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Pädiatrische Rheumatologie
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Publiziert am: 05.02.2021

Schmerzerkrankungen des Bewegungsapparates im Kindes- und Jugendalter

Verfasst von: Kerstin Gerhold
Schmerzerkrankungen des Bewegungsapparats im Kindes- und Jugendalter sind Teil eines Erkrankungsspektrums, das auf einer individuellen biologischen Sensibilität gegenüber der Entwicklung von Schmerzen basiert. Die Schmerzen nehmen keine Warnfunktion für den Körper ein, sind als pathologisch anzusehen, und können zu erheblichen funktionellen Beeinträchtigungen im Alltagsleben der Patienten führen. Lokalisierte, regionale und generalisierte Schmerzstörungen werden unterschieden. Biologische, psychische und soziale Faktoren tragen gemäß des biopsychosozialen Modells zur Entwicklung von Schmerzstörungen bei; eine periphere und zentrale Sensibilisierung des Nervensystems gegenüber Schmerzen spielt eine grundlegende Rolle. Die Diagnosestellung erfolgt nach einer körperlichen, psychischen und sozialanamnestischen Evaluation. Die Therapie stützt sich auf einen interdisziplinären, multimodalen, patientenzentrierten Ansatz und umfasst physikalische, psychologische und psychosoziale Methoden.

Definition

Regionale und generalisierte Schmerzstörungen

„Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit tatsächlicher oder potenzieller Gewebeschädigung einhergeht oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird“ (Merskey 1994). Schmerz ist nicht mit einem nozizeptiven Signal gleichzusetzen, das nach einer Gewebeschädigung von Schmerzrezeptoren gesendet und über Schmerzbahnen weitergeleitet wird. Schmerz ist vielmehr ein Sinneseindruck, der aus der multidimensionalen Verarbeitung von Signalen in der Peripherie und in verschiedenen Arealen des zentralen Nervensystems unter Einbezug biologischer, psychischer, sozialer und kultureller Faktoren resultiert. Schmerzqualität und -intensität werden entsprechend individuell und erfahrungsabhängig wahrgenommen und beschrieben.
Schmerz stellt ein lebenserhaltendes Warnsignal für den menschlichen Körper dar, wenn er im Rahmen einer akuten Erkrankung oder Verletzung auftritt. Diesem auch als „akut“ bezeichneten Schmerz liegt ein normal funktionierendes somatosensorisches Nervensystem zugrunde. Akuter Schmerz lässt mit dem Heilungsprozess des Gewebeschadens nach, bis er ganz verschwindet, und ist in der Regel durch Analgetika beeinflussbar (Merskey 1994).
Das Konzept „chronischer Schmerz“ ist komplex; eine fehlende einheitliche Terminologie erschwert das Verständnis zusätzlich. Schmerzen im Kindes- und Jugendalter werden oft als „chronisch“ definiert, wenn sie über mindestens 3 Monate anhalten oder wiederkehrend auftreten (Zernikow et al. 2012). Das Zeitfenster ist willkürlich gewählt; andere Definitionen aus der Erwachsenenmedizin gehen von einer Schmerzdauer von 6 oder 12 Monaten aus (Steingrímsdóttir et al. 2017). Die rein zeitliche Definition erleichtert die Anwendbarkeit im Alltag und den Einschluss von Patienten in klinische Studien. Sie berücksichtigt jedoch nicht die Vielschichtigkeit der Ätiologie langanhaltender Schmerzen und damit auch nicht die unterschiedlichen Anforderungen an krankheitsspezifische Therapiemaßnahmen. Mit Ausnahme von Tumorschmerzen, die oft gesondert betrachtet werden, werden unter „chronischen Schmerzen“ gleichermaßen entzündlich bedingte Schmerzen bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) (Weiss et al. 2014), Schmerzen bei chronisch nichtentzündlichen Erkrankungen wie der spastischen Zerebralparese (Parkinson et al. 2013) und der Sichelzellenanämie (Dampier et al. 2017) oder Schmerzen im Rahmen einer primären Schmerzerkrankung zusammengefasst (Nicholas et al. 2019; Liossi und Howard 2016).
Nach unserem heutigen Wissen existieren Schmerzen auch ohne (mit heutigen Mitteln) nachweisbaren oder ohne ausreichend erklärenden Gewebeschaden. Es wird angenommen, dass diese Schmerzen keine Warnfunktion für den Organismus ausüben; sie werden als an sich pathologisch verstanden (Stinson und Reid 2013). Nicht alle Schmerzen ohne nachweisbare organische Ursache nehmen einen Krankheitswert an. Sie werden dann zur eigenständigen Erkrankung, wenn sie zu physischen, psychischen und/oder sozialen Beeinträchtigungen im Alltagsleben der Betroffenen führen (Hirschfeld et al. 2015). Eine zeitliche Komponente ist in dieser Definition nicht berücksichtigt; auch Schmerzen von kurzer Dauer können einen Krankheitscharakter annehmen. Die Definition des pathologischen Schmerzes hebt viel mehr hervor, dass Prozesse der Schmerzentstehung, -verarbeitung und/oder -wahrnehmung krankhaft verändert und nicht durch einfache Schmerztherapie mit Analgetika beeinflussbar sind (Grégoire und Finley 2013). In der Literatur werden diese Schmerzen oft als „idiopathisch“ oder „funktionell“, die zugehörige Erkrankung als „Schmerzstörung“ (Zernikow et al. 2019) oder „primär chronische Schmerzen“ (Treede et al. 2019) bezeichnet. Spezifische Schmerzerkrankungen werden als „Schmerzsyndrome“ bezeichnet, wie das Komplex Regionale Schmerzsyndrom (complex regional pain syndrome, CRPS) oder benigne nächtliche Beinschmerzen (früher „Wachstumsschmerzen“).

Spezifische Schmerzsyndrome

Komplex regionales Schmerzsyndrom

Das Komplex regionale Schmerzsyndrom (complex regional pain syndrome, CRPS) wird als spezifisches Schmerzsyndrom verstanden, das sich durch (stärkste) neuropathische Schmerzen in einer Körperregion auszeichnet. Die Schmerzen sind nicht auf ein Dermatom begrenzt. Charakteristisch sind sensorische, sudomotorische, vasomotorische und trophische Störungen im betroffenen Areal. Während bei Erwachsenen in der Mehrzahl der Fälle die oberen Extremitäten betroffen sind, sind es bei Kindern und Jugendlichen die unteren Extremitäten (Zernikow et al. 2015; Mesaroli et al. 2019).

Benigne nächtliche Beinschmerzen (früher „Wachstumsschmerzen“)

Benigne nächtliche Beinschmerzen sind diffuse, rezidivierende Schmerzen zumeist der unteren Extremität im jungen Kindesalter. Die Schmerzen treten in der Regel abends und nachts auf; die Kinder sind tagsüber nicht beeinträchtigt. Eine organische Ursache wird nicht gefunden, und es besteht keine auf eine Systemerkrankung hinweisende Begleitsymptomatik (Lehman und Carl 2017). Bisher wurde keine pathogenetische Verbindung zu Wachstumsschüben gefunden. Heute wird daher zunehmend häufiger von „benignen nächtlichen Beinschmerzen des Kindesalters“ oder „Beinschmerzen des Kindesalters“ gesprochen (Muskel-Knochenschmerzen.de 2020).

Häufigkeit

Regionale und generalisierte Schmerzstörungen des Bewegungsapparats

Obwohl im klinischen Alltag als alarmierendes und von vielen Gesundheitsdienstleistern und Forschern als zunehmendes Gesundheitsproblem wahrgenommen, gibt es nur wenige systematische Studien zur Epidemiologie von Schmerzstörungen im Kindes- und Jugendalter. Die Prävalenzangaben variieren erheblich zwischen vorhandenen Studien. Unterschiedliche Definitionen des Zielparameters „chronischer Schmerz“, variable Berücksichtigung des Krankheitswerts von Schmerzen, unterschiedliche Beobachtungszeiträume und Altersgruppen sind verantwortlich.
Für Deutschland existieren Daten aus den Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) 2003–2006 des Robert Koch-Instituts, die das Schmerzerleben von 14.959 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 3 und 17 Jahren dokumentieren (Ellert et al. 2007). Insgesamt 71 % der Befragten berichteten über Schmerzen in den vorangegangenen 3 Monaten. In dieser Gruppe wurden wiederkehrende Schmerzen bei 30 % der 3- bis 10-Jährigen und bei knapp 53 % der 11- bis 17-Jährigen beobachtet; mindestens einmal pro Woche erlebten knapp 10 % der 3- bis 10-Jährigen und knapp ein Viertel (24,3 %) der 11- bis 17-Jährigen Schmerzen. Bauchschmerzen waren die häufigsten wiederkehrenden Schmerzen in der jüngeren Altersgruppe, Kopfschmerzen in der Altersgruppe der Jugendlichen. Wiederkehrende Schmerzen im Beinbereich traten bei bis zu 25 % aller Kinder und Jugendlichen mit wiederkehrenden Schmerzen auf. Die Prävalenz wiederkehrender Rückenschmerzen nahm signifikant mit dem Alter zu, und lag im Alter von 17 Jahren bei 35 % für Jungen und 40 % für Mädchen mit wiederkehrenden Schmerzen (Ellert et al. 2007).
Die letzte systematische Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2011 berichtet Prävalenzen für chronische Schmerzen unabhängig von ihrer Lokalisation zwischen 5 und 25 %, für muskuloskelettale Schmerzen der Extremitäten und des Rückens zwischen 9 und 25 %; die Prävalenz muskuloskelettaler Schmerzen nimmt mit dem Alter zu. Mädchen berichten häufiger als Jungen, an chronischen Schmerzen im Allgemeinen und an muskuloskelettalen Schmerzen der Extremitäten zu leiden; der Geschlechterunterschied ist weniger eindeutig für Rückenschmerzen (King et al. 2011). Chronische Schmerzen, die durch funktionelle Beeinträchtigungen einen Krankheitswert einnehmen, werden bei etwa 3 % aller Kinder und Jugendlichen gefunden (Huguet und Miro 2008).
Aus der Sicht der Kinderrheumatologen stellen chronische, nichtentzündliche Schmerzen bei Kindern und Jugendlichen ein signifikantes Gesundheitsproblem dar. Muskuloskelettale Schmerzen sind als häufigster Grund für die Überweisung an einen Kinderrheumatologen beschrieben (McGhee et al. 2002). Während in Südostasien nur 3 % der neu vorgestellten Kinder an chronischen Schmerzen ohne weitere diagnostizierte organische Ursache leiden, sind es in der westlichen Welt 11–30 % (Hashkes 2003; Rosenberg 2005; Lim et al. 2012). Wie in der Allgemeinpädiatrie und Allgemeinmedizin entstehen auch in der Kinderrheumatologie ethische und berufspolitische Konflikte, da der Krankheitswert der Schmerzen erkannt wird, Ressourcen zur adäquaten Behandlung jedoch nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen.

