und Kindergärten nicht selten. Bei geringstem Verdacht sollte eine Mitbehandlung aller möglichen Kontaktpersonen erfolgen.

Klinische Sonderformen

Postskabiöse persistierende Papeln
Besonders bei Kleinkindern treten gelegentlich nach ausreichender antiskabiöser Behandlung und ohne Möglichkeit einer Reinfektion (wie unter klinischen Bedingungen) braun-rote bis linsengroße Papeln meist am Rumpf auf (Abb. 19). Histologisch findet man ein manchmal pseudolymphomartiges histiozytär-eosinophiles Infiltrat. Es dürfte sich um eine hyperergische Hautreaktion handeln. Die Behandlung kann durch Glukokortikoidexterna erfolgen.
Postskabiöser Pruritus
Die antiskabiöse Behandlung führt oft zu einer leichten Irritation der Haut mit Juckreiz, der einen Misserfolg der Behandlung vortäuschen kann. Ist dieser postskabiöse Pruritus trotz entsprechender Behandlung nach 2–3 Wochen noch nicht verschwunden, sollte auch an Rückfall oder Reinfektion (Anamnese) gedacht werden.
Skabophobie
Manche Patienten steigern sich in eine Skabophobie (Akarophobie) und führen andauernd verschiedenartigste antiskabiöse Behandlungen durch, die ihrerseits Hautreizungen bewirken. Sorgfältige Aufklärung, bei entsprechendem Verdacht auf einen Dermatozoenwahn sollte psychiatrische Hilfe in Anspruch genommen werden (Kap. „Psychodermatologische Krankheitsbilder“).
Scabies crustosa
(Danielssen und Boeck 1848; Hebra 1852)
Synonyme
Borkenkrätze, Scabies norvegica (der Name ist heute obsolet)
Klinik
Es handelt sich um eine seltene Variante der Skabies, bei der die Hauterscheinungen besonders massiv und ausgedehnt sind (Abb. 20). Symmetrisch findet man bevorzugt an Händen, Ellbogen, Knien und Sprunggelenken dicke, schmutziggraue Keratosen und Borkenauflagerung. Daneben sind auch die normalerweise von Skabies verschonten Hautareale wie Gesicht, Kapillitium und Nägel befallen. Die gesamte Haut kann Rötung und Schuppung im Sinne einer Erythrodermie aufweisen. Hauptsächlich sind Patienten mit schweren Störungen der Immunabwehr betroffen, beispielsweise Patienten mit HIV/AIDS, Leukämien, Bloom-Syndrom, kachektische Tumorpatienten und Patienten unter lang dauernder Behandlung mit Glukokortikoiden oder Zytostatika. In allen Borken sind massenhaft Skabiesmilben nachweisbar. Daher besteht hohe Infektiosität für die Umgebung.
Therapie
Behandelt wird wie bei Skabies, zusätzlich werden besonders vor der eigentlichen Therapie keratolytische Maßnahmen verordnet.

Demodikose

Synonym
Demodicosis
Erreger
Die Erkrankung wird ausführlich in Kap. „Akne und Rosazea“ beschrieben.
Demodex folliculorum und Demodex brevis leben als 0,3 mm lange Saprophyten in den Lumina der Talgdrüsenfollikel oder in der Tiefe der Talgdrüsen, besonders des Gesichts. Aber auch in Talgdrüsenausführungsgängen des äußeren Gehörgangs, der Brustwarzen, der Meibom-Drüsen und an fast allen anderen Körperstellen in der Peripherie können Haarbalgmilben nachgewiesen werden.
Trotz zahlreicher Publikationen bleibt die ursächliche Bedeutung von Demodex spp. bei papulopustulöser Rosazea weiterhin spekulativ. Demodex folliculorum und Demodex brevis sind ausschließlich auf dem Menschen zu finden, sie lassen sich auf keine andere Säugerart übertragen und sind noch nicht züchtbar.
Es wird zwischen primärer und sekundärer Demodikose unterschieden. Die als Demodikose beschriebene Gesichtsdermatose ist oft asymmetrisch. Juckende follikuläre Papeln am Hals mit Nachweis zahlreicher Demodexmilben wurden bei HIV-positiven Patienten beschrieben. Im Gegensatz zum Menschen sind bei Tieren schwere, zur Kachexie führende Hautveränderungen bekannt.
Therapie
Topisches Ivermectin 1 % ist als Arzneimittel (Soolantra®) seit 2015 in Deutschland zur Anwendung bei mittelschwerer bis schwerer papulopustulöser Rosazea (Investigator Global Assessment Grad 3 und 4) zugelassen (siehe oben, Therapie der Skabies, Abschn. 3.1).