Spezifische Schmerzsyndrome

Das CRPS ist deutlich seltener als andere muskuloskelettale Schmerzstörungen; Inzidenzen oder Prävalenzen für das Kindes- und Jugendalter sind nicht bekannt. Das typische Erkrankungsalter wird mit 8–15 Jahren berichtet (Zernikow et al. 2015), Kinder im Vorschulalter sind nur vereinzelt beschrieben (Güler-Uysal et al. 2003). Mädchen erkranken deutlich häufiger als Jungen. Die Rolle des CRPS als eigenständiges Krankheitsbild wird seit Kurzem kontrovers diskutiert (Borchers und Gershwin 2017).
Obwohl in wissenschaftlichen Artikeln und populärwissenschaftlichen Texten oft als alltägliches Gesundheitsproblem beschrieben, gibt es kaum systematische Studien zur Epidemiologie benigner nächtlicher Bein- bzw. Wachstumsschmerzen. Übersichtsartikel aus den letzten Jahren beziehen ihre Daten aus älteren Publikationen bis auf das Jahr 1928 zurückgehend; Prävalenzen zwischen knapp 3 % bis knapp 50 % wurden berichtet (Lehman und Carl 2017). In der Regel sind die betroffenen Kinder zwischen 3 und 12 Jahre alt; Mädchen sind etwas häufiger als Jungen betroffen (Lehman und Carl 2017).
Cave: Benigne nächtliche Beinschmerzen sind auch in der Pubertät beschrieben (Huppertz 2013). Bei allen Patienten, besonders aber bei Jugendlichen, sollte die Diagnose erst nach sorgfältiger Anamnese und ggf. weiterer diagnostischer Abklärung gestellt werden.

Ätiologie

Unser heutiges Verständnis zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Schmerzen geht auf das biopsychosoziale Modell zurück, das eine rein biomechanische Sichtweise auf Krankheit und Krankheitsentstehung abgelöst hat (Engel 1977). Die Entstehung von Schmerzen ist nach diesem Modell multidimensional und bezieht biologische/physische, psychische, kulturelle und soziale Faktoren ein.
Es wird davon ausgegangen, dass für die Aufrechterhaltung der Schmerzen mit zunehmender Schmerzdauer die Relevanz der biologischen Komponente ab- und die Bedeutung der psychischen und psychosozialen Faktoren zunimmt (Zernikow et al. 2019).
Risikofaktoren für die Entwicklung muskuloskelettaler Schmerzen und von Schmerzstörungen sind bisher zumeist mittels Querschnittstudien hypothetisiert worden, sodass ihre Evidenz, auch wenn sie allgemein anerkannt erscheinen, nicht unbedingt gegeben ist (Huguet et al. 2016).

Biologische Faktoren

Schmerzempfindlichkeit erscheint zumindest teilweise genetisch determiniert zu sein; Polymorphismen, die eine Rolle bei der Schmerzwahrnehmung spielen könnten, wurden für über 40 Gene beschrieben. Sehr seltene monogenetische Erkrankungen sind mit vollständiger Schmerzunempfindlichkeit mit oder ohne Anhidrose (Altassan et al. 2017) oder mit starker Schmerzempfindung im Bereich der Akren bei Kälteexposition (Leipold et al. 2015) beschrieben. Zahlreiche Studien berichten eine Häufung von Schmerzstörungen wie dem Fibromyalgie-Syndrom (FMS) bei Verwandten ersten Grades; insbesondere Zwillingsstudien konnten jedoch eine genetische Determinierung für die familiäre Häufung nicht belegen (Zernikow et al. 2012).
Eine Verletzung oder akute schmerzhafte Erkrankung kann der Entwicklung einer Schmerzstörung vorangehen, ist jedoch bei einigen Patienten nicht zu eruieren. Das CRPS bei Erwachsenen wird oft nach Frakturen gefunden; im Kindes- und Jugendalter wird es jedoch in 80 % der Fälle nach Bagatelltraumen oder spontan ohne (erinnerliches) Trauma beobachtet (Borchers und Gershwin 2017). Eine Schmerzstörung kann sich sekundär im Verlauf chronischer, mit rezidivierenden Schmerzen einhergehenden Erkrankungen wie der JIA (Rashid et al. 2018), kongenitalen neuromuskulären Erkrankungen (Engel et al. 2009), der spastischen Zerebralparese (Parkinson et al. 2013) oder der Sichelzellenkrankheit (Sil et al. 2020) entwickeln.
Aus den zahlreichen weiteren biologischen Faktoren, die möglicherweise mit einem erhöhten Risiko für muskuloskelettale Schmerzstörungen einhergehen (eine erschöpfende Liste ist als Appendix in Huguet et al. 2016 zu finden), sind Mädchenwendigkeit, Hochwuchs, Übergewicht/Adipositas und Gelenkhypermobilität prospektiv untersucht worden:
Mädchen und Frauen sind häufiger von Schmerzstörungen betroffen und berichten zudem höhere Schmerzintensitäten als Jungen und Männer. Die Pubertät wird als sensible Lebensphase mit erhöhter Empfindlichkeit für die Entwicklung von Schmerzstörungen beschrieben, unabhängig vom biologischen Alter der Jugendlichen. Hormonelle Faktoren werden neben psychischen und soziokulturellen Faktoren in diesem Kontext diskutiert (Huguet et al. 2016; Zernikow et al. 2019).
Ein systematischer Review mit Metaanalyse, in den nur prospektive Studien eingeschlossen wurden, konnte einen Zusammenhang zwischen Übergewicht/Adipositas und der Entwicklung einer Schmerzstörung nicht bestätigen (Huguet et al. 2016). Ob Adipositas die körperliche Funktionsfähigkeit bei Kindern und Jugendlichen mit etablierten chronischen Schmerzen zusätzlich negativ beeinflusst, wird kontrovers diskutiert (Stoner et al. 2017; Gauntlett-Gilbert et al. 2020).
Gelenkhypermobilität ohne weitere Symptome ist keine Seltenheit, tritt in unterschiedlichen ethnischen Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlicher Häufigkeit auf, nimmt in der Regel mit dem Alter ab und hat an sich keinen Krankheitswert. Gelenkhypermobilität wird als Krankheitsentität aufgefasst, wenn weitere Symptome hinzutreten, wie muskuloskelettale Schmerzen (Cattalini et al. 2015). Bei diesem sogenannten benignen Hypermobilitätssyndrom werden mechanische Faktoren, die zu rezidivierenden Mikrotraumen führen, als Ursache für rezidivierende Schmerzen diskutiert. Zwei prospektive Studien haben insgesamt 2057 Schulkinder über einen Beobachtungszeitraum von mindestens 4 Jahren untersucht und fanden keinen signifikanten Zusammenhang zwischen genereller Gelenkhypermobilität und der Entwicklung muskuloskelettaler Schmerzen (Mikkelsson et al. 2008; Sohrbeck-Nøhr et al. 2014; Huguet et al. 2016).
Die Theorien zur Ätiologie benigner nächtlicher Beinschmerzen sind vielfältig, definitive Risikofaktoren jedoch nicht bekannt (Lehman und Carl 2017; Huppertz 2013). Der sogenannten „Ermüdungstheorie“ zufolge entstehen Schmerzen durch körperliche Aktivität bei gleichzeitig niedriger Knochendichte im Bereich der Tibia. Unterstützt wird diese Hypothese von Erfahrungsberichten, dass Kinder oft nach einem Tag mit vermehrter körperlicher Aktivität am Abend über Beinschmerzen klagen. Es bleibt jedoch anzumerken, dass die Knochendichte in dieser Studie mittels Ultraschall gemessen wurde und die Validität dieses Verfahren an sich umstritten ist.