Temporär akzidentelle parasitäre Milben

Tierräudemilben-Infestation beim Menschen

Klinik
Bei engem Kontakt mit befallenen Tieren gehen die Räudemilben, wie Sarcoptes scabiei varietas canis vom Hund, Sarcoptes scabiei varietas suis vom Schwein, Sarcoptes scabiei varietas bovis vom Rind, auf den Menschen über. Die in die menschliche Haut eingedrungenen Milben sind histologisch nachweisbar. Sie verursachen aber nur eine rasch zerkratzte, krustöse Einzelpapel als lokalisierte Infestationsreaktion an den Kontaktstellen, die bei der Übertragung von Katzen vor allem am Hals und Unterarm, vom Hund am Unterschenkel und Unterarm zu finden sind. Eine Generationenabfolge kommt nicht zustande, der Mensch ist ein Fehlwirt.
Diagnostisches Vorgehen
Wichtig ist die anamnestische Angabe von Kontakten mit räudigen Tieren. Milben lassen sich auf dem Primärwirt in den Schuppenauflagerungen recht gut nachweisen.
Therapie
Die akarizide Behandlung der befallenen Haustiere durch den Tierarzt führt zum sofortigen Sistieren neuer Infestationen. Bestehende Hautveränderungen werden antipruriginös symptomatisch behandelt (Glukokortikoidcremes, Lotio zinci).

Cheyletiellose

(Lomholt 1918)
Synonym
Cheyletiellosis
Klinik
Die Cheyletiellose ist die Infestation des Fehlwirts Mensch mit Arten der Familie Cheyletiellidae, deren Primärwirte kleine Säuger sind. Der Stich provoziert eine Reaktion mit heftigem Juckreiz.
Ätiopathogenese
Pelzmilbe (Cheyletiella) ist eine parasitäre, sich nicht in die Haut eingrabende Milbe mit stechend saugenden Mundgliedmaßen. Ihre Länge beträgt etwa 0,5 mm. Charakteristisch sind die apikalen Klauen tragenden Pedipalpen, mit denen sich die Milbe am Pelzhaar festhält. Von Bedeutung sind fünf Arten:
  • Cheyletiella parasitivorax auf Kaninchen
  • Cheyletiella yasguri auf Hunden
  • Cheyletiella blakei auf Katzen
  • Cheyletiella furmani auf Kaninchen
  • Cheyletiella strandmanni auf Hasen
Diese Milben kommen weltweit vor. Die befallenen Primärwirte Kaninchen, Hasen, Hunde und Katzen zeigen oft eine mehlartige Auflagerung auf den Haaren, bedingt durch die als Nissen an die Haare geklebten Eier.
Klinik
Prädilektionsstellen beim Menschen sind Arme und Stamm, oft dort, wo es zu besonders engem Kontakt mit dem erkrankten Haustier kam. Die Effloreszenzen sind polymorph mit erythematösen Maculae, Papeln, Vesikeln und exkoriierten Papeln. Der Juckreiz ist unterschiedlich stark ausgeprägt und hängt wahrscheinlich vom Sensibilisierungsgrad ab. Klinische und histologische Ähnlichkeiten des Krankheitsbilds mit einer Dermatitis herpetiformis Duhring sind mehrfach beschrieben worden, vor allem nach längerer Bestandsdauer.
Therapie
Die Behandlung der Tiere erfolgt am besten nach vorübergehender Elimination aus dem Haushalt durch den Tierarzt. Ohne den natürlichen Wirt überleben die Milben nur wenige Tage (Weibchen bis zu 10 Tage).
Die Hauterscheinungen werden mit 5 % Permethrin-Creme oder symptomatisch mit Glukokortikoidcreme beziehungsweise Lotio zinci behandelt.
Innerhalb von 1–3 Wochen nach Behandlung der Haustiere geht der Juckreiz spontan zurück und die Hauterscheinungen heilen ab. Eine postinflammatorische Hyperpigmentierung ist möglich.

Raubmilben

Hühner- oder Vogelmilben (Gamasidae)

Zu dieser Familie gehört als häufigster Vertreter Dermanyssus gallinae, die europäische rote Hühnermilbe, als Parasit von Vögeln. Sie lebt auf ihrem Wirt und in dessen Umgebung, dem Hühnerstall, den Vogelnestern, dem Vogelbauer, dem Taubenschlag. Der Mensch wird beim Reinigen dieser Plätze infestiert. In großer Zahl windverfrachtete Milben können aus Vogelnestern vor den Schlafzimmerfenstern den Menschen befallen. Gamasiden, zu denen auch die Rattenmilbe (Ornithonyssus bacoti) und Ophionyssus natricis, ein Reptilienparasit, gehören, besitzen stechend saugende Mundgliedmaßen.
Klinik
Kleinfleckige, erythematöse, urtikarielle oder auch papulovesikulöse Exantheme mit starkem Juckreiz sind die Regel. Bei länger dauerndem oder mehrfachem Kontakt können sich die Hauterscheinungen verstärken.
Diagnostisches Vorgehen
Entscheidend ist die Anamnese. Die Milben selbst können auf dem Menschen bei Entstehen der Stichreaktion nicht mehr aufgefunden werden. Ihr Nachweis erfolgt in den Vogelnestern, Käfigen oder auf dem Primärwirt selbst.
Therapie
Nach Behandlung des Primärwirts und Entwesung der Nestbereiche werden die betroffenen Menschen symptomatisch antipruriginös behandelt.

Trombidiose

Synonyme
Trombidiosis, Erntekrätze, Heukrätze, Herbstbeiße (Sendlinger Beiß, Giesinger Beiß im Großraum München)
Ätiopathogenese
Die Larven vieler Arten von Herbstmilben schwärmen bei warmer Temperatur in großer Zahl über Gräser, Blumen, Sträucher und Weinstöcke aus. Ihre Primärwirte sind kleine Nager. Der häufigste Vertreter dieser Milbenfamilie ist Neotrombicula autumnalis. Die Larven gelangen beim Aufenthalt im Garten, in der Nähe von Gebüschen oder auf Spaziergängen auf die Haut des Menschen. Sie saugen dort Blut und fallen wieder ab. Deshalb sind sie nur ausnahmsweise auf der Haut als eben noch erkennbare rote Pünktchen nachweisbar, aber nicht mehr dann, wenn die Stichreaktion aufgetreten ist. Andere Spezies als Neotrombicula autumnalis finden sich in vielen Teilen der Welt (USA, Südamerika, in Japan als Überträger des Tsutsugamushi-Fiebers, des japanischen Flussfiebers durch Rickettsia tsutsugamushi).
Klinik
Prädilektionsstellen für die Stichreaktionen sind die Stellen der Haut, an denen enge Kleidung wie Gürtel, Hosenträger, Büstenhalter oder Unterwäsche dicht anliegen. Hauterscheinungen stellen sich erst einige Stunden nach der Exposition in Form von hochroten Flecken und Quaddeln ein, nach 24–48 h finden sich bis linsengroße Papeln oder Seropapeln mit manchmal leichter Hämorrhagie (Abb. 21). Mit den Hauterscheinungen entwickelt sich ein sehr starker Juckreiz. Dieser hält meist 1 Woche an, die Hauterscheinungen bestehen etwa 2 Wochen lang.
Differenzialdiagnose
Prurigo simplex acuta, Strophulus, Urtikaria sind zu unterscheiden.
Diagnostisches Vorgehen
Die Diagnose ergibt sich aus der Anamnese, dem plötzlichen Beginn, der typischen Jahreszeit und den strophulusartigen Hauterscheinungen an bedeckten Hautarealen in typischer Lokalisation. Mit Neotrombicula befallene Gärten sind den Anwohnern meistens gut bekannt.
Therapie
Es erfolgt eine symptommildernde Lokaltherapie mit Lotio zinci, Polidocanol 5 % in Lotio zinci spirituosa, Glukokortikoidlotionen oder -cremes. Eine Milbenfreiheit befallener Gärten kann nicht erreicht werden. Als Prävention wird die Applikation von Repellenzien an den Eintrittsstellen wie Hosenstöße, Gürtel, Kragen oder Manschetten empfohlen. Auch die Bekämpfung der Primärwirte (Mäuse) kann zu einer Beruhigung führen.