Psychische Faktoren

Schmerzverhalten wurde erstmals von Wilbert E. Fordyce als maßgeblich für die Entwicklung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen beschrieben (Fordyce 1976). Schmerzverhalten kommuniziert erstens die Gegenwart von Schmerz und zweitens, wie der Schmerz wahrgenommen wird – entweder verbal mittels Beschreibung der Schmerzqualität, -lokalisation und -stärke, Beschreibung von Disstress, Klagen oder Stöhnen, oder nichtverbal mittels schmerzbezogener Körperhaltungen oder Grimassieren, Aufgeben von Aktivitäten oder Einnahme von Medikamenten.
Das Schmerzverhalten der Kinder und Jugendlichen mit Schmerzstörungen kann zu vermehrter elterlicher Aufmerksamkeit und Zuwendung oder zu elterlicher Ablehnung und Kritik führen. Viele Eltern neigen zu protektivem Verhalten aufgrund von eigener Ängstlichkeit und katastrophisierenden Gedanken. Lerntheorien zufolge resultiert aus diesen, zumeist unbewussten elterlichen Verhaltensweisen eine Verstärkung der Schmerzempfindung des Kindes und Funktionseinschränkung im Alltag (Lynch-Jordan et al. 2018). Nicht allzu selten leiden Eltern von Kindern mit Schmerzen selbst an chronischen Schmerzen (Stone und Wilson 2016). Die Schmerzerfahrungen der Eltern, ihr Umgang mit ihren Schmerzen, ihre Stimmung und ihre Funktionsfähigkeit im Alltag sind wahrscheinlich direkt mit der Schmerzerfahrung und Funktionsfähigkeit ihrer Kinder assoziiert (Poppert Cordts et al. 2019; Neville et al. 2020).
Vermutlich ist mehr als die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen, die an einer Schmerzstörung leiden, ängstlich oder leiden an einer Angststörung; depressive Symptome können ebenfalls bestehen. Angst und depressive Verstimmung werden heute als vorbestehende Risikofaktoren für die Entwicklung einer Schmerzstörung verstanden, nicht als Folge (Tegethoff et al. 2015). Angst, Frustration und depressive Gefühle können über den Krankheitsverlauf zunehmen (Vinall et al. 2016). Je jünger die Kinder sind, desto häufiger stehen Ängste im Vordergrund, bei älteren Kindern und Jugendlichen eher eine depressive Symptomatik (Shelby et al. 2013). Spezifische schmerzbezogene Ängste und Katastrophieren, das sich als Grübeln, Überdimensionieren („magnification“) und Hilflosigkeit äußert, führen zur verstärkten Schmerzwahrnehmung (Miller et al. 2018). Eine spezifische Furcht vor Schmerzen führt zu Vermeidungsverhalten und Aufrechterhaltung funktioneller Einschränkungen im Alltagsleben wie Rückzug aus Schule, Sport und sozialem Leben (Fear-Avoidance-Modell, Vlaeyen und Linton 2000). Halten Patienten und ihre Angehörigen an dem Konzept fest, dass der anhaltende Schmerz als Warnsignal für eine Gefahr für den Körper hinweist, besteht die Gefahr, dass der Schmerz zum Mittelpunkt des Lebens der Patienten und ihrer gesamten Familie wird.
Viele Jugendliche mit chronischen Schmerzen leiden an Ein- und Durchschlafstörungen, nicht erholsamem Schlaf und ausgeprägter Tagesmüdigkeit (Badawy et al. 2019). Angststörungen und depressive Symptomatik können Schlafdauer und -qualität zusätzlich negativ beeinflussen. Heute wird angenommen, dass persistierender Schlafmangel und/oder nicht erholsamer Schlaf zu stärkerer Schmerzempfindung und Funktionseinschränkung führt und das Neuauftreten chronischer Schmerzen begünstigt (Evans et al. 2017; Badawy et al. 2019).

Soziale und kulturelle Faktoren

Der Umgang mit Schmerzen im kulturellen Umfeld, innerhalb der Familie und in der Peergroup beeinflussen Schmerzwahrnehmung und -aufrechterhaltung. Schmerzen sind subjektiv und nicht sichtbar; Kinder und Jugendliche fühlen sich nicht selten der Erfahrung ausgesetzt, dass an ihren Schmerzen gezweifelt wird. Damit werden sie zum potenziellen Angriffspunkt für Stigmatisierung. Schmerzbasierte Stigmatisierung beeinflusst wahrscheinlich erheblich Identitätsentwicklung und Selbstvertrauen der betroffenen Kinder und Jugendlichen und ihr Vertrauen in soziale Kontakte und zwischenmenschliche Beziehungen (Wakefield et al. 2018). Ein geringes Selbstwertgefühl, negative kritische Lebensereignisse und anhaltender emotionaler Stress tragen möglicherweise zur Chronifizierung von Schmerzen bei, insbesondere beim CRPS (Wager et al. 2015). Neben einem positiven Selbstwertgefühl wirken ein familiärer Zusammenhalt, soziales Vertrauen und das Gefühl, nicht allein zu sein, als protektive Faktoren (Tan et al. 2019; Ross et al. 2018).
Einen besonderen Stellenwert als multidimensionaler Stressfaktor nimmt die Schule ein (Zernikow et al. 2019): Aus sozialer Sicht führen Schmerzen oft zu einem ablehnenden Verhalten Gleichaltriger gegenüber betroffenen Kindern und Jugendlichen. Eine wahrscheinlich verstärkte Empfindlichkeit gegenüber Viktimisierung (Fales et al. 2018) begünstigt die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche mit einer Schmerzerkrankung ausgegrenzt werden oder sich ausgegrenzt fühlen. Schulfehlzeiten verstärken die gefühlte oder die tatsächliche Ausgrenzung. Betroffene Kinder und Jugendliche fassen das Verhalten von Lehrern auf Schmerzen oft als nicht oder nur wenig unterstützend auf; dies wird insbesondere offenbar, wenn sie aufgrund ihrer Schmerzen nur teilweise oder gar nicht am Sportunterricht teilnehmen wollen/können. Schulfehlzeiten können darüber hinaus zu einem Leistungsabfall und zusätzlichem Leistungsdruck führen. Leistungsangst, soziale Angststörungen und die Angst vor Schmerzen tragen zum Schulvermeidungsverhalten und letztlich zur Chronifizierung von Schmerzen bei.
Cave: Einige Kinder und Jugendliche mit einer Schmerzstörung leiden an einer Lese-Rechtschreib-Schwäche oder anderen Lernbeeinträchtigungen, die, wenn sie nicht erkannt und adäquat behandelt werden, einen (vermeidbaren) negativen Stressor im Schulalltag darstellen.

Klassifikation

Klassifikation regionaler und generalisierter Schmerzstörungen des Bewegungsapparats

Die Terminologie und Klassifikation von Schmerzstörungen des Kindes- und Jugendalters im Allgemeinen und des Bewegungsapparats im Besonderen ist uneinheitlich und wird kontrovers diskutiert (Deutsche Schmerzgesellschaft 2017). Eine Ursache stellt die historisch ausgesprochene Vielfalt von Schmerzsyndromen und die unausweichliche Beteiligung zahlreicher Fachdisziplinen in deren Diagnosestellung und Therapie dar (Merskey 1994), eine andere die fehlende Validierung aller vorhandenen Diagnosekriterien für das Kindes- und Jugendalter.
Die zahlreichen Schmerzstörungen des Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalters werden heute als ein Erkrankungsspektrum aufgefasst, das auf einer biologischen Sensibilität oder Vulnerabilität gegenüber der Entwicklung von Schmerzen basiert (von Baeyer und Champion 2011). Schmerzstörungen unterschiedlicher Regionen wie chronische Kopf-, Bauch- und muskuloskelettale Schmerzen, lokalisierte Schmerzen wie Kiefergelenksschmerzen, oder generalisierte Schmerzen werden dementsprechend nicht mehr als unterschiedliche Krankheitsentitäten mit unterschiedlicher Pathophysiologie und eigenen Therapien aufgefasst.
Grundsätzlich können muskuloskelettale Schmerzstörungen lokalisiert auf eine Körperstelle, z. B. ein Gelenk, auftreten oder eine Körperregion betreffen, z. B. Rückenschmerzen. Treten die Schmerzen in mehreren Körperregionen gleichzeitig auf, werden sie als „diffus“ oder „generalisiert“ bezeichnet (widespread pain) (Wolfe et al. 2016).
Exkurs: Diagnosekriterien des Fibromyalgie-Syndroms
Die Definition der Ausdehnung muskuloskelettaler Schmerzen über die betroffenen Körperregionen geht auf die Diagnosekriterien des Fibromyalgie-Syndroms (FMS) zurück. Für die Diagnosestellung „generalisierte Schmerzen“ sind nach den Yunus-Kriterien für das juvenile FMS 3 von 5 Körperregionen erforderlich (Tab. 1, Yunus et al. 1981); nach den aktuellen FMS-Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) müssen mindestens 7 von 19 Körperregionen betroffen sein (Wolfe et al. 2016).
Tab. 1
Die Diagnosekriterien des Fibromyalgie-Syndroms im Kindes- und Erwachsenenalter
Parameter
Juveniles Fibromyalgie-Syndrom
Fibromyalgie-Syndrom, ACR 2016 Kriterien
ICD-10
ICD 10 M79.7
ICD 10 M79.7
Dauer der Symptomatik
≥3 Monate
≥3 Monate
Kriterien
Alle Kriterien müssen erfüllt sein:
• Dauer der Symptomatik mindestens 3 Monate
• Mindestens 3 Körperregionen, davon mindestens 1 Achsenskelett
• Schmerzhafte Palpation von 5/11 Schmerzpunkten)
• Normale Laboruntersuchungen
• Mindestens 3 von 10 weiteren Symptomen
Alle Kriterien müssen erfüllt sein:
• Dauer der Symptomatik mindestens 3 Monate
• Generalisierter Schmerz: Schmerz in 4/5 Körperregionen
• Regionaler Schmerzindex ≥7/19 und Symptomschwere Score ≥5/12 oder
• Regionaler Schmerzindex 4–6/19 und Symptomschwere Score ≥ 9/12
Anmerkungen
 
Die Diagnose kann unabhängig von anderen Erkrankungen gestellt werden, die möglicherweise zu den Symptomen beitragen.
Die Druckpunkte wurden aufgrund mangelnder Validität aus den Kriterien genommen
Körperregionen
Achsenskelett:
• Halswirbelsäule
• vorderer Brustkorb
• Brustwirbelsäule
• Lendenwirbelsäule
Rechte Körperhälfte
Linke Körperhälfte
Körper oberhalb der Taille
Körper unterhalb der Taille
Linke obere Region (1):
• Kiefer
• Schultergürtel
• Oberarm
• Unterarm
Rechte obere Region (2):
• Kiefer
• Schultergürtel
• Oberarm
• Unterarm
Linke untere Region (3):
• Hüfte (Gesäß/Trochanter), Oberschenkel
• Unterschenkel
Rechte untere Region (4):
• Hüfte (Gesäß/Trochanter)
• Oberschenkel
• Unterschenkel
Axiale Region (5):
• Nacken
• Oberer Rücken
• Unterer Rücken
• Brust
• Bauch
Druckpunkte
Knorpel-Knochen-Grenze der 2. Rippe
Trochanter major (Beckenaußenseite)
Fettkörper im Bereich des mittleren Kniegelenks
Trapeziusansatz am Hinterkopf
Querfortsätze der Halswirbel (C4–C6)
Mitte des oberen Randes des M. trapezius
M. supraspinatus am Ursprung oberhalb der Spina scapula
Ellenbogen (Epicondylus lateralis)
Oberer, äußerer Quadrant der Glutealmuskulatur
 