Kornkäfermilben (Pyemotidae)

Als gerade noch sichtbare Milbe kommt Pyemotes ventricosus mitunter in großer Zahl in Getreide, Bohnen und Stroh vor, wo sie sich von anderen Schädlingen des Getreides (Käferlarven, Puppen, Raupen) ernährt. Beim Schlafen im Stroh, beim Dreschen, bei der Arbeit in Silos gelangen die Milben auf die menschliche Haut. Nach wenigen Stunden kommt es zum Auftreten eines erheblichen Juckreizes und den exanthematischen Stichreaktionen, bestehend aus hell rötlichen, linsengroßen Papeln, die zentral ein Bläschen oder eine kleine Pustel tragen können. Daneben finden sich manchmal urtikarielle, auch zentral hämorrhagische Effloreszenzen. In schweren Fällen ist der ganze Körper übersät, dabei können Fieber und Albuminurie bestehen. Bei Sackträgern entwickelt sich die als Getreidekrätze oder Gerstenkrankheit bekannte Dermatose vor allem an Armen, Hals und Rücken. Strohblumenlager wurden als Ausgangspunkt kleiner Endemien bekannt.
Therapie
Antipruriginöse Maßnahmen und eine symptommildernde Lokaltherapie werden durchgeführt, präventiv werden Insektizide im Primärsubstrat angewendet.

Zecken

Ätiopathogenese
In Europa ist Ixodes ricinus, in den USA sind Ixodes dammini und Ixodes pacificus als Überträger von Krankheiten bedeutsam. Neurotoxin-produzierende Zeckenarten, deren Stich lebensbedrohliche Vergiftungen hervorrufen kann, kommen unter anderem in den USA (Dermacentor andersoni) und Australien (Ixodes holocyclus) vor. Der in Europa heimische Holzbock (Ixodes ricinus) hält sich vor allem im Unterholz waldreicher Gegenden auf (Abb. 22). Aus den Eiern entstehen über Larven und Nymphen in Wochen bis Jahren die 3–4 mm langen Weibchen und die kleineren Männchen. Jeder weitere Entwicklungsschritt benötigt eine Blutmahlzeit, wie zuletzt auch die Eiablage beim Weibchen. Die Zecken lauern auf Kleinsäuger, Haustiere, Vögel, größere Säuger oder den Menschen. Sie stechen zunächst unbemerkt unter Absonderung eines anästhesierenden und antikoagulierenden Sekrets ihr Mundwerkzeug (Hypostom) in die Haut ein, in der es durch Widerhaken verankert wird. Der Saugakt dauert 3–12 Tage, währenddessen eine Übertragung von Bakterien und Viren von der Zecke auf den Wirt möglich ist. Nach dem Saugakt zieht die Zecke die Mundwerkzeuge zurück und fällt vom Wirt ab.
Klinik
Der Saugakt verursacht nur geringen örtlichen Juckreiz. Wird die saugende Zecke als braunrotes oder schwarzblaues rundliches Gebilde gewaltsam entfernt, bleiben Teile in der Haut zurück und verursachen eine Fremdkörperreaktion, das Zeckenstichgranulom (Abb. 23). Beim Eindringen von Bakterien können Pyodermien wie Furunkel oder Erysipel entstehen, die entsprechender Behandlung bedürfen.
Größere medizinische Bedeutung als die unmittelbare Zeckenstichreaktion hat die Übertragung von pathogenen Bakterien und Viren. In Süddeutschland und der Schweiz betragen die Anteile der mit Borrelia burgdorferi infizierten Zecken 10–50 % (Kap. „Infektionen: Lyme-Borreliose, Leptospirose und Rückfallfieber“). Dagegen ist die Durchseuchungsrate mit einem Arbovirus, dem Erreger der europäischen Frühsommermeningoenzephalitis, sehr viel geringer; sie beträgt etwa 1 % in Zeckenpopulationen geografisch eng umschriebener Regionen.
Die Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) zeigt als initiales Hauptsymptom Kopfschmerzen. Die Diagnose wird serologisch durch Nachweis spezifischer IgM-Antikörper gesichert, die Prognose ist relativ günstig. Neurologische Dauerkomplikationen sind jedoch möglich. Bei stärkeren Kopfschmerzen nach Zeckenstich sollte an eine FSME gedacht werden.
Endemiegebiete sind in Mitteleuropa besonders die Waldgebiete Süddeutschlands, der Nordschweiz und Österreichs, der Slowakei und Tschechiens.
Aktive Immunisierung gegen FSME ist bei erhöhter Exposition sinnvoll, wird derzeit wegen möglicher Nebenwirkungen jedoch nicht generell (wie für Urlauber) empfohlen.
Therapie
Die Zecke soll mit einer am Hypostom angesetzten spitzen Pinzette vorsichtig herausgezogen werden, da eine Reizung durch das häufig empfohlene Aufbringen von Petroleum, Öl, Alkohol, Alleskleber und Ähnlichem die Abgabe von Speichel und damit die Übertragung von Erregern verstärken soll. Allenfalls verbleibende Reste sollen durch Exzision oder mittels Stanzbiopsie baldmöglichst entfernt werden.

Nichtparasitäre Milben

Nahrungsmittel- oder Vorratsmilben (Tyroglyphoidea)

Vertreter der Familie Tyroglyphoidea kommen oft in großen Mengen als Schmarotzer in Produkten wie Mehl, Korn, Käse, Tabakblättern und getrockneten Früchten vor. Beim Sortieren, Verpacken und Verladen der Substrate gelangen die Milben auf die menschliche Haut und lösen an unbedeckten Körperstellen stark juckende, kleinpapulöse oder papulovesikulöse Exantheme aus, wahrscheinlich über einen irritativ-toxischen Mechanismus. Inhalative Allergisierung führt zu Asthma bronchiale.

Hausstaubmilben (Pyroglyphidae)

Dermatophagoides pteronyssinus vermehrt sich im Hausstaub insbesondere bei hoher Luftfeuchtigkeit. Ihre optimale Temperatur entspricht der Umgebungstemperatur des menschlichen Körpers im Bett. Teile und Ausscheidungsprodukte dieser Milbenart kommen für die Auslösung von allergischen Reaktionen vom Soforttyp (Typ-I-Reaktion) wie allergischem Asthma bronchiale, Rhinitis allergica und Conjunctivitis allergica, aber auch von atopischem Ekzem in Betracht. Dieser Zusammenhang lässt sich durch Intrakutantestung, RAST, IgE-Bestimmung und Epikutantest nach Abriss des Stratum corneum nachweisen (Kap. „Soforttyp-Allergie: Rhinokonjunktivitis, Asthma bronchiale, Anaphylaxie“).