Weitere Symptome/Score
Weitere Symptome:
• Chronische Kopfschmerzen
• Taubheitsgefühl
• Tagesmüdigkeit
• Chronische Angst oder Anspannung
• Schmerzmodulation durch Bewegung
• Schmerzmodulation durch Wetterfaktoren
• Schmerzmodulation durch Angst/Stress
Symptomschwere-Score:
0=nicht vorhanden bis 3=extrem ausgeprägt
• Müdigkeit
• Nicht erholsamer Schlaf
• Kognitive Probleme
0=nicht vorhanden, 1=vorhanden
• Kopfschmerzen
• Depression
Nach der heute noch aktuellen ICD10 können Schmerzstörungen des Bewegungsapparats, die einen eigenen Krankheitswert durch physische, psychische und/oder soziale Beeinträchtigungen im Alltagsleben einnehmen und mindestens 3 Monate andauern, wie folgt klassifiziert und kodiert werden:
  • FMS (ICD10 M79.7): In der Kinderrheumatologie wurde in Analogie zur Erwachsenen-Rheumatologie die Diagnose des Juvenilen FMS in den 1980er-Jahren etabliert (Tab. 1, Yunus et al. 1981). Weder die Yunus-Kriterien noch die ACR-Kriterien für das adulte FMS (Tab. 1, Wolfe et al. 2016) sind für das Kindesalter hinreichend validiert worden. In der Arbeitsgruppe, die die AWMF-Leitlinie zum FMS im Jahre 2019 aktualisiert hat, bestand ein Dissens über die heutige Anwendung der Diagnose des FMS im Kindes- und Jugendalter im Allgemeinen, der nicht nur die Situation in Deutschland, sondern international widerspiegelt (Deutsche Schmerzgesellschaft 2017; Häuser und Fitzcharles 2018).
  • „Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren“ (ICD 10 F45.41): Die Diagnose gehört zu den somatoformen Störungen. Sie basiert auf der Interaktion zwischen einer definierten Krankheit als initialen Schmerzauslöser und definierten psychischen Faktoren, die den Schweregrad der Schmerzen beeinflussen und zu ihrer Chronifizierung beitragen (Nilges und Rief 2010).
Symptomorientierte Diagnose-Codes wie „Gelenkschmerz“ (ICD10 M25.5) bei lokalisierten oder regional begrenzten Schmerzen sollten nicht verwendet werden, da sie den eigenen Krankheitswert der Schmerzen nicht berücksichtigen.
Die Klassifikation von Schmerzstörungen als Krankheitsspektrum kann erstmals am ehesten nach der neu verabschiedeten International Classification of Diseases (ICD) 11 kodiert werden: Sie unterscheidet „primär“ und „sekundär“ chronische Schmerzen (des Bewegungsapparats, des Kopfs und innerer Organe), postoperative Schmerzen, Tumorschmerzen, und neuropathische Schmerzen. „Primär chronische Schmerzen“ stellen eine eigene Krankheitsentität unabhängig von einer zugrunde liegenden Erkrankung oder Verletzung dar. Grundlage stellt das biopsychosoziale Modell der Schmerzgenese dar, wobei einzelne somatische und psychologische Faktoren für die Diagnose nicht identifiziert werden müssen (Treede et al. 2015; Treede et al. 2019).
Der in der Kinderrheumatologie oftmals verwendete Begriff „Schmerzverstärkung“ und die Diagnose primäres oder sekundäres „Schmerzverstärkungssyndrom“ sollten nach heutigem Wissensstand nicht mehr verwendet werden. „Schmerzverstärkung“ impliziert eine direkte Korrelation zwischen der Stärke eines nozizeptiven Stimulus und der Schmerzintensität. Die Signale des Nozizeptors oder der nozizeptiven Bahnen sind jedoch nicht mit der Sinneswahrnehmung „Schmerz“ gleichzusetzen. Schmerz ist immer eine Empfindung und basiert auf biologischen, psychischen und sozialen Einflüssen, die nozizeptive Signale modulieren und zur subjektiven Schmerzwahrnehmung führen. Es gibt daher keinen „objektiv messbaren“ Schmerz, der als Standard verwendet und an dem eine „Verstärkung“ gemessen werden kann.

Klassifikation spezifischer Schmerzsyndrome

Diagnosekriterien des CRPS

Die Diagnose des CRPS wird nach den Budapester Kriterien gestellt (Übersicht, Harden et al. 2007). Das CRPS wird als „Krankheit des autonomen Nervensystems“ kodiert (ICD10 G90.5).
Budapester Kriterien zur Diagnosestellung des CRPS
Folgende Kriterien müssen für die Diagnose des CRPS erfüllt sein:
1.
Anhaltender Schmerz, der durch ein initiales Trauma nicht mehr erklärt wird.
 
2.
Die Patienten müssen mindestens ein Symptom aus 3 der 4 Kategorien in der Anamnese berichten.
 
3.
Bei den Patienten muss mindestens ein Symptom aus 2 der 4 Kategorien zum Zeitpunkt der Untersuchung vorliegen.
 
4.
Eine andere Erkrankung erklärt die Symptomatik nicht hinreichend.
 
Symptome, die von den Patienten in der Anamnese berichtet werden:
  • Hyperästhesie (Überempfindlichkeit für Berührung); Allodynie (nicht schmerzhafte Reize werden als schmerzhaft empfunden).
  • Asymmetrie der Hauttemperatur; Veränderung der Hautfarbe.
  • Asymmetrie im Schwitzen; Ödem.
  • Reduzierte Beweglichkeit, Dystonie, Tremor, Schwäche; Veränderungen von Haar- oder Nagelwachstum.
Symptome, die zum Zeitpunkt der Untersuchung vorliegen:
  • Hyperalgesie auf spitze Reize (z. B. Zahnstocher); Allodynie; Hyperästhesie.
  • Asymmetrie der Hauttemperatur (>1 °C).
  • Asymmetrie im Schwitzen; Ödem.
  • Reduzierte Beweglichkeit, Dystonie, Tremor, Schwäche; Veränderungen von Haar- oder Nagelwachstum.

Diagnosekriterien benigner nächtlicher Beinschmerzen

Die Diagnose benigner nächtlicher Beinschmerzen basiert auf rezidivierenden Schmerzen der unteren Extremitäten (s. Übersicht, Peterson 1986; Huppertz 2013). Sie werden als „Sonstige und nicht näher bezeichnete Symptome, die das Nervensystem und das Muskel-Skelett-System betreffen“ (ICD10 R29.8) kodiert.
Kriterien zur Diagnosestellung benigner nächtlicher Beinschmerzen
Alle Kriterien müssen erfüllt sein (Huppertz 2013; Peterson 1986):
1.
Die Schmerzen betreffen gleichzeitig oder alternierend beide Schienbeine, Waden, Oberschenkel und/oder die Kniekehlen, selten die oberen Extremitäten, nicht die Gelenke.
 
2.
Die Schmerzen treten gewöhnlich ein- oder zweimal pro Woche am späten Nachmittag oder in der Nacht auf und sind am nächsten Morgen vollständig abgeklungen. Zwischen den Episoden bestehen keine Schmerzen.
 
3.
Die körperliche Untersuchung und laborchemische Analysen (Blutbild, CrP) sind unauffällig.
 

Pathogenese

Werden akute Schmerzen nicht ausreichend behandelt und/oder treten Schmerzen wiederkehrend auf, kann eine periphere und zentrale Sensibilisierung des nozizeptiven Systems resultieren, auch nach mehrjähriger Latenz. Die Sensibilisierung kann zu einer veränderten Schmerzwahrnehmung und langfristig zur Entstehung „pathologischer“ Schmerzen führen (Zernikow et al. 2019).
Exkurs: Schmerzrezeptoren
Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) sind freie Nervenendigungen schnellerer, myelinisierter Aδ-Fasern und langsamer, nichtmyelinisierter C-Fasern; sie kommen ubiquitär im Körper mit Ausnahme des Gehirns vor. Nach Erkennung durch Nozizeptoren wird ein nozizeptives Signal aus der Peripherie zum Hinterhorn des Rückenmarks geleitet und dort direkt oder indirekt auf Projektionsneurone übertragen. Projektionsneurone übermitteln die Erregung an übergeordnete Zentren auf zwei verschiedenen Wegen: Eine schnelle Verbindung besteht über den lateralen Thalamus zum somatosensorischen Kortex (neospinothalamische Bahn). Erreicht ein Schmerzsignal den somatosensorischen Kortex, wird Schmerz als Empfindung wahrgenommen, lokalisiert und sein Schweregrad beurteilt. Eine langsamere Verbindung besteht über das periaquäduktale Grau, den Hypothalamus und die medialen Anteile des Thalamus zum limbischen System und frontalen Kortex (paleospinothalamische Bahn). Hier werden die Schmerzsignale mit Emotionen und Erinnerung assoziiert. Spinale Verschaltungen hemmen die Weiterleitung von Schmerzsignalen nach zentral und wirken nach der Gate-Control-Theorie als Schranke zum Schutz des Körpers vor Überflutung mit Schmerzsignalen (Melzack und Wall 1965). Die Hemmung erfolgt über erstens hemmende spinale Interneurone, zweitens Aβ-Fasern, die Signale aus der Peripherie für Berührung, Druck und Vibration weiterleiten und die Projektionsneurone entweder direkt oder indirekt über Aktivierung der hemmenden Interneurone hemmen, und drittens über hemmende absteigende Bahnen aus dem Hirnstamm.

Periphere Sensibilisierung des nozizeptiven Systems

Nozizeptoren reagieren nicht wie andere Rezeptoren mit einer Herunterregulierung bei wiederholter Aktivierung. Sie reagieren mit einer verminderten Reizschwelle und damit einer erhöhten Empfindlichkeit und verlängerten Reaktion nach einem wiederholten Reiz. Dies ist einer der bekannten Mechanismen, der zur peripheren Sensibilisierung des nozizeptiven Systems beiträgt. Klinisch kann sich eine periphere Sensibilisierung als Hyperalgesie (gesteigerte Schmerzempfindlichkeit), Allodynie (Schmerzempfindung auf nicht schmerzhafte Reize wie Druck oder Berührung) oder als spontaner Schmerz zeigen.

Zentrale Sensibilisierung des nozizeptiven Systems

Die sogenannte synaptische Langzeitpotenzierung stellt einen Mechanismus der zentralen Sensibilisierung des nozizeptiven Systems auf Rückenmarksebene dar: Hierbei spielt die Glutamat-vermittelte Aktivierung spinaler NMDA-Rezeptoren im Rahmen starker Schmerzreize eine entscheidende Rolle. Die Folge ist eine stark vermehrte Freisetzung von Kalzium, das als intrazellulärer Botenstoff zu Veränderungen in verschiedenen Signaltransduktionswegen sowie zusätzlich zum programmierten Zelltod besonders empfindlicher GABAerger, hemmender Neurone beiträgt. Folge ist eine dauerhaft verstärkte Übertragung nozizeptiver Signale auf die nozizeptiven Projektionsneurone im Hinterhorn des Rückenmarks. Schwache Schmerzreize können so langfristig zu einer starken Erregung potenziert werden; Hyperalgesie, Allodynie und spontaner Schmerz können die Folge sein.
Die funktionellen Veränderungen der Signaltransduktionswege als Teil der zentralen Sensibilisierung werden auch als „Schmerzgedächtnis“ bezeichnet. Sie sind vergleichbar mit dem Erlernen von motorischen Fähigkeiten. Die Hemmung der Schmerzleitung über absteigende Bahnen vom Hirnstamm zum Rückenmark vermittelt möglicherweise einen Schutz vor der Entwicklung eines Schmerzgedächtnisses. Ist diese Hemmung bei einem Individuum weniger stark ausgeprägt, kann eine erhöhte Empfindlichkeit für zentrale Sensibilisierungsprozesse bestehen.

Klinische Symptome

Leitsymptom Schmerz

Schmerz ist definierendes Leitsymptom einer (muskuloskelettalen) Schmerzstörung. Große und kleine Gelenke einschließlich der Wirbelsäule, Knochen, Muskeln, Sehnen und/oder Sehnenansätze können betroffen sein. Charakteristisch für Schmerzstörungen ist, dass die Schmerzen in ihrer Frequenz, Lokalisation, Intensität und Qualität intraindividuell stark fluktuieren können (Grégoire und Finley 2013). Einige Patienten berichten über Taubheitsgefühle und Parästhesien.
Mit Zunahme der Schwere einer Schmerzerkrankung beschreiben betroffene Kinder und Jugendliche ihren Schmerz oft als konstant und gleichbleibend stark mit nur geringer Variation über den Tag. Die Schmerzen sprechen in der Regel nicht auf Analgetika wie Paracetamol oder nichtsteroidale Antiphlogistika an (Grégoire und Finley 2013).
Der Schmerz beim CRPS ist neuropathisch und wird oft als brennend, schneidend, und/oder einschießend beschrieben. Die Schmerzen sprechen in der Regel nicht auf Analgetika wie Paracetamol oder nichtsteroidale Antiphlogistika an.
Bei benignen nächtlichen Beinschmerzen sind zumeist die Schienbeine, aber auch die Waden, Oberschenkel und/oder Kniekehlen betroffen, in der Regel nicht die Gelenke selbst. Die Schmerzen treten abends und nachts auf, sodass die Kinder aus dem Schlaf aufwachen. Die Kinder sind tagsüber nicht beeinträchtigt und in der Regel ohne Einschränkung aktiv. Die Schmerzen sprechen in der Regel auf Massieren und Analgetika an (Huppertz 2013).

Körperliche Begleitsymptome

Kinder und Jugendliche, die von einer generalisierten muskuloskelettalen Schmerzstörung betroffen sind, leiden oft auch unter rezidivierenden Migräne- oder Spannungskopfschmerzen, Brust-, Bauch- und/oder Menstruationsschmerzen.
Viele Patienten berichten Symptome wie Schwindel, Fatigue, Schlappheit, fehlende Energie, verschwommenes Sehen, „Schwarzwerden vor den Augen“ und/oder Herzrasen. Dekonditionierung, Angst und Katastrophieren triggern und verstärken die Symptome. Andere vegetative Symptome, die die Patienten beklagen und die als Stressantwort auf Schmerz und Angst zu verstehen sind, umfassen kalte und feuchte Hände, die marmoriert, rötlich und/oder zyanotisch erscheinen.

Psychosoziale Symptome

Viele Patienten mit Schmerzstörungen berichten über einen nicht erholsamen Schlaf, Ein- und Durchschlafstörungen (Kashikar-Zuck et al. 2016). Nächtliche Aktivitäten am Bildschirm tragen zu einem gestörten Tag-Nacht-Rhythmus bei. Andauernde Müdigkeit am Tage ist die Folge; fehlender nächtlicher Schlaf wird ggf. tagsüber nachgeholt.
Angst vor einer ernsthaften organischen Erkrankung und Katastrophieren führen zur Konsultation zahlreicher Gesundheitsdienstleister. Furcht vor Schmerzen führt zu Vermeidungsverhalten; die Kinder und Jugendlichen ziehen sich zunehmend von sportlichen oder oftmals sogar allen körperlichen Aktivitäten zurück, versäumen erhebliche Zeit in der Schule, fallen in ihren Schulleistungen ab und geben soziale Kontakte auf. Gemeinsame Unternehmungen mit Freunden oder der Familie finden kaum oder gar nicht mehr statt, körperliche Inaktivität und soziale Isolation sind die Folge (Friedrichsdorf et al. 2016). Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag und Isolation können zusätzlich verstärkt werden, wenn Symptome einer generalisierten Angststörung, einer Panikstörung (Brustschmerzen können Symptom einer Panikattacke sein!) oder sozialen Phobie hinzutreten.

Diagnose und Differenzialdiagnosen

Diagnosestellung regionaler und generalisierter Schmerzstörungen des Bewegungsapparats

Eine muskuloskelettale Schmerzstörung kann angenommen werden, wenn persistierende oder wiederkehrende Schmerzen nicht ausreichend mit einem organischen Korrelat erklärt werden können und zu physischen, psychischen und/oder sozialen Beeinträchtigungen im Alltagsleben führen. Entsprechend der Pathophysiologie sollte idealerweise eine medizinische, physiotherapeutische/ergotherapeutische, psychologische, und soziale Evaluation erfolgen.
Die zu erwägenden Differenzialdiagnosen sind vielfältig und abhängig vom Alter der Patienten, der Schmerzlokalisation und Ausbreitung der Schmerzen. Mit einer detaillierten Anamnese und körperlichen Untersuchung lassen sich viele Differenzialdiagnosen ausschließen. Im Rahmen der klinischen Evaluation sollten die in Tab. 2 genannten Aspekte berücksichtigt werden.
Tab. 2
Anamnese bei Patienten mit Verdacht auf eine muskuloskelettale Schmerzstörung
Parameter
Charakteristika
Schmerzsymptomatik
Beginn und Dauer der Schmerzsymptomatik
Initiales Schmerzereignis/Trauma
Schmerzintensität: Die Quantifizierung der Schmerzintensität kann mithilfe numerischer Schmerzskalen oder für Kinder zwischen 4 und 16 Jahren die Schmerzskala mit Gesichtern für Kinder (Face pain scale revised, Tsze et al. 2013)
Schmerzlokalisation, -ausdehnung und -ausstrahlung
Schmerzqualität
Verlauf der Schmerzsymptomatik:
• Konstanter oder episodischer Schmerz mit schmerzfreien Intervallen
• Tageszeitliche Schwankungen in der Schmerzintensität und nächtliche Schmerzen
• Zu- oder Abnahme der Schmerzen über die Zeit
• Schmerzauslösende, -verstärkende und -lindernde Faktoren
Lokale/regionale Symptome
Rötung
Schwellung
Bewegungseinschränkung
Muskelschwäche
Parästhesien
Taubheitsgefühl
Weitere Schmerzlokalisationen
Brustschmerzen
Menstruationsschmerzen
Systemische Symptome
Fatigue/Tagesmüdigkeit
Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme
Fieber, Nachtschweiß
Orthostatische Symptome als Hinweise für eine bestehende Dekonditionierung
Bekannte Grunderkrankungen
Psychische Symptomatik
Tages-Nacht-Rhythmus und Schlafgewohnheiten
Schmerzbezogene Ängste
Furcht vor den Schmerzen
Allgemeine Ängste, Panikattacken
Zwanghaftes Verhalten
Depressive Symptome
Einschneidende Lebensereignisse/Trauma/posttraumatische Belastung
Selbstverletzendes Verhalten
Substanzmissbrauch
Funktionelle Beeinträchtigungen
Aktuelle körperliche Aktivität im Vergleich zur körperlichen Aktivität vor Beginn der Schmerzen (Leistungssport versus körperliche Inaktivität)
Schulbesuch und Schulleistungen im Verlauf
Soziales Leben
Bisherige Diagnostik
Bisherige Therapien und ihre Wirksamkeit
Medikamente
Physiotherapien/Ergotherapien
Alternative Therapien
Psychologische Therapien
Potenzielle Ressourcen
Freundeskreis
Hobbies
Zukunftsvision
Ziele
Entwicklungsanamnese
Motorik
Sprache
Familienanamnese
Chronische Erkrankungen
Psychische und psychiatrische Erkrankungen
Chronische Schmerzen
Familiäre Konflikte/Stressfaktoren
Eine weiterführende (apparative und invasive) Diagnostik bei dringendem Verdacht auf eine Schmerzstörung ist sorgfältig abzuwägen, um zusätzliche Furcht vor Untersuchungen und den Befunden, Frustrationen bei negativen Ergebnissen und einen Aufschub adäquater interdisziplinärer, multimodaler Schmerztherapien zu vermeiden.