Nichtparasitäre Spinnentiere

Spinnen (Araneae)

Der Spinnenkörper gliedert sich in Zephalothorax und Abdomen: Ersterer trägt vier Beinpaare und den Giftapparat mit Giftklauen und Chelizeren, aus welchen das Gift nach dem Biss entleert wird. Unter den mitteleuropäischen Spinnen hat nur eine Art genügend stark ausgebildete Giftklauen, um die menschliche Haut durchdringen zu können, und zwar die im Süden vorkommende Dornfingerspinne, Cheiracanthium punctorium. Ihr Biss – sie wird mittlerweile in Deutschland, Österreich und der Schweiz gefunden – ist sehr schmerzhaft und führt gelegentlich zu einer sich über Tage entwickelnden Nekrose.

Schwarze Witwe (Latrodectus mactans)

Sie ist fast über die ganze Erde verbreitet, außer in Mitteleuropa, Ostasien und der Subarktis. Das Weibchen ist bis 15 mm, das Männchen 3–5 mm lang; die Spinne ist tiefschwarz bis grau, mit roten Flecken und einem gelben, orangefarbenen oder roten sanduhrförmigen Fleck auf der Ventralseite des kugeligen Abdomens. Das Weibchen tötet das Männchen nach der Kopulation und erhielt deshalb den Trivialnamen Schwarze Witwe.
Der Biss erfolgt im Freien, bei Feldarbeit, beim Rasten auf Steinmauern, ferner in Schuppen, Scheunen oder gemäß persistierenden Anekdoten in rustikalen Toilettenhäuschen (Sitz der Spinne unter dem Toilettendeckel).
Klinik
Der Biss wird oft nicht bemerkt, nur winzige Punkte markieren die Stelle. Innerhalb von 15 min beginnt ein unerträglich werdender Schmerz in den regionalen Lymphknoten, der in Bauch und Extremitäten ausstrahlt. Starke Bauchkrämpfe lassen an ein akutes Abdomen, spastische Muskelkrämpfe an Tetanus denken. Weitere Symptome der Intoxikation sind Kopfschmerz, Atemnot, Nausea, Schweißausbrüche und Berührungsempfindlichkeit. Das ödematös gerötete, durch Grimassen verzerrte Gesicht wird als Facies latrodectismica bezeichnet. Die Episode dauert 1–2 Tage. Auslöser ist das Neurotoxin α-Latrotoxin, ein Protein mit einem Molekulargewicht von 125.000, das zur Freisetzung von Neurotransmittern aus cholinergen und adrenergen Nervenendigungen führt und wegen seiner Spezifität in der neurophysiologischen Forschung verwendet wird.
Trotz der großen Dramatik und komplexen Symptomatologie sind Todesfälle selten, sie kommen am ehesten bei Kindern oder alten Menschen vor.
Therapie
Spezifisches Antivenom kann über die regionalen Zentren für Vergiftungsfälle angefordert werden. Es sollte eine symptomatische Therapie entsprechend der klinischen Präsentation erfolgen.