Biologische Ebene

Lokal oder regional begrenzte Schmerzen des Bewegungsapparats können entwicklungs- und wachstumsbedingt oder durch biomechanische Störungen, Überbeanspruchungssyndrome, entzündliche oder neoplastische Erkrankungen hervorgerufen werden (Tab. 3). Myopathien, periphere Neuropathien und zentralnervöse Erkrankungen wie die multiple Sklerose, entzündliche, hämatologische, onkologische und metabolische Systemerkrankungen können diffuse oder generalisierte Schmerzen am Bewegungsapparat auslösen (Tab. 3). Generalisierte muskuloskelettale Schmerzen werden oft als „überall vorhanden“ berichtet; Schmerzen bei Systemerkrankungen können jedoch auch in mehreren, in der Regel definierten Körperregionen oder lokalisiert auftreten.
Tab. 3
Somatische Differenzialdiagnosen muskuloskelettaler Schmerzstörungen
Krankheitsgruppe
Schmerzlokalisation: Lokal/regional
Schmerzlokalisation: Oft, aber nicht ausschließlich mehrere Körperregionen betreffend
Biomechanische Störungen
Achsfehlstellungen
Überbeweglichkeit einzelner Gelenke wie der Kniegelenke
Anlagebedingte Bandverkürzungen
Impingement des Acetabulums
Kontrakturen, z. B. durch Muskelspastik
Generalisierte Überbeweglichkeit der Gelenke (kontrovers als Schmerzauslöser diskutiert)
Entwicklungs-/Wachstumsbedingte Störungen
Morbus Perthes (Legg-Calvé-Perthes Erkrankung)
Osgood-Schlatter-Syndrom
Epiphysiolysis capitis femoris
 
Überbeanspruchungssyndrome
Handgelenksverletzungen bei Turnern
„Tennis-Ellenbogen“, „Golfer-Ellenbogen“
 
Entzündliche Erkrankungen
Chronische Infektionen:
• Lyme-Arthritis
• Gelenk-/Knochentuberkulose
Chronische nichtbakterielle Osteomyelitis
Immunreaktive Arthritiden
Coxitis fugax
Chronisch-rezidivierende multifokale Osteomyelitis
Multiple Sklerose
Gutartige Tumoren des Bewegungsapparats
Pigmentierte villonoduläre Synovitis
Gefäßanomalien
 
Neoplastische Erkrankungen
Fibrosarkom
Andere Lympho- und myeloproliferative Syndrome
Hämatologische Erkrankungen
 
Sichelzellenanämie
Metabolische Erkrankungen
 
Vitamin-D-Defizienz (Rachitis)
Die Liste umfasst Beispiele und ist nicht als vollständig zu verstehen.
Cave: Schmerzen bei einer sekundären chronischen Schmerzstörung können die Exazerbation einer Grunderkrankung vortäuschen, z. B. der JIA, und sprechen nicht oder kaum auf Therapien der Grunderkrankung an.
Warnzeichen, die zur Erwägung weiterer Diagnostik bei muskuloskelettalen Schmerzen führen sollten (Friedrichsdorf et al. 2016; Wager et al. 2019)
(Die Liste soll eine Hilfestellung geben, erhebt jedoch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.)
Symptome
  • Allgemeinsymptome:
    • Gewichtsverlust (oder Gewichtsstillstand/mangelnde Gewichtszunahme),
    • Nachtschweiß.
  • Lokale/regionale muskuloskelettale Symptome:
    • Morgensteifigkeit oder morgendliche Schmerzen,
    • Ruheschmerz mit Linderung unter körperlicher Aktivität,
    • nächtliche Schmerzen, die sich durch Massage oder Analgetika nicht beeinflussen lassen,
    • fehlende Besserung oder Verschlechterung von Rückenschmerzen unter (limitierter) Sportkarenz bei Leistungssportlern oder trotz Physiotherapie.
  • Neurologische Symptome:
    • Rückenschmerzen mit Schmerzausstrahlung in die Unterschenkel, Füße,
    • Rückenschmerzen mit Funktionsstörungen von Blase oder Mastdarm,
    • Dreh- oder Schwankschwindel (im Gegensatz zu einem diffusen Schwindelgefühl).
Klinische Zeichen
  • Lokale Befunde:
    • Rötung,
    • Überwärmung,
    • Schwellung,
    • passive Bewegungseinschränkung,
    • Atrophie in von der Schmerzregion abhängigen Muskelgruppen,
    • Druckdolenz über Knochen.
  • Neurologische Befunde:
    • Dermatom-begrenzte Sensibilitätsstörungen,
    • Abnormale Muskeleigenreflexe,
    • Verminderte Muskelstärke/Paresen,
    • Muskelatrophien,
    • Koordinationsstörungen,
    • Nystagmus.

Psychische Ebene

Psychische Erkrankungen können mit Schmerzen als Hauptsymptom einhergehen oder Schmerzstörungen begleiten; sie können Schmerzstörungen verstärken oder umgekehrt selbst durch Schmerzen verstärkt werden. Differenzialdiagnostisch zu erwägen sind insbesondere
Schmerzstörungen sind von psychiatrischen Erkrankungen abzugrenzen:
An Münchhausen by proxy ist insbesondere zu denken, wenn Klein- und Vorschulkinder mit „chronischen Schmerzen“ vorgestellt werden.

Soziale Ebene

(Psycho-)Soziale Faktoren, die zur Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Schmerzstörung beitragen können, sind bei der Diagnosestellung von Schmerzstörungen zu berücksichtigen. Hierzu gehören:
  • Schmerzerfahrungen und der Umgang mit Schmerzen in der Familie,
  • psychische Erkrankungen in der Familie,
  • familiäre Konflikte und Stressfaktoren,
  • einschneidende Lebensereignisse,
  • Konflikte und Stressfaktoren im Kontakt mit Gleichaltrigen.
Eine besondere Entität stellen Schmerzstörungen dar, die sich im speziellen psychosozialen und kulturellen Kontext entwickeln: Unerkannte Lernbehinderungen wie eine Lese-Rechtschreib-Schwäche, die mit vermehrter (Schul-)Angst verbunden sind, gehören ebenso wie Geschlechtsidentitätsstörungen zu solchen Konditionen.

Diagnosestellung spezifischer Schmerzsyndrome

Diagnose des CRPS

Die Diagnose des CRPS kann in der Regel klinisch gestellt werden: Hyperästhesie und Allodynie sind nicht auf ein Dermatom begrenzt, die Ausbreitung ist oft strumpfförmig. Autonome Zeichen sind eine marmorierte, oft rötlich oder zyanotische, kalte Haut und eine veränderte Schweißproduktion im betroffenen Areal. Ein Ödem in der Initialphase wird bei Kindern seltener als bei Erwachsenen beobachtet. Trophische Störungen der Haut, Nägel und Haare können vorkommen. Die ausgeprägte Schonhaltung imponiert als Pseudoparalyse (Abb. 1); die betroffene Extremität scheint nicht zum Körper zu gehören (Neglect).
Bei länger bestehender Symptomatik resultieren Bewegungseinschränkung und Atrophie der abhängigen Muskeln. Bewegungsstörungen wie Dystonie und Tremor können auftreten (Birklein et al. 2018; Mesaroli et al. 2019). Bestehen Zweifel, können bildgebende Verfahren die Diagnosestellung unterstützen; keine der Untersuchungen wurde jedoch beim kindlichen CRPS validiert. Röntgenologisch kann der Knochen der betroffenen Extremität osteopenisch erscheinen. In der Knochenszintigrafie zeigt sich eine Aufnahme des Radiotracers in allen 3 Phasen, also Perfusion, Blutpooling und Knochenumbau. In der Single-Photonen-Emissions-Computertomografie reichert sich der Radiotracer fleckenhaft in kortikalen und periostalen Bereich an (Serino et al. 2020). Im Magnetresonanztomogramm mit Gadolinium-Kontrast stellen sich ein Muskel- und interstitielles Ödem dar (Nishida et al. 2009).

Diagnose benigner nächtlicher Beinschmerzen

Die Diagnose benigner nächtlicher Beinschmerzen wird in der Regel klinisch gestellt. Labor und apparative diagnostische Verfahren werden eingesetzt, wenn Zweifel bestehen, bildgebende Verfahren insbesondere bei einseitigen Beschwerden (Tab. 4, Huppertz 2013).
Tab. 4
Weiterführende Diagnostik, wenn Zweifel an der Diagnose benigner nächtlicher Beinschmerzen bestehen*
Untersuchung/Test
Mögliche Differenzialdiagnose
Blutbild mit Differenzialblutbild
C-reaktives Protein und/oder Blutsenkungsgeschwindigkeit
Entzündung
Leukämie/Lymphom
LDH
Leukämie/Lymphom
Röntgenaufnahme der betroffenen schmerzhaften Region in 2 Ebenen
Akute oder chronische Osteomyelitis
Frakturen
Magnetresonanztomografie der betroffenen schmerzhaften Region
Akute oder chronische Osteomyelitis andere Pathologien des Knochens oder Weichteilgewebes
*Bei benignen nächtlichen Beinschmerzen sind alle Testergebnisse normal bzw. negativ

Therapie

Konzept

Grundlage der derzeit empfohlenen Therapie (muskuloskelettaler) Schmerzstörungen stellt das biopsychosoziale Modell dar; alle drei Komponenten (die physische, psychische und soziale) der Schmerzentstehung und -aufrechterhaltung sollten in die Therapie einbezogen und möglichst gleichzeitig adressiert werden. Idealerweise folgt die Therapie von Schmerzstörungen, die zu signifikanten Funktionseinschränkungen im Alltag geführt haben, einem interdisziplinären, multimodalen, patientenzentrierten Ansatz. Behandler unterschiedlicher Fachdisziplinen arbeiten als Team zusammen, tauschen sich im Team und mit den Patienten/Familien aus und verfolgen ein gemeinsames Ziel, das maßgeblich von den Patienten und deren Familien gestaltet wird (International Association of the Study of Pain 2009; Finley et al. 2014). Jeder Behandler verfolgt in der Regel ein „multimodales“ Konzept, das gleichzeitig verschiedene therapeutische Interventionen berücksichtigt, die synergistisch mit unterschiedlichen Wirkmechanismen Schmerzen behandeln. Das Team besteht in der Regel aus Pflegekräften, Psychologen, Physiotherapeuten und einem Arzt, idealerweise zusätzlich Sozialarbeiter und Ergotherapeuten.
Die interdisziplinäre Therapie hat sich als effektiver erwiesen als ein multidisziplinärer Ansatz, bei dem jeder einzelne Behandler ein eigenes Therapieziel verfolgt. Der oft bestehende mangelnde Austausch unter den Behandlern birgt die Gefahr, dass Patienten unterschiedlichen Botschaften und Meinungen ausgesetzt sind, die Verwirrungen und Unsicherheiten mit sich bringen. Darüber hinaus führen Überweisungen zu den einzelnen Behandlern zu zusätzlichen Wartezeiten; die Therapien werden nicht mehr simultan durchgeführt.
Physio- und psychologische Verfahren werde als Einzel- und Gruppentherapien angeboten. Gruppentherapien führen Kinder und Jugendliche, aber auch Familienangehörige zusammen, bieten die Möglichkeit zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch und Mentoring und unterstützen das Gefühl, nicht allein zu sein.
Ambulante, tagesklinische und stationäre Therapien haben sich für chronische Schmerzstörungen im Kindes- und Jugendalter bewährt (Friedrichsdorf et al. 2016; Höfel et al. 2016; Dobe et al. 2019); es gibt zurzeit keine Daten, die diese Therapiekonzepte direkt vergleichen.

Therapieziele

Das Ziel einer Schmerztherapie ist nicht primär das Schmerzniveau zu senken, sondern vielmehr den Kindern und Jugendlichen zu helfen, zu einem funktionellen Leben zurückzukehren (Friedrichsdorf et al. 2016; Dobe et al. 2019), d. h.:
  • Wiederaufnahme körperlicher und/oder sportlicher Aktivitäten,
  • Wiedereingliederung in den schulischen Alltag,
  • Teilnahme an sozialen Aktivitäten.
Den Kindern und Jugendlichen sollen Strategien zur Schmerzbewältigung und Mobilisierung eigener Ressourcen vermittelt werden mit dem Ziel, Eigenverantwortlichkeit und Selbstbewusstsein zu stärken (Deutsche Schmerzgesellschaft 2017).
Nach patienten-zentriertem Ansatz sollten alle Therapieziele mit den Patienten und Familien gemeinsam erarbeitet und individuell festgelegt werden.
Aus Konsultationen mit unseren Patienten haben wir gelernt, in unserer Praxis den Ausdruck „zurück zu einem normalen Leben“ zu vermeiden, da einige Kinder und Jugendliche psychosozialen Stressfaktoren ausgesetzt sind, die ein „normales Leben“, wie es für Kinder und Jugendliche verstanden oder gewünscht wird, unmöglich machen. Außerdem sind die Kinder und ihre Familien von der Erfahrung geprägt, mit Schmerzen zu leben, sodass ein „normaler“ Alltag für sie mit und nach der Erkrankung anders aussieht als vor der Erkrankung.

Säulen einer interdisziplinären, multimodalen Schmerztherapie

Die Säulen einer interdisziplinären, multimodalen Schmerztherapie sind grundsätzlich für alle (muskuloskelettalen) Schmerzstörungen, einschließlich des CRPS, zu empfehlen; sie umfassen:
  • Edukation/Patientenschulungen,
  • physio- und ergotherapeutische Therapien,
  • psychologische Therapien,
  • soziale Wiedereingliederung,
  • medikamentöse Therapien.

Edukation

Ausgangspunkt einer multimodalen Therapie stellt eine altersentsprechende, patienten- und familiengerechte Aufklärung über den Charakter und die biopsychosozialen Entwicklungsmechanismen von Schmerzen dar. Patienten und ihre Familien lernen, dass die Schmerzen „real“ sind, jedoch ihre eigentliche Warnfunktion für den Körper verloren haben, dass eine Rückkehr in einen funktionierenden Alltag keinen schädigenden Einfluss auf den Körper ausübt und warum ein interdisziplinärer, multimodaler Ansatz entscheidend für eine erfolgreiche Therapie ist (Deutsche Schmerzgesellschaft 2017; Friedrichsdorf et al. 2016).
Viele Patienten fühlen sich unverstanden und stigmatisiert, auch von Therapeuten und Ärzten, weil ihnen vermittelt wird und/oder sie verstehen: „Es ist alles in meinem Kopf“. Wir versuchen von dieser Erklärungsweise in unserer Praxis Abstand zu nehmen. Wir akzeptieren den Schmerz in Bauch, Kopf, Gelenken oder Muskeln, und erklären die Mechanismen, wie der Körper gegenüber Schmerzen sensibilisiert wird, wie das Gehirn Schmerz verarbeitet und wie wir Schmerzen als Gefühl wahrnehmen.

Physio- und ergotherapeutische Therapien

Physiotherapeutische und ergotherapeutische Maßnahmen sind für (fast) alle Patienten mit muskuloskelettalen Schmerzstörungen indiziert. Die einzelnen Therapien werden dem Bedarf der Patienten angepasst. Die Patienten profitieren von körperlicher Aktivität in der Regel auf allen Ebenen des biopsychosozialen Schmerzmodells:
  • Biologische Ebene:
    • Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit: Patienten mit muskuloskelettalen Schmerzen haben oft über einen längeren Zeitraum auf körperliche Aktivitäten und/oder Sport teilweise oder ganz verzichtet. Eine schrittweise Leistungssteigerung ist erforderlich; sie korreliert langfristig mit einem verminderten Schmerzniveau, verminderter Müdigkeit, einem höherem Energieniveau und einer Verbesserung vegetativer und orthostatischer Symptome (Landry et al. 2015). Das Training trägt zur Gewichtsregulation bei Übergewicht bei.
    • Verminderung von Muskelverspannungen (insbesondere bei Nacken- und Rückenschmerzen) tragen zur Verminderung des Schmerzniveaus und zur Korrektur schmerzbedingter Fehl- und Schonhaltungen bei.
    • Eine Verbesserung von Koordination und Balance kann zu einem verminderten Verletzungsrisiko beitragen.
    • Desensibilisierungstechniken vermindern neuropathische Schmerzen, die mit Hyperalgesie, Hyperästhesie und Allodynie einhergehen.
  • Psychologische Ebene:
    • Überwindung der Furcht vor Schmerzen bei körperlicher Aktivität,
    • Verbesserung von depressiver Verstimmung (Landry et al. 2015),
    • Verbesserung des Selbstwertgefühls.
  • Soziale Ebene:
    • Wiederaufnahme sportlicher und damit auch sozialer Aktivitäten.
Aerobes Ausdauertraining, Muskelaufbau und Dehnübungen werden als klassische Physiotherapien eingesetzt. Desensibilisierungsverfahren umfassen eine schrittweise Intensivierung des Kontakts der Haut mit Materialen unterschiedlicher Texturen zur Stimulation kutaner Nerven, Wechselbäder und die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS). Desensibilisierungstherapien stehen insbesondere in der Therapie des CRPS an erster Stelle. Maßnahmen wie Kälte- und Wärmebehandlungen, Massagen und Akupunktur werden supportiv in Kombination mit aktiven Therapien eingesetzt.
Reiben und Massieren der schmerzhaften Regionen bei benignen nächtlichen Beinschmerzen wird von den meisten Kindern als beruhigend und schmerzlindernd empfunden. Tägliches Dehnen der Quadrizeps-, der Kniebeuge- und Wadenmuskulatur kann zur Verminderung der Schmerzfrequenz beitragen (Huppertz 2013).