Loxosceles-Arten

Sie sind weltweit verbreitet, Loxosceles laeta in Südamerika, Loxosceles reclusa in den USA (brown recluse spider) (das Eponym NOT RECLUSE hilft bei der differenzialdiagnostischen Abklärung (Stoecker 2017)). Sie sind 8–15 mm lang, von gelb-brauner Farbe, mit geigenförmigem Ornament auf dem Zephalothorax. Sie leben überwiegend in Häusern (Kleider- und Vorratsschränke). Das Gift enthält vor allem ein Nekrotoxin (Sphingomyelinase, also Phospholipase D) und hämolytische Faktoren.
Klinik
Die Hautveränderungen an der zunächst unauffälligen Bissstelle können von Juckreiz und Quaddeln bis zu sich innerhalb von Tagen entwickelnden Blasen und ausgedehnten hämorrhagischen Nekrosen reichen. Als Zeichen der systemischen Intoxikation können Nausea, Erbrechen, Fieber, aber auch progressive intravasale Hämolyse mit Hämaturie, Nierenversagen, Anämie und Koma hinzutreten (viszerokutaner Loxoscelismus). Todesfälle sind selten und kommen fast ausschließlich bei Kindern vor.
Therapie
Kleine Bisse erfordern nur eine symptomatische äußerliche Behandlung. Die Therapie schwerer Verlaufsformen richtet sich nach dem Spektrum der Probleme: Spezifisch empfohlen wird die frühzeitige und großzügige chirurgische Exzision der entstehenden Nekrose, mit späterer plastischer Deckung. Einige Fallberichte beschreiben die günstige Wirkung einer frühzeitigen VAC-Behandlung (VAC: vacuum assisted closure).
Die Aktivität des Toxins Sphingomyelinase D ist temperaturabhängig, aus diesem Grund wird das Kühlen der betroffenen Stellen empfohlen, um weitere Nekrosen zu vermeiden.
Zahlreiche Berichte beschreiben den günstigen Effekt von Dapson (eine Sulfonverbindung). Es existieren jedoch keine gesicherten Daten aus kontrollierten Studien. Zudem führt Dapson unter anderem zu hämolytischer Anämie und Methämoglobinämie, insbesondere bei vorhandenem Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel (6-GPD-Mangel).
Colchicin, Steroide, Antivenom und topisches Nitroglyzerin werden als günstig beschrieben. Kontrollierte Daten dazu fehlen aber. Eine tierexperimentelle Studie zeigte günstige Effekte durch hyperbare Sauerstofftherapie.

Skorpione (Scorpiones)

Sie sind weltweit verbreitet, ein ernstes Gesundheitsproblem beispielsweise in Mexiko (etwa 100.000 Stiche, davon 800/Jahr tödlich), Marokko, Algerien und Tunesien. Die Tiere leben verborgen, sind nachtaktiv und stechen mit ihrem am Hinterleib sitzenden gekrümmten Stachel nur, wenn sie nicht fliehen können (in Schuhen, Kleidung, beim Greifen unter Holz). Während die lokalen Stichreaktionen der bereits in der Südschweiz vorkommenden Euscorpius italicus und Buthus occitanus mit jener eines Wespenstichs vergleichbar sind und Intoxikationen ausbleiben, ist das Gift derselben Art, Butho, in Südeuropa und Nordafrika viel konzentrierter, sodass mit einer generalisierten Intoxikationsreaktion mit Neurotoxinen gerechnet werden muss. Stiche südeuropäischer Skorpione sind schmerzhaft, aber meist harmlos. Ansonsten können die Neurotoxine sofort oder innerhalb von Stunden schwere Krämpfe, Kreislaufversagen und Lungenödem auslösen, mit besonders bei Kindern tödlichem Ausgang.

Myriapoda

Hundertfüßer (Chilopoda)

Diese gut bekannten, sehr flink beweglichen, länglichen Arthropoden haben ein Beinpaar pro Körpersegment, je nach Art insgesamt 15–181 Beinpaare, wobei die Anzahl immer ungerade ist. Im ersten Segment befinden sich paarige Klauen. Ein Ausführungsgang verbindet die basal gelegene Giftdrüse mit den Klauenspitzen. Das Gift wird sowohl bei der Jagd als auch als defensive Waffe eingesetzt. Allerdings ist es recht schwer, unsere einheimischen Hundertfüßer zum Beißen zu bringen. Dieser Biss ist schmerzhaft, aber die Reaktion ist flüchtig.

Tausendfüßer (Diplopoda)

Sie besitzen 13–160 Beinpaare, immer zwei pro Segment mit Ausnahme der ersten vier und der letzten zwei Segmente. Diplopoden sind Vegetarier, meist harmlos und nachtaktiv. Einige Arten scheiden Sekrete aus, welche Fressfeinde schädigen können. Andere sezernieren Kontaktgifte, die vor allem auf Schleimhäuten Reizungen hervorrufen. Bekannt sind auch stinkende Sekrete, welche den Menschen den Genuss von mit Tausendfüßern befallenen Früchten (wie Himbeeren) vergällen können.
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