Psychologische Therapien

Kognitive Verhaltenstherapien vermitteln in interaktiven Sitzungen mit den Patienten Strategien zur besseren Krankheitsverarbeitung (Coping), zum besseren Umgang mit Schmerzen und Emotionen, und zur Wiederaufnahme von Alltagsaktivitäten. Bei Patienten mit muskuloskelettalen Schmerzen resultiert eine Verminderung der Schmerzwahrnehmung und eine langfristige Verminderung der funktionellen Beeinträchtigung (Fisher et al. 2018).
Ein neueres verhaltenstherapeutisches Verfahren stellt die Akzeptanz und Commitment Therapie dar. Ziel ist, dass die Patienten bereit sind, unangenehme Empfindungen wie Schmerz zu akzeptieren und Vermeidungsstrategien, die zu Beeinträchtigungen im Alltagsleben geführt haben, aufzugeben. Sie sollen selbstverpflichtend ihr Verhalten nicht nach ihrer Schmerzempfindung, sondern nach ihren Ziel- und Wertvorstellungen ausrichten (Pielech et al. 2017).
Angst ist ein Risikofaktor für eine verstärkte Schmerzwahrnehmung; Angst- und affektive Störungen sind darüber hinaus Risikofaktoren für eine funktionelle Beeinträchtigung im Alltag. Angststörungen können den Erfolg kognitiver Verhaltenstherapien beeinträchtigen. Eine adäquate (psychologische und ggf. medikamentöse) Therapie dieser Komorbiditäten stellt damit eine Voraussetzung für eine erfolgreiche interdisziplinäre Schmerztherapie dar (Cunningham et al. 2016). Es kann davon ausgegangen werden, dass ein ähnlicher Zusammenhang für Störungen gilt, die ein Risiko für funktionelle Beeinträchtigungen im Alltag bergen wie posttraumatische Belastungsstörungen, Verhaltensstörungen, psychiatrische Erkrankungen und Lernbehinderungen.
Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen Schlaf und Schmerzempfindung werden die Kinder und Jugendlichen, die an Ein- und Durchschlafstörungen leiden, und ihre Eltern über Maßnahmen zur Schlafhygiene aufgeklärt und zu ihrer schrittweisen Implementierung in den Alltag motiviert. Diese Maßnahmen umfassen unter anderem:
  • Regelmäßige Schlafgeh- und Aufstehzeiten,
  • routinemäßige Abläufe vor dem Schlafengehen, die auf den Schlaf vorbereiten,
  • keine Bildschirmaktivitäten mindestens 1 h vor der Schlafgehzeit: Das Blaulicht der Bildschirme kann mit der körpereigenen Melatoninproduktion interferieren und zur Unterbrechung des zirkadianen Rhythmus führen (Moderie et al. 2017),
  • Verzicht auf Schlaf am Tage,
  • Verzicht auf koffeinhaltige Getränke am Nachmittag.
Integrative Therapien basieren auf dem Verständnis, dass Körper und Geist eine Einheit darstellen: Die Techniken helfen, die Wechselbeziehung zwischen Kognitionen, Emotionen und physiologischen Körperreaktionen zu erkennen und erleben und so Schmerzerfahrung zu modulieren. Als Beispiel seien Entspannungstechniken genannt, die zu einer Verminderung von Herz- und Atemfrequenz sowie zu verminderter Muskelanspannung führen; die resultierende Verminderung von Stress und Angstgefühl trägt zur Verminderung der Schmerzwahrnehmung bei (Landry et al. 2015). Zu integrativen Therapien gehören unter anderem Yoga, progressive Muskelentspannung, autogenes Training, Atemtechniken, Selbst-Hypnose, Biofeedback-Verfahren, Ablenkungstechniken, Imaginationen („guided imagery“), und Mindfulness. Die Verfahren können von Kindern ab einem Alter von 5 Jahren und ihren Eltern erlernt werden; in der Regel wählen die Patienten ein oder zwei Techniken, die sie in ihre tägliche Routine integrieren. Eltern können die Techniken bei Kleinkindern und Kindern mit kognitiver Beeinträchtigung anwenden (Friedrichsdorf et al. 2016).
Einen besonderen Stellenwert bei der Therapie des CRPS nimmt die Spiegeltherapie ein. Die betroffene Extremität wird hinter einem Spiegel verdeckt, der Patient betrachtet die gesunde Extremität im Spiegel. Wird die gesunde, schmerzfreie Extremität bewegt, wird dem Gehirn vorgetäuscht, die kranke Seite sei bewegt worden. Auf diese Weise lernt das Gehirn, die kranke Seite wieder zu bewegen. Diese imaginäre Therapie ist in der Regel nicht, wie andere aktive physio- und ergotherapeutische Maßnahmen, mit zusätzlichen Schmerzen verbunden (Bowering et al. 2013).
Familientherapeutische Ansätze adressieren den elterlichen Umgang mit Schmerzen, katastrophisierende Gedanken und eine erhöhte Aufmerksamkeit der Eltern auf den kindlichen Schmerz mit der sich daraus ableitenden Tendenz zur Überprotektion. Die Eltern werden darauf hingeführt, ihren Fokus auf die Funktionsfähigkeit ihres Kindes im Alltagsleben zu richten und Strategien zu erlernen, wie sie ihr Kind im Rehabilitationsprozess unterstützen können (Friedrichsdorf et al. 2016). Durch Erlernen kognitiver und integrativer Therapien können sie selbst lernen, ihren Disstress nicht nur im Umgang mit den Schmerzen und Verhaltensweisen ihres Kindes abzubauen. Konflikte und Stressfaktoren innerhalb der Familie, die zur Aufrechterhaltung der Schmerzen des Kindes beitragen können, können im Rahmen einer Familientherapie identifiziert und Lösungsansätze gemeinsam erarbeitet werden. Dazu gehören auch die physische und psychische Gesundheit und Funktionsfähigkeit der Eltern und/oder Geschwister im Alltag, die das Schmerzempfinden und die Funktionsfähigkeit des Kindes beeinflussen können (Poppert Cordts et al. 2019).

Soziale Wiedereingliederung

Patienten mit (muskuloskelettalen) Schmerzstörungen haben oft lange Schulfehlzeiten. Eine schrittweise Wiedereingliederung ist in der Regel notwendig. Hierbei ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Lehrern, Sozialarbeitern und/oder Psychologen und den Familien erforderlich. Bei Wiedereingliederungsprozessen müssen frühere oder aktuelle Erfahrungen mit Stigmatisierung und Mobbing ebenso berücksichtigt werden wie ein möglicher sekundärer Krankheitsgewinn durch aufmerksamkeitssuchendes Verhalten des betroffenen Kindes (Friedrichsdorf et al. 2016). Die adäquate Unterstützung von Kindern mit Lernschwächen muss bedacht werden. In Deutschland besteht Schulpflicht; auch ohne diese Verpflichtung lehnen Schmerztherapeuten in der Regel Hausunterricht ab, wenn die Kinder vor der Schmerzerkrankung in der Schule waren, da dies das Vermeidungsverhalten unterstützt und damit zur Aufrechterhaltung von Schmerzen beiträgt.
Eine Hilfestellung ist oft auch im Rahmen der sozialen Wiedereingliederung erforderlich. Die Kinder und Jugendlichen lernen Strategien, die ihnen mit potenziellen Herausforderungen, wie Stigmatisierung und Mobbing, im Umgang mit Gleichaltrigen helfen können.

Medikamentöse Therapien

Medikamente, die im Rahmen der Therapie muskuloskelettaler Schmerzstörungen einschließlich des CRPS in Einzelfallbeschreibungen, Fallserien, oder randomisierten, doppelblind placebokontrollierten Studien berichtet wurden, umfassen trizyklische Antidepressiva, selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer, Antiepileptika wie Pregabalin und Gabapentin, Opioide, nichtsteroidale Antiphlogistika und Paracetamol.
Aufgrund potenzieller Risiken, fehlender Zulassung im Kindes- und Jugendalter und/oder für die Indikation, und/oder mangelndem Nachweis eines Nutzens für die Patienten sind medikamentöse Therapien für muskuloskelettale Schmerzstörungen im Kindes- und Jugendalter nicht zu empfehlen. Im Angesicht der aktuellen Opioid-Krise soll vermerkt werden, dass zurzeit keine klinischen Daten zu Wirksamkeit und Nebenwirkungsprofil von Opioiden in der Therapie von Schmerzstörungen im Kindes- und Jugendalter zur Verfügung stehen. Komorbiditäten wie Angst- oder depressive Störungen sollen im Rahmen der interdisziplinären, multimodalen Schmerztherapie leitliniengerecht behandelt werden (Cooper et al. 2017a, 2017b, 2017c; Deutsche Schmerzgesellschaft 2017).
Für invasive Verfahren wie Sympathikusblockaden oder Epiduralkatheter zur Therapie des CRPS im Kindes- und Jugendalter liegt keine Evidenz vor (Zernikow et al. 2015).
Benigne nächtliche Beinschmerzen sprechen gut auf Ibuprofen oder Paracetamol an. Schmerzepisoden sind von Eltern oft vorhersehbar; in diesen Fällen kann Ibuprofen präventiv vor dem Schlafengehen verabreicht werden, um die Nachtruhe der Kinder und Eltern nicht zu stören (Huppertz 2013).
Akute Schmerzen im Rahmen von Verletzungen oder akuten Erkrankungen werden auch bei Patienten mit Schmerzstörungen gemäß der Schmerzleiter der World Health Organization behandelt (Anekar und Cascella 2020).

Prognose

Daten zweier Geburtskohorten von 1946 und 1958 zeigen, dass Kinder mit persistierenden Kopf- und Bauchschmerzen als Erwachsene mehr körperliche Beschwerden, Angst und depressive Symptome haben als gesunde Kinder (Hotopf et al. 1998; Jones et al. 2007). Studien an erwachsenen Patienten mit chronischen Schmerzen weisen retrospektiv auf einen Beginn der Schmerzen im Kindesalter hin. So gab jeder sechste erwachsene Patient bei Aufnahme in einer tertiären Schmerzklinik einen Beginn der Schmerzen im Kindes- oder Jugendalter an; bei 80 % dieser Patienten bestand der Schmerz kontinuierlich bis ins Erwachsenenalter. Patienten, deren Schmerzen seit der Kindheit bestanden, waren in 85 % der Fälle von generalisierten muskuloskelettalen Schmerzen betroffen (Hassett et al. 2013). Diese Daten deuten darauf hin, dass persistierende Schmerzen im Kindes- und Jugendalter mit einem erhöhten Risiko für Schmerzen und psychische Störungen im Erwachsenenalter assoziiert sind. Chronische Schmerzen im Kindes- und Jugendalter sind mit Beeinträchtigungen im Erreichen einer höheren Schulbildung und späteren Erwerbstätigkeit assoziiert (Rosenbloom et al. 2017).
Kinder und Jugendliche, die an interdisziplinären Therapieprogrammen teilgenommen haben, zeigen Verbesserungen in der Schmerzintensität, ihrer alltäglichen Beeinträchtigung durch Schmerzen und in ihrer Schulpräsenz (Liossi et al. 2019). Es gibt bisher jedoch nur wenige systematische Daten zur Langzeitprognose muskuloskelettaler Schmerzen, wenn Kinder und Jugendliche eine interdisziplinäre Schmerztherapie in Anspruch genommen haben. In einer amerikanischen prospektiven Kohortenstudie zeigten 85 % der jugendlichen FMS-Patienten nach 6 Jahren weiterhin Hauptsymptome eines FMS wie generalisierte Schmerzen, Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit; etwa 50 % der Patienten erfüllten die Kriterien für ein FMS. Viele der Patienten haben über den Zeitverlauf gelernt, mit ihren Symptomen umzugehen und beanspruchen keine regelmäßigen Therapien (Kashikar-Zuck et al. 2014; Huguet et al. 2016).
Die Prognose des CRPS im Kindes- und Jugendalter ist weitaus günstiger als im Erwachsenenalter. Eine frühe Diagnosestellung und Therapieeinleitung unterstützt den Therapieerfolg. Die Schmerzen und Funktionseinschränkungen bessern sich zumeist innerhalb von Wochen und verschwinden oft vollständig im Rahmen einer interdisziplinären, multimodalen Therapie. Rezidive und die Entwicklung einer sekundären generalisierten Schmerzstörung sind jedoch möglich (Höfel et al. 2016).
Die Prognose benigner, nächtlicher Beinschmerzen ist sehr gut; die Schmerzen verschwinden in der Regel folgenlos von selbst. Es liegen keine Hinweise vor, dass benigne nächtliche Beinschmerzen mit der späteren Entwicklung einer Schmerzstörung assoziiert sind (Huppertz 2013).
